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Internationale Posaunen-Vereinigung e.V. Affiliate ... - Stefan Schulz

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IPV-Printjournal<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang<br />

Mitgliederbrief der IPV,<br />

erscheint vierteljährlich<br />

<strong>Internationale</strong> <strong>Posaunen</strong>-<strong>Vereinigung</strong> e.V.<br />

<strong>Affiliate</strong> Society of ITA<br />

verpflichtet zur künstlerischen Förderung von Unterricht, Aufführung und Literatur für Posaune<br />

Gegründet 1988


Kinderleicht!<br />

Bb/C-Posaune für Kinder<br />

· 12,7 - 13,34 mm Doppelbohrung<br />

· Messing Schallstück 8“<br />

· Neusilber Außenzug<br />

· Innenzüge Neusilber, hartverchromt<br />

· Individuell einstellbare Handstütze<br />

· Permanent geschaltetes Sekund-Ventil<br />

· Ergonomisch geformter Ventilhebel<br />

· Längenverstellbare Schubstange durch Links-/Rechts-Gewinde<br />

· Erheblich besser ausbalanciert<br />

· Leichtes Formetui mit Rucksackgarnitur<br />

Bb/C-Kinderposaune - Pro Serie TT-220<br />

> Individuell einstellbare Handstütze<br />

mühelose Anpassung möglich durch neu<br />

entwickelte Klemmvorrichtung<br />

> Ergonomisch geformter Ventilhebel<br />

besseres und komfortableres Spielgefühl<br />

> Längenverstellbare Schubstange durch<br />

Links-/Rechts-Gewinde<br />

dadurch bequeme Anpassung der Hebelstellung<br />

möglich<br />

GEWA music GmbH<br />

Oelsnitzer Str. 58, D-08626 Adorf<br />

Tel.: +49 (0) 37423 - 778 222<br />

info@gewamusic.com, www.gewamusic.com<br />

new website: www.roy-benson.com


Impressum, Inhaltsverzeichnis<br />

Impressum:<br />

Das IPV-Printjournal ist die Mitgliederzeitung der<br />

<strong>Internationale</strong>n <strong>Posaunen</strong>vereinigung e.V., <strong>Affiliate</strong><br />

Society of ITA, verpflichtet zur künstlerischen Förderung<br />

von Unterricht, Aufführung und Literatur für Posaune,<br />

gegründet 1988.<br />

Wir bitten, alle Beiträge der<br />

Redaktion zuzuleiten.<br />

Die in den namentlich gekennzeichneten<br />

Beiträgen vertretenen<br />

Meinungen decken sich nicht notwendigerweise mit<br />

der Auffassung der Herausgeber oder der Redaktion.<br />

Das Copyright liegt in jedem Falle bei den jeweiligen<br />

Autoren. Abdruck von Beiträgen, auch auszugsweise,<br />

bedarf der schriftlichen Genehmigung der Herausgeber.<br />

Internet: www.ipv-news.de;<br />

Email: webmaster@ipv-news.de;<br />

Vorstand: 1.Vorsitzender Jakob Guizetti, Josef Gebker,<br />

Andreas Mössinger, 2. Vorsitzender Ludwig Nuss<br />

Redaktion:<br />

Andreas Mössinger, Stresemannstr. 32, 76187 Karlsruhe,<br />

Tel.: 0721-7569777, Email: webmaster@ipv-news.de<br />

IPV-Geschäftsführung:<br />

Josef Gebker, Grauten Ihl 43, 48301 Nottuln,<br />

Tel: 02502-25434, Fax: 02502-25435<br />

(auch Vereinsbeitritt!!)<br />

Email: manager@ipv-news.de<br />

Sprecher des Beirat:<br />

Prof. Jiggs Whigham, Email: jiggs@jiggswhigham.com<br />

Auflage:<br />

1000 als Druckausgabe plus Versand als Epaper-PDF.<br />

Voraussichtliche Erscheinungstermine:<br />

15. Dezember 2011, 28. Februar 2012, 30. Mai 2012,<br />

30. September 2012<br />

Redaktions-/ Anzeigenschluss ist am<br />

15. November 2011, 30. Januar 2012, 30. April 2012,<br />

1. September 2012, also ca. 4 Wochen vor Erscheinen.<br />

Ihr Anzeigenwunsch ist zu richten an die<br />

Geschäftsführung der IPV;<br />

Email: manager@ipv-news.de.<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Anzeige GEWA...........................................................2<br />

Impressum, Inhaltsverzeichnis.....................................3<br />

Grußwort des ersten Vorsitzenden................................4<br />

Vereinsnachrichten, Meldung aus Hamburg ...............5<br />

Interview 2 mit Prof. Armin Rosin ......................6 - 15<br />

Prof. Martin Göß „75“ .......................................16 - 17<br />

Konzert Prof. Rosin in Ettlingen................................17<br />

Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen Wü-Ka ...................18<br />

Anzeige Crescendo Brass............... ...........................19<br />

CD „Around The World“, Meldung pBone ..............20<br />

2. Lätzsch Trombone Festival, Tilz „40“...................21<br />

Die Firma Kruspe in Erfurt ................................22 - 25<br />

Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>...................26 - 30<br />

Anzeige Jupiter...........................................................31<br />

Anzeige Mannheim Brassatelier.................................32<br />

*******************************************<br />

Wir bedanken uns für das Anzeigeninteresse an dieser<br />

Ausgabe des IPV- Printjournals bei folgenden Firmen:<br />

(in alphabetischer. Reihenfolge)<br />

B&S GmbH, Musik Bertram, Crescendo Brass,<br />

Musiktreffpunkt R. Ekle, GEWA music GmbH,<br />

Musik Haag, Jupiter, Kromat, Lätzsch, Mannheim<br />

Brassatelier, Thein, Bruno Tilz, Musikverlag Bruno Uetz,<br />

Helmut Voigt, Jürgen Voigt.<br />

Das Titelbild auf der Vorderseite zeigt:<br />

Prof. Martin Göß (in der Mitte sitzend) während des<br />

Festes zu seinem 75 Geburtstag in Gallmersgarten mit<br />

vielen bekannten Posaunisten als Gäste am 14. Mai 2011<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 3


Grußwort des IPV-Vorsitzenden<br />

Grußwort<br />

des ersten Vorsitzenden der IPV<br />

Sehr geehrte Mitglieder,<br />

liebe Posaunisten,<br />

liebe Freunde!<br />

Die neue Spielzeit hat begonnen! Ein neues<br />

Schuljahr hat begonnen. Und in der Welt der<br />

Posaune hat sich viel getan oder wird in Bewegung<br />

geraten.<br />

Und es werden rauschende Feste gefeiert, wenn es gilt,<br />

große Persönlichkeiten zu ehren. Unser Ehrenmitglied der<br />

IPV, Professor Martin Göss, feierte diesen Sommer seinen<br />

75. Geburtstag mit einem großen Fest. Hollywood ist vor<br />

Neid erblasst.<br />

Lieber Martin, die IPV, der Vorstand und vor allem ich<br />

wünschen Dir zu Deinem Geburtstag alles Gute und senden<br />

Dir auf diesem Wege die herzlichsten Glückwünsche!<br />

Im Instrumentenbau wurden dieses Jahr zwei Projekte<br />

vorgestellt, an die ich vor 2 Jahren nicht zu denken gewagt<br />

habe. Zum einen wurden auf der Musikmesse in Frankfurt<br />

Außenzugrohre aus Carbon vorgestellt. Bei allen Besuchern<br />

des Ausstellers war die Skepsis zu spüren, ob diese<br />

Züge genauso gut klingen würden wie die „traditionellen“<br />

Messingzüge. Aber erstaunt und begeistert waren alle<br />

vom unglaublich geringen Gewicht. Seit ein paar Monaten<br />

erreichen uns nun Online-Werbung und Videos über die<br />

„pbone“! Unabhängig davon, in welchem Maß und Umfang<br />

sich die Carbonzugrohre etablieren werden, finde ich es<br />

höchst erwähnenswert, dass bei aller Meisterschaft, die die<br />

Instrumentenbauer weltweit beherrschen und von der man<br />

sich auch auf dem IPV-Symposium in Dresden überzeugen<br />

konnte, jetzt auch noch wirklich neue Werkstoffe Verwendung<br />

im Instrumentenbau Einzug finden, die in der „Metall-Innung“<br />

bisher kein Existenzrecht hatten.<br />

Auch die IPV geht in den nächsten Jahren neue Wege.<br />

Kontakte, die seit dem IPV-Symposium 2009 in Stuttgart<br />

gepflegt wurden, führen im Jahr 2012 zu einer Kooperation<br />

mit der bvbw-Akademie Kürnbach. Gemeinsam planen wir<br />

die Durchführung von TAPAS-Projekten, von denen das erste<br />

am 17. März 2012 in Ravensburg stattfinden wird.<br />

Nächstes Jahr gibt es eine großartige Gelegenheit,<br />

sich einen Ausflug in die „Stadt der Liebe“ zu<br />

gönnen. Versäumen Sie nicht, sich Ihren Urlaub<br />

für die erste Juli-Woche einzutragen, denn vom<br />

4. bis zum 7. Juli 2012 findet das „International<br />

Trombone Festival“ der ITA am Conservatoire à<br />

rayonnement régional de Paris statt.<br />

Dafür gibt es natürlich nur eine Möglichkeit, sich in<br />

Stimmung zu bringen: Beim IPV-Symposium 2012<br />

in Hannover. Künstlerischer Leiter ist natürlich<br />

Professor Jonas Bylund. Wir werden ihn und sein<br />

künstlerisches Konzept in der nächsten Ausgabe<br />

des IPV-Journals ausführlich vorstellen. Merken müssen Sie<br />

sich für Ihre Reise nach Hannover den 29.3. – 1.4.2012!<br />

Das Symposium verspricht jetzt schon, hochkarätig zu<br />

werden.<br />

Eine Reise in die Zukunft war auch das Interview mit Professor<br />

<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>. Ich hatte das große Glück und Vergnügen,<br />

ihn in München im Englischen Garten treffen zu können. Wir<br />

konnten viel über seine neuen Projekte sprechen. In diesem<br />

Interview gibt er uns einen Einblick in die Gedanken eines<br />

Ausnahmekünstlers, der die Posaune als ein hochwertiges<br />

Instrument und den Posaunisten dahinter nicht als einen<br />

„Maschinisten“ versteht.<br />

Vom Blick nach vorn zum Blick zurück: Ein solcher war<br />

das zweite Gespräch mit Professor Armin Rosin. In einem<br />

fast 3-stündigen Interview hat er sein Leben aus seiner<br />

ganz persönlichen Sicht geschildert und gibt auch in der<br />

Fortsetzung interessante und neue Einblicke in das Leben<br />

eines großen Posaunisten.<br />

Liebe Freunde der Posaune, die Welt ist in Bewegung!<br />

Das nächste Jahr wird sicher spannend. Begleiten Sie uns<br />

dabei, und informieren Sie uns bitte auch über alles, was<br />

in Ihrer persönlichen Umgebung geschieht und geschehen<br />

wird. Bitte schicken Sie uns rechtzeitig Ihre Konzert- und<br />

Veranstaltungstermine, damit wir dafür werben und dann<br />

darüber berichten können.<br />

Hoffentlich bis bald!<br />

Tiefe Grüße von der 7.Position<br />

Jakob Maria Guizetti<br />

4<br />

Neue Modelle bei Thein<br />

Brandt Attema<br />

Enjoy!<br />

www.thein-brass.com<br />

➔ Soloist<br />

➔ Symphonic<br />

➔ Universal<br />

➔ Classic<br />

➔ Crespo<br />

Ben van Dijk<br />

… und die großartigen Ben van Dijk Bass- und Contrabass-<strong>Posaunen</strong>!<br />

JETZT KOSTENLOSEN KATALOG ANFORDERN:<br />

Thein<br />

Rembertiring 40, D-28203 Bremen<br />

Tel. 0421-32 56 93, Fax 0421-33 98 210, eMail: contact@thein-brass.de<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Vereinsnachrichten, Meldung aus Hamburg<br />

Vereinsnachrichten<br />

Bitte aus der Geschäftsstelle<br />

Für die IPV ist es wichtig, dass Sie Ihre Adressänderungen<br />

bitte an die Geschäftstelle weitergeben. Immer wieder gibt<br />

es Rückläufe von Journalen. Dies sind unnötige Kosten.<br />

Durch eine kleine Mail können die Daten entsprechend<br />

aktuell bleiben. (Email: manager@ipv-news.de)<br />

IPV und Crescendo Brass<br />

Der Verlag ‚crescendo brass‘ gibt in Zusammenarbeit mit der<br />

IPV die „IPV Trombone Collection“ heraus. Bestellen Sie<br />

die Noten bitte zur Unterstützung der IPV z.B. über unsere<br />

Webseite (www.ipv-news.de) oder per Email. Bitte machen<br />

Sie einfach kenntlich, dass sie über die IPV bestellen. Auch<br />

alle anderen Noten des Verlages sind so zu bestellen.<br />

Alle Mitglieder der IPV bekommen für die nächsten Wochen<br />

als Aktion die Noten portofrei. Also Noten aussuchen und<br />

bestellen.<br />

IPV / ITA<br />

Das Angebot der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der ITA<br />

könnte auch noch von weiteren IPV-Mitgliedern genutzt<br />

werden. Eine Mitgliedschaft in der ITA ist bei bestehender<br />

IPV-Mitgliedschaft für 25 Euro zu haben, und es geht ganz<br />

einfach. Mail an die Geschäftsstelle und schon sind Sie<br />

dabei.<br />

**********************************************<br />

Die Posaune sucht neue Talente!!<br />

Für das Johannes-Brahms-Konservatorium Hamburg<br />

möchte ich bekanntgeben, dass ab sofort die Möglichkeit<br />

besteht, bei Gerald Franz Juritsch* Unterricht im Fach<br />

Posaune zu erhalten.<br />

Um alle Institutionen (z. B. <strong>Posaunen</strong>chöre u. Orchester) zu<br />

unterstützen, wird auch eine Nachwuchsklasse parallel zum<br />

Unterricht für Studenten eingerichtet. Selbstverständlich<br />

wird auch Ensembleunterricht als begleitendes, praxisnahes<br />

Ergänzungsfach angeboten.<br />

Für Fragen: info@brahms-konservatorium.de<br />

Oder direkt an Gerald Franz Juritsch: gfj@aon.at<br />

Für das Johannes-Brahms-Konservatorium:<br />

Juan Carlos Reitze de la Maza (Leitung)<br />

---------------------<br />

*Gerald Franz Juritsch erhielt seine künstlerische und<br />

pädagogische Ausbildung im Fach Posaune in Österreich<br />

am Kärntner Landeskonservatorium in Klagenfurt am<br />

Wörthersee und an der Wiener Musikuniversität. Er leitet<br />

unter anderem das <strong>Posaunen</strong>quartett „TROMBONIX forte“<br />

und das Jazzensemble „Velvet Rhythm“. Die Seminare und<br />

Workshops bei Joseph Alessi, Carsten Svanberg, Branimir<br />

Slokar, Istvan Farkas, Jiggs Whigham und James Morrisson,<br />

sowie mehrere Studienaufenthalte in USA runden seine<br />

Ausbildung ab und führen demnächst zur Herausgabe eines<br />

eigenen Unterrichtswerkes.<br />

**********************************************<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 5


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

Prof. Armin Rosin, Jahrgang 1939,<br />

ehemaliger Soloposaunist Bamberger Symphoniker, danach<br />

Soloposaunist Radio Sinfonieorchester Stuttgart, Professor<br />

für Posaune an der HfM Stuttgart von 1980 an bis zum<br />

Ruhestand.<br />

<strong>Internationale</strong>r <strong>Posaunen</strong>solist seit der Sechziger Jahre, unzählige<br />

Schallplatten und CDs, Aufnahmen, Uraufführungen...,<br />

Kammermusik, Dozent, Juror uvm.<br />

Siehe: www.armin-rosin.com<br />

Geführt von Jakob Guizetti und Andreas Mössinger in der<br />

Musikhochschule Stuttgart am Sonntagnachmittag, den<br />

14.August 2011.<br />

AR= Prof. Armin Rosin (Bild), JG= Jakob Guizetti,<br />

AM= Andreas Mössinger<br />

JG: Wir sind heute zum zweiten Mal in der Hochschule für<br />

Musik und Darstellenden Kunst Stuttgart und treffen wieder<br />

Prof. Armin Rosin zum Interview zweiter Teil als Fortsetzung.<br />

Er ist immer noch ein weltreisender Posaunist und Dirigent,<br />

der gerade aus Korea zurückgekommen ist. Gestern Abend<br />

spielte er noch ein Konzert in Tübingen und er ist schon wieder<br />

auf dem Sprung nach Afrika, wenn ich das richtig verstanden<br />

habe.<br />

AR: Vorher habe ich erst noch zwei Konzerte in Österreich<br />

und dann geht‘s nach Afrika.<br />

JG: Ja, also will ich anfangen und noch etwas zu Ihrem Studium<br />

fragen. Sie haben erwähnt, dass da viele Begegnungen<br />

stattgefunden haben aus der Münchner Szene. Viele Erlebnisse<br />

wurden Ihnen zugetragen mit Orginal-Zitaten. Da würde<br />

ich gerne noch einmal nachhaken. Bei wem haben sie studiert<br />

und wie sind sie gerade zu diesem Professor gekommen? Damals<br />

gab es ja schon ein paar mehr Möglichkeiten. Warum<br />

musste es München sein und was hat sich da alles Positives<br />

für Sie ergeben, dass Sie diesen Beruf dann auch zeitlebens<br />

machen wollten?<br />

6<br />

„... noch zwei Konzerte in Österreich und<br />

dann geht‘s nach Afrika.“<br />

AR: Mir war ja der Beruf des Orchestermusikers, des<br />

Orchesterposaunisten, fast in die Wiege gelegt. Wie im letzten<br />

Interviewteil gesagt, war mein Vater mein großes Vorbild, dem<br />

ich nacheiferte auch in außermusikalischen Dingen. So war es<br />

eben damals. Er hat zu mir gesagt: „Weisst Du, Friedrich Sertl<br />

in München hat eine ordentliche <strong>Posaunen</strong>klasse. Das ist eine<br />

Bläserschule, die steht auf der Tradition. Von mir kannst Du<br />

ja das Elegante lernen Aber er bringt Dir in kürzester Zeit bei,<br />

was Du im Orchester brauchst. Er ist ein richtiger, solider und<br />

erfahrener, sehr guter Orchesterbläser.“ Und das wollte ich ja<br />

werden, in einem möglichst guten Orchester Posaune spielen.<br />

Das war das erste Ziel, weil man ja Geld verdienen muss.<br />

Dann so jung und schnell wie möglich dahin. Und so war das<br />

dann auch. Sertl war nicht nur von seinen Orchesterkollegen<br />

geschätzt, sondern auch von den Dirigenten. Joseph Keilberth<br />

lobte Sertl und nannte ihn den sichersten Basstrompeter, den<br />

er erlebt hat. Er hätte ihm noch nie was danebengesetzt. Da<br />

hatte er natürlich auch seine Tricks dafür. Die hat er mir auch<br />

verraten. Ich hab‘ s nicht immer so gemacht, weil Manches<br />

nicht so ganz der musikalischen Phrase entsprach, aber für<br />

jemand, der hauptsächlich auf Sicherheit Wert legt und, dass<br />

nichts passiert, war das schon gut!. Ich wollte dann immer<br />

schon gerne das Risiko eingehen und musikalisch spielen, wie<br />

ich es auf der Geige gelernt hatte und nicht unbedingt absetzen<br />

vor einem schwierigen Ton usw. Die Orchesterstellen habe<br />

ich in kürzester Zeit bei ihm drauf gehabt. Solistisch ging es<br />

nur ums David-Konzert (siehe erster Interviewteil...). Das war<br />

der Grund, warum ich zu ihm gegangen bin. Außerdem gab es<br />

für mich als Süddeutschen nur die Alternativen Würzburg mit<br />

Prof. Walter Daum oder München. So groß war die Auswahl<br />

damals nicht. Bekannt war noch der Name von Willy Walther,<br />

der in Detmold unterrichtete.<br />

AM: Und in Berlin?<br />

AR: Da hatte ich keine Beziehungen. Jakobs hat zu der Zeit<br />

nicht mehr unterrichtet. Den lernte ich später auf Einladung in<br />

sein Haus nach Thurnau persönlich kennen. Er kam auf mich<br />

zu, als ich das erste Jahr bei den Bamberger Symphoniker<br />

war und Boléro geblasen habe. Da hat er für mich einen Cognac<br />

an die Geschäftsleitung des Orchesters geschickt, weil er<br />

mein Live-Spiel im Fernsehkonzert zu schätzen wusste.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

JG: Bei Sertl gab es also rückwirkend einfach eine sehr solide<br />

Berufsausbildung.<br />

AR: Ja, die hat den meisten seiner Schüler zu guten Stellen<br />

verholfen!<br />

JG: Und das Ziel des Orchestermusikers war in kompakter,<br />

sinnvoller Zeit zu erreichen.<br />

AR: Natürlich hätte ich auch von anderen Lehrern profitieren<br />

können, z.B. hätte mir Prof. Daum die neuere französische<br />

Solo-Literatur zeigen können, die ich mir dann später selbst<br />

beibringen musste; denn mein Ziel war, die Posaune aus der<br />

reinen Orchestertätigkeit herauszuheben und als gleichwertiges<br />

Solo-Instrument vorzustellen. Ich habe den Erfolg der<br />

Posaune als Solist gesucht, um einfach die Reputation der<br />

Posaune zu verbessern. Die Meinung der Musikfreunde war<br />

ja: Dahinten im Orchester gibt es einen Haufen, die blasen<br />

da wüst und laut und saufen viel. Das war das Bild von den<br />

Posaunisten. Das hat mich natürlich beleidigt, weil ich ja die<br />

Qualitäten meines Vaters kannte, der cellomäßig auf der Posaune<br />

spielen konnte.<br />

„Ich habe den Erfolg der Posaune als Solist<br />

gesucht, um einfach die Reputation der<br />

Posaune zu verbessern.“<br />

JG: Was war noch in München, sie sind ja nicht nur in die<br />

Hochschule gegangen. Opernbesuche?<br />

AR: Ja, wo es ging. Ich war natürlich ein armer Kerl. Ich<br />

konnte mir ganz wenig Karten kaufen. Ich musste schauen,<br />

dass ich mein Essen verdient habe. Ich habe viel Tanzmusik<br />

gespielt, manchmal auch Jazz. Ich habe dann später auch<br />

beim Rundfunktanzorchester mitgespielt, wodurch ich sehr<br />

viel gelernt habe, mehr als in 2 Semestern Hochschule. Auf<br />

einer Tournee mit dem Tanzorchester war ich als Leadbläser<br />

eingesprungen, wobei neben mir ein schwarzer Posaunist die<br />

Chorusse geblasen hat. Gejazzt habe ich ja, seit ich Posaune<br />

spiele. Aber dann so im Satz mit vier <strong>Posaunen</strong> zu spielen, das<br />

war schon was ganz Anderes. Die Anderen sind mir anfangs<br />

schon sehr entgegengekommen. Beim ersten Auftritt war das<br />

nicht so lupenrein. Aber ich kann schnell lernen und wie gesagt,<br />

habe ich mir dann auch viel abgeguckt. Neulich habe<br />

ich Hugo Strasser getroffen, als er die „Jazz-Trophy“ hier in<br />

Stuttgart bekam (2008), den großen Jazzpreis. Da habe ich<br />

ihn auf die alten Zeiten angesprochen, ich hätte doch damals<br />

mitgespielt, und er erinnerte sich daran. Er ist eine Jazz-Legende,<br />

über 85 Jahre alt, eine Legende auch der Tanzturniere.<br />

Ich war froh, wenn ich da mal aushelfen konnte. Ich habe viel<br />

gelernt, auch durch andere Mucken.<br />

Routine hatte ich ja durch das Streichquartettspielen und Bläser-Kammermusik<br />

z.B. mit dem Bläserquartett der Bamberger<br />

Symphoniker. Obwohl ich noch nicht studiert hatte, durfte<br />

ich als Gymnasiast schon mitspielen. Dass ich Routine hatte,<br />

hat mein Lehrer Sertl schnell gemerkt, und er war ein sog.<br />

„Obermucker“. Nachdem er lange Jahre in der Bayerischen<br />

Staatsoper war, konnte er mit den Kapellmeistern verhandeln,<br />

„Rosin, geh spieln’S für mich die Probe!“<br />

wenn er ein „Geschäft“ hatte.. Er sagte zu mir: „Rosin, geh<br />

spieln’S für mich die Probe! Ich habe mit Bender (damals<br />

ein 1.Kapellmeiser) schon gesprochen.“ Da hat er dann in der<br />

Zwischenzeit ein Richtfest gespielt mit der Basstrompete und<br />

seinem Quartett, und ich habe dann in der Oper ausgeholfen<br />

und für ihn gespielt. Die Studienkollegen haben gesagt:<br />

„Mensch, bist Du dumm? Du spielst für den, und er bezahlt<br />

Dir nichts und verdient nebenbei.“ Da sagte ich: „Wisst Ihr,<br />

wer dumm ist von uns? Ich lern dort was und darf als Student<br />

mit Spitzenmusikern spielen.“ Das hat mir ja dann auch später<br />

bei den Bambergern geholfen, sofort reinzuspringen in die<br />

Arbeit eines Routineorchesters. Da gab es für viele Werke<br />

überhaupt keine Proben.<br />

Ich erwähnte schon, dass aus dem Egerland, also im Umkreis<br />

von Eger, Karlsbad und Marienbad (heutige Tschechische<br />

Republik) einige exzellente Bläser stammen: so neben meinem<br />

Vater, der langjährige Soloposaunist des SWF-Sinfonie-<br />

Orchesters, Otto Heinl, die Solotrompeter des Kölner RSO,<br />

F. Neugebauer, und des Hamburger RSO, und der sagenhafte<br />

Adolf Scherbaum (Wegbereiter von Maurice André als<br />

„Bachtrompeter“), um nur einige zu nennen. (Übrigens auch<br />

der langjährige Leadbläser des SDR-Tanzorchesters Ernst<br />

Mosch, der später in anderer Funktion weltberühmt wurde.)<br />

So war etwa gleichzeitig mit dem Solotrompeter der Berliner<br />

Philharmoniker, A. Scherbaum (er war vormals in Berlin),<br />

ist in den 30-er Jahren Louis Bröckl zu den Münchner<br />

Philharmonikern gekommen. Er war schon „altgedient“ bei<br />

den Philharmonikern, als ich ihn kennenlernte. Bröckl hatte<br />

damals einen jungen Stellvertreter, Michael Stern. Das war<br />

ein sehr solider Bläser, der im Gegensatz zu dem technisch<br />

hervorragenden Ludwig Laberer vom BR-Sinfonie-Orchester<br />

auch solistisch gepflegt spielen konnte. Von ihm habe ich mir<br />

auch Einiges zeigen lassen. Ich war drei/vier Mal bei ihm im<br />

Unterricht, wobei wir dann u.a. verschiedene solistische Sachen<br />

gemacht haben.<br />

Bei den Münchner Philharmonikern war damals eine sehr kultivierte<br />

<strong>Posaunen</strong>gruppe. Stern kam aus Innsbruck. Er spielte<br />

zuerst in Karlsruhe und dann bei den Münchener Philharmonikern,<br />

ging später zum Funk, bevor er Professor wurde.<br />

Ich komme nochmals auf die Tanzmusik-Szene in München<br />

zurück. Da hat man viele hochbezahlte Spitzenbläser vom<br />

Rundfunk neben sich sitzen gehabt. Die sind sich nicht zu gut<br />

gewesen, für 30 Mark einen ganzen Abend zu spielen.<br />

JG: Zu welcher Zeit war das ungefähr?<br />

AR: Das war 1959/60.<br />

JG: Da waren 30 Mark schon eine ordentliche Stange...<br />

AR: Einmal fragte ich den Solotrompeter: „Das könnten Sie<br />

eigentlich einem Studenten überlassen, was Sie hier machen.“<br />

Da hat er zu mir gesagt: „Ein Tank voll Benzin ist auch was<br />

wert. Ich habe einen schönen BMW.“ So hat er das erklärt.<br />

Da sind eben auch Sachen passiert, die waren teilweise nicht<br />

schön. Auch bei den Bühnenmusiken in der Staatsoper.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 7


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

JG: Was für ein Instrument haben Sie damals in der Bigband<br />

gespielt?<br />

AR: Ich glaube eine King 3b.<br />

JG: Von München ging es dann direkt nach Bamberg?<br />

AR: Ich hatte ja noch nicht einmal ein Examen. Es war Probespiel<br />

1960. Das war mit 21 Jahren, das Examen habe ich<br />

dann nachgeholt.<br />

AM: Das war ja schon zu der Zeit, als Martin Göß auch im<br />

Orchester anfing?<br />

AR: Prof. Göß ist etwas älter. Ich habe ihn übrigens vor 14<br />

Tagen getroffen. Ich hatte eine kleine Mucke in Franken. Dort<br />

haben wir ein Bier zusammen getrunken.<br />

Übrigens ist Martin Göß wohl der einzige von den vielen<br />

Orchesterposaunen-Kollegen, der sich ein Urteil über mich<br />

erlauben konnte, da er mich wiederholt im Konzert live gehört<br />

hat. Andere reden, ohne mich jemals gehört zu haben! Ich habe<br />

mir die Kollegen immer erst angehört, bevor ich mir ein Urteil<br />

gebildet habe. Z.B., wenn ich hörte, dass Schreckenberger<br />

oder Dany Bonvin spielte, bin ich hingefahren. Man kann ja<br />

nur über jemanden reden, den man live in der Bewährung<br />

gehört hat.<br />

Wie schon erwähnt hatte ich vom Probespiel an ein gutes Verhältnis<br />

zu meinem ersten Chef, Prof. Joseph Keilberth. So war<br />

er auch interessiert, mich nicht gleich am Anfang zu überfordern!<br />

Er sorgte dafür, dass ich mir die 1. Brahms erst einmal<br />

(danebensitzend) anhören konnte, bevor ich sie selbst blasen<br />

musste; denn geprobt wurden solche Repertoire-Werke natürlich<br />

nicht. Denn die ist dort gezaubert worden. Der zweite und<br />

der dritte Posaunist konnten sich „reinschleichen“. Sie haben<br />

da nicht angestoßen. Das habe ich dann von denen gelernt,<br />

was dann oben auf dem hohen a nicht so leicht war. In meiner<br />

Ausbildung war das nicht vorgesehen. Ich habe gelernt,<br />

weich anzustoßen, das Intonieren ohne Anstoß aber nicht.<br />

Später habe ich das dann einmal in Stuttgart im Funk mit<br />

meiner Gruppe anwenden müssen, als Celibidache beim<br />

Liebestod von Tristan und Isolde, dort, wo die Bassklarinette<br />

so leise spielt und nachher die <strong>Posaunen</strong> noch leiser kommen<br />

sollen, gesagt hat: „Das spielen Sie mit Dämpfer!.“ Ich sagte<br />

zu meinen Kollegen, dass wir das nicht auf uns sitzen lassen,<br />

mit Dämpfer gibt es ja einen ganz anderen Klang. Dann<br />

haben wir drei Tage geübt, dass der Akkord auch vor allem<br />

gleichzeitig kommt, wenn er ohne Artikulation angespielt<br />

wird. Danach fragte ich: „Maestro, dürfen wir Ihnen das<br />

vorspielen?“ Er sagte: „Aha, die haben geübt.“ Das war für<br />

die Streicher frustrierend und für uns trotz des Erfolgs etwas<br />

peinlich. Die Streicher haben ja die ganze Zeit zu tun, und wir<br />

8<br />

„Ich habe mir die Kollegen immer erst<br />

angehört, bevor ich mir ein Urteil gebildet<br />

habe.“<br />

haben so viele Pausen. Die mussten dann applaudieren, weil<br />

wir mal einen Akkord so wunderschön gebracht haben! Wir<br />

spielten das dann viermal, ich glaube in München, Mannheim,<br />

Stuttgart und Frankfurt. Vor dem Auftritt gingen wir immer<br />

schnell nochmal zum Ausprobieren in einen Raum, und wenn<br />

es die Toilette war. Der Erfolg hat dann Spaß gemacht.<br />

Zurück nach Bamberg, mein Vater hatte die 1. Brahms ca.<br />

750 Mal gespielt, ich kam in den 6 Jahren dort auf 63 Mal..<br />

AM: Und er hat niemals gekiekst?<br />

AR: Doch. Einmal haben sie das bei den Bregenzer<br />

Festspielen gespielt. Und da ist er nachmittags im Bodensee<br />

schwimmen gewesen und hat danach einen saueren Bismarck-<br />

Hering gegessen. Dann hat er einmal „gegurgelt“.... Aber das<br />

war absolut zu vernachlässigen bei der großen Anzahl von<br />

Wiederholungen.<br />

Beim Radiosinfonieorchester in Stuttgart war das dann schon<br />

abwechslungsreicher für mich, denn es gab jede Woche ein<br />

neues Programm!<br />

JG: Zum Profil der Bamberger Symphoniker: Ihr wart ganz<br />

viel auf Konzerttourneen und habt fast täglich Konzerte gegeben,<br />

nicht nur in Bamberg.<br />

AR: Wir waren z.B. mal sechs Wochen in Mittel- und Süd-<br />

Amerika, vier Wochen in Spanien und Portugal, dann gab es<br />

die Italienreise. Meine erste Reise damals ging nach England<br />

mit Rudolf Kempe. Da haben wir jeden Abend gespielt.<br />

JG: Und das Programm wurde einfach eingepackt und hingelegt,<br />

und sie haben das dann gespielt?<br />

„Wir müssen das selbst proben.“<br />

AR: Wenn Rudolf Kempe kam, oder ein anderer Gastdirigent,<br />

gab es natürlich Proben. Nur wenn der Chef, Joseph<br />

Keilberth, dirigierte, der hat Repertoire-Werke nicht geprobt.<br />

Da kann ich mich noch an eine Geschichte erinnern. Wir<br />

waren in der Musikstadt Genf und sollten die 5. Beethoven<br />

am Abend spielen. Da wurde zunächst eine Trompetenstelle<br />

von der Oberon Ouvertüre angespielt und dann von der 5.<br />

Sinfonie 2 Stellen und der Oboeneinsatz, so dann beendete<br />

er die Probe mit: „Danke, das war‘s!“ Da sagten einige<br />

Kollegen ganz aufgeregt: „Herr Professor, wir haben die<br />

Fünfte Beethoven 5 Jahre nicht mehr gespielt.“ Er: „Na, ihr<br />

kennt sie ja!“ Er wollte sie tatsächlich ohne Probe machen.<br />

Das war gegen die Musikermoral. Da haben die Kollegen<br />

dann gesagt: „Wir müssen das selbst proben.“ Jeder Einzelne<br />

fühlte sich verantwortlich und die Gruppen spielten jeweils<br />

ihre wichtigen Stellen alleine durch!<br />

Das hohe Niveau zu halten entsprach auch dem Selbsterhaltungs-Trieb;<br />

denn das Orchester war sozial gesehen in einer<br />

unsicheren Situation, es war ein „Eingetragener Verein“.<br />

Heute ist es ein Staatsorchester. Ich fand diese Einstellung<br />

schon toll.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

JG: Was hat Sie dann bewogen, zum RSO Stuttgart zu gehen,<br />

wenn Sie ja eigentlich sehr zufrieden waren in Bamberg?<br />

AR: Ich war künstlerisch bei den Bambergern sehr zufrieden.<br />

Dass ich dort gekündigt habe, hatte andere Gründe. Nachdem<br />

ich mich da im Orchester eingearbeitet hatte, wollte ich<br />

natürlich unbedingt auch schauen, dass ich solistisch etwas<br />

mache. Dann kamen auch die ersten Engagements. Ich habe<br />

mit den Stuttgarter Philharmonikern in Frankfurt gespielt und<br />

mit einigen Kammerorchestern, hatte Rundfunkaufnahmen<br />

und Auftritte mit den Nürnberger Sinfonikern. Aber Urlaub<br />

dafür zu kriegen, war immer ein Problem, denn wir waren ja<br />

nur vier <strong>Posaunen</strong>. Sobald es was Wichtiges gab, musste ich<br />

mit meinem Vater und einem von den älteren spielen.<br />

“Sobald es was Wichtiges gab, musste<br />

ich mit meinem Vater und einem von den<br />

älteren spielen.“<br />

JG: Sie haben also mit Ihrem Vater Dienst gemacht?<br />

AR: Die ganze Zeit.<br />

JG: Er ist also erst in Rente gegangen, nachdem Sie dort weg<br />

waren?<br />

AR: Ja, er ist noch 2 Jahre weiterhin da gewesen. Bis er<br />

etwa 68 Jahre alt war. Sie haben ihn dann auch noch gebeten,<br />

weiterzumachen. Man hatte kein rechtes Glück mit meinen<br />

Nachfolgern, die nach dem Probejahr aufhören wollten oder<br />

mussten, und so wollte man eine gewisse Kontinuität wahren.<br />

Mein Vater war zeitlebens gerne Musiker gewesen, wollte<br />

sich aber nach 43 Berufsjahren etwas mehr um sein Hobby,<br />

das Gärteln und Basteln kümmern. Musiziert hat er weiterhin,<br />

aber ohne Zwang!<br />

In Karlsbad hatte er sich ein dreistöckiges Haus („Haus Richard<br />

Strauss“) erspart und im März 1946 die letzte Rate der<br />

Hypothek abbezahlt, und im Mai haben uns die Tschechen<br />

innerhalb von 10 Minuten aus diesem Haus rausgeschmissen.<br />

Nachdem wir alles verloren hatten, wollte er wieder<br />

ein Eigenheim haben. Er baute dann in Bamberg wieder ein<br />

Haus mit großem Garten, der gepflegt werden musste. Das<br />

war dann der Anlass, in Pension zu gehen. Außerdem fiel es<br />

ihm schwerer, die 2. Stimme zu blasen, wenn wir zusammen<br />

Dienst machten, und er bat mich oft, die 1. Stimme spielen<br />

zu dürfen, weil er diese auswendig kannte und sich weniger<br />

konzentrieren musste. Außerdem hatte ich ja alle Repertoire-<br />

Werke bereits an der 1. absolviert und so habe ich später oft<br />

2. geblasen.<br />

Ich bin dann nicht wegen der Musiker weggegangen, sondern<br />

wegen der Geschäftsleitung. Ich hatte auch den Eindruck,<br />

dass sie neidisch war, dass ich mit anderen fast gleichwertigen<br />

Orchestern als Solist auftrat. Und sie hat mir einen<br />

bereits genehmigten Urlaub kurzfristig gestrichen! Auch<br />

mit dem Orchestervorstand hatte ich es besprochen und die<br />

Zusage erhalten, dass das in Ordnung ginge. Damals sollte<br />

das Orchester wieder auf eine Spanien-Tournee gehen. Ich<br />

hatte alles vorbereitet. Ich habe den Soloposaunisten des Nationalorchesters<br />

in Madrid bestellt, nötigenfalls für mich einzuspringen.<br />

Ich wollte das privat bezahlen. Ich hatte damals<br />

ein Angebot, das Darius-Milhaud-Konzert mit Orchesterbegleitung<br />

in Hannover im öffentlichen Konzert mit Rundfunkmitschnitt<br />

aufzuführen. Das war 1966 schon etwas Besonderes,<br />

eine solistische Posaune zu hören und für mich eine gute<br />

Gelegenheit, denn viele Möglichkeiten gab es damals noch<br />

nicht. Plötzlich sagte die Geschäftsführerin 3 Tage vor dem<br />

Konzert, dass ich nicht weg könnte. Bei einer Tournee müsste<br />

ich dabeibleiben. Darauf ich: „Dann kündige ich fristlos. Ich<br />

mache das Konzert in Hannover in jedem Fall. Ich habe beim<br />

Norddeutschen Rundfunk einen Vertrag unterschreiben!“ So<br />

kam es zum Bruch mit den Bambergern. Die Vorstands-Kollegen<br />

versuchten noch, die Wogen zu glätten, aber ich habe<br />

gekündigt und bin gegangen.<br />

JG: Sie haben neben Ihrem Vater in Bamberg angefangen.<br />

Wie war das? Entwickelt man automatisch den Ehrgeiz, den<br />

Vater zu überflügeln? Entwickeln sich Spannungen durch die<br />

familiäre Verbundenheit?<br />

AR: Ich war ja Soloposaunist. Ich habe anfangs größtenteils<br />

die erste Posaune gespielt und er die zweite. Er war mein<br />

bester Kollege. Da gab es überhaupt nie etwas. Er hat mich<br />

aufmerksam gemacht und gab mir hilfreiche Tips und auch<br />

den anderen jungen Kollegen. Nur wenn er müde war, dann<br />

sollte ich mal unten blasen, damit er sich nicht anstrengen<br />

musste. Er war schon ein erfahrener Fuchs und richtete die<br />

Orchesterstimmen immer gut ein, so dass man fast nicht mehr<br />

zählen musste.<br />

„Das war übrigens das einzige Mal<br />

in meinem Leben, dass jemand mein<br />

Abiturzeugnis sehen wollte.“<br />

JG: Wie ging es weiter nach diesem Konzert in Hannover?<br />

AR: Da hatte ich gekündigt und wollte mich ein bisschen<br />

intensiver weiterbilden (denn studiert hatte ich ja nebenbei<br />

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schon immer!) Ich widmete mich dann meiner Doktorarbeit<br />

in Musikwissenschaften, was von der Studienstiftung des<br />

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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 9


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das einzige Mal in meinem Leben, dass jemand mein<br />

Abiturzeugnis sehen wollte.<br />

Ein paar Monate später kam einen Anruf vom Orchestervorstand<br />

eines Orchesters, das mir bis dahin unbekannt war. Zur<br />

damaligen Zeit war das Medien-Netz nicht so dicht wie heute.<br />

Ich lebte im Sendegebiet des Bayerischen Rundfunks und<br />

konnte das Programm des Süddeutschen Rundfunks nicht<br />

empfangen. Dazu machte das dortige Sinfonieorchester keine<br />

Konzertreisen, es war mir also nicht bekannt. Jedenfalls meinte<br />

der Anrufer: „Ja, wir haben gehört, dass Sie frei sind. So<br />

einen Mann könnten wir brauchen. Haben Sie nicht Lust?“<br />

Da ich in der Zwischenzeit glaubte, die Frau meines Lebens<br />

kennengelernt zu haben, wollte ich heiraten – und dazu<br />

braucht man ein bisschen mehr Geld als zum Studieren. Ich<br />

bat dann darum, zum Kennenlernen des Orchesters zu einer<br />

Produktion eingeladen zu werden, und nachdem man gegenseitig<br />

angetan voneinander war, wurde mir die Soloposaunen-Stelle<br />

ohne Probespiel angeboten. Ich wollte sie aber<br />

nicht ohne reguläres Probespiel mit Konkurrenz - auch weil<br />

ich ein Gerede vermeiden wollte. Das war natürlich ein gewisses<br />

Risiko; denn Andere konnten auch Posauneblasen! Etwas<br />

Selbstbewusstsein muss man haben, wenn man sich mit<br />

einem Instrument, das keiner hören will, vorne hinstellt, also<br />

warum nicht beim Probespiel!<br />

AR: Da es eine attraktive Stelle mit guten Arbeitsbedingungen<br />

war – und noch immer ist – kamen 26 Posaunisten zum<br />

Vorspielen von den besten deutschen Orchestern – auch mein<br />

Nachfolger bei den Bambergern!<br />

Mit so vielen hatte ich nicht gerechnet. Ich blies David und<br />

Martin-Ballade und dann kam es zu den üblichen Orchesterstellen.<br />

Die zweite oder dritte war Boléro. Gerade als ich ihn<br />

spielte, ging das Licht aus: Stromausfall! Dann hieß es, dass<br />

wir umziehen in die untere Garderobe mit Tageslicht. Dort<br />

fragte ich dann den Chefdirigenten Prof. Hans Müller-Kray:<br />

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„Weil es so schön war, wollen wir ihn noch<br />

mal hören“.<br />

„Was soll ich denn jetzt spielen?“ Er sagte: „Boléro!“ Darauf<br />

antwortete ich: „Den habe ich doch gerade gespielt? Warum<br />

noch einmal?“ „Weil es so schön war, wollen wir ihn noch<br />

mal hören“. Dann dachte ich mir: „Ja wenn das so ist, dann<br />

sind die anderen Kandidaten doch nicht so beeindruckend.“<br />

Ich wurde dann ins Vorstands-Zimmer gerufen und konnte<br />

noch ein paar gute Bedingungen aushandeln, die mir für meine<br />

Solistentätigkeit wichtig waren. Das war eine schöne Zeit<br />

und ein sehr faires Verhältnis.<br />

JG: Damit sind Sie in Stuttgart angekommen.<br />

JG: Aber weiter, wie war es mit dem Probespiel beim RSO<br />

Stuttgart?<br />

10<br />

AR: Ja, im Orchester war es eine sehr schöne Zeit! Man war<br />

gefordert und wurde gefördert! Der Musikdirektor hat gesagt:<br />

„Herr Rosin, dass wir es klar sehen, wir unterstützen und sind<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

stolz, dass wir einen Soloposaunisten haben, der bei anderen<br />

ebenbürtigen Orchestern als Solist auftritt. Sie kriegen von<br />

uns jederzeit Urlaub, soweit es geht, aber niemals, wenn einer<br />

der großen Leute kommt, der Sie auch namentlich verlangt.<br />

Machen sie sich keine Illusionen! Wenn Pierre Boulez kommt<br />

oder Karl Böhm, oder George Solti, da brauchen sie gar nicht<br />

nach Urlaub zu fragen, in 1. Linie sind Sie unser Soloposaunist!“<br />

Da wusste ich, woran ich war. Das war planbar und lief<br />

sehr gut. Es waren auch viele wunderbare Kollegen in dem<br />

Orchester und vor allem in der Zeit mit Celibidache, das war<br />

großartig. Ich bin sehr dankbar, dass ich das miterleben konnte.<br />

Und als Celi ging, dann bin ich ja auch weg.<br />

JG: Wie war es dann mit der Doktorarbeit?<br />

AR: Ich habe gemerkt, dass man von der Wissenschaft nicht<br />

leben konnte. Man müsste in die Universitätslaufbahn gehen<br />

und dazu muss man Beziehungen haben, sonst kommt man da<br />

nicht rein. Die hatte ich nicht. Ich sah keine Zukunft für mich.<br />

Die Geschichte der Posaune zu erforschen, war für mich persönlich<br />

sehr interessant, das war auch das Thema meiner Arbeit.<br />

Das ist dann alles liegen geblieben, und ich habe immer<br />

gehofft, es weiter zu führen. Aber daraus wurde nichts.<br />

Mein Doktorvater sagte beim Abschied zu mir: „Wie ich Sie<br />

kenne, werden Sie auch ohne Doktor Professor.“ Drei Tage<br />

nach Ernennung zum Professor hatte ich mit meinem Trio ein<br />

Konzert auf Schloss Oettingen-Wallerstein. “Wir sind ausverkauft.“,<br />

sagte der Fürst zu mir. „Aber es ist das Musikwissenschaftliche<br />

Seminar aus Augsburg mit seinem Professor auf<br />

Exkursion, die würden gerne zuhören. Sind sie einverstanden,<br />

dass wir den Seitenflügel aufmachen?“ Da sagte ich: „ Ich<br />

bin gerne einverstanden, denn dieser Professor Krautwurst ist<br />

mein Doktorvater gewesen, als ich noch studiert habe.“ Dann<br />

bin ich hin zu dem Wissenschaftler und habe ihm gesagt, dass<br />

seine Voraussage gerade eingetroffen war.<br />

JG: Sie hatten ja Dirigierunterricht bei Keilberth und später<br />

auch bei Celibidache.<br />

AR: Da war aber eine große Lücke dazwischen, in der ich<br />

Kurse bei Karajan besucht habe. Keilberth ist ja 68 gestorben.<br />

Er hatte als Chef der Bayerischen Staatsoper seinen Wohnsitz<br />

in München. Der Unterricht war vor allem auf den Reisen<br />

und wenn er in Bamberg im Hotel gelebt hat, da hatte er Zeit<br />

„Mozart ist eben für die Laien zu leicht<br />

und für die Profis zu schwer.“<br />

am Nachmittag, und da haben wir uns getroffen, und er hat<br />

mir ein paar Dinge beigebracht und gezeigt. Bei Celibidache<br />

war das ganz anders. Er hat mehr oder weniger Gruppenunterricht<br />

gegeben. Wir waren meistens zu dritt bis zu sechst im<br />

Unterricht. Er hat aber jeden individuell behandelt. Da war<br />

ein Japaner und angenommen, es war etwas, was den Japaner<br />

betraf, da hat er mit dem japanisch gesprochen. Dann war ein<br />

promovierter Rumäne da, mit dem hat er rumänisch gesprochen<br />

und mit dem Amerikaner englisch. Mit uns zwei bis drei<br />

Deutschen, es waren nicht immer alle dabei, dann deutsch.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 11


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

Und er war natürlich am Klavier gesessen und hat so gespielt,<br />

wie wir dirigiert haben. Das erinnert mich an die Drohung der<br />

Orchestermusiker, wenn ein Kapellmeister sich nicht gut aufführt:<br />

„Wenn sie noch einmal solche Bemerkungen machen,<br />

dann spielen wir so, wie sie dirigieren.“ Ich bin dann auch<br />

zu seinen Vorlesungen in Musik-Phänomenologie an die Uni<br />

Mainz gefahren. Er war darin ja einzigartig, diese Sachen in<br />

der Praxis anzuwenden. Ich habe sehr viel von ihm gelernt<br />

über Sinn der Musik und die Dinge hinter den Noten. Das ist<br />

ja das Schwerste. Neulich fiel mir der schöne Satz über Mozart<br />

ein: „Mozart ist eben für die Laien zu leicht und für die<br />

Profis zu schwer.“ Das sagt viel aus über die Schwierigkeit,<br />

den Sinn der Musik darzustellen. Mit solchen Problemen hat<br />

sich Celibidache beschäftigt.<br />

AM: Es würde mich auch interessieren, was Sie zu der Entwicklung<br />

der heutigen jüngeren Generation der Nachfolger<br />

denken. Z.B. habe ich im Radio einmal wieder Lohengrin aus<br />

dem diesjährigen Programm von Bayreuth gehört. Da war ich<br />

überrascht und dachte, dass das nicht mehr die Schwere hatte.<br />

AR: Das war sicher Hengelbrock. Alle jungen Kapellmeister<br />

nehmen schnelle Tempi, sonst fällt ihnen die Musik aus der<br />

Hand, weil sie nicht in die Tiefe gehen können. Auch Celibidache<br />

wurde anfangs in Berlin „der Feuervogel“ genannt.<br />

Er hat alles immer feurig und schnell gemacht. Bis er eben<br />

diese Schule mitgemacht hat und diese langjährige Erfahrung<br />

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bekam. Egal, aber auch die anderen Kapellmeister sind so.<br />

Ich hatte das Glück, mit Sir John Barbiroli noch zu arbeiten,<br />

bevor er verstorben ist, und mit Karl Böhm, und einigen<br />

der ganzen alten Meister. Dann gab es noch einen, dem auch<br />

Celibidache außer Keilberth Hochachtung entgegenbrachte:<br />

Karl Schuricht. Er hat bei Mahler und auch bei Brahms wunderbare<br />

Tempi gehabt, ganz langsam und mit einer unglaublichen<br />

Ruhe. Seine Hand hat er kaum bewegt, und er benützte<br />

einen riesigen, langen Dirigentenstab.<br />

Diese alten Meister haben die Musik regelrecht zelebriert.<br />

Natürlich bin ich beeinflusst von meinen Lehrern, - da gab es<br />

in München auch einen erfahrenen Trompetenprofessor, der<br />

die Originalnoten der Bruckner-Sinfonien in den Gruppenunterricht<br />

mitbrachte, so wie sie von den Münchner Philharmonikern<br />

unter ihren berühmten Dirigenten des 19. Jahrhunderts<br />

gespielt und weiter tradiert wurden. Von diesen mündlich weitergegebenen<br />

Tempi und Temposchwankungen aus der Zeit,<br />

als die Komponisten noch gelebt haben, hat doch jemand, der<br />

mit Renaissance- und Barock-Musik berühmt geworden ist,<br />

keine Ahnung!<br />

Etwas ganz Anderes wollte ich noch zur schwierigen Situation<br />

des <strong>Posaunen</strong>-Solisten sagen:<br />

Alle kennen das Mendelssohn Violinkonzert, das Beethoven<br />

Violinkonzert oder auch die berühmten Klavierkonzerte. Aber<br />

ein <strong>Posaunen</strong>konzert kennen nicht einmal die Orchestermusiker.<br />

Erst wenn man die Gelegenheit zum häufigen Spielen<br />

hat, dann können sie über die eigene Stimme hinaus hören.<br />

Ich spielte in den 60er Jahren die Martin-Ballade sieben Mal<br />

mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz aus Ludwigshafen.<br />

Beim fünften und sechsten Mal haben die Streicher<br />

erst angefangen, mir zuzuhören, vorher waren sie mit ihrem<br />

Part zu sehr beschäftigt. Vom Publikum, das nur das Konzert<br />

einmal hört, will ich da gar nicht reden. Diese Chance hat<br />

man natürlich nicht, wenn man einmal kommt und eine Probe<br />

macht und dann ein Konzert spielt. Die Erinnerung ist dann<br />

auch gleich wieder weg!<br />

JG: Vorhin beim Begrüßen sprachen Sie von Asien und Ihren<br />

Aktivitäten dort?<br />

„Ich habe in Asien schon auch eine<br />

Bewegung ausgelöst.“<br />

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AR: Ich habe in Asien schon auch eine Bewegung ausgelöst.<br />

Z. B. wenn ich daran denke, dass ich 1992 mit dem Nationalorchester<br />

in Taipeh als erster <strong>Posaunen</strong>-Solist aufgetreten bin.<br />

Da waren viele Posaunisten unter den Zuhörern. Sie waren<br />

begeistert und haben mich dann bestürmt, ob ich ihnen nicht<br />

eine Master Class geben und mit ihnen arbeiten würde, weil<br />

ich ja noch drei Tage da wäre. Es kamen dann ca. 25 Leute,<br />

mit denen habe ich gearbeitet. Das war sehr schön, sie zu<br />

informieren, was in der Welt los ist. Im gleichen Jahr habe<br />

ich in Moskau gespielt. Da gab es ja schon eine ganz andere<br />

Bläsertradition. Der dortige Professor, Anatoly Skobelev<br />

(vor kurzem leider verstorben), kommt aus der Tradition von<br />

Sankt Petersburg (dort war Eugen Reiche einmal Professor)<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

und brachte sie nach Moskau. Er ist ein sehr guter Mann. Ich<br />

spielte dort im Tschaikowsky-Saal und konnte da gut Vergleiche<br />

zu Taiwan ziehen. Vorher war ich 1973 in Warschau in<br />

der Philharmonie, in der Mailänder Scala habe ich 1974 als<br />

Solist gespielt, mit dem Radio Orchester der Italienischen<br />

Schweiz spielte ich 1977 vier Werke innerhalb eines Konzertes<br />

in Lugano (die Uraufführung eines Stückes des Dirigenten<br />

Mario Venzago, die Martin-Ballade, das Mozart-Konzert<br />

auf der Altposaune und solo die Sequenza V von Berio). Das<br />

war ein richtiger <strong>Posaunen</strong>-Abend, der direkt mitgeschnitten<br />

wurde. 1978 war ich zum ersten Mal in Nashville, USA. Anlässlich<br />

des Intern. Trombone Workshop der ITA führte ich<br />

das Altposaunenkonzert von M. Haydn urauf, die einzelnen<br />

Sätze hatte ich zu einem Konzert zusammengefügt.<br />

AM: Vor 40 Jahren wurde die ITA dort gegründet, was der<br />

Anlass war, dass in diesem Jahr (2011) das Int. Trombone<br />

Festival der ITA wieder in Nashville war.<br />

AR: 1978 war das recht gut organisiert, es waren über 300<br />

Posaunisten da, und es war sehr beeindruckend. Was mich<br />

heute noch freut ist, dass ich damals Bill Watrous traf, für<br />

mich ist das der Gott unter den Jazzposaunisten. Ich habe immer<br />

für Frank Rosolino geschwärmt, das tue ich heute auch<br />

noch, aber was Bill Watrous auf der Posaune machte, das<br />

ist von einer unglaublichen Kultur gewesen. Er hatte mich<br />

bei der Vorstellung der Dozenten überhaupt nicht beachtet.<br />

Er wurde in den USA wie ein Popstar gehandelt mit allen<br />

Allüren. Nach der Aufführung des Haydn kam er dann aber<br />

her zu mir und fragte dies und das, was er so wissen wollte.<br />

Zwei Jahre später habe ich ihn hier in Deutschland getroffen.<br />

Da sagte er, dass er in Köln sämtliche Schallplatten von mir<br />

aufgekauft hatte, die im Geschäft vorrätig waren. Dass ein<br />

Jazzer sich für Klassik interessiert, das hat mich dann schon<br />

sehr gewundert. Es war überhaupt ein tolles Erlebnis, diese<br />

„Es war überhaupt ein tolles Erlebnis, diese<br />

Begeisterung der Amerikaner zu spüren!“<br />

Begeisterung der Amerikaner zu spüren! Und deren Opferbereitschaft!<br />

Für die Probe in einem Chor von 50 <strong>Posaunen</strong><br />

fliegen sie oft über 1000 km und bezahlen ihren Flug selbst,<br />

um da kostenlos mitspielen zu dürfen und dann beim ITA-<br />

Fest aufzutreten und hervorragend zu spielen. Das hat mich<br />

schon sehr beeindruckt. In Deutschland sind viele Leute oft<br />

nicht einmal bereit, den Mitgliedsbeitrag zur IPV/( ITA) zu<br />

bezahlen.<br />

Asien betreffend war dann entscheidend, dass ich 1991 als<br />

1. <strong>Posaunen</strong>-Solist mit dem Seoul Synphony Orchestra gespielt<br />

habe. Da haben sich dann auch Kontakte ergeben. Es<br />

gab damals schon einige Posaunisten, die ihre Ausbildung, in<br />

Italien, Österreich oder Deutschland bekommen hatten. Aber<br />

so, wie heute dort gespielt wird, war das natürlich vor 20 Jahren<br />

noch nicht. Da konnte ich ein bisschen helfen. Nachdem<br />

ich gefragt wurde, ob ich denn auch unterrichten würde, oder<br />

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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 13


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

im kleinen Kreis mal was spielen würde, hatte ich die Idee,<br />

beim Goethe-Institut ein Konzert anzuregen zusammen mit<br />

vier koreanischen Posaunisten. Wir spielten Avantgarde-Stücke<br />

für 5 <strong>Posaunen</strong> im öffentlichen Konzert. Das ergab auch<br />

einen guten kollegialen Kontakt. Und dann hat einer gesagt,<br />

ob ich denn nicht Lust hätte, die wunderbare Insel Jeju zu<br />

sehen. Sie wollten mich und meine Frau einladen. Am Abend<br />

beim Essen kam dann heraus, dass sie ein Blaskapellenfest<br />

machen, das ich in Europa bekannter machen sollte. Das<br />

fand ich eine gute Sache, und so ging das los. Da machte ich<br />

Werbung dafür, und ich habe dann auch hier in Deutschland<br />

und in Spanien einigen Kapellen empfohlen und sie überredet,<br />

sich zu beteiligen und rüber zu fahren, damit das Festival<br />

wirklich international würde.<br />

Dann hatte ich drei, vier Jahre später gesagt: „Sie machen<br />

alle zwei Jahre diese Wind-Band-Veranstaltung. Was Ihnen<br />

in ganz Asien fehlt, das ist ein internat. Wettbewerb für<br />

Blechbläser. Ich unterstütze Sie, wenn Sie das organisieren<br />

und Geld dafür losmachen. Das ist für Ihr Land sehr wichtig,<br />

damit Ihre Leute hier hören, was sich in der westlichen Musikwelt<br />

bewegt, und ich werde dafür sorgen, dass dort, und<br />

vor allem in Zentraleuropa die Musiker davon erfahren und<br />

kommen und Ihnen zeigen, wie bei uns musiziert wird. Das<br />

war mein Anliegen!“<br />

Damit wurde dann der Jeju-Wettbewerb gegründet. Und meiner<br />

Meinung nach sind dort die besten Wettbewerbsregeln<br />

der Welt umgesetzt, weil ich ja vorher schon in verschiedenen<br />

Wettbewerb-Jurys saß, ob das der ARD-Wettbewerb war<br />

oder Prag, usw., und ich deshalb die Vor- und Nachteile der<br />

ganzen Regeln überblicken und das Beste auswählen konnte.<br />

Z.B. die Erkenntnis, dass eine Jury um so objektiver urteilen<br />

kann, je größer sie ist! Die beste und schlechteste Bewertung<br />

sollte wegfallen. So wird schon gleich etwas Unfaires vermieden.<br />

Aber es sollten noch genügend Urteile übrigbleiben.<br />

Also sollten mindestens 9 Juroren richten. Die Lösung war,<br />

dass wir gleichzeitig zum Blechbläserwettbewerb auch einen<br />

Wettbewerb für Brassquintett anboten und Profi-Brassquintette<br />

zum Konzertieren aus der ganzen Welt einluden, aus<br />

Russland, Ungarn, Tschechien und Italien, die Spanier sind<br />

auch laufend da gewesen, usw.<br />

Die Leute, die abends ein Konzert spielen, sind tagsüber Mitglieder<br />

der Jury. Dadurch haben wir dort manchmal bis zu<br />

11 Mitglieder der Jury. Auch wenn evtl. da zwei oder drei<br />

Koreaner oder Andere in der Jury sind, die ihre Leute hochpushen<br />

wollen, ist das erfolglos, weil die beste Bewertung<br />

sowieso weggenommen und der Ausgleich durch die hohe<br />

Anzahl der Unabhängigen erzielt wird. Außerdem habe ich<br />

von Anfang an gekämpft, dass es zwei <strong>Posaunen</strong>-Kategorien<br />

gibt, Bass- und Tenorposaune. Es wird bei anderen Wettbewerben<br />

oft übersehen, dass die Bassposaune ein eigenes<br />

Instrument mit eigener Literatur ist. Obwohl das wesentlich<br />

teurer wurde, habe ich mich damit durchgesetzt. Seit drei<br />

Wettbewerben haben wir die Bassposaune extra. Und in diesem<br />

Jahr mit großem Erfolg. Ein koreanischer Bassposaunist<br />

bekam den ersten Preis. Es war natürlich auch wichtig, dass<br />

endlich mal ein Koreaner einen ersten Preis bekam und nicht<br />

der Soloposaunist der tschechischen Philharmonie oder der<br />

Solohornist vom Gewandhausorchester. Die Europäer und<br />

14<br />

Amerikaner haben immer die Preise weggeholt, und ich wurde<br />

natürlich in der koreanischen Presse zerrissen. „Wir zahlen<br />

das, und unsere Leute bekommen keinen Preis? Wie ist denn<br />

das?“ „Ja, daran sehen Sie, wie nötig der Wettbewerb ist.“<br />

Aber erklären Sie das mal den Journalisten. Da bin ich sehr<br />

froh, dass derjenige, der letztes Mal schon den zweiten Preis<br />

bekommen hat, dieses Mal so ausgezeichnet spielte, dass er<br />

den ersten Preis erhielt. Vor zwei Jahren hat ein Japaner auch<br />

mit Bassposaune den ersten Preis bekommen, und nicht nur<br />

für Bassposaune, sondern für den ganzen Wettbewerb auch<br />

den ersten Preis!<br />

JG: Weiter über Pädagogik und Ihre Anfängerschule. Ich besitze<br />

die erste Auflage, die ist von 1977. Ich hab sie durchgesehen<br />

und war gelegentlich überrascht. Sie steht zu den<br />

konventionellen Lehrwerken im Kontrast in der Auffassung,<br />

wie man mit dem Instrument loslegt. Sie sieht dann oft sehr<br />

wissenschaftlich aus, aber sie enthält viele nette Bilder. Wie<br />

kam es dazu, dass der Verlag Universal Edition Wien an sie<br />

herantrat etc.?<br />

„Sie sind unser Mann für die Posaune.“<br />

AR: Die UE hat immer wieder bei mir angefragt, aber ich<br />

habe mich gesträubt, weil ich wusste, was da für eine Arbeit<br />

auf mich zukäme, wenn ich etwas wirklich Neues machen<br />

würde. Ein <strong>Posaunen</strong>-Kollege hat gesagt, dass man es machen<br />

sollte wie die Mediziner: „Schreibe aus drei Büchern ein<br />

viertes. Das mache ich auch!“ Das aber wollte ich so nicht!<br />

Die Pädagogik ist eine relativ neue Wissenschaft und hat in<br />

den letzten Jahren sehr viel verändert, besonders in den allgemeinbildenden<br />

Schulen. In den Gymnasien gab es früher<br />

oft nur fachlich ausgebildetete Lehrer und keine Pädagogen.<br />

Heute werden sie alle pädagogisch geschult. So hatte auch<br />

die Universal Edition die Vorstellung, ebenso in der Musikerziehung<br />

mit den Entwicklungen der modernen Pädagogik<br />

mitzugehen. Meine Person war der UE durch viele Aufführungen<br />

der von ihr verlegten Werke von Kagel, Berio, Globokar,<br />

Martin bekannt. Also war es für den Verlag, der ein<br />

umfassendes auf dem neuen Stand der Pädagogik stehendes<br />

Schulwerk plante, klar, zu sagen: „Sie sind unser Mann für<br />

die Posaune.“<br />

Ein paar Mal lehnte ich aus Zeitmangel ab, schließlich kam<br />

ein Vorschlag, den ich nach reiflicher Überlegung und zeitlichem<br />

Abstand annahm, zumal man anbot: „Wir schicken<br />

Ihnen einen Redakteur, und mit dem gehen sie in Klausur auf<br />

ein wunderschönes Schloss im Schwäbischen mit einer Gourment-<br />

Küche, und sie machen da ein verlängertes Wochenende,<br />

und dabei entsteht die <strong>Posaunen</strong>schule.“ Nachdem ich<br />

mich vorher noch pädagogisch kundig gemacht hatte, durch<br />

Studium der einschlägigen Literatur, die mir die Landesbibliothek<br />

besorgte, gings also an die Arbeit.<br />

Ich musste lernen, dass der Gruppenunterricht der beste Unterricht<br />

sei. Die kleinste Gruppe ist dabei der Lehrer und ein<br />

Schüler. Das Prinzip dieser Schule ist es außerdem, die ganze<br />

Musikalität, die ein junger Mensch in sich hat, ihm zu lassen<br />

und sie weiter zu entwickeln. Der junge Mensch kommt aus<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />

dem Kindergarten oder der Schule und pfeift oder singt eine<br />

beschwingte Melodie, die alle Rhythmen unserer Zeit aufweist.<br />

Dann kommt er in den traditionellen <strong>Posaunen</strong>unterricht<br />

und darf zwei Wochen ganze Noten und danach Halbe<br />

und Viertel spielen, vielleicht auch schon Achtel. Der legt das<br />

Instrument bald wieder weg!<br />

Deshalb beginnen wir in der UE-Schule mit Improvisieren!<br />

Ich erzähle ein Beispiel: Die Universal Edition organisierte in<br />

Trossingen einen Kurs für ungefähr 60 Musikschullehrer. Da<br />

haben wir in der dortigen Volksschule verkündet, dass wir ein<br />

paar 8-10-jährige Kinder suchen, die bisher kein Instrument<br />

gespielt haben, aber gerne einmal in eine Posaune oder Trompete<br />

blasen wollen. Dann habe ich meine Posaune in lauter<br />

Einzelteile zerlegt und dort auf den Tisch gelegt. Ich habe<br />

nichts behauptet, sondern nur Fragen gestellt, wie „Was kann<br />

man damit machen?“ „ Das könne man ineinander stecken“<br />

Kein Wort von Anstoß oder Ähnlichem! Der Schüler sang<br />

rein und fragte: „Ist das so, wenn die Posaunisten spielen?“<br />

„Nein!“ Da hat er dann plötzlich angefangen, zu blasen, und<br />

es kam ein Ton. Einer spielte nach kurzer Zeit das Kopfmotiv<br />

der 5. Sinfonie von Beethoven und suchte sich intuitiv die<br />

Töne zusammen. Da standen schon einige Lehrer vor Überraschung<br />

auf und fragten: „Ja, woher hat er das denn?“ Da<br />

sagte der Schüler: „Meine Schwester hat davon eine Schallplatte.“<br />

Ein anderer hat nach 7 Minuten Doppelzunge gespielt.<br />

Die Lehrer fragten wieder, wie das zugeht, dass er das<br />

sofort kann, was sonst jahrelang dauert. Ich antwortete ihnen:<br />

„Das ist die Methode. Er hat das in sich!“<br />

Einer der Knaben ist übrigens ein hervorragender Posaunist<br />

geworden!<br />

Das Problem dieser <strong>Posaunen</strong>schule, die meiner Meinung<br />

nach für die damalige Zeit ausgezeichnet war, ist, dass derjenige,<br />

der danach lehren will, erst einmal selbst lernen muss,-<br />

wie ich auch. Viele Lehrer wollen aber selbst nichts Neues<br />

lernen, sondern das so weitergeben, wie sie es von ihrem<br />

Lehrer einst gelernt haben. Deshalb haben wir diese gängigen<br />

Schulen, wie sie sind, als Wiedergekäutes! Von meiner<br />

Schule wurde dann auch viel abgeschrieben und verwässert.<br />

Aber es ist eben so, dass man, wenn man danach unterrichten<br />

will, erst einmal selbst lernen muss und erst dann lehren kann,<br />

dann aber sehr effektiv sein wird, vor allem mit Anfängern!<br />

Schade nur, dass ich nicht die Zeit hatte, mehr Kurse darüber<br />

zu halten! Das hätte einen größeren Erfolg gebracht!<br />

„...und [wenn] das hohe Es dann auch<br />

kommt und auch noch strahlt, dann bin<br />

ich einfach glücklich und denke, ich mache<br />

wieder ein Konzert.“<br />

Schuld haben außerdem die Leiter von Musikschulen, die<br />

denjenigen für den besten Lehrer halten, dessen Schüler nach<br />

einem halben Jahr schon in der Schul-Blaskapelle mitblasen<br />

kann, egal wie, auch wenn sie noch so einen falschen Ansatz<br />

haben! Nach einem halben Jahr hat ein normaler Anfänger<br />

keinen druckschwachen Ansatz! Und der richtige Ansatz ist<br />

einfach sehr wichtig.<br />

Ich selbst spüre bis heute und im Alter besonders den Segen<br />

des druckschwachen Ansatzes, der mir ermöglicht, mit 73<br />

Jahren immer noch alles zu spielen. Gestern abend z.B. im<br />

Stück „Jericho“ von P. M. Braun das hohe es‘‘.<br />

AM: Was für ein Konzert war das?<br />

AR: Ich habe 11 Stücke gespielt, Posaune, Alphorn oder<br />

Basstrompete mit Orgelbegleitung. Ein einziges Orgelstück-<br />

Solostück. Das war schon anstrengend. Ich bin meinen<br />

Lehrern schon dankbar, dass sie mich auf einen Weg gesetzt<br />

haben, der mir das Musizieren auch im höheren Alter noch<br />

ermöglicht. Ich kann nur immer wieder warnen, dass heute<br />

immer noch so viele Leute mit Druck spielen und sich dabei<br />

keinen guten Dienst tun. Und dass das von verschiedenen<br />

Musiklehrern immer noch geduldet und gefördert wird,<br />

weil man einfach den Ton viel schneller hat, als mit dem<br />

druckschwachen Ansatz. Deshalb propagiere ich auch dieses<br />

ERGO-Bone (Haltehilfe mit Gurt ähnlich Fagott), damit man<br />

damit leichter und druckschwach spielen kann. Als Pädagoge<br />

an der Musikhochschule habe ich versucht, das weiterzugeben<br />

und habe etwa 120 Studenten ins Berufsleben gebracht, ohne<br />

dass einer arbeitslos ist. Nicht alle sind im Orchester, aber es<br />

sind einige in sehr gute Positionen gelangt (WDR, RSO in<br />

Stuttgart, SWF-Baden-Baden, Tonhalle Zürich, Augsburger<br />

Oper, Münster, Stuttgarter Philharmoniker, Hofer Sinfoniker<br />

etc).<br />

JG: Was macht Armin Rosin 2012?<br />

AR: Solange meine Konstitution es erlaubt, weitere<br />

Konzerte!<br />

JG: Und 2013?<br />

AR: Da habe ich noch nichts im Kalender. Wenn man älter<br />

wird, wird man dankbar für jedes Konzert, das einem gelingt.<br />

Wie gestern zum Beispiel. Ich war hochbeglückt. Man kann<br />

ja nicht garantieren, ob das Kontra Es unten für mich als<br />

Tenorposaunisten anspricht (im Jericho von Braun) und ein<br />

paar Sekunden später das zweigestrichene Es. Und wenn die<br />

musikalischen Phrasen gleiten, und das hohe Es dann auch<br />

kommt und auch noch strahlt, dann bin ich einfach glücklich<br />

und denke, ich mache wieder ein Konzert. So freue ich mich<br />

auf die einzelnen Konzerte. Als Dirigent habe ich bisher drei<br />

Konzerte in 2012 fest, alle mit unterschiedlicher Literatur,<br />

die ich lernen muss. Mit der Posaune habe ich momentan 10<br />

geplant, aber ich werde sie nur spielen, solange ich für mein<br />

Niveau garantieren kann. Es gibt im Leben auch noch andere<br />

Aufgaben!<br />

JG: Lieber Armin Rosin, Ihnen alles Gute und vielen Dank<br />

für dieses Gespräch.<br />

(Siehe auch: www.armin-rosin.com)<br />

***********************************************<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 15


Prof. Martin Göß „75“<br />

Prof. Martin Göß feierte 75. Geburtstag<br />

von Norbert Daum<br />

Nachdem Martin Göß am 9. Mai diesen Jahres sein 75.<br />

Lebensjahr vollendet hatte, war es dann am Samstag, den<br />

14. Mai, endlich soweit, dass die große Party, Martins riesiges<br />

Geburtstagsfest, bei strahlendem Sonnenschein steigen<br />

konnte. Alle gönnten ihm das wunderbare Wetter, zumal<br />

Martin das ganze Event strategisch von langer Hand geplant<br />

hatte. Schon vor Monaten waren die mündlichen Einladungen<br />

ausgesprochen worden, ehe im zeitigen Frühjahr die<br />

schriftlichen folgten. Das Ganze fand in Gallmersgarten,<br />

einem kleinen idyllischen Dorf in der Nähe von Bad Windsheim,<br />

statt, wo in Martin Göß´ ländlicher, mittelfränkischen<br />

Heimat sein Geburts- und Wohnhaus steht.<br />

Es waren so um die 200 Gäste geladen, viele Freunde, frühere<br />

Kollegen, ehemalige Schüler und Studenten, eben ganz<br />

viele Leute. Da aber nicht alle gleichzeitig anwesend sein<br />

konnten, die einen kamen später, andere gleich, wieder andere<br />

mussten früher gehen, war es auch bis in den späten<br />

Abend hinein ein ständiges Kommen und Gehen. Martins<br />

Familie, allen voran seine Ehefrau Christine nebst ihrer<br />

Tochter Xenia Vasicek, hatte das Geburtstagsfest großartig<br />

vorbereitet und organisiert. Gegenüber von Martins Wohnhaus<br />

war eine frisch renovierte Scheune eigens zu diesem<br />

Zweck ausgeräumt und liebevoll hergerichtet worden. Wunderschön<br />

gedeckte Tische standen da, Getränke- und Essensstand<br />

und sogar eine Bühne hatten nun dort ihren Platz<br />

gefunden.<br />

Das Geburtstagsfest begann dann offiziell um 11.30 Uhr vormittags<br />

mit einem Matineekonzert der <strong>Posaunen</strong>klasse der<br />

Hochschule für Musik Würzburg. Man hätte da ganze auch<br />

„Martinee“ nennen können, zumal vor allem Stücke auf<br />

dem Programm standen, die sich Martin eigens gewünscht<br />

hatte. Ausführende waren natürlich die Studierenden der<br />

<strong>Posaunen</strong>klasse selbst unter der souveränen Leitung ihres<br />

Professors Andreas Kraft sowie Hannes Hölzl, der österreichische<br />

Soloposaunist der Würzburger Philharmoniker, und<br />

am Klavier Wolfgang Bamberger, der sich als absolut kompetenter<br />

Korrepetitor einbrachte.<br />

Zu Beginn erklang majestätisch die Passacaglia von Allan<br />

Chase für großes <strong>Posaunen</strong>ensemble. Dann folgte Ernst<br />

Sachses Concertino in der F-Dur Bassposaunenversion und<br />

auf Martins ausdrücklichen Wunsch mit allen drei Sätzen.<br />

Überzeugender Solist war Thomas Joha an der<br />

Bassposaune. Im Programm wechselten sich<br />

Ensemble- und Solostücke ständig ab, was die<br />

„Martinee“ zusätzlich bereicherte. Nach dem<br />

mitreißenden Gospel Time für <strong>Posaunen</strong>quartett<br />

von Jeffrey Agrell, das beim Publikum<br />

immer sehr gut ankommt, folgte die Ballade<br />

von Eugéne Bozza mit dem Solisten Michael<br />

Wollkober. Sehr unterhaltend gestalteten sich<br />

dann die „Fünf Szenen aus Mexiko“ des Komponisten<br />

Ernst-Thilo Kalke für <strong>Posaunen</strong>quartett.<br />

Hannes Hölzl konnte anschließend als<br />

Prof. A. Kraft, mit den Studenten aus Würzburg<br />

brillianter Solist glänzen mit dem Csardas von<br />

Vittorio Monti. Dann erklangen als besonderer<br />

Leckerbissen von Richard Wagner Themen aus der Oper<br />

Parsifal in der Bearbeitung von Leon Brown, ausgeführt mit<br />

großem <strong>Posaunen</strong>ensemble, ehe ein Oktett von Ross Patterson<br />

die „Martinee“ offiziell beendete. Aber was heißt schon<br />

offiziell? Jedem war klar, dass nun eine ganz besondere Zugabe<br />

angesagt war! Wie auf ein geheimes Zeichen hin erhoben<br />

sich alle im Saal anwesenden Posaunisten, zumindest<br />

die, die ein Instrument dabei hatten, um sich im Nu auf der<br />

Bühne zu versammeln. Jetzt erklang wohl Martins absolutes<br />

Lieblingsstück. All die Posaunisten spielten unter dem Dirigat<br />

von Martin Göß den Pilgerchor aus der Oper Tannhäuser<br />

von Richard Wagner. Damit hatte die „Martinee“ ihren absolut<br />

würdigen Abschluss gefunden.<br />

Da es nunmehr so auf 13 Uhr zuging, kam es nicht von ungefähr,<br />

dass mittlerweile allen Gästen der Magen knurrte.<br />

Genau zeitlich passend wurde jetzt das Mittagessen serviert.<br />

Zuerst gab es Suppe und reichhaltig Vorspeisen. Dann<br />

konnte man wählen zwischen Schweinsbraten und Rindfleisch<br />

mit Meerrettichsoße, einer besonderen fränkischen<br />

Spezialität, dazu verschiedenste Beilagen vom Buffet. Am<br />

Schluss durfte das Dessert natürlich nicht fehlen. Kurzum,<br />

es schmeckte alles wunderbar, und alle Gäste waren wohl<br />

pappsatt. Nach dem Essen hielt Martins Tochter Gina eine<br />

bewegende Ansprache, bei der noch einmal die wesentlichen<br />

Lebensstationen des Jubilars Revue passierten. Der örtliche<br />

Gartenbauverein hatte mit aller hausfraulichen Hingabe und<br />

Backkunst eigens für Martins Geburtstagsfeier das Kuchenbuffet<br />

organisiert und zubereitet, und so konnte es bald mit<br />

Kaffee und Kuchen weitergehen.<br />

Prof. Martin Göß dirigiert den Chor aus allen anwesenden Posaunisten<br />

16<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Prof. Martin Göß „75“, Konzert Prof. Rosin in Ettlingen<br />

Während des Kaffees formierte sich auf der Bühne eine Blasmusikbesetzung,<br />

darunter an der Posaune und an der Basstrompete<br />

Robert und Herbert Kamleiter sowie Hans Pfeifer<br />

am Saxophon, Freund und Kollege aus Bayreuther Tagen,<br />

um nur einige zu nennen. Für gute Stimmung war also weiterhin<br />

gesorgt. Es folgten noch etliche Einlagen und Reden,<br />

immer wieder neue Gäste kamen dazu, bis gegen 18 Uhr<br />

abermals die Teller klapperten und das Abendessen serviert<br />

wurde. Kurz darauf habe ich mit Frau und Sohn das wunderbare<br />

Fest verlassen, um den Heimweg anzutreten. Aber, wie<br />

ich später aus Erzählungen hörte, haben die Feierlichkeiten<br />

noch lange, bis zum nächsten Morgen angehalten.<br />

V. li.: am Baßflügelhorn: Robert Kamleiter/ 2. Posaunist Staatsoper<br />

München, Posaune; Herbert Kamleiter/ u. a. ehemaliger Lehrbeauftragter<br />

Musikhochschule Würzburg; in der Mitte Prof. Hans Pfeifer/ u.a.<br />

ehemaliger Prof. für Klarinette an der Musikhochschule Mannheim;<br />

ganz rechts an der Trompete: Hermann Göß/ ehem. 2. Trompeter der<br />

Münchner Philharmoniker.; alle Anderen stammen aus dem örtlichen<br />

Blasorchester.<br />

**********************************************<br />

Konzert für Posaune und Orgel<br />

mit Prof. Armin Rosin und Prof. Michael Felix (Orgel)<br />

in Ettlingen bei Karlsruhe am 29. Mai 2011 um 19 Uhr.<br />

Konzertbericht von A. Mössinger<br />

Im Rahmen des 10. Ettlinger Orgelfrühlings gastierte Prof.<br />

Armin Rosin mit dem Organisten Prof. Michael Felix<br />

(HfM Freiburg i. Br.) in der Ettlinger Herz Jesu Kirche.<br />

Die Bedingung eines über fünf sekündigen Nachhalls war<br />

die akustische Gegebenheit in der großen, neoromanischen<br />

Kirche vom Anfang des 20. Jahrhunderts.<br />

Entsprechend ruhig begann das Programm mit einer<br />

Meditation für Alphorn und Orgel von Nimra Korinthos<br />

(*1939). Rosin spielte vorne neben dem Altar ruhige Töne<br />

mit dem Alphorn, und die Orgel, von hinten oben auf der<br />

Empore gespielt, gesellte sich später dazu - Bilder und Klänge<br />

der Bergwelt (voller, schöner Klang, Mehrtönigkeit durch<br />

in den Ton Singen, Triller etc.). Es folgten zwei Fanfaren<br />

der Stadttürmer von Eger (im Egerland) von ca. 1650. Die<br />

erste Fanfare war gedacht für die Taufe eines Mädchens und<br />

die zweite für die Begrüßung eines adligen Gastes in der<br />

Stadt. Diese beiden Stücke entsprachen dem Alphorn sehr<br />

gut, zumal sie orginal für ein Instrument in der Art wie ein<br />

Alphorn gedacht waren, das nur die Töne einer Naturtonreihe<br />

zur Verfügung hatte. Auch hier wurde eine Begleitung durch<br />

die Orgel auf der Empore musiziert, während Herr Rosin<br />

unten direkt vor dem Publikum spielte.<br />

Nach der Aufforderung an die Zuhörer, doch bitte nun in<br />

den Chorraum nach vorne zu kommen, was auch viele<br />

befolgten, wurde es richtig kammermusikalisch. Durch<br />

die kleinere Chororgel begleitet spielte Prof. Armin Rosin<br />

auf der Basstrompete in Es (ein historisches Modell der<br />

Firma Kruspe) Bearbeitungen von Jean Joseph Mouret<br />

(1682-1738) als Petite Suite für Basstrompete und Orgel,<br />

im Klang frech, trompetenhaft und doch durch die Tonlage<br />

wie eine Altposaune, intonatorisch etwas heikel, aber sehr<br />

sicher gemeistert. Selten, dass man dieses Instrument so<br />

herausgelöst, solistisch hören kann.<br />

Nach einem klassischen Orgelstück von Justin Heinrich<br />

Knecht (1752-1817) folgte der musikalische Höhepunkt mit<br />

dem avantgardistischen Stück „Jericho (die fallenden Mauern)“<br />

von Peter Michael Braun (*1936). Mit dem Glissando<br />

das Umbiegen der Mauern dastellend, mit Sforzati vor sehr<br />

lauten Tönen, die das Zerbersten der runterfallenden Steine<br />

dastellten, ging es lautmalerisch durch diese Situation des<br />

Chaos, der Zerstörung; fauchend, schreiend, mit Flatterzunge<br />

waren u.a. die Charaktere und Ausducksmittel ähnlich<br />

moderner Filmmusik. Es folgte als Epilog ein leiser, ruhiger<br />

Teil mit Choralzitaten aber doch dissonant bleibend, der das<br />

Publikum atmosphärisch nach der Läuterung wieder harmonisierte<br />

und quasi nach dem Untergang die noch dampfenden<br />

Rauchwolken sich langsam lichten ließ. Im Schlusston<br />

klang Hoffnung in einem mehrtönigen <strong>Posaunen</strong>ton. Eine<br />

brilliante und sehr gut gelungene Darbietung von beiden<br />

Künstlern.<br />

Was passt besser, als nach dieser schweren Musik dasselbe<br />

Thema als Spiritual aufzunehmen und „Josua fit the battle<br />

of Jericho“ zu spielen? Darin nutzte Rosin auch die Gelegenheit,<br />

die Melodie zeitweise zu singen anstelle zu spielen,<br />

was ihm sehr kräftig gelang. Nach einem Papst-Hymnus von<br />

Liszt für Orgel ging es weiter mit Liszts Bearbeitung von<br />

Rossinis Arie „Cuius Animam“ aus „Stabat Mater“ für Posaune<br />

und Orgel, typisch für Rossini, operhafte Melodik und<br />

klangvoll.<br />

Rheinbergers „Ave Maria“ musizierte Rosin wieder im<br />

Wechsel zwischen Posaune und der von ihm gesungenen<br />

Orginalversion.<br />

Eine Pastorale von Alexandre Guilmant, eine weiche, cantable<br />

Melodie im Dreier-Takt, und das berühmte Morceau<br />

Symphonique Es-Moll op. 88, ebenfalls von Guilmant, beendeten<br />

das Konzert, bevor das Publikum durch den Applaus<br />

noch zwei Zugaben in Form eines Spirtuals und eines<br />

einfachen „Der Mond ist aufgegangen“ erhielt.<br />

Prof. Rosin zeigte sich in bester Spiellaune, und das Publikum<br />

aus etwa 120 Besuchern ließ sich gerne von ihm für<br />

die gespielte Musik interessieren und begeistern. Ein großes<br />

Lob auch an den Organisten Prof. Felix, der hervorragend<br />

und versiert begleitete und dabei ein ebenbürtiger Partner<br />

war.<br />

**********************************************<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 17


Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen Würzburg und Karlsruhe<br />

Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen<br />

der Musikhochschulen<br />

Würzburg und Karlsruhe<br />

von Norbert Daum<br />

Alles begann, als Prof. Werner Schrietter an seinen langjährigen<br />

Freund und Kollegen Prof. Andreas Kraft eine Einladung<br />

für einen gemeinsamen Workshop der Karlsruher<br />

und der Würzburger <strong>Posaunen</strong>klassen im Januar 2004 aussprach.<br />

Während Schrietter über all die Jahre stets den Austausch<br />

mit anderen Hochschulinstituten nicht nur in Deutschland<br />

sondern europaweit gesucht hatte, war es für die Würzburger<br />

<strong>Posaunen</strong>klasse und deren Leiter Prof. Andreas Kraft,<br />

der seit dem Wintersemester 02/03 im Amt ist, wirklich eine<br />

neue Erfahrung.<br />

Als sich damals am Mittwoch, den 14. Januar 2004, der ganze<br />

Würzburger Tross am frühen Morgen ab dem Studentenparkplatz<br />

an der Würzburger Musikhochschule in Richtung<br />

Karlsruhe in Bewegung setzte, ahnte noch niemand, dass es<br />

erst der Anfang sein würde für weitere intensive Kooperationen.<br />

So folgte nach einer Gegeneinladung nach Würzburg<br />

im Februar 2005 erneut ein Besuch der Würzburger <strong>Posaunen</strong>klasse<br />

in Karlsruhe schon im November 2005. Die Zusammenarbeit<br />

war von Anfang an so fruchtbar und harmonisch<br />

verlaufen, dass spätestens jetzt allen Beteiligten klar<br />

war, es würden weitere Workshops folgen.<br />

Inzwischen kam es am Montag, den 9. Mai 2011 zum mittlerweile<br />

sechsten gemeinsamen Workshop, zu dem sich der<br />

Großteil der Studierenden beider Klassen an der Würzburger<br />

Musikhochschule eingefunden hatte. Unter der Leitung<br />

von Prof. Andreas Kraft, Prof. Werner Schrietter und Norbert<br />

Daum wurde wieder ein anspruchsvolles Programm<br />

erarbeitet, das speziell dem Ensemblespiel gewidmet war.<br />

Da ja jetzt jede Menge Posaunisten zur Verfügung standen,<br />

spielten gerade die Stücke für große Besetzung in der Programmgestaltung<br />

eine gewichtige Rolle. Die drei Kollegen<br />

teilten die Stücke in der Folge untereinander auf, indem sie<br />

sich in der Einstudierung und dem Dirigat abwechselten.<br />

So verbrachten beide Klassen drei intensive gemeinsame<br />

Tage im frühlingshaften Würzburg, wobei man nicht nur<br />

fleißig probte und arbeitete, sondern gerade am Abend nach<br />

getaner Arbeit auch entsprechend ausgelassen feierte. Gleich<br />

montags, am ersten Abend, trafen sich alle Beteiligten bei<br />

schönstem Wetter in einem idyllischen Würzburger Biergarten.<br />

Tags darauf, am Dienstag, beschlossen die Leitenden<br />

des Workshops spontan, am Ufer des Mains zu grillen. Die<br />

Vorbereitungen dafür mussten und konnten Gott sei Dank<br />

schnell über die Bühne gehen, und so stand einem wiederum<br />

stimmungsvollen Abend nichts mehr im Wege.<br />

Am Mittwoch schließlich sollte ja dann auch das Abschlusskonzert<br />

über die Bühne gehen. In der direkten Vorbereitung<br />

dafür stand am Vormittag zunächst die Generalprobe auf dem<br />

Plan. Nach einer ausgiebigen Mittagspause trafen sich alle<br />

Beteiligten wieder an der Würzburger Musikhochschule, um<br />

gemeinsam in das etwa 60 Kilometer entfernte Hammelburg<br />

zu fahren. Eben dort an der Bayerischen Musikakademie<br />

fand dann um 19 Uhr das Abschlusskonzert beider <strong>Posaunen</strong>klassen<br />

statt, und zwar unter dem Motto „Von allerley<br />

Blech und Tönen“.<br />

Als erstes Stück erklang eine achtstimmige Toccata des<br />

Renaissancekomponisten Aurelio Bonelli - bearbeitet<br />

von Hans Katt und übrigens in der Reihe „IPV Trombone<br />

Collection“ bei crescendo brass verlegt. Es folgte nach einem<br />

Quartett von Saskia Apon (*1967) und einer Pavane von<br />

Gabriel Fauré das sechsstimmige Agnus Dei aus der Messa da<br />

Requiem von Giuseppe Verdi – ebenfalls in der Reihe „IPV<br />

Trombone Collection“ verlegt. Opulente Höhepunkte waren<br />

dann gewiss, für großes Ensemble das Scherzo Funebre op.<br />

86 von Derek Bourgeois sowie von Richard Wagner Themen<br />

aus der Oper Parsifal in einer Bearbeitung von Leon Brown.<br />

Nach der Passacaglia von Allan Chase folgte als Beitrag<br />

der leichten Muse das weltberühmte „Maria“ von Leonard<br />

Bernstein sowie Latin District von Jerome Naulais, ehe das<br />

Octett von Ross Patterson das Konzert beschloss.<br />

Alle Workshopteilnehmer waren sich im Anschluss einig:<br />

Fortsetzung folgt!! ---------------------------------------<br />

Studenten der beiden Klassen<br />

Studenten der beiden Klassen<br />

V. li.: Prof. W. Schrietter, Prof. A. Kraft, N. Daum<br />

18<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


CD Prof. <strong>Schulz</strong> „Around The World“, Pressemeldung pBone<br />

20<br />

CD-Rezension<br />

„Around the World“<br />

Daniel Schnyder:<br />

Kompositionen und<br />

Saxophon;<br />

Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>:<br />

Bassposaune;<br />

Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin;<br />

Dirigenten : Michael Sanderling, Michael Helmrath<br />

Erschienen 2011, bei BIS (BIS-CD-1774)<br />

Von Jakob Guizetti<br />

„Ich habe nur den Wunsch, mein Instrument als<br />

Soloinstrument ins rechte Licht zu rücken.“<br />

(<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>)<br />

Es gibt ein sehr bekanntes deutsches Blechbläser<br />

Ensemble, das seine Konzertprogramme „Around the<br />

World“ nennt. Es wurden in den letzten Jahren viele sehr<br />

gute Einspielungen mit neuen Kompositionen von sehr<br />

guten Bassposaunisten veröffentlicht. Wenn Sie schon<br />

die CD „Berlin Recital“ von <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> kennen und<br />

schätzen, werden Sie jetzt fast in die Irre geleitet. Jetzt<br />

geht es um etwas komplett Anderes!<br />

<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> hat seine zweite CD aufgenommen,<br />

nun ist sie auch auf dem Markt erhältlich. Er spielt<br />

ausschließlich Werke des Schweizer Saxophonisten<br />

und Komponisten Daniel Schnyder. Zusammen haben<br />

beide das Programm für die vorliegende CD entwickelt,<br />

ausgesucht und gemeinsam eingespielt. Selten zuvor<br />

hat der Titel einer CD besser zur Musik gepasst wie auf<br />

dieser Aufnahme.<br />

Schon in „The Island“ verlässt <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> alle uns<br />

bekannten Muster. Das Stück ist eine Rumba, und<br />

wird nicht von Gitarre, Bass und Schlagwerk begleitet,<br />

sondern von einem Streichquintett. So entsteht ein<br />

höchst emotionaler Klang, der einen schnell vergessen<br />

lässt, dass das Soloinstrument eine Bassposaune ist.<br />

Und es geht in einem rasanten Zug um die Welt weiter.<br />

„Shourouk“ heißt auf Arabisch „Sonnenaufgang“. Nun<br />

ist es der Titel einer Arabischen Ouvertüre für Orchester,<br />

in die Solpassagen für Saxophon und Bassposaune<br />

eingewebt wurden. Zusätzlich wird dieses Werk von<br />

drei außerordentlich energiegeladenen Musikern<br />

unterstützt: Georg Breinschmid spielt Kontrabass,<br />

Bachar Khalife und Marcio Doctor spielen Percussion.<br />

Zusammen geben sie dieser Ouvertüre eine Energie, die<br />

einen echt an den Sitz fesselt. Da die sich überlagernden<br />

Rhythmen extrem komplex sind, haben die Füße starke<br />

Hemmungen, einfach mitzumachen.<br />

Die beiden weiteren Kernwerke dieser Aufnahmen<br />

sind die „Suite für Bassposaune und Orchester“ und<br />

„subZero“. Beide Stücke werden vom Rundfunk-<br />

Sinfonieorchester Berlin begleitet und sehen unter<br />

der Leitung von Michael Sanderling und Michael<br />

Helmrath. Das Orchester begeistert mich sehr durch<br />

seine rhythmische Präzision und Energie. Diese Musik<br />

verlangt ein hohes physisches Engagement, und das<br />

Orchester lässt sich wirklich nicht bitten, sondern ist<br />

hochwertiger Partner.<br />

In den weiteren Titeln der Aufnahme, „Fuga“, „Around<br />

the World“, „Fughetta in c-moll“, „Giga“ und dem<br />

„Schuhmacher-Marsch“ spielen Daniel Schnyder und<br />

<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> kongeniale Duette, komponiert oder<br />

arrangiert von Daniel Schnyder. Als würden beide nichts<br />

anderes tun! Atemberaubend!<br />

Mit dieser Aufnahme ist die Welt der Posaune endgültig<br />

im Hier und Jetzt angekommen. Und vielleicht ist es<br />

auch schon ein deutlicher Fingerzeig in die Zukunft.<br />

Absolut hörenswert!<br />

*****************************************<br />

Pressemeldung der Firma GEWA Music GmbH:<br />

pBone -<br />

Eine Posaune erobert die Welt im Sturm<br />

„Der Klang“... das war die Antwort von Jiggs Whigham auf<br />

die Frage nach einer der wichtigsten Eigenschaften einer<br />

Posaune.<br />

Und selbst hier, wurde Jiggs nicht enttäuscht, als er zum<br />

ersten Mal die „pBone“ spielte. Zugegebenerweise, ein<br />

wenig skeptisch war er schon.<br />

Eine Posaune aus ABS-Kunststoff und Fiberglas?<br />

Funktioniert das wirklich? JA!<br />

Die pBone ist alles andere als ein Spielzeug. Sie bedient, was<br />

man von einem vollwertigen Instrument erwarten kann. Mit<br />

einem Gewicht von nur 800 Gramm ist sie zudem federleicht<br />

und wesentlich unempfindlicher gegen Beschädigungen. Sie<br />

hat eine Bohrung von 12,7 mm und ist in den Farben Blau,<br />

Rot, Gelb und Grün lieferbar.<br />

Womit überzeugt sie noch? Definitiv: „Im Klang“!<br />

Kontakt:<br />

GEWA Music GmbH<br />

Oelsnitzerstrasse 58, 08626 Adorf<br />

Tel.: 037423/778-0, Fax: 037423/778-9101<br />

E-mail: info@gewamusic.com,<br />

Internet: www.gewamusic.com, www.jiggspbone.com<br />

*****************************************<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Ankündigung:<br />

2. Lätzsch Trombone Festival 2011<br />

In enger Zusammenarbeit der Firma Lätzsch Brass, Bremen,<br />

des ArtEZ Conservatory, Enschede, The Netherlands<br />

Symphony Orchestra, Stormworks Europe und der Landes<br />

Musikakademie Nordrhein Westfalen, Heek (Deutschland),<br />

findet die 2. Ausgabe des Lätzsch Trombone Festival vom<br />

7. bis einschließlich 11. Dezember 2011 in der Landes<br />

Musikakademie Nordrhein Westfalen Heek statt.<br />

Dieses Festival zielt speziell auf fortgeschrittene Tenorund<br />

Bassposaunisten, die ihre Vorbereitung auf Probespiele<br />

weiterbringen und verbessern möchten.<br />

Während des Kursus werden die Teilnehmer in den fähigen<br />

Händen von sehr guten, professionellen Posaunisten sein,<br />

die sie in den notwendigen Anforderungen trainieren werden,<br />

die man braucht, um ein Probespiel zu gewinnen.<br />

Mit anderen Worten: Das ganze Festival zielt auf ein Probespiel.<br />

Erster Preis ist eine neue Lätzsch-Posaune und der<br />

zweite Preis ist ein Konzertprojekt bei The Netherlands<br />

Symphony Orchestra (mit Unterricht und Coaching der <strong>Posaunen</strong>gruppe).<br />

Festival Manager ist Ben Cruiming.<br />

Die Lehrer 2011 sind: Zoltan Kiss, Csaba Wagner, Jiggs<br />

Whigham, Dirk Ellerkamp, Peter van Klink, Monica Luijendijk,<br />

Thomas Trachsel.<br />

Es gibt Platz für 20 Tenorposauisten und 20 Bassposaunisten.<br />

Das Festival mündet in ein Abendkonzert am Samstag,<br />

den 10.12.2011, ‚Night Of The Brass‘, zusammen mit The<br />

Netherlands Symphony Orchestra und allen 40 Festivalteilnehmern,<br />

Thomas Trachsel (Dirigent), The Millennium Big<br />

Band, Jiggs Whigham (Conductor), Chris Houlding (Solist),<br />

Zoltan Kiss (Solist), Jiggs Whigham (Solist).<br />

Alle weiteren Informationen über das Festival betreffend<br />

das Repertoire, die Teilnahmegebühren, die Dozenten, die<br />

Möglichkeiten für aktive oder passive Teilnahme, etc. können<br />

auf der Website des Festivals oder bei Lätzsch Brass<br />

gefunden werden.<br />

Siehe www.laetzsch-brass.de/festival/hold.html<br />

*********************************************<br />

Lätzsch Trombone Festival, Firmenjubiläum Tilz „40“<br />

Firmenjubiläum bei<br />

Mundstückbau Bruno Tilz<br />

Das Unternehmen Mundstückbau Bruno Tilz feiert dieses<br />

Jahr sein 40 jähriges Betriebsjubiläum.<br />

Im Jahre 1971 gründete Bruno Tilz, damals bereits in- und<br />

ausländischen Musikern als Mundstückspezialist bestens<br />

bekannt, seine Firma, nachdem er vorher über 20 Jahre bei<br />

der Firma Mundstückbau Hablowetz seine Erfahrungen gesammelt<br />

hatte.<br />

Am Anfang wurde alles noch per Hand produziert, bis heute<br />

werden jedoch keine CNC-Maschinen verwendet.<br />

Am 1.1.1995 hat Bruno Tilz die Firmenleitung seiner Tochter<br />

Sonja Denny übertragen. Diese hat zusammen mit ihrem<br />

Mann Bruno Denny bis zu seinem leider viel zu frühen Tod<br />

im Jahr 2005 das Unternehmen geleitet. Unterstützt wurde<br />

Sonja Denny dann von ihrem Vater und ihren inzwischen<br />

ebenfalls eingetretenen Töchtern Alexandra und Yvonne.<br />

Bruno Tilz ist bis heute beratend mit in der Firma tätig und<br />

überträgt sein Wissen an seine Enkelin Yvonne, die in die<br />

Fußstapfen Ihres Großvaters und verstorbenen Vaters treten<br />

will.<br />

Das Unternehmen produziert hauptsächlich Mundstücke<br />

für sämtliche Blechblasinstrumente. Es gibt ein sehr großes<br />

Sortiment mit ca. 1.600 Sorten an Serien-Mundstücken. Es<br />

wird aber auch nach individuellem Kundenwunsch gefertigt.<br />

Momentan hat die Firma 8 Mitarbeiter, Lehrlinge keine, da<br />

der Mundstückbau nie als Lehrberuf anerkannt wurde.<br />

Sie beliefern den Fachhandel im Inland, Schwerpunkt ist<br />

aber inzwischen der Export mit Japan und Südkorea. Es<br />

kommen Berufsmusiker, Hobbymusiker und auch Professoren<br />

ins Haus, um Mundstücke zu testen und zu kaufen.<br />

Um nur einige zu nennen, die unsere Mundstücke spielen:<br />

Til Brönner, Prof. Malte Burba, Bigband der Bundeswehr,<br />

und viele andere. Die Kontakte mit anspruchsvollen Musikern<br />

wurden im Laufe der Jahre immer mehr erweitert und<br />

vertieft. Die Vorstellungen vom modernen Mundstückbau<br />

wurden noch besser und individueller auf die speziellen<br />

Wünsche der Musiker abgestimmt.<br />

Das Ziel ist und bleibt zufriedene Kunden durch gute Beratung<br />

und eine stetige Weiterentwicklung der Mundstücke!<br />

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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 21


Die Firma Kruspe in Erfurt<br />

22<br />

Die Firma Kruspe in Erfurt<br />

Neue Wege im <strong>Posaunen</strong>bau<br />

von Thomas Remmert<br />

Die Geschichte der Firma Kruspe reiht sich ein in die einzigartige<br />

Entwicklung des mitteldeutschen <strong>Posaunen</strong>baus seit der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts. ...<br />

Bemerkenswert ist, dass es zwei Kruspe-Linien gibt – familiär<br />

verwandt, beruflich aber unterschiedlichem Material zugewandt:<br />

Holz- und Metallblasinstrumentenmacher. ...<br />

Als „Urvater“ der Instrumentenmacherlinie gilt Franz C a r l<br />

(Karl) Kruspe (1808–1885). Er, eigentlich Holzblasinstrumentenmacher,<br />

übernahm nach Darstellungen der heutigen Firma<br />

Ed. Kruspe 1 (Inhaber: Peter Heldmann) im Jahre 1833 (Website)<br />

bzw. 1834 (Produkt-Katalog, 1990er Jahre) die Werkstatt seines<br />

„Lehrherrn und Meisters, Instrumentenmacher Karl Zielsdorf“. 2<br />

In den Verzeichnissen von Langwill und Dullat 3 findet sich dies<br />

so aber nicht bestätigt. Dullat, der auch die Stadt- und Kirchenarchive<br />

von Erfurt und Leipzig auswertete, erwähnt immerhin die<br />

Übersiedlung Carl Kruspes von Mühlhausen in die Erfurter Predigergasse<br />

13/14 im Jahre 1834, was zumindest zeitlich für die<br />

Annahme spricht, dass seit dieser Zeit in Erfurt Metallblasinstrumente<br />

unter dem Namen Kruspe hergestellt wurden – sofern Carl<br />

Kruspe dieses Handwerk auch beherrschte. Gegen die Übernahme<br />

der Zielsdorfschen Werkstatt 1834 sprechen aber dessen Lebensdaten.<br />

Laut Bürgerbuch der Stadt Erfurt wird er, „Zielsdorff, Carl<br />

Christian, ev., Instrumentenmacher, geb. 27.09.1798 in Wittenberg;<br />

[am] 25.04. [1828]“ 4 als Bürger Erfurts aufgenommen. D.h.,<br />

Zielsdorf wäre zum Zeitpunkt der Werkstattaufgabe 35 oder 36<br />

Jahre alt gewesen, und erst seit fünf bzw. sechs Jahren in Erfurt<br />

etabliert. Wahrscheinlicher also scheinen Dullats Recherchen, wonach<br />

Zielsdorf 1828 aus Wittenberg nach Erfurt kommend sich in<br />

seinem eigenen Haus in der Paulstraße 2472 als Metallblasinstrumentenmacher<br />

niederließ. Erst nach seinem Tode 1864 überging<br />

die Werkstatt an die Kruspes, und zwar an Carls Sohn Eduard. 5 Im<br />

Metallblasinstrumentenkatalog der Firma Kruspe aus den 1930er<br />

Jahren findet sich allerdings der Eintrag „GEGRÜNDET 1834“.<br />

Kruspe musste also schon vor der Übernahme des Zielsdorfschen<br />

Unternehmens ein eigenes Gewerbe betrieben haben. Möglicherweise<br />

ist damit eben die oben beschriebene Holzblasinstrumentenwerkstatt<br />

Franz C a r l Kruspes gemeint.<br />

Das Dunkel in der Vorgeschichte der Kruspe-<strong>Posaunen</strong>herstellung<br />

kann hier nicht letztgültig erhellt werden, vor allem auch, weil<br />

sämtliche Firmenunterlagen und Korrespondenzen verschollen<br />

sind! Mögen künftige Recherchen zur Klärung beitragen.<br />

Immerhin sind mit Carls Sohn Johann E d u a r d Kruspe (1831–<br />

1919) Name und Lebensdaten benannt, die die eigentliche Relevanz<br />

für die hier interessierende Firmenhistorie besitzen. Nach<br />

Dullat war er es auch, der bei Zielsdorf lernte, dessen Werkstatt<br />

1864 (evtl. auch schon früher) übernahm „und damit die Linie der<br />

‚Blech-Kruspe‘ begründet“. 6<br />

Seit 1864 jedenfalls firmiert Johann E d u a r d unter der Bezeich-<br />

1: Vgl. www.edkruspe.de (Stand 20.07.2010)<br />

2: Ebda., gemeint ist Carl (Karl) Christian Zielsdorf (1798–1864).<br />

3: Dullat 2010, S. 515.<br />

4: Martin Bauer: Bürgerbuch der Stadt Erfurt 1761–1833, (=<br />

Schriftenreihe der Stiftung Stoye, Bd. 38), Marburg an der Lahn 2003,<br />

S. 302.<br />

5: Dullat 2010, S. 515.<br />

6: Dullat 2010 S. 273.<br />

nung „Ed. Kruspe“, welche<br />

sich bis heute erhalten hat.<br />

Frühe Produkt-Kataloge<br />

seiner Werkstatt sind nicht<br />

überliefert. Es ist aber davon<br />

auszugehen, dass das komplette<br />

Sortiment (Trompeten,<br />

Hörner, <strong>Posaunen</strong> etc.) hergestellt<br />

wurde, worauf auch<br />

erhaltene Instrumente aus<br />

dieser Zeit deuten. 7 Die Architektur<br />

der <strong>Posaunen</strong> folgt<br />

hier vollständig dem inzwischen<br />

längst etablierten Entwurf<br />

der großen „Leipziger“<br />

Posaune durch Sattler/Penzel<br />

(von Mensurabstufungen abgesehen).<br />

Johann Eduard Kruspe (1831–1919),<br />

Foto: Firmenkatalog<br />

In diese Zeit, um ca. 1880, fällt die Ernennung Eduard Kruspes<br />

zum „Hoflieferanten Seiner Majestät des Herzogs von Sachsen-<br />

Meiningen“ 8 (Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, 1826–<br />

1914), worauf die Signaturen der Instrumente verweisen.<br />

Eduard Kruspe leitete die Firma aktiv bis 1893, zog sich dann aus<br />

dem Tagesgeschäft zurück und übergab die Werkstatt seinem Sohn<br />

Fritz (1862–1909). Berühmtheit erlangte die Firma in diesen Jahren<br />

vor allem durch Neuerungen und Verbesserungen im Waldhornbau<br />

(u.a. erstes brauchbares Doppelhorn mit zweistöckigen<br />

Ventilen 1897 und Modell „Horner“ in Zusammenarbeit mit Anton<br />

Horner, Hornist im Philadelphia Orchestra 1904). 9<br />

Neben der Werkstatt in Erfurt gab es Kruspe-Vertretungen in<br />

Leipzig, Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Hannover,<br />

Meiningen und sogar in Helsinki und Chicago. 10 Der Kontakt in<br />

die USA ist nach Dullat durch den Hornisten Anton Horner aufrechterhalten<br />

worden, der noch bis zum Beginn des II. Weltkriegs<br />

den Vertrieb der Kruspe-Hörner organisierte (ob auch Kruspe-<strong>Posaunen</strong><br />

im Ausland eine Rolle spielten, ist nicht bekannt, jedoch<br />

eher unwahrscheinlich). Belegt ist zudem die Leipziger Filiale, die<br />

Carl (Karl) Kruspe jun. (1865–1929) betrieb. Er war Holzblasinstrumentenmacher<br />

und Neffe von Johann E d u a r d , bzw. Cousin<br />

von Fritz Kruspe. Niedergelassen in Leipzig war er ab 1892. Dullat<br />

notiert: „angemeldet war eine Werkstatt mit Vertriebsgeschäft,<br />

in dem (spätestens seit 1894) beide Erfurter Kruspe-Werkstätten<br />

vertreten waren“. 11 Die dort angebotenen <strong>Posaunen</strong> wurden signiert<br />

mit „Ed. Kruspe Herzgl. S. M. Hoflieferant Erfurt. Filiale C.<br />

Kruspe, Leipzig.“<br />

Nach dem Tode von Fritz Kruspe 1909 übernimmt dessen Witwe<br />

Auguste die Geschäftsleitung. Spätestens jetzt (wahrscheinlich<br />

aber bereits seit Eduard) ist die Werkstatt in der Daberstedter Str. 9<br />

in Erfurt 12 zu finden: „Inh. Witwe Auguste Kruspe. Daberstaedter<br />

7: Vgl. u.a. die Sammlung Historischer Musikinstrumente der<br />

Universität Edinburgh: www.music.ed.ac.uk/euchmi/ucj/ucjth10.html<br />

(Stand 20.07.2010) und die Kruspe-<strong>Posaunen</strong> im Katalogteil dieses<br />

Bandes.<br />

8: Vgl. Dullat 2010 S. 275.<br />

9: Vgl. ebd., S. 273.<br />

10: Vgl. Katalog der Firma Ed. Kruspe, 1990er Jahre.<br />

11: Dullat 2010, S. 274.<br />

12: Heute Schillerstraße. Der Straßenteil zwischen Schmidtstedter<br />

Knoten und Kaffeetrichter hieß 1886–1951 Daberstedter Straße,<br />

vgl. Walter Blaha u.a.: Erfurter Straßennamen in ihrer historischen<br />

Entwicklung, Erfurt 1992, und Internetseite: http://de.wikipedia.org/wiki/<br />

Erfurter_Stadtring.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


[sic!] Str. 9 ‘Hofmessingblas-Instrumentenfabrik und Handlung<br />

mit Schlaginstr., auch Verfertiger der Metallblasinstr.-Sourdine<br />

aus Papiermaché. Gegr. 1833“. 13 1920 überträgt Auguste Kruspe<br />

die Firmenleitung an ihren Schwager, den Hornisten und Professor<br />

Georg Wendler (Schwiegersohn Johann E d u a r d s , der neben<br />

Sohn Fritz offensichtlich noch eine Tochter hatte, über die<br />

heute nichts mehr bekannt ist). Wendler stammte aus Gassengrün<br />

(Gossengrün, heute: Krajková) in Böhmen, war 20 Jahre lang im<br />

Boston-Sinfonie-Orchester 1. Hornist und unterrichtete 16 Jahre<br />

lang als Professor für Horn am New England Konservatorium in<br />

Boston, Massachusetts, USA, bevor er nach Europa zurückkehrte.<br />

Er, der Musiker, leitete die Firma im Hinblick auf künstlerische<br />

und vor allem geschäftliche Angelegenheiten und machte sich<br />

auch verdient um die Weiterentwicklung des Waldhorns (Doppelhorn-Modell<br />

„System Wendler“ mit neuartigem Drehventil).<br />

Um die technische Umsetzung und handwerklichen Belange aber<br />

kümmerten sich zwei Instrumentenmachermeister: Ein gewisser<br />

Kleinschmidt 14 und Rudi Schneider. Schneider kam 1936 in den<br />

Betrieb und übernahm 1956 die Leitung der Firma Ed. Kruspe –<br />

und mit ihm erstmals seit mehr als 100 Jahren kein Mitglied der<br />

Familie Kruspe. Dass Schneider sein Handwerk noch bei Fritz<br />

Kruspe erlernt hat, wie gelegentlich zu lesen ist, 15 dürfte auf Grund<br />

der Lebensdaten beider als unwahrscheinlich gelten. Auf Schneider<br />

folgt 1979 Meister Peter Heldmann. Unter seiner Leitung wurde<br />

1996 der Umzug der Firma aus Erfurt nach Wutha-Farnroda<br />

realisiert. Diese Werkstatt existiert unter der Bezeichnung „Ed.<br />

Kruspe – Kunstwerkstätten feinster Metall-Blasinstrumente. Inh.<br />

Peter Heldmann“ bis heute.<br />

Die Instrumente<br />

Wenngleich der Name Kruspe Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

im Bereich der Metallblasinstrumente in erster Linie mit<br />

dem Waldhorn verbunden scheint, darf dies nicht über die Bedeutung<br />

der <strong>Posaunen</strong>fertigung hinweg täuschen. Anders aber als<br />

beim Horn, das nach Erfindung der Ventile aufgrund seiner komplizierteren<br />

Bauart für Neuerungen und Verbesserungen lange Zeit<br />

prädestiniert blieb, waren die wichtigsten Änderungen bei der Posaune<br />

bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts vollzogen worden.<br />

So bietet Kruspe im späten 19. Jahrhundert alle gebräuchlichen<br />

Metallblasinstrumente an (Trompeten, <strong>Posaunen</strong>, Hörner, Instrumente<br />

der Bügelhörnerfamilie [Flügelhorn bis Tuba] sowie<br />

Wagnertuben). Nach den Waldhörnern aber stellen die <strong>Posaunen</strong><br />

die zweitwichtigste Produktlinie dar. Wurden nach Aussagen des<br />

heutigen Werkstattinhabers Peter Heldmann in den Anfangsjahren<br />

lediglich zwei <strong>Posaunen</strong>modelle offeriert (eine engere sowie eine<br />

weitere, aus der später das B/F-Modell Virtuosa mit konischem<br />

Zug entwickelt wurde), wuchs das Sortiment bald auf die komplette<br />

Instrumentenfamilie von Alt- bis Bassposaune (in F). Spätestens<br />

um die Jahrhundertwende kam dann auch eine Kontrabassposaune<br />

hinzu. Um die 1930er Jahre war das Angebot laut <strong>Posaunen</strong>katalog<br />

auf nunmehr mindestens neun verschiedene Instrumente angewachsen.<br />

16 Alt- und Bassposaunen sind verschiedentlich nicht<br />

gelistet, waren aber ständiger Bestandteil des Programms.<br />

Das zentrale Instrument ist dabei die Tenorposaune Modell Penzel,<br />

13: de Wit 1912: Weltadressbuch, zitiert nach Dullat 2010, S. 274.<br />

14: Keine detaillierten Angaben bekannt.<br />

15: Vgl. www.edkruspe.de (Stand: 20.07.2010).<br />

16: Vgl. auch im Internet: http://www002.upp.so-net.ne.jp/posaune/<br />

deutsch/kruspek.html (Stand 20.07.2010).<br />

Die Firma Kruspe in Erfurt<br />

eine direkte Referenz an das berühmte Leipziger Vorbild, 17 erhältlich<br />

als Tenor- (B) und Quartposaune (B/F). Dieses Modell diente<br />

im Prinzip als Basis für alle weiteren Kruspe-Tenor- und Tenor-/<br />

Bassposaunen (mit Ausnahme der Jazzposaune „Kruspe-Amerika-<br />

Jazz-Modell“ und der Ventilposaune).<br />

Gemäß der Sattlerschen Intention, den Rohrverlauf des Instruments<br />

– abgesehen vom Zug – in seiner leicht konischen Steigung<br />

nicht zu unterbrechen, kommen die <strong>Posaunen</strong> bei Kruspe bis Mitte<br />

des 20. Jahrhunderts ohne Stimmzug aus.<br />

Gefertigt wurden sämtliche Instrumentenbestandteile in Eigenarbeit,<br />

zunächst sogar die Ventile. Im Zuge der Spezialisierung einzelner<br />

Firmen auf solche Präzisionsteile ließ man – aus wirtschaftlichen<br />

Gründen, v.a. aber aufgrund der schlechteren Qualität der<br />

eigenen Ventile – davon ab und bestellte hochwertigere Teile bei<br />

Spezialfirmen.<br />

Die Züge jedoch wurden bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

in Handarbeit selbst gebaut: Zuschneiden, Rollen, Löten,<br />

Säubern, Schleifen, Kalibrieren, Richten. Anschließend mussten<br />

Innen- und Außenzug aufeinander abgestimmt („eingeschliffen“)<br />

werden. Kruspes Bestreben hierbei war es, die Züge so dicht wie<br />

möglich zu machen. Der Klang sollte nicht durch eventuelles Entweichen<br />

von Luft beeinträchtigt werden. Unterstützt wurde das<br />

durch kleine „Schuhdurchmesser“, das heißt, der Durchmesser<br />

vom Innenzug war kaum geringer als der des Führungsschuhs<br />

an dessen Ende. Dass die Züge dabei mitunter kontraproduktiv<br />

schwer gingen, störte kaum – auch wenn gelegentlich Posaunisten<br />

wiederkamen und darum baten, ihren Zug noch einmal „einschleifen“<br />

zu lassen. 18 Der Wunsch nach Bequemlichkeit hatte sich der<br />

Klangphilosophie unterzuordnen. 19<br />

Als dafür maßgeblich galt natürlich auch das verwendete Material.<br />

Kruspe nutzte im wesentlichen Goldmessing, aber auch „nur“<br />

Messing, über das der heutige Werkstattinhaber Peter Heldmann<br />

aus eigener Anschauung jedoch berichtet, dies sei nicht die heute<br />

als „reines“ oder Gelb-Messing verwendete Legierung gewesen.<br />

Sie habe nicht den typisch hellen Messingglanz gehabt, er ging<br />

vielmehr durch eine möglicherweise etwas höhere Kupfer-Beimischung<br />

leicht ins Rötliche. Metallurgische Untersuchungen an historischen<br />

Metallblasinstrumenten im Auftrag der Bremer Blechblasinstrumentenbauer<br />

Thein weisen darauf hin, dass die früheren<br />

Legierungen reichhaltiger und feiner abgestuft waren als die heute<br />

üblichen. 20 Die überlieferten Kruspe-Instrumente lassen prinzipiell<br />

aber eine hinreichend deutliche Materialunterscheidung in Messing<br />

und Goldmessing zu.<br />

Bezogen wurde das Blech zunächst aus Böhmen, später (vermut-<br />

17: Von Sattler und Penzel, vgl. hierzu den Artikel von M. Majewski im<br />

Katalog zur Sonderausstellung in Leipzig (genaue Angabe siehe unten).<br />

18: Dem Autor mündlich überliefert durch Peter Heldmann.<br />

19: Bei gleicher Gelegenheit schildert Heldmann seine Probleme<br />

mit heute verwendeten hart-verchromten Innenzügen im Hinblick auf<br />

Intonation und Klang: Aufgrund ihrer extremen Dünnwandigkeit sind<br />

die Innendurchmesser moderner Züge bei gleichem Außendurch-messer<br />

größer, mit dem Ergebnis, dass bspw. eine heute gebaute Posaune Modell<br />

„Prof. Weschke“ u.a. nicht den gleichen Klang erzeugt wie eine frühere<br />

„originale“.<br />

20: Die Geschichte des Thein-Kruspe Style-Metalls, im Internet: http://<br />

www.bassposaunen.de/Technik/Metall/Geschichte_Thein-Kruspe.pdf<br />

(Stand 20.07.2010).<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 23


Die Firma Kruspe in Erfurt<br />

lich ab Mitte der 1920er Jahre bis zum II. Weltkrieg) aus Ulm. 21<br />

Bei der Auswahl des bestellten Materials galt größte Sorgfaltspflicht,<br />

Qualität hatte oberste Priorität. Aufgrund der damals noch<br />

nicht zur Verfügung stehenden Analysemethoden in der Materialprüfung<br />

(Spektralanalyse u.ä.) galt auf dem Weg zum gewünschten<br />

Blech das Prinzip „Versuch und Irrtum“, bis man das für die<br />

entsprechenden Instrumente perfekte Metall gefunden hatte. Dass<br />

die Firma Kruspe auch in dieser Hinsicht offensichtlich eine<br />

glückliche Hand walten ließ, verdeutlicht nicht nur der Erfolg ihrer<br />

Instrumente, sondern auch die Tatsache, dass dem Geheimnis<br />

des „Kruspe-Metalls“ in jüngerer Zeit mit den nun zur Verfügung<br />

stehenden Analysemethoden nachgegangen worden ist. So schreiben<br />

die Instrumentenmacher Thein nach Auswertung der Untersuchungen:<br />

„Das Metall, das auch der berühmte und beste <strong>Posaunen</strong>bauer des<br />

20. Jahrhunderts, Eduard Kruspe in Erfurt, vielfach verwendete<br />

(in Musikerkreisen ‚Kruspe-Metall‘ genannt) ist heute in dieser<br />

Qualität nicht mehr käuflich. Dieses Legierungs-Rezept, das zum<br />

Beispiel kleine Anteile von Silber enthält, kann ganz dünn ausgewalzt<br />

und dann zu Schallbechern ausgehämmert werden“. 22<br />

Tatsächlich existierte das „Kruspe-Prinzip“: Je leichter (dünnwandiger)<br />

das Material, um so besser das Instrument“ 23 (nachprüfbar<br />

ist dies durch leichte Verformbarkeit des Bechers mit der Hand<br />

– was freilich keine Dellen erzeugen darf). Dieser Qualitätsanspruch<br />

„hart, dünn und dadurch leicht“ galt aber als grundlegende<br />

Firmenphilosophie; bewusst provozierte Abweichungen im Sinne<br />

preisgünstigerer, unsignierter Amateur- oder Vertriebsinstrumente<br />

gab es nicht, sie konnte es schon aufgrund der geringen<br />

Fertigungskapazitäten nicht geben. Kruspe verstand sich immer<br />

und in erster Linie als Hersteller professioneller Instrumente auf<br />

Einzelbestellungen, wenngleich gelegentlich auch ganze Sätze<br />

(beispielsweise für Orchester in Weimar, Erfurt, Bonn, Frankfurt/<br />

Main) geordert wurden.<br />

Die Ausstattung der <strong>Posaunen</strong> folgte dem damals im (mittel-)<br />

deutschen Raum üblichen Standard: Die <strong>Posaunen</strong> hatten einen<br />

Schallkranz (mit Ausnahme der Jazzposaune) mit Kronen- oder<br />

Palmettenring, selbstgefertigte Schlangen an Zug- und Hauptbogen,<br />

die sich in zwei Hauptformen – die frühere gekreuzte und die<br />

heutige flachere (ab ca. 1920) unterscheiden lassen, und sie waren<br />

dekoriert mit Einstichen (Rillen) an den Rohrmuffen.<br />

Zudem gab es Wasserklappen, von denen der so genannte Siphon<br />

(später hauptsächlich durch das Modell „Prof Weschke“ popularisiert)<br />

eine Erfindung Kruspes um 1900 war. Offensichtlich war<br />

dieser Siphon bei den Posaunisten aber nicht sehr beliebt: Beim<br />

Spiel im Stehen ließ er sich nur umständlich aktivieren, und bei<br />

aufgestellter Posaune in längeren Pausen trocknete der Zug aus, so<br />

dass er hernach (eingedenk der noch nicht ausgereiften „Schmiertechnik“)<br />

schwergängig war.<br />

Eine genaue Chronologie der Signaturen lässt sich aufgrund fehlender<br />

Quellen schlecht erstellen. Peter Heldmann erinnert sich<br />

an die frühe, noch gestempelte, Signatur als „Kruspe Erfurt“. Ab<br />

wahrscheinlich 1864 ist sie graviert als „Ed. Kruspe. Erfurt“, zu<br />

der später „Hoflieferant Erfurt“, „Königl. Hoflieferant S.M. Erfurt“<br />

bzw. „Herzögl. Hoflieferant S.M.“ in Eichenlaub gefügt wird.<br />

21: Heldmann spricht vom „großen Feinblechwalzwerk in Ulm“.<br />

Bestelllisten u.a. Unterlagen sind verschollen. In Frage kommen mit<br />

größter Wahrscheinlichkeit die Wielandwerke in Ulm, vgl. im Internet:<br />

http://www.wieland.de/internet/de/firmeninfo/geschichte/wieland_<br />

geschichte.jsp (Stand 20.07.2010).<br />

22: Vgl. im Internet: http://www.bassposaunen.de/Technik/Metall/<br />

Geschichte_Thein-Kruspe.pdf (Stand 20.07.2010))<br />

23: Mündlich überliefert durch Peter Heldmann.<br />

24<br />

Nach 1918 fallen diese Zusätze weg. 24 In den 1920er Jahren wird<br />

dann der Horn tragende Adler eingeführt (gelegentlich mit der Bezeichnung:<br />

„Schutzmarke“), der sich bis heute erhalten hat. Bemerkenswert<br />

ist, dass die Ausführungen der Gravur – wie weiter<br />

oben beschrieben auch die Fertigung nahezu sämtlicher Bauteile<br />

– in der eigenen Werkstatt geschah: vorgezeichnet und handgestichelt.<br />

Man beschäftigte also keinen externen Graveur!<br />

Die Tenorposaune Modell „Prof. Weschke“<br />

Mit der Entwicklung einer Tenorposaune<br />

in Zusammenarbeit<br />

mit dem Berliner <strong>Posaunen</strong>virtuosen<br />

und -pädagogen Professor<br />

Paul Weschke (1867–1940)<br />

konnte die Firma Kruspe ihren<br />

Ruf als wegweisende <strong>Posaunen</strong>-Meisterwerkstätte<br />

weiter<br />

ausbauen – nun sogar mit einem<br />

ganz eigenständigen Instrument.<br />

Folgten bis dahin die<br />

deutschen Tenorposaunen der<br />

Sattler/Penzel-Architektur, die<br />

dem Bedürfnis der Musikwelt<br />

Wasserklappe, Ausführung als<br />

Siphon; Foto: privat<br />

in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach weichen, dunklen<br />

oder auch „großen“ Klangfarben des <strong>Posaunen</strong>satzes nachkam,<br />

sollte mit dem Modell „Weschke“ ein Kontrapunkt gesetzt werden,<br />

ohne jedoch die eingeschlagene Richtung zu verlassen.<br />

Es ist anzunehmen, dass die damaligen herausragenden <strong>Posaunen</strong>-<br />

Solisten wie Alschausky u.a. ohnehin eher engere Rohrdurchmesser<br />

favorisierten, um als Solisten klanglich durchsetzungsfähig zu<br />

sein. Das verfügbare Instrumentarium schien Paul Weschke aber<br />

nicht ganz zufrieden zu stellen. Die <strong>Posaunen</strong> erfüllten die gestellten<br />

Ansprüche im Orchester, waren aber für einen außerordentlichen<br />

Solisten wie ihn, der auch das obere Register der Posaune mühelos<br />

beherrschte, genau dort zu schwergängig und aufgrund ihrer<br />

weiten Mensur klanglich nicht präzise genug. Das Kruspe-Modell<br />

„Penzel“ (speziell als Instrument für Militärkapellen empfohlen)<br />

verfügte nach Angaben von Peter Heldmann immerhin über eine<br />

zylindrische Bohrung, 25 war sonst aber noch zu weit mensuriert.<br />

Hier sah er Verbesserungsbedarf. Wann und durch wen genau der<br />

Kontakt mit der Firma Kruspe zustande kam, lässt sich nicht mehr<br />

feststellen. Es ist aber davon auszugehen, dass um 1920 die Entwicklung<br />

des Instruments begann. Hauptaugenmerk lag also auf<br />

einer Verkleinerung der Mensur, die Rohrweite betreffend, unter<br />

Beibehaltung eines großen Schallbechers. Als Idealergebnis stand<br />

am Ende eine zylindrische Bohrung mit 11,5–11,6 mm Zugrohr-<br />

Innendurchmesser und ein Schallbecher mit breitem Neusilberkranz<br />

von 22,5 cm Durchmesser fest.<br />

Erhaltene Instrumente weisen bisweilen kleine Abweichungen<br />

auf. So finden sich Instrumente mit fast 12 mm Rohrdurchmesser,<br />

wobei die Differenzen ganz sicher unvermeidbare Fertigungsabweichungen<br />

darstellen (Herstellung der Züge in Handarbeit). Im<br />

Vergleich zu den sonst üblichen Mensuren von 13–14 mm Rohrdurchmesser<br />

und Schallbechern um 23 cm und größer ist die Verkleinerung<br />

in hohem Maße signifikant. So ließen sich die Vorteile<br />

24: Bernhard III. Friedrich Wilhelm Albrecht Georg (1851–1928) war<br />

als ältester Sohn von Herzog Georg II. nach dessen Tod 1914 letzter<br />

regierender Herzog von Sachsen-Meiningen (bis 1918).<br />

25: Abweichend davon wird das Modell Penzel an anderer Stelle auch<br />

mit Doppelbohrung, also konisch, beschrieben, vgl. im Internet: http://<br />

tromboneforum.org/index.php?topic=3171.0 (Stand 20.07.2010).<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Die Firma Kruspe in Erfurt<br />

kapelle Berlin und ständiges Mitglied des Festspielorchesters<br />

Bayreuth war, lobend den hellen und durchdringenden Klang der<br />

deutschen Posaune hervor. Damals hatte die Berliner Staatsoper<br />

zusammen mit der Kroll-Oper zeitweise bis zu 12 Posaunisten,<br />

von denen die ersten und zweiten alle das ‚Weschke‘-Modell bliesen.<br />

Es war vielleicht die großartigste Gruppe, die es je gegeben<br />

hat!“ 29<br />

...<br />

(Dieser Artikel wurde mit der freundlichen Genehmigung des Autors<br />

leicht gekürzt abgedruckt gemäß der Veröffentlichung Seite<br />

59 ff. im Katalog zur Sonderausstellung „Die deutsche Posaune“<br />

im Grassi Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig<br />

(September 2010 bis Juli 2011).<br />

Herausgeber: Verein für Mitteldeutsche <strong>Posaunen</strong>geschichte e.V.,<br />

2010, www.vmpg.de; der Katalog ist u.a. über die Website des<br />

Vereins zu beziehen.)<br />

Literaturverzeichnis:<br />

Dullat, Günter: Verzeichnis der Holz- und<br />

Metallblasinstrumentenmacher auf deutschsprachigem Gebiet<br />

von 1500 bis Mitte des 20. Jahrhunderts, Tutzing 2010.<br />

Tenorposaune Eduard KRUSPE, Erfurt, um 1910;<br />

mit zahlreichen kunstvollen Gravuren verziert;<br />

Foto: Marion Wenzel<br />

Waterhouse, William: The New Langwill Index. A Dictionary<br />

of Musical Wind-Instrument Makers and Inventors. First edition,<br />

London 1993.<br />

zweier <strong>Posaunen</strong>typen verbinden: Hell und durchsetzungsfähig im<br />

Ton wegen des obertonreicheren Klangs durch kleine Rohrdurchmesser<br />

und zylindrischer Bohrung – bei gleichzeitiger Strahlkraft<br />

und unverminderter Klangfülle durch die weit gebliebene Becherform.<br />

Insofern steht die Weschke-Posaune als Neuentwurf eines<br />

Solisten- oder Satzführer-Modells ganz in der Leipziger Tradition.<br />

Eine Nähe zu Jazzposaunen, die gelegentlich angeführt wird, beruht<br />

jedoch auf reinen Zahlenspielen, die durch die Klangwirklichkeit<br />

ad absurdum geführt werden. 26<br />

Offensichtlich war nicht nur Paul Weschke von dem neuen Instrument<br />

derart überzeugt, dass er fortan kein anderes mehr spielte.<br />

Bald nutzte die Firma auch den inzwischen berühmten Namen Weschkes<br />

und signierte die Instrumente des neuen Typs mit dem Zusatz<br />

„Mod. Prof. Weschke.“ oder „Prof. Weschke Berlin.“. 27 Zudem<br />

hatten sich die Vorteile dieser Posaune auch unter Orchestermusikern<br />

herumgesprochen. War das Urmodell eine reine B-Posaune<br />

ohne Stimmzug, wurde bald auch eine stimmbare Posaune mit auswechselbarem<br />

Quartventil angeboten. Nach kurzer Zeit hatte sich<br />

die „Weschke“ zum Quasi-Standard v.a. in Berliner Orchestern in<br />

der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts etabliert. Karlheinz Weber<br />

erwähnt in seinem Aufsatz über die „deutsche“ Posaune auch „die<br />

‚Weschke‘ von Kruspe, das Top-Modell der Berliner Orchester“ 28<br />

und bemerkte an anderer Stelle:<br />

„Über die klangliche Beurteilung der deutschen Posaune gibt es<br />

selbst unter Posaunisten die widersprüchlichsten Ansichten und<br />

durchaus subjektive geschmackliche Unterschiede. Abweichend<br />

von einer landläufigen, vielleicht oberflächlichen Auffassung hebt<br />

Prof. Alfred Jacobs, der von 1924–48 Soloposaunist der Staats-<br />

26: Wenn auch Rohrdurchmesser von einigen Jazzposaunen und dem<br />

Modell „Prof. Weschke“ sich ähneln, folgt die Jazzposaune doch einer<br />

auch klanglich völlig anderen Konzeption, die u.a. durch den ansonsten<br />

stark abweichenden Rohrverlauf und die Becherform realisiert wird.<br />

27: Dies war zunächst nicht üblich. Es gibt auch „Weschke“-<strong>Posaunen</strong><br />

ohne die Zusatzsignatur!<br />

28: Weber, Karlheinz: Die „deutsche“ Posaune, in: Das Orchester, 7/8<br />

(Herausgeber: Deutsche Orchestervereinigung), Mainz 1978, S. 569.<br />

29: Ebda.<br />

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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 25


Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />

„Wir sollten uns verabschieden von der<br />

Einstellung ´ich bin ein Posaunist und<br />

interessiere mich nur für Posaune`“<br />

<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> – das 2. Interview<br />

im Gespräch mit Jakob Guizetti<br />

Am 18. August 2011 hatte ich die großartige Gelegenheit,<br />

Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> in München für ein weiteres, diesmal<br />

persönliches Interview zu treffen.<br />

Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> (*1971) gehört in meiner Generation<br />

zu den absoluten Ausnahmemusikern. Mit nur 22<br />

Jahren wird er Bassposaunist der Staatskapelle Berlin<br />

unter Daniel Barenboim. Nach weiteren 3 Jahren wird er<br />

Mitglied im Bayreuther Festspielorchester. Seit 2002 ist<br />

Prof. <strong>Schulz</strong> Mitglied der Berliner Philharmoniker und<br />

wird 2004, nachdem er schon an der Orchesterakademie<br />

der Staatskapelle Berlin, der Hochschule für Musik<br />

Hannover und der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“<br />

unterrichtet hat, zum Professor an die UdK (Universität<br />

der Künste) Berlin als Nachfolger von Prof. Joachim<br />

Mittelacher berufen.<br />

Parallel zu all diesen Aufgaben beginnt Prof. <strong>Schulz</strong> seine<br />

solistischen Tätigkeiten aufzubauen, ist Gastsolist namhafter<br />

Orchester weltweit und veröffentlichte schließlich<br />

mit „Berlin Recital“ sein erste Solo-CD. Auf der Suche<br />

nach guter, anspruchsvoller Musik für Posaune lernt er<br />

den Komponisten und Saxofonisten Daniel Schnyder<br />

kennen. Nach Jahren der Zusammenarbeit entstand jetzt<br />

ein neues, gemeinsames Werk: „Around the World“.<br />

Wir haben uns intensiv über dieses Werk und die Zusammenarbeit<br />

von <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> und Daniel Schnyder<br />

unterhalten und dabei interessante Aspekte beleuchtet.<br />

Unter anderem erfahren wir, wie <strong>Stefan</strong> zum Üben steht,<br />

warum er Posaunisten rät, Fagottsonaten zu spielen und<br />

warum es für ihn keine Perfektion geben kann.<br />

Ein spannendes Gespräch mit einem besonderen Musiker<br />

und Menschen!<br />

Jakob Guizetti (JG)<br />

JG: <strong>Stefan</strong>, die Zusammenarbeit mit Daniel Schnyder –<br />

vor allem auf der neuen CD „Around the World“– wirkt<br />

so, als würdet Ihr euch schon lange kennen, als hättet Ihr<br />

so ein Gespür entwickelt: „Was kann ich von ihm verlangen?“<br />

Und: „Was kann er dir schreiben?“ Kommt das<br />

so ungefähr hin? Schließlich ist die Platte ja sehr virtuos.<br />

Sie ist sehr komplex, es fließen viele Stilistiken ein, viele<br />

Traditionen, und das alles mündet im Gesamtwerk und<br />

kommt natürlich dann auch als Solo-Aufgabe zu Dir. Wie<br />

gestaltet sich Eure Zusammenarbeit?<br />

StS: Kennengelernt haben wir uns vor 10 Jahren, als ich<br />

zum ersten Mal Schnyders „SubZero Konzert“ zusammen<br />

mit dem Dirigenten Sebastian Weigle gespielt habe. Wir<br />

waren uns sympathisch und es entwickelte sich eine gute<br />

Freundschaft. Seit 5 Jahren spielen wir mit unserem Trio<br />

regelmäßig Konzerte – teilweise ist diese Musik ja auch<br />

auf der neuen CD zu hören. Daniel kennt mich also gut<br />

und weiß, was er für mich schreiben kann. Die CD sollte<br />

farbenreich sein. Mit Bach, Vivaldi und Schnyder wollte<br />

ich starre Konzepte sprengen.<br />

JG: Die CD ist im Hören sehr eindrucksvoll, gerade auch<br />

in dieser Konstellation Bassposaune – Sopransaxofon.<br />

Das könnte man schon als vorderste Kante der Musikevolution<br />

bezeichnen, wenn ich das mal so sagen darf. Bist<br />

Du mit allem anderen so „satt“, dass Du danach lechzt,<br />

solche Projekte weiterzuführen und wirklich an die äußerste<br />

Grenze zu gehen?<br />

StS: Satt bin ich nicht. Ich habe nur den Wunsch, mein<br />

Instrument als Soloinstrument ins rechte Licht zu rücken.<br />

Wenn man so eine CD macht, dann fragt man sich: Was<br />

gibt Es alles schon? Und dann hörst Du die vielen wunderbaren<br />

Aufnahmen und denkst: „Nehm‘ ich das jetzt<br />

noch einmal auf?“ Bei mir war die Antwort: „Nein.“<br />

„Diese Platte soll keine <strong>Posaunen</strong>platte,<br />

sondern für jedermann interessant sein“<br />

Die Musik, die Daniel schreibt, bewegt sich zwischen<br />

den Welten Jazz, arabische Musik, türkische Musik,<br />

afrikanische, europäische Musik. Das macht seinen Stil so<br />

interessant. Und das Schöne ist, sie zeigt das Instrument<br />

in seiner Vielfalt, man kann mit dieser Musik unglaublich<br />

viel machen, kann sie formen. Insofern war das Konzept,<br />

das Soloinstrument zu zeigen und neue, andersartige<br />

Literatur gleich mit dazu zu liefern.<br />

26<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />

JG: Ich finde, beim Vergleich Deiner beiden CDs „Berlin“<br />

Recital“ und „Around the World“ gibt es insofern einen<br />

charakterlichen Unterschied, dass „Berlin“ – wenn man<br />

von „Sub Zero“ vielleicht ein bisschen absieht – eine sehr<br />

klangorientierte Platte ist, und „Around the World“ – rein<br />

hörempfunden – sehr virtuos. Beabsichtigt oder Zufall?<br />

StS: Ich wollte zwei ganz unterschiedliche Platten machen.<br />

Und ich würde gerne, wenn ich in den nächsten<br />

Jahren noch weitere Projekte umsetzen kann, mit anderen<br />

Ideen und Farben experimentieren. Ich selbst sehe<br />

„Around the World“ gar nicht so virtuos, muss ich sagen,<br />

auch wenn mit den beiden Kernstücken, der Suite oder<br />

auch dem Sub Zero, technisch anspruchsvolle Stücke auf<br />

der Platte vertreten sind. Mein Ziel war eine abwechslungsreiche<br />

Platte. „Donne Variations“ als Klavierwerk,<br />

Vivaldi, Bach..., diese CD soll nicht als „<strong>Posaunen</strong>platte“<br />

antreten, sondern für jedermann interessant sein. Das ist<br />

es, was ich mir wünsche.<br />

JG: Ich als Musiker kann mir vorstellen, was Du für einen<br />

Aufwand betreiben musst, um so ein Stück wie „Rotor“<br />

oder „SubZero“ einzustudieren. Kannst Du sagen, wie<br />

viel Zeit Du brauchst z.B. für „Sub Zero“? Und musst Du<br />

Dich zum Üben prügeln oder fällt Dir das nicht schwer?<br />

StS: Naja, es gibt schon Tage, da sehe ich den blauen<br />

Himmel und denke: „Heute müsste nicht unbedingt geübt<br />

werden“, also es ist nicht so, dass ich jeden Tag freudig<br />

in den Keller zum Üben springe. Aber wie Hans Doms<br />

so schön sagte: „Üben hilft!“ Jeder macht das anders. Ich<br />

setze mir Ziele, auf die ich hinarbeiten muss. Dann fällt<br />

es mir leichter. Und was den Aufwand betrifft – die Frage<br />

ist immer, wann ist man fertig? Das ist man ja nie!<br />

SubZero zum Beispiel habe ich das erste Mal geübt, da<br />

dachte ich noch, was habe ich mir denn jetzt aufgehalst?<br />

Dann spielst du das Stück das erste Mal im Konzert, dann<br />

hörst du dir das erste Mal das Band an und denkst, jetzt<br />

spielst du halt die Noten, aber .... So ein Stück wächst ja<br />

„Unzufriedenheit setzt Energie frei –<br />

Perfektion gibt es nicht!“<br />

über die Jahre. Insofern ist da nie ein Ende des Übens.<br />

Wenn ich das Stück in einem Monat wieder spiele, werde<br />

ich es auch wieder üben müssen. Da gibt es eben nie so<br />

einen richtigen Schlussstrich, es gibt nie dieses Erlebnis:<br />

„Jetzt habe ich`s drauf.“ Klar, technisch gesehen, wird es<br />

einfacher, aber die musikalische Energie, die muss man<br />

sich jedes Mal neu erarbeiten. Insofern kann ich das mit<br />

Stunden gar nicht beziffern.<br />

JG: Das heißt aber auch, dass für Dich keineswegs der<br />

Punkt erreicht ist, in einer musikalischen Sackgasse zu<br />

stehen, sondern Du siehst immer noch Möglichkeiten zu<br />

sagen, da gibt es noch andere Wege..<br />

StS: Ich habe selten einen Moment, in dem ich sage: „Das<br />

ist jetzt aber gelungen.“ Wenn ich die erste CD anhöre,<br />

würde ich jetzt sogar am liebsten das ganze „Berlin Recital“<br />

noch einmal neu aufnehmen. Und bei der „Around<br />

the World“ – CD werde ich möglicherweise auch wieder<br />

eines Tages an diesen Punkt kommen. Ich glaube aber,<br />

dass genau das das Schöne an der Musik ist. Wenn man<br />

irgendwann den Zustand einer Zufriedenheit erreicht hätte<br />

– was käme denn dann? Diese Unzufriedenheit mit unserer<br />

Leistung und Arbeit gehört bei uns Musikern doch<br />

dazu, denke ich. Es ist anstrengend - auf der anderen Seite<br />

setzt die Unzufriedenheit auch die Energie frei, doch<br />

nochmal anzugreifen, zu hinterfragen, weiter an sich zu<br />

arbeiten.<br />

JG: Gilt das denn für Dich und Deine <strong>Posaunen</strong>gruppe<br />

auch für den Dienst im Orchester? Dass das auch sozusagen<br />

nie einen Abschluss findet? Und gilt das für Dich<br />

auch als Professor an der UdK? Dass Du also Wege findest,<br />

um Deinen Schülern einen besseren Zugang zur Musik<br />

zu ermöglichen?<br />

StS: Meinen Studenten sage ich immer: Perfektion gibt<br />

es nicht. Und das ist es auch, was ich denke. Perfektion<br />

existiert nicht, in keiner Weise. Was man versuchen kann,<br />

ist eigentlich nur, jeden Tag auch in musikalischer Hinsicht<br />

so zu gestalten, wie es am besten geht an diesem<br />

Tag- idealerweise immer etwas besser. Und jetzt rede ich<br />

über Musik, und nicht über technische Perfektionen. Ich<br />

rede über Seele, über „Etwas Reingeben in die Musik“.<br />

Und das versuche ich zu vermitteln. Die Technik hat heute<br />

einen immensen Stellenwert. Das ist leider oft wie im<br />

Sport und der Druck diesbezüglich wird höher und höher.<br />

Ist das immer im Dienst der Musik? Ich möchte das bezweifeln.<br />

Die Frage für mich ist – spielt hinter dem Instrument<br />

ein Musiker? Was die Philharmonie betrifft – in<br />

der Gruppe, in der ich bin – ich glaube, wir ticken da alle<br />

sehr gleich. Auch die anderen Kollegen meiner Gruppe<br />

sind sehr aktiv, als Kammermusiker, Lehrer oder auch<br />

solistisch. Das finde ich das Schöne, weil sich dort jeder<br />

seine Energie und seine Motivation holt, aber auch seine<br />

Eigenständigkeit – und die fließt natürlich im Orchester<br />

wieder zusammen. Da steht ein Dirigent vorne; und da<br />

müssen wir uns dem Orchesterklang unterordnen. Aber<br />

das wird gefördert dadurch, dass jeder aktiv an und mit<br />

sich selbst arbeitet.<br />

JG: Wie fängst Du Deine Übungseinheit an? Yoga, Atmung,<br />

Buzzing? Gibt es ein Warm-up, das Dich sicher<br />

durch den Tag bringt?<br />

StS: Ich habe eine Übe-Routine, die ich täglich absolviere<br />

und die mir auch sehr wichtig ist. Atemübungen und Buzzen<br />

fehlen nie.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 27


Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />

JG: Gibt es Etüden für Posaune oder Bassposaune, die<br />

Du empfehlen kannst, die Du auch gerne spielst?<br />

StS: Für mich funktioniert sehr gut die gängige Literatur<br />

– Arban, Borodogni etc.<br />

JG: Große Virtuosen, vor allem in der Welt der Streicher,<br />

werden immer auch mit ihrem Instrument identifiziert,<br />

das sie spielen. Hast Du da auch Vorlieben?<br />

StS: Glücklicherweise passiert viel im <strong>Posaunen</strong>-Bau<br />

und es gibt hervorragende Instrumente. Ich spiele zur Zeit<br />

eine Kromat Bassposaune und bin mit diesem Instrument<br />

sehr zufrieden.<br />

„Sachses F-Dur-Konzert gehört verboten…<br />

Was interessiert mich die punktierte<br />

Achtel?“<br />

JG: Neues Thema – was ist mit Ernst Sachse und seinem<br />

F-Dur-Konzert?<br />

StS: (lacht) Dieses Stück gehört verboten! Nein, im Ernst:<br />

Sachse ist für viele Kollegen ein Konzert, bei dem gesagt<br />

wird, da kann man sehr viel hören. Das stimmt auch. Aber<br />

meiner Meinung nach hat der Probespielkandidat hinter<br />

dem Instrument sehr viel mehr Möglichkeiten mit einem<br />

Lebedjew-Stück oder auch New Orleans, sich als Musiker<br />

zu zeigen. Und darum geht’s doch. Was interessiert<br />

mich die punktierte Achtel – … aber wir reden viel zu viel<br />

über Sachse, das Stück gehört verboten, fertig.<br />

JG: Warum fällt es so schwer, die Posaunisten davon zu<br />

überzeugen, dass sie – unabhängig vom Instrument – sich<br />

als Musiker betrachten und nicht als Maschinisten eines<br />

Metallblasinstruments?<br />

StS: Wichtige und richtige Frage. Ich denke, das kommt<br />

zum einen aus dem klassischen Studium eines Musikers<br />

heraus – insbesondere bei uns Blechbläsern, auch aus der<br />

Literatur heraus. Die <strong>Posaunen</strong>literatur ist – musikalisch<br />

gesehen – relativ dürftig. Es gibt wenige Stücke, bei denen<br />

man sich mit musikalischer Seele einbringen kann.<br />

Aber je bessere Musik wir spielen, umso bessere Musiker<br />

werden wir. Deswegen propagiere ich auch: Nehmt<br />

andere Werke – spielt Fagottsonaten, spielt die ernsten<br />

Gesänge von Brahms, sucht euch andere Literatur. Ich<br />

bin der Meinung, das ist oft die gehaltvollere Musik, und<br />

damit wachsen wir. Meinen Studenten empfehle ich sich<br />

Aufnahmen von Sängern und anderen Instrumentalisten<br />

anzuhören. Wir sollten uns verabschieden von der Einstellung<br />

„ich bin Posaunist und interessiere mich nur für<br />

Posaune“, sondern hin zum Denken streben „ich bin ein<br />

Musiker und habe das Instrument Posaune in der Hand,<br />

und ich versuche, damit etwas auszudrücken.“<br />

28<br />

JG: Warum kommen Komponisten kaum auf die Idee,<br />

dieses Instrument anders zu bedienen?<br />

StS: Es gibt ja durchaus Komponisten, die dem Charme<br />

des Instrumentes erliegen und dieses auch sehr schön bedienen.<br />

Ich denke, die meisten Komponisten kennen sich<br />

in der Regel mit dem Instrument Posaune nicht gut aus,<br />

weil sie damit nichts zu tun haben; sie kommen meist vom<br />

Klavier oder von einem Streichinstrument. Und da liegt<br />

es nahe, für ein Instrument, das man kennt, zu schreiben.<br />

Mir ist jetzt auch kein bekannter Posaunist, abgesehen<br />

von Christian Lindberg, als Komponist bekannt.<br />

JG: Vielleicht auch, dass die Komponisten sich nicht mit<br />

den Musikern, die hinter der Posaune stehen, auskennen?<br />

„Wir sind dafür da, hinten in der letzen<br />

Reihe Krach zu machen.“<br />

StS: Das ist möglich. Viele zeitgenössische Komponisten<br />

benutzen unser Instrument einfach nicht in dem Maße, wie<br />

man es nutzen kann. Da steht einfach nur ein Glissando<br />

rauf und runter und ein Fortissimo, aber wir bekommen<br />

kein schönes Cantabile-Thema oder Solo, sondern wir<br />

sind im Orchesterbetrieb – wenn ich es jetzt mal darauf<br />

beschränke – dafür da, hinten in der letzten Reihe Krach<br />

zu machen und nur durch Lautstärke zu brillieren.<br />

JG: Also, das Orchester in der Energie nach vorne zu treiben.<br />

StS: Ja und ich habe nichts gegen Energie. Aber es gibt<br />

doch auch noch andere Seiten, die man mit unserem Instrument<br />

zeigen kann. Es gibt doch auch eine leise Energie.<br />

Ich glaube, es ist daher unsere Aufgabe, dass man<br />

die Komponisten findet, denen es gelingt, das Instrument<br />

besser zu beschreiben und es als Musikinstrument zu benutzen.<br />

Daniel zum Beispiel ist da aufgeschlossener.<br />

JG: Ist es vielleicht so, dass Daniel Schnyder durch eure<br />

langjährige Zusammenarbeit gelernt hat, für das Instrument<br />

zu schreiben, und Deine Neigungen, was empfundene<br />

und ausgedrückte Musik angeht, besser nachvollziehen<br />

kann, und dadurch auch besser für Dich und das<br />

Instrument schreiben kann?<br />

StS: Daniel hat schon mit dem 1999 geschriebenen Sub-<br />

Zero-Konzert ein fantastisches Bassposaunenkonzert<br />

komponiert. Wir haben sehr viel zusammen gespielt, sehr<br />

viele verrückte Ideen ausprobiert. Und ich glaube schon,<br />

dass das bei ihm gewisse Reaktionen hervorruft, dass er<br />

sich noch weniger Gedanken darum macht, was er für<br />

eine Posaune schreiben kann. Aber das gilt gleichermaßen<br />

für alle anderen Musiker, mit denen er zusammenarbeitet.<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


Er schreibt ja sehr viele Werke – für Henning Wiegräbe,<br />

Dave Taylor, und und und.<br />

JG: Auf Deiner neuen Platte „Around the World“ spielen<br />

zahlreiche Gastmusiker, die für diese Musik und speziell<br />

für die Erfüllung dieses Projektes wichtig waren. Wer war<br />

das, und warum sind die gekommen, um dieses Projekt in<br />

dieser Form zu verwirklichen?<br />

StS: Die Musiker – Georg Breinschmid, ein unglaublicher<br />

Bassist aus Wien – Bachar Khalife und Marcio Doctor,<br />

das sind Musiker, die ich bei gemeinsamen Konzerten<br />

kennengelernt habe. Es lag nahe, sie zu fragen, ob sie<br />

Lust hätten, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Ich glaube,<br />

dass es sie gereizt hat, mit einem klassischen sinfonischen<br />

Orchester wie dem Rundfunksinfonieorchester Berlin und<br />

dem Dirigenten Michael Sanderling zusammenzuarbeiten.<br />

Musikalisch war es ein unglaublicher Spaß an diesem<br />

Aufnahmetag.<br />

JG: Erzähl‘ doch mal von der Aufnahme. So ein<br />

Sinfonieorchester ist ja nun doch Mozart-lastig,<br />

Brahms-lastig… und jetzt kommen zwei ausgeprägte<br />

Percussionisten – Leute, die sehr stark mit Rhythmus<br />

umgehen. Wie wirkt das auf so ein Orchester, und was<br />

entwickelt sich daraus?<br />

StS: Ich glaube, so ein Prozess ist für ein Orchester auch<br />

sehr spannend. Schnyders Musik ist für sie ja auch nicht<br />

eine Musik, die alle Tage kommt und vom Zusammenspiel<br />

sehr anspruchsvoll. Das Rundfunk Sinfonieorchester<br />

Berlin ist aber unglaublich souverän damit umgegangen.<br />

„Da entstand eine ganz besondere Energie<br />

und Stimmung, die ... sofort übersprang.“<br />

Wir hatten ja, wie das heutzutage leider üblich ist, kaum<br />

Zeit, diese 40 oder 45 Minuten Orchestermusik aufzunehmen,<br />

aber das RSB ist wirklich ein fantastisches Orchester.<br />

Mit den Spezialisten Georg Breinschmid, Bachar<br />

Khalife, Marcio Doctor und mit Daniel war das auch für<br />

mich persönlich nochmal ein ganz spezieller Effekt. Da<br />

entstand eine ganz besondere Energie und Stimmung, die<br />

von den Gästen über den Dirigenten bis zum Orchester<br />

sofort übersprang. Diese Aufnahmetracks gingen daher<br />

ganz schnell, drei oder viermal durchgespielt, dann hatten<br />

wir es eigentlich. Das war kein großes Problem.<br />

Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />

JG: Du bist 1993 zur Berliner Staatskapelle gekommen.<br />

Das ist ja für Dich als 22-Jähriger schon ein riesen Sprung<br />

gewesen, es war ja innerhalb Deines 3. oder 4. Semesters!<br />

Ich habe das damals neidvoll mitbekommen, ich habe ja<br />

damals auch noch studiert. Andere Leute haben an diesem<br />

Punkt ihren Platz gefunden. Bei Dir kamen dann die Berliner<br />

Philharmoniker – rückwirkend betrachtet vermutlich<br />

ein logischer Schritt – und die Berufung als Professor an<br />

der UdK – damit wären andere erfüllt. Du aber machst<br />

nicht den Eindruck, als sei das alles für Dich gewesen.<br />

Was kommt noch?<br />

StS: (lacht) Ich unterrichte gerne und viel, mir macht meine<br />

Orchesterarbeit mit den Kollegen unglaublich Spaß.<br />

Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin ein rastloser Mensch<br />

und möchte alles was möglich ist ausreizen.<br />

JG: Der Schritt von der Staatskapelle – einem Opernorchester<br />

- hin zu den Berliner Philharmonikern, einem<br />

reinen Konzertorchester: Vermisst Du die Oper oder hast<br />

Du etwas hinter Dir gelassen, was Du möglicherweise los<br />

werden wolltest? Oder gibt es noch einen anderen wichtigen<br />

Grund für den Wechsel?<br />

StS: Die Zeit in der Staatskapelle war schön und ich hab<br />

sehr gerne Opern gespielt. Ja, ich vermisse die Oper auch<br />

manchmal. Weil diese Energie, die dabei jeden Abend<br />

herrscht, eine ganz besondere ist. In der Oper ist immer<br />

wenig Probenzeit und damit ist eine ganz besondere Spannung<br />

bei der Aufführung da. Man kennt die Dirigenten<br />

nicht, weiß nicht, wer an dem Abend überhaupt kommt,<br />

und dann geht’s los. Das sind ja alles viele Unvorhersehbarkeiten,<br />

die unheimlich viel Spannung in sich tragen.<br />

Solisten werden krank, ein anderer springt ein, was passiert<br />

heute eigentlich? Oper habe ich auch deshalb wirklich<br />

sehr gerne gespielt; und glücklicherweise machen wir<br />

das ja mit der Philharmonie auch regelmäßig. Aber der<br />

Schritt, zu den Berliner Philharmonikern zu wechseln…<br />

es war eine Stelle ausgeschrieben, ich war Anfang Dreißig,<br />

und ich wollte eigentlich nur mir selber treu bleiben<br />

und dieses Probespiel nicht an mir vorbeigehen lassen.<br />

Sicherlich wollte ich es auch gut spielen und möglicherweise<br />

auch die Stelle bekommen, aber die Motivation war<br />

eher, dass ich dachte, „jetzt machst du nochmal was, jetzt<br />

muss nochmal was passieren, du kannst nicht einfach diesen<br />

Zug vorbeifahren lassen ohne wenigstens mitgefahren<br />

zu sein.“ Das war eigentlich die erste Motivation. Das<br />

war auch relativ spontan und keine lange geplante Idee.<br />

Das kam so aus dem Bauch heraus. Das war dieses „Ich<br />

probier das jetzt mal“. Als Bassposaunist hatte ich jahrelang<br />

keine Tenorposaune mehr in der Hand gehabt. Und<br />

das war ein ganz spontaner Gedanke, zu sagen: Ich mach<br />

da jetzt einfach mal mit, schau`n wir mal, was passiert.<br />

Die Motivation war einfach, etwas zu tun, aktiv zu sein<br />

und sich dieser Herausforderung zu stellen.<br />

JG: Du und Barenboim – war das sehr befruchtend für<br />

Dich? Hast Du von ihm viel gelernt?<br />

StS: Oh ja. Barenboim ist ein genialer Musiker. Wenn du<br />

natürlich als junger Mensch in so ein Orchester kommst,<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 29


Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />

bist du wie ein Schwamm und saugst alles auf. Musikalisch<br />

gesehen war diese Zeit in der Staatsoper mit Barenboim<br />

eine unglaublich schöne und lehrreiche Zeit.<br />

JG: Was unterscheidet Simon Rattle von Daniel Barenboim?<br />

StS: Barenboim und Rattle sind ganz verschiedene Typen.<br />

Beide verbindet natürlich die Liebe zur Musik, aber<br />

sie nähern sich der Musik aus ganz verschiedenen Richtungen.<br />

Seit 2002 bin ich in der Philharmonie, seitdem ist<br />

auch Rattle Chef – in diesen Jahren hab ich auch viel von<br />

ihm gelernt. Er ist eine interessante Persönlichkeit.<br />

JG: Letzte Aufnahme, die Du gehört hast?<br />

StS: Das war Gidon Krämer mit Keith Jarrett, Avo Pärt,<br />

Tabula Rasa …<br />

JG: Traust Du Dich, den Wechsel der Berliner Philharmoniker<br />

nach Baden-Baden [Osterfestival anstelle Salzburg<br />

ab 2013] zu kommentieren?<br />

StS: Nein! Und weißt Du eigentlich, dass die Posaune das<br />

Instrument des Jahres 2011 ist…?<br />

*******************************************<br />

JG: Hat Daniel Barenboim die Staatskapelle auch noch<br />

ein paar Schritte vorangebracht?<br />

Er ist ja jetzt lange da, es gibt viele Aufnahmen mit ihm,<br />

die sehr beeindruckend sind.<br />

Hat das Orchester und auch die Berliner Szene aus Deiner<br />

Sicht von dieser langen Wirkungszeit mit Barenboim<br />

profitiert?<br />

StS: Von meiner Perspektive aus betrachtet, ja. Ich hab<br />

1993 im Orchester angefangen, und als ich ausgestiegen<br />

bin, hatte sich das Orchester schon sehr stark verändert.<br />

Barenboim hat sehr intensiv gearbeitet. Er hatte ganz<br />

besondere und genaue Vorstellungen. Diese hat er auch<br />

durchgesetzt. Wobei man ehrlicherweise auch sagen sollte,<br />

dass die Staatskapelle schon zu DDR-Zeiten ein privilegiertes<br />

Orchester war und ein sehr erfolgreiches dazu.<br />

Trotzdem: Das Orchester hat unter Barenboim musikalisch<br />

sehr gewonnen. Und für die Berliner Musikszene ist<br />

„Ich habe kein Problem damit,<br />

Freizeit zu haben“<br />

es ein Glücksfall, dass er in Berlin ist.<br />

JG: Was macht <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>, wenn er nicht Posaune<br />

spielt, nicht Musik macht, nicht unterrichtet und sich nicht<br />

darauf vorbereitet, im Oktober Vater zu werden?<br />

StS: Dann geht er joggen, sehr gerne auch segeln oder<br />

wandern, lesen... Ich habe wirklich kein Problem damit,<br />

Freizeit zu haben (lacht), ich hab ja gerade Urlaub und<br />

könnte jetzt gut und gerne noch ein paar Monate so weiter<br />

machen…<br />

JG: Letztes Buch, das Du gelesen hast?<br />

StS: „Narziß und Goldmund“ von Hermann Hesse<br />

JG: Letzte Platte, die Du gekauft hast?<br />

StS: Ich kauf immer 10 oder 15 Stück und entdecke die<br />

dann oft unausgepackt wieder…<br />

30<br />

IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang


IPV-Symposium Dresden 2011<br />

Typisch, drei Musiker - drei Meinungen!<br />

Martin Temmel (Globalkryner) spielt Instrumente aus der JUPITER XO Serie. www.globalkryner.at<br />

„Also für mich kommt es bei einer Posaune nur auf<br />

den Klang an. Sound, Sound und nochmals Sound!<br />

Alles andere ist für mich ‚Kalter Kaffee‘!“<br />

„Was nutzt mir die beste Posaune wenn das Material<br />

schon nach ein paar Jahren schlapp macht?<br />

Meine Posaune muss möglichst lange halten. That‘s it!“<br />

„An einer Posaune sind enorm viele<br />

feinmechanische Details zu beachten.<br />

Das Geheimnis eines richtig guten Instrumentes,<br />

liegt für mich ausschließlich in seiner Verarbeitung!“<br />

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„Die early bird mit ihren einzigartigen Innovationen ermöglicht endlich einen disponierten frühinstrumentalen<br />

Beginn auf der Posaune. Der ausgezeichnete Klang und die optimale Ergonomie sorgen für Motivation und Spielfreude. “<br />

Claudia C. Schade, Diplom-Musiklehrerin und Dispokinesiopädin, Autorin der Brassini-Instrumentalschule<br />

„Auch für Beginner sollte ein Instrument des Mannheim Brassateliers erste Wahl sein. Für die<br />

musikalische Frühentwicklung kann es nichts Besseres geben, als mit individuell angepassten<br />

Instrumenten das Spielen zu erlernen. “<br />

Prof. Werner Schrietter, Hochschule für Musik Karlsruhe<br />

www.kinderposaune.de<br />

Mannheim Brassatelier · Thorsten Mittag<br />

Seckenheimer Str. 78 · 68165 Mannheim · Tel. 0621-40 42 41 · E-Mail: mittag@mannheim-brassatelier.de

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