perspektiv-wissen – Magazin für Insolvenz ... - perspektiv GmbH
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<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
<strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>-Perspektiven<br />
Schwerpunktthema:<br />
Planverfahren vs. übertragende Sanierung -<br />
Wettstreit der Fortführungsinstrumente
Inhalt<br />
Ausgabe Nr. 05/2010<br />
Editorial.................................................................................................................. Seite 3<br />
Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als nachhaltiges<br />
Sanierungsinstrument<br />
Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong>..................................................... Seite 4<br />
Patrick Feller<br />
Die übertragende Sanierung in schwierigen Zeiten<br />
Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG.................... Seite 10<br />
RA Dr. Thomas C. Sittel<br />
Ein Plädoyer <strong>für</strong> das Planverfahren<br />
Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung... Seite 15<br />
RA Prof. Rolf Rattunde<br />
Praktische Fallstricke bei der Umsetzung<br />
eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />
Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“................................................. Seite 19<br />
RA Axel W. Bierbach und RA Dr. Stefan Debus<br />
Ein Plädoyer <strong>für</strong> die übertragende Sanierung<br />
Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren.................... Seite 24<br />
RA Alexander Ballmann<br />
Studie: <strong>Insolvenz</strong>planverfahren vs.<br />
übertragende Sanierung<br />
Welche ist die bessere Sanierungsform?................................................................ Seite 28<br />
Dr. Andreas Fröhlich<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong> Tel. (089) 410 734-0<br />
insolvency turnarounds Fax (089) 410 734-10<br />
Möhlstraße 9<br />
info@<strong>perspektiv</strong>.de<br />
81675 München www.<strong>perspektiv</strong>.de
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,<br />
derzeit wird eine intensive Diskussion über die Notwendigkeit<br />
und Ausgestaltung eines außergerichtlichen Sanierungsverfahrens<br />
sowie grundlegender Verbesserungen<br />
am <strong>Insolvenz</strong>planverfahren geführt. Offensichtlich besteht<br />
eine latente Unzufriedenheit mit dem Status Quo, so dass<br />
diese Veränderungen eingefordert werden.<br />
Konkretisiert fi nden sich zwar einige Schwächen in der<br />
<strong>Insolvenz</strong>ordnung, die konsensual einer Lösung zugeführt<br />
werden können. Die diskutierte grundlegende Reformierung<br />
des deutschen Sanierungsrechts beruht aber keinesfalls<br />
auf einer gestützten empirischen Basis oder anderen<br />
gesicherten Erkenntnissen, sondern scheint vielmehr dem<br />
subjektiven Empfi nden einiger Protagonisten zu entspringen.<br />
So gibt es bis heute keine belastbaren Aussagen über die<br />
Vorteilhaftigkeit der zu vergleichenden Fortführungsinstrumente<br />
in der <strong>Insolvenz</strong>, dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und<br />
der übertragenden Sanierung, so dass eine grundlegende<br />
Stärkung des Planverfahrens geboten sein könnte. In der<br />
Tat müsste hierzu eine volkswirtschaftliche Nutzenanalyse<br />
erstellt werden, um sich diesem komplexen Thema angemessen<br />
nähern zu können. Aber selbst wenn man den<br />
Bezugsrahmen ganz eng zieht und nur die Befriedigung der<br />
Gläubiger als oberstes Ziel eines <strong>Insolvenz</strong>verfahrens betrachtet,<br />
wird man im Hinblick auf evidente Belege <strong>für</strong> die<br />
immer wieder gerühmte Vorteilhaftigkeit des Planverfahrens<br />
gegenüber der alternativen Fortführungsform im Regelverfahren,<br />
der übertragenden Sanierung, nicht fündig.<br />
Auch die Segnungen eines außergerichtlichen Sanierungsverfahrens<br />
sind keinesfalls belegbar oder evident.<br />
Dennoch werden sodann Vergleiche zu dem Sanierungsrecht<br />
in Frankreich, Großbritannien und sogar Italien<br />
bemüht. Obwohl die jeweiligen Regelungen der Länder<br />
jeden Beweis einer Überlegenheit zum deutschen Recht<br />
schuldig bleiben, werden diese jeweils als besonders<br />
strahlende Vorbilder gepriesen.<br />
Wichtiger als die erneute Infragestellung des deutschen<br />
Sanierungsrechts scheint es doch zu sein, zunächst einmal<br />
eine eingehende Analyse des Status Quo vorzunehmen,<br />
um daraus abgeleitet Schlussfolgerungen <strong>für</strong><br />
Optimierungspotentiale zu ziehen. Die Ergebnisse der in<br />
der vorliegenden Ausgabe dargestellten Studie zu den<br />
Erfolgsfaktoren von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren sowie auch<br />
das ausführlich dargestellte Fallbeispiel SinnLeffers zei-<br />
gen deutlich auf, worauf es bei einer Umsetzung einer<br />
erfolgreichen Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
im Kern ankommt.<br />
Ein nachhaltig zukunftsfähiges Geschäftsmodell, eine frühzeitige<br />
Antragstellung im Rahmen eines „pre-packaged<br />
plan“, professionelle Sanierungsexpertise und „Fresh<br />
money“ sind die Zutaten <strong>für</strong> die Umsetzung eines erfolgreichen<br />
Planverfahrens. Dann, aber auch nur dann, kann<br />
das Planverfahren als ein probates und erfolgversprechendes<br />
Sanierungsinstrument dienen.<br />
Die Ergebnisse der Studie stellen auch der weit verbreiteten<br />
Art des Planverfahrens als „letztem Rettungsanker“<br />
und als „Instrument zur Rettung von Gesellschaftsanteilen“<br />
ein schlechtes Zeugnis aus. Planverfahren, die erst<br />
mit (i.d.R. verspäteter) Antragstellung initiiert werden<br />
und dann ohne Kapitalzufl uss sowie ohne spezifi sche<br />
leistungswirtschaftliche Sanierungsexpertise umgesetzt<br />
werden sollen, wird eine klare Absage erteilt. Die oftmals<br />
angestrebte Eigensanierung mittels Planverfahren, die<br />
auf einem „weiter wie bisher“ und auf einer Gläubigerbefriedigung<br />
aus dem <strong>Insolvenz</strong>ausfallgeld sowie aus<br />
vermeintlichen künftigen Erträgen erfolgen soll, schädigt<br />
die Reputation dieses leistungsfähigen Restrukturierungsinstrumentes.<br />
Für solche Fälle ist die übertragende<br />
Sanierung aus volkswirtschaftlicher Perspektive, aber<br />
sicherlich auch aus Gläubigersicht, die leistungsfähigere<br />
Fortführungslösung.<br />
Vorliegendes <strong>Magazin</strong> versucht die Chancen und Risiken<br />
der beiden konkurrierenden Fortführungsinstrumente in<br />
der <strong>Insolvenz</strong>, dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und der übertragenden<br />
Sanierung, aus unterschiedlichen Perspektiven<br />
zu beleuchten. Zu dieser Fragestellung nehmen jeweils <strong>Insolvenz</strong>rechtsexperten<br />
Stellung, Fallbeispiele nachhaltig<br />
erfolgreicher Lösungen werden präsentiert, während die<br />
empirische <strong>perspektiv</strong>-Studie eine entsprechend gestützte<br />
Analyse liefert. Die Studie wird Sie mit interessanten Ergebnissen<br />
überraschen.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre des <strong>Magazin</strong>s wünscht Ihnen<br />
Ihr<br />
Dr. Andreas Fröhlich<br />
Dr. Andreas Fröhlich<br />
Geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />
München<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
3
Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />
Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als<br />
nachhaltiges Sanierungsinstrument<br />
von Patrick Feller<br />
Patrick Feller<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
DIH Deutsche Industrie-Holding<br />
<strong>GmbH</strong>,<br />
Frankfurt<br />
Patrick Feller war bis 2009<br />
Sprecher der Geschäftsführung<br />
von SinnLeffers und wurde<br />
anschließend geschäftsführender<br />
Gesellschafter bei der DIH Deutsche<br />
Industrie-Holding.<br />
I. Einleitung<br />
Die SinnLeffers <strong>GmbH</strong> ist ein führender deutscher Modehändler,<br />
der ein umfangreiches Sortiment an Frauen-, Männer-,<br />
Kinder- und Wäschemode vertreibt.<br />
1989 übernahm die damalige Quelle AG die bis dahin eigenständigen<br />
Familienunternehmen Sinn und Leffers. Die<br />
zwei 1997 fusionierten Unternehmen wurden 2001 vollständig<br />
als Tochtergesellschaft in den Handelskonzern<br />
KarstadtQuelle AG integriert. Um möglichst viele Synergien<br />
heben zu können, wurde eine unabhängige Sortimentspolitik<br />
<strong>–</strong> unerlässlich <strong>für</strong> die Unterscheidbarkeit<br />
einer Marke <strong>–</strong> aufgegeben, so dass SinnLeffers zuletzt<br />
eine Bekleidungsauswahl hatte, die sich zu 80 Prozent mit<br />
dem Sortiment der Karstadt-Warenhäuser überschnitt. Das<br />
führte zu einem Trading-down der Marke SinnLeffers.<br />
Ende 2005 trennte sich KarstadtQuelle von SinnLeffers.<br />
Neuer Eigentümer wurde die DIH Deutsche Industrie-Holding<br />
<strong>GmbH</strong>, hinter der mit Peter Zühlsdorff ein erfahrener<br />
Sanierer der Handels- und Konsumgüterindustrie stand.<br />
II. Historische Altlasten<br />
Zu diesem Zeitpunkt war die Verkaufsflächenstruktur äußerst<br />
heterogen. Es gab Filialen zwischen 2.000 und 10.000<br />
qm Nettoverkaufsfläche in 47 kleinen, mittleren und großen<br />
Städten. Das machte eine einheitliche Angebotspolitik in<br />
einem starken Wettbewerbsumfeld zunehmend schwierig.<br />
Eine zusätzliche Belastung <strong>für</strong> viele Filialen waren Mietverträge,<br />
die in den 90er Jahren auf der Grundlage einer sehr<br />
optimistischen Prognose langfristig abgeschlossen worden<br />
waren. Die Nachverhandlungen mit den Vermietern, die die<br />
neuen Eigentümer aus diesem Grund führten, scheiterten<br />
regelmäßig.<br />
III. Sanierungsansätze<br />
Das oberste Ziel der neuen Gesellschafter war es deshalb,<br />
SinnLeffers wieder marktfähig zu machen. Dies wollten sie<br />
wesentlich über vier Stellschrauben erreichen:<br />
1. Strukturanpassung: Schließung von fünf Filialen, Stellenabbau<br />
in der Hauptverwaltung, Sanierungstarifvertrag,<br />
Restrukturierungsbeiträge von Lieferanten und Dienstleistern,<br />
Reduzierung der Sachkosten.<br />
2. Kosten- und Prozessoptimierung: Bestandsmanagement,<br />
Liquiditätsmanagement, neuer IT-Outsourcing Partner,<br />
neue Logistik, Lieferantenpartnerschaften, Einkauf von<br />
Nichthandelsware, Personaleinsatzplanung.<br />
3. Neupositionierung: SinnLeffers als in der jeweiligen<br />
Stadt führendes Modehaus (Platzhirsch) mit Stil. Positionierung<br />
in der gehobenen Mitte anhand von Produkt, Personal,<br />
Promotion und Präsentation.<br />
4. Change-Management: Rückbesinnung von der Konzernkultur<br />
hin zu einer mittelständischen Kultur: „vom Wollen<br />
zum Tun“, Eigeninitiative und Verantwortung, Chancen<br />
nutzen, um Fehler zu vermeiden.<br />
Die Restrukturierung und Neupositionierung war auf einen<br />
Zeitraum von vier bis sechs Jahren angelegt. Etwa<br />
nach der Hälfte dieser Zeit zeichnete sich ab, dass dieser<br />
Prozess jedoch nicht wie geplant zu Ende geführt werden<br />
konnte.<br />
IV. Krise zeichnet sich ab<br />
In den ersten zwei Jahren im Besitz der DIH Deutsche Industrie<br />
Holding <strong>GmbH</strong> konnte das Unternehmen zunächst<br />
den Abstand zum Markt schließen, den es über mehrere<br />
Jahre gehabt hatte. Ab Weihnachten 2007 entwickelten<br />
sich jedoch der deutsche Textilmarkt und dadurch bedingt<br />
auch SinnLeffers wieder negativ. Die profitablen<br />
Filialen konnten das negative Ergebnis der unprofitablen<br />
Häuser nicht mehr ausgleichen. Es zeigte sich, dass das<br />
strukturelle Problem des SinnLeffers Filial-Portfolios bis zu<br />
diesem Zeitpunkt nur zu einem kleinen Teil gelöst worden<br />
war. Durch die Ergebniskrise war die Liquiditätskrise bei<br />
SinnLeffers absehbar.<br />
Es stellten sich folgende Fragen:<br />
n Wie können die Portfoliooptimierung und finanzielle Restrukturierung<br />
in einer existenziellen Unternehmenskrise<br />
gelingen?<br />
n Wie kann eine grundlegende Sanierung beschleunigt<br />
werden?<br />
n Wie kann das Schuldnerunternehmen in einem möglichen<br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahren im Gespräch mit Gläubigern<br />
Handlungsspielräume zurück erhalten?<br />
4 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
V. Sanierungsoption Planverfahren<br />
Gesellschafter und Geschäftsführung waren sich einig: ein<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Eigenverwaltung wäre die beste<br />
Möglichkeit, das Unternehmen durch eine effektive, effi ziente<br />
und schnelle Sanierung zu erhalten und dem Gesellschafter<br />
gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, sich an der<br />
Sanierung finanziell zu beteiligen, aber das Unternehmen<br />
auch in seinem Besitz zu behalten.<br />
Die größte Unbekannte, auch in einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
in Eigenverwaltung, ist der vorläufi ge <strong>Insolvenz</strong>verwalter,<br />
der vom <strong>Insolvenz</strong>gericht bestellt wird. Das klar<br />
defi nierte Ziel der Geschäftsführung und des Gesellschafters<br />
war es deshalb, den vorläufi gen Verwalter sowie das<br />
Gericht von der Eigenverwaltung, aber vor allem vom <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
zu überzeugen.<br />
Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren konnte nach nur acht Monaten<br />
erfolgreich abgeschlossen werden. Drei Faktoren waren<br />
wesentlich <strong>für</strong> den Erfolg: die Vorbereitung, die Kommunikation<br />
und die Unterstützung durch den Gesellschafter.<br />
Diese drei Punkte werden im Folgenden näher erläutert.<br />
VI. Vorbereitung des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
Ein sehr kleines Team von zwei Geschäftsführern und<br />
zwei Mitarbeitern hatte die <strong>Insolvenz</strong> vier Monate lang<br />
intensiv vorbereitet. Dank dieser Vorbereitung konnten die<br />
Geschäftsführung und die DIH Deutsche Industrie-Holding<br />
<strong>GmbH</strong> als Gesellschafter aus der sonst üblichen reaktiven<br />
Rolle eines <strong>Insolvenz</strong>falls in die gestaltende Rolle des Restrukturierers<br />
wechseln.<br />
Um das Verfahren vorzubereiten wurden frühzeitig externe<br />
Berater mandatiert, die die gesamte Vorbereitung der<br />
<strong>Insolvenz</strong> fachlich begleiteten. <strong>Insolvenz</strong>rechtlich wurde<br />
das Verfahren vom RA Detlef Specovius gesteuert. Er<br />
wurde außerdem als designierter Eigenverwalter in die<br />
Geschäftsführung von SinnLeffers berufen, bevor das Unternehmen<br />
<strong>Insolvenz</strong>antrag stellte.<br />
Die wichtigsten Punkte der Vorbereitung waren:<br />
1. <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
Die Geschäftsführung entwarf mit Unterstützung der Berater<br />
einen <strong>Insolvenz</strong>plan, der zusammen mit dem <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
bei Gericht eingereicht wurde. Der Vorteil war,<br />
dass der <strong>Insolvenz</strong>plan als Option von Beginn an Teil des<br />
Verfahrens war und ihn ein Verwalter daher nicht einfach<br />
unbeachtet lassen konnte.<br />
2. Aufbereitung der Unterlagen<br />
Dem <strong>Insolvenz</strong>gericht und dem vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
stellte das Management jeweils rund 30 detailliert<br />
vorbereitete Aktenordner zur Verfügung, die alle aktuellen<br />
Unternehmenskennzahlen sowie deren Historie beinhalteten.<br />
Das beschleunigte die ansonsten langwierige Einarbeitung<br />
aller Beteiligten in das Verfahren und erlaubte<br />
dem vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwalter und dem Gericht den<br />
vorbereiteten <strong>Insolvenz</strong>- und Restrukturierungsplan zeitnah<br />
zu prüfen. Dadurch schuf das Unternehmen eine Vertrau-<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
5
Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />
ensbasis, die der Zusammenarbeit mit dem Gericht sowie<br />
dem vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwalter entscheidend zugutekam<br />
und durch die insbesondere die Option der Eigenverwaltung<br />
zunehmend realistischer wurde.<br />
3. Kommunikationsplanung<br />
Dass SinnLeffers die Kommunikation mit allen Beteiligten<br />
im Voraus geplant hatte, war ein entscheidender Vorteil.<br />
So konnte das Unternehmen die Kommunikationsführerschaft<br />
erhalten und die wichtigsten Nachrichten der Geschäftsführung<br />
und des Gesellschafters sowohl innerhalb<br />
als auch außerhalb des Unternehmens platzieren, noch<br />
bevor der <strong>Insolvenz</strong>antrag gestellt wurde.<br />
Gespräch Beispiele erfolgreicher Verfahren benannt werden,<br />
die auf bestimmte Verwalter hindeuteten, denen ein<br />
solches Projekt zuzutrauen gewesen wäre.<br />
Dass nach dem <strong>Insolvenz</strong>antrag RA Horst Piepenburg durch<br />
das Hagener Amtsgericht zum vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
bestellt wurde, erwies sich als außerordentlicher<br />
Glücksfall. Zusammen mit dem in die Geschäftsführung berufenen<br />
<strong>Insolvenz</strong>experten hatte SinnLeffers so ein ganzes<br />
Team von ausgewiesen Sanierungsspezialisten mit <strong>Insolvenz</strong>planerfahrung<br />
an Bord.<br />
4. Berufung eines <strong>Insolvenz</strong>experten in die<br />
Geschäftsführung<br />
Die Berufung von RA Detlef Specovius in die Geschäftsführung<br />
von SinnLeffers war eine Voraussetzung da<strong>für</strong>,<br />
dass das <strong>Insolvenz</strong>gericht bei Eröffnung des Verfahrens die<br />
Eigenverwaltung anordnet. Aber auch als Gegengewicht<br />
zu dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter bzw. Sachwalter der Gläubiger<br />
hatte diese Expertise im eigenen Management Vorteile.<br />
5. Vorbereitung <strong>Insolvenz</strong>geldvorfinanzierung<br />
Da SinnLeffers die Vorfinanzierung des <strong>Insolvenz</strong>geldes<br />
und die entsprechenden Auszahlungsmodalitäten vorbereitet<br />
hatte, konnte die Geschäftsführung nach Antragstellung<br />
allen Mitarbeitern glaubhaft versichern, dass die<br />
Gehälter unmittelbar weiter bezahlt würden. So entstand<br />
ein großer Vertrauensbonus der Belegschaft in die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
des Managements.<br />
6. Einbindung Pensionssicherungsverein<br />
Durch die frühzeitige Information des PSVaG konnten wichtige<br />
Fragen nach der Eintrittspflicht zeitnah geklärt werden.<br />
Dies war bedeutsam, weil der PSVaG zum einen ein wichtiger<br />
Gläubiger im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren war und zum<br />
anderen die Kommunikation mit den Rentnern auf diesem<br />
Wege erheblich beschleunigt werden konnte.<br />
7. Auswahl des <strong>Insolvenz</strong>verwalters<br />
Der Auswahl des (vorläufigen) <strong>Insolvenz</strong>verwalters kommt<br />
auch im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren eine entscheidende und<br />
zentrale Rolle zu. Deshalb wurde das <strong>für</strong> SinnLeffers zuständige<br />
Amtsgericht Hagen frühzeitig über das beabsichtigte<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Kenntnis gesetzt. Dieses<br />
informelle Vorgespräch wurde von der Vertreterin eines<br />
Warenkreditversicherers als unabhängige Dritte begleitet,<br />
was sich außerordentlich positiv auf die Glaubwürdigkeit<br />
von SinnLeffers auswirkte. Da das Gericht mit <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
noch unerfahren war, konnten in diesem<br />
VII. Überzeugende Kommunikation<br />
Die Geschäftsführung wusste bereits im Frühjahr 2008,<br />
dass die Sanierung von SinnLeffers nur dann erfolgreich<br />
sein würde, wenn es ihr gelingen würde, alle Bezugsgruppen<br />
des Unternehmens (Stakeholder) vom Verfahren<br />
zu überzeugen. Dies war nur durch eine regelmäßige und<br />
offene Kommunikationspolitik zu erreichen. Das Ziel der<br />
Geschäftsführung war es, die Deutungshoheit über die<br />
Meinungsbildung zu behalten. In den Mittelpunkt der Strategieplanung<br />
rückten daher der Ablauf sowie die Inhalte<br />
der Kommunikation:<br />
n Interne Kommunikation hatte Priorität: Bevor der<br />
<strong>Insolvenz</strong>antrag gestellt wurde, informierte die Geschäftsführung<br />
mit einer minutiös geplanten Kommunikationskaskade<br />
alle Mitarbeiter des Unternehmens<br />
Top-Down.<br />
n Parallele externe Kommunikation: Mit vorbereiteten<br />
Briefen <strong>für</strong> Lieferanten, Mitarbeiter in den Ferien,<br />
6 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Dienstleister, Vermieter, Bürgermeister, Fraktionsvorsitzende,<br />
weitere Politiker, Rentner wurden alle Bezugsgruppen<br />
gleichzeitig und aus erster Hand informiert.<br />
n Proaktive Information: Alle Stakeholder erfuhren<br />
direkt von SinnLeffers von relevanten Neuerungen und<br />
erhielten Erläuterungen. Vor und nach der Anmeldung<br />
wurden durch regelmäßige persönliche Gespräche,<br />
Telefonate und Briefe alle Bezugsgruppen informiert.<br />
Wöchentlich wurden Fragen aus der Belegschaft beantwortet<br />
und über neuste Entwicklungen berichtet.<br />
1. Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist ein Sanierungsinstrument,<br />
mit dem SinnLeffers saniert und nachhaltig restrukturiert<br />
werden soll.<br />
2. Die DIH Deutsche Industrie-Holding <strong>GmbH</strong> als Gesellschafter<br />
steht hinter dem Unternehmen und bekennt sich<br />
zu seinem Investment.<br />
Diese Kernaussagen konnten regelmäßig mit positiven<br />
Fakten belegt und unterstrichen werden. Die Glaubwürdigkeit<br />
der Kommunikation hatte <strong>für</strong> SinnLeffers aber auch<br />
im operativen Tagesgeschäft einen erheblichen Nutzen.<br />
So gelang es dem Unternehmen, mit allen Lieferanten die<br />
Zahlungsziele wieder zu vereinbaren, die auch vor dem<br />
<strong>Insolvenz</strong>antrag galten. Dadurch gab es keine Vorkasse,<br />
keine Leistung Zug um Zug, keine Sicherheitsleistungen,<br />
die die Liquidität oder die Aktiva belastet hätten. In der<br />
<strong>Insolvenz</strong> wurden sogar drei neue hochwertige Marken im<br />
Rahmen der Trading-up-Strategie aufgenommen und bei<br />
bestehenden Marken Flächenexpansionen vereinbart.<br />
VIII. Unterstützung durch den<br />
Gesellschafter<br />
Bei SinnLeffers war es die DIH als Gesellschafter, die<br />
das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als Sanierungsoption der Geschäftsführung<br />
vorgeschlagen hat.<br />
Die DIH war in die Vorbereitung des Verfahrens involviert<br />
und hat die dabei entstandenen Kosten vollständig getragen.<br />
Auch während des Verfahrens hat der Gesellschafter<br />
wesentliche Kosten übernommen (z.B. sämtliche Beraterkosten<br />
oder Provisionsansprüche an Verkaufsmitarbeiter),<br />
die SinnLeffers in der <strong>Insolvenz</strong> nicht ausschütten konnte.<br />
Zudem stellte die DIH wesentliche Sicherheiten <strong>für</strong> die Gewährleistung<br />
des operativen Geschäfts zur Verfügung.<br />
n Weitestgehende Transparenz: Alle Inhalte, die nicht<br />
Betriebs- oder Strategiegeheimnisse betrafen, wurden<br />
veröffentlicht. Es entstand keine „Blackbox-<strong>Insolvenz</strong>“,<br />
wie in vielen anderen Verfahren.<br />
n Glaubwürdigkeit erhalten: Alle Kommunikationsinhalte,<br />
die veröffentlicht wurden, entsprachen den Tatsachen.<br />
Dadurch wurde eine belastbare Vertrauensbasis<br />
zu allen Stakeholdern aufgebaut.<br />
n Netzwerke nutzen: Um die Wirkung der Kommunikation<br />
zu verstärken, wurden unter den Stakeholdern Meinungsführer<br />
identifiziert, die dann als Multiplikatoren<br />
des Unternehmens in den jeweiligen Gruppen gewirkt<br />
haben.<br />
So konnten zwei Kernbotschaften erfolgreich platziert werden:<br />
Zusätzlich hat der Gesellschafter es durch einen wesentlichen<br />
Beitrag ermöglicht, dass den ungesicherten Gläubigern<br />
eine Quote auf ihre Forderungen ausgeschüttet werden<br />
konnte. Dies wäre andernfalls aufgrund der hohen vorrangigen<br />
Zahlungsverpfl ichtungen nicht möglich gewesen.<br />
Dem hohen persönlichen Engagement des DIH-Eigentümers<br />
Peter Zühlsdorff ist es zu verdanken, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
von allen wesentlichen Gläubiger- und<br />
Bezugsgruppen mitgetragen wurde. Von seinem Bekenntnis<br />
zu SinnLeffers ging ein Signal aus, das wesentlich zur<br />
Vertrauensbildung und zur Stabilisierung des Geschäfts<br />
beigetragen hat.<br />
IX. Restrukturierungsmaßnahmen in<br />
der <strong>Insolvenz</strong><br />
1. Optimierung des Filialportfolios<br />
Da nur wenige Vermieter zu Zugeständnissen bereit waren<br />
und SinnLeffers nur profi table Filialen weiterführen konn-<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
7
Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />
te, hatte SinnLeffers bereits im Oktober 2008 <strong>–</strong> also vor<br />
Eröffnung des Verfahrens <strong>–</strong> bekannt gegeben, dass sich<br />
das Unternehmen Ende Februar 2009 von 23 der vormals<br />
47 Filialen trennen würde.<br />
2. Optimierung der Mitarbeiter-Struktur<br />
Trotz Schließung der Häuser und weiterem Personalabbau<br />
konnten zwei Drittel der zuvor 3.700 Arbeitsplätze erhalten<br />
werden. So konnte SinnLeffers in der <strong>Insolvenz</strong> die Flächenproduktivität<br />
durch den Fokus auf profitable Filialen<br />
und eine gezieltere Personalpräsenz deutlich erhöhen.<br />
3. Neue Verträge mit Dienstleistern<br />
Zum Teil konnten mit bestehenden Dienstleistern neue,<br />
verbesserte Verträge abgeschlossen werden oder neue<br />
Anbieter gewonnen werden. Nach zweijähriger Planung<br />
und Vorbereitung wurde mitten in der <strong>Insolvenz</strong> von einem<br />
externen Logistik-Dienstleister auf ein eigenes Warenverteilzentrum<br />
umgeschaltet.<br />
4. PSVaG<br />
Die bestehenden Rentenverpflichtungen gingen an den<br />
PSVaG über, die Anwärter hingegen verblieben bei der<br />
SinnLeffers <strong>GmbH</strong>.<br />
X. Gläubigergruppen<br />
Im <strong>Insolvenz</strong>plan werden die verschiedenen Gläubiger abhängig<br />
von ihrer Rolle und ihren Rechten in der <strong>Insolvenz</strong> in<br />
verschiedene Gruppen eingeteilt, die jeweils über den Plan<br />
abstimmen. Dabei hat der Ersteller des <strong>Insolvenz</strong>plans einen<br />
hohen Gestaltungsspielraum. Die Einteilung der Gruppen<br />
ist ein wesentlicher Faktor bei der Gewährleistung,<br />
dass der Plan von den Gläubigern akzeptiert wird.<br />
Die Gläubigergruppen im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren bei Sinn-<br />
Leffers wurden wie folgt eingeteilt und hinsichtlich des<br />
voraussichtlichen Abstimmungsverhaltens erörtert:<br />
Gruppe 1: Warenkreditlieferanten<br />
n Hier wurden die über einen so genannten Lieferantenpool<br />
organisierten, gesicherten Lieferanten erfasst.<br />
n Diese Lieferanten erhielten den Wert ihrer Sicherungsrechte<br />
über eine Rahmenvereinbarung (Abgrenzung der<br />
Sicherheiten am Umlaufvermögen) außerhalb des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
bezahlt (einfacher, erweiterter oder verlängerter<br />
Eigentumsvorbehalt).<br />
n Im Plan setzten diese Gläubiger ihre Ausfall- / ungesicherte<br />
Forderung nicht durch und nahmen dadurch an<br />
der Quotenzahlung des Plans nicht teil.<br />
n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Die Lieferanten<br />
wollten SinnLeffers weiterhin als Absatzkanal<br />
nutzen.<br />
Gruppe 2: Vermieter<br />
n Hier wurden die Forderungen der Vermieter erfasst.<br />
Zum Beispiel, wenn diese rückständigen Mieten oder<br />
Schadensersatzforderungen wegen Kündigung des<br />
Mietvertrags geltend machten.<br />
n Die Vermieter waren mit einem Teil ihrer Forderungen<br />
über das Vermieter-Pfandrecht gesichert und erhielten<br />
den Wert ihres Sicherungsrechts außerhalb des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
wie im Regelverfahren nach Darlegung<br />
und Nachweis abgegolten.<br />
n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />
ihre Ausfall-/ ungesicherte Forderung eine Quotenzahlung.<br />
n Interne Prognose vor Abstimmung: kritisch. Daher wurden<br />
hier auch Vermieter von Geräten und Inventar gebündelt,<br />
um eine Kopfmehrheit sicherzustellen.<br />
Gruppe 3: PSVaG<br />
n Hier wurden die Forderungen der betrieblichen Altersversorgung<br />
erfasst, soweit sie auf den PSVaG als<br />
dem gesetzlichen Träger der <strong>Insolvenz</strong>sicherung übergegangen<br />
waren.<br />
n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielt der PSVaG auf seine ungesicherte<br />
Forderung eine Quotenzahlung.<br />
n Für den PSVaG sah der <strong>Insolvenz</strong>plan zudem die per<br />
Gesetz vorgegebene Rücknahme versorgungsberechtigter<br />
Betriebsrentner/ Anwärter vor.<br />
n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Der PS-<br />
VaG ist per Gesetz im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren bessergestellt<br />
als die anderen Gläubiger.<br />
Gruppe 4: Arbeitnehmerforderungen<br />
n Hier nahmen die Arbeitnehmer mit ihren ureigenen<br />
Forderungen teil (nicht Betriebsrentenforderungen, die<br />
auf den PSVaG und nicht <strong>Insolvenz</strong>geldforderungen, die<br />
auf die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit übergegangen waren).<br />
n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />
ihre Forderungen eine Quotenzahlung.<br />
n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Den entlassenen<br />
Arbeitnehmern war bewusst, dass der umfangreiche<br />
Sozialplan in dieser Höhe nur ausgezahlt<br />
8 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
werden konnte, wenn sie zuvor dem <strong>Insolvenz</strong>plan zugestimmt<br />
hatten. Die nicht entlassenen Mitarbeiter<br />
wollten ihren Arbeitsplatz behalten.<br />
Gruppe 5: Sonstige <strong>Insolvenz</strong>forderungen<br />
n Hier wurden alle übrigen Gläubiger mit ihren Ausfall-/<br />
ungesicherten Forderungen eingegliedert, die nicht den<br />
Gruppen 1 bis 4 zugeordnet werden konnten (Auffanggruppe),<br />
beispielsweise die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit<br />
und alle Dienstleister.<br />
n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />
ihre ungesicherten Forderungen eine Quotenzahlung.<br />
n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Die<br />
Dienstleister wollten SinnLeffers weiterhin als Absatzkanal<br />
nutzen.<br />
Dennoch war es notwendig, die Gläubiger im Erörterungstermin<br />
davon zu überzeugen, dem Plan zuzustimmen. Im<br />
Rahmen des Vergleichs mit einer Regelabwicklung wurde<br />
deutlich, dass der <strong>Insolvenz</strong>plan <strong>für</strong> alle Beteiligten eine<br />
bessere Perspektive eröffnete. Dies überzeugte die Gläubiger<br />
der SinnLeffers <strong>GmbH</strong>, so dass letztendlich alle Gruppen<br />
kumuliert zu 96 Prozent dem <strong>Insolvenz</strong>plan zugestimmt<br />
haben. Das Verfahren konnte bereits acht Monate nach der<br />
Eröffnung erfolgreich abgeschlossen werden, was zu einer<br />
zügigen Auszahlung der Gläubigerforderungen geführt hat.<br />
XI. Zusammenfassung<br />
Für SinnLeffers war das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ohne Zweifel<br />
eine Zäsur in der Unternehmensgeschichte. Neben den<br />
erheblichen Sanierungsschritten und einer Reduzierung<br />
des Personals überwiegen die Erfolge dennoch deutlich.<br />
Heute ist SinnLeffers ein profi tables Unternehmen, das<br />
über Plan- und auch über Marktniveau arbeitet. Die Filialstruktur,<br />
das Warensortiment und die Mitarbeiterstruktur<br />
haben sich deutlich verbessert. Der Eigentümer und die<br />
Geschäftsführung von SinnLeffers sind sich einig, dass die<br />
Sanierung ohne das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Im Nachgang zur gelungenen Sanierung von SinnLeffers<br />
wurden bei zahlreichen <strong>Insolvenz</strong>anträgen ebenfalls <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
in Eigenverwaltung angekündigt,<br />
die aber nur selten erfolgreich abgeschlossen wurden.<br />
Das liegt unter anderem daran, dass neben einer intensiven<br />
Vorbereitung und der proaktiven Kommunikation ein<br />
starker Gesellschafter unerlässlich <strong>für</strong> das Gelingen eines<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahrens ist. Im Falle der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />
hatte die DIH Deutsche Industrie-Holding <strong>GmbH</strong> diese Rolle<br />
erfolgreich ausgefüllt. Die Gruppe leistete einen erheblichen<br />
Sanierungsbeitrag, indem sie trotz vieler Unwägbarkeiten<br />
des Verfahrens ein Bekenntnis zu ihrem Investment<br />
ausgesprochen und wesentliche Kosten des Verfahrens,<br />
insbesondere die Ausschüttung der Quote getragen hat.<br />
Aufgrund der negativen Assoziierungen mit dem <strong>Insolvenz</strong>begriff<br />
warten viele Unternehmen oft zu lange, um einen<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan auszuarbeiten und <strong>Insolvenz</strong>antrag zu stellen.<br />
Dadurch verlieren sie nach Antragstellung oft tatsächlich<br />
die Kontrolle über das weitere Verfahren. SinnLeffers<br />
hat das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Eigenverwaltung stets<br />
als Chance begriffen <strong>–</strong> und sie genutzt.<br />
Verlauf des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />
Jun - Jul 2008: Vorbereitung des Verfahrens<br />
07. Aug 2008: <strong>Insolvenz</strong>antragstellung und Beantragung Eigenverwaltung<br />
Okt 2008: Kommunikation bzgl. Filialschließungen und Entlassungen<br />
01. Nov 2008: Eröffnung des <strong>Insolvenz</strong>verfahrens; Anordnung der Eigenverwaltung<br />
Nov. 2008: Einigung mit Betriebsrat und ver.di; Kündigung der<br />
Mitarbeiter, Mietverträge und Dienstleister der Schließungsfilialen<br />
19. Jan 2009: Berichtstermin der Gläubiger<br />
18. Feb 2009: Erörterungstermin zum <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
28 Feb 2009: Schließung von 23 der 47 Filialen<br />
09. Mrz 2009: Gläubiger stimmen <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
mit 99,6% zu<br />
24. Mrz 2009: <strong>Insolvenz</strong>plan rechtskräftig<br />
04 Mai 2009: Aufhebung des<br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahrens<br />
Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai<br />
2008 2009<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
9
Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />
Die übertragende Sanierung in<br />
schwierigen Zeiten<br />
von RA Dr. Thomas C. Sittel<br />
Dr. Thomas C. Sittel<br />
Rechtsanwalt<br />
Partner<br />
<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />
München<br />
I. Einleitung<br />
Die wahre Güte eines Sanierungsinstruments zeigt sich<br />
erst dann, wenn es sich in der Praxis auch unter außergewöhnlichen<br />
Umständen bewähren kann. Einem solchen<br />
„Stress-Test“ wurde die übertragende Sanierung aufgrund<br />
des massiven Wirtschaftsabschwungs der zurückliegenden<br />
18 Monate unterzogen. Rückblickend lässt sich festhalten,<br />
dass das Sanierungsinstrument diesem Härtetest <strong>–</strong> bei Beachtung<br />
bestimmter Erfolgsfaktoren <strong>–</strong> stand gehalten hat.<br />
Der Fall der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> und Co. KG ist<br />
ein gutes Beispiel da<strong>für</strong>, dass eine übertragende Sanierung<br />
insolventer Unternehmen auch unter historisch schlechten<br />
Rahmenbedingungen möglich ist.<br />
Die Junghans Uhren <strong>GmbH</strong>, eine der wohl bekanntesten<br />
deutschen Uhrenmarken, musste Ende August 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
stellen. Anfang 2009 konnte das Unternehmen<br />
im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen<br />
neuen Investor übertragen werden. Schon im ersten Geschäftsjahr<br />
nach der Übertragung schreibt das neue Unternehmen<br />
wieder schwarze Zahlen.<br />
Bevor jedoch am Beispiel von Junghans die Erfolgsfaktoren<br />
einer übertragenden Sanierung dargestellt werden, wird<br />
zunächst noch einmal kurz auf die Historie bis zum <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
eingegangen:<br />
II. Ausgangssituation: <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
infolge des Zusammenbruchs des Egana<br />
Goldpfeil Konzerns<br />
Die Uhrenfabrik Junghans kann auf eine lange, aber auch<br />
bewegte Historie zurückblicken. Das 1861 gegründete Unternehmen<br />
aus Schramberg im Schwarzwald war einst die<br />
größte Uhrenfabrik der Welt. Mit über 3.000 Beschäftigten<br />
wurden Anfang des 20. Jahrhunderts mehr als 3 Millionen<br />
Uhren pro Jahr hergestellt.<br />
Doch diese ruhmreichen Jahre liegen weit zurück. Spätestens<br />
seit Ende der 90er Jahre kämpfte das Unternehmen<br />
mit einer schwerwiegenden strategischen Krise, die durch<br />
die extrem schwache Nachfrage im damaligen Kerngeschäftsbereich<br />
Funkuhren ausgelöst wurde. Im Jahr 2000<br />
wurde das Unternehmen aus dem Rüstungskonzern Diehl<br />
herausgelöst und in die Egana Goldpfeil Gruppe eingegliedert.<br />
Doch die erhofften positiven Effekte aus der Einbindung<br />
in den Konzern blieben aus. Da die strukturellen Defizite<br />
nicht beseitigt wurden, waren die Geschäftsergebnisse<br />
trotz kontinuierlicher Restrukturierungsversuche auch <strong>für</strong><br />
die neuen Eigentümer mehr als unbefriedigend. Im Jahre<br />
2006 entschloss man sich, den schleichenden Verfall von<br />
Unternehmen und Marke durch eine radikale strategische<br />
Neuausrichtung zu stoppen. Es wurde ein finanziell sehr<br />
aufwendiges Sanierungskonzept aufgesetzt, dass das damalige<br />
Geschäftsmodell fast komplett umkrempeln sollte.<br />
Dieser mutigen Initiative wurde jedoch der „Nährboden“<br />
entzogen, als der Mutterkonzern Egana Goldpfeil <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />
viele überraschend <strong>–</strong> im Jahre 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
stellen musste. Da die notwendigen finanziellen Mittel<br />
nicht mehr zur Verfügung standen, blieb der Junghans-<br />
Geschäftsführung nur der Gang zum Amtsgericht. Als vorläufiger<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter wurde am 29. August 2008 Dr.<br />
Georg Bernsau von der Kanzlei BBL Rechtsanwälte bestellt.<br />
III. Unmittelbare Initiierung eines „Gestaltenden<br />
Investorenprozesses“<br />
Als wesentlicher Erfolgsfaktor <strong>für</strong> die gelungene Umsetzung<br />
einer übertragenden Sanierung hat sich der unmittelbare<br />
Start mit dem Investorenprozess erwiesen. Bereits<br />
wenige Tage nach Antragstellung hat die vorläufige <strong>Insolvenz</strong>verwaltung<br />
einen spezialisierten M&A-Dienstleister<br />
mit der Durchführung eines „Gestaltenden Investorenprozesses“<br />
beauftragt.<br />
Dadurch konnte bereits innerhalb der ersten beiden Projektwochen<br />
eine Vielzahl potentieller Interessenten identifiziert<br />
und kontaktiert werden. Die Selektion der entsprechenden<br />
Kandidaten erfolgte mit der Zielsetzung, einen<br />
optimalen „Strategischen Fit“ mit dem Schuldnerunternehmen<br />
herzustellen. Die Kernkompetenzen von Junghans liegen<br />
neben dem einzigartigen technischen Know-how in der<br />
Uhrmacherkunst vor allem in der immer noch sehr starken<br />
Marke sowie dem umfangreichen Marktzugang.<br />
Am Ende waren es rund 100 potentielle Interessenten, die<br />
zunächst mit einem aussagekräftigen Kurzprofil („Teaser“)<br />
angesprochen wurden. Bei den adressierten Kandidaten<br />
handelte es sich zum einen um strategische und vorselektierte<br />
Finanzinvestoren. Aufgrund der konkreten Marktpositionierung<br />
von Junghans wurden zum anderen auch sog.<br />
„Family Offices“ und Marken-Holdings angesprochen.<br />
10 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Die Investorensuche wurde zudem global aufgesetzt, da<br />
Junghans aufgrund seines Geschäftsmodells insbesondere<br />
auch <strong>für</strong> Kandidaten aus dem arabischen und asiatischen<br />
Raum interessant war. Da<strong>für</strong> war jedoch der frühzeitige Beginn<br />
der Interessentenansprache essentiell, denn Interessenten<br />
aus dem Ausland <strong>–</strong> insbesondere aus Asien <strong>–</strong> benötigen<br />
erfahrungsgemäß einen deutlich längeren zeitlichen<br />
Vorlauf bis zur Entscheidungsfähigkeit.<br />
Nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung wurden<br />
über 20 Interessenten mit detaillierten Unternehmensinformationen<br />
versorgt und zu Erstgesprächen im Hause<br />
Junghans geladen. Dem Management gelang es, im Rahmen<br />
dieser Gespräche und einer Unternehmensführung,<br />
die eigene Begeisterung <strong>für</strong> das Uhrenhandwerk auf eine<br />
Vielzahl von Interessenten zu übertragen. Auf der anderen<br />
Seite war jedoch <strong>–</strong> aufgrund der hohen Verluste aus den<br />
Vorjahren <strong>–</strong> sehr viel Überzeugungsarbeit erforderlich, um<br />
die Kandidaten auch „kaufmännisch“ zu überzeugen.<br />
V. Frühzeitige Abgabe indikativer<br />
Angebote durch ernsthafte Interessenten<br />
Aufgrund des insolvenztypischen knappen Zeitfensters <strong>für</strong><br />
die Umsetzung einer Investorenlösung ist es wichtig, die<br />
Anfangsgeschwindigkeit auch im weiteren Verlauf des<br />
Prozesses aufrecht zu erhalten. Durch Parallelisierung der<br />
Investorengespräche und der Aufbereitung von Informationen<br />
konnte viel Zeit eingespart werden. Der schnelle Fortschritt<br />
des Investorenprozesses zeigte sich darin, dass die<br />
Interessenten bereits rund 6 Wochen nach Antragstellung<br />
dazu aufgefordert waren, auf Basis einer umfangreichen<br />
Investorenunterlage ein indikatives Angebot abzugeben.<br />
IV. Sicherstellung Veräußerbarkeit<br />
Im 2. Halbjahr 2008 hatte sich die konjunkturelle Lage bereits<br />
merklich eingetrübt. Trotzdem ist es dem Verwalter<br />
in einem Schulterschluss mit dem Management gelungen,<br />
das Unternehmen im vorläufi gen Verfahren zu stabilisieren<br />
und die vom Management eingeleitete Restrukturierung in<br />
der <strong>Insolvenz</strong> konsequent fortzuführen.<br />
Eine wesentliche Herausforderung bestand auch darin,<br />
das Schuldnerunternehmen operativ wieder aus dem<br />
Mutterkonzern herauszulösen, um eine selbständige, verkaufsfähige<br />
Einheit herzustellen. So wurde beispielsweise<br />
bis dahin die IT-Infrastruktur zu wesentlichen Teilen von<br />
Schwestergesellschaften aus dem Konzern erbracht. Aber<br />
auch andere essentielle Support-Funktionen, wie die Logistik,<br />
das Key Account Management sowie das Kunden<br />
Service Center, wurden seit einigen Jahren zentral von der<br />
Egana Goldpfeil Gruppe zur Verfügung gestellt. Es gelang<br />
jedoch den „Carve-out“ soweit vorzubereiten, dass dieses<br />
Thema <strong>für</strong> die Interessenten kein wesentliches Hindernis<br />
mehr war.<br />
Ein signifikanter Umsatzanteil von Junghans wurde mit<br />
Uhren der Marke Max Bill erzielt. Da es sich hierbei jedoch<br />
um ein Lizenzprodukt handelt, war der Erhalt der Lizenz <strong>–</strong><br />
gerade im Rahmen einer übertragenden Sanierung <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />
jeden Erwerber essentiell. Der vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwaltung<br />
und der Geschäftsführung war es jedoch gelungen,<br />
bereits im Rahmen der vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong> eine Vertragserneuerung<br />
mit der Max-Bill-Stiftung über 15 Jahre<br />
zu vereinbaren. Diese Vereinbarung sollte auch im Rahmen<br />
einer übertragenden Sanierung <strong>für</strong> einen Erwerber gelten.<br />
Damit war das Unternehmen Junghans marktseitig und<br />
operativ bestmöglich <strong>für</strong> einen Verkauf vorbereitet.<br />
Neben relevanten Unternehmensinformationen, einer an<br />
die <strong>Insolvenz</strong>situation angepassten Planungsrechnung sowie<br />
einer detaillierten Beschreibung des Verkaufsgegenstandes<br />
enthielt die Unterlage insbesondere eine „Strukturierungshilfe“<br />
zur Erstellung eines indikativen Angebots.<br />
Eine solche Inhaltsvorgabe erleichtert im weiteren Verlauf<br />
des Prozesses die Vergleichbarkeit von Angeboten.<br />
Die Bewertung der vorgelegten Angebote erfolgte dabei<br />
nicht nur auf Basis des angebotenen Kaufpreises, sondern<br />
auch unter Berücksichtigung der zu übernehmenden Anzahl<br />
an Arbeitnehmern und der Nachhaltigkeit des Übernahmekonzepts.<br />
Ein wesentlicher Aspekt war in diesem<br />
Zusammenhang insbesondere die Finanzkraft des potentiellen<br />
Erwerbers. Denn der Erwerber hatte <strong>–</strong> abgesehen<br />
vom Kaufpreis und von der Working Capital Finanzierung<br />
<strong>–</strong> erhebliche Investitionen in die Marke sowie signifi kante<br />
Sanierungskosten zu erwarten.<br />
Die eingereichten Angebote unterschieden sich zum Teil<br />
sehr deutlich: Auf der einen Seite gab es Kandidaten, die<br />
lediglich an den Markenrechten interessiert waren. Auf der<br />
anderen Seite wurden aber auch interessante Konzepte<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
11
Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />
vorgelegt, die eine mehr oder minder umfangreiche Fortführung<br />
am Standort Schramberg vorsahen. Gemeinsam<br />
mit der vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwaltung wurde entschieden,<br />
mit lediglich zwei Kandidaten in finale Gespräche und<br />
Verhandlungen zu gehen, da es sich in beiden Fällen um<br />
äußerst solvente und ernsthafte Interessenten mit einem<br />
umfangreichen Übernahmekonzept handelte.<br />
Aus Sicht von Matthias Stotz, Geschäftsführer von Junghans,<br />
sind dies: „Ein offener Umgang mit der <strong>Insolvenz</strong>,<br />
eine schonungslose Stärken-Schwächen-Analyse des Unternehmens<br />
und eine konstruktive Zusammenarbeit mit<br />
dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter“.<br />
VI. Übernahme durch strategischen Investor<br />
mit überzeugendem Konzept<br />
Auf Basis der generierten Übernahmeangebote wurde<br />
die Firma Junghans schließlich im Rahmen einer übertragenden<br />
Sanierung als privates Engagement an die Unternehmer<br />
Dr. Hans-Jochem Steim und Hannes Steim, Gesellschafter<br />
der Kern-Liebers Firmengruppe, verkauft.<br />
Die Kern-Liebers Firmengruppe ist ein internationaler<br />
Zulieferer <strong>für</strong> Systemhersteller der Automobil-, Textilund<br />
Konsumgüterindustrie mit weltweit mehr als 5.000<br />
Mitarbeitern. Die Gruppe ist einer dieser stillen „Hidden<br />
Champions“, die in Nischenmärkten, insbesondere Präzisionsfedern,<br />
Weltmarktführer ist. Der zur Firmengruppe<br />
gehörende Spiralfedernhersteller Carl Haas ist zugleich ein<br />
strategischer Partner von Junghans.<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter Dr. Georg Bernsau zeigte sich sehr zufrieden:<br />
„Das Übernahmekonzept der neuen Gesellschaft<br />
ist überzeugend. Mit ihm konnten wir die Grundlage schaffen<br />
<strong>für</strong> die erfolgreiche Zukunft eines Traditionsunternehmens.“<br />
Das Angebot der Herren Steim konnte sich am Ende durchsetzen,<br />
weil es eine fast vollumfängliche Übernahme von<br />
Junghans unter Erhalt nahezu aller Arbeitsplätze vorsah.<br />
Auch die Nachhaltigkeit des Konzepts war gegeben, da<br />
die Investoren zusammen mit dem alten Management das<br />
bereits eingeschlagene Sanierungskonzept zu Ende führen<br />
wollten und gleichzeitig bereit waren, nicht unerheblich in<br />
das Unternehmen zu investieren. Damit waren die Weichen<br />
<strong>für</strong> einen Neuanfang gestellt.<br />
VII. Erfolgreicher Neustart des Unternehmens<br />
nach <strong>Insolvenz</strong><br />
Der mit dem Restrukturierungskonzept eingeschlagene<br />
radikale Strategiewechsel wurde nach der Übernahme<br />
konsequent und erfolgreich fortgeführt. „Trotz der Wirtschaftskrise<br />
haben wir im deutschen Uhrenfachhandel<br />
sehr gute Wachstumsraten“, betont Werner Wicklein,<br />
einer der Junghans-Geschäftsführer. Mit 70 zusätzlichen<br />
Handelspartnern, neu entwickelten Produkten und einem<br />
neuen Marketingauftritt, der das starke Selbstbewusstsein<br />
der Marke symbolisiert, sind die Zeichen bei dem Traditionsunternehmen<br />
endlich wieder auf Wachstum gestellt.<br />
Und die Erfolgsfaktoren dieser erfolgreichen Sanierung?<br />
VIII. „Lessons learnt“ <strong>für</strong> den<br />
Investorenprozess<br />
Als wesentliche „Lessons learnt“ <strong>für</strong> einen erfolgreichen<br />
Investorenprozess haben sich dabei einmal mehr herauskristallisiert:<br />
1. Unmittelbarer Start nach Antragstellung<br />
Aufgrund des ohnehin sehr engen Zeitfensters <strong>für</strong> eine<br />
Übernahme aus der <strong>Insolvenz</strong> ist es essentiell, dass der<br />
Investorenprozess unmittelbar nach Antragstellung initiiert<br />
wird. Auch wenn aus der Sicht der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung zu<br />
diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht alle Fragen geklärt<br />
sind, führt ein Zögern zum Verlust wertvoller Zeit.<br />
Dies gilt umso mehr, wenn <strong>–</strong> wie im Fall Junghans <strong>–</strong> eine<br />
internationale Investorensuche sinnvoll und erforderlich<br />
ist. Denn insbesondere Interessenten aus den sog.<br />
„Emerging Markets“ benötigen erfahrungsgemäß viel Zeit,<br />
um ein mögliches Engagement zu prüfen und zu entscheiden.<br />
Beginnt man zu spät, so ist nicht zu erwarten, dass<br />
solche Kandidaten auf der Zielgeraden mit dabei sind.<br />
12 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
2. Identifikation des konkreten<br />
Verkaufsgegenstandes<br />
Durch die Brille eines potentiellen Investors ist festzustellen,<br />
was den Wert des Schuldnerunternehmens konkret<br />
Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine breite<br />
Investorenansprache unerlässlich. Die Kandidatensuche<br />
darf sich dabei nicht nur auf das Inland und europäische<br />
Ausland beschränken. Wenig Erfolg versprechend ist es<br />
zudem, die potentiellen Interessenten lediglich schriftlich<br />
zu kontaktieren. Denn vielfach gelingt es erst in einem persönlichen<br />
Gespräch, das Interesse überhaupt zu wecken,<br />
indem etwa die Vorteile einer Übernahme aus der <strong>Insolvenz</strong><br />
detailliert erläutert werden.<br />
Die Identifi kation potentieller Kandidaten erfordert zudem<br />
ein umfangreiches Marktverständnis und die Kenntnis der<br />
Wertschöpfungsstrukturen in der Branche. Ziel ist es, solche<br />
Kandidaten zu identifi zieren, die aufgrund komplementärer<br />
Wertschöpfungsstrukturen oder Produktprogramme<br />
über einen optimalen strategischen Fit verfügen. Die Ansprache<br />
sollte zwar breit, aber keineswegs unselektiert<br />
erfolgen.<br />
Bei Junghans wurde schnell klar, dass bei der Investorensuche<br />
über den Tellerrand zu schauen war. Denn aufgrund<br />
der unklaren Marktpositionierung von Junghans scheuten<br />
die meisten etablierten Spieler am Markt ein Engagement.<br />
Der mühsame, kostspielige Weg einer „Revitalisierung“<br />
der Marke war <strong>für</strong> viele zu riskant und zu aufwendig. Bei<br />
den „offensichtlichen“ Kandidaten war das Interesse erwartungsgemäß<br />
meist von sehr kurzer Dauer.<br />
4. Frühzeitige Identifikation und Beseitigung von<br />
„Deal-Breakern“<br />
Aus Sicht potentieller Investoren sind auf Basis des<br />
Feedbacks aus den ersten Gesprächen sowie eigenen<br />
Erfahrungen frühzeitig ernsthafte „Deal-Breaker“ zu identifi<br />
zieren und gemeinsam mit der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung zu<br />
beseitigen. Dabei kann zwischen solchen Faktoren unterschieden<br />
werden, die zu einem Wegfall des Erwerbsinteresses<br />
führen, und solchen, die sich negativ auf den Kaufpreis<br />
auswirken.<br />
ausmacht. Dabei geht es meist weniger um die materiellen<br />
Assets als vielmehr um Themen wie Geschäftsmodell,<br />
Kernkompetenzen, Marktzugang oder Marke. Die Beurteilung<br />
des Wertes eines Unternehmens erfordert daher ein<br />
detailliertes Verständnis der jeweiligen Märkte.<br />
Die bisherige Positionierung zwischen Billiganbieter und<br />
Luxusmarke sowie der Verlust der Technologieführerschaft<br />
hatten dem Ansehen der Marke Junghans in den zurückliegenden<br />
Jahren stark zugesetzt. Vor diesem Hintergrund<br />
bestand die Vermarktungsstory i.S. eines „Hübschen der<br />
Braut“ vor allem in der Herausstellung der Chancen durch<br />
eine Repositionierung und Revitalisierung der Marke.<br />
3. Breite persönliche Investorenansprache<br />
Wie bereits dargestellt, stellte sich bei Junghans die operative<br />
Trennung des Unternehmens aus dem Konzern als<br />
äußerst kritisches Thema dar. Einen wesentlichen Einfl uss<br />
auf die Dimensionierung der Übertragungslösung sowie<br />
den Kaufpreis hatte darüber hinaus etwa die Übertragbarkeit<br />
der Markenrechte Max Bill.<br />
5. Sicherstellung belastbaren und konsistenten Datenmaterials<br />
Kaum etwas schadet dem Investorenprozess mehr, als eine<br />
unzureichende oder inkonsistente Datenlage. Informationslücken<br />
oder widersprüchliche Daten führen im schlimmsten<br />
Fall zum „Rückzug“ des Interessenten, zumindest aber<br />
zur Einpreisung des zusätzlichen Risikos beim Kaufpreis.<br />
Vor diesem Hintergrund sind alle zur Verfügung gestellten<br />
Informationen genau zu prüfen und aufzubereiten. Etwaige<br />
Fragen von Interessenten sind möglichst bereits im Vorfeld<br />
zu antizipieren. Das Einstellen unkontrollierter Informationen<br />
in einen Datenraum wirft meist mehr Fragen auf als<br />
es beantwortet.<br />
Von entscheidender Bedeutung ist dabei insbesondere die<br />
Erstellung einer belastbaren und glaubwürdigen Unterneh-<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
13
Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />
mensplanung. Bei Junghans gelang es, gemeinschaftlich<br />
einen anspruchsvollen, aber realistischen Business Plan<br />
zu entwickeln, hinter dem das Management von Junghans<br />
vollumfänglich stand.<br />
6. Enge Führung der Interessenten im Rahmen des<br />
Investorenprozesses<br />
Aufgrund des hohen Zeitdrucks ist eine enge Führung aller<br />
potentiellen Erwerber im Rahmen des gesamten Investorenprozesses<br />
sehr wichtig. Dazu gehört neben einem<br />
permanenten Nachfassen auch die persönliche Begleitung<br />
aller Termine. Nur so ist sichergestellt, dass man kontinuierlich<br />
„einen Finger am Puls“ des Interessenten hat und<br />
über alle relevanten Informationen verfügt.<br />
Sinnvollerweise erfolgte die gesamte Kommunikation im<br />
Rahmen des Investorenprozesses bei Junghans über den<br />
mandatierten Dienstleister. Damit wird sichergestellt, dass<br />
alle Informationen in einer Hand und damit jederzeit verfügbar<br />
waren. Durch eine enge Abstimmung mit der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung,<br />
war diese über den Stand des Prozesses<br />
fortlaufend informiert. Zudem wurde dadurch sichergestellt,<br />
dass die Interessen der Verwaltung optimal gewahrt<br />
wurden.<br />
7. Transparenter Investorenprozess<br />
Gerade in öffentlichkeitsträchtigen Verfahren ist die Einhaltung<br />
eines transparenten Prozesses oberste Priorität.<br />
Hierzu zählt einerseits die Gleichbehandlung aller Interessenten,<br />
aber andererseits auch die Aussortierung von<br />
„<strong>Insolvenz</strong>touristen“.<br />
Aufgrund des engen persönlichen Kontakts mit den Interessenten<br />
lässt sich <strong>–</strong> wie bei Junghans <strong>–</strong> schnell erkennen,<br />
welcher Kandidat ein ernsthaftes Interesse hat. Durch<br />
die Art der Fragen und Informationsanforderungen verraten<br />
sich solche Kandidaten, die lediglich ein „forensisches“ Interesse<br />
haben.<br />
8. Ermittlung eines realisierbaren<br />
Kaufpreiskorridors<br />
Kaufpreisverhandlungen ohne konkrete Preisvorstellung<br />
sind wenig zielführend. Zur Stärkung der Verhandlungsposition<br />
ist es daher einerseits wichtig, eigene realistische<br />
Preisvorstellungen zu entwickeln, und andererseits die<br />
obere Schmerzgrenze der potentiellen Käufer zu antizipieren.<br />
Hierzu ist auf Basis der Rückmeldungen aus dem<br />
Markt, vergleichbarer Transaktionen sowie des Business<br />
Plans ein realisierbarer Kaufpreiskorridor zu entwickeln.<br />
IX. Fazit<br />
Die übertragende Sanierung hat sich <strong>–</strong> trotz der vorhandenen<br />
Lizenzproblematik <strong>–</strong> auch in einem extrem schwierigen<br />
Wirtschaftsumfeld als äußerst leistungsfähiges Sanierungsinstrument<br />
erwiesen.<br />
14 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />
Ein Plädoyer <strong>für</strong> das Planverfahren<br />
von RA Prof. Rolf Rattunde<br />
I. Einleitung<br />
Die <strong>Insolvenz</strong>ordnung bietet ein im Grundsatz hervorragendes<br />
Instrument zur Sanierung von Schuldnern: den<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan. Dieser erlaubt eine Sanierung des Unternehmens<br />
in Fällen einer komplizierten Gläubigerstruktur,<br />
ermöglicht die Reorganisation und kann <strong>–</strong> bis zu einer<br />
bestimmten Grenze <strong>–</strong> auch unwillige Gläubiger zwingen.<br />
Dennoch findet der <strong>Insolvenz</strong>plan im Verwalteralltag nicht<br />
seinen rechten Platz: Im Schnitt werden lediglich rund<br />
zweihundert <strong>Insolvenz</strong>pläne im Jahr durchgeführt - eine<br />
verschwindend geringe Zahl. Sehr viel häufi ger, fast schon<br />
Standard ist dagegen die übertragende Sanierung, bei der<br />
die Vermögenswerte des schuldnerischen Unternehmens<br />
auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden. Nachfolgend<br />
soll dargestellt werden, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
erhebliche Chancen und eine große Bandbreite<br />
an Instrumentarien bietet. Auch die Risiken werden berücksichtigt,<br />
denn sie bilden regelmäßig die Klippen, die<br />
die Beteiligten <strong>für</strong> einen erfolgreichen <strong>Insolvenz</strong>plan zu<br />
umschiffen haben.<br />
Ausgehend von der in der Praxis häufi g gestellten Frage, ob<br />
eine Sanierung außerhalb oder innerhalb einer <strong>Insolvenz</strong><br />
durchgeführt werden sollte, muss insbesondere auf einen<br />
Aspekt hingewiesen werden: Das <strong>Insolvenz</strong>recht bietet<br />
eine Reihe von Möglichkeiten der Erleichterung einer Sanierung,<br />
die es außerhalb der <strong>Insolvenz</strong> nicht gäbe. Dies<br />
sind klassischer Weise Sonderregelungen zum Arbeitsrecht,<br />
das <strong>Insolvenz</strong>mietrecht und natürlich zur Liquiditätsbeschaffung<br />
auch das Recht der Anfechtung. Auf die<br />
außergerichtliche Sanierung nach der aktuellen Rechtslage<br />
soll hier nicht näher eingegangen werden, einen kurzen<br />
Überblick verschafft die Abbildung 1. An dieser Stelle sei<br />
jedoch darauf verwiesen, dass derzeit große und auch berechtigte<br />
Diskussionen darüber geführt werden, wie ein<br />
vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren gesetzlich verankert<br />
werden kann.<br />
Nachfolgend werden die übertragende Sanierung und das<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahren mit ihren Vorzügen und ihren Nachteilen<br />
kurz erläutert, abgerundet mit einem kurzen Ausblick<br />
auf die derzeit angestrebten Reformen.<br />
II. Die übertragende Sanierung<br />
Die übertragende Sanierung in ihrer klassischen Form der<br />
Übertragung ist der sog. Asset Deal, bei dem die Vermögenswerte<br />
als solche auf einen neuen Rechtsträger übertragen<br />
werden. Der Vorteil der übertragenden Sanierung<br />
ist insbesondere ihre Schnelligkeit. Sie ist <strong>–</strong> einen Interessenten<br />
vorausgesetzt - relativ zeitnah umsetzbar, denn<br />
ein Vertrag kann bereits vor dem Termin zur Gläubigerversammlung<br />
geschlossen werden und wird diesbezüglich<br />
lediglich einen Vorbehalt der Zustimmung der Gläubigerversammlung<br />
enthalten. Bei der übertragenden Sanierung<br />
wird regelmäßig in die Gesellschafterstruktur eingegriffen,<br />
eine Möglichkeit, die das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren zunächst<br />
nicht vorsieht. Dies kann vor dem Hintergrund, dass in einer<br />
Vielzahl von Fällen die aktuelle Geschäftsführung an<br />
der Entstehung der <strong>Insolvenz</strong>gründe möglicherweise nicht<br />
ganz unbeteiligt war, die Zukunft eines Unternehmens<br />
maßgeblich mitbestimmen.<br />
Die übertragende Sanierung ist als Betriebsveräußerung<br />
zulässig und unterliegt gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO der<br />
Zustimmung der Gläubigerversammlung. Darüber hinaus<br />
ist sie an bestimmte Voraussetzungen, die in § 162 und<br />
§ 163 InsO normiert sind, gebunden. Eine übertragende<br />
Sanierung kann nach der aktuellen Gesetzeslage jedoch<br />
frühestens mit dem Stichtag der Eröffnung des Verfahrens<br />
erfolgen, wie sich aus § 160 InsO ergibt, der zwar auch<br />
im Vorverfahren eine gewisse Vorwirkung hat, dem jedoch<br />
vorgegriffen würde, wenn der vorläufi ge <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
eine Übertragung vornähme. In der Vergangenheit hat<br />
es bereits mehrfach Versuche gegeben, dies dahingehend<br />
zu ändern, dass auch der vorläufi ge Verwalter zu einer Gesamtveräußerung<br />
berechtigt ist, eine gesetzliche Verankerung<br />
hat bisher jedoch nicht stattgefunden.<br />
<strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
§ 133 Abs. 1 InsO<br />
Keine Rechtsverbindlichkeit<br />
Außergerichtlicher Vergleich bei Kapitalgesellschaften<br />
Keine <strong>Insolvenz</strong>antragspflicht<br />
Sanierungsprüfung<br />
Sanierungskonzept<br />
(Gleichbehandlung)<br />
Sanierungskosten<br />
Zustimmung aller<br />
Prof. Rolf Rattunde<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>recht<br />
Fachanwalt <strong>für</strong> Steuerrecht<br />
Notar<br />
Partner<br />
Leonhardt Westhelle & Partner,<br />
Berlin<br />
Alternativ:<br />
<strong>Insolvenz</strong>szenario<br />
§ 826 BGB<br />
Rücktrittsrecht<br />
Sanierung<br />
Abbildung 1:<br />
Außergerichtlicher Vergleich bei Kapitalgesellschaften<br />
<strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
15
Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />
Gelingt die übertragende Sanierung, übernimmt der Erwerber<br />
das Betriebsvermögen, während die Verbindlichkeiten<br />
in ihrer alten Hülle beim <strong>Insolvenz</strong>verwalter verbleiben,<br />
die nach den Grundsätzen des Regelverfahrens liquidiert<br />
werden. Besonders vom Erwerber zu beachten ist, dass der<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter als Veräußerer grundsätzlich jegliche<br />
Haftung der <strong>Insolvenz</strong>masse <strong>für</strong> Verpflichtungen aus dem<br />
Kaufvertrag ausschließen wird. Garantien und Mängelgewährleistung<br />
scheiden daher grundsätzlich aus. Ein solch<br />
umfangreicher Haftungsausschluss ist <strong>für</strong> den Erwerber<br />
u.U. relativ risikoreich.<br />
Trotz ihrer Einfachheit birgt die übertragende Sanierung<br />
jedoch eine Vielzahl weiterer Risiken, die aufgrund der Eilbedürftigkeit<br />
einer Einigung <strong>–</strong> die Vertragsverhandlungen<br />
hierzu finden oft bereits im Eröffnungsverfahren statt <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />
den Erwerber schwer zu kalkulieren sind.<br />
Nachfolgend sollen einige dieser Risiken herausgegriffen<br />
und kurz erläutert werden.<br />
1. Betriebsübergang gem. § 613a BGB<br />
Eines der Risiken ist der enge Rahmen des § 613a BGB.<br />
Die übertragende Sanierung stellt mit Wirkung auf die<br />
Arbeitsverhältnisse einen Betriebsübergang dar. Hier ist<br />
§ 613 a BGB einschlägig, der festlegt, dass der Erwerber<br />
in die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Arbeitgebers<br />
eintritt. Der Erwerber muss daher beachten, dass eine<br />
Kündigung aufgrund des Betriebsübergangs nicht zulässig<br />
ist. Darüber hinaus sind bestimmte Formalien bzgl. der Arbeitsverhältnisse<br />
zu beachten. Um Umgehungsversuche zu<br />
verhindern, werden die Voraussetzungen von den Gerichten<br />
sehr restriktiv gehandhabt, so dass sich der Erwerber<br />
umfangreich absichern sollte.<br />
Die personelle Restrukturierung ist folglich bei einem Unternehmenskauf<br />
erheblich erschwert, obwohl sie in einer<br />
Vielzahl von Fällen notwendiges Mittel zur Gesunderhaltung<br />
des Erwerbers wäre. Sind also an das schuldnerische<br />
Unternehmen viele Arbeitsplätze gekoppelt, müssen hierauf<br />
ein besonderes Augenmerk gelegt und gegebenenfalls<br />
weitere Instrumentarien - wie zum Beispiel eine Transfergesellschaft<br />
- verwendet werden.<br />
2. Nicht übertragbare Rechte<br />
Zudem gibt es eine Reihe unübertragbarer Rechte, deren<br />
Fehlen möglicherweise den Wert des Veräußerungsguts<br />
erheblich senkt. Hier seien lediglich beispielhaft Lizenzen<br />
und Mietverträge aufgezählt. Auch sonstige Dienstleistungsverträge<br />
können betroffen sein, die nicht mit übernommen<br />
werden können, weil der Vertragspartner letztlich<br />
ein Wahlrecht hat, mit wem er seinen Vertrag schließt. Der<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter wird in einem solchen Fall die Interessenten<br />
auffordern, dies in ihre Überlegungen einzustellen<br />
und ggf. entsprechende Vertragsverhandlungen aufnehmen,<br />
um mit den Vertragspartnern eine Einigung zu erzielen.<br />
Ist es zudem so, dass Teile der Gesellschafter oder die<br />
Geschäftsführer selbst Erwerber bei der übertragenden<br />
Sanierung sind, so sind die Vertragspartner oft zögerlich,<br />
da sie nun mit denselben Personen einen Vertrag schließen<br />
müssten, durch deren Handlung sie möglicherweise bereits<br />
einen Verlust erlitten haben. Besteht also der wesentliche<br />
Wert eines Unternehmens in einem nicht übertragbaren,<br />
aber werthaltigem Recht, so wird in der Regel ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
das Mittel der Wahl sein.<br />
3. Steuerliche Risiken<br />
Die Vielfalt der steuerlichen Risiken soll nicht im Einzelnen<br />
aufgezeigt werden. Allerdings sind die nachfolgend<br />
aufgeführten Fälle ob ihrer Häufigkeit zumindest kurz anzusprechen:<br />
Gelingt eine übertragende Sanierung, so tritt<br />
der Erwerber gem. § 75 Abs. 2 AO jedenfalls nicht in die<br />
Haftung <strong>für</strong> Bilanzrisiken und Betriebsschulden gem. §§<br />
25, 27 HGB und § 75 AO ein. Dies gilt jedoch nur im eröffneten<br />
Verfahren oder nach Abweisung mangels Masse.<br />
Ob dagegen Umsatzsteuerbarkeit vorliegt, hängt davon ab,<br />
ob eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a<br />
UStG vorliegt. Kann dies bejaht werden, so ist sie nicht<br />
steuerbar. Bei Unternehmen, die Grundstücke halten, ist<br />
stets auch der Anfall der Grunderwerbssteuer zu beachten,<br />
soweit es sich um einen sog. asset deal handelt. Werden<br />
Forderungen an den Erwerber abgetreten, so haftet dieser<br />
unter Umständen als Unternehmer gem. § 13c UStG <strong>für</strong><br />
nicht entrichtete Umsatzsteuerschulden des Abtretenden.<br />
Dies sind die wichtigsten, hier zu beachtenden Punkte.<br />
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, wenn es im Wesentlichen<br />
um den Erhalt von Verlustvorträgen geht, eine<br />
übertragende Sanierung regelmäßig ausscheiden wird und<br />
vielmehr auch in diesem Fall das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
das Mittel der Wahl ist.<br />
4. Keine Restschuldbefreiung bei Einzelunternehmern<br />
Bei der Frage, welchen Vorteil eine übertragende Sanierung<br />
<strong>für</strong> das schuldnerische Unternehmen bietet, scheiden<br />
naturgemäß all die Fälle aus, bei denen es auf die Restschuldbefreiung<br />
des (Einzel)-Unternehmers ankommt und<br />
die Veräußerung nicht wesentlich zur Massemehrung und<br />
damit zur Gläubigerbefriedigung beiträgt. Der typische Anwendungsfall<br />
ist hier der Einzelunternehmer ohne Arbeitnehmer<br />
und mit geringem Anlagevermögen, wie es häufig<br />
bei den kaufmännischen Berufen zu finden ist. Auch hier ist<br />
das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in so einem Fall eine geeignete<br />
Lösung.<br />
III. Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
Gegenüber der übertragenden Sanierung hat das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
nach der <strong>Insolvenz</strong>ordnung einige Vorteile, ist<br />
jedoch zeitlich aufwendiger und birgt in der Tat einige Un-<br />
16 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
wägbarkeiten. Diese sind zwei der Gründe, warum trotz dieses<br />
sinnvollen Instruments die Zahl der tatsächlich durchgeführten<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahren verhältnismäßig gering ist.<br />
Bereits die Vorbereitung von <strong>Insolvenz</strong>plänen ist erheblich<br />
umfangreicher. Da<strong>für</strong> ist der potenzielle Regelungsinhalt<br />
eines <strong>Insolvenz</strong>plans beinahe unbegrenzt, vgl. hierzu Abbildung<br />
2. Hieraus ergibt sich letztlich auch der größte Vorteil<br />
eines <strong>Insolvenz</strong>plans: Er kann im Grunde auf jeden beliebigen<br />
Fall angepasst werden und stellt damit ein ausgesprochen<br />
flexibles Instrument dar. Nachfolgend sollen einige einzelne<br />
Stichworte herausgegriffen und dargestellt werden.<br />
1<br />
2<br />
Planverfasser<br />
Planzeitpunkt<br />
Arten von <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />
• Verwalterpläne<br />
• Schuldnerpläne<br />
• pre-packaged plan<br />
• nachträgliche Pläne<br />
1. Inhalt und Ablauf<br />
3<br />
Planinhalt<br />
• leistungswirtschaftliche Pläne<br />
• finanzwirtschaftliche Pläne<br />
Kurz gesagt ist der <strong>Insolvenz</strong>plan ein vom <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
oder Schuldner vorgelegter Vergleich, dem die Mehrheit<br />
der Gläubiger, die wiederum in Gruppen aufgeteilt und<br />
mit Stimmrechten versehen werden, zustimmen muss. Der<br />
Plan wird dem <strong>Insolvenz</strong>gericht vorgelegt, welches einen<br />
Abstimmungstermin anberaumt, an dem die Gläubiger über<br />
den Plan entscheiden. Nach Rechtskraft des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
wird das Verfahren, sofern nichts anderes im <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
vorgesehen ist, aufgehoben und der <strong>Insolvenz</strong>verwalter ist<br />
hinsichtlich der Maßnahmen, die nachfolgend noch zu treffen<br />
sind, lediglich Treuhänder. Den Ablauf verdeutlicht die<br />
Abbildung 3.<br />
Ein <strong>Insolvenz</strong>plan besteht zunächst aus einem darstellenden<br />
Teil, in dem die wirtschaftliche Lage des Gemeinschuldners<br />
und die Sanierungsziele dargestellt werden.<br />
Gleichzeitig sollte dieser Teil darlegen, welche Maßnahmen<br />
bereits eingeleitet worden sind. Im gestaltenden Teil<br />
des <strong>Insolvenz</strong>plans finden sich die Reglungen zur Rechtsstellung<br />
der Beteiligten und insbesondere die Darstellung<br />
von Maßnahmen, die letztlich die eigentliche Sanierung<br />
umsetzen und da<strong>für</strong> Sorge tragen sollen, dass der <strong>Insolvenz</strong>schuldner<br />
auch langfristig aus der <strong>Insolvenz</strong> entlassen<br />
werden kann.<br />
2. Vorbereitung eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />
Zunächst ist es wichtig, zu entscheiden, ob ein Unternehmen<br />
überhaupt sanierungsfähig ist. Hauptkriterium ist hier<br />
die Fortführungsprognose nach Entschuldung. Deshalb ist<br />
es bei der Vorbereitung von <strong>Insolvenz</strong>plänen regelmäßig<br />
erforderlich, eine genaue Liquiditätsplanung und ein Vermögensverzeichnis<br />
zu erstellen und ggf. die Vermögenswerte<br />
gutachterlich bewerten zu lassen. Auch die Verbindlichkeiten<br />
müssen genau aufgeschlüsselt werden.<br />
Nicht zuletzt hängt der Erfolg eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />
maßgeblich davon ab, ob die beteiligten Gläubiger<br />
einem solchen Plan zustimmen werden. Die Gruppenbildung,<br />
zu der nachfolgend noch Näheres erläutert wird, ist<br />
hier sicher ein mögliches Instrument; regelmäßig wird jedoch<br />
der Erfolg greifbarer sein, wenn frühzeitig Gespräche<br />
4<br />
Planziele<br />
Abbildung 2: Arten von <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />
mit den Gläubigern geführt werden. Eine frühe Einbindung<br />
der wichtigsten Gläubiger, insbesondere derer, die ein Ausoder<br />
Absonderungsrecht haben, ist daher regelmäßig zu<br />
empfehlen.<br />
Schuldnerplan<br />
(Verwalterplan)<br />
Zur Stellungnahme (§ 232)<br />
• Gläubigerausschuß<br />
• Betriebsrat<br />
(Sprecherausschuß)<br />
• Verwalter (oder Schuldner)<br />
• IHK (etc.)<br />
3. Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />
Nachfolgend sollen zwei erhebliche Vorzüge des Planverfahrens<br />
hervorgehoben werden, die jedoch bei weitem nicht<br />
die einzigen Vorteile darstellen: die Gruppenbildung und das<br />
Recht zur Ungleichbehandlung der Gläubigergruppen.<br />
• Sanierungsplan<br />
• Liquidationsplan<br />
• Übertragungsplan<br />
Wege des vorgelegten <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
<strong>Insolvenz</strong>gericht (Richter bis Eröffnung)<br />
Prüft nach Maßgabe §§ 219-230<br />
(1) Niederlegung von Plan und Stellungnahmen<br />
(2) Erörterungs-/Abstimmungstermin (max. 1 Monat)<br />
(3) Ladung mit Planabdruck<br />
(4) Ggf. Verwertungsaufschub<br />
§§ 235, 236: Erörterungstermin<br />
nicht vor Prüftermin, Verbindung möglich<br />
§ 241: Gesonderter Abstimmungstermin<br />
(max. 1 Monat zw. Erörterungs- u. Abstimmungstermin)<br />
§§ 248, 252: Bestätigung des Gerichts, Obstruktionsentscheidung,<br />
Bestätigungstermin<br />
Planüberwachung<br />
Abbildung 3: Wege des vorgelegten <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
Zurückweisung<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
17
Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />
Ein Vorteil des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens ist die Möglichkeit,<br />
sachgerechte Gruppierungen zu bilden, die die Annahme<br />
des Plans im Abstimmungstermin deutlich erleichtern können.<br />
Deshalb sollte hierauf ein strategischer Schwerpunkt<br />
gelegt werden. Das Gesetz sieht drei notwendigerweise zu<br />
bildende Gruppen vor: Dies betrifft die Gruppe der absonderungsberechtigten<br />
Gläubiger, in deren Rechte der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
eingreift, die nicht nachrangigen Gläubiger und<br />
die nachrangigen Gläubiger, deren Forderungen nicht als<br />
erlassen gelten sollen, § 222 Abs. 1 InsO. Alle weiteren<br />
Gruppen können nach freiem Ermessen gebildet werden,<br />
soweit ihre Gruppierung sachgerecht ist und sie ein gleichartiges<br />
wirtschaftliches Interesse haben.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> das Abstimmungsergebnis ist letztlich<br />
die Mehrheit der Gruppen. Innerhalb einer Gruppe wird<br />
dem Plan dann zugestimmt, wenn eine Mehrheit der abstimmenden<br />
Gläubiger sowohl nach Köpfen, als auch nach<br />
Summe zustande kommt, § 244 InsO. Gläubiger, die zum<br />
Abstimmungstermin nicht erscheinen und keine Vollmacht<br />
an einen Vertreter erteilen, werden nicht gezählt. Hieraus<br />
lässt sich leicht schlussfolgern, dass das Abstimmungsergebnis<br />
durch die Gruppenbildung beeinflusst werden kann.<br />
Daher ist es gerade nicht notwendig, sämtliche Gläubiger<br />
bereits im Vorfeld zu überzeugen. Das Obstruktionsverbot<br />
findet immer dann Anwendung, wenn bestimmte Gruppen<br />
dem <strong>Insolvenz</strong>plan zwar nicht zugestimmt haben, dies<br />
jedoch nicht die Mehrheit der Gläubigergruppen ist, sie<br />
durch den <strong>Insolvenz</strong>plan jedenfalls nicht schlechter gestellt<br />
werden als im Regelinsolvenzverfahren und angemessen<br />
an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden. Wann ein<br />
Gläubiger wirtschaftlich besser gestellt ist, ist ein relativ<br />
offener Begriff, es wird aber regelmäßig dann der Fall sein,<br />
wenn bereits die Quote im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren höher<br />
ist als im Regelinsolvenzverfahren.<br />
Nicht erforderlich ist dagegen, alle Gläubigergruppen<br />
gleich zu behandeln. Auch dies ist ein wesentlicher Vorteil<br />
des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens, der den Beteiligten zum<br />
Beispiel ermöglicht, nur den Grundpfandrechtsgläubigern<br />
eine Ablösesumme zu zahlen, um eine Verwertung zu vermeiden,<br />
nicht aber auch den übrigen Gläubigern. Hierdurch<br />
kann ebenfalls die positive Abstimmung über den Plan beeinflusst<br />
werden.<br />
4. Unwägbarkeiten<br />
Ein entscheidendes Kriterium, ob eine Sanierung mittels<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan durchgeführt und gelingen kann, ist die<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalterauswahl. Hierin liegt auch zeitgleich<br />
eine der Schwierigkeiten und einer der Gründe, warum<br />
ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren so selten in der Praxis durchgeführt<br />
wird. Die Durchführung eines Planverfahrens setzt<br />
voraus, dass der <strong>Insolvenz</strong>verwalter hieran aktiv mitwirkt.<br />
Idealerweise bringt also der <strong>Insolvenz</strong>verwalter nicht nur<br />
das Interesse an der Sanierung durch einen <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
mit, sondern verfügt darüber hinaus über entsprechende<br />
Erfahrungen. Ob ein solcher <strong>Insolvenz</strong>verwalter jedoch<br />
durch das Gericht in dem jeweiligen Fall bestellt wird,<br />
entzieht sich dem Einfluss der Beteiligten. Allein das <strong>Insolvenz</strong>gericht<br />
entscheidet über die Verwalterauswahl. Sanierungswillige<br />
Beteiligte haben also keine Sicherheit dahingehend,<br />
dass der letztlich bestellte <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen wird. Diese<br />
Unsicherheit zieht direkt ein weiteres Problem nach sich:<br />
Da die Zukunft ungewiss und in diesem Punkt nicht planbar<br />
ist, scheuen sich die Beteiligten oft davor, rechtzeitig<br />
einen <strong>Insolvenz</strong>antrag zu stellen. Leider verringern sich mit<br />
zunehmenden Druck und Zeitablauf auch die Chancen auf<br />
eine erfolgreiche Sanierung.<br />
Ein weiteres Problem stellt der Rechtszug der Beschwerde<br />
gegen die Rechtskraftbestätigung des Planes dar. Nach<br />
Abstimmung durch die Gläubiger muss das <strong>Insolvenz</strong>gericht<br />
den Plan bestätigen. Ab diesem Zeitpunkt haben die<br />
Gläubiger die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von zwei<br />
Wochen Beschwerde einzulegen. Hierin liegt eines der<br />
Risiken des <strong>Insolvenz</strong>plans, denn Entscheidungen über die<br />
Beschwerde werden oft nicht innerhalb einer kurzen Frist<br />
getroffen, sondern können sich über Monate oder Jahre<br />
hinziehen. Daher birgt eine Beschwerde stets das Risiko,<br />
dass sie zwar möglicherweise letztlich die Rechtskraft des<br />
<strong>Insolvenz</strong>plans nicht verhindern kann, aber zu erheblichen<br />
Zeitverzögerungen führen wird.<br />
In der Praxis kann dies bedeuten, dass der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
am Ende nur deshalb scheitert, weil eine Sanierung möglicherweise<br />
bis auf Jahre hinausgezögert wird.<br />
IV. Zusammenfassung und Ausblick<br />
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
ein hervorragendes Instrument zur Sanierung<br />
ist. Um jedoch die Hauptgründe <strong>für</strong> die verhältnismäßig<br />
geringe Umsetzung von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren abzuändern<br />
<strong>–</strong> wie zum Beispiel die Verwalterauswahl oder der<br />
überlange Rechtszug gegen die Rechtskraft des Planes -<br />
werden derzeit einige gesetzliche Neuerungen angestrebt.<br />
Geplant sind vor allem die Stärkung der Eigenverwaltung<br />
und ein Einfluss der Gläubiger auf die Verwalterauswahl.<br />
Insbesondere letzterer Punkt ist eine von Praktikern häufig<br />
vorgebrachte Forderung. Eine Lösung soll es auch <strong>für</strong> die<br />
Problematik der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung<br />
geben. Wie dies alles rechtlich ausgestaltet werden soll,<br />
ist offen und wird mit Spannung erwartet.<br />
Darüber hinaus war auch immer wieder im Gespräch, ein<br />
vorgerichtliches Sanierungsverfahren einzuführen. Was<br />
aus diesem Vorhaben wird, bleibt abzuwarten.<br />
Auf der Reformagenda der Bundesregierung, scheint es<br />
allerdings derzeit keine Priorität zu genießen.<br />
18 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />
Praktische Fallstricke<br />
bei der Umsetzung eines<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />
von RA Axel W. Bierbach und RA Dr. Stefan Debus<br />
I. Einleitung<br />
In der Öffentlichkeit hat die Sanierung mittels der <strong>Insolvenz</strong><br />
zwischenzeitlich an Akzeptanz gewonnen. Insbesondere<br />
das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren wird zunehmend als Sanierungsschance<br />
betrachtet, obwohl es bereits seit Inkrafttreten<br />
der <strong>Insolvenz</strong>ordnung in 1999 existiert und immer noch<br />
ein Schattendasein fristet.<br />
Die Grundidee eines Planverfahrens ist es, das Unternehmen<br />
dadurch zu sanieren, dass es die Gläubiger von den<br />
Restverbindlichkeiten gegen eine wirtschaftliche Besserstellung<br />
im Vergleich zur Liquidation bzw. zur übertragenden<br />
Sanierung befreit. Erforderlich ist hierzu jedoch ein<br />
breiter, mehrheitsfähiger Plankonsens, in dem die Interessenslagen<br />
aller Stakeholder abzuwägen sind.<br />
Das Aufsetzen eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens bedarf daher<br />
eines verantwortungsbewussten Umgangs und einer professionellen<br />
Vorbereitung. Denn die Bestrebungen scheitern<br />
<strong>–</strong> wie die Praxis zeigt <strong>–</strong> meist bereits in der Konzeptionsphase.<br />
Zu einer Vor-Abstimmung mit den Gläubigern<br />
oder gar einer Vorlage des Plans kommt es nur selten. Das<br />
Fehlen eines überzeugenden Sanierungskonzeptes und<br />
entsprechender finanzieller Mittel zu dessen Umsetzung<br />
sind die wirtschaftlichen Misserfolgsfaktoren.<br />
Es gibt Planziele, die allein den Erhalt der Gesellschaftsstruktur<br />
des Unternehmens zum Inhalt haben. Hierbei<br />
soll beispielsweise der Erhalt einer börsennotierten AG<br />
verwirklicht werden, deren Zulassung vormals hohe fi -<br />
nanzielle Kosten und Aufwendungen verursacht hat. Die<br />
Interessenslage der Beteiligten ist in einem solchen Fall<br />
überschaubar, denn zumeist handelt es sich um den Erhalt<br />
eines betriebsentleerten Gesellschaftsmantels. Die Besserstellung<br />
der Gläubiger wird dadurch erreicht, indem die<br />
Gesellschafter oder Dritte, eine Aufzahlung zur Besserstellung<br />
der Gläubiger leisten.<br />
2. Plan zur Eigensanierung<br />
Die klassische Form der Sanierung im Planverfahren ist die<br />
Eigensanierung aus „eigener Kraft“, in der über künftige<br />
Erträge aus dem fortgeführten Unternehmen eine Besserstellung<br />
der Gläubigerschaft erzielt werden soll. Hierbei ist<br />
vor allem ein überzeugendes Sanierungskonzept unabdingbar,<br />
welches die Ertragskraft des in der Regel durch radikale<br />
Kosteneinsparungen „sanierten“ Unternehmens und<br />
den Fortbestand der Kreditwürdigkeit sichert. Neben dem<br />
Erhalt von Unternehmensstrukturen durch Beibehaltung<br />
der Assets, der Vertragsverhältnisse und eines funktionierenden<br />
Kunden- und Auftragsbestandes spielt hierbei<br />
natürlich auch die steuerliche Nutzbarkeit von Verlustvorträgen<br />
einen nicht zu unterschätzenden Sanierungsbeitrag.<br />
Axel Bierbach<br />
Rechtsanwalt<br />
Fachanwalt <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>recht<br />
Partner<br />
Rechtsanwälte Müller-<br />
Heydenreich, Beutler & Kollegen,<br />
München<br />
Aber auch der rechtssichere Umgang mit dem Sanierungsmodell<br />
<strong>Insolvenz</strong>planverfahren muss von den Akteuren<br />
beherrscht werden. Gerade mangelnde Erfahrung, auch<br />
seitens der <strong>Insolvenz</strong>verwalter, führt zu einer niedrigen<br />
Anwendungsquote von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren. Anhand<br />
praktischer Fallstricke sollen nachfolgend wichtige Felder<br />
bei der Umsetzung eines Planverfahrens unter Beachtung<br />
der unterschiedlichen Interessenslagen von der Idee bis zur<br />
Abstimmung dargelegt werden.<br />
II. Unterschiedliche Plantypen und -ziele<br />
Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen <strong>Insolvenz</strong>plänen,<br />
die eine Aufzahlung, eine klassische Eigensanierung<br />
oder eine Übertragung zum Inhalt haben.<br />
1. Plan zur Aufzahlung<br />
3. Plan zur Übertragung<br />
Der Übertragungsplan kommt zum Tragen, wenn ein<br />
Investor, der den Geschäftsbetrieb übernehmen will, vorhanden<br />
ist, eine übertragende Sanierung aber dennoch<br />
ausscheidet, weil beispielsweise wichtige Verträge bzw.<br />
Dauerschuldverhältnisse mit der schuldnerischen Gesellschaft<br />
verbunden sind, die nur gemeinsam ein sinnvolles<br />
Ganzes ergeben. Insofern ist der Erhalt der Gesellschaft,<br />
der diese Vertragsverhältnisse anhaftet, unabdingbar.<br />
Eine bloße Übertragung dieser Assets auf einen anderen<br />
Rechtsträger erfüllt diese Vorgaben freilich nicht, denn hier<strong>für</strong><br />
ist die Zustimmung aller Parteien sämtlicher Verträge<br />
erforderlich, die letztlich womöglich scheitern oder rechtlich<br />
schon nicht möglich sind. Insbesondere Lizenzverträge,<br />
wichtige Miet- oder Pachtverträge, behördliche Zulassungen<br />
und Genehmigungen können durch den Erhalt der<br />
Gesellschaft über den <strong>Insolvenz</strong>plan beibehalten bleiben.<br />
Dr. Stefan Debus<br />
Rechtsanwalt<br />
Partner<br />
Rechtsanwälte Müller-<br />
Heydenreich, Beutler & Kollegen,<br />
München<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
19
Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />
4. Fallbeispiele zum Übertragungsplan<br />
In unserer Kanzlei konnte ein Unternehmen, das sich mit<br />
dem Handel von Filmlizenzen beschäftigte, plansaniert<br />
werden, nachdem im Vorfeld eine übertragende Sanierung<br />
mangels Mehrheiten von übertragungswilligen Lizenzgebern<br />
aussichtslos wurde. Mittels Aufzahlung des Investors<br />
konnte eine deutliche Besserstellung der Gläubiger im Vergleich<br />
zur Liquidation erzielt werden. Der Investor wurde<br />
aufgrund der Regelungen im gestaltenden Teil des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />
sowie aufgrund im Vorfeld getroffener Sondervereinbarungen<br />
Gesellschafter und konnte somit auf die<br />
gewünschten Lizenzinhaberschaften zurückgreifen 1 .<br />
Nicht zuletzt deshalb werden vermehrt eine verpflichtende<br />
Einbeziehung der Gesellschafter sowie die Stärkung von<br />
„debt-to-equity-swaps“, d.h. die Umwandlung von Fremdkapital<br />
in Eigenkapital, im Rahmen von Gesetzesreformen<br />
gefordert. Bisher besteht lediglich die Möglichkeit den<br />
Plan unter die Bedingung der Anteilsübertragung zu stellen<br />
und gegebenenfalls Gesellschaftsanteile im Vorfeld<br />
der Plansanierung <strong>für</strong> die Masse zu sichern. Eine weitere<br />
gesetzliche Regelung zur Erleichterung dieses bisher nur<br />
im Verhandlungswege zu erreichenden Zieles wäre wünschenswert.<br />
Ein weiteres Anwendungsfeld, das <strong>für</strong> den Weg der Erhaltung<br />
der Gesellschaft über einen <strong>Insolvenz</strong>plan spricht, ist<br />
die gegebenenfalls zwingende Notwendigkeit der Beibehaltung<br />
bestehender Pacht- oder Mietverhältnisse. So war<br />
bei einer von uns verwalteten bayerischen Großgaststätte,<br />
die auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken<br />
konnte, die Möglichkeit einer übertragenden Sanierung im<br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahren zwar grundsätzlich gegeben, da neben<br />
der Brauerei auch weitere Investoren gefunden werden<br />
konnten.<br />
Gleichwohl war eine übertragende Sanierung nicht möglich,<br />
nachdem mit der Verpächterin, eine heillos zerstrittene<br />
Erbengemeinschaft, keine Einigung mit den Investoren<br />
über den Abschluss eines neuen Pachtvertrages erzielt<br />
werden konnte. Durch die Regelungen im <strong>Insolvenz</strong>plan,<br />
wonach die Investoren gegen Leistung einer Aufzahlung<br />
und aufgrund parallel getroffener Einzelvereinbarungen die<br />
Gesellschaftsanteile übernahmen, konnte das Unternehmen<br />
und der Betreib durch Weiterführung des bestehenden,<br />
zwölfjährigen Restpachtvertrages erhalten werden.<br />
5. Schwächen des Übertragungsplans<br />
Der Übertragungsplan weist jedoch auch Schwächen auf:<br />
Insbesondere ist die Zustimmung der bisherigen Gesellschafter<br />
zur Übertragung der Anteile erforderlich. Ein Investor<br />
wird kein frisches Kapital einbringen, sofern er nicht<br />
gleichzeitig Anteilseigner am Unternehmen wird. Die Altgesellschafter<br />
erlangen daher ein Druckmittel, ihre durch<br />
das <strong>Insolvenz</strong>verfahren grundsätzlich entwerteten Anteile<br />
teuer zu übertragen um damit ihre entstandenen Verluste<br />
auszugleichen. Faktisch entscheiden sie damit über den Erhalt<br />
des Unternehmens und nicht die Gläubigerschaft.<br />
III. Praktische Fallstricke im<br />
„Darstellenden Teil“<br />
Nach § 220 InsO wird im darstellenden Teil beschrieben,<br />
welche Maßnahmen nach <strong>Insolvenz</strong>verfahrenseröffnung<br />
getroffen worden sind bzw. noch werden, um die Grundlagen<br />
<strong>für</strong> die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten<br />
zu schaffen. Konkretisiert werden diese Erfordernisse in<br />
§ 220 Abs. 2 InsO, wonach der darstellende Teil alle diesbezüglichen<br />
Angaben enthalten muss, die <strong>für</strong> eine etwaige<br />
Gläubigerzustimmung zum Plan und <strong>für</strong> dessen gerichtliche<br />
Bestätigung bedeutsam sind.<br />
1. Formulierung der Planziele<br />
Besonders bedeutsam in diesem Zusammenhang ist die<br />
Formulierung der Planzielsetzung. Ziele, insbesondere bei<br />
Eigensanierungsplänen, sind zumeist:<br />
n die Zahlungsunfähigkeit (und ggf. Überschuldung) zu<br />
beseitigen,<br />
n den Betrieb (bzw. die Gesellschafterstruktur) langfristig<br />
zu erhalten und<br />
1 Ähnliche Lösungsmodelle bieten sich bei Leasinggesellschaften an.<br />
20 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
n den <strong>Insolvenz</strong>gläubigern eine anteilige Befriedigung<br />
ihrer Forderung zu garantieren, die erheblich über<br />
der im Fall der Regelabwicklung erzielbaren Quote liegt.<br />
der Assets auf einen neuen Rechtsträger bei gleichzeitiger<br />
Übernahme der Beschäftigungsverhältnisse ist aufgrund<br />
der konkreten Ausgangslage häufi g als Planalternative<br />
nicht darstellbar:<br />
Zum Aufzahlungsplan kommt als Alternative eine übertragende<br />
Sanierung gar nicht erst in Betracht, denn eigentliches<br />
Ziel einer solchen, betriebsentleerten Unternehmenssanierung<br />
ist der Erhalt des Gesellschaftsmantels.<br />
Der Übertragungsplan dürfte gleichfalls konkurrenzlos<br />
sein, da gerade eine übertragende Sanierung den Übergang<br />
der Dauerschuldverhältnisse nicht sicherstellt.<br />
Bei der Ergebnisdarstellung einer übertragenden Sanierung<br />
im Vergleich zum Eigensanierungsplan bedarf es zudem<br />
eines konkreten, belastbaren Angebotes eines Investors,<br />
der im Rahmen eines Asset-Deals eine sanierende Übertragung<br />
überhaupt ermöglicht. Eine lediglich hypothetische<br />
Unternehmensbewertung zur Ermittlung des Vergleichsmaßstabes,<br />
gleich ob nach Ertrags- oder Substanzwert, ist<br />
insoweit nicht geboten.<br />
3. Sanierung mittels künftiger Erträge<br />
Die Darstellung der Sanierung im Planverfahren mittels<br />
künftiger Erträge der Schuldnerin erfordert umfangreiche<br />
Vermögensübersichten sowie Ergebnis- und Finanzpläne,<br />
wie in § 229 InsO festgelegt.<br />
2. Vergleich der Verwertungsalternativen<br />
Ein wesentlicher Schwerpunkt im darstellenden Teil<br />
betrifft den Vergleich der denkbaren Verwertungs- und<br />
Abwicklungsalternativen. Üblicherweise stehen sich als<br />
Alternativen zum Plan die Gesamtliquidation durch Verwertung<br />
sämtlicher Vermögenswerte und die übertragende<br />
Sanierung gegenüber.<br />
Das wirtschaftliche Ergebnis einer Liquidation erschöpft<br />
sich in der Darstellung der zum gedachten Stichtag vorhandenen<br />
Aktiva abzüglich der bereits angefallenen oder noch<br />
anfallenden <strong>Insolvenz</strong>verfahrenskosten gemäß § 54 InsO<br />
und sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO.<br />
In der Regel führt die Liquidation zu erheblich schlechteren<br />
Quoten <strong>für</strong> die Gläubiger als alternative Sanierungsmöglichkeiten.<br />
Insbesondere schlagen die sonstigen Masseverbindlichkeiten<br />
im Rahmen der Liquidation durch eine<br />
Betriebsstilllegung erheblich zu Buche 2 .<br />
Das Szenario einer übertragenden Sanierung, d. h. eine<br />
Veräußerung des Geschäftsbetriebes durch Übertragung<br />
Hierbei ist es mitunter hilfreich, auch fachkundige Aussagen<br />
Dritter, insbesondere von Unternehmensberatungen<br />
sowie von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zur Untermauerung<br />
und Plausibilisierung der Finanzpläne, beizuziehen.<br />
Bei einem mehrjährigen Zeitraum, während dessen<br />
künftige Unternehmensüberschüsse den Gläubigern zu<br />
Gute kommen sollen, ist eine umfangreiche Ausarbeitung<br />
der Planzahlen, in denen insbesondere die Auftrags- und<br />
Kostensituation, der künftige Investitionsbedarf, etwaige<br />
Unvorhersehbarkeiten und nicht zuletzt die steuerlichen<br />
Auswirkungen hierauf Berücksichtigung fi nden müssen,<br />
unverzichtbar.<br />
IV. Praktische Fallstricke im<br />
„Gestaltenden Teil“<br />
Im gestaltenden Teil des <strong>Insolvenz</strong>plans sind bekanntermaßen<br />
die Rechtsstellungen der Beteiligten festzulegen, um<br />
<strong>für</strong> die Verwirklichung der Planzahlen auch den rechtlichen<br />
Rahmen zu schaffen:<br />
1. Gruppenbildung nach wirtschaftlichen Interessen<br />
Ein Schwerpunkt des gestaltenden Teils ist die Gruppenbildung<br />
zur Festlegung der Rechte der Beteiligten, die über<br />
2 Verbindlichkeiten bis zum Auslauf beendeter Dauerschuldverhältnisse wie Arbeits- oder Mietverhältnisse, denen keine Wertschöpfungen aus einem fortgeführten<br />
Unternehmen entgegenstehen, führen häufig sogar zu Massearmut.<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
21
Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />
den <strong>Insolvenz</strong>plan abstimmen. Die Abstimmung in einem<br />
hier<strong>für</strong> festzusetzenden Termin erfolgt gemäß § 243 InsO<br />
grundsätzlich in Gruppen. Die erforderlichen Mehrheiten<br />
<strong>für</strong> die Zustimmung zum Plan bestimmen sich nach § 244<br />
Abs. 1 InsO über die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger<br />
und zugleich über die Summe der Ansprüche der zustimmenden<br />
Gläubiger, die mehr als die Hälfte der Summe<br />
der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger betragen<br />
muss.<br />
Eine sinnvolle Gruppenbildung ist daher <strong>für</strong> die erforderliche<br />
Abstimmungsmehrheit außerordentlich wichtig. Nach<br />
§ 222 Abs. 2 InsO ist es möglich, aus den Gläubigern mit<br />
gleicher Rechtstellung Gruppen zu bilden, in denen Gläubiger<br />
mit gleichen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst<br />
werden.<br />
Typische Gruppen sind beispielsweise:<br />
Gemäß § 222 Abs. 3 S. 2 InsO ist die Bildung einer Kleingläubigergruppe<br />
möglich, um ihnen im Hinblick auf ihre im<br />
einzelnen zwar geringen, in der Summe aller Kleingläubiger<br />
allerdings häufig hohen Forderungssummen ein entsprechendes<br />
Abstimmungsforum zu bieten.<br />
Von Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern ist<br />
anzunehmen, dass sie ein Interesse an einer Fortführung<br />
des Unternehmens haben, da sie nur dann in Zukunft Gebühren,<br />
Steuern und Beiträge generieren können, was die<br />
Bildung einer eignen Gruppe rechtfertigt.<br />
Die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit, oftmals Großgläubiger<br />
aufgrund der ausbezahlten <strong>Insolvenz</strong>gelder, hat darüber<br />
hinaus ein großes Interesse am Erhalt der Arbeitsplätze.<br />
Nach § 222 Abs. 3 S. 1 InsO ist <strong>für</strong> die Arbeitnehmer eine<br />
besondere Gruppe zu bilden, wenn sie als <strong>Insolvenz</strong>gläubiger<br />
mit nicht unerheblichen, vom <strong>Insolvenz</strong>geld nicht abgedeckten,<br />
Forderungen beteiligt sind 3 .<br />
2. Behandlung der Sicherungsgläubiger<br />
Sofern Absonderungsberechtigte bzw. Ausfallgläubiger<br />
ihre Rechte wahrnehmen, nehmen sie grundsätzlich mit<br />
dem Teilbetrag, der nicht durch diese Rechte gedeckt ist,<br />
als Gläubiger an der Verteilung der Masse teil. Im Übrigen<br />
werden deren Rechte vom Plan <strong>–</strong> vorbehaltlich abweichender<br />
Regelungen <strong>–</strong> nicht berührt. Die Bildung einer<br />
entsprechenden Gruppe ist daher nur im Abweichungsfall<br />
sinnvoll.<br />
Problematisch ist in diesem Zusammenhang oftmals die<br />
zeitliche Diskrepanz zwischen Sicherheitenverwertung<br />
und einer im Planverfahren ohnehin sehr raschen Verfahrensaufhebung.<br />
Denn die Sicherungsgläubiger haben<br />
gemäß § 190 Abs. 1 InsO dem Verwalter nachzuweisen,<br />
dass und <strong>für</strong> welchen Betrag sie ausgefallen sind. Hier<br />
biete sich in Planverfahren grundsätzlich an, gemäß § 223<br />
InsO in Abweichung von der Regelung des § 189 Abs. 1<br />
InsO festzulegen, dass die Ausschlussfrist, innerhalb derer<br />
der Nachweis zu erbringen ist, nach einem festzulegenden<br />
Zeitraum, beispielsweise ein Monat vor Verteilung an die<br />
Gläubiger, endet.<br />
3. Besserungsklausel <strong>für</strong> den Pensionssicherungsverein<br />
(PSVaG)<br />
Von besonderer Bedeutung <strong>für</strong> die <strong>Insolvenz</strong>planpraxis ist<br />
die in § 7 Abs. 4 S. 5 BetrAVG institutionalisierte Besserungsklausel<br />
<strong>für</strong> den PSVaG als Gläubiger. Enthält der<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan keine solche Bestimmung, ohne dass dies<br />
durch besondere Umstände gerechtfertigt ist, so hat das<br />
Gericht den Plan von Amts wegen nach § 231 Abs. 1 Ziff. 1<br />
InsO zurückzuweisen.<br />
Der PSVaG ist differenziert und abhängig von der versicherungsrechtlichen<br />
Gestaltung der Rückdeckung der betrieblichen<br />
Altersversorgung zu behandeln. Zu unterscheiden ist<br />
nach den bisher mit dem PSVaG gemachten Erfahrungen<br />
und aufgrund der flexiblen Regelung des § 7 Abs. 4 S. 3<br />
BetrAVG hierbei zwischen einer Rückdeckung mittels Direktversicherung<br />
4 oder mittels Unterstützungskasse 5 .<br />
4. Regelungen zum Übergangsstichtag<br />
In der Praxis besonders bedeutsam sind Planregelungen<br />
<strong>für</strong> den Übergang zwischen Betriebsfortführung in Verantwortung<br />
des <strong>Insolvenz</strong>verwalters nach § 80 InsO und dem<br />
Zeitraum nach der „Entlassung aus der <strong>Insolvenz</strong>“, ab dem<br />
die Geschäftsleitung das Unternehmen wieder eigenverantwortlich<br />
führt. Bei einem erforderlichen Übergangszeitpunkt<br />
wird das <strong>Insolvenz</strong>verfahren trotz Planbestätigung in<br />
aller Regel jedoch noch nicht aufgehoben sein.<br />
Erforderlich ist daher zum einen eine Regelung, dass zum<br />
angedachten Übergangsstichtag sämtliche Ansprüche aus<br />
Lieferungen und Leistungen der Schuldnerin bis zum Stichtag<br />
der Masse, danach dem Unternehmen gutgeschrieben<br />
werden. Zum anderen ist regulativ sicherzustellen, dass<br />
vor Aufhebung des <strong>Insolvenz</strong>verfahrens der <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
berechtigt ist, die unstreitigen Massekosten und<br />
Masseverbindlichkeiten aus der Masse zu begleichen.<br />
Erhebliche praktische Probleme wirft zudem die Umset-<br />
3 Die Forderungen der nachrangigen <strong>Insolvenz</strong>gläubiger ohne Gruppenbildung gelten gemäß § 225 InsO als erlassen, sofern keine abweichende Regelung im<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan angedacht ist, § 223 InsO.<br />
4 Hier sind die Regelungen zur Besserstellung gem. § 7 Abs. 4 S. 5 BetrAVG zu beachten.<br />
5 Es bietet sich die Regelung an, dass mit Rechtskraft der Bestätigung des <strong>Insolvenz</strong>planes die Schuldnerin die mit Rückwirkung zum Stichtag der <strong>Insolvenz</strong>eröffnung<br />
auf Entgeltumwandlung beruhende betriebliche Altersvorsorgung fortführt (vgl. dann auch § 7 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG).<br />
22 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
zung der Übergangsstichtagsregelungen im Hinblick auf<br />
die Liquidität des Unternehmens auf. Wenn Zahlungen aus<br />
Aufträgen erst ab einem ge<strong>wissen</strong> Stichtag der Schuldnerin<br />
zur Verfügung stehen, werden Fixkosten im Rahmen der<br />
Weiterführung des Unternehmens vorzeitig anfallen.<br />
Zur Sicherung der Liquidität ab Übergangsstichtag könnte<br />
durch Regelungen im gestaltenden Teil des Plans der<br />
Schuldnerin unmittelbar nach Übergangsstichtag ein Betrag<br />
in erforderlicher Höhe gleichsam als Kredit aus der<br />
vorhandenen Masse zur Verfügung gestellt werden, den<br />
die Schuldnerin rückzuerstatten hat.<br />
5. Behandlung von Sanierungsgewinnen<br />
Die Finanzverwaltung hat zur Frage der ertragsteuerlichen<br />
Behandlung von Sanierungsgewinnen festgehalten, dass<br />
der steuerliche Sanierungsgewinn, der durch den Verzicht<br />
der Gläubiger auf die Restforderungen entsteht, der Möglichkeit<br />
einer Steuerstundung und einem anschließenden<br />
Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen unterliegt.<br />
Vorab verbleibt jedoch der Finanzverwaltung die Möglichkeit,<br />
den Sanierungsgewinn auf etwaige Verlustvorträge<br />
anzurechnen und diese entsprechend zu mindern.<br />
Die Schuldnerin hat sich daher im <strong>Insolvenz</strong>plan zu verpfl<br />
ichten, die entsprechenden Anträge gegenüber der Finanzverwaltung<br />
zu stellen und dadurch <strong>für</strong> eine Stundung<br />
und einen späteren Erlass hinsichtlich etwaiger Steuern<br />
auf einen Sanierungsgewinn zu erlangen.<br />
Nachdem die Möglichkeit des steuerlichen Erlasses zwischenzeitlich<br />
strittig geworden war, bietet sich durch<br />
Regelung in <strong>Insolvenz</strong>plan zur Sicherheit an, dass die Finanzverwaltung<br />
dem vorgenannten Inhalt und Vorgehen<br />
ausdrücklich zustimmt.<br />
V. Fazit<br />
Das Planverfahren kann insbesondere bei Vorliegen eines<br />
geeigneten Konzeptes eine echte Sanierungsalternative in<br />
einem eröffneten <strong>Insolvenz</strong>verfahren sein. Unabdingbar ist<br />
die Beachtung der unterschiedlichen Interessenslagen der<br />
Beteiligten.<br />
Die Normen der <strong>Insolvenz</strong>ordnung zum Planverfahren geben<br />
dem Planersteller, seien es der Verwalter oder der<br />
Schuldner, fl exible Rahmenbedingungen an die Hand,<br />
diesen Interessenslagen im <strong>Insolvenz</strong>plan gerecht zu werden.<br />
Die Vornahme erforderlicher Gesetzesreformen sowie<br />
mehr Planinitiative der Verwalter sollten es ermöglichen,<br />
künftig weit öfter Unternehmenssanierungen mittels <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />
zu verwirklichen.<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
23
Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren<br />
Ein Plädoyer <strong>für</strong> die übertragende<br />
Sanierung<br />
von RA Alexander Ballmann<br />
Alexander Ballmann<br />
Rechtsanwalt<br />
Partner<br />
CMS Hasche Sigle,<br />
München<br />
I. Einleitung<br />
Es ist viel geschrieben und diskutiert worden in den letzten<br />
Jahren, seit erste Erfahrungswerte mit der Anwendung<br />
der „neuen“, zum 1.1.2001 in Kraft getretenen <strong>Insolvenz</strong>ordnung<br />
vorliegen, warum das darin vorgesehene Instrument<br />
des <strong>Insolvenz</strong>plans nicht die von vielen erhoffte und<br />
erwartete Durchschlagskraft entfaltet hat. Der Anspruch,<br />
mit dem das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren von seinen Be<strong>für</strong>wortern<br />
propagiert wurde, war ja nicht weniger als der, damit<br />
so etwas wie ein deutsches „Chapter-11“ <strong>–</strong> Verfahren zu<br />
schaffen, das den herkömmlichen, und vielen schon sehr<br />
altbacken erscheinenden Weg des Erhaltes und der Fortführung<br />
eines insolventen Geschäftsbetriebs im Wege der<br />
sog. übertragenden Sanierung verdrängen würde.<br />
Doch auch in der zweiten großen Wirtschaftskrise nach<br />
Einführung der neuen <strong>Insolvenz</strong>ordnung lesen wir zwar<br />
weiterhin viel über das Potential des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens,<br />
finden in der Presse Ankündigungen, dass <strong>für</strong> dieses<br />
und jenes große <strong>Insolvenz</strong>verfahren ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
ernsthaft erwogen werde (häufig auch noch in Kombination<br />
mit einem Antrag auf Eigenverwaltung), sehen dann<br />
aber am Ende, wenn die Rettung eines insolventen Unternehmens<br />
gelingt, doch fast nur übertragende Sanierungen.<br />
Auch bei dem Mitte März diesen Jahres von dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
der Karstadt Warenhaus <strong>GmbH</strong> vorgelegten<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan bleibt abzuwarten, ob er am Ende tatsächlich<br />
zu einer Rettung des Unternehmens führen wird.<br />
Zunächst schob man die „Anlaufschwierigkeiten“ darauf,<br />
dass es sich bei dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren, um ein <strong>für</strong><br />
das deutsche Recht in dieser Form neues und doch eher<br />
rechtlich komplexes Instrument handele, mit dem die beteiligten<br />
Kreise erst vertraut werden müssten; nach ein<br />
paar Jahren mehrten sich dann die Stimmen, die die Schuld<br />
auf die (zweifelsohne vorhandenen) Defizite in der gesetzlichen<br />
Ausgestaltung des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens oder<br />
aber die Inflexibilität der deutschen <strong>Insolvenz</strong>praxis schoben.<br />
So recht überzeugen mag das allerdings beides nicht.<br />
Vielmehr drängt sich der Gedanke auf, dass das Instrument<br />
der übertragenden Sanierung vor dem Hintergrund der<br />
deutschen Rechtsordnung und <strong>Insolvenz</strong>rechtskultur doch<br />
in sehr vielen Fällen einige entscheidende Vorzüge besitzt.<br />
Um diese besser zu verstehen, wollen wir uns zunächst<br />
kurz ein eher typisches <strong>Insolvenz</strong>szenario ansehen: nehmen<br />
wir ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen<br />
aus dem Automobilzuliefer- oder Maschinenbaubereich.<br />
Das Unternehmen lief jahrelang gut, hat in neue Märkte<br />
(Osteuropa, Asien) expandiert, ist erheblich gewachsen,<br />
allerdings ohne, dass sich die Organisations- und Managementstrukturen<br />
entsprechend weiterentwickelt haben;<br />
die Aufmerksamkeit lag auf Produktentwicklung und<br />
Vertrieb. Die Banken waren gerne bereit, ein strategisches<br />
Wachstum zu finanzieren, man kannte sich ja schon lange;<br />
die Gewinne waren nicht großartig, aber irgendwie noch<br />
auskömmlich. Und dann kommt ein externer Schock, eine<br />
Wirtschaftskrise oder auch nur der isolierte Verlust eines<br />
oder mehrerer großer Aufträge bzw. Kunden oder ein Produktwandel,<br />
der plötzliche erhebliche Neuinvestitionen<br />
verlangt. Auf einmal stimmt das wirtschaftliche Gleichgewicht<br />
nicht mehr, die Liquidität trocknet aus, die Banken<br />
drohen, ihre Kredite fällig zu stellen. Zunächst kann man<br />
die Löcher noch irgendwie stopfen, die Eigentümer schießen<br />
neues Geld nach, man kann noch die eine oder andere<br />
Cashreserve im Unternehmen heben, Assets monetarisieren,<br />
von der einen oder anderen Bank eine Zwischenfinanzierung<br />
erhalten. Gleichzeitig merken Management und<br />
Eigentümer aber, dass sie die Situation nicht in den Griff<br />
bekommen. Dann wird noch verzweifelt und hektisch nach<br />
einem Investor gesucht, der das Unternehmen übernimmt.<br />
Doch die Preisvorstellungen potentieller Investoren lassen<br />
sich nicht mit denen der Eigentümer, und insbesondere<br />
auch der finanzierenden Banken, in Einklang bringen. Letztendlich<br />
kommt dann doch der <strong>Insolvenz</strong>antrag.<br />
II. Und dann gewinnt die übertragende<br />
Sanierung…<br />
Für einen <strong>Insolvenz</strong>verwalter, der in einer derartigen Situation,<br />
zunächst als vorläufiger <strong>Insolvenz</strong>verwalter, an Bord<br />
kommt, stellt sich zunächst die Aufgabe, den Geschäftsbetrieb<br />
zu stabilisieren, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter<br />
und sonstige wesentliche Vertragspartner bei der Stange<br />
zu halten und die laufende Finanzierung sicherzustellen.<br />
Gleichzeitig muss er sich aber sofort ein Bild der Situation<br />
und der <strong>Insolvenz</strong>ursachen machen, und ein Konzept <strong>für</strong><br />
sein weiteres Vorgehen entwickeln. Nur ein glaubwürdiges<br />
Konzept wird es schaffen, die erforderlichen Stakeholder<br />
dazu zu bringen, das Unternehmen (weiter) zu unterstützen.<br />
An diesem Punkt treten dann <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und<br />
übertragende Sanierung in einem Wettstreit der Sanierungsinstrumente<br />
gegeneinander an, wobei die übertragende<br />
Sanierung in den meisten Fällen vier wesentliche<br />
24 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Vorteile bietet, die sich mit den Schlagworten Schnelligkeit,<br />
Glaubwürdigkeit, Flexibilität, Umgang mit Sicherheitengläubigern,<br />
zusammenfassen lassen.<br />
1. Schnelligkeit<br />
Erfahrungsgemäß erwarten insbesondere Kunden, Zulieferer,<br />
Arbeitnehmer und andere wichtige Vertragsparteien<br />
sehr schnell nach <strong>Insolvenz</strong>antragstellung klare Signale,<br />
wie es aus Sicht des (vorläufi gen) <strong>Insolvenz</strong>verwalters<br />
mit dem Unternehmen weitergehen soll. Nur wenn dieser<br />
plausibel vermitteln kann, dass es eine ganz überwiegende<br />
Wahrscheinlichkeit gibt, dass ein Unternehmen weitergeführt<br />
wird, werden sie dem Unternehmen die Treue halten.<br />
Dabei ganz entscheidend ist der Zeitfaktor. Je länger ein<br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahren läuft, ohne dass die Basis <strong>für</strong> einen stabilen<br />
Neuanfang aus der <strong>Insolvenz</strong> heraus gelegt wird, desto<br />
mehr Stakeholder werden sich anderweitig umsehen,<br />
Kunden werden alternative Bezugsquellen suchen, Arbeitnehmer<br />
nach attraktiven Jobalternativen, etc. In der Praxis<br />
wird dabei häufig der Zeitraum von 3 bis 6 Monaten nach<br />
<strong>Insolvenz</strong>antragstellung als kritisch angesehen.<br />
Die insolvenzrechtlichen Formalerfordernisse sind bei einer<br />
übertragenden Sanierung eher gering und lassen sich auf<br />
der Zeitschiene in aller Regel sehr gut steuern. Zu seiner<br />
eigenen Absicherung wird ein <strong>Insolvenz</strong>verwalter eine<br />
übertragende Sanierung grundsätzlich erst im eröffneten<br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahren und nicht schon in der Phase der vorläufi<br />
gen <strong>Insolvenz</strong> vornehmen.<br />
Jedoch lässt sich in der Praxis, soweit der Gesamtprozess<br />
in enger Abstimmung mit dem <strong>Insolvenz</strong>gericht läuft, die eigentliche<br />
<strong>Insolvenz</strong>eröffnung durchaus steuern. Im Übrigen<br />
ist grundsätzlich nur die Zustimmung des Gläubigerausschusses<br />
erforderlich, die üblicherweise sehr kurzfristig<br />
eingeholt werden kann. Der Zeitplan der übertragenden<br />
Sanierung wird im Wesentlichen durch Käufersuche, Käufer-Due<br />
Diligence und Vertragsverhandlungen bestimmt.<br />
Wenn der ideale Käufer bei <strong>Insolvenz</strong>antragstellung nicht<br />
schon bereit steht, wird ein sorgfältiger <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
zunächst einmal einen geordneten M&A-Prozess aufsetzen,<br />
um Wettbewerb zu erzeugen und so zum einen<br />
die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss des Verkaufsprozesses<br />
zu erhöhen, zum anderen einen möglichst<br />
hohen Kaufpreis zu realisieren. Selbstverständlich spielen<br />
die übrigen Stakeholder, insbesondere Kunden, Zulieferer<br />
und Arbeitnehmer auch eine wichtige Rolle im Investorenprozess,<br />
da sie häufig ganz erhebliche Beiträge leisten<br />
müssen, um eine übertragende Sanierung wirtschaftlich<br />
darstellbar zu machen. Was die Arbeitnehmerseite anbetrifft,<br />
so sind dabei bei geplanten Betriebsänderungen die<br />
betriebsverfassungsrechtlichen Verfahrensvorgaben zu beachten.<br />
Doch auch hier gilt, dass die Prozesssteuerung auf<br />
den Investorenprozess ausgerichtet ist, und ein Investor zur<br />
Beschleunigung in vielen Fällen die Entscheidung treffen<br />
wird, zunächst auf Betriebsänderungen zu verzichten, um<br />
den Zeitaufwand <strong>für</strong> die da<strong>für</strong> erforderlichen Verfahrensabläufe<br />
zu sparen.<br />
Im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren hingegen, werden die Abläufe<br />
und Zeitpläne stark durch die formalen Anforderungen<br />
des Planverfahrens bestimmt. Zunächst einmal muss der<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter überhaupt einen <strong>Insolvenz</strong>plan ausarbeiten.<br />
Dies geht in der Regel nicht ohne eine häufi g langwierige<br />
Vorabstimmung mit den Gläubigern. Der erstellte<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan wird dann dem Gericht zur Vorprüfung vorgelegt.<br />
Wenn das Gericht den <strong>Insolvenz</strong>plan nicht schon<br />
nach der Vorprüfung zurückweist, wird der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
Gläubigerausschuss, Betriebsrat und Sprecherausschuss,<br />
dem Schuldner bzw. <strong>Insolvenz</strong>verwalter, je nachdem wer<br />
den <strong>Insolvenz</strong>plan vorgelegt hat, und möglicherweise auch<br />
noch amtlichen Berufsvertretungen und anderen sachkundigen<br />
Stellen vorgelegt. Daran schließt sich ein Erörterungs-<br />
und Abstimmungstermin an. Erst dann kann der<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan überhaupt umgesetzt werden. Die zeitliche<br />
Problematik des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens liegt nicht nur<br />
in den zahlreichen Verfahrensschritten, sondern auch im<br />
materiellen Erfordernis, dass der Plan letztlich so gestaltet<br />
werden muss, dass er überhaupt die <strong>für</strong> eine Annahme erforderlichen<br />
Mehrheiten fi ndet, was häufi g umfangreiche<br />
Verhandlungsrunden voraussetzt. In Punkto Schnelligkeit<br />
liegt die übertragende Sanierung daher fast immer vorne.<br />
2. Glaubwürdigkeit<br />
Für ein Unternehmen stellt eine <strong>Insolvenz</strong> immer auch eine<br />
Glaubwürdigkeitskrise im Hinblick auf die verschiedenen<br />
Stakeholder dar. Dies betrifft die Glaubwürdigkeit des Ma-<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
25
Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren<br />
nagements, des Geschäftsmodells, der internen Unternehmensstrukturen<br />
sowie der Gesellschafter. Es stellt sich die<br />
Frage, ob das Geschäftsmodell grundsätzlich funktioniert,<br />
ob das Management in der Lage ist, das Geschäftsmodell<br />
umzusetzen und Controlling-Strukturen zu etablieren und<br />
einzuhalten, ob die Eigentümer noch wirklich hinter dem<br />
Unternehmen stehen, willens sind, die erforderlichen Entscheidungen<br />
zu treffen und auch bereit und in der Lage,<br />
gegebenenfalls neues Kapital zur Verfügung zu stellen.<br />
Die übertragende Sanierung ist schon strukturell auf die<br />
Schaffung von Glaubwürdigkeit ausgerichtet. Sie bedeutet<br />
immer einen klaren Schnitt mit der Vergangenheit und<br />
gleichzeitig einen Neuanfang. Der Geschäftsbetrieb wird<br />
aus seiner alten, problembeladenen gesellschaftsrechtlichen<br />
Hülle herausgelöst und auf eine neue gesellschaftsrechtliche<br />
Basis gestellt. Gleichzeitig tritt ein neuer Eigentümer<br />
an, mit einem adjustierten Geschäftsmodell, häufig<br />
neuem Management und neuen Strukturen. Die Frage der<br />
eigenen Glaubwürdigkeit eines potenziellen Investors als<br />
neuer Eigentümer ist dementsprechend neben der gebotenen<br />
Kaufpreishöhe und der objektiven Belastbarkeit des<br />
vorgelegten Zukunftskonzepts ein durchaus wesentliches<br />
Entscheidungskriterium bei der Auswahl eines geeigneten<br />
Investors.<br />
Dem gegenüber ist das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren von seiner<br />
Natur her auf Bewahrung angelegt. Der bisherige Rechtsträger<br />
soll von den <strong>Insolvenz</strong>gründen (Überschuldung und/<br />
oder Zahlungsunfähigkeit) befreit werden und als solcher<br />
weiterbestehen. Während es bei der übertragenden Sanierung<br />
eigentlich immer zu einem Eigentümerwechsel<br />
kommt, bleibt die Eigentümerstruktur des Unternehmens<br />
im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren zunächst einmal unberührt.<br />
Zwar wird auch hier die Zukunfts<strong>perspektiv</strong>e häufig nur<br />
mit frischem Eigenkapital und neuen Gesellschaftern<br />
entwickelt werden können. Doch jegliche Änderung der<br />
Gesellschafterstruktur erfordert die Zustimmung der bisherigen<br />
Gesellschafter. Mit der alten Gesellschaft bleiben<br />
zunächst einmal aber auch alle bisherigen Governance-,<br />
Controlling-, etc. Strukturen erhalten und müssen dann aktiv<br />
verändert und angepasst werden. Einen automatischen<br />
Schnitt, wie bei einer übertragenden Sanierung gibt es in<br />
einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht.<br />
3. Flexibilität<br />
Die übertragende Sanierung bietet <strong>für</strong> einen Investor darüber<br />
hinaus den großen Vorteil, dass er das Unternehmen,<br />
in das er letztlich investiert, maßgeschneidert aus dem<br />
Bestand des insolventen Unternehmens zusammenbauen<br />
kann. Da die übertragende Sanierung im Wege der Einzelrechtsnachfolge<br />
erfolgt, können <strong>Insolvenz</strong>verwalter und<br />
Investor genau definieren, welche Vermögensgegenstände<br />
der Investor übernimmt. Auch im Hinblick auf den häufig<br />
erforderlichen Mitarbeiterabbau im Zuge der Neuaufstellung<br />
schafft die Rechtsprechung über die Zulässigkeit der<br />
Einbindung von Transfergesellschaftsmodellen oder die<br />
Verwendung sogenannter Erwerberkonzepte ganz erhebliche<br />
Spielräume. Zwar bietet auch das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
durch die vereinfachten Kündigungsmöglichkeiten,<br />
die die <strong>Insolvenz</strong>ordnung ermöglicht, Vorteile hinsichtlich<br />
des möglicherweise erforderlichen Abbaus von Arbeitsplätzen.<br />
Allerdings ist ein Personalabbau in <strong>Insolvenz</strong>planverfahren,<br />
gerade wenn die Arbeitnehmer auch noch eine<br />
wesentliche Gläubigergruppe darstellen, personalpolitisch<br />
häufig schwerer durchzusetzen als ein Personalabbau im<br />
Zuge einer übertragenden Sanierung.<br />
4. Beschränkter Gläubigerschutz<br />
Ein weiterer praktischer Vorzug der übertragenden Sanierung<br />
liegt in der Einschränkung des Schutzes von Sicherheitengläubigern,<br />
die Sicherheiten an beweglichen Gegenständen<br />
besitzen. Dadurch, dass die <strong>Insolvenz</strong>ordnung dem<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter das Recht zur freihändigen Verwertung<br />
beweglicher Sachen, an denen ein Absonderungsrecht<br />
besteht, einräumt, hat der <strong>Insolvenz</strong>verwalter zunächst<br />
überhaupt einmal die Möglichkeit, sicherzustellen, dass er<br />
auf die <strong>für</strong> eine Betriebsfortführung erforderlichen Gegenstände<br />
des Anlage- und Umlaufvermögens weiter zugreifen<br />
kann. Weitergehend wird ihm dadurch aber auch er-<br />
26 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
vor allem immer dann sinnvoll erscheint, wenn<br />
es gerade auf die Bewahrung der bisherigen gesellschaftsrechtlichen<br />
Basis und die Weiterführung des Unternehmens<br />
auf dieser Basis ankommt. Dies ist immer dann der<br />
Fall, wenn das Unternehmen <strong>für</strong> seine Geschäftstätigkeit<br />
auf bestimmte Lizenzen, öffentlich-rechtliche Erlaubnisse<br />
und Genehmigungen oder Ähnliches angewiesen ist, die<br />
nicht, oder nur schwer und unter hohen Kosten übertragen<br />
werden können bzw. deren Übertragung das Durchlaufen<br />
umfangreicherer Genehmigungs- bzw. sonstiger Prozesse<br />
erfordert. Aus praktischen Gründen kann eine Fortführung<br />
unter dem bisherigen gesellschaftsrechtlichen Mantel darüber<br />
hinaus auch dann Sinn machen, wenn im Zuge einer<br />
übertragenden Sanierung eine große Zahl von Verträgen<br />
zwingend zu übertragen ist, zu deren Übertragung die Zustimmung<br />
der anderen Vertragspartei erforderlich ist.<br />
Im Falle des schon erwähnten, gerade aktuell vorgelegten<br />
<strong>Insolvenz</strong>plans der Karstadt Warenhaus <strong>GmbH</strong> zeigt sich<br />
eine weitere Sonderkonstellation, in der ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
gewisse Vorteile bieten kann. Sofern nämlich die Sanierung<br />
und Restrukturierung, die erforderlich ist, um ein Unternehmen<br />
überhaupt verkaufbar zu machen, koordinierte<br />
Sanierungsbeiträge und Zugeständnisse einer Vielzahl von<br />
Stakeholdern verlangt, so bietet ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
einen koordinierten und rechtlich sanktionierten Rahmen,<br />
um sicherzustellen, dass auch sämtliche erforderlichen Sanierungsbeiträge<br />
gleichermaßen geleistet werden.<br />
IV. Ausblick<br />
möglicht, das wesentliche Betriebsvermögen, auch soweit<br />
es über Sicherungsabtretungen und ähnliche Sicherungskonstrukte<br />
als Kreditsicherheit eingesetzt ist, im Rahmen<br />
der übertragenden Sanierung, und ohne das Erfordernis<br />
eines besonderen Verkaufsprozesses, an einen Investor zu<br />
veräußern. Zwar hat ein Sicherheitengläubiger das Recht,<br />
innerhalb einer Woche nach Mitteilung der Veräußerungsabsicht<br />
durch den <strong>Insolvenz</strong>verwalter eine bessere Verwertungsmöglichkeit<br />
nachzuweisen oder selbst zu einem<br />
besseren Preis zu erwerben. In der Praxis ist dies jedoch <strong>für</strong><br />
einen Sicherheitengläubiger häufi g aufgrund der Gesamtsituation<br />
und der kurzen Frist nicht möglich und stellt daher<br />
eine eher theoretische Möglichkeit dar. Faktisch schränkt<br />
die <strong>Insolvenz</strong>ordnung damit die Obstruktionsmöglichkeiten<br />
von Sicherungsgläubigern im Verkaufsprozess stark ein.<br />
Im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren hingegen ist ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />
ohne Zustimmung der wesentlichen Sicherheitengläubiger<br />
nicht denkbar.<br />
III. Wann macht ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
Sinn?<br />
Angesichts der in vielen Konstellationen doch klar erkennbaren<br />
Vorteile der übertragenden Sanierung, verwundert<br />
es wenig, dass im langfristigen Schnitt weniger als 1 %<br />
aller <strong>Insolvenz</strong>en in einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren münden.<br />
Auch viel diskutierte gesetzliche Verbesserungen,<br />
wie etwa eine Beschränkung der Rechtsmittel gegen Zustimmungen<br />
zu <strong>Insolvenz</strong>plänen, eine Erweiterung des Obstruktionsverbotes,<br />
eine Entmachtung der Gesellschafter,<br />
etc. dürften dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht zu einem<br />
entscheidenden Durchbruch verhelfen. Die Erfahrung in anderen<br />
Ländern zeigt viel mehr, dass ein vorinsolvenzliches<br />
Vergleichsverfahren, dass die Lösung einer Unternehmenskrise<br />
durch freiwillige Vereinbarungen der beteiligten<br />
Stakeholder <strong>–</strong> mit Mehrheitsentscheid, aber gleichzeitig<br />
hohen Zustimmungsquoten <strong>–</strong> vielleicht ein viel erfolgversprechenderer<br />
Ansatz ist, um einem Ausgleichs <strong>–</strong> und<br />
Vergleichsverfahren, wie es das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
darstellt, zu einem sinnvollen Einsatz zu verhelfen.<br />
Ein derartiges vorinsolvenzliches Vergleichsverfahren würde<br />
den großen Vorteil bieten, dass es sehr viel diskreter<br />
sein kann, das „Stigma“ der <strong>Insolvenz</strong> und die mit einer<br />
<strong>Insolvenz</strong> verbundene Glaubwürdigkeitskrise zu vermeiden<br />
hilft. Dadurch wird gleichzeitig ein starker Anreiz gesetzt,<br />
möglichst früh eine Lösung der Krise zu suchen, bevor zu<br />
viel Unternehmenswert verloren geht.<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
27
Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />
Studie: <strong>Insolvenz</strong>planverfahren vs.<br />
übertragende Sanierung<br />
von Dr. Andreas Fröhlich<br />
Dr. Andreas Fröhlich<br />
Geschäftsführender<br />
Gesellschafter<br />
<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />
München<br />
In der Öffentlichkeit ist die Unternehmenssanierung mittels <strong>Insolvenz</strong> „salonfähig“<br />
geworden. Insbesondere das Planverfahren wird plötzlich als Wunderwaffe der <strong>Insolvenz</strong>ordnung<br />
gefeiert, obwohl das Instrument bereits seit 1999 genutzt werden kann<br />
und faktisch noch immer ein Schattendasein fristet. Was ist nun dran am Planverfahren<br />
als „Retter in der Krise“? Ist das Instrument tatsächlich soviel leistungsfähiger als<br />
die heute noch überwiegend genutzte übertragende Sanierung? Die Ergebnisse einer<br />
entsprechenden Studie zum Thema mögen den ein oder anderen überraschen...<br />
I. Einführung und Zielsetzung der Studie<br />
Die <strong>Insolvenz</strong> als Sanierungsinstrument findet in der breiten<br />
Öffentlichkeit zunehmende Akzeptanz. In den Medien<br />
erfolgt eine intensive Diskussion am Beispiel der „öffentlichen<br />
Krisenfälle“ wie etwa Opel oder Arcandor. Dabei<br />
wird die Nutzung einer <strong>Insolvenz</strong> als Sanierungsinstrument<br />
zumeist unmittelbar mit dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren assoziiert.<br />
So verwundert es auch nicht, dass aktuell in jeder<br />
dritten großen Unternehmensinsolvenz 1 eine Sanierung<br />
mittels Planverfahren zu Beginn des Antragsverfahrens angestrebt<br />
wird. Tatsächlich wird aber nur eine sehr geringe<br />
Anzahl von Planverfahren zum Erfolg geführt - nur rund<br />
zwei Prozent der angeschlagenen Unternehmen werden<br />
mittels <strong>Insolvenz</strong>planverfahren saniert.<br />
Die wenigen öffentlichkeitswirksamen Erfolgsfälle, wie<br />
etwa SinnLeffers, Herlitz oder Ihr Platz, dominieren in der<br />
Presse. Demgegenüber finden die Negativ-Beispiele meist<br />
kaum Beachtung: Die „Dunkelziffer“ an Planverfahren mit<br />
minimalen Quoten <strong>für</strong> die Gläubiger und schlimmer noch<br />
an <strong>Insolvenz</strong>verfahren, bei denen ein angestrebtes Planverfahren<br />
zur Liquidationsursache wurde, ist als verhältnismäßig<br />
hoch einzuschätzen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser undifferenzierten Betrachtung<br />
der Sanierungsformen „<strong>Insolvenz</strong>plan“ sowie „übertragende<br />
Sanierung“ verwundert es, dass es bislang keine<br />
valide empirische Basis zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit<br />
des einen oder des anderen Instrumentes gibt. So<br />
basieren die bisher vorliegenden empirischen Studien ausschließlich<br />
auf dem Vergleich des Planverfahrens mit der<br />
Regelinsolvenz bzw. Liquidation 2 .<br />
Im „Wettstreit der Fortführungsinstrumente“ ist dieser<br />
Vergleich jedoch nicht ausreichend. Denn nach der Vorstellung<br />
des Gesetzgebers sollen die Gläubiger aufgrund<br />
der Gläubigerautonomie im Wettbewerb um die beste Verfahrensart<br />
die optimale Masseverwertung entdecken und<br />
durchsetzen 3 .<br />
Genau hier setzt die vorliegende Studie an. Ziel der Untersuchung<br />
ist eine differenziertere Betrachtungsweise der<br />
Chancen und Risiken der existenten Fortführungsinstrumente.<br />
Mit Blick auf die Wahl des geeigneten Sanierungsinstrumentes<br />
sollen konkrete Handlungsempfehlungen <strong>für</strong><br />
die Restrukturierungspraxis aufgezeigt werden:<br />
n Welche Rahmenbedingungen begünstigen welches Sanierungsinstrument?<br />
n Was sind jeweils die Erfolgsfaktoren und wie gestalten<br />
sich die jeweiligen Chancen-/ Risikoprofile?<br />
n Was sind die Gründe <strong>für</strong> die geringe Verbreitung und<br />
das häufige Scheitern von Planverfahren?<br />
n Welche Konsequenzen ergeben sich daraus <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
der <strong>Insolvenz</strong>verfahren?<br />
Auf diese und weitere Fragestellungen wird der folgende<br />
Artikel Antworten auf Basis der umfangreichen Befragung<br />
von <strong>Insolvenz</strong>experten geben 4 .<br />
II. Methodik<br />
Die vorliegende Studie beruht auf einer schriftlichen Be-<br />
1 Im Rahmen der Studie werden nur „größere“ Unternehmensinsolvenzen betrachtet. Diese sind definiert mit mind. e 10 Mio. Jahresumsatz sowie mind.<br />
100 Arbeitnehmern.<br />
2 Vgl. hierzu etwa Paffenholz/ Kranzusch, <strong>Insolvenz</strong>planverfahren, Deutscher Universitäts-Verlag, Sächsische Aufbaubank, Bereich<br />
Wirtschaftsförderung, Expertenbefragung <strong>Insolvenz</strong>planverfahren 2001, durchgeführt von der TU Dresden, Lehrstuhl <strong>für</strong> Marketing, Creditreform, a.a.O., S.<br />
29.<br />
3 Vgl. Uhlenbruck in Uhlenbruck <strong>Insolvenz</strong>ordnung, § 1 Rn. 1.<br />
4 Die folgenden Ausführungen geben nicht unbedingt die Meinung des Autors wieder, sondern beruhen auf den Aussagen der Befragungsteilnehmer.<br />
28 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Abb. 1<br />
fragung anhand standardisierter Fragebögen aus dem<br />
April 2009. Insgesamt wurden knapp 1.500 Fragebögen<br />
an qualifizierte Kontakte aus dem insolvenznahen Umfeld<br />
versandt. Die Rücklaufquote betrug 9,7% bzw. 144 ausgefüllte<br />
Fragebögen. Zur Bereinigung der Ergebnisse um<br />
„Kleinverfahren“ erfolgte bei der Auswertung eine Konzentration<br />
auf Befragte mit einer Erfahrung von mindestens<br />
vier Verfahren mit mehr als 10 Mio. EUR Umsatz bzw. 100<br />
Arbeitnehmern seit 2004. Dies führte zu einer Reduktion<br />
der berücksichtigten Fragebögen von 144 auf 96, die sich<br />
auf folgende Gruppen aufteilen 5 :<br />
Einflussfaktoren<br />
Tiefgreifende strategische Krise, nur durch radikale<br />
Restrukturierung zu beheben<br />
Unterschiedliche Interessenslagen der Gesellschafter<br />
Stark divergierende Interessen der Gläubiger<br />
Hohe Unsicherheit im Hinblick auf die Fortführbarkeit im<br />
eröffneten Verfahren<br />
Gestörtes Vertrauensverhältnis zu maßgeblichen<br />
„Stakeholdern“, so Kunden, Lieferanten, Banken<br />
Vorteile<br />
übertragende Sanierung<br />
hoch<br />
neutral<br />
Vorteile<br />
Planverfahren<br />
hoch<br />
n <strong>Insolvenz</strong>verwalterkanzleien: 53%<br />
n Institutionelle Gläubiger: 24%<br />
Abb. Abb. 1: 2Optimale Rahmenbedingungen mit Vorteilen <strong>für</strong><br />
eine übertragende Sanierung<br />
n Sonstige <strong>Insolvenz</strong>experten: 23%<br />
III. Rahmenbedingungen einer erfolgreichen<br />
Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong><br />
Juni 09<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Einflussfaktoren<br />
Rein durch Liquiditätsengpass getriebene Krise, zumeist<br />
durch Sanierung der Passiv-Seite der Bilanz zu beseitigen<br />
Vorteile<br />
übertragende Sanierung<br />
hoch<br />
neutral<br />
Vorteile<br />
Planverfahren<br />
hoch<br />
In einem ersten Teil der Studie sollte die Frage geklärt werden,<br />
ob es Rahmenbedingungen gibt, welche die jeweiligen<br />
Sanierungsinstrumente <strong>–</strong> übertragende Sanierung<br />
oder Planverfahren <strong>–</strong> begünstigen.<br />
Als wesentliche Erkenntnis hat die Studie ergeben, dass<br />
es tatsächlich heterogene Rahmenbedingungen gibt, die<br />
eindeutig <strong>für</strong> die Wahl des einen oder anderen Sanierungsinstrumentes<br />
sprechen.<br />
1. Indikatoren <strong>für</strong> eine übertragende Sanierung<br />
Die wesentlichen Rahmenbedingungen, die eine erfolgreiche<br />
Umsetzung einer übertragenden Sanierung begünstigen,<br />
stellt Abb. 1<br />
Juni 09<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
dar.<br />
Die übertragende Sanierung ist nach Ansicht der Befragungsteilnehmer<br />
insbesondere dann sinnvoll, wenn<br />
aufgrund der Interessenlagen der einzelnen Verfahrensbeteiligten<br />
ein kompletter „Neuanfang“ mit anderen Mitwirkenden<br />
notwendig ist. Zudem ist die übertragende Sanierung<br />
dann vorzuziehen, wenn erhebliche Zweifel an der<br />
Fortführbarkeit im eröffneten Verfahren vorliegen. Dies ist<br />
damit zu begründen, dass in solchen kritischen Verfahren<br />
die erfolgreiche Umsetzung einer übertragenden Sanierung<br />
immer noch deutlich wahrscheinlicher ist als die Durchführung<br />
eines Planverfahrens.<br />
2. Indikatoren <strong>für</strong> ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
Demgegenüber stellt Abb. 2 Rahmenbedingungen dar, die<br />
eindeutig <strong>für</strong> die Wahl des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens als Sanierungsinstrument<br />
sprechen.<br />
Existenz betriebsnotwendiger Lizenzen / Zulassungen<br />
Existenz vorteilhafter Dauerschuldverhältnisse<br />
Starke Bindung der Geschäftstätigkeit an<br />
„Geschäftsführenden Gesellschafter“<br />
Geringe Chancen auf Veräußerung des Geschäftsbetriebes<br />
an externe Investoren<br />
Aktuelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen, insbesondere<br />
Finanzmarktkrise<br />
Abb. 2: Optimale Rahmenbedingungen mit Vorteilen <strong>für</strong><br />
ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
Für das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren sprechen zunächst vor<br />
allem solche Aspekte, die mit der Strukturierung als<br />
„Share Deal“ und dem damit einhergehenden Erhalt des<br />
Unternehmensträgers zusammenhängen. Denn etwa die<br />
Übertragbarkeit vorhandener Lizenzen stellt in der Praxis<br />
bei übertragenden Sanierungen ein Problem dar.<br />
Ein elementarer Unterschied im Hinblick auf die Eignung<br />
beider Sanierungsinstrumente besteht in den Krisenursachen<br />
beim Schuldnerunternehmen: Die übertragende<br />
Sanierung wird vor allem dann bevorzugt, wenn eine tief<br />
greifende strategische Krise beim Schuldnerunternehmen<br />
vorliegt. Demgegenüber wird das Planverfahren präferiert,<br />
wenn eine reine Liquiditätskrise vorliegt, die durch Sanierung<br />
der Passivseite der Bilanz beseitigt werden kann 6 .<br />
3. Externe Investoren mit Präferenz <strong>für</strong> übertragende<br />
Sanierung<br />
Wie werden die Sanierungsinstrumente aus Sicht der Erwerber<br />
beurteilt? Nach Ansicht der Teilnehmer, hat der<br />
externe Investor eine klare Präferenz <strong>für</strong> die Nutzung der<br />
übertragenden Sanierung:<br />
S<br />
5 Da die Antworten der Befragten keine signifikanten statistischen Abweichungen zwischen den genannten Gruppen sowie zwischen Planerfahrenen und<br />
Planunerfahrenen Befragten ergaben, konnte eine „Mittelwertbetrachtung“ durchgeführt werden.<br />
6 Ebenso Creditreform, a.a.O., S.31.<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
29
Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />
Abb. 3<br />
Sichtweise externer Investoren auf Basis des<br />
Erfahrungshintergrundes der Befragten<br />
Umsetzung einer radikalen Restrukturierung<br />
Vorteile<br />
übertragende Sanierung<br />
hoch<br />
neutral<br />
Vorteile<br />
Planverfahren<br />
hoch<br />
Nutzung des einen oder anderen Sanierungsinstrumentes<br />
zu analysieren. Ist eine Vertrauensbasis zu all diesen Stakeholdern<br />
noch vorhanden, kann das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
grundsätzlich zum Einsatz kommen.<br />
Aufwand zur Prüfung der Investitionsoption<br />
Haftungsrechtliche Implikationen<br />
IV. Erfolgsfaktoren der Fortführungslösungen<br />
09<br />
rspektiv <strong>GmbH</strong><br />
Finanzierbarkeit der Fortführungslösung<br />
Planbarkeit des Geschäftsverlaufs nach Erwerb /<br />
Übertragung<br />
Abb. 4<br />
Gestaltung des Investorenprozesses<br />
Die oftmals notwendige radikale Restrukturierung eines<br />
insolventen Unternehmens glaubt der externe Investor<br />
vor allem durch eine übertragende Sanierung umsetzen zu<br />
können. Aber auch die haftungsrechtlichen Implikationen<br />
aufgrund der Strukturierung als Asset-Deal sprechen aus<br />
seiner Sicht stark <strong>für</strong> dieses Instrument. (Vgl. Abb. 3)<br />
4. Zwischenfazit<br />
• Frühzeitige Einleitung eines Investorenprozesses mit<br />
Beginn des Antragsverfahrens<br />
• Umfassende Identifikation und direkte persönliche<br />
Ansprache einer Vielzahl von Interessenten mit einem<br />
hohen „strategischen Fit“<br />
• Aktive Vermarktung der „gehübschten Braut“<br />
• Frühzeitige Einbindung der Kunden / Lieferanten in den<br />
Investorenprozess<br />
Abb. 3: Sichtweise externer Investoren<br />
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass beide Fortführungsinstrumente<br />
auf spezifische Rahmenbedingungen zugeschnitten<br />
sind. Liegt beispielsweise eine tief greifende<br />
strategische Krise vor, die nur durch eine harte leistungswirtschaftliche<br />
Restrukturierung und Neuausrichtung zu<br />
beseitigen ist, so ist die Nutzung einer übertragenden Sanierung<br />
zu bevorzugen.<br />
Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist demgegenüber vor allem<br />
<strong>für</strong> Krisensituationen geeignet, die durch eine Sanierung<br />
der Passivseite der Bilanz zu beseitigen sind. Das Geschäftsmodell<br />
dieses Unternehmens sollte grundlegend<br />
wettbewerbsfähig sein und keiner grundlegenden Neuausrichtung<br />
bedürfen 7 .<br />
Darüber hinaus sind die Interessenslagen aller Stakeholder<br />
zu eruieren und im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der<br />
sehr stark<br />
Verbesserung der Lösungsqualität *<br />
übertragende<br />
Sanierung<br />
stark<br />
Planverfahren<br />
gering<br />
eher nicht<br />
* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />
Abb. 4: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />
Investorenprozess<br />
In einem weiteren Teil der Studie wurden die Erfolgsfaktoren<br />
der Fortführungsinstrumente „übertragende Sanierung“<br />
sowie „<strong>Insolvenz</strong>planverfahren“ getrennt voneinander<br />
abgefragt. Die Qualität einer Fortführungslösung wurde<br />
dabei an den Attributen Befriedigungsquote der Gläubiger,<br />
Anzahl der geretteten Arbeitsplätze sowie Nachhaltigkeit<br />
festgemacht.<br />
Die generelle Erkenntnis: Die entscheidenden Kriterien<br />
sind <strong>für</strong> beide Instrumente identisch, so dass die folgende<br />
Beurteilung <strong>für</strong> beide Verfahrensarten gilt und man von<br />
„übergreifenden Seite 1 Erfolgsfaktoren“ sprechen kann:<br />
1. Aktive Gestaltung des Investorenprozesses<br />
Eine überragende Bedeutung <strong>für</strong> die Verbesserung der Lösungsqualität<br />
einer Fortführungslösung wurde der aktiven<br />
Gestaltung des Investorenprozesses beigemessen. Abb.<br />
4 zeigt die Faktoren, die sowohl <strong>für</strong> die Umsetzung eines<br />
erfolgreichen Planverfahrens als auch einer übertragenden<br />
Sanierung entscheidend sind.<br />
2. Übertragungslösungen unter Einbezug<br />
externer Investoren<br />
Ein wenig überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass<br />
bei Sanierungen mittels <strong>Insolvenz</strong> sehr häufig „interne“<br />
Lösungen, d.h. mit einer überwiegenden Beteiligung des<br />
Managements/ der Alt-Gesellschafter, umgesetzt werden.<br />
Wenn es allerdings um die Beurteilung der Lösungsqualität<br />
geht, kommen die Befragungsteilnehmer zu einer fast<br />
schon widersprüchlichen Erkenntnis: Sie sind nämlich<br />
gleichzeitig davon überzeugt, dass nur der Einbezug externer<br />
Investoren zu einer signifikant höheren Lösungsqualität<br />
führt. Fortführungslösungen unter maßgeblicher Führung<br />
von Insidern sprechen demgegenüber eher <strong>für</strong> eine unzureichende<br />
Lösungsqualität. (Vgl. Abb. 5)<br />
3. Umfassendes und erprobtes Restrukturierungs-<br />
Know-how<br />
Ein weiterer übergreifender Erfolgsfaktor ist die Existenz<br />
eines umfassenden und erprobten Restrukturierungs-<br />
Know-hows. So wird insbesondere dem Vorliegen eines<br />
leistungswirtschaftlichen Restrukturierungskonzeptes mit<br />
detaillierter Umsetzungsplanung sowohl <strong>für</strong> den Fall der<br />
7 Ähnlich Creditreform, a.a.O., S.31.<br />
9<br />
spektiv <strong>GmbH</strong><br />
30 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
Seite 1
Abb. 5<br />
übertragenden Sanierung als auch des Planverfahrens eine<br />
überragende Bedeutung zuerkannt. (Vgl. Abb. 6)<br />
Des Weiteren wird die Lösungsqualität dadurch stark<br />
verbessert, dass krisenerprobtes Restrukturierungs-Knowhow<br />
im Schuldnerunternehmen vorhanden ist und gleichzeitig<br />
ein leistungsfähiges und aussagestarkes Controlling<br />
implementiert ist. Schließlich stellt eine frühzeitige<br />
Antragstellung, d.h. bereits zum Zeitpunkt der drohenden<br />
Zahlungsunfähigkeit, einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar.<br />
Bei Nutzung des Planverfahrens als Sanierungsinstrument<br />
sind diese „klassischen“ leistungswirtschaftlichen Restrukturierungsthemen<br />
noch bedeutender als bei Umsetzung<br />
einer übertragenden Sanierung.<br />
4. Zwischenfazit<br />
Juni 09<br />
Die Ergebnisse der Studie belegen das, was in der Literatur<br />
vielfach gefordert wird: Essentielle Erfolgsfaktoren <strong>für</strong><br />
Fortführungslösungen sind ein frühzeitig eingeleiteter und<br />
proaktiver Investorenprozess, der Einbezug externer Investoren<br />
sowie das Vorhandensein substantiierten Restrukturierungs-Know-hows,<br />
welches sich in einem operativen<br />
Restrukturierungskonzept manifestiert hat.<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Die zentralen Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> die Umsetzung einer<br />
nachhaltigen Restrukturierung mittels Planverfahren oder<br />
mittels übertragender Sanierung sind weitestgehend identisch.<br />
Daher ist <strong>für</strong> rund 70 % der befragten Experten die<br />
Wahl des Instrumentes, so übertragende Sanierung oder<br />
Plan, meist von geringer Bedeutung <strong>für</strong> den Erfolg einer<br />
nachhaltigen Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong>. (Vgl. Abb. 7)<br />
Struktur der Investorenlösung Verbesserung der Lösungsqualität *<br />
Interne Lösungen, d.h. Management / Alt-Gesellschafter sind<br />
mit mind. 75 % an der fortführenden Gesellschaft beteiligt<br />
Misch-Lösungen, d.h. externe Investoren sowie Management /<br />
Alt-Gesellschafter sind mit jeweils mind. 25 % bis max. 75 %<br />
beteiligt<br />
Externe Lösungen, d.h. externe Investoren sind mit mind. 75 %<br />
an der fortführenden Gesellschaft beteiligt<br />
Abb. 6<br />
Abb. 5: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />
Struktur der Investorenlösung<br />
Restrukturierungs-Know-how / Instrumente<br />
(zum Zeitpunkt der Antragstellung)<br />
• Belastbares leistungswirtschaftliches Restrukturierungskonzept<br />
mit detaillierter Umsetzungsplanung<br />
• Krisenerprobtes Restrukturierungs-Know-how im Schuldnerunternehmen<br />
• Leistungsfähiges und aussagestarkes Controlling<br />
• Antragstellung zum Zeitpunkt.drohender<br />
Zahlungsunfähigkeit<br />
Abb. 7<br />
Abb. 6: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />
Restrukturierungs-Instrumente<br />
sehr stark<br />
übertragende<br />
Sanierung<br />
stark<br />
Planverfahren<br />
gering<br />
eher nicht<br />
* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />
Verbesserung der Lösungsqualität *<br />
sehr stark stark<br />
übertragende<br />
Sanierung<br />
Planverfahren<br />
- Übertragende Sanierung / Planverfahren: Spielt das überhaupt eine Rolle? -<br />
55%<br />
gering<br />
eher nicht<br />
* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />
V. Typen von Fortführungslösungen<br />
Juni 09<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Um „Erfolgstypen“ <strong>für</strong> Fortführungslösungen zu identifi<br />
zieren, wurden die Befragungsteilnehmer nach einer<br />
Beurteilung der Erfolgschancen mit Blick auf den Vorbereitungsgrad<br />
der jeweiligen Lösung zum Zeitpunkt der Antragstellung<br />
sowie die Art des Investors befragt.<br />
Dabei wurde sowohl <strong>für</strong> die übertragende Sanierung als<br />
auch <strong>für</strong> das Planverfahren unterschieden nach<br />
n vorbereitet/ „pre-packaged“ 8 versus unvorbereitet/<br />
klassisch 9 sowie<br />
n externer Lösung 10 versus interner Lösung 11 .<br />
Juni 09<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Basierend auf diesen Kriterien kristallisiert sich in Abb. 8<br />
ein klares Profil von „Erfolgstypen“ heraus.<br />
11%<br />
19%<br />
sehr stark stark gering eher nicht<br />
Abb. 7: Auswirkungen der Wahl des Sanierungsinstrumentes<br />
auf die Lösungsqualität<br />
Generell scheinen sich die Erfolgschancen signifi kant zu erhöhen,<br />
wenn die Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong> frühzeitig und<br />
intensiv vorbereitet wird. Gerade beim Planverfahren erweist<br />
sich der sog. „pre-packaged plan“ als Erfolgsmodell.<br />
Unabhängig vom Fortführungsinstrument ist aus der Sicht<br />
der Befragten weiter die Einbindung externer Investoren<br />
15%<br />
8 Intensive Vorbereitung mindestens 3 Monate vor Eintritt der Antragstellungspflicht durch Schuldnerunternehmen, Existenz eines umfassenden leistungswirtschaftlichen<br />
Restrukturierungskonzeptes bei Antragstellung, Vor-Abstimmung mit maßgeblichen Stakeholdern.<br />
9 Ohne vorbereitende Aktivitäten im Vorfeld der Antragstellung bzw. Einleitung Planerstellung/ Sanierungskonzept erst im Antrags- oder eröffneten Verfahren.<br />
10 Einbindung eines externen Investors mit mind. 75 % Anteilen an der fortführenden Gesellschaft.<br />
11 Ohne Einbindung eines externen Investors.<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
31
Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />
Abb. 8<br />
9<br />
pektiv <strong>GmbH</strong><br />
09<br />
rspektiv <strong>GmbH</strong><br />
i 09<br />
rspektiv <strong>GmbH</strong><br />
Typen der Sanierungsformen<br />
Externe Lösung<br />
Interne Lösung<br />
Übertragende Sanierung<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />
Übertragende Sanierung<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Verwalter)<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />
Übertragende Sanierung<br />
Übertragende Sanierung<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />
<strong>Insolvenz</strong>plan (Verwalter)<br />
Abb. 9<br />
Planverfahren - Strukturelle Probleme des<br />
Sanierungsinstrumentes<br />
„vorbereitet“<br />
„prepackaged“<br />
„prepackaged“<br />
„vorbereitet“<br />
Der verfügbare Zeitrahmen zur Plan-Konzeptionierung<br />
ist zu kurz.<br />
Mit den Gläubigern kann keine Einigung erzielt<br />
werden.<br />
Die geplante Eigenverwaltung wurde nicht angeordnet.<br />
Die notwendige enge Abstimmung zwischen<br />
Sachwalter und Eigenverwaltung war problematisch.<br />
Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen<br />
Schuldner und Verwaltung war nicht möglich.<br />
Das <strong>Insolvenz</strong>gericht zeigte sich gegenüber dem<br />
Planvorhaben eher zurückhaltend.<br />
Abb. 10<br />
Planverfahren <strong>–</strong> Unternehmensinterne Probleme<br />
• Die Entwicklung des Plans durch den Schuldner (oder<br />
seiner Berater) ist unprofessionell.<br />
• Die Qualifikation des Managements zur Planumsetzung<br />
wird angezweifelt.<br />
• Zwischenzeitlich negative Geschäftsentwicklung führt zum<br />
Wegfall der Grundlage <strong>für</strong> eine Planumsetzung.<br />
• Leistungswirtschaftliches Sanierungskonzept erweist sich<br />
als nicht tragfähig.<br />
• Zerrüttetes Vertrauensverhältnis zu maßgeblichen<br />
Stakeholdern (Kunden,…) entzieht dem Plan die Basis.<br />
• Der Kapitalbedarf kann nicht gedeckt werden.<br />
• Ein potenzieller Investor präferierte eine Übertragende<br />
Sanierung.<br />
sehr hoch<br />
Erfolgschancen<br />
schlecht<br />
Abb. 8: Erfolgsträchtigkeit unterschiedlicher Typen von<br />
<strong>Insolvenz</strong>-Fortführungslösungen<br />
immer<br />
Abb. 9: Gründe <strong>für</strong> die Nicht-Realisierung zunächst angestrebter<br />
Schuldnerpläne - Strukturelle Probleme<br />
immer<br />
häufig<br />
häufig<br />
Häufigkeit<br />
Häufigkeit<br />
selten<br />
selten<br />
Abb. 10: Gründe <strong>für</strong> die Nicht-Realisierung zunächst angestrebter<br />
Schuldnerpläne - Unternehmensinterne Probleme<br />
nie<br />
nie<br />
essentiell. Insider-Lösungen stehen regelmäßig auf recht<br />
„wackligen Füßen“.<br />
Ob der Schuldner oder der Verwalter die Planerstellung<br />
anstößt, scheint aus Sicht der Befragten <strong>für</strong> den Erfolg unerheblich<br />
zu sein. Da die <strong>Insolvenz</strong>verwaltung aber keinen<br />
„pre-packaged plan“ erstellen kann, werden die Erfolgschancen<br />
<strong>für</strong> den Verwalterplan grundsätzlich eher gering<br />
eingeschätzt.<br />
VI. Misserfolgsfaktoren <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />
Die Praxis hat gezeigt, dass in einer Vielzahl von Verfahren<br />
zunächst angedachte <strong>Insolvenz</strong>pläne nicht umgesetzt werden<br />
konnten. Vor diesem Hintergrund wurde in einem weiteren<br />
Teil der Studie das Scheitern zunächst angestrebter<br />
<strong>Insolvenz</strong>pläne näher beleuchtet. Es ging darum herauszufinden,<br />
welche Ursachen das Scheitern hat, zu welchem<br />
Seite 1<br />
Zeitpunkt sich das Scheitern zeigt und was die typischen<br />
Konsequenzen aus dem gescheiterten <strong>Insolvenz</strong>plan sind.<br />
1. Nicht realisierte Schuldnerpläne<br />
Zunächst ging es um die häufigsten Ursachen <strong>für</strong> das Scheitern<br />
von <strong>Insolvenz</strong>plänen. Anders als das die intensiven<br />
Diskussionen in der Literatur möglicherweise erwarten lassen,<br />
hat die Studie klar gezeigt, dass die vom Gesetzgeber<br />
geschaffenen Strukturen sowie der gesetzliche Rahmen bei<br />
den in dieser Studie betrachteten „größeren“ Unternehmensinsolvenzen<br />
kaum ursächlich sind. (Vgl. Abb. 9)<br />
Das Scheitern von <strong>Insolvenz</strong>plänen rührt dagegen vor allem<br />
aus unternehmensinternen Problemen wie mangelnde<br />
Professionalität des Managements, fehlende Sanierungskompetenz,<br />
nicht belastbares leistungswirtschaftliches<br />
Seite 1<br />
Sanierungskonzept oder fehlender Finanzierbarkeit des<br />
Konzeptes. (Vgl. Abb. 10)<br />
2. Zeitpunkt und Konsequenzen des Scheiterns<br />
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Wahrscheinlichkeit<br />
eines Scheiterns des <strong>Insolvenz</strong>plans abnimmt, je<br />
fortgeschrittener der Prozess- bzw. der Detaillierungsgrad<br />
ist. Denn die meisten <strong>Insolvenz</strong>pläne scheitern bereits in<br />
der Anbahnung, d.h. in der Konzeptions- oder der Detaillierungsphase.<br />
(Vgl. Abb. 11)<br />
Eine Vielzahl angedachter <strong>Insolvenz</strong>pläne wird den Gläubigern<br />
bzw. dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter erst gar nicht vorgelegt.<br />
Ist die Detaillierungsphase erst einmal durchschritten,<br />
so sind die Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung<br />
des Plans sehr hoch.<br />
Auch wenn die meisten <strong>Insolvenz</strong>pläne bereits relativ<br />
frühzeitig<br />
Seite<br />
im<br />
1<br />
„Erstellungsprozess“ scheitern, so sind die<br />
32 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>
Abb. 11<br />
Konsequenzen häufig dramatisch. Denn häufi g mündet der<br />
gescheiterte Plan in einer Liquidation des Schuldnerunternehmens.<br />
(Vgl. Abb. 12)<br />
Nur selten gelingt es, nach Scheitern eines angestrebten<br />
Planverfahrens eine übertragende Sanierung umzusetzen.<br />
Dies liegt offenbar im Wesentlichen daran, dass man zu<br />
lange zu viel Vertrauen auf den <strong>Insolvenz</strong>plan legt, ohne<br />
alternative „Back-up“-Lösungen voranzutreiben. Scheitert<br />
der <strong>Insolvenz</strong>plan bleibt dann regelmäßig nur noch die Liquidation.<br />
Für eine übertragende Sanierung ist keine ausreichende<br />
Zeit mehr.<br />
Zeitpunkt<br />
Konzeptionsphase, d.h. es wird erst gar nicht mit einer<br />
Konkretisierung des Plans begonnen<br />
Detaillierungsphase, d.h. der Plan wird zwar vorangetrieben,<br />
eine diskussionsfähige Version wird allerdings nie erstellt<br />
Vor-Abstimmung mit dem Verwalter / Gläubigern<br />
Erörterungs- / Abstimmungstermin<br />
Abb. 12<br />
Abb. 11: Zeitpunkt des Scheiterns des Plans<br />
immer<br />
häufig<br />
Häufigkeit<br />
selten<br />
nie<br />
VII. Resümee<br />
Konsequenz<br />
Häufigkeit<br />
Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist zwar kein Allheilmittel,<br />
jedoch unter ganz spezifischen Voraussetzungen das sinnvollste<br />
Instrument zur Sanierung insolventer Unternehmen.<br />
Juni 09<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Es gibt Rahmenbedingungen, die <strong>für</strong> die Wahl des Planverfahrens<br />
als Sanierungsinstrument sprechen und es gibt<br />
Rahmenbedingungen, die <strong>für</strong> die Wahl der übertragenden<br />
Sanierung als Sanierungsinstrument sprechen. Diese Ergebnisse<br />
erteilen der oftmals undifferenzierten Aussage<br />
über die vermeintlich generelle Vor- bzw. Nachteilhaftigkeit<br />
des einen oder anderen Instrumentes eine klare Absage.<br />
Es ist im jeweiligen Einzelfall genau zu prüfen, welches<br />
Instrument die besseren Sanierungschancen verspricht.<br />
Dieses Ergebnis sollte <strong>für</strong> die Praxis von hoher Relevanz<br />
sein, erfordert es doch sowohl von dem Antragsteller,<br />
insbesondere aber von der Verwaltung, eine sehr differenzierte<br />
Analyse der Ausgangssituation in dem Juni spezifi 09 schen<br />
© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />
Verfahren.<br />
Grundsätzlich entscheidend <strong>für</strong> den Erfolg von Sanierungen<br />
mittels <strong>Insolvenz</strong> sind folgende Faktoren:<br />
n die aktive Gestaltung des Investorenprozesses,<br />
n der Einbezug externer Investoren zur Zuführung von „frischem<br />
Geld“ sowie<br />
n die Existenz von Sanierungskompetenz.<br />
Diese Erfolgsfaktoren unterliegen einer generellen Gültigkeit<br />
sowohl <strong>für</strong> Restrukturierungen mittels Planverfahren<br />
als auch mittels übertragender Sanierungen.<br />
Die Ergebnisse der Studie legen zudem die These nahe,<br />
dass <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in den hier betrachteten „größeren“<br />
Verfahren durchaus oft initiiert werden. D.h. die Bekanntheit<br />
dieses Sanierungsinstrumentes scheint bei den<br />
Schuldnerunternehmen höher zu sein, als allgemein angenommen<br />
und als es die offiziellen Statistiken suggerieren.<br />
Liquidation<br />
Übertragende Sanierung<br />
Abb. 12: Konsequenzen des Scheiterns<br />
der Konzeptions- und Detaillierungsphase; zu einer Vor-<br />
Abstimmung mit den Gläubigern oder gar einer Vorlage des<br />
Plans kommt es in den seltensten Fällen. Aussagen zu der<br />
mangelnden Verbreitung von Planverfahren sind daher zu<br />
relativieren, d.h. die Anzahl der Pläne, die zwar angedacht,<br />
dann aber nicht zur Vorlage kommen, dürfte durchaus hoch<br />
sein.<br />
Die Gründe <strong>für</strong> das Scheitern dieser Planansätze liegen<br />
dann vor allem in der ungenügenden Vorbereitung. Mangelnde<br />
Sanierungskompetenz sowie das Fehlen eines<br />
überzeugenden leistungswirtschaftlichen Sanierungskonzeptes<br />
und entsprechender fi nanzieller Mittel zur Finanzierung<br />
des Plankonzeptes sind die Kern-Misserfolgsfaktoren.<br />
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Auswahl<br />
des geeigneten Sanierungsinstruments einer intensiven<br />
Analyse des Unternehmens sowie des Umfelds bedarf.<br />
Wird der falsche Weg eingeschlagen, so vergeht insbesondere<br />
beim <strong>Insolvenz</strong>planverfahren meist zuviel Zeit,<br />
eine Alternativlösung umzusetzen. Vor diesem Hintergrund<br />
sollten „Back-up“-Lösungen stets parallel und nicht<br />
sequentiell verfolgt werden. Hier sind die Gläubiger aber<br />
auch die <strong>Insolvenz</strong>verwalter gefordert, im „Wettstreit der<br />
Fortführungsinstrumente“ die beste Verfahrensart <strong>für</strong> eine<br />
optimale Masseverwertung zu entdecken und durchzusetzen.<br />
immer<br />
häufig<br />
selten<br />
nie<br />
Seite 1<br />
Seite 1<br />
Allerdings scheitern die Bestrebungen zumeist bereits in<br />
<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />
33
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