Internationale Posaunen-Vereinigung e.V. Affiliate ... - Stefan Schulz
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IPV-Printjournal<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang<br />
Mitgliederbrief der IPV,<br />
erscheint vierteljährlich<br />
<strong>Internationale</strong> <strong>Posaunen</strong>-<strong>Vereinigung</strong> e.V.<br />
<strong>Affiliate</strong> Society of ITA<br />
verpflichtet zur künstlerischen Förderung von Unterricht, Aufführung und Literatur für Posaune<br />
Gegründet 1988
Kinderleicht!<br />
Bb/C-Posaune für Kinder<br />
· 12,7 - 13,34 mm Doppelbohrung<br />
· Messing Schallstück 8“<br />
· Neusilber Außenzug<br />
· Innenzüge Neusilber, hartverchromt<br />
· Individuell einstellbare Handstütze<br />
· Permanent geschaltetes Sekund-Ventil<br />
· Ergonomisch geformter Ventilhebel<br />
· Längenverstellbare Schubstange durch Links-/Rechts-Gewinde<br />
· Erheblich besser ausbalanciert<br />
· Leichtes Formetui mit Rucksackgarnitur<br />
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> Individuell einstellbare Handstütze<br />
mühelose Anpassung möglich durch neu<br />
entwickelte Klemmvorrichtung<br />
> Ergonomisch geformter Ventilhebel<br />
besseres und komfortableres Spielgefühl<br />
> Längenverstellbare Schubstange durch<br />
Links-/Rechts-Gewinde<br />
dadurch bequeme Anpassung der Hebelstellung<br />
möglich<br />
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Oelsnitzer Str. 58, D-08626 Adorf<br />
Tel.: +49 (0) 37423 - 778 222<br />
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Impressum, Inhaltsverzeichnis<br />
Impressum:<br />
Das IPV-Printjournal ist die Mitgliederzeitung der<br />
<strong>Internationale</strong>n <strong>Posaunen</strong>vereinigung e.V., <strong>Affiliate</strong><br />
Society of ITA, verpflichtet zur künstlerischen Förderung<br />
von Unterricht, Aufführung und Literatur für Posaune,<br />
gegründet 1988.<br />
Wir bitten, alle Beiträge der<br />
Redaktion zuzuleiten.<br />
Die in den namentlich gekennzeichneten<br />
Beiträgen vertretenen<br />
Meinungen decken sich nicht notwendigerweise mit<br />
der Auffassung der Herausgeber oder der Redaktion.<br />
Das Copyright liegt in jedem Falle bei den jeweiligen<br />
Autoren. Abdruck von Beiträgen, auch auszugsweise,<br />
bedarf der schriftlichen Genehmigung der Herausgeber.<br />
Internet: www.ipv-news.de;<br />
Email: webmaster@ipv-news.de;<br />
Vorstand: 1.Vorsitzender Jakob Guizetti, Josef Gebker,<br />
Andreas Mössinger, 2. Vorsitzender Ludwig Nuss<br />
Redaktion:<br />
Andreas Mössinger, Stresemannstr. 32, 76187 Karlsruhe,<br />
Tel.: 0721-7569777, Email: webmaster@ipv-news.de<br />
IPV-Geschäftsführung:<br />
Josef Gebker, Grauten Ihl 43, 48301 Nottuln,<br />
Tel: 02502-25434, Fax: 02502-25435<br />
(auch Vereinsbeitritt!!)<br />
Email: manager@ipv-news.de<br />
Sprecher des Beirat:<br />
Prof. Jiggs Whigham, Email: jiggs@jiggswhigham.com<br />
Auflage:<br />
1000 als Druckausgabe plus Versand als Epaper-PDF.<br />
Voraussichtliche Erscheinungstermine:<br />
15. Dezember 2011, 28. Februar 2012, 30. Mai 2012,<br />
30. September 2012<br />
Redaktions-/ Anzeigenschluss ist am<br />
15. November 2011, 30. Januar 2012, 30. April 2012,<br />
1. September 2012, also ca. 4 Wochen vor Erscheinen.<br />
Ihr Anzeigenwunsch ist zu richten an die<br />
Geschäftsführung der IPV;<br />
Email: manager@ipv-news.de.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Anzeige GEWA...........................................................2<br />
Impressum, Inhaltsverzeichnis.....................................3<br />
Grußwort des ersten Vorsitzenden................................4<br />
Vereinsnachrichten, Meldung aus Hamburg ...............5<br />
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin ......................6 - 15<br />
Prof. Martin Göß „75“ .......................................16 - 17<br />
Konzert Prof. Rosin in Ettlingen................................17<br />
Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen Wü-Ka ...................18<br />
Anzeige Crescendo Brass............... ...........................19<br />
CD „Around The World“, Meldung pBone ..............20<br />
2. Lätzsch Trombone Festival, Tilz „40“...................21<br />
Die Firma Kruspe in Erfurt ................................22 - 25<br />
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>...................26 - 30<br />
Anzeige Jupiter...........................................................31<br />
Anzeige Mannheim Brassatelier.................................32<br />
*******************************************<br />
Wir bedanken uns für das Anzeigeninteresse an dieser<br />
Ausgabe des IPV- Printjournals bei folgenden Firmen:<br />
(in alphabetischer. Reihenfolge)<br />
B&S GmbH, Musik Bertram, Crescendo Brass,<br />
Musiktreffpunkt R. Ekle, GEWA music GmbH,<br />
Musik Haag, Jupiter, Kromat, Lätzsch, Mannheim<br />
Brassatelier, Thein, Bruno Tilz, Musikverlag Bruno Uetz,<br />
Helmut Voigt, Jürgen Voigt.<br />
Das Titelbild auf der Vorderseite zeigt:<br />
Prof. Martin Göß (in der Mitte sitzend) während des<br />
Festes zu seinem 75 Geburtstag in Gallmersgarten mit<br />
vielen bekannten Posaunisten als Gäste am 14. Mai 2011<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 3
Grußwort des IPV-Vorsitzenden<br />
Grußwort<br />
des ersten Vorsitzenden der IPV<br />
Sehr geehrte Mitglieder,<br />
liebe Posaunisten,<br />
liebe Freunde!<br />
Die neue Spielzeit hat begonnen! Ein neues<br />
Schuljahr hat begonnen. Und in der Welt der<br />
Posaune hat sich viel getan oder wird in Bewegung<br />
geraten.<br />
Und es werden rauschende Feste gefeiert, wenn es gilt,<br />
große Persönlichkeiten zu ehren. Unser Ehrenmitglied der<br />
IPV, Professor Martin Göss, feierte diesen Sommer seinen<br />
75. Geburtstag mit einem großen Fest. Hollywood ist vor<br />
Neid erblasst.<br />
Lieber Martin, die IPV, der Vorstand und vor allem ich<br />
wünschen Dir zu Deinem Geburtstag alles Gute und senden<br />
Dir auf diesem Wege die herzlichsten Glückwünsche!<br />
Im Instrumentenbau wurden dieses Jahr zwei Projekte<br />
vorgestellt, an die ich vor 2 Jahren nicht zu denken gewagt<br />
habe. Zum einen wurden auf der Musikmesse in Frankfurt<br />
Außenzugrohre aus Carbon vorgestellt. Bei allen Besuchern<br />
des Ausstellers war die Skepsis zu spüren, ob diese<br />
Züge genauso gut klingen würden wie die „traditionellen“<br />
Messingzüge. Aber erstaunt und begeistert waren alle<br />
vom unglaublich geringen Gewicht. Seit ein paar Monaten<br />
erreichen uns nun Online-Werbung und Videos über die<br />
„pbone“! Unabhängig davon, in welchem Maß und Umfang<br />
sich die Carbonzugrohre etablieren werden, finde ich es<br />
höchst erwähnenswert, dass bei aller Meisterschaft, die die<br />
Instrumentenbauer weltweit beherrschen und von der man<br />
sich auch auf dem IPV-Symposium in Dresden überzeugen<br />
konnte, jetzt auch noch wirklich neue Werkstoffe Verwendung<br />
im Instrumentenbau Einzug finden, die in der „Metall-Innung“<br />
bisher kein Existenzrecht hatten.<br />
Auch die IPV geht in den nächsten Jahren neue Wege.<br />
Kontakte, die seit dem IPV-Symposium 2009 in Stuttgart<br />
gepflegt wurden, führen im Jahr 2012 zu einer Kooperation<br />
mit der bvbw-Akademie Kürnbach. Gemeinsam planen wir<br />
die Durchführung von TAPAS-Projekten, von denen das erste<br />
am 17. März 2012 in Ravensburg stattfinden wird.<br />
Nächstes Jahr gibt es eine großartige Gelegenheit,<br />
sich einen Ausflug in die „Stadt der Liebe“ zu<br />
gönnen. Versäumen Sie nicht, sich Ihren Urlaub<br />
für die erste Juli-Woche einzutragen, denn vom<br />
4. bis zum 7. Juli 2012 findet das „International<br />
Trombone Festival“ der ITA am Conservatoire à<br />
rayonnement régional de Paris statt.<br />
Dafür gibt es natürlich nur eine Möglichkeit, sich in<br />
Stimmung zu bringen: Beim IPV-Symposium 2012<br />
in Hannover. Künstlerischer Leiter ist natürlich<br />
Professor Jonas Bylund. Wir werden ihn und sein<br />
künstlerisches Konzept in der nächsten Ausgabe<br />
des IPV-Journals ausführlich vorstellen. Merken müssen Sie<br />
sich für Ihre Reise nach Hannover den 29.3. – 1.4.2012!<br />
Das Symposium verspricht jetzt schon, hochkarätig zu<br />
werden.<br />
Eine Reise in die Zukunft war auch das Interview mit Professor<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>. Ich hatte das große Glück und Vergnügen,<br />
ihn in München im Englischen Garten treffen zu können. Wir<br />
konnten viel über seine neuen Projekte sprechen. In diesem<br />
Interview gibt er uns einen Einblick in die Gedanken eines<br />
Ausnahmekünstlers, der die Posaune als ein hochwertiges<br />
Instrument und den Posaunisten dahinter nicht als einen<br />
„Maschinisten“ versteht.<br />
Vom Blick nach vorn zum Blick zurück: Ein solcher war<br />
das zweite Gespräch mit Professor Armin Rosin. In einem<br />
fast 3-stündigen Interview hat er sein Leben aus seiner<br />
ganz persönlichen Sicht geschildert und gibt auch in der<br />
Fortsetzung interessante und neue Einblicke in das Leben<br />
eines großen Posaunisten.<br />
Liebe Freunde der Posaune, die Welt ist in Bewegung!<br />
Das nächste Jahr wird sicher spannend. Begleiten Sie uns<br />
dabei, und informieren Sie uns bitte auch über alles, was<br />
in Ihrer persönlichen Umgebung geschieht und geschehen<br />
wird. Bitte schicken Sie uns rechtzeitig Ihre Konzert- und<br />
Veranstaltungstermine, damit wir dafür werben und dann<br />
darüber berichten können.<br />
Hoffentlich bis bald!<br />
Tiefe Grüße von der 7.Position<br />
Jakob Maria Guizetti<br />
4<br />
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… und die großartigen Ben van Dijk Bass- und Contrabass-<strong>Posaunen</strong>!<br />
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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Vereinsnachrichten, Meldung aus Hamburg<br />
Vereinsnachrichten<br />
Bitte aus der Geschäftsstelle<br />
Für die IPV ist es wichtig, dass Sie Ihre Adressänderungen<br />
bitte an die Geschäftstelle weitergeben. Immer wieder gibt<br />
es Rückläufe von Journalen. Dies sind unnötige Kosten.<br />
Durch eine kleine Mail können die Daten entsprechend<br />
aktuell bleiben. (Email: manager@ipv-news.de)<br />
IPV und Crescendo Brass<br />
Der Verlag ‚crescendo brass‘ gibt in Zusammenarbeit mit der<br />
IPV die „IPV Trombone Collection“ heraus. Bestellen Sie<br />
die Noten bitte zur Unterstützung der IPV z.B. über unsere<br />
Webseite (www.ipv-news.de) oder per Email. Bitte machen<br />
Sie einfach kenntlich, dass sie über die IPV bestellen. Auch<br />
alle anderen Noten des Verlages sind so zu bestellen.<br />
Alle Mitglieder der IPV bekommen für die nächsten Wochen<br />
als Aktion die Noten portofrei. Also Noten aussuchen und<br />
bestellen.<br />
IPV / ITA<br />
Das Angebot der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der ITA<br />
könnte auch noch von weiteren IPV-Mitgliedern genutzt<br />
werden. Eine Mitgliedschaft in der ITA ist bei bestehender<br />
IPV-Mitgliedschaft für 25 Euro zu haben, und es geht ganz<br />
einfach. Mail an die Geschäftsstelle und schon sind Sie<br />
dabei.<br />
**********************************************<br />
Die Posaune sucht neue Talente!!<br />
Für das Johannes-Brahms-Konservatorium Hamburg<br />
möchte ich bekanntgeben, dass ab sofort die Möglichkeit<br />
besteht, bei Gerald Franz Juritsch* Unterricht im Fach<br />
Posaune zu erhalten.<br />
Um alle Institutionen (z. B. <strong>Posaunen</strong>chöre u. Orchester) zu<br />
unterstützen, wird auch eine Nachwuchsklasse parallel zum<br />
Unterricht für Studenten eingerichtet. Selbstverständlich<br />
wird auch Ensembleunterricht als begleitendes, praxisnahes<br />
Ergänzungsfach angeboten.<br />
Für Fragen: info@brahms-konservatorium.de<br />
Oder direkt an Gerald Franz Juritsch: gfj@aon.at<br />
Für das Johannes-Brahms-Konservatorium:<br />
Juan Carlos Reitze de la Maza (Leitung)<br />
---------------------<br />
*Gerald Franz Juritsch erhielt seine künstlerische und<br />
pädagogische Ausbildung im Fach Posaune in Österreich<br />
am Kärntner Landeskonservatorium in Klagenfurt am<br />
Wörthersee und an der Wiener Musikuniversität. Er leitet<br />
unter anderem das <strong>Posaunen</strong>quartett „TROMBONIX forte“<br />
und das Jazzensemble „Velvet Rhythm“. Die Seminare und<br />
Workshops bei Joseph Alessi, Carsten Svanberg, Branimir<br />
Slokar, Istvan Farkas, Jiggs Whigham und James Morrisson,<br />
sowie mehrere Studienaufenthalte in USA runden seine<br />
Ausbildung ab und führen demnächst zur Herausgabe eines<br />
eigenen Unterrichtswerkes.<br />
**********************************************<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 5
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
Prof. Armin Rosin, Jahrgang 1939,<br />
ehemaliger Soloposaunist Bamberger Symphoniker, danach<br />
Soloposaunist Radio Sinfonieorchester Stuttgart, Professor<br />
für Posaune an der HfM Stuttgart von 1980 an bis zum<br />
Ruhestand.<br />
<strong>Internationale</strong>r <strong>Posaunen</strong>solist seit der Sechziger Jahre, unzählige<br />
Schallplatten und CDs, Aufnahmen, Uraufführungen...,<br />
Kammermusik, Dozent, Juror uvm.<br />
Siehe: www.armin-rosin.com<br />
Geführt von Jakob Guizetti und Andreas Mössinger in der<br />
Musikhochschule Stuttgart am Sonntagnachmittag, den<br />
14.August 2011.<br />
AR= Prof. Armin Rosin (Bild), JG= Jakob Guizetti,<br />
AM= Andreas Mössinger<br />
JG: Wir sind heute zum zweiten Mal in der Hochschule für<br />
Musik und Darstellenden Kunst Stuttgart und treffen wieder<br />
Prof. Armin Rosin zum Interview zweiter Teil als Fortsetzung.<br />
Er ist immer noch ein weltreisender Posaunist und Dirigent,<br />
der gerade aus Korea zurückgekommen ist. Gestern Abend<br />
spielte er noch ein Konzert in Tübingen und er ist schon wieder<br />
auf dem Sprung nach Afrika, wenn ich das richtig verstanden<br />
habe.<br />
AR: Vorher habe ich erst noch zwei Konzerte in Österreich<br />
und dann geht‘s nach Afrika.<br />
JG: Ja, also will ich anfangen und noch etwas zu Ihrem Studium<br />
fragen. Sie haben erwähnt, dass da viele Begegnungen<br />
stattgefunden haben aus der Münchner Szene. Viele Erlebnisse<br />
wurden Ihnen zugetragen mit Orginal-Zitaten. Da würde<br />
ich gerne noch einmal nachhaken. Bei wem haben sie studiert<br />
und wie sind sie gerade zu diesem Professor gekommen? Damals<br />
gab es ja schon ein paar mehr Möglichkeiten. Warum<br />
musste es München sein und was hat sich da alles Positives<br />
für Sie ergeben, dass Sie diesen Beruf dann auch zeitlebens<br />
machen wollten?<br />
6<br />
„... noch zwei Konzerte in Österreich und<br />
dann geht‘s nach Afrika.“<br />
AR: Mir war ja der Beruf des Orchestermusikers, des<br />
Orchesterposaunisten, fast in die Wiege gelegt. Wie im letzten<br />
Interviewteil gesagt, war mein Vater mein großes Vorbild, dem<br />
ich nacheiferte auch in außermusikalischen Dingen. So war es<br />
eben damals. Er hat zu mir gesagt: „Weisst Du, Friedrich Sertl<br />
in München hat eine ordentliche <strong>Posaunen</strong>klasse. Das ist eine<br />
Bläserschule, die steht auf der Tradition. Von mir kannst Du<br />
ja das Elegante lernen Aber er bringt Dir in kürzester Zeit bei,<br />
was Du im Orchester brauchst. Er ist ein richtiger, solider und<br />
erfahrener, sehr guter Orchesterbläser.“ Und das wollte ich ja<br />
werden, in einem möglichst guten Orchester Posaune spielen.<br />
Das war das erste Ziel, weil man ja Geld verdienen muss.<br />
Dann so jung und schnell wie möglich dahin. Und so war das<br />
dann auch. Sertl war nicht nur von seinen Orchesterkollegen<br />
geschätzt, sondern auch von den Dirigenten. Joseph Keilberth<br />
lobte Sertl und nannte ihn den sichersten Basstrompeter, den<br />
er erlebt hat. Er hätte ihm noch nie was danebengesetzt. Da<br />
hatte er natürlich auch seine Tricks dafür. Die hat er mir auch<br />
verraten. Ich hab‘ s nicht immer so gemacht, weil Manches<br />
nicht so ganz der musikalischen Phrase entsprach, aber für<br />
jemand, der hauptsächlich auf Sicherheit Wert legt und, dass<br />
nichts passiert, war das schon gut!. Ich wollte dann immer<br />
schon gerne das Risiko eingehen und musikalisch spielen, wie<br />
ich es auf der Geige gelernt hatte und nicht unbedingt absetzen<br />
vor einem schwierigen Ton usw. Die Orchesterstellen habe<br />
ich in kürzester Zeit bei ihm drauf gehabt. Solistisch ging es<br />
nur ums David-Konzert (siehe erster Interviewteil...). Das war<br />
der Grund, warum ich zu ihm gegangen bin. Außerdem gab es<br />
für mich als Süddeutschen nur die Alternativen Würzburg mit<br />
Prof. Walter Daum oder München. So groß war die Auswahl<br />
damals nicht. Bekannt war noch der Name von Willy Walther,<br />
der in Detmold unterrichtete.<br />
AM: Und in Berlin?<br />
AR: Da hatte ich keine Beziehungen. Jakobs hat zu der Zeit<br />
nicht mehr unterrichtet. Den lernte ich später auf Einladung in<br />
sein Haus nach Thurnau persönlich kennen. Er kam auf mich<br />
zu, als ich das erste Jahr bei den Bamberger Symphoniker<br />
war und Boléro geblasen habe. Da hat er für mich einen Cognac<br />
an die Geschäftsleitung des Orchesters geschickt, weil er<br />
mein Live-Spiel im Fernsehkonzert zu schätzen wusste.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
JG: Bei Sertl gab es also rückwirkend einfach eine sehr solide<br />
Berufsausbildung.<br />
AR: Ja, die hat den meisten seiner Schüler zu guten Stellen<br />
verholfen!<br />
JG: Und das Ziel des Orchestermusikers war in kompakter,<br />
sinnvoller Zeit zu erreichen.<br />
AR: Natürlich hätte ich auch von anderen Lehrern profitieren<br />
können, z.B. hätte mir Prof. Daum die neuere französische<br />
Solo-Literatur zeigen können, die ich mir dann später selbst<br />
beibringen musste; denn mein Ziel war, die Posaune aus der<br />
reinen Orchestertätigkeit herauszuheben und als gleichwertiges<br />
Solo-Instrument vorzustellen. Ich habe den Erfolg der<br />
Posaune als Solist gesucht, um einfach die Reputation der<br />
Posaune zu verbessern. Die Meinung der Musikfreunde war<br />
ja: Dahinten im Orchester gibt es einen Haufen, die blasen<br />
da wüst und laut und saufen viel. Das war das Bild von den<br />
Posaunisten. Das hat mich natürlich beleidigt, weil ich ja die<br />
Qualitäten meines Vaters kannte, der cellomäßig auf der Posaune<br />
spielen konnte.<br />
„Ich habe den Erfolg der Posaune als Solist<br />
gesucht, um einfach die Reputation der<br />
Posaune zu verbessern.“<br />
JG: Was war noch in München, sie sind ja nicht nur in die<br />
Hochschule gegangen. Opernbesuche?<br />
AR: Ja, wo es ging. Ich war natürlich ein armer Kerl. Ich<br />
konnte mir ganz wenig Karten kaufen. Ich musste schauen,<br />
dass ich mein Essen verdient habe. Ich habe viel Tanzmusik<br />
gespielt, manchmal auch Jazz. Ich habe dann später auch<br />
beim Rundfunktanzorchester mitgespielt, wodurch ich sehr<br />
viel gelernt habe, mehr als in 2 Semestern Hochschule. Auf<br />
einer Tournee mit dem Tanzorchester war ich als Leadbläser<br />
eingesprungen, wobei neben mir ein schwarzer Posaunist die<br />
Chorusse geblasen hat. Gejazzt habe ich ja, seit ich Posaune<br />
spiele. Aber dann so im Satz mit vier <strong>Posaunen</strong> zu spielen, das<br />
war schon was ganz Anderes. Die Anderen sind mir anfangs<br />
schon sehr entgegengekommen. Beim ersten Auftritt war das<br />
nicht so lupenrein. Aber ich kann schnell lernen und wie gesagt,<br />
habe ich mir dann auch viel abgeguckt. Neulich habe<br />
ich Hugo Strasser getroffen, als er die „Jazz-Trophy“ hier in<br />
Stuttgart bekam (2008), den großen Jazzpreis. Da habe ich<br />
ihn auf die alten Zeiten angesprochen, ich hätte doch damals<br />
mitgespielt, und er erinnerte sich daran. Er ist eine Jazz-Legende,<br />
über 85 Jahre alt, eine Legende auch der Tanzturniere.<br />
Ich war froh, wenn ich da mal aushelfen konnte. Ich habe viel<br />
gelernt, auch durch andere Mucken.<br />
Routine hatte ich ja durch das Streichquartettspielen und Bläser-Kammermusik<br />
z.B. mit dem Bläserquartett der Bamberger<br />
Symphoniker. Obwohl ich noch nicht studiert hatte, durfte<br />
ich als Gymnasiast schon mitspielen. Dass ich Routine hatte,<br />
hat mein Lehrer Sertl schnell gemerkt, und er war ein sog.<br />
„Obermucker“. Nachdem er lange Jahre in der Bayerischen<br />
Staatsoper war, konnte er mit den Kapellmeistern verhandeln,<br />
„Rosin, geh spieln’S für mich die Probe!“<br />
wenn er ein „Geschäft“ hatte.. Er sagte zu mir: „Rosin, geh<br />
spieln’S für mich die Probe! Ich habe mit Bender (damals<br />
ein 1.Kapellmeiser) schon gesprochen.“ Da hat er dann in der<br />
Zwischenzeit ein Richtfest gespielt mit der Basstrompete und<br />
seinem Quartett, und ich habe dann in der Oper ausgeholfen<br />
und für ihn gespielt. Die Studienkollegen haben gesagt:<br />
„Mensch, bist Du dumm? Du spielst für den, und er bezahlt<br />
Dir nichts und verdient nebenbei.“ Da sagte ich: „Wisst Ihr,<br />
wer dumm ist von uns? Ich lern dort was und darf als Student<br />
mit Spitzenmusikern spielen.“ Das hat mir ja dann auch später<br />
bei den Bambergern geholfen, sofort reinzuspringen in die<br />
Arbeit eines Routineorchesters. Da gab es für viele Werke<br />
überhaupt keine Proben.<br />
Ich erwähnte schon, dass aus dem Egerland, also im Umkreis<br />
von Eger, Karlsbad und Marienbad (heutige Tschechische<br />
Republik) einige exzellente Bläser stammen: so neben meinem<br />
Vater, der langjährige Soloposaunist des SWF-Sinfonie-<br />
Orchesters, Otto Heinl, die Solotrompeter des Kölner RSO,<br />
F. Neugebauer, und des Hamburger RSO, und der sagenhafte<br />
Adolf Scherbaum (Wegbereiter von Maurice André als<br />
„Bachtrompeter“), um nur einige zu nennen. (Übrigens auch<br />
der langjährige Leadbläser des SDR-Tanzorchesters Ernst<br />
Mosch, der später in anderer Funktion weltberühmt wurde.)<br />
So war etwa gleichzeitig mit dem Solotrompeter der Berliner<br />
Philharmoniker, A. Scherbaum (er war vormals in Berlin),<br />
ist in den 30-er Jahren Louis Bröckl zu den Münchner<br />
Philharmonikern gekommen. Er war schon „altgedient“ bei<br />
den Philharmonikern, als ich ihn kennenlernte. Bröckl hatte<br />
damals einen jungen Stellvertreter, Michael Stern. Das war<br />
ein sehr solider Bläser, der im Gegensatz zu dem technisch<br />
hervorragenden Ludwig Laberer vom BR-Sinfonie-Orchester<br />
auch solistisch gepflegt spielen konnte. Von ihm habe ich mir<br />
auch Einiges zeigen lassen. Ich war drei/vier Mal bei ihm im<br />
Unterricht, wobei wir dann u.a. verschiedene solistische Sachen<br />
gemacht haben.<br />
Bei den Münchner Philharmonikern war damals eine sehr kultivierte<br />
<strong>Posaunen</strong>gruppe. Stern kam aus Innsbruck. Er spielte<br />
zuerst in Karlsruhe und dann bei den Münchener Philharmonikern,<br />
ging später zum Funk, bevor er Professor wurde.<br />
Ich komme nochmals auf die Tanzmusik-Szene in München<br />
zurück. Da hat man viele hochbezahlte Spitzenbläser vom<br />
Rundfunk neben sich sitzen gehabt. Die sind sich nicht zu gut<br />
gewesen, für 30 Mark einen ganzen Abend zu spielen.<br />
JG: Zu welcher Zeit war das ungefähr?<br />
AR: Das war 1959/60.<br />
JG: Da waren 30 Mark schon eine ordentliche Stange...<br />
AR: Einmal fragte ich den Solotrompeter: „Das könnten Sie<br />
eigentlich einem Studenten überlassen, was Sie hier machen.“<br />
Da hat er zu mir gesagt: „Ein Tank voll Benzin ist auch was<br />
wert. Ich habe einen schönen BMW.“ So hat er das erklärt.<br />
Da sind eben auch Sachen passiert, die waren teilweise nicht<br />
schön. Auch bei den Bühnenmusiken in der Staatsoper.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 7
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
JG: Was für ein Instrument haben Sie damals in der Bigband<br />
gespielt?<br />
AR: Ich glaube eine King 3b.<br />
JG: Von München ging es dann direkt nach Bamberg?<br />
AR: Ich hatte ja noch nicht einmal ein Examen. Es war Probespiel<br />
1960. Das war mit 21 Jahren, das Examen habe ich<br />
dann nachgeholt.<br />
AM: Das war ja schon zu der Zeit, als Martin Göß auch im<br />
Orchester anfing?<br />
AR: Prof. Göß ist etwas älter. Ich habe ihn übrigens vor 14<br />
Tagen getroffen. Ich hatte eine kleine Mucke in Franken. Dort<br />
haben wir ein Bier zusammen getrunken.<br />
Übrigens ist Martin Göß wohl der einzige von den vielen<br />
Orchesterposaunen-Kollegen, der sich ein Urteil über mich<br />
erlauben konnte, da er mich wiederholt im Konzert live gehört<br />
hat. Andere reden, ohne mich jemals gehört zu haben! Ich habe<br />
mir die Kollegen immer erst angehört, bevor ich mir ein Urteil<br />
gebildet habe. Z.B., wenn ich hörte, dass Schreckenberger<br />
oder Dany Bonvin spielte, bin ich hingefahren. Man kann ja<br />
nur über jemanden reden, den man live in der Bewährung<br />
gehört hat.<br />
Wie schon erwähnt hatte ich vom Probespiel an ein gutes Verhältnis<br />
zu meinem ersten Chef, Prof. Joseph Keilberth. So war<br />
er auch interessiert, mich nicht gleich am Anfang zu überfordern!<br />
Er sorgte dafür, dass ich mir die 1. Brahms erst einmal<br />
(danebensitzend) anhören konnte, bevor ich sie selbst blasen<br />
musste; denn geprobt wurden solche Repertoire-Werke natürlich<br />
nicht. Denn die ist dort gezaubert worden. Der zweite und<br />
der dritte Posaunist konnten sich „reinschleichen“. Sie haben<br />
da nicht angestoßen. Das habe ich dann von denen gelernt,<br />
was dann oben auf dem hohen a nicht so leicht war. In meiner<br />
Ausbildung war das nicht vorgesehen. Ich habe gelernt,<br />
weich anzustoßen, das Intonieren ohne Anstoß aber nicht.<br />
Später habe ich das dann einmal in Stuttgart im Funk mit<br />
meiner Gruppe anwenden müssen, als Celibidache beim<br />
Liebestod von Tristan und Isolde, dort, wo die Bassklarinette<br />
so leise spielt und nachher die <strong>Posaunen</strong> noch leiser kommen<br />
sollen, gesagt hat: „Das spielen Sie mit Dämpfer!.“ Ich sagte<br />
zu meinen Kollegen, dass wir das nicht auf uns sitzen lassen,<br />
mit Dämpfer gibt es ja einen ganz anderen Klang. Dann<br />
haben wir drei Tage geübt, dass der Akkord auch vor allem<br />
gleichzeitig kommt, wenn er ohne Artikulation angespielt<br />
wird. Danach fragte ich: „Maestro, dürfen wir Ihnen das<br />
vorspielen?“ Er sagte: „Aha, die haben geübt.“ Das war für<br />
die Streicher frustrierend und für uns trotz des Erfolgs etwas<br />
peinlich. Die Streicher haben ja die ganze Zeit zu tun, und wir<br />
8<br />
„Ich habe mir die Kollegen immer erst<br />
angehört, bevor ich mir ein Urteil gebildet<br />
habe.“<br />
haben so viele Pausen. Die mussten dann applaudieren, weil<br />
wir mal einen Akkord so wunderschön gebracht haben! Wir<br />
spielten das dann viermal, ich glaube in München, Mannheim,<br />
Stuttgart und Frankfurt. Vor dem Auftritt gingen wir immer<br />
schnell nochmal zum Ausprobieren in einen Raum, und wenn<br />
es die Toilette war. Der Erfolg hat dann Spaß gemacht.<br />
Zurück nach Bamberg, mein Vater hatte die 1. Brahms ca.<br />
750 Mal gespielt, ich kam in den 6 Jahren dort auf 63 Mal..<br />
AM: Und er hat niemals gekiekst?<br />
AR: Doch. Einmal haben sie das bei den Bregenzer<br />
Festspielen gespielt. Und da ist er nachmittags im Bodensee<br />
schwimmen gewesen und hat danach einen saueren Bismarck-<br />
Hering gegessen. Dann hat er einmal „gegurgelt“.... Aber das<br />
war absolut zu vernachlässigen bei der großen Anzahl von<br />
Wiederholungen.<br />
Beim Radiosinfonieorchester in Stuttgart war das dann schon<br />
abwechslungsreicher für mich, denn es gab jede Woche ein<br />
neues Programm!<br />
JG: Zum Profil der Bamberger Symphoniker: Ihr wart ganz<br />
viel auf Konzerttourneen und habt fast täglich Konzerte gegeben,<br />
nicht nur in Bamberg.<br />
AR: Wir waren z.B. mal sechs Wochen in Mittel- und Süd-<br />
Amerika, vier Wochen in Spanien und Portugal, dann gab es<br />
die Italienreise. Meine erste Reise damals ging nach England<br />
mit Rudolf Kempe. Da haben wir jeden Abend gespielt.<br />
JG: Und das Programm wurde einfach eingepackt und hingelegt,<br />
und sie haben das dann gespielt?<br />
„Wir müssen das selbst proben.“<br />
AR: Wenn Rudolf Kempe kam, oder ein anderer Gastdirigent,<br />
gab es natürlich Proben. Nur wenn der Chef, Joseph<br />
Keilberth, dirigierte, der hat Repertoire-Werke nicht geprobt.<br />
Da kann ich mich noch an eine Geschichte erinnern. Wir<br />
waren in der Musikstadt Genf und sollten die 5. Beethoven<br />
am Abend spielen. Da wurde zunächst eine Trompetenstelle<br />
von der Oberon Ouvertüre angespielt und dann von der 5.<br />
Sinfonie 2 Stellen und der Oboeneinsatz, so dann beendete<br />
er die Probe mit: „Danke, das war‘s!“ Da sagten einige<br />
Kollegen ganz aufgeregt: „Herr Professor, wir haben die<br />
Fünfte Beethoven 5 Jahre nicht mehr gespielt.“ Er: „Na, ihr<br />
kennt sie ja!“ Er wollte sie tatsächlich ohne Probe machen.<br />
Das war gegen die Musikermoral. Da haben die Kollegen<br />
dann gesagt: „Wir müssen das selbst proben.“ Jeder Einzelne<br />
fühlte sich verantwortlich und die Gruppen spielten jeweils<br />
ihre wichtigen Stellen alleine durch!<br />
Das hohe Niveau zu halten entsprach auch dem Selbsterhaltungs-Trieb;<br />
denn das Orchester war sozial gesehen in einer<br />
unsicheren Situation, es war ein „Eingetragener Verein“.<br />
Heute ist es ein Staatsorchester. Ich fand diese Einstellung<br />
schon toll.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
JG: Was hat Sie dann bewogen, zum RSO Stuttgart zu gehen,<br />
wenn Sie ja eigentlich sehr zufrieden waren in Bamberg?<br />
AR: Ich war künstlerisch bei den Bambergern sehr zufrieden.<br />
Dass ich dort gekündigt habe, hatte andere Gründe. Nachdem<br />
ich mich da im Orchester eingearbeitet hatte, wollte ich<br />
natürlich unbedingt auch schauen, dass ich solistisch etwas<br />
mache. Dann kamen auch die ersten Engagements. Ich habe<br />
mit den Stuttgarter Philharmonikern in Frankfurt gespielt und<br />
mit einigen Kammerorchestern, hatte Rundfunkaufnahmen<br />
und Auftritte mit den Nürnberger Sinfonikern. Aber Urlaub<br />
dafür zu kriegen, war immer ein Problem, denn wir waren ja<br />
nur vier <strong>Posaunen</strong>. Sobald es was Wichtiges gab, musste ich<br />
mit meinem Vater und einem von den älteren spielen.<br />
“Sobald es was Wichtiges gab, musste<br />
ich mit meinem Vater und einem von den<br />
älteren spielen.“<br />
JG: Sie haben also mit Ihrem Vater Dienst gemacht?<br />
AR: Die ganze Zeit.<br />
JG: Er ist also erst in Rente gegangen, nachdem Sie dort weg<br />
waren?<br />
AR: Ja, er ist noch 2 Jahre weiterhin da gewesen. Bis er<br />
etwa 68 Jahre alt war. Sie haben ihn dann auch noch gebeten,<br />
weiterzumachen. Man hatte kein rechtes Glück mit meinen<br />
Nachfolgern, die nach dem Probejahr aufhören wollten oder<br />
mussten, und so wollte man eine gewisse Kontinuität wahren.<br />
Mein Vater war zeitlebens gerne Musiker gewesen, wollte<br />
sich aber nach 43 Berufsjahren etwas mehr um sein Hobby,<br />
das Gärteln und Basteln kümmern. Musiziert hat er weiterhin,<br />
aber ohne Zwang!<br />
In Karlsbad hatte er sich ein dreistöckiges Haus („Haus Richard<br />
Strauss“) erspart und im März 1946 die letzte Rate der<br />
Hypothek abbezahlt, und im Mai haben uns die Tschechen<br />
innerhalb von 10 Minuten aus diesem Haus rausgeschmissen.<br />
Nachdem wir alles verloren hatten, wollte er wieder<br />
ein Eigenheim haben. Er baute dann in Bamberg wieder ein<br />
Haus mit großem Garten, der gepflegt werden musste. Das<br />
war dann der Anlass, in Pension zu gehen. Außerdem fiel es<br />
ihm schwerer, die 2. Stimme zu blasen, wenn wir zusammen<br />
Dienst machten, und er bat mich oft, die 1. Stimme spielen<br />
zu dürfen, weil er diese auswendig kannte und sich weniger<br />
konzentrieren musste. Außerdem hatte ich ja alle Repertoire-<br />
Werke bereits an der 1. absolviert und so habe ich später oft<br />
2. geblasen.<br />
Ich bin dann nicht wegen der Musiker weggegangen, sondern<br />
wegen der Geschäftsleitung. Ich hatte auch den Eindruck,<br />
dass sie neidisch war, dass ich mit anderen fast gleichwertigen<br />
Orchestern als Solist auftrat. Und sie hat mir einen<br />
bereits genehmigten Urlaub kurzfristig gestrichen! Auch<br />
mit dem Orchestervorstand hatte ich es besprochen und die<br />
Zusage erhalten, dass das in Ordnung ginge. Damals sollte<br />
das Orchester wieder auf eine Spanien-Tournee gehen. Ich<br />
hatte alles vorbereitet. Ich habe den Soloposaunisten des Nationalorchesters<br />
in Madrid bestellt, nötigenfalls für mich einzuspringen.<br />
Ich wollte das privat bezahlen. Ich hatte damals<br />
ein Angebot, das Darius-Milhaud-Konzert mit Orchesterbegleitung<br />
in Hannover im öffentlichen Konzert mit Rundfunkmitschnitt<br />
aufzuführen. Das war 1966 schon etwas Besonderes,<br />
eine solistische Posaune zu hören und für mich eine gute<br />
Gelegenheit, denn viele Möglichkeiten gab es damals noch<br />
nicht. Plötzlich sagte die Geschäftsführerin 3 Tage vor dem<br />
Konzert, dass ich nicht weg könnte. Bei einer Tournee müsste<br />
ich dabeibleiben. Darauf ich: „Dann kündige ich fristlos. Ich<br />
mache das Konzert in Hannover in jedem Fall. Ich habe beim<br />
Norddeutschen Rundfunk einen Vertrag unterschreiben!“ So<br />
kam es zum Bruch mit den Bambergern. Die Vorstands-Kollegen<br />
versuchten noch, die Wogen zu glätten, aber ich habe<br />
gekündigt und bin gegangen.<br />
JG: Sie haben neben Ihrem Vater in Bamberg angefangen.<br />
Wie war das? Entwickelt man automatisch den Ehrgeiz, den<br />
Vater zu überflügeln? Entwickeln sich Spannungen durch die<br />
familiäre Verbundenheit?<br />
AR: Ich war ja Soloposaunist. Ich habe anfangs größtenteils<br />
die erste Posaune gespielt und er die zweite. Er war mein<br />
bester Kollege. Da gab es überhaupt nie etwas. Er hat mich<br />
aufmerksam gemacht und gab mir hilfreiche Tips und auch<br />
den anderen jungen Kollegen. Nur wenn er müde war, dann<br />
sollte ich mal unten blasen, damit er sich nicht anstrengen<br />
musste. Er war schon ein erfahrener Fuchs und richtete die<br />
Orchesterstimmen immer gut ein, so dass man fast nicht mehr<br />
zählen musste.<br />
„Das war übrigens das einzige Mal<br />
in meinem Leben, dass jemand mein<br />
Abiturzeugnis sehen wollte.“<br />
JG: Wie ging es weiter nach diesem Konzert in Hannover?<br />
AR: Da hatte ich gekündigt und wollte mich ein bisschen<br />
intensiver weiterbilden (denn studiert hatte ich ja nebenbei<br />
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schon immer!) Ich widmete mich dann meiner Doktorarbeit<br />
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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 9
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das einzige Mal in meinem Leben, dass jemand mein<br />
Abiturzeugnis sehen wollte.<br />
Ein paar Monate später kam einen Anruf vom Orchestervorstand<br />
eines Orchesters, das mir bis dahin unbekannt war. Zur<br />
damaligen Zeit war das Medien-Netz nicht so dicht wie heute.<br />
Ich lebte im Sendegebiet des Bayerischen Rundfunks und<br />
konnte das Programm des Süddeutschen Rundfunks nicht<br />
empfangen. Dazu machte das dortige Sinfonieorchester keine<br />
Konzertreisen, es war mir also nicht bekannt. Jedenfalls meinte<br />
der Anrufer: „Ja, wir haben gehört, dass Sie frei sind. So<br />
einen Mann könnten wir brauchen. Haben Sie nicht Lust?“<br />
Da ich in der Zwischenzeit glaubte, die Frau meines Lebens<br />
kennengelernt zu haben, wollte ich heiraten – und dazu<br />
braucht man ein bisschen mehr Geld als zum Studieren. Ich<br />
bat dann darum, zum Kennenlernen des Orchesters zu einer<br />
Produktion eingeladen zu werden, und nachdem man gegenseitig<br />
angetan voneinander war, wurde mir die Soloposaunen-Stelle<br />
ohne Probespiel angeboten. Ich wollte sie aber<br />
nicht ohne reguläres Probespiel mit Konkurrenz - auch weil<br />
ich ein Gerede vermeiden wollte. Das war natürlich ein gewisses<br />
Risiko; denn Andere konnten auch Posauneblasen! Etwas<br />
Selbstbewusstsein muss man haben, wenn man sich mit<br />
einem Instrument, das keiner hören will, vorne hinstellt, also<br />
warum nicht beim Probespiel!<br />
AR: Da es eine attraktive Stelle mit guten Arbeitsbedingungen<br />
war – und noch immer ist – kamen 26 Posaunisten zum<br />
Vorspielen von den besten deutschen Orchestern – auch mein<br />
Nachfolger bei den Bambergern!<br />
Mit so vielen hatte ich nicht gerechnet. Ich blies David und<br />
Martin-Ballade und dann kam es zu den üblichen Orchesterstellen.<br />
Die zweite oder dritte war Boléro. Gerade als ich ihn<br />
spielte, ging das Licht aus: Stromausfall! Dann hieß es, dass<br />
wir umziehen in die untere Garderobe mit Tageslicht. Dort<br />
fragte ich dann den Chefdirigenten Prof. Hans Müller-Kray:<br />
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„Weil es so schön war, wollen wir ihn noch<br />
mal hören“.<br />
„Was soll ich denn jetzt spielen?“ Er sagte: „Boléro!“ Darauf<br />
antwortete ich: „Den habe ich doch gerade gespielt? Warum<br />
noch einmal?“ „Weil es so schön war, wollen wir ihn noch<br />
mal hören“. Dann dachte ich mir: „Ja wenn das so ist, dann<br />
sind die anderen Kandidaten doch nicht so beeindruckend.“<br />
Ich wurde dann ins Vorstands-Zimmer gerufen und konnte<br />
noch ein paar gute Bedingungen aushandeln, die mir für meine<br />
Solistentätigkeit wichtig waren. Das war eine schöne Zeit<br />
und ein sehr faires Verhältnis.<br />
JG: Damit sind Sie in Stuttgart angekommen.<br />
JG: Aber weiter, wie war es mit dem Probespiel beim RSO<br />
Stuttgart?<br />
10<br />
AR: Ja, im Orchester war es eine sehr schöne Zeit! Man war<br />
gefordert und wurde gefördert! Der Musikdirektor hat gesagt:<br />
„Herr Rosin, dass wir es klar sehen, wir unterstützen und sind<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
stolz, dass wir einen Soloposaunisten haben, der bei anderen<br />
ebenbürtigen Orchestern als Solist auftritt. Sie kriegen von<br />
uns jederzeit Urlaub, soweit es geht, aber niemals, wenn einer<br />
der großen Leute kommt, der Sie auch namentlich verlangt.<br />
Machen sie sich keine Illusionen! Wenn Pierre Boulez kommt<br />
oder Karl Böhm, oder George Solti, da brauchen sie gar nicht<br />
nach Urlaub zu fragen, in 1. Linie sind Sie unser Soloposaunist!“<br />
Da wusste ich, woran ich war. Das war planbar und lief<br />
sehr gut. Es waren auch viele wunderbare Kollegen in dem<br />
Orchester und vor allem in der Zeit mit Celibidache, das war<br />
großartig. Ich bin sehr dankbar, dass ich das miterleben konnte.<br />
Und als Celi ging, dann bin ich ja auch weg.<br />
JG: Wie war es dann mit der Doktorarbeit?<br />
AR: Ich habe gemerkt, dass man von der Wissenschaft nicht<br />
leben konnte. Man müsste in die Universitätslaufbahn gehen<br />
und dazu muss man Beziehungen haben, sonst kommt man da<br />
nicht rein. Die hatte ich nicht. Ich sah keine Zukunft für mich.<br />
Die Geschichte der Posaune zu erforschen, war für mich persönlich<br />
sehr interessant, das war auch das Thema meiner Arbeit.<br />
Das ist dann alles liegen geblieben, und ich habe immer<br />
gehofft, es weiter zu führen. Aber daraus wurde nichts.<br />
Mein Doktorvater sagte beim Abschied zu mir: „Wie ich Sie<br />
kenne, werden Sie auch ohne Doktor Professor.“ Drei Tage<br />
nach Ernennung zum Professor hatte ich mit meinem Trio ein<br />
Konzert auf Schloss Oettingen-Wallerstein. “Wir sind ausverkauft.“,<br />
sagte der Fürst zu mir. „Aber es ist das Musikwissenschaftliche<br />
Seminar aus Augsburg mit seinem Professor auf<br />
Exkursion, die würden gerne zuhören. Sind sie einverstanden,<br />
dass wir den Seitenflügel aufmachen?“ Da sagte ich: „ Ich<br />
bin gerne einverstanden, denn dieser Professor Krautwurst ist<br />
mein Doktorvater gewesen, als ich noch studiert habe.“ Dann<br />
bin ich hin zu dem Wissenschaftler und habe ihm gesagt, dass<br />
seine Voraussage gerade eingetroffen war.<br />
JG: Sie hatten ja Dirigierunterricht bei Keilberth und später<br />
auch bei Celibidache.<br />
AR: Da war aber eine große Lücke dazwischen, in der ich<br />
Kurse bei Karajan besucht habe. Keilberth ist ja 68 gestorben.<br />
Er hatte als Chef der Bayerischen Staatsoper seinen Wohnsitz<br />
in München. Der Unterricht war vor allem auf den Reisen<br />
und wenn er in Bamberg im Hotel gelebt hat, da hatte er Zeit<br />
„Mozart ist eben für die Laien zu leicht<br />
und für die Profis zu schwer.“<br />
am Nachmittag, und da haben wir uns getroffen, und er hat<br />
mir ein paar Dinge beigebracht und gezeigt. Bei Celibidache<br />
war das ganz anders. Er hat mehr oder weniger Gruppenunterricht<br />
gegeben. Wir waren meistens zu dritt bis zu sechst im<br />
Unterricht. Er hat aber jeden individuell behandelt. Da war<br />
ein Japaner und angenommen, es war etwas, was den Japaner<br />
betraf, da hat er mit dem japanisch gesprochen. Dann war ein<br />
promovierter Rumäne da, mit dem hat er rumänisch gesprochen<br />
und mit dem Amerikaner englisch. Mit uns zwei bis drei<br />
Deutschen, es waren nicht immer alle dabei, dann deutsch.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 11
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
Und er war natürlich am Klavier gesessen und hat so gespielt,<br />
wie wir dirigiert haben. Das erinnert mich an die Drohung der<br />
Orchestermusiker, wenn ein Kapellmeister sich nicht gut aufführt:<br />
„Wenn sie noch einmal solche Bemerkungen machen,<br />
dann spielen wir so, wie sie dirigieren.“ Ich bin dann auch<br />
zu seinen Vorlesungen in Musik-Phänomenologie an die Uni<br />
Mainz gefahren. Er war darin ja einzigartig, diese Sachen in<br />
der Praxis anzuwenden. Ich habe sehr viel von ihm gelernt<br />
über Sinn der Musik und die Dinge hinter den Noten. Das ist<br />
ja das Schwerste. Neulich fiel mir der schöne Satz über Mozart<br />
ein: „Mozart ist eben für die Laien zu leicht und für die<br />
Profis zu schwer.“ Das sagt viel aus über die Schwierigkeit,<br />
den Sinn der Musik darzustellen. Mit solchen Problemen hat<br />
sich Celibidache beschäftigt.<br />
AM: Es würde mich auch interessieren, was Sie zu der Entwicklung<br />
der heutigen jüngeren Generation der Nachfolger<br />
denken. Z.B. habe ich im Radio einmal wieder Lohengrin aus<br />
dem diesjährigen Programm von Bayreuth gehört. Da war ich<br />
überrascht und dachte, dass das nicht mehr die Schwere hatte.<br />
AR: Das war sicher Hengelbrock. Alle jungen Kapellmeister<br />
nehmen schnelle Tempi, sonst fällt ihnen die Musik aus der<br />
Hand, weil sie nicht in die Tiefe gehen können. Auch Celibidache<br />
wurde anfangs in Berlin „der Feuervogel“ genannt.<br />
Er hat alles immer feurig und schnell gemacht. Bis er eben<br />
diese Schule mitgemacht hat und diese langjährige Erfahrung<br />
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bekam. Egal, aber auch die anderen Kapellmeister sind so.<br />
Ich hatte das Glück, mit Sir John Barbiroli noch zu arbeiten,<br />
bevor er verstorben ist, und mit Karl Böhm, und einigen<br />
der ganzen alten Meister. Dann gab es noch einen, dem auch<br />
Celibidache außer Keilberth Hochachtung entgegenbrachte:<br />
Karl Schuricht. Er hat bei Mahler und auch bei Brahms wunderbare<br />
Tempi gehabt, ganz langsam und mit einer unglaublichen<br />
Ruhe. Seine Hand hat er kaum bewegt, und er benützte<br />
einen riesigen, langen Dirigentenstab.<br />
Diese alten Meister haben die Musik regelrecht zelebriert.<br />
Natürlich bin ich beeinflusst von meinen Lehrern, - da gab es<br />
in München auch einen erfahrenen Trompetenprofessor, der<br />
die Originalnoten der Bruckner-Sinfonien in den Gruppenunterricht<br />
mitbrachte, so wie sie von den Münchner Philharmonikern<br />
unter ihren berühmten Dirigenten des 19. Jahrhunderts<br />
gespielt und weiter tradiert wurden. Von diesen mündlich weitergegebenen<br />
Tempi und Temposchwankungen aus der Zeit,<br />
als die Komponisten noch gelebt haben, hat doch jemand, der<br />
mit Renaissance- und Barock-Musik berühmt geworden ist,<br />
keine Ahnung!<br />
Etwas ganz Anderes wollte ich noch zur schwierigen Situation<br />
des <strong>Posaunen</strong>-Solisten sagen:<br />
Alle kennen das Mendelssohn Violinkonzert, das Beethoven<br />
Violinkonzert oder auch die berühmten Klavierkonzerte. Aber<br />
ein <strong>Posaunen</strong>konzert kennen nicht einmal die Orchestermusiker.<br />
Erst wenn man die Gelegenheit zum häufigen Spielen<br />
hat, dann können sie über die eigene Stimme hinaus hören.<br />
Ich spielte in den 60er Jahren die Martin-Ballade sieben Mal<br />
mit der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz aus Ludwigshafen.<br />
Beim fünften und sechsten Mal haben die Streicher<br />
erst angefangen, mir zuzuhören, vorher waren sie mit ihrem<br />
Part zu sehr beschäftigt. Vom Publikum, das nur das Konzert<br />
einmal hört, will ich da gar nicht reden. Diese Chance hat<br />
man natürlich nicht, wenn man einmal kommt und eine Probe<br />
macht und dann ein Konzert spielt. Die Erinnerung ist dann<br />
auch gleich wieder weg!<br />
JG: Vorhin beim Begrüßen sprachen Sie von Asien und Ihren<br />
Aktivitäten dort?<br />
„Ich habe in Asien schon auch eine<br />
Bewegung ausgelöst.“<br />
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AR: Ich habe in Asien schon auch eine Bewegung ausgelöst.<br />
Z. B. wenn ich daran denke, dass ich 1992 mit dem Nationalorchester<br />
in Taipeh als erster <strong>Posaunen</strong>-Solist aufgetreten bin.<br />
Da waren viele Posaunisten unter den Zuhörern. Sie waren<br />
begeistert und haben mich dann bestürmt, ob ich ihnen nicht<br />
eine Master Class geben und mit ihnen arbeiten würde, weil<br />
ich ja noch drei Tage da wäre. Es kamen dann ca. 25 Leute,<br />
mit denen habe ich gearbeitet. Das war sehr schön, sie zu<br />
informieren, was in der Welt los ist. Im gleichen Jahr habe<br />
ich in Moskau gespielt. Da gab es ja schon eine ganz andere<br />
Bläsertradition. Der dortige Professor, Anatoly Skobelev<br />
(vor kurzem leider verstorben), kommt aus der Tradition von<br />
Sankt Petersburg (dort war Eugen Reiche einmal Professor)<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
und brachte sie nach Moskau. Er ist ein sehr guter Mann. Ich<br />
spielte dort im Tschaikowsky-Saal und konnte da gut Vergleiche<br />
zu Taiwan ziehen. Vorher war ich 1973 in Warschau in<br />
der Philharmonie, in der Mailänder Scala habe ich 1974 als<br />
Solist gespielt, mit dem Radio Orchester der Italienischen<br />
Schweiz spielte ich 1977 vier Werke innerhalb eines Konzertes<br />
in Lugano (die Uraufführung eines Stückes des Dirigenten<br />
Mario Venzago, die Martin-Ballade, das Mozart-Konzert<br />
auf der Altposaune und solo die Sequenza V von Berio). Das<br />
war ein richtiger <strong>Posaunen</strong>-Abend, der direkt mitgeschnitten<br />
wurde. 1978 war ich zum ersten Mal in Nashville, USA. Anlässlich<br />
des Intern. Trombone Workshop der ITA führte ich<br />
das Altposaunenkonzert von M. Haydn urauf, die einzelnen<br />
Sätze hatte ich zu einem Konzert zusammengefügt.<br />
AM: Vor 40 Jahren wurde die ITA dort gegründet, was der<br />
Anlass war, dass in diesem Jahr (2011) das Int. Trombone<br />
Festival der ITA wieder in Nashville war.<br />
AR: 1978 war das recht gut organisiert, es waren über 300<br />
Posaunisten da, und es war sehr beeindruckend. Was mich<br />
heute noch freut ist, dass ich damals Bill Watrous traf, für<br />
mich ist das der Gott unter den Jazzposaunisten. Ich habe immer<br />
für Frank Rosolino geschwärmt, das tue ich heute auch<br />
noch, aber was Bill Watrous auf der Posaune machte, das<br />
ist von einer unglaublichen Kultur gewesen. Er hatte mich<br />
bei der Vorstellung der Dozenten überhaupt nicht beachtet.<br />
Er wurde in den USA wie ein Popstar gehandelt mit allen<br />
Allüren. Nach der Aufführung des Haydn kam er dann aber<br />
her zu mir und fragte dies und das, was er so wissen wollte.<br />
Zwei Jahre später habe ich ihn hier in Deutschland getroffen.<br />
Da sagte er, dass er in Köln sämtliche Schallplatten von mir<br />
aufgekauft hatte, die im Geschäft vorrätig waren. Dass ein<br />
Jazzer sich für Klassik interessiert, das hat mich dann schon<br />
sehr gewundert. Es war überhaupt ein tolles Erlebnis, diese<br />
„Es war überhaupt ein tolles Erlebnis, diese<br />
Begeisterung der Amerikaner zu spüren!“<br />
Begeisterung der Amerikaner zu spüren! Und deren Opferbereitschaft!<br />
Für die Probe in einem Chor von 50 <strong>Posaunen</strong><br />
fliegen sie oft über 1000 km und bezahlen ihren Flug selbst,<br />
um da kostenlos mitspielen zu dürfen und dann beim ITA-<br />
Fest aufzutreten und hervorragend zu spielen. Das hat mich<br />
schon sehr beeindruckt. In Deutschland sind viele Leute oft<br />
nicht einmal bereit, den Mitgliedsbeitrag zur IPV/( ITA) zu<br />
bezahlen.<br />
Asien betreffend war dann entscheidend, dass ich 1991 als<br />
1. <strong>Posaunen</strong>-Solist mit dem Seoul Synphony Orchestra gespielt<br />
habe. Da haben sich dann auch Kontakte ergeben. Es<br />
gab damals schon einige Posaunisten, die ihre Ausbildung, in<br />
Italien, Österreich oder Deutschland bekommen hatten. Aber<br />
so, wie heute dort gespielt wird, war das natürlich vor 20 Jahren<br />
noch nicht. Da konnte ich ein bisschen helfen. Nachdem<br />
ich gefragt wurde, ob ich denn auch unterrichten würde, oder<br />
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im kleinen Kreis mal was spielen würde, hatte ich die Idee,<br />
beim Goethe-Institut ein Konzert anzuregen zusammen mit<br />
vier koreanischen Posaunisten. Wir spielten Avantgarde-Stücke<br />
für 5 <strong>Posaunen</strong> im öffentlichen Konzert. Das ergab auch<br />
einen guten kollegialen Kontakt. Und dann hat einer gesagt,<br />
ob ich denn nicht Lust hätte, die wunderbare Insel Jeju zu<br />
sehen. Sie wollten mich und meine Frau einladen. Am Abend<br />
beim Essen kam dann heraus, dass sie ein Blaskapellenfest<br />
machen, das ich in Europa bekannter machen sollte. Das<br />
fand ich eine gute Sache, und so ging das los. Da machte ich<br />
Werbung dafür, und ich habe dann auch hier in Deutschland<br />
und in Spanien einigen Kapellen empfohlen und sie überredet,<br />
sich zu beteiligen und rüber zu fahren, damit das Festival<br />
wirklich international würde.<br />
Dann hatte ich drei, vier Jahre später gesagt: „Sie machen<br />
alle zwei Jahre diese Wind-Band-Veranstaltung. Was Ihnen<br />
in ganz Asien fehlt, das ist ein internat. Wettbewerb für<br />
Blechbläser. Ich unterstütze Sie, wenn Sie das organisieren<br />
und Geld dafür losmachen. Das ist für Ihr Land sehr wichtig,<br />
damit Ihre Leute hier hören, was sich in der westlichen Musikwelt<br />
bewegt, und ich werde dafür sorgen, dass dort, und<br />
vor allem in Zentraleuropa die Musiker davon erfahren und<br />
kommen und Ihnen zeigen, wie bei uns musiziert wird. Das<br />
war mein Anliegen!“<br />
Damit wurde dann der Jeju-Wettbewerb gegründet. Und meiner<br />
Meinung nach sind dort die besten Wettbewerbsregeln<br />
der Welt umgesetzt, weil ich ja vorher schon in verschiedenen<br />
Wettbewerb-Jurys saß, ob das der ARD-Wettbewerb war<br />
oder Prag, usw., und ich deshalb die Vor- und Nachteile der<br />
ganzen Regeln überblicken und das Beste auswählen konnte.<br />
Z.B. die Erkenntnis, dass eine Jury um so objektiver urteilen<br />
kann, je größer sie ist! Die beste und schlechteste Bewertung<br />
sollte wegfallen. So wird schon gleich etwas Unfaires vermieden.<br />
Aber es sollten noch genügend Urteile übrigbleiben.<br />
Also sollten mindestens 9 Juroren richten. Die Lösung war,<br />
dass wir gleichzeitig zum Blechbläserwettbewerb auch einen<br />
Wettbewerb für Brassquintett anboten und Profi-Brassquintette<br />
zum Konzertieren aus der ganzen Welt einluden, aus<br />
Russland, Ungarn, Tschechien und Italien, die Spanier sind<br />
auch laufend da gewesen, usw.<br />
Die Leute, die abends ein Konzert spielen, sind tagsüber Mitglieder<br />
der Jury. Dadurch haben wir dort manchmal bis zu<br />
11 Mitglieder der Jury. Auch wenn evtl. da zwei oder drei<br />
Koreaner oder Andere in der Jury sind, die ihre Leute hochpushen<br />
wollen, ist das erfolglos, weil die beste Bewertung<br />
sowieso weggenommen und der Ausgleich durch die hohe<br />
Anzahl der Unabhängigen erzielt wird. Außerdem habe ich<br />
von Anfang an gekämpft, dass es zwei <strong>Posaunen</strong>-Kategorien<br />
gibt, Bass- und Tenorposaune. Es wird bei anderen Wettbewerben<br />
oft übersehen, dass die Bassposaune ein eigenes<br />
Instrument mit eigener Literatur ist. Obwohl das wesentlich<br />
teurer wurde, habe ich mich damit durchgesetzt. Seit drei<br />
Wettbewerben haben wir die Bassposaune extra. Und in diesem<br />
Jahr mit großem Erfolg. Ein koreanischer Bassposaunist<br />
bekam den ersten Preis. Es war natürlich auch wichtig, dass<br />
endlich mal ein Koreaner einen ersten Preis bekam und nicht<br />
der Soloposaunist der tschechischen Philharmonie oder der<br />
Solohornist vom Gewandhausorchester. Die Europäer und<br />
14<br />
Amerikaner haben immer die Preise weggeholt, und ich wurde<br />
natürlich in der koreanischen Presse zerrissen. „Wir zahlen<br />
das, und unsere Leute bekommen keinen Preis? Wie ist denn<br />
das?“ „Ja, daran sehen Sie, wie nötig der Wettbewerb ist.“<br />
Aber erklären Sie das mal den Journalisten. Da bin ich sehr<br />
froh, dass derjenige, der letztes Mal schon den zweiten Preis<br />
bekommen hat, dieses Mal so ausgezeichnet spielte, dass er<br />
den ersten Preis erhielt. Vor zwei Jahren hat ein Japaner auch<br />
mit Bassposaune den ersten Preis bekommen, und nicht nur<br />
für Bassposaune, sondern für den ganzen Wettbewerb auch<br />
den ersten Preis!<br />
JG: Weiter über Pädagogik und Ihre Anfängerschule. Ich besitze<br />
die erste Auflage, die ist von 1977. Ich hab sie durchgesehen<br />
und war gelegentlich überrascht. Sie steht zu den<br />
konventionellen Lehrwerken im Kontrast in der Auffassung,<br />
wie man mit dem Instrument loslegt. Sie sieht dann oft sehr<br />
wissenschaftlich aus, aber sie enthält viele nette Bilder. Wie<br />
kam es dazu, dass der Verlag Universal Edition Wien an sie<br />
herantrat etc.?<br />
„Sie sind unser Mann für die Posaune.“<br />
AR: Die UE hat immer wieder bei mir angefragt, aber ich<br />
habe mich gesträubt, weil ich wusste, was da für eine Arbeit<br />
auf mich zukäme, wenn ich etwas wirklich Neues machen<br />
würde. Ein <strong>Posaunen</strong>-Kollege hat gesagt, dass man es machen<br />
sollte wie die Mediziner: „Schreibe aus drei Büchern ein<br />
viertes. Das mache ich auch!“ Das aber wollte ich so nicht!<br />
Die Pädagogik ist eine relativ neue Wissenschaft und hat in<br />
den letzten Jahren sehr viel verändert, besonders in den allgemeinbildenden<br />
Schulen. In den Gymnasien gab es früher<br />
oft nur fachlich ausgebildetete Lehrer und keine Pädagogen.<br />
Heute werden sie alle pädagogisch geschult. So hatte auch<br />
die Universal Edition die Vorstellung, ebenso in der Musikerziehung<br />
mit den Entwicklungen der modernen Pädagogik<br />
mitzugehen. Meine Person war der UE durch viele Aufführungen<br />
der von ihr verlegten Werke von Kagel, Berio, Globokar,<br />
Martin bekannt. Also war es für den Verlag, der ein<br />
umfassendes auf dem neuen Stand der Pädagogik stehendes<br />
Schulwerk plante, klar, zu sagen: „Sie sind unser Mann für<br />
die Posaune.“<br />
Ein paar Mal lehnte ich aus Zeitmangel ab, schließlich kam<br />
ein Vorschlag, den ich nach reiflicher Überlegung und zeitlichem<br />
Abstand annahm, zumal man anbot: „Wir schicken<br />
Ihnen einen Redakteur, und mit dem gehen sie in Klausur auf<br />
ein wunderschönes Schloss im Schwäbischen mit einer Gourment-<br />
Küche, und sie machen da ein verlängertes Wochenende,<br />
und dabei entsteht die <strong>Posaunen</strong>schule.“ Nachdem ich<br />
mich vorher noch pädagogisch kundig gemacht hatte, durch<br />
Studium der einschlägigen Literatur, die mir die Landesbibliothek<br />
besorgte, gings also an die Arbeit.<br />
Ich musste lernen, dass der Gruppenunterricht der beste Unterricht<br />
sei. Die kleinste Gruppe ist dabei der Lehrer und ein<br />
Schüler. Das Prinzip dieser Schule ist es außerdem, die ganze<br />
Musikalität, die ein junger Mensch in sich hat, ihm zu lassen<br />
und sie weiter zu entwickeln. Der junge Mensch kommt aus<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. Armin Rosin<br />
dem Kindergarten oder der Schule und pfeift oder singt eine<br />
beschwingte Melodie, die alle Rhythmen unserer Zeit aufweist.<br />
Dann kommt er in den traditionellen <strong>Posaunen</strong>unterricht<br />
und darf zwei Wochen ganze Noten und danach Halbe<br />
und Viertel spielen, vielleicht auch schon Achtel. Der legt das<br />
Instrument bald wieder weg!<br />
Deshalb beginnen wir in der UE-Schule mit Improvisieren!<br />
Ich erzähle ein Beispiel: Die Universal Edition organisierte in<br />
Trossingen einen Kurs für ungefähr 60 Musikschullehrer. Da<br />
haben wir in der dortigen Volksschule verkündet, dass wir ein<br />
paar 8-10-jährige Kinder suchen, die bisher kein Instrument<br />
gespielt haben, aber gerne einmal in eine Posaune oder Trompete<br />
blasen wollen. Dann habe ich meine Posaune in lauter<br />
Einzelteile zerlegt und dort auf den Tisch gelegt. Ich habe<br />
nichts behauptet, sondern nur Fragen gestellt, wie „Was kann<br />
man damit machen?“ „ Das könne man ineinander stecken“<br />
Kein Wort von Anstoß oder Ähnlichem! Der Schüler sang<br />
rein und fragte: „Ist das so, wenn die Posaunisten spielen?“<br />
„Nein!“ Da hat er dann plötzlich angefangen, zu blasen, und<br />
es kam ein Ton. Einer spielte nach kurzer Zeit das Kopfmotiv<br />
der 5. Sinfonie von Beethoven und suchte sich intuitiv die<br />
Töne zusammen. Da standen schon einige Lehrer vor Überraschung<br />
auf und fragten: „Ja, woher hat er das denn?“ Da<br />
sagte der Schüler: „Meine Schwester hat davon eine Schallplatte.“<br />
Ein anderer hat nach 7 Minuten Doppelzunge gespielt.<br />
Die Lehrer fragten wieder, wie das zugeht, dass er das<br />
sofort kann, was sonst jahrelang dauert. Ich antwortete ihnen:<br />
„Das ist die Methode. Er hat das in sich!“<br />
Einer der Knaben ist übrigens ein hervorragender Posaunist<br />
geworden!<br />
Das Problem dieser <strong>Posaunen</strong>schule, die meiner Meinung<br />
nach für die damalige Zeit ausgezeichnet war, ist, dass derjenige,<br />
der danach lehren will, erst einmal selbst lernen muss,-<br />
wie ich auch. Viele Lehrer wollen aber selbst nichts Neues<br />
lernen, sondern das so weitergeben, wie sie es von ihrem<br />
Lehrer einst gelernt haben. Deshalb haben wir diese gängigen<br />
Schulen, wie sie sind, als Wiedergekäutes! Von meiner<br />
Schule wurde dann auch viel abgeschrieben und verwässert.<br />
Aber es ist eben so, dass man, wenn man danach unterrichten<br />
will, erst einmal selbst lernen muss und erst dann lehren kann,<br />
dann aber sehr effektiv sein wird, vor allem mit Anfängern!<br />
Schade nur, dass ich nicht die Zeit hatte, mehr Kurse darüber<br />
zu halten! Das hätte einen größeren Erfolg gebracht!<br />
„...und [wenn] das hohe Es dann auch<br />
kommt und auch noch strahlt, dann bin<br />
ich einfach glücklich und denke, ich mache<br />
wieder ein Konzert.“<br />
Schuld haben außerdem die Leiter von Musikschulen, die<br />
denjenigen für den besten Lehrer halten, dessen Schüler nach<br />
einem halben Jahr schon in der Schul-Blaskapelle mitblasen<br />
kann, egal wie, auch wenn sie noch so einen falschen Ansatz<br />
haben! Nach einem halben Jahr hat ein normaler Anfänger<br />
keinen druckschwachen Ansatz! Und der richtige Ansatz ist<br />
einfach sehr wichtig.<br />
Ich selbst spüre bis heute und im Alter besonders den Segen<br />
des druckschwachen Ansatzes, der mir ermöglicht, mit 73<br />
Jahren immer noch alles zu spielen. Gestern abend z.B. im<br />
Stück „Jericho“ von P. M. Braun das hohe es‘‘.<br />
AM: Was für ein Konzert war das?<br />
AR: Ich habe 11 Stücke gespielt, Posaune, Alphorn oder<br />
Basstrompete mit Orgelbegleitung. Ein einziges Orgelstück-<br />
Solostück. Das war schon anstrengend. Ich bin meinen<br />
Lehrern schon dankbar, dass sie mich auf einen Weg gesetzt<br />
haben, der mir das Musizieren auch im höheren Alter noch<br />
ermöglicht. Ich kann nur immer wieder warnen, dass heute<br />
immer noch so viele Leute mit Druck spielen und sich dabei<br />
keinen guten Dienst tun. Und dass das von verschiedenen<br />
Musiklehrern immer noch geduldet und gefördert wird,<br />
weil man einfach den Ton viel schneller hat, als mit dem<br />
druckschwachen Ansatz. Deshalb propagiere ich auch dieses<br />
ERGO-Bone (Haltehilfe mit Gurt ähnlich Fagott), damit man<br />
damit leichter und druckschwach spielen kann. Als Pädagoge<br />
an der Musikhochschule habe ich versucht, das weiterzugeben<br />
und habe etwa 120 Studenten ins Berufsleben gebracht, ohne<br />
dass einer arbeitslos ist. Nicht alle sind im Orchester, aber es<br />
sind einige in sehr gute Positionen gelangt (WDR, RSO in<br />
Stuttgart, SWF-Baden-Baden, Tonhalle Zürich, Augsburger<br />
Oper, Münster, Stuttgarter Philharmoniker, Hofer Sinfoniker<br />
etc).<br />
JG: Was macht Armin Rosin 2012?<br />
AR: Solange meine Konstitution es erlaubt, weitere<br />
Konzerte!<br />
JG: Und 2013?<br />
AR: Da habe ich noch nichts im Kalender. Wenn man älter<br />
wird, wird man dankbar für jedes Konzert, das einem gelingt.<br />
Wie gestern zum Beispiel. Ich war hochbeglückt. Man kann<br />
ja nicht garantieren, ob das Kontra Es unten für mich als<br />
Tenorposaunisten anspricht (im Jericho von Braun) und ein<br />
paar Sekunden später das zweigestrichene Es. Und wenn die<br />
musikalischen Phrasen gleiten, und das hohe Es dann auch<br />
kommt und auch noch strahlt, dann bin ich einfach glücklich<br />
und denke, ich mache wieder ein Konzert. So freue ich mich<br />
auf die einzelnen Konzerte. Als Dirigent habe ich bisher drei<br />
Konzerte in 2012 fest, alle mit unterschiedlicher Literatur,<br />
die ich lernen muss. Mit der Posaune habe ich momentan 10<br />
geplant, aber ich werde sie nur spielen, solange ich für mein<br />
Niveau garantieren kann. Es gibt im Leben auch noch andere<br />
Aufgaben!<br />
JG: Lieber Armin Rosin, Ihnen alles Gute und vielen Dank<br />
für dieses Gespräch.<br />
(Siehe auch: www.armin-rosin.com)<br />
***********************************************<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 15
Prof. Martin Göß „75“<br />
Prof. Martin Göß feierte 75. Geburtstag<br />
von Norbert Daum<br />
Nachdem Martin Göß am 9. Mai diesen Jahres sein 75.<br />
Lebensjahr vollendet hatte, war es dann am Samstag, den<br />
14. Mai, endlich soweit, dass die große Party, Martins riesiges<br />
Geburtstagsfest, bei strahlendem Sonnenschein steigen<br />
konnte. Alle gönnten ihm das wunderbare Wetter, zumal<br />
Martin das ganze Event strategisch von langer Hand geplant<br />
hatte. Schon vor Monaten waren die mündlichen Einladungen<br />
ausgesprochen worden, ehe im zeitigen Frühjahr die<br />
schriftlichen folgten. Das Ganze fand in Gallmersgarten,<br />
einem kleinen idyllischen Dorf in der Nähe von Bad Windsheim,<br />
statt, wo in Martin Göß´ ländlicher, mittelfränkischen<br />
Heimat sein Geburts- und Wohnhaus steht.<br />
Es waren so um die 200 Gäste geladen, viele Freunde, frühere<br />
Kollegen, ehemalige Schüler und Studenten, eben ganz<br />
viele Leute. Da aber nicht alle gleichzeitig anwesend sein<br />
konnten, die einen kamen später, andere gleich, wieder andere<br />
mussten früher gehen, war es auch bis in den späten<br />
Abend hinein ein ständiges Kommen und Gehen. Martins<br />
Familie, allen voran seine Ehefrau Christine nebst ihrer<br />
Tochter Xenia Vasicek, hatte das Geburtstagsfest großartig<br />
vorbereitet und organisiert. Gegenüber von Martins Wohnhaus<br />
war eine frisch renovierte Scheune eigens zu diesem<br />
Zweck ausgeräumt und liebevoll hergerichtet worden. Wunderschön<br />
gedeckte Tische standen da, Getränke- und Essensstand<br />
und sogar eine Bühne hatten nun dort ihren Platz<br />
gefunden.<br />
Das Geburtstagsfest begann dann offiziell um 11.30 Uhr vormittags<br />
mit einem Matineekonzert der <strong>Posaunen</strong>klasse der<br />
Hochschule für Musik Würzburg. Man hätte da ganze auch<br />
„Martinee“ nennen können, zumal vor allem Stücke auf<br />
dem Programm standen, die sich Martin eigens gewünscht<br />
hatte. Ausführende waren natürlich die Studierenden der<br />
<strong>Posaunen</strong>klasse selbst unter der souveränen Leitung ihres<br />
Professors Andreas Kraft sowie Hannes Hölzl, der österreichische<br />
Soloposaunist der Würzburger Philharmoniker, und<br />
am Klavier Wolfgang Bamberger, der sich als absolut kompetenter<br />
Korrepetitor einbrachte.<br />
Zu Beginn erklang majestätisch die Passacaglia von Allan<br />
Chase für großes <strong>Posaunen</strong>ensemble. Dann folgte Ernst<br />
Sachses Concertino in der F-Dur Bassposaunenversion und<br />
auf Martins ausdrücklichen Wunsch mit allen drei Sätzen.<br />
Überzeugender Solist war Thomas Joha an der<br />
Bassposaune. Im Programm wechselten sich<br />
Ensemble- und Solostücke ständig ab, was die<br />
„Martinee“ zusätzlich bereicherte. Nach dem<br />
mitreißenden Gospel Time für <strong>Posaunen</strong>quartett<br />
von Jeffrey Agrell, das beim Publikum<br />
immer sehr gut ankommt, folgte die Ballade<br />
von Eugéne Bozza mit dem Solisten Michael<br />
Wollkober. Sehr unterhaltend gestalteten sich<br />
dann die „Fünf Szenen aus Mexiko“ des Komponisten<br />
Ernst-Thilo Kalke für <strong>Posaunen</strong>quartett.<br />
Hannes Hölzl konnte anschließend als<br />
Prof. A. Kraft, mit den Studenten aus Würzburg<br />
brillianter Solist glänzen mit dem Csardas von<br />
Vittorio Monti. Dann erklangen als besonderer<br />
Leckerbissen von Richard Wagner Themen aus der Oper<br />
Parsifal in der Bearbeitung von Leon Brown, ausgeführt mit<br />
großem <strong>Posaunen</strong>ensemble, ehe ein Oktett von Ross Patterson<br />
die „Martinee“ offiziell beendete. Aber was heißt schon<br />
offiziell? Jedem war klar, dass nun eine ganz besondere Zugabe<br />
angesagt war! Wie auf ein geheimes Zeichen hin erhoben<br />
sich alle im Saal anwesenden Posaunisten, zumindest<br />
die, die ein Instrument dabei hatten, um sich im Nu auf der<br />
Bühne zu versammeln. Jetzt erklang wohl Martins absolutes<br />
Lieblingsstück. All die Posaunisten spielten unter dem Dirigat<br />
von Martin Göß den Pilgerchor aus der Oper Tannhäuser<br />
von Richard Wagner. Damit hatte die „Martinee“ ihren absolut<br />
würdigen Abschluss gefunden.<br />
Da es nunmehr so auf 13 Uhr zuging, kam es nicht von ungefähr,<br />
dass mittlerweile allen Gästen der Magen knurrte.<br />
Genau zeitlich passend wurde jetzt das Mittagessen serviert.<br />
Zuerst gab es Suppe und reichhaltig Vorspeisen. Dann<br />
konnte man wählen zwischen Schweinsbraten und Rindfleisch<br />
mit Meerrettichsoße, einer besonderen fränkischen<br />
Spezialität, dazu verschiedenste Beilagen vom Buffet. Am<br />
Schluss durfte das Dessert natürlich nicht fehlen. Kurzum,<br />
es schmeckte alles wunderbar, und alle Gäste waren wohl<br />
pappsatt. Nach dem Essen hielt Martins Tochter Gina eine<br />
bewegende Ansprache, bei der noch einmal die wesentlichen<br />
Lebensstationen des Jubilars Revue passierten. Der örtliche<br />
Gartenbauverein hatte mit aller hausfraulichen Hingabe und<br />
Backkunst eigens für Martins Geburtstagsfeier das Kuchenbuffet<br />
organisiert und zubereitet, und so konnte es bald mit<br />
Kaffee und Kuchen weitergehen.<br />
Prof. Martin Göß dirigiert den Chor aus allen anwesenden Posaunisten<br />
16<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Prof. Martin Göß „75“, Konzert Prof. Rosin in Ettlingen<br />
Während des Kaffees formierte sich auf der Bühne eine Blasmusikbesetzung,<br />
darunter an der Posaune und an der Basstrompete<br />
Robert und Herbert Kamleiter sowie Hans Pfeifer<br />
am Saxophon, Freund und Kollege aus Bayreuther Tagen,<br />
um nur einige zu nennen. Für gute Stimmung war also weiterhin<br />
gesorgt. Es folgten noch etliche Einlagen und Reden,<br />
immer wieder neue Gäste kamen dazu, bis gegen 18 Uhr<br />
abermals die Teller klapperten und das Abendessen serviert<br />
wurde. Kurz darauf habe ich mit Frau und Sohn das wunderbare<br />
Fest verlassen, um den Heimweg anzutreten. Aber, wie<br />
ich später aus Erzählungen hörte, haben die Feierlichkeiten<br />
noch lange, bis zum nächsten Morgen angehalten.<br />
V. li.: am Baßflügelhorn: Robert Kamleiter/ 2. Posaunist Staatsoper<br />
München, Posaune; Herbert Kamleiter/ u. a. ehemaliger Lehrbeauftragter<br />
Musikhochschule Würzburg; in der Mitte Prof. Hans Pfeifer/ u.a.<br />
ehemaliger Prof. für Klarinette an der Musikhochschule Mannheim;<br />
ganz rechts an der Trompete: Hermann Göß/ ehem. 2. Trompeter der<br />
Münchner Philharmoniker.; alle Anderen stammen aus dem örtlichen<br />
Blasorchester.<br />
**********************************************<br />
Konzert für Posaune und Orgel<br />
mit Prof. Armin Rosin und Prof. Michael Felix (Orgel)<br />
in Ettlingen bei Karlsruhe am 29. Mai 2011 um 19 Uhr.<br />
Konzertbericht von A. Mössinger<br />
Im Rahmen des 10. Ettlinger Orgelfrühlings gastierte Prof.<br />
Armin Rosin mit dem Organisten Prof. Michael Felix<br />
(HfM Freiburg i. Br.) in der Ettlinger Herz Jesu Kirche.<br />
Die Bedingung eines über fünf sekündigen Nachhalls war<br />
die akustische Gegebenheit in der großen, neoromanischen<br />
Kirche vom Anfang des 20. Jahrhunderts.<br />
Entsprechend ruhig begann das Programm mit einer<br />
Meditation für Alphorn und Orgel von Nimra Korinthos<br />
(*1939). Rosin spielte vorne neben dem Altar ruhige Töne<br />
mit dem Alphorn, und die Orgel, von hinten oben auf der<br />
Empore gespielt, gesellte sich später dazu - Bilder und Klänge<br />
der Bergwelt (voller, schöner Klang, Mehrtönigkeit durch<br />
in den Ton Singen, Triller etc.). Es folgten zwei Fanfaren<br />
der Stadttürmer von Eger (im Egerland) von ca. 1650. Die<br />
erste Fanfare war gedacht für die Taufe eines Mädchens und<br />
die zweite für die Begrüßung eines adligen Gastes in der<br />
Stadt. Diese beiden Stücke entsprachen dem Alphorn sehr<br />
gut, zumal sie orginal für ein Instrument in der Art wie ein<br />
Alphorn gedacht waren, das nur die Töne einer Naturtonreihe<br />
zur Verfügung hatte. Auch hier wurde eine Begleitung durch<br />
die Orgel auf der Empore musiziert, während Herr Rosin<br />
unten direkt vor dem Publikum spielte.<br />
Nach der Aufforderung an die Zuhörer, doch bitte nun in<br />
den Chorraum nach vorne zu kommen, was auch viele<br />
befolgten, wurde es richtig kammermusikalisch. Durch<br />
die kleinere Chororgel begleitet spielte Prof. Armin Rosin<br />
auf der Basstrompete in Es (ein historisches Modell der<br />
Firma Kruspe) Bearbeitungen von Jean Joseph Mouret<br />
(1682-1738) als Petite Suite für Basstrompete und Orgel,<br />
im Klang frech, trompetenhaft und doch durch die Tonlage<br />
wie eine Altposaune, intonatorisch etwas heikel, aber sehr<br />
sicher gemeistert. Selten, dass man dieses Instrument so<br />
herausgelöst, solistisch hören kann.<br />
Nach einem klassischen Orgelstück von Justin Heinrich<br />
Knecht (1752-1817) folgte der musikalische Höhepunkt mit<br />
dem avantgardistischen Stück „Jericho (die fallenden Mauern)“<br />
von Peter Michael Braun (*1936). Mit dem Glissando<br />
das Umbiegen der Mauern dastellend, mit Sforzati vor sehr<br />
lauten Tönen, die das Zerbersten der runterfallenden Steine<br />
dastellten, ging es lautmalerisch durch diese Situation des<br />
Chaos, der Zerstörung; fauchend, schreiend, mit Flatterzunge<br />
waren u.a. die Charaktere und Ausducksmittel ähnlich<br />
moderner Filmmusik. Es folgte als Epilog ein leiser, ruhiger<br />
Teil mit Choralzitaten aber doch dissonant bleibend, der das<br />
Publikum atmosphärisch nach der Läuterung wieder harmonisierte<br />
und quasi nach dem Untergang die noch dampfenden<br />
Rauchwolken sich langsam lichten ließ. Im Schlusston<br />
klang Hoffnung in einem mehrtönigen <strong>Posaunen</strong>ton. Eine<br />
brilliante und sehr gut gelungene Darbietung von beiden<br />
Künstlern.<br />
Was passt besser, als nach dieser schweren Musik dasselbe<br />
Thema als Spiritual aufzunehmen und „Josua fit the battle<br />
of Jericho“ zu spielen? Darin nutzte Rosin auch die Gelegenheit,<br />
die Melodie zeitweise zu singen anstelle zu spielen,<br />
was ihm sehr kräftig gelang. Nach einem Papst-Hymnus von<br />
Liszt für Orgel ging es weiter mit Liszts Bearbeitung von<br />
Rossinis Arie „Cuius Animam“ aus „Stabat Mater“ für Posaune<br />
und Orgel, typisch für Rossini, operhafte Melodik und<br />
klangvoll.<br />
Rheinbergers „Ave Maria“ musizierte Rosin wieder im<br />
Wechsel zwischen Posaune und der von ihm gesungenen<br />
Orginalversion.<br />
Eine Pastorale von Alexandre Guilmant, eine weiche, cantable<br />
Melodie im Dreier-Takt, und das berühmte Morceau<br />
Symphonique Es-Moll op. 88, ebenfalls von Guilmant, beendeten<br />
das Konzert, bevor das Publikum durch den Applaus<br />
noch zwei Zugaben in Form eines Spirtuals und eines<br />
einfachen „Der Mond ist aufgegangen“ erhielt.<br />
Prof. Rosin zeigte sich in bester Spiellaune, und das Publikum<br />
aus etwa 120 Besuchern ließ sich gerne von ihm für<br />
die gespielte Musik interessieren und begeistern. Ein großes<br />
Lob auch an den Organisten Prof. Felix, der hervorragend<br />
und versiert begleitete und dabei ein ebenbürtiger Partner<br />
war.<br />
**********************************************<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 17
Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen Würzburg und Karlsruhe<br />
Workshop der <strong>Posaunen</strong>klassen<br />
der Musikhochschulen<br />
Würzburg und Karlsruhe<br />
von Norbert Daum<br />
Alles begann, als Prof. Werner Schrietter an seinen langjährigen<br />
Freund und Kollegen Prof. Andreas Kraft eine Einladung<br />
für einen gemeinsamen Workshop der Karlsruher<br />
und der Würzburger <strong>Posaunen</strong>klassen im Januar 2004 aussprach.<br />
Während Schrietter über all die Jahre stets den Austausch<br />
mit anderen Hochschulinstituten nicht nur in Deutschland<br />
sondern europaweit gesucht hatte, war es für die Würzburger<br />
<strong>Posaunen</strong>klasse und deren Leiter Prof. Andreas Kraft,<br />
der seit dem Wintersemester 02/03 im Amt ist, wirklich eine<br />
neue Erfahrung.<br />
Als sich damals am Mittwoch, den 14. Januar 2004, der ganze<br />
Würzburger Tross am frühen Morgen ab dem Studentenparkplatz<br />
an der Würzburger Musikhochschule in Richtung<br />
Karlsruhe in Bewegung setzte, ahnte noch niemand, dass es<br />
erst der Anfang sein würde für weitere intensive Kooperationen.<br />
So folgte nach einer Gegeneinladung nach Würzburg<br />
im Februar 2005 erneut ein Besuch der Würzburger <strong>Posaunen</strong>klasse<br />
in Karlsruhe schon im November 2005. Die Zusammenarbeit<br />
war von Anfang an so fruchtbar und harmonisch<br />
verlaufen, dass spätestens jetzt allen Beteiligten klar<br />
war, es würden weitere Workshops folgen.<br />
Inzwischen kam es am Montag, den 9. Mai 2011 zum mittlerweile<br />
sechsten gemeinsamen Workshop, zu dem sich der<br />
Großteil der Studierenden beider Klassen an der Würzburger<br />
Musikhochschule eingefunden hatte. Unter der Leitung<br />
von Prof. Andreas Kraft, Prof. Werner Schrietter und Norbert<br />
Daum wurde wieder ein anspruchsvolles Programm<br />
erarbeitet, das speziell dem Ensemblespiel gewidmet war.<br />
Da ja jetzt jede Menge Posaunisten zur Verfügung standen,<br />
spielten gerade die Stücke für große Besetzung in der Programmgestaltung<br />
eine gewichtige Rolle. Die drei Kollegen<br />
teilten die Stücke in der Folge untereinander auf, indem sie<br />
sich in der Einstudierung und dem Dirigat abwechselten.<br />
So verbrachten beide Klassen drei intensive gemeinsame<br />
Tage im frühlingshaften Würzburg, wobei man nicht nur<br />
fleißig probte und arbeitete, sondern gerade am Abend nach<br />
getaner Arbeit auch entsprechend ausgelassen feierte. Gleich<br />
montags, am ersten Abend, trafen sich alle Beteiligten bei<br />
schönstem Wetter in einem idyllischen Würzburger Biergarten.<br />
Tags darauf, am Dienstag, beschlossen die Leitenden<br />
des Workshops spontan, am Ufer des Mains zu grillen. Die<br />
Vorbereitungen dafür mussten und konnten Gott sei Dank<br />
schnell über die Bühne gehen, und so stand einem wiederum<br />
stimmungsvollen Abend nichts mehr im Wege.<br />
Am Mittwoch schließlich sollte ja dann auch das Abschlusskonzert<br />
über die Bühne gehen. In der direkten Vorbereitung<br />
dafür stand am Vormittag zunächst die Generalprobe auf dem<br />
Plan. Nach einer ausgiebigen Mittagspause trafen sich alle<br />
Beteiligten wieder an der Würzburger Musikhochschule, um<br />
gemeinsam in das etwa 60 Kilometer entfernte Hammelburg<br />
zu fahren. Eben dort an der Bayerischen Musikakademie<br />
fand dann um 19 Uhr das Abschlusskonzert beider <strong>Posaunen</strong>klassen<br />
statt, und zwar unter dem Motto „Von allerley<br />
Blech und Tönen“.<br />
Als erstes Stück erklang eine achtstimmige Toccata des<br />
Renaissancekomponisten Aurelio Bonelli - bearbeitet<br />
von Hans Katt und übrigens in der Reihe „IPV Trombone<br />
Collection“ bei crescendo brass verlegt. Es folgte nach einem<br />
Quartett von Saskia Apon (*1967) und einer Pavane von<br />
Gabriel Fauré das sechsstimmige Agnus Dei aus der Messa da<br />
Requiem von Giuseppe Verdi – ebenfalls in der Reihe „IPV<br />
Trombone Collection“ verlegt. Opulente Höhepunkte waren<br />
dann gewiss, für großes Ensemble das Scherzo Funebre op.<br />
86 von Derek Bourgeois sowie von Richard Wagner Themen<br />
aus der Oper Parsifal in einer Bearbeitung von Leon Brown.<br />
Nach der Passacaglia von Allan Chase folgte als Beitrag<br />
der leichten Muse das weltberühmte „Maria“ von Leonard<br />
Bernstein sowie Latin District von Jerome Naulais, ehe das<br />
Octett von Ross Patterson das Konzert beschloss.<br />
Alle Workshopteilnehmer waren sich im Anschluss einig:<br />
Fortsetzung folgt!! ---------------------------------------<br />
Studenten der beiden Klassen<br />
Studenten der beiden Klassen<br />
V. li.: Prof. W. Schrietter, Prof. A. Kraft, N. Daum<br />
18<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
CD Prof. <strong>Schulz</strong> „Around The World“, Pressemeldung pBone<br />
20<br />
CD-Rezension<br />
„Around the World“<br />
Daniel Schnyder:<br />
Kompositionen und<br />
Saxophon;<br />
Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>:<br />
Bassposaune;<br />
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin;<br />
Dirigenten : Michael Sanderling, Michael Helmrath<br />
Erschienen 2011, bei BIS (BIS-CD-1774)<br />
Von Jakob Guizetti<br />
„Ich habe nur den Wunsch, mein Instrument als<br />
Soloinstrument ins rechte Licht zu rücken.“<br />
(<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>)<br />
Es gibt ein sehr bekanntes deutsches Blechbläser<br />
Ensemble, das seine Konzertprogramme „Around the<br />
World“ nennt. Es wurden in den letzten Jahren viele sehr<br />
gute Einspielungen mit neuen Kompositionen von sehr<br />
guten Bassposaunisten veröffentlicht. Wenn Sie schon<br />
die CD „Berlin Recital“ von <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> kennen und<br />
schätzen, werden Sie jetzt fast in die Irre geleitet. Jetzt<br />
geht es um etwas komplett Anderes!<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> hat seine zweite CD aufgenommen,<br />
nun ist sie auch auf dem Markt erhältlich. Er spielt<br />
ausschließlich Werke des Schweizer Saxophonisten<br />
und Komponisten Daniel Schnyder. Zusammen haben<br />
beide das Programm für die vorliegende CD entwickelt,<br />
ausgesucht und gemeinsam eingespielt. Selten zuvor<br />
hat der Titel einer CD besser zur Musik gepasst wie auf<br />
dieser Aufnahme.<br />
Schon in „The Island“ verlässt <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> alle uns<br />
bekannten Muster. Das Stück ist eine Rumba, und<br />
wird nicht von Gitarre, Bass und Schlagwerk begleitet,<br />
sondern von einem Streichquintett. So entsteht ein<br />
höchst emotionaler Klang, der einen schnell vergessen<br />
lässt, dass das Soloinstrument eine Bassposaune ist.<br />
Und es geht in einem rasanten Zug um die Welt weiter.<br />
„Shourouk“ heißt auf Arabisch „Sonnenaufgang“. Nun<br />
ist es der Titel einer Arabischen Ouvertüre für Orchester,<br />
in die Solpassagen für Saxophon und Bassposaune<br />
eingewebt wurden. Zusätzlich wird dieses Werk von<br />
drei außerordentlich energiegeladenen Musikern<br />
unterstützt: Georg Breinschmid spielt Kontrabass,<br />
Bachar Khalife und Marcio Doctor spielen Percussion.<br />
Zusammen geben sie dieser Ouvertüre eine Energie, die<br />
einen echt an den Sitz fesselt. Da die sich überlagernden<br />
Rhythmen extrem komplex sind, haben die Füße starke<br />
Hemmungen, einfach mitzumachen.<br />
Die beiden weiteren Kernwerke dieser Aufnahmen<br />
sind die „Suite für Bassposaune und Orchester“ und<br />
„subZero“. Beide Stücke werden vom Rundfunk-<br />
Sinfonieorchester Berlin begleitet und sehen unter<br />
der Leitung von Michael Sanderling und Michael<br />
Helmrath. Das Orchester begeistert mich sehr durch<br />
seine rhythmische Präzision und Energie. Diese Musik<br />
verlangt ein hohes physisches Engagement, und das<br />
Orchester lässt sich wirklich nicht bitten, sondern ist<br />
hochwertiger Partner.<br />
In den weiteren Titeln der Aufnahme, „Fuga“, „Around<br />
the World“, „Fughetta in c-moll“, „Giga“ und dem<br />
„Schuhmacher-Marsch“ spielen Daniel Schnyder und<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> kongeniale Duette, komponiert oder<br />
arrangiert von Daniel Schnyder. Als würden beide nichts<br />
anderes tun! Atemberaubend!<br />
Mit dieser Aufnahme ist die Welt der Posaune endgültig<br />
im Hier und Jetzt angekommen. Und vielleicht ist es<br />
auch schon ein deutlicher Fingerzeig in die Zukunft.<br />
Absolut hörenswert!<br />
*****************************************<br />
Pressemeldung der Firma GEWA Music GmbH:<br />
pBone -<br />
Eine Posaune erobert die Welt im Sturm<br />
„Der Klang“... das war die Antwort von Jiggs Whigham auf<br />
die Frage nach einer der wichtigsten Eigenschaften einer<br />
Posaune.<br />
Und selbst hier, wurde Jiggs nicht enttäuscht, als er zum<br />
ersten Mal die „pBone“ spielte. Zugegebenerweise, ein<br />
wenig skeptisch war er schon.<br />
Eine Posaune aus ABS-Kunststoff und Fiberglas?<br />
Funktioniert das wirklich? JA!<br />
Die pBone ist alles andere als ein Spielzeug. Sie bedient, was<br />
man von einem vollwertigen Instrument erwarten kann. Mit<br />
einem Gewicht von nur 800 Gramm ist sie zudem federleicht<br />
und wesentlich unempfindlicher gegen Beschädigungen. Sie<br />
hat eine Bohrung von 12,7 mm und ist in den Farben Blau,<br />
Rot, Gelb und Grün lieferbar.<br />
Womit überzeugt sie noch? Definitiv: „Im Klang“!<br />
Kontakt:<br />
GEWA Music GmbH<br />
Oelsnitzerstrasse 58, 08626 Adorf<br />
Tel.: 037423/778-0, Fax: 037423/778-9101<br />
E-mail: info@gewamusic.com,<br />
Internet: www.gewamusic.com, www.jiggspbone.com<br />
*****************************************<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Ankündigung:<br />
2. Lätzsch Trombone Festival 2011<br />
In enger Zusammenarbeit der Firma Lätzsch Brass, Bremen,<br />
des ArtEZ Conservatory, Enschede, The Netherlands<br />
Symphony Orchestra, Stormworks Europe und der Landes<br />
Musikakademie Nordrhein Westfalen, Heek (Deutschland),<br />
findet die 2. Ausgabe des Lätzsch Trombone Festival vom<br />
7. bis einschließlich 11. Dezember 2011 in der Landes<br />
Musikakademie Nordrhein Westfalen Heek statt.<br />
Dieses Festival zielt speziell auf fortgeschrittene Tenorund<br />
Bassposaunisten, die ihre Vorbereitung auf Probespiele<br />
weiterbringen und verbessern möchten.<br />
Während des Kursus werden die Teilnehmer in den fähigen<br />
Händen von sehr guten, professionellen Posaunisten sein,<br />
die sie in den notwendigen Anforderungen trainieren werden,<br />
die man braucht, um ein Probespiel zu gewinnen.<br />
Mit anderen Worten: Das ganze Festival zielt auf ein Probespiel.<br />
Erster Preis ist eine neue Lätzsch-Posaune und der<br />
zweite Preis ist ein Konzertprojekt bei The Netherlands<br />
Symphony Orchestra (mit Unterricht und Coaching der <strong>Posaunen</strong>gruppe).<br />
Festival Manager ist Ben Cruiming.<br />
Die Lehrer 2011 sind: Zoltan Kiss, Csaba Wagner, Jiggs<br />
Whigham, Dirk Ellerkamp, Peter van Klink, Monica Luijendijk,<br />
Thomas Trachsel.<br />
Es gibt Platz für 20 Tenorposauisten und 20 Bassposaunisten.<br />
Das Festival mündet in ein Abendkonzert am Samstag,<br />
den 10.12.2011, ‚Night Of The Brass‘, zusammen mit The<br />
Netherlands Symphony Orchestra und allen 40 Festivalteilnehmern,<br />
Thomas Trachsel (Dirigent), The Millennium Big<br />
Band, Jiggs Whigham (Conductor), Chris Houlding (Solist),<br />
Zoltan Kiss (Solist), Jiggs Whigham (Solist).<br />
Alle weiteren Informationen über das Festival betreffend<br />
das Repertoire, die Teilnahmegebühren, die Dozenten, die<br />
Möglichkeiten für aktive oder passive Teilnahme, etc. können<br />
auf der Website des Festivals oder bei Lätzsch Brass<br />
gefunden werden.<br />
Siehe www.laetzsch-brass.de/festival/hold.html<br />
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Lätzsch Trombone Festival, Firmenjubiläum Tilz „40“<br />
Firmenjubiläum bei<br />
Mundstückbau Bruno Tilz<br />
Das Unternehmen Mundstückbau Bruno Tilz feiert dieses<br />
Jahr sein 40 jähriges Betriebsjubiläum.<br />
Im Jahre 1971 gründete Bruno Tilz, damals bereits in- und<br />
ausländischen Musikern als Mundstückspezialist bestens<br />
bekannt, seine Firma, nachdem er vorher über 20 Jahre bei<br />
der Firma Mundstückbau Hablowetz seine Erfahrungen gesammelt<br />
hatte.<br />
Am Anfang wurde alles noch per Hand produziert, bis heute<br />
werden jedoch keine CNC-Maschinen verwendet.<br />
Am 1.1.1995 hat Bruno Tilz die Firmenleitung seiner Tochter<br />
Sonja Denny übertragen. Diese hat zusammen mit ihrem<br />
Mann Bruno Denny bis zu seinem leider viel zu frühen Tod<br />
im Jahr 2005 das Unternehmen geleitet. Unterstützt wurde<br />
Sonja Denny dann von ihrem Vater und ihren inzwischen<br />
ebenfalls eingetretenen Töchtern Alexandra und Yvonne.<br />
Bruno Tilz ist bis heute beratend mit in der Firma tätig und<br />
überträgt sein Wissen an seine Enkelin Yvonne, die in die<br />
Fußstapfen Ihres Großvaters und verstorbenen Vaters treten<br />
will.<br />
Das Unternehmen produziert hauptsächlich Mundstücke<br />
für sämtliche Blechblasinstrumente. Es gibt ein sehr großes<br />
Sortiment mit ca. 1.600 Sorten an Serien-Mundstücken. Es<br />
wird aber auch nach individuellem Kundenwunsch gefertigt.<br />
Momentan hat die Firma 8 Mitarbeiter, Lehrlinge keine, da<br />
der Mundstückbau nie als Lehrberuf anerkannt wurde.<br />
Sie beliefern den Fachhandel im Inland, Schwerpunkt ist<br />
aber inzwischen der Export mit Japan und Südkorea. Es<br />
kommen Berufsmusiker, Hobbymusiker und auch Professoren<br />
ins Haus, um Mundstücke zu testen und zu kaufen.<br />
Um nur einige zu nennen, die unsere Mundstücke spielen:<br />
Til Brönner, Prof. Malte Burba, Bigband der Bundeswehr,<br />
und viele andere. Die Kontakte mit anspruchsvollen Musikern<br />
wurden im Laufe der Jahre immer mehr erweitert und<br />
vertieft. Die Vorstellungen vom modernen Mundstückbau<br />
wurden noch besser und individueller auf die speziellen<br />
Wünsche der Musiker abgestimmt.<br />
Das Ziel ist und bleibt zufriedene Kunden durch gute Beratung<br />
und eine stetige Weiterentwicklung der Mundstücke!<br />
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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 21
Die Firma Kruspe in Erfurt<br />
22<br />
Die Firma Kruspe in Erfurt<br />
Neue Wege im <strong>Posaunen</strong>bau<br />
von Thomas Remmert<br />
Die Geschichte der Firma Kruspe reiht sich ein in die einzigartige<br />
Entwicklung des mitteldeutschen <strong>Posaunen</strong>baus seit der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts. ...<br />
Bemerkenswert ist, dass es zwei Kruspe-Linien gibt – familiär<br />
verwandt, beruflich aber unterschiedlichem Material zugewandt:<br />
Holz- und Metallblasinstrumentenmacher. ...<br />
Als „Urvater“ der Instrumentenmacherlinie gilt Franz C a r l<br />
(Karl) Kruspe (1808–1885). Er, eigentlich Holzblasinstrumentenmacher,<br />
übernahm nach Darstellungen der heutigen Firma<br />
Ed. Kruspe 1 (Inhaber: Peter Heldmann) im Jahre 1833 (Website)<br />
bzw. 1834 (Produkt-Katalog, 1990er Jahre) die Werkstatt seines<br />
„Lehrherrn und Meisters, Instrumentenmacher Karl Zielsdorf“. 2<br />
In den Verzeichnissen von Langwill und Dullat 3 findet sich dies<br />
so aber nicht bestätigt. Dullat, der auch die Stadt- und Kirchenarchive<br />
von Erfurt und Leipzig auswertete, erwähnt immerhin die<br />
Übersiedlung Carl Kruspes von Mühlhausen in die Erfurter Predigergasse<br />
13/14 im Jahre 1834, was zumindest zeitlich für die<br />
Annahme spricht, dass seit dieser Zeit in Erfurt Metallblasinstrumente<br />
unter dem Namen Kruspe hergestellt wurden – sofern Carl<br />
Kruspe dieses Handwerk auch beherrschte. Gegen die Übernahme<br />
der Zielsdorfschen Werkstatt 1834 sprechen aber dessen Lebensdaten.<br />
Laut Bürgerbuch der Stadt Erfurt wird er, „Zielsdorff, Carl<br />
Christian, ev., Instrumentenmacher, geb. 27.09.1798 in Wittenberg;<br />
[am] 25.04. [1828]“ 4 als Bürger Erfurts aufgenommen. D.h.,<br />
Zielsdorf wäre zum Zeitpunkt der Werkstattaufgabe 35 oder 36<br />
Jahre alt gewesen, und erst seit fünf bzw. sechs Jahren in Erfurt<br />
etabliert. Wahrscheinlicher also scheinen Dullats Recherchen, wonach<br />
Zielsdorf 1828 aus Wittenberg nach Erfurt kommend sich in<br />
seinem eigenen Haus in der Paulstraße 2472 als Metallblasinstrumentenmacher<br />
niederließ. Erst nach seinem Tode 1864 überging<br />
die Werkstatt an die Kruspes, und zwar an Carls Sohn Eduard. 5 Im<br />
Metallblasinstrumentenkatalog der Firma Kruspe aus den 1930er<br />
Jahren findet sich allerdings der Eintrag „GEGRÜNDET 1834“.<br />
Kruspe musste also schon vor der Übernahme des Zielsdorfschen<br />
Unternehmens ein eigenes Gewerbe betrieben haben. Möglicherweise<br />
ist damit eben die oben beschriebene Holzblasinstrumentenwerkstatt<br />
Franz C a r l Kruspes gemeint.<br />
Das Dunkel in der Vorgeschichte der Kruspe-<strong>Posaunen</strong>herstellung<br />
kann hier nicht letztgültig erhellt werden, vor allem auch, weil<br />
sämtliche Firmenunterlagen und Korrespondenzen verschollen<br />
sind! Mögen künftige Recherchen zur Klärung beitragen.<br />
Immerhin sind mit Carls Sohn Johann E d u a r d Kruspe (1831–<br />
1919) Name und Lebensdaten benannt, die die eigentliche Relevanz<br />
für die hier interessierende Firmenhistorie besitzen. Nach<br />
Dullat war er es auch, der bei Zielsdorf lernte, dessen Werkstatt<br />
1864 (evtl. auch schon früher) übernahm „und damit die Linie der<br />
‚Blech-Kruspe‘ begründet“. 6<br />
Seit 1864 jedenfalls firmiert Johann E d u a r d unter der Bezeich-<br />
1: Vgl. www.edkruspe.de (Stand 20.07.2010)<br />
2: Ebda., gemeint ist Carl (Karl) Christian Zielsdorf (1798–1864).<br />
3: Dullat 2010, S. 515.<br />
4: Martin Bauer: Bürgerbuch der Stadt Erfurt 1761–1833, (=<br />
Schriftenreihe der Stiftung Stoye, Bd. 38), Marburg an der Lahn 2003,<br />
S. 302.<br />
5: Dullat 2010, S. 515.<br />
6: Dullat 2010 S. 273.<br />
nung „Ed. Kruspe“, welche<br />
sich bis heute erhalten hat.<br />
Frühe Produkt-Kataloge<br />
seiner Werkstatt sind nicht<br />
überliefert. Es ist aber davon<br />
auszugehen, dass das komplette<br />
Sortiment (Trompeten,<br />
Hörner, <strong>Posaunen</strong> etc.) hergestellt<br />
wurde, worauf auch<br />
erhaltene Instrumente aus<br />
dieser Zeit deuten. 7 Die Architektur<br />
der <strong>Posaunen</strong> folgt<br />
hier vollständig dem inzwischen<br />
längst etablierten Entwurf<br />
der großen „Leipziger“<br />
Posaune durch Sattler/Penzel<br />
(von Mensurabstufungen abgesehen).<br />
Johann Eduard Kruspe (1831–1919),<br />
Foto: Firmenkatalog<br />
In diese Zeit, um ca. 1880, fällt die Ernennung Eduard Kruspes<br />
zum „Hoflieferanten Seiner Majestät des Herzogs von Sachsen-<br />
Meiningen“ 8 (Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen, 1826–<br />
1914), worauf die Signaturen der Instrumente verweisen.<br />
Eduard Kruspe leitete die Firma aktiv bis 1893, zog sich dann aus<br />
dem Tagesgeschäft zurück und übergab die Werkstatt seinem Sohn<br />
Fritz (1862–1909). Berühmtheit erlangte die Firma in diesen Jahren<br />
vor allem durch Neuerungen und Verbesserungen im Waldhornbau<br />
(u.a. erstes brauchbares Doppelhorn mit zweistöckigen<br />
Ventilen 1897 und Modell „Horner“ in Zusammenarbeit mit Anton<br />
Horner, Hornist im Philadelphia Orchestra 1904). 9<br />
Neben der Werkstatt in Erfurt gab es Kruspe-Vertretungen in<br />
Leipzig, Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Hannover,<br />
Meiningen und sogar in Helsinki und Chicago. 10 Der Kontakt in<br />
die USA ist nach Dullat durch den Hornisten Anton Horner aufrechterhalten<br />
worden, der noch bis zum Beginn des II. Weltkriegs<br />
den Vertrieb der Kruspe-Hörner organisierte (ob auch Kruspe-<strong>Posaunen</strong><br />
im Ausland eine Rolle spielten, ist nicht bekannt, jedoch<br />
eher unwahrscheinlich). Belegt ist zudem die Leipziger Filiale, die<br />
Carl (Karl) Kruspe jun. (1865–1929) betrieb. Er war Holzblasinstrumentenmacher<br />
und Neffe von Johann E d u a r d , bzw. Cousin<br />
von Fritz Kruspe. Niedergelassen in Leipzig war er ab 1892. Dullat<br />
notiert: „angemeldet war eine Werkstatt mit Vertriebsgeschäft,<br />
in dem (spätestens seit 1894) beide Erfurter Kruspe-Werkstätten<br />
vertreten waren“. 11 Die dort angebotenen <strong>Posaunen</strong> wurden signiert<br />
mit „Ed. Kruspe Herzgl. S. M. Hoflieferant Erfurt. Filiale C.<br />
Kruspe, Leipzig.“<br />
Nach dem Tode von Fritz Kruspe 1909 übernimmt dessen Witwe<br />
Auguste die Geschäftsleitung. Spätestens jetzt (wahrscheinlich<br />
aber bereits seit Eduard) ist die Werkstatt in der Daberstedter Str. 9<br />
in Erfurt 12 zu finden: „Inh. Witwe Auguste Kruspe. Daberstaedter<br />
7: Vgl. u.a. die Sammlung Historischer Musikinstrumente der<br />
Universität Edinburgh: www.music.ed.ac.uk/euchmi/ucj/ucjth10.html<br />
(Stand 20.07.2010) und die Kruspe-<strong>Posaunen</strong> im Katalogteil dieses<br />
Bandes.<br />
8: Vgl. Dullat 2010 S. 275.<br />
9: Vgl. ebd., S. 273.<br />
10: Vgl. Katalog der Firma Ed. Kruspe, 1990er Jahre.<br />
11: Dullat 2010, S. 274.<br />
12: Heute Schillerstraße. Der Straßenteil zwischen Schmidtstedter<br />
Knoten und Kaffeetrichter hieß 1886–1951 Daberstedter Straße,<br />
vgl. Walter Blaha u.a.: Erfurter Straßennamen in ihrer historischen<br />
Entwicklung, Erfurt 1992, und Internetseite: http://de.wikipedia.org/wiki/<br />
Erfurter_Stadtring.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
[sic!] Str. 9 ‘Hofmessingblas-Instrumentenfabrik und Handlung<br />
mit Schlaginstr., auch Verfertiger der Metallblasinstr.-Sourdine<br />
aus Papiermaché. Gegr. 1833“. 13 1920 überträgt Auguste Kruspe<br />
die Firmenleitung an ihren Schwager, den Hornisten und Professor<br />
Georg Wendler (Schwiegersohn Johann E d u a r d s , der neben<br />
Sohn Fritz offensichtlich noch eine Tochter hatte, über die<br />
heute nichts mehr bekannt ist). Wendler stammte aus Gassengrün<br />
(Gossengrün, heute: Krajková) in Böhmen, war 20 Jahre lang im<br />
Boston-Sinfonie-Orchester 1. Hornist und unterrichtete 16 Jahre<br />
lang als Professor für Horn am New England Konservatorium in<br />
Boston, Massachusetts, USA, bevor er nach Europa zurückkehrte.<br />
Er, der Musiker, leitete die Firma im Hinblick auf künstlerische<br />
und vor allem geschäftliche Angelegenheiten und machte sich<br />
auch verdient um die Weiterentwicklung des Waldhorns (Doppelhorn-Modell<br />
„System Wendler“ mit neuartigem Drehventil).<br />
Um die technische Umsetzung und handwerklichen Belange aber<br />
kümmerten sich zwei Instrumentenmachermeister: Ein gewisser<br />
Kleinschmidt 14 und Rudi Schneider. Schneider kam 1936 in den<br />
Betrieb und übernahm 1956 die Leitung der Firma Ed. Kruspe –<br />
und mit ihm erstmals seit mehr als 100 Jahren kein Mitglied der<br />
Familie Kruspe. Dass Schneider sein Handwerk noch bei Fritz<br />
Kruspe erlernt hat, wie gelegentlich zu lesen ist, 15 dürfte auf Grund<br />
der Lebensdaten beider als unwahrscheinlich gelten. Auf Schneider<br />
folgt 1979 Meister Peter Heldmann. Unter seiner Leitung wurde<br />
1996 der Umzug der Firma aus Erfurt nach Wutha-Farnroda<br />
realisiert. Diese Werkstatt existiert unter der Bezeichnung „Ed.<br />
Kruspe – Kunstwerkstätten feinster Metall-Blasinstrumente. Inh.<br />
Peter Heldmann“ bis heute.<br />
Die Instrumente<br />
Wenngleich der Name Kruspe Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
im Bereich der Metallblasinstrumente in erster Linie mit<br />
dem Waldhorn verbunden scheint, darf dies nicht über die Bedeutung<br />
der <strong>Posaunen</strong>fertigung hinweg täuschen. Anders aber als<br />
beim Horn, das nach Erfindung der Ventile aufgrund seiner komplizierteren<br />
Bauart für Neuerungen und Verbesserungen lange Zeit<br />
prädestiniert blieb, waren die wichtigsten Änderungen bei der Posaune<br />
bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts vollzogen worden.<br />
So bietet Kruspe im späten 19. Jahrhundert alle gebräuchlichen<br />
Metallblasinstrumente an (Trompeten, <strong>Posaunen</strong>, Hörner, Instrumente<br />
der Bügelhörnerfamilie [Flügelhorn bis Tuba] sowie<br />
Wagnertuben). Nach den Waldhörnern aber stellen die <strong>Posaunen</strong><br />
die zweitwichtigste Produktlinie dar. Wurden nach Aussagen des<br />
heutigen Werkstattinhabers Peter Heldmann in den Anfangsjahren<br />
lediglich zwei <strong>Posaunen</strong>modelle offeriert (eine engere sowie eine<br />
weitere, aus der später das B/F-Modell Virtuosa mit konischem<br />
Zug entwickelt wurde), wuchs das Sortiment bald auf die komplette<br />
Instrumentenfamilie von Alt- bis Bassposaune (in F). Spätestens<br />
um die Jahrhundertwende kam dann auch eine Kontrabassposaune<br />
hinzu. Um die 1930er Jahre war das Angebot laut <strong>Posaunen</strong>katalog<br />
auf nunmehr mindestens neun verschiedene Instrumente angewachsen.<br />
16 Alt- und Bassposaunen sind verschiedentlich nicht<br />
gelistet, waren aber ständiger Bestandteil des Programms.<br />
Das zentrale Instrument ist dabei die Tenorposaune Modell Penzel,<br />
13: de Wit 1912: Weltadressbuch, zitiert nach Dullat 2010, S. 274.<br />
14: Keine detaillierten Angaben bekannt.<br />
15: Vgl. www.edkruspe.de (Stand: 20.07.2010).<br />
16: Vgl. auch im Internet: http://www002.upp.so-net.ne.jp/posaune/<br />
deutsch/kruspek.html (Stand 20.07.2010).<br />
Die Firma Kruspe in Erfurt<br />
eine direkte Referenz an das berühmte Leipziger Vorbild, 17 erhältlich<br />
als Tenor- (B) und Quartposaune (B/F). Dieses Modell diente<br />
im Prinzip als Basis für alle weiteren Kruspe-Tenor- und Tenor-/<br />
Bassposaunen (mit Ausnahme der Jazzposaune „Kruspe-Amerika-<br />
Jazz-Modell“ und der Ventilposaune).<br />
Gemäß der Sattlerschen Intention, den Rohrverlauf des Instruments<br />
– abgesehen vom Zug – in seiner leicht konischen Steigung<br />
nicht zu unterbrechen, kommen die <strong>Posaunen</strong> bei Kruspe bis Mitte<br />
des 20. Jahrhunderts ohne Stimmzug aus.<br />
Gefertigt wurden sämtliche Instrumentenbestandteile in Eigenarbeit,<br />
zunächst sogar die Ventile. Im Zuge der Spezialisierung einzelner<br />
Firmen auf solche Präzisionsteile ließ man – aus wirtschaftlichen<br />
Gründen, v.a. aber aufgrund der schlechteren Qualität der<br />
eigenen Ventile – davon ab und bestellte hochwertigere Teile bei<br />
Spezialfirmen.<br />
Die Züge jedoch wurden bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
in Handarbeit selbst gebaut: Zuschneiden, Rollen, Löten,<br />
Säubern, Schleifen, Kalibrieren, Richten. Anschließend mussten<br />
Innen- und Außenzug aufeinander abgestimmt („eingeschliffen“)<br />
werden. Kruspes Bestreben hierbei war es, die Züge so dicht wie<br />
möglich zu machen. Der Klang sollte nicht durch eventuelles Entweichen<br />
von Luft beeinträchtigt werden. Unterstützt wurde das<br />
durch kleine „Schuhdurchmesser“, das heißt, der Durchmesser<br />
vom Innenzug war kaum geringer als der des Führungsschuhs<br />
an dessen Ende. Dass die Züge dabei mitunter kontraproduktiv<br />
schwer gingen, störte kaum – auch wenn gelegentlich Posaunisten<br />
wiederkamen und darum baten, ihren Zug noch einmal „einschleifen“<br />
zu lassen. 18 Der Wunsch nach Bequemlichkeit hatte sich der<br />
Klangphilosophie unterzuordnen. 19<br />
Als dafür maßgeblich galt natürlich auch das verwendete Material.<br />
Kruspe nutzte im wesentlichen Goldmessing, aber auch „nur“<br />
Messing, über das der heutige Werkstattinhaber Peter Heldmann<br />
aus eigener Anschauung jedoch berichtet, dies sei nicht die heute<br />
als „reines“ oder Gelb-Messing verwendete Legierung gewesen.<br />
Sie habe nicht den typisch hellen Messingglanz gehabt, er ging<br />
vielmehr durch eine möglicherweise etwas höhere Kupfer-Beimischung<br />
leicht ins Rötliche. Metallurgische Untersuchungen an historischen<br />
Metallblasinstrumenten im Auftrag der Bremer Blechblasinstrumentenbauer<br />
Thein weisen darauf hin, dass die früheren<br />
Legierungen reichhaltiger und feiner abgestuft waren als die heute<br />
üblichen. 20 Die überlieferten Kruspe-Instrumente lassen prinzipiell<br />
aber eine hinreichend deutliche Materialunterscheidung in Messing<br />
und Goldmessing zu.<br />
Bezogen wurde das Blech zunächst aus Böhmen, später (vermut-<br />
17: Von Sattler und Penzel, vgl. hierzu den Artikel von M. Majewski im<br />
Katalog zur Sonderausstellung in Leipzig (genaue Angabe siehe unten).<br />
18: Dem Autor mündlich überliefert durch Peter Heldmann.<br />
19: Bei gleicher Gelegenheit schildert Heldmann seine Probleme<br />
mit heute verwendeten hart-verchromten Innenzügen im Hinblick auf<br />
Intonation und Klang: Aufgrund ihrer extremen Dünnwandigkeit sind<br />
die Innendurchmesser moderner Züge bei gleichem Außendurch-messer<br />
größer, mit dem Ergebnis, dass bspw. eine heute gebaute Posaune Modell<br />
„Prof. Weschke“ u.a. nicht den gleichen Klang erzeugt wie eine frühere<br />
„originale“.<br />
20: Die Geschichte des Thein-Kruspe Style-Metalls, im Internet: http://<br />
www.bassposaunen.de/Technik/Metall/Geschichte_Thein-Kruspe.pdf<br />
(Stand 20.07.2010).<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 23
Die Firma Kruspe in Erfurt<br />
lich ab Mitte der 1920er Jahre bis zum II. Weltkrieg) aus Ulm. 21<br />
Bei der Auswahl des bestellten Materials galt größte Sorgfaltspflicht,<br />
Qualität hatte oberste Priorität. Aufgrund der damals noch<br />
nicht zur Verfügung stehenden Analysemethoden in der Materialprüfung<br />
(Spektralanalyse u.ä.) galt auf dem Weg zum gewünschten<br />
Blech das Prinzip „Versuch und Irrtum“, bis man das für die<br />
entsprechenden Instrumente perfekte Metall gefunden hatte. Dass<br />
die Firma Kruspe auch in dieser Hinsicht offensichtlich eine<br />
glückliche Hand walten ließ, verdeutlicht nicht nur der Erfolg ihrer<br />
Instrumente, sondern auch die Tatsache, dass dem Geheimnis<br />
des „Kruspe-Metalls“ in jüngerer Zeit mit den nun zur Verfügung<br />
stehenden Analysemethoden nachgegangen worden ist. So schreiben<br />
die Instrumentenmacher Thein nach Auswertung der Untersuchungen:<br />
„Das Metall, das auch der berühmte und beste <strong>Posaunen</strong>bauer des<br />
20. Jahrhunderts, Eduard Kruspe in Erfurt, vielfach verwendete<br />
(in Musikerkreisen ‚Kruspe-Metall‘ genannt) ist heute in dieser<br />
Qualität nicht mehr käuflich. Dieses Legierungs-Rezept, das zum<br />
Beispiel kleine Anteile von Silber enthält, kann ganz dünn ausgewalzt<br />
und dann zu Schallbechern ausgehämmert werden“. 22<br />
Tatsächlich existierte das „Kruspe-Prinzip“: Je leichter (dünnwandiger)<br />
das Material, um so besser das Instrument“ 23 (nachprüfbar<br />
ist dies durch leichte Verformbarkeit des Bechers mit der Hand<br />
– was freilich keine Dellen erzeugen darf). Dieser Qualitätsanspruch<br />
„hart, dünn und dadurch leicht“ galt aber als grundlegende<br />
Firmenphilosophie; bewusst provozierte Abweichungen im Sinne<br />
preisgünstigerer, unsignierter Amateur- oder Vertriebsinstrumente<br />
gab es nicht, sie konnte es schon aufgrund der geringen<br />
Fertigungskapazitäten nicht geben. Kruspe verstand sich immer<br />
und in erster Linie als Hersteller professioneller Instrumente auf<br />
Einzelbestellungen, wenngleich gelegentlich auch ganze Sätze<br />
(beispielsweise für Orchester in Weimar, Erfurt, Bonn, Frankfurt/<br />
Main) geordert wurden.<br />
Die Ausstattung der <strong>Posaunen</strong> folgte dem damals im (mittel-)<br />
deutschen Raum üblichen Standard: Die <strong>Posaunen</strong> hatten einen<br />
Schallkranz (mit Ausnahme der Jazzposaune) mit Kronen- oder<br />
Palmettenring, selbstgefertigte Schlangen an Zug- und Hauptbogen,<br />
die sich in zwei Hauptformen – die frühere gekreuzte und die<br />
heutige flachere (ab ca. 1920) unterscheiden lassen, und sie waren<br />
dekoriert mit Einstichen (Rillen) an den Rohrmuffen.<br />
Zudem gab es Wasserklappen, von denen der so genannte Siphon<br />
(später hauptsächlich durch das Modell „Prof Weschke“ popularisiert)<br />
eine Erfindung Kruspes um 1900 war. Offensichtlich war<br />
dieser Siphon bei den Posaunisten aber nicht sehr beliebt: Beim<br />
Spiel im Stehen ließ er sich nur umständlich aktivieren, und bei<br />
aufgestellter Posaune in längeren Pausen trocknete der Zug aus, so<br />
dass er hernach (eingedenk der noch nicht ausgereiften „Schmiertechnik“)<br />
schwergängig war.<br />
Eine genaue Chronologie der Signaturen lässt sich aufgrund fehlender<br />
Quellen schlecht erstellen. Peter Heldmann erinnert sich<br />
an die frühe, noch gestempelte, Signatur als „Kruspe Erfurt“. Ab<br />
wahrscheinlich 1864 ist sie graviert als „Ed. Kruspe. Erfurt“, zu<br />
der später „Hoflieferant Erfurt“, „Königl. Hoflieferant S.M. Erfurt“<br />
bzw. „Herzögl. Hoflieferant S.M.“ in Eichenlaub gefügt wird.<br />
21: Heldmann spricht vom „großen Feinblechwalzwerk in Ulm“.<br />
Bestelllisten u.a. Unterlagen sind verschollen. In Frage kommen mit<br />
größter Wahrscheinlichkeit die Wielandwerke in Ulm, vgl. im Internet:<br />
http://www.wieland.de/internet/de/firmeninfo/geschichte/wieland_<br />
geschichte.jsp (Stand 20.07.2010).<br />
22: Vgl. im Internet: http://www.bassposaunen.de/Technik/Metall/<br />
Geschichte_Thein-Kruspe.pdf (Stand 20.07.2010))<br />
23: Mündlich überliefert durch Peter Heldmann.<br />
24<br />
Nach 1918 fallen diese Zusätze weg. 24 In den 1920er Jahren wird<br />
dann der Horn tragende Adler eingeführt (gelegentlich mit der Bezeichnung:<br />
„Schutzmarke“), der sich bis heute erhalten hat. Bemerkenswert<br />
ist, dass die Ausführungen der Gravur – wie weiter<br />
oben beschrieben auch die Fertigung nahezu sämtlicher Bauteile<br />
– in der eigenen Werkstatt geschah: vorgezeichnet und handgestichelt.<br />
Man beschäftigte also keinen externen Graveur!<br />
Die Tenorposaune Modell „Prof. Weschke“<br />
Mit der Entwicklung einer Tenorposaune<br />
in Zusammenarbeit<br />
mit dem Berliner <strong>Posaunen</strong>virtuosen<br />
und -pädagogen Professor<br />
Paul Weschke (1867–1940)<br />
konnte die Firma Kruspe ihren<br />
Ruf als wegweisende <strong>Posaunen</strong>-Meisterwerkstätte<br />
weiter<br />
ausbauen – nun sogar mit einem<br />
ganz eigenständigen Instrument.<br />
Folgten bis dahin die<br />
deutschen Tenorposaunen der<br />
Sattler/Penzel-Architektur, die<br />
dem Bedürfnis der Musikwelt<br />
Wasserklappe, Ausführung als<br />
Siphon; Foto: privat<br />
in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach weichen, dunklen<br />
oder auch „großen“ Klangfarben des <strong>Posaunen</strong>satzes nachkam,<br />
sollte mit dem Modell „Weschke“ ein Kontrapunkt gesetzt werden,<br />
ohne jedoch die eingeschlagene Richtung zu verlassen.<br />
Es ist anzunehmen, dass die damaligen herausragenden <strong>Posaunen</strong>-<br />
Solisten wie Alschausky u.a. ohnehin eher engere Rohrdurchmesser<br />
favorisierten, um als Solisten klanglich durchsetzungsfähig zu<br />
sein. Das verfügbare Instrumentarium schien Paul Weschke aber<br />
nicht ganz zufrieden zu stellen. Die <strong>Posaunen</strong> erfüllten die gestellten<br />
Ansprüche im Orchester, waren aber für einen außerordentlichen<br />
Solisten wie ihn, der auch das obere Register der Posaune mühelos<br />
beherrschte, genau dort zu schwergängig und aufgrund ihrer<br />
weiten Mensur klanglich nicht präzise genug. Das Kruspe-Modell<br />
„Penzel“ (speziell als Instrument für Militärkapellen empfohlen)<br />
verfügte nach Angaben von Peter Heldmann immerhin über eine<br />
zylindrische Bohrung, 25 war sonst aber noch zu weit mensuriert.<br />
Hier sah er Verbesserungsbedarf. Wann und durch wen genau der<br />
Kontakt mit der Firma Kruspe zustande kam, lässt sich nicht mehr<br />
feststellen. Es ist aber davon auszugehen, dass um 1920 die Entwicklung<br />
des Instruments begann. Hauptaugenmerk lag also auf<br />
einer Verkleinerung der Mensur, die Rohrweite betreffend, unter<br />
Beibehaltung eines großen Schallbechers. Als Idealergebnis stand<br />
am Ende eine zylindrische Bohrung mit 11,5–11,6 mm Zugrohr-<br />
Innendurchmesser und ein Schallbecher mit breitem Neusilberkranz<br />
von 22,5 cm Durchmesser fest.<br />
Erhaltene Instrumente weisen bisweilen kleine Abweichungen<br />
auf. So finden sich Instrumente mit fast 12 mm Rohrdurchmesser,<br />
wobei die Differenzen ganz sicher unvermeidbare Fertigungsabweichungen<br />
darstellen (Herstellung der Züge in Handarbeit). Im<br />
Vergleich zu den sonst üblichen Mensuren von 13–14 mm Rohrdurchmesser<br />
und Schallbechern um 23 cm und größer ist die Verkleinerung<br />
in hohem Maße signifikant. So ließen sich die Vorteile<br />
24: Bernhard III. Friedrich Wilhelm Albrecht Georg (1851–1928) war<br />
als ältester Sohn von Herzog Georg II. nach dessen Tod 1914 letzter<br />
regierender Herzog von Sachsen-Meiningen (bis 1918).<br />
25: Abweichend davon wird das Modell Penzel an anderer Stelle auch<br />
mit Doppelbohrung, also konisch, beschrieben, vgl. im Internet: http://<br />
tromboneforum.org/index.php?topic=3171.0 (Stand 20.07.2010).<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Die Firma Kruspe in Erfurt<br />
kapelle Berlin und ständiges Mitglied des Festspielorchesters<br />
Bayreuth war, lobend den hellen und durchdringenden Klang der<br />
deutschen Posaune hervor. Damals hatte die Berliner Staatsoper<br />
zusammen mit der Kroll-Oper zeitweise bis zu 12 Posaunisten,<br />
von denen die ersten und zweiten alle das ‚Weschke‘-Modell bliesen.<br />
Es war vielleicht die großartigste Gruppe, die es je gegeben<br />
hat!“ 29<br />
...<br />
(Dieser Artikel wurde mit der freundlichen Genehmigung des Autors<br />
leicht gekürzt abgedruckt gemäß der Veröffentlichung Seite<br />
59 ff. im Katalog zur Sonderausstellung „Die deutsche Posaune“<br />
im Grassi Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig<br />
(September 2010 bis Juli 2011).<br />
Herausgeber: Verein für Mitteldeutsche <strong>Posaunen</strong>geschichte e.V.,<br />
2010, www.vmpg.de; der Katalog ist u.a. über die Website des<br />
Vereins zu beziehen.)<br />
Literaturverzeichnis:<br />
Dullat, Günter: Verzeichnis der Holz- und<br />
Metallblasinstrumentenmacher auf deutschsprachigem Gebiet<br />
von 1500 bis Mitte des 20. Jahrhunderts, Tutzing 2010.<br />
Tenorposaune Eduard KRUSPE, Erfurt, um 1910;<br />
mit zahlreichen kunstvollen Gravuren verziert;<br />
Foto: Marion Wenzel<br />
Waterhouse, William: The New Langwill Index. A Dictionary<br />
of Musical Wind-Instrument Makers and Inventors. First edition,<br />
London 1993.<br />
zweier <strong>Posaunen</strong>typen verbinden: Hell und durchsetzungsfähig im<br />
Ton wegen des obertonreicheren Klangs durch kleine Rohrdurchmesser<br />
und zylindrischer Bohrung – bei gleichzeitiger Strahlkraft<br />
und unverminderter Klangfülle durch die weit gebliebene Becherform.<br />
Insofern steht die Weschke-Posaune als Neuentwurf eines<br />
Solisten- oder Satzführer-Modells ganz in der Leipziger Tradition.<br />
Eine Nähe zu Jazzposaunen, die gelegentlich angeführt wird, beruht<br />
jedoch auf reinen Zahlenspielen, die durch die Klangwirklichkeit<br />
ad absurdum geführt werden. 26<br />
Offensichtlich war nicht nur Paul Weschke von dem neuen Instrument<br />
derart überzeugt, dass er fortan kein anderes mehr spielte.<br />
Bald nutzte die Firma auch den inzwischen berühmten Namen Weschkes<br />
und signierte die Instrumente des neuen Typs mit dem Zusatz<br />
„Mod. Prof. Weschke.“ oder „Prof. Weschke Berlin.“. 27 Zudem<br />
hatten sich die Vorteile dieser Posaune auch unter Orchestermusikern<br />
herumgesprochen. War das Urmodell eine reine B-Posaune<br />
ohne Stimmzug, wurde bald auch eine stimmbare Posaune mit auswechselbarem<br />
Quartventil angeboten. Nach kurzer Zeit hatte sich<br />
die „Weschke“ zum Quasi-Standard v.a. in Berliner Orchestern in<br />
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts etabliert. Karlheinz Weber<br />
erwähnt in seinem Aufsatz über die „deutsche“ Posaune auch „die<br />
‚Weschke‘ von Kruspe, das Top-Modell der Berliner Orchester“ 28<br />
und bemerkte an anderer Stelle:<br />
„Über die klangliche Beurteilung der deutschen Posaune gibt es<br />
selbst unter Posaunisten die widersprüchlichsten Ansichten und<br />
durchaus subjektive geschmackliche Unterschiede. Abweichend<br />
von einer landläufigen, vielleicht oberflächlichen Auffassung hebt<br />
Prof. Alfred Jacobs, der von 1924–48 Soloposaunist der Staats-<br />
26: Wenn auch Rohrdurchmesser von einigen Jazzposaunen und dem<br />
Modell „Prof. Weschke“ sich ähneln, folgt die Jazzposaune doch einer<br />
auch klanglich völlig anderen Konzeption, die u.a. durch den ansonsten<br />
stark abweichenden Rohrverlauf und die Becherform realisiert wird.<br />
27: Dies war zunächst nicht üblich. Es gibt auch „Weschke“-<strong>Posaunen</strong><br />
ohne die Zusatzsignatur!<br />
28: Weber, Karlheinz: Die „deutsche“ Posaune, in: Das Orchester, 7/8<br />
(Herausgeber: Deutsche Orchestervereinigung), Mainz 1978, S. 569.<br />
29: Ebda.<br />
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IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 25
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />
„Wir sollten uns verabschieden von der<br />
Einstellung ´ich bin ein Posaunist und<br />
interessiere mich nur für Posaune`“<br />
<strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> – das 2. Interview<br />
im Gespräch mit Jakob Guizetti<br />
Am 18. August 2011 hatte ich die großartige Gelegenheit,<br />
Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> in München für ein weiteres, diesmal<br />
persönliches Interview zu treffen.<br />
Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> (*1971) gehört in meiner Generation<br />
zu den absoluten Ausnahmemusikern. Mit nur 22<br />
Jahren wird er Bassposaunist der Staatskapelle Berlin<br />
unter Daniel Barenboim. Nach weiteren 3 Jahren wird er<br />
Mitglied im Bayreuther Festspielorchester. Seit 2002 ist<br />
Prof. <strong>Schulz</strong> Mitglied der Berliner Philharmoniker und<br />
wird 2004, nachdem er schon an der Orchesterakademie<br />
der Staatskapelle Berlin, der Hochschule für Musik<br />
Hannover und der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“<br />
unterrichtet hat, zum Professor an die UdK (Universität<br />
der Künste) Berlin als Nachfolger von Prof. Joachim<br />
Mittelacher berufen.<br />
Parallel zu all diesen Aufgaben beginnt Prof. <strong>Schulz</strong> seine<br />
solistischen Tätigkeiten aufzubauen, ist Gastsolist namhafter<br />
Orchester weltweit und veröffentlichte schließlich<br />
mit „Berlin Recital“ sein erste Solo-CD. Auf der Suche<br />
nach guter, anspruchsvoller Musik für Posaune lernt er<br />
den Komponisten und Saxofonisten Daniel Schnyder<br />
kennen. Nach Jahren der Zusammenarbeit entstand jetzt<br />
ein neues, gemeinsames Werk: „Around the World“.<br />
Wir haben uns intensiv über dieses Werk und die Zusammenarbeit<br />
von <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong> und Daniel Schnyder<br />
unterhalten und dabei interessante Aspekte beleuchtet.<br />
Unter anderem erfahren wir, wie <strong>Stefan</strong> zum Üben steht,<br />
warum er Posaunisten rät, Fagottsonaten zu spielen und<br />
warum es für ihn keine Perfektion geben kann.<br />
Ein spannendes Gespräch mit einem besonderen Musiker<br />
und Menschen!<br />
Jakob Guizetti (JG)<br />
JG: <strong>Stefan</strong>, die Zusammenarbeit mit Daniel Schnyder –<br />
vor allem auf der neuen CD „Around the World“– wirkt<br />
so, als würdet Ihr euch schon lange kennen, als hättet Ihr<br />
so ein Gespür entwickelt: „Was kann ich von ihm verlangen?“<br />
Und: „Was kann er dir schreiben?“ Kommt das<br />
so ungefähr hin? Schließlich ist die Platte ja sehr virtuos.<br />
Sie ist sehr komplex, es fließen viele Stilistiken ein, viele<br />
Traditionen, und das alles mündet im Gesamtwerk und<br />
kommt natürlich dann auch als Solo-Aufgabe zu Dir. Wie<br />
gestaltet sich Eure Zusammenarbeit?<br />
StS: Kennengelernt haben wir uns vor 10 Jahren, als ich<br />
zum ersten Mal Schnyders „SubZero Konzert“ zusammen<br />
mit dem Dirigenten Sebastian Weigle gespielt habe. Wir<br />
waren uns sympathisch und es entwickelte sich eine gute<br />
Freundschaft. Seit 5 Jahren spielen wir mit unserem Trio<br />
regelmäßig Konzerte – teilweise ist diese Musik ja auch<br />
auf der neuen CD zu hören. Daniel kennt mich also gut<br />
und weiß, was er für mich schreiben kann. Die CD sollte<br />
farbenreich sein. Mit Bach, Vivaldi und Schnyder wollte<br />
ich starre Konzepte sprengen.<br />
JG: Die CD ist im Hören sehr eindrucksvoll, gerade auch<br />
in dieser Konstellation Bassposaune – Sopransaxofon.<br />
Das könnte man schon als vorderste Kante der Musikevolution<br />
bezeichnen, wenn ich das mal so sagen darf. Bist<br />
Du mit allem anderen so „satt“, dass Du danach lechzt,<br />
solche Projekte weiterzuführen und wirklich an die äußerste<br />
Grenze zu gehen?<br />
StS: Satt bin ich nicht. Ich habe nur den Wunsch, mein<br />
Instrument als Soloinstrument ins rechte Licht zu rücken.<br />
Wenn man so eine CD macht, dann fragt man sich: Was<br />
gibt Es alles schon? Und dann hörst Du die vielen wunderbaren<br />
Aufnahmen und denkst: „Nehm‘ ich das jetzt<br />
noch einmal auf?“ Bei mir war die Antwort: „Nein.“<br />
„Diese Platte soll keine <strong>Posaunen</strong>platte,<br />
sondern für jedermann interessant sein“<br />
Die Musik, die Daniel schreibt, bewegt sich zwischen<br />
den Welten Jazz, arabische Musik, türkische Musik,<br />
afrikanische, europäische Musik. Das macht seinen Stil so<br />
interessant. Und das Schöne ist, sie zeigt das Instrument<br />
in seiner Vielfalt, man kann mit dieser Musik unglaublich<br />
viel machen, kann sie formen. Insofern war das Konzept,<br />
das Soloinstrument zu zeigen und neue, andersartige<br />
Literatur gleich mit dazu zu liefern.<br />
26<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />
JG: Ich finde, beim Vergleich Deiner beiden CDs „Berlin“<br />
Recital“ und „Around the World“ gibt es insofern einen<br />
charakterlichen Unterschied, dass „Berlin“ – wenn man<br />
von „Sub Zero“ vielleicht ein bisschen absieht – eine sehr<br />
klangorientierte Platte ist, und „Around the World“ – rein<br />
hörempfunden – sehr virtuos. Beabsichtigt oder Zufall?<br />
StS: Ich wollte zwei ganz unterschiedliche Platten machen.<br />
Und ich würde gerne, wenn ich in den nächsten<br />
Jahren noch weitere Projekte umsetzen kann, mit anderen<br />
Ideen und Farben experimentieren. Ich selbst sehe<br />
„Around the World“ gar nicht so virtuos, muss ich sagen,<br />
auch wenn mit den beiden Kernstücken, der Suite oder<br />
auch dem Sub Zero, technisch anspruchsvolle Stücke auf<br />
der Platte vertreten sind. Mein Ziel war eine abwechslungsreiche<br />
Platte. „Donne Variations“ als Klavierwerk,<br />
Vivaldi, Bach..., diese CD soll nicht als „<strong>Posaunen</strong>platte“<br />
antreten, sondern für jedermann interessant sein. Das ist<br />
es, was ich mir wünsche.<br />
JG: Ich als Musiker kann mir vorstellen, was Du für einen<br />
Aufwand betreiben musst, um so ein Stück wie „Rotor“<br />
oder „SubZero“ einzustudieren. Kannst Du sagen, wie<br />
viel Zeit Du brauchst z.B. für „Sub Zero“? Und musst Du<br />
Dich zum Üben prügeln oder fällt Dir das nicht schwer?<br />
StS: Naja, es gibt schon Tage, da sehe ich den blauen<br />
Himmel und denke: „Heute müsste nicht unbedingt geübt<br />
werden“, also es ist nicht so, dass ich jeden Tag freudig<br />
in den Keller zum Üben springe. Aber wie Hans Doms<br />
so schön sagte: „Üben hilft!“ Jeder macht das anders. Ich<br />
setze mir Ziele, auf die ich hinarbeiten muss. Dann fällt<br />
es mir leichter. Und was den Aufwand betrifft – die Frage<br />
ist immer, wann ist man fertig? Das ist man ja nie!<br />
SubZero zum Beispiel habe ich das erste Mal geübt, da<br />
dachte ich noch, was habe ich mir denn jetzt aufgehalst?<br />
Dann spielst du das Stück das erste Mal im Konzert, dann<br />
hörst du dir das erste Mal das Band an und denkst, jetzt<br />
spielst du halt die Noten, aber .... So ein Stück wächst ja<br />
„Unzufriedenheit setzt Energie frei –<br />
Perfektion gibt es nicht!“<br />
über die Jahre. Insofern ist da nie ein Ende des Übens.<br />
Wenn ich das Stück in einem Monat wieder spiele, werde<br />
ich es auch wieder üben müssen. Da gibt es eben nie so<br />
einen richtigen Schlussstrich, es gibt nie dieses Erlebnis:<br />
„Jetzt habe ich`s drauf.“ Klar, technisch gesehen, wird es<br />
einfacher, aber die musikalische Energie, die muss man<br />
sich jedes Mal neu erarbeiten. Insofern kann ich das mit<br />
Stunden gar nicht beziffern.<br />
JG: Das heißt aber auch, dass für Dich keineswegs der<br />
Punkt erreicht ist, in einer musikalischen Sackgasse zu<br />
stehen, sondern Du siehst immer noch Möglichkeiten zu<br />
sagen, da gibt es noch andere Wege..<br />
StS: Ich habe selten einen Moment, in dem ich sage: „Das<br />
ist jetzt aber gelungen.“ Wenn ich die erste CD anhöre,<br />
würde ich jetzt sogar am liebsten das ganze „Berlin Recital“<br />
noch einmal neu aufnehmen. Und bei der „Around<br />
the World“ – CD werde ich möglicherweise auch wieder<br />
eines Tages an diesen Punkt kommen. Ich glaube aber,<br />
dass genau das das Schöne an der Musik ist. Wenn man<br />
irgendwann den Zustand einer Zufriedenheit erreicht hätte<br />
– was käme denn dann? Diese Unzufriedenheit mit unserer<br />
Leistung und Arbeit gehört bei uns Musikern doch<br />
dazu, denke ich. Es ist anstrengend - auf der anderen Seite<br />
setzt die Unzufriedenheit auch die Energie frei, doch<br />
nochmal anzugreifen, zu hinterfragen, weiter an sich zu<br />
arbeiten.<br />
JG: Gilt das denn für Dich und Deine <strong>Posaunen</strong>gruppe<br />
auch für den Dienst im Orchester? Dass das auch sozusagen<br />
nie einen Abschluss findet? Und gilt das für Dich<br />
auch als Professor an der UdK? Dass Du also Wege findest,<br />
um Deinen Schülern einen besseren Zugang zur Musik<br />
zu ermöglichen?<br />
StS: Meinen Studenten sage ich immer: Perfektion gibt<br />
es nicht. Und das ist es auch, was ich denke. Perfektion<br />
existiert nicht, in keiner Weise. Was man versuchen kann,<br />
ist eigentlich nur, jeden Tag auch in musikalischer Hinsicht<br />
so zu gestalten, wie es am besten geht an diesem<br />
Tag- idealerweise immer etwas besser. Und jetzt rede ich<br />
über Musik, und nicht über technische Perfektionen. Ich<br />
rede über Seele, über „Etwas Reingeben in die Musik“.<br />
Und das versuche ich zu vermitteln. Die Technik hat heute<br />
einen immensen Stellenwert. Das ist leider oft wie im<br />
Sport und der Druck diesbezüglich wird höher und höher.<br />
Ist das immer im Dienst der Musik? Ich möchte das bezweifeln.<br />
Die Frage für mich ist – spielt hinter dem Instrument<br />
ein Musiker? Was die Philharmonie betrifft – in<br />
der Gruppe, in der ich bin – ich glaube, wir ticken da alle<br />
sehr gleich. Auch die anderen Kollegen meiner Gruppe<br />
sind sehr aktiv, als Kammermusiker, Lehrer oder auch<br />
solistisch. Das finde ich das Schöne, weil sich dort jeder<br />
seine Energie und seine Motivation holt, aber auch seine<br />
Eigenständigkeit – und die fließt natürlich im Orchester<br />
wieder zusammen. Da steht ein Dirigent vorne; und da<br />
müssen wir uns dem Orchesterklang unterordnen. Aber<br />
das wird gefördert dadurch, dass jeder aktiv an und mit<br />
sich selbst arbeitet.<br />
JG: Wie fängst Du Deine Übungseinheit an? Yoga, Atmung,<br />
Buzzing? Gibt es ein Warm-up, das Dich sicher<br />
durch den Tag bringt?<br />
StS: Ich habe eine Übe-Routine, die ich täglich absolviere<br />
und die mir auch sehr wichtig ist. Atemübungen und Buzzen<br />
fehlen nie.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 27
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />
JG: Gibt es Etüden für Posaune oder Bassposaune, die<br />
Du empfehlen kannst, die Du auch gerne spielst?<br />
StS: Für mich funktioniert sehr gut die gängige Literatur<br />
– Arban, Borodogni etc.<br />
JG: Große Virtuosen, vor allem in der Welt der Streicher,<br />
werden immer auch mit ihrem Instrument identifiziert,<br />
das sie spielen. Hast Du da auch Vorlieben?<br />
StS: Glücklicherweise passiert viel im <strong>Posaunen</strong>-Bau<br />
und es gibt hervorragende Instrumente. Ich spiele zur Zeit<br />
eine Kromat Bassposaune und bin mit diesem Instrument<br />
sehr zufrieden.<br />
„Sachses F-Dur-Konzert gehört verboten…<br />
Was interessiert mich die punktierte<br />
Achtel?“<br />
JG: Neues Thema – was ist mit Ernst Sachse und seinem<br />
F-Dur-Konzert?<br />
StS: (lacht) Dieses Stück gehört verboten! Nein, im Ernst:<br />
Sachse ist für viele Kollegen ein Konzert, bei dem gesagt<br />
wird, da kann man sehr viel hören. Das stimmt auch. Aber<br />
meiner Meinung nach hat der Probespielkandidat hinter<br />
dem Instrument sehr viel mehr Möglichkeiten mit einem<br />
Lebedjew-Stück oder auch New Orleans, sich als Musiker<br />
zu zeigen. Und darum geht’s doch. Was interessiert<br />
mich die punktierte Achtel – … aber wir reden viel zu viel<br />
über Sachse, das Stück gehört verboten, fertig.<br />
JG: Warum fällt es so schwer, die Posaunisten davon zu<br />
überzeugen, dass sie – unabhängig vom Instrument – sich<br />
als Musiker betrachten und nicht als Maschinisten eines<br />
Metallblasinstruments?<br />
StS: Wichtige und richtige Frage. Ich denke, das kommt<br />
zum einen aus dem klassischen Studium eines Musikers<br />
heraus – insbesondere bei uns Blechbläsern, auch aus der<br />
Literatur heraus. Die <strong>Posaunen</strong>literatur ist – musikalisch<br />
gesehen – relativ dürftig. Es gibt wenige Stücke, bei denen<br />
man sich mit musikalischer Seele einbringen kann.<br />
Aber je bessere Musik wir spielen, umso bessere Musiker<br />
werden wir. Deswegen propagiere ich auch: Nehmt<br />
andere Werke – spielt Fagottsonaten, spielt die ernsten<br />
Gesänge von Brahms, sucht euch andere Literatur. Ich<br />
bin der Meinung, das ist oft die gehaltvollere Musik, und<br />
damit wachsen wir. Meinen Studenten empfehle ich sich<br />
Aufnahmen von Sängern und anderen Instrumentalisten<br />
anzuhören. Wir sollten uns verabschieden von der Einstellung<br />
„ich bin Posaunist und interessiere mich nur für<br />
Posaune“, sondern hin zum Denken streben „ich bin ein<br />
Musiker und habe das Instrument Posaune in der Hand,<br />
und ich versuche, damit etwas auszudrücken.“<br />
28<br />
JG: Warum kommen Komponisten kaum auf die Idee,<br />
dieses Instrument anders zu bedienen?<br />
StS: Es gibt ja durchaus Komponisten, die dem Charme<br />
des Instrumentes erliegen und dieses auch sehr schön bedienen.<br />
Ich denke, die meisten Komponisten kennen sich<br />
in der Regel mit dem Instrument Posaune nicht gut aus,<br />
weil sie damit nichts zu tun haben; sie kommen meist vom<br />
Klavier oder von einem Streichinstrument. Und da liegt<br />
es nahe, für ein Instrument, das man kennt, zu schreiben.<br />
Mir ist jetzt auch kein bekannter Posaunist, abgesehen<br />
von Christian Lindberg, als Komponist bekannt.<br />
JG: Vielleicht auch, dass die Komponisten sich nicht mit<br />
den Musikern, die hinter der Posaune stehen, auskennen?<br />
„Wir sind dafür da, hinten in der letzen<br />
Reihe Krach zu machen.“<br />
StS: Das ist möglich. Viele zeitgenössische Komponisten<br />
benutzen unser Instrument einfach nicht in dem Maße, wie<br />
man es nutzen kann. Da steht einfach nur ein Glissando<br />
rauf und runter und ein Fortissimo, aber wir bekommen<br />
kein schönes Cantabile-Thema oder Solo, sondern wir<br />
sind im Orchesterbetrieb – wenn ich es jetzt mal darauf<br />
beschränke – dafür da, hinten in der letzten Reihe Krach<br />
zu machen und nur durch Lautstärke zu brillieren.<br />
JG: Also, das Orchester in der Energie nach vorne zu treiben.<br />
StS: Ja und ich habe nichts gegen Energie. Aber es gibt<br />
doch auch noch andere Seiten, die man mit unserem Instrument<br />
zeigen kann. Es gibt doch auch eine leise Energie.<br />
Ich glaube, es ist daher unsere Aufgabe, dass man<br />
die Komponisten findet, denen es gelingt, das Instrument<br />
besser zu beschreiben und es als Musikinstrument zu benutzen.<br />
Daniel zum Beispiel ist da aufgeschlossener.<br />
JG: Ist es vielleicht so, dass Daniel Schnyder durch eure<br />
langjährige Zusammenarbeit gelernt hat, für das Instrument<br />
zu schreiben, und Deine Neigungen, was empfundene<br />
und ausgedrückte Musik angeht, besser nachvollziehen<br />
kann, und dadurch auch besser für Dich und das<br />
Instrument schreiben kann?<br />
StS: Daniel hat schon mit dem 1999 geschriebenen Sub-<br />
Zero-Konzert ein fantastisches Bassposaunenkonzert<br />
komponiert. Wir haben sehr viel zusammen gespielt, sehr<br />
viele verrückte Ideen ausprobiert. Und ich glaube schon,<br />
dass das bei ihm gewisse Reaktionen hervorruft, dass er<br />
sich noch weniger Gedanken darum macht, was er für<br />
eine Posaune schreiben kann. Aber das gilt gleichermaßen<br />
für alle anderen Musiker, mit denen er zusammenarbeitet.<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
Er schreibt ja sehr viele Werke – für Henning Wiegräbe,<br />
Dave Taylor, und und und.<br />
JG: Auf Deiner neuen Platte „Around the World“ spielen<br />
zahlreiche Gastmusiker, die für diese Musik und speziell<br />
für die Erfüllung dieses Projektes wichtig waren. Wer war<br />
das, und warum sind die gekommen, um dieses Projekt in<br />
dieser Form zu verwirklichen?<br />
StS: Die Musiker – Georg Breinschmid, ein unglaublicher<br />
Bassist aus Wien – Bachar Khalife und Marcio Doctor,<br />
das sind Musiker, die ich bei gemeinsamen Konzerten<br />
kennengelernt habe. Es lag nahe, sie zu fragen, ob sie<br />
Lust hätten, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Ich glaube,<br />
dass es sie gereizt hat, mit einem klassischen sinfonischen<br />
Orchester wie dem Rundfunksinfonieorchester Berlin und<br />
dem Dirigenten Michael Sanderling zusammenzuarbeiten.<br />
Musikalisch war es ein unglaublicher Spaß an diesem<br />
Aufnahmetag.<br />
JG: Erzähl‘ doch mal von der Aufnahme. So ein<br />
Sinfonieorchester ist ja nun doch Mozart-lastig,<br />
Brahms-lastig… und jetzt kommen zwei ausgeprägte<br />
Percussionisten – Leute, die sehr stark mit Rhythmus<br />
umgehen. Wie wirkt das auf so ein Orchester, und was<br />
entwickelt sich daraus?<br />
StS: Ich glaube, so ein Prozess ist für ein Orchester auch<br />
sehr spannend. Schnyders Musik ist für sie ja auch nicht<br />
eine Musik, die alle Tage kommt und vom Zusammenspiel<br />
sehr anspruchsvoll. Das Rundfunk Sinfonieorchester<br />
Berlin ist aber unglaublich souverän damit umgegangen.<br />
„Da entstand eine ganz besondere Energie<br />
und Stimmung, die ... sofort übersprang.“<br />
Wir hatten ja, wie das heutzutage leider üblich ist, kaum<br />
Zeit, diese 40 oder 45 Minuten Orchestermusik aufzunehmen,<br />
aber das RSB ist wirklich ein fantastisches Orchester.<br />
Mit den Spezialisten Georg Breinschmid, Bachar<br />
Khalife, Marcio Doctor und mit Daniel war das auch für<br />
mich persönlich nochmal ein ganz spezieller Effekt. Da<br />
entstand eine ganz besondere Energie und Stimmung, die<br />
von den Gästen über den Dirigenten bis zum Orchester<br />
sofort übersprang. Diese Aufnahmetracks gingen daher<br />
ganz schnell, drei oder viermal durchgespielt, dann hatten<br />
wir es eigentlich. Das war kein großes Problem.<br />
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />
JG: Du bist 1993 zur Berliner Staatskapelle gekommen.<br />
Das ist ja für Dich als 22-Jähriger schon ein riesen Sprung<br />
gewesen, es war ja innerhalb Deines 3. oder 4. Semesters!<br />
Ich habe das damals neidvoll mitbekommen, ich habe ja<br />
damals auch noch studiert. Andere Leute haben an diesem<br />
Punkt ihren Platz gefunden. Bei Dir kamen dann die Berliner<br />
Philharmoniker – rückwirkend betrachtet vermutlich<br />
ein logischer Schritt – und die Berufung als Professor an<br />
der UdK – damit wären andere erfüllt. Du aber machst<br />
nicht den Eindruck, als sei das alles für Dich gewesen.<br />
Was kommt noch?<br />
StS: (lacht) Ich unterrichte gerne und viel, mir macht meine<br />
Orchesterarbeit mit den Kollegen unglaublich Spaß.<br />
Dafür bin ich sehr dankbar. Ich bin ein rastloser Mensch<br />
und möchte alles was möglich ist ausreizen.<br />
JG: Der Schritt von der Staatskapelle – einem Opernorchester<br />
- hin zu den Berliner Philharmonikern, einem<br />
reinen Konzertorchester: Vermisst Du die Oper oder hast<br />
Du etwas hinter Dir gelassen, was Du möglicherweise los<br />
werden wolltest? Oder gibt es noch einen anderen wichtigen<br />
Grund für den Wechsel?<br />
StS: Die Zeit in der Staatskapelle war schön und ich hab<br />
sehr gerne Opern gespielt. Ja, ich vermisse die Oper auch<br />
manchmal. Weil diese Energie, die dabei jeden Abend<br />
herrscht, eine ganz besondere ist. In der Oper ist immer<br />
wenig Probenzeit und damit ist eine ganz besondere Spannung<br />
bei der Aufführung da. Man kennt die Dirigenten<br />
nicht, weiß nicht, wer an dem Abend überhaupt kommt,<br />
und dann geht’s los. Das sind ja alles viele Unvorhersehbarkeiten,<br />
die unheimlich viel Spannung in sich tragen.<br />
Solisten werden krank, ein anderer springt ein, was passiert<br />
heute eigentlich? Oper habe ich auch deshalb wirklich<br />
sehr gerne gespielt; und glücklicherweise machen wir<br />
das ja mit der Philharmonie auch regelmäßig. Aber der<br />
Schritt, zu den Berliner Philharmonikern zu wechseln…<br />
es war eine Stelle ausgeschrieben, ich war Anfang Dreißig,<br />
und ich wollte eigentlich nur mir selber treu bleiben<br />
und dieses Probespiel nicht an mir vorbeigehen lassen.<br />
Sicherlich wollte ich es auch gut spielen und möglicherweise<br />
auch die Stelle bekommen, aber die Motivation war<br />
eher, dass ich dachte, „jetzt machst du nochmal was, jetzt<br />
muss nochmal was passieren, du kannst nicht einfach diesen<br />
Zug vorbeifahren lassen ohne wenigstens mitgefahren<br />
zu sein.“ Das war eigentlich die erste Motivation. Das<br />
war auch relativ spontan und keine lange geplante Idee.<br />
Das kam so aus dem Bauch heraus. Das war dieses „Ich<br />
probier das jetzt mal“. Als Bassposaunist hatte ich jahrelang<br />
keine Tenorposaune mehr in der Hand gehabt. Und<br />
das war ein ganz spontaner Gedanke, zu sagen: Ich mach<br />
da jetzt einfach mal mit, schau`n wir mal, was passiert.<br />
Die Motivation war einfach, etwas zu tun, aktiv zu sein<br />
und sich dieser Herausforderung zu stellen.<br />
JG: Du und Barenboim – war das sehr befruchtend für<br />
Dich? Hast Du von ihm viel gelernt?<br />
StS: Oh ja. Barenboim ist ein genialer Musiker. Wenn du<br />
natürlich als junger Mensch in so ein Orchester kommst,<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang 29
Interview 2 mit Prof. <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong><br />
bist du wie ein Schwamm und saugst alles auf. Musikalisch<br />
gesehen war diese Zeit in der Staatsoper mit Barenboim<br />
eine unglaublich schöne und lehrreiche Zeit.<br />
JG: Was unterscheidet Simon Rattle von Daniel Barenboim?<br />
StS: Barenboim und Rattle sind ganz verschiedene Typen.<br />
Beide verbindet natürlich die Liebe zur Musik, aber<br />
sie nähern sich der Musik aus ganz verschiedenen Richtungen.<br />
Seit 2002 bin ich in der Philharmonie, seitdem ist<br />
auch Rattle Chef – in diesen Jahren hab ich auch viel von<br />
ihm gelernt. Er ist eine interessante Persönlichkeit.<br />
JG: Letzte Aufnahme, die Du gehört hast?<br />
StS: Das war Gidon Krämer mit Keith Jarrett, Avo Pärt,<br />
Tabula Rasa …<br />
JG: Traust Du Dich, den Wechsel der Berliner Philharmoniker<br />
nach Baden-Baden [Osterfestival anstelle Salzburg<br />
ab 2013] zu kommentieren?<br />
StS: Nein! Und weißt Du eigentlich, dass die Posaune das<br />
Instrument des Jahres 2011 ist…?<br />
*******************************************<br />
JG: Hat Daniel Barenboim die Staatskapelle auch noch<br />
ein paar Schritte vorangebracht?<br />
Er ist ja jetzt lange da, es gibt viele Aufnahmen mit ihm,<br />
die sehr beeindruckend sind.<br />
Hat das Orchester und auch die Berliner Szene aus Deiner<br />
Sicht von dieser langen Wirkungszeit mit Barenboim<br />
profitiert?<br />
StS: Von meiner Perspektive aus betrachtet, ja. Ich hab<br />
1993 im Orchester angefangen, und als ich ausgestiegen<br />
bin, hatte sich das Orchester schon sehr stark verändert.<br />
Barenboim hat sehr intensiv gearbeitet. Er hatte ganz<br />
besondere und genaue Vorstellungen. Diese hat er auch<br />
durchgesetzt. Wobei man ehrlicherweise auch sagen sollte,<br />
dass die Staatskapelle schon zu DDR-Zeiten ein privilegiertes<br />
Orchester war und ein sehr erfolgreiches dazu.<br />
Trotzdem: Das Orchester hat unter Barenboim musikalisch<br />
sehr gewonnen. Und für die Berliner Musikszene ist<br />
„Ich habe kein Problem damit,<br />
Freizeit zu haben“<br />
es ein Glücksfall, dass er in Berlin ist.<br />
JG: Was macht <strong>Stefan</strong> <strong>Schulz</strong>, wenn er nicht Posaune<br />
spielt, nicht Musik macht, nicht unterrichtet und sich nicht<br />
darauf vorbereitet, im Oktober Vater zu werden?<br />
StS: Dann geht er joggen, sehr gerne auch segeln oder<br />
wandern, lesen... Ich habe wirklich kein Problem damit,<br />
Freizeit zu haben (lacht), ich hab ja gerade Urlaub und<br />
könnte jetzt gut und gerne noch ein paar Monate so weiter<br />
machen…<br />
JG: Letztes Buch, das Du gelesen hast?<br />
StS: „Narziß und Goldmund“ von Hermann Hesse<br />
JG: Letzte Platte, die Du gekauft hast?<br />
StS: Ich kauf immer 10 oder 15 Stück und entdecke die<br />
dann oft unausgepackt wieder…<br />
30<br />
IPV-Printjournal Nr. 23, Herbst 2011, 6. Jahrgang
IPV-Symposium Dresden 2011<br />
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„Also für mich kommt es bei einer Posaune nur auf<br />
den Klang an. Sound, Sound und nochmals Sound!<br />
Alles andere ist für mich ‚Kalter Kaffee‘!“<br />
„Was nutzt mir die beste Posaune wenn das Material<br />
schon nach ein paar Jahren schlapp macht?<br />
Meine Posaune muss möglichst lange halten. That‘s it!“<br />
„An einer Posaune sind enorm viele<br />
feinmechanische Details zu beachten.<br />
Das Geheimnis eines richtig guten Instrumentes,<br />
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Beginn auf der Posaune. Der ausgezeichnete Klang und die optimale Ergonomie sorgen für Motivation und Spielfreude. “<br />
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„Auch für Beginner sollte ein Instrument des Mannheim Brassateliers erste Wahl sein. Für die<br />
musikalische Frühentwicklung kann es nichts Besseres geben, als mit individuell angepassten<br />
Instrumenten das Spielen zu erlernen. “<br />
Prof. Werner Schrietter, Hochschule für Musik Karlsruhe<br />
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Mannheim Brassatelier · Thorsten Mittag<br />
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