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perspektiv-wissen – Magazin für Insolvenz ... - perspektiv GmbH

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<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

<strong>Magazin</strong> <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>-Perspektiven<br />

Schwerpunktthema:<br />

Planverfahren vs. übertragende Sanierung -<br />

Wettstreit der Fortführungsinstrumente


Inhalt<br />

Ausgabe Nr. 05/2010<br />

Editorial.................................................................................................................. Seite 3<br />

Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als nachhaltiges<br />

Sanierungsinstrument<br />

Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong>..................................................... Seite 4<br />

Patrick Feller<br />

Die übertragende Sanierung in schwierigen Zeiten<br />

Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG.................... Seite 10<br />

RA Dr. Thomas C. Sittel<br />

Ein Plädoyer <strong>für</strong> das Planverfahren<br />

Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung... Seite 15<br />

RA Prof. Rolf Rattunde<br />

Praktische Fallstricke bei der Umsetzung<br />

eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />

Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“................................................. Seite 19<br />

RA Axel W. Bierbach und RA Dr. Stefan Debus<br />

Ein Plädoyer <strong>für</strong> die übertragende Sanierung<br />

Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren.................... Seite 24<br />

RA Alexander Ballmann<br />

Studie: <strong>Insolvenz</strong>planverfahren vs.<br />

übertragende Sanierung<br />

Welche ist die bessere Sanierungsform?................................................................ Seite 28<br />

Dr. Andreas Fröhlich<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong> Tel. (089) 410 734-0<br />

insolvency turnarounds Fax (089) 410 734-10<br />

Möhlstraße 9<br />

info@<strong>perspektiv</strong>.de<br />

81675 München www.<strong>perspektiv</strong>.de


Editorial<br />

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,<br />

derzeit wird eine intensive Diskussion über die Notwendigkeit<br />

und Ausgestaltung eines außergerichtlichen Sanierungsverfahrens<br />

sowie grundlegender Verbesserungen<br />

am <strong>Insolvenz</strong>planverfahren geführt. Offensichtlich besteht<br />

eine latente Unzufriedenheit mit dem Status Quo, so dass<br />

diese Veränderungen eingefordert werden.<br />

Konkretisiert fi nden sich zwar einige Schwächen in der<br />

<strong>Insolvenz</strong>ordnung, die konsensual einer Lösung zugeführt<br />

werden können. Die diskutierte grundlegende Reformierung<br />

des deutschen Sanierungsrechts beruht aber keinesfalls<br />

auf einer gestützten empirischen Basis oder anderen<br />

gesicherten Erkenntnissen, sondern scheint vielmehr dem<br />

subjektiven Empfi nden einiger Protagonisten zu entspringen.<br />

So gibt es bis heute keine belastbaren Aussagen über die<br />

Vorteilhaftigkeit der zu vergleichenden Fortführungsinstrumente<br />

in der <strong>Insolvenz</strong>, dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und<br />

der übertragenden Sanierung, so dass eine grundlegende<br />

Stärkung des Planverfahrens geboten sein könnte. In der<br />

Tat müsste hierzu eine volkswirtschaftliche Nutzenanalyse<br />

erstellt werden, um sich diesem komplexen Thema angemessen<br />

nähern zu können. Aber selbst wenn man den<br />

Bezugsrahmen ganz eng zieht und nur die Befriedigung der<br />

Gläubiger als oberstes Ziel eines <strong>Insolvenz</strong>verfahrens betrachtet,<br />

wird man im Hinblick auf evidente Belege <strong>für</strong> die<br />

immer wieder gerühmte Vorteilhaftigkeit des Planverfahrens<br />

gegenüber der alternativen Fortführungsform im Regelverfahren,<br />

der übertragenden Sanierung, nicht fündig.<br />

Auch die Segnungen eines außergerichtlichen Sanierungsverfahrens<br />

sind keinesfalls belegbar oder evident.<br />

Dennoch werden sodann Vergleiche zu dem Sanierungsrecht<br />

in Frankreich, Großbritannien und sogar Italien<br />

bemüht. Obwohl die jeweiligen Regelungen der Länder<br />

jeden Beweis einer Überlegenheit zum deutschen Recht<br />

schuldig bleiben, werden diese jeweils als besonders<br />

strahlende Vorbilder gepriesen.<br />

Wichtiger als die erneute Infragestellung des deutschen<br />

Sanierungsrechts scheint es doch zu sein, zunächst einmal<br />

eine eingehende Analyse des Status Quo vorzunehmen,<br />

um daraus abgeleitet Schlussfolgerungen <strong>für</strong><br />

Optimierungspotentiale zu ziehen. Die Ergebnisse der in<br />

der vorliegenden Ausgabe dargestellten Studie zu den<br />

Erfolgsfaktoren von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren sowie auch<br />

das ausführlich dargestellte Fallbeispiel SinnLeffers zei-<br />

gen deutlich auf, worauf es bei einer Umsetzung einer<br />

erfolgreichen Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

im Kern ankommt.<br />

Ein nachhaltig zukunftsfähiges Geschäftsmodell, eine frühzeitige<br />

Antragstellung im Rahmen eines „pre-packaged<br />

plan“, professionelle Sanierungsexpertise und „Fresh<br />

money“ sind die Zutaten <strong>für</strong> die Umsetzung eines erfolgreichen<br />

Planverfahrens. Dann, aber auch nur dann, kann<br />

das Planverfahren als ein probates und erfolgversprechendes<br />

Sanierungsinstrument dienen.<br />

Die Ergebnisse der Studie stellen auch der weit verbreiteten<br />

Art des Planverfahrens als „letztem Rettungsanker“<br />

und als „Instrument zur Rettung von Gesellschaftsanteilen“<br />

ein schlechtes Zeugnis aus. Planverfahren, die erst<br />

mit (i.d.R. verspäteter) Antragstellung initiiert werden<br />

und dann ohne Kapitalzufl uss sowie ohne spezifi sche<br />

leistungswirtschaftliche Sanierungsexpertise umgesetzt<br />

werden sollen, wird eine klare Absage erteilt. Die oftmals<br />

angestrebte Eigensanierung mittels Planverfahren, die<br />

auf einem „weiter wie bisher“ und auf einer Gläubigerbefriedigung<br />

aus dem <strong>Insolvenz</strong>ausfallgeld sowie aus<br />

vermeintlichen künftigen Erträgen erfolgen soll, schädigt<br />

die Reputation dieses leistungsfähigen Restrukturierungsinstrumentes.<br />

Für solche Fälle ist die übertragende<br />

Sanierung aus volkswirtschaftlicher Perspektive, aber<br />

sicherlich auch aus Gläubigersicht, die leistungsfähigere<br />

Fortführungslösung.<br />

Vorliegendes <strong>Magazin</strong> versucht die Chancen und Risiken<br />

der beiden konkurrierenden Fortführungsinstrumente in<br />

der <strong>Insolvenz</strong>, dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und der übertragenden<br />

Sanierung, aus unterschiedlichen Perspektiven<br />

zu beleuchten. Zu dieser Fragestellung nehmen jeweils <strong>Insolvenz</strong>rechtsexperten<br />

Stellung, Fallbeispiele nachhaltig<br />

erfolgreicher Lösungen werden präsentiert, während die<br />

empirische <strong>perspektiv</strong>-Studie eine entsprechend gestützte<br />

Analyse liefert. Die Studie wird Sie mit interessanten Ergebnissen<br />

überraschen.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre des <strong>Magazin</strong>s wünscht Ihnen<br />

Ihr<br />

Dr. Andreas Fröhlich<br />

Dr. Andreas Fröhlich<br />

Geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />

München<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

3


Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />

Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als<br />

nachhaltiges Sanierungsinstrument<br />

von Patrick Feller<br />

Patrick Feller<br />

Geschäftsführender Gesellschafter<br />

DIH Deutsche Industrie-Holding<br />

<strong>GmbH</strong>,<br />

Frankfurt<br />

Patrick Feller war bis 2009<br />

Sprecher der Geschäftsführung<br />

von SinnLeffers und wurde<br />

anschließend geschäftsführender<br />

Gesellschafter bei der DIH Deutsche<br />

Industrie-Holding.<br />

I. Einleitung<br />

Die SinnLeffers <strong>GmbH</strong> ist ein führender deutscher Modehändler,<br />

der ein umfangreiches Sortiment an Frauen-, Männer-,<br />

Kinder- und Wäschemode vertreibt.<br />

1989 übernahm die damalige Quelle AG die bis dahin eigenständigen<br />

Familienunternehmen Sinn und Leffers. Die<br />

zwei 1997 fusionierten Unternehmen wurden 2001 vollständig<br />

als Tochtergesellschaft in den Handelskonzern<br />

KarstadtQuelle AG integriert. Um möglichst viele Synergien<br />

heben zu können, wurde eine unabhängige Sortimentspolitik<br />

<strong>–</strong> unerlässlich <strong>für</strong> die Unterscheidbarkeit<br />

einer Marke <strong>–</strong> aufgegeben, so dass SinnLeffers zuletzt<br />

eine Bekleidungsauswahl hatte, die sich zu 80 Prozent mit<br />

dem Sortiment der Karstadt-Warenhäuser überschnitt. Das<br />

führte zu einem Trading-down der Marke SinnLeffers.<br />

Ende 2005 trennte sich KarstadtQuelle von SinnLeffers.<br />

Neuer Eigentümer wurde die DIH Deutsche Industrie-Holding<br />

<strong>GmbH</strong>, hinter der mit Peter Zühlsdorff ein erfahrener<br />

Sanierer der Handels- und Konsumgüterindustrie stand.<br />

II. Historische Altlasten<br />

Zu diesem Zeitpunkt war die Verkaufsflächenstruktur äußerst<br />

heterogen. Es gab Filialen zwischen 2.000 und 10.000<br />

qm Nettoverkaufsfläche in 47 kleinen, mittleren und großen<br />

Städten. Das machte eine einheitliche Angebotspolitik in<br />

einem starken Wettbewerbsumfeld zunehmend schwierig.<br />

Eine zusätzliche Belastung <strong>für</strong> viele Filialen waren Mietverträge,<br />

die in den 90er Jahren auf der Grundlage einer sehr<br />

optimistischen Prognose langfristig abgeschlossen worden<br />

waren. Die Nachverhandlungen mit den Vermietern, die die<br />

neuen Eigentümer aus diesem Grund führten, scheiterten<br />

regelmäßig.<br />

III. Sanierungsansätze<br />

Das oberste Ziel der neuen Gesellschafter war es deshalb,<br />

SinnLeffers wieder marktfähig zu machen. Dies wollten sie<br />

wesentlich über vier Stellschrauben erreichen:<br />

1. Strukturanpassung: Schließung von fünf Filialen, Stellenabbau<br />

in der Hauptverwaltung, Sanierungstarifvertrag,<br />

Restrukturierungsbeiträge von Lieferanten und Dienstleistern,<br />

Reduzierung der Sachkosten.<br />

2. Kosten- und Prozessoptimierung: Bestandsmanagement,<br />

Liquiditätsmanagement, neuer IT-Outsourcing Partner,<br />

neue Logistik, Lieferantenpartnerschaften, Einkauf von<br />

Nichthandelsware, Personaleinsatzplanung.<br />

3. Neupositionierung: SinnLeffers als in der jeweiligen<br />

Stadt führendes Modehaus (Platzhirsch) mit Stil. Positionierung<br />

in der gehobenen Mitte anhand von Produkt, Personal,<br />

Promotion und Präsentation.<br />

4. Change-Management: Rückbesinnung von der Konzernkultur<br />

hin zu einer mittelständischen Kultur: „vom Wollen<br />

zum Tun“, Eigeninitiative und Verantwortung, Chancen<br />

nutzen, um Fehler zu vermeiden.<br />

Die Restrukturierung und Neupositionierung war auf einen<br />

Zeitraum von vier bis sechs Jahren angelegt. Etwa<br />

nach der Hälfte dieser Zeit zeichnete sich ab, dass dieser<br />

Prozess jedoch nicht wie geplant zu Ende geführt werden<br />

konnte.<br />

IV. Krise zeichnet sich ab<br />

In den ersten zwei Jahren im Besitz der DIH Deutsche Industrie<br />

Holding <strong>GmbH</strong> konnte das Unternehmen zunächst<br />

den Abstand zum Markt schließen, den es über mehrere<br />

Jahre gehabt hatte. Ab Weihnachten 2007 entwickelten<br />

sich jedoch der deutsche Textilmarkt und dadurch bedingt<br />

auch SinnLeffers wieder negativ. Die profitablen<br />

Filialen konnten das negative Ergebnis der unprofitablen<br />

Häuser nicht mehr ausgleichen. Es zeigte sich, dass das<br />

strukturelle Problem des SinnLeffers Filial-Portfolios bis zu<br />

diesem Zeitpunkt nur zu einem kleinen Teil gelöst worden<br />

war. Durch die Ergebniskrise war die Liquiditätskrise bei<br />

SinnLeffers absehbar.<br />

Es stellten sich folgende Fragen:<br />

n Wie können die Portfoliooptimierung und finanzielle Restrukturierung<br />

in einer existenziellen Unternehmenskrise<br />

gelingen?<br />

n Wie kann eine grundlegende Sanierung beschleunigt<br />

werden?<br />

n Wie kann das Schuldnerunternehmen in einem möglichen<br />

<strong>Insolvenz</strong>verfahren im Gespräch mit Gläubigern<br />

Handlungsspielräume zurück erhalten?<br />

4 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


V. Sanierungsoption Planverfahren<br />

Gesellschafter und Geschäftsführung waren sich einig: ein<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Eigenverwaltung wäre die beste<br />

Möglichkeit, das Unternehmen durch eine effektive, effi ziente<br />

und schnelle Sanierung zu erhalten und dem Gesellschafter<br />

gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, sich an der<br />

Sanierung finanziell zu beteiligen, aber das Unternehmen<br />

auch in seinem Besitz zu behalten.<br />

Die größte Unbekannte, auch in einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

in Eigenverwaltung, ist der vorläufi ge <strong>Insolvenz</strong>verwalter,<br />

der vom <strong>Insolvenz</strong>gericht bestellt wird. Das klar<br />

defi nierte Ziel der Geschäftsführung und des Gesellschafters<br />

war es deshalb, den vorläufi gen Verwalter sowie das<br />

Gericht von der Eigenverwaltung, aber vor allem vom <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

zu überzeugen.<br />

Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren konnte nach nur acht Monaten<br />

erfolgreich abgeschlossen werden. Drei Faktoren waren<br />

wesentlich <strong>für</strong> den Erfolg: die Vorbereitung, die Kommunikation<br />

und die Unterstützung durch den Gesellschafter.<br />

Diese drei Punkte werden im Folgenden näher erläutert.<br />

VI. Vorbereitung des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

Ein sehr kleines Team von zwei Geschäftsführern und<br />

zwei Mitarbeitern hatte die <strong>Insolvenz</strong> vier Monate lang<br />

intensiv vorbereitet. Dank dieser Vorbereitung konnten die<br />

Geschäftsführung und die DIH Deutsche Industrie-Holding<br />

<strong>GmbH</strong> als Gesellschafter aus der sonst üblichen reaktiven<br />

Rolle eines <strong>Insolvenz</strong>falls in die gestaltende Rolle des Restrukturierers<br />

wechseln.<br />

Um das Verfahren vorzubereiten wurden frühzeitig externe<br />

Berater mandatiert, die die gesamte Vorbereitung der<br />

<strong>Insolvenz</strong> fachlich begleiteten. <strong>Insolvenz</strong>rechtlich wurde<br />

das Verfahren vom RA Detlef Specovius gesteuert. Er<br />

wurde außerdem als designierter Eigenverwalter in die<br />

Geschäftsführung von SinnLeffers berufen, bevor das Unternehmen<br />

<strong>Insolvenz</strong>antrag stellte.<br />

Die wichtigsten Punkte der Vorbereitung waren:<br />

1. <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

Die Geschäftsführung entwarf mit Unterstützung der Berater<br />

einen <strong>Insolvenz</strong>plan, der zusammen mit dem <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

bei Gericht eingereicht wurde. Der Vorteil war,<br />

dass der <strong>Insolvenz</strong>plan als Option von Beginn an Teil des<br />

Verfahrens war und ihn ein Verwalter daher nicht einfach<br />

unbeachtet lassen konnte.<br />

2. Aufbereitung der Unterlagen<br />

Dem <strong>Insolvenz</strong>gericht und dem vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

stellte das Management jeweils rund 30 detailliert<br />

vorbereitete Aktenordner zur Verfügung, die alle aktuellen<br />

Unternehmenskennzahlen sowie deren Historie beinhalteten.<br />

Das beschleunigte die ansonsten langwierige Einarbeitung<br />

aller Beteiligten in das Verfahren und erlaubte<br />

dem vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwalter und dem Gericht den<br />

vorbereiteten <strong>Insolvenz</strong>- und Restrukturierungsplan zeitnah<br />

zu prüfen. Dadurch schuf das Unternehmen eine Vertrau-<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

5


Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />

ensbasis, die der Zusammenarbeit mit dem Gericht sowie<br />

dem vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwalter entscheidend zugutekam<br />

und durch die insbesondere die Option der Eigenverwaltung<br />

zunehmend realistischer wurde.<br />

3. Kommunikationsplanung<br />

Dass SinnLeffers die Kommunikation mit allen Beteiligten<br />

im Voraus geplant hatte, war ein entscheidender Vorteil.<br />

So konnte das Unternehmen die Kommunikationsführerschaft<br />

erhalten und die wichtigsten Nachrichten der Geschäftsführung<br />

und des Gesellschafters sowohl innerhalb<br />

als auch außerhalb des Unternehmens platzieren, noch<br />

bevor der <strong>Insolvenz</strong>antrag gestellt wurde.<br />

Gespräch Beispiele erfolgreicher Verfahren benannt werden,<br />

die auf bestimmte Verwalter hindeuteten, denen ein<br />

solches Projekt zuzutrauen gewesen wäre.<br />

Dass nach dem <strong>Insolvenz</strong>antrag RA Horst Piepenburg durch<br />

das Hagener Amtsgericht zum vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

bestellt wurde, erwies sich als außerordentlicher<br />

Glücksfall. Zusammen mit dem in die Geschäftsführung berufenen<br />

<strong>Insolvenz</strong>experten hatte SinnLeffers so ein ganzes<br />

Team von ausgewiesen Sanierungsspezialisten mit <strong>Insolvenz</strong>planerfahrung<br />

an Bord.<br />

4. Berufung eines <strong>Insolvenz</strong>experten in die<br />

Geschäftsführung<br />

Die Berufung von RA Detlef Specovius in die Geschäftsführung<br />

von SinnLeffers war eine Voraussetzung da<strong>für</strong>,<br />

dass das <strong>Insolvenz</strong>gericht bei Eröffnung des Verfahrens die<br />

Eigenverwaltung anordnet. Aber auch als Gegengewicht<br />

zu dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter bzw. Sachwalter der Gläubiger<br />

hatte diese Expertise im eigenen Management Vorteile.<br />

5. Vorbereitung <strong>Insolvenz</strong>geldvorfinanzierung<br />

Da SinnLeffers die Vorfinanzierung des <strong>Insolvenz</strong>geldes<br />

und die entsprechenden Auszahlungsmodalitäten vorbereitet<br />

hatte, konnte die Geschäftsführung nach Antragstellung<br />

allen Mitarbeitern glaubhaft versichern, dass die<br />

Gehälter unmittelbar weiter bezahlt würden. So entstand<br />

ein großer Vertrauensbonus der Belegschaft in die Gestaltungsmöglichkeiten<br />

des Managements.<br />

6. Einbindung Pensionssicherungsverein<br />

Durch die frühzeitige Information des PSVaG konnten wichtige<br />

Fragen nach der Eintrittspflicht zeitnah geklärt werden.<br />

Dies war bedeutsam, weil der PSVaG zum einen ein wichtiger<br />

Gläubiger im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren war und zum<br />

anderen die Kommunikation mit den Rentnern auf diesem<br />

Wege erheblich beschleunigt werden konnte.<br />

7. Auswahl des <strong>Insolvenz</strong>verwalters<br />

Der Auswahl des (vorläufigen) <strong>Insolvenz</strong>verwalters kommt<br />

auch im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren eine entscheidende und<br />

zentrale Rolle zu. Deshalb wurde das <strong>für</strong> SinnLeffers zuständige<br />

Amtsgericht Hagen frühzeitig über das beabsichtigte<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Kenntnis gesetzt. Dieses<br />

informelle Vorgespräch wurde von der Vertreterin eines<br />

Warenkreditversicherers als unabhängige Dritte begleitet,<br />

was sich außerordentlich positiv auf die Glaubwürdigkeit<br />

von SinnLeffers auswirkte. Da das Gericht mit <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

noch unerfahren war, konnten in diesem<br />

VII. Überzeugende Kommunikation<br />

Die Geschäftsführung wusste bereits im Frühjahr 2008,<br />

dass die Sanierung von SinnLeffers nur dann erfolgreich<br />

sein würde, wenn es ihr gelingen würde, alle Bezugsgruppen<br />

des Unternehmens (Stakeholder) vom Verfahren<br />

zu überzeugen. Dies war nur durch eine regelmäßige und<br />

offene Kommunikationspolitik zu erreichen. Das Ziel der<br />

Geschäftsführung war es, die Deutungshoheit über die<br />

Meinungsbildung zu behalten. In den Mittelpunkt der Strategieplanung<br />

rückten daher der Ablauf sowie die Inhalte<br />

der Kommunikation:<br />

n Interne Kommunikation hatte Priorität: Bevor der<br />

<strong>Insolvenz</strong>antrag gestellt wurde, informierte die Geschäftsführung<br />

mit einer minutiös geplanten Kommunikationskaskade<br />

alle Mitarbeiter des Unternehmens<br />

Top-Down.<br />

n Parallele externe Kommunikation: Mit vorbereiteten<br />

Briefen <strong>für</strong> Lieferanten, Mitarbeiter in den Ferien,<br />

6 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Dienstleister, Vermieter, Bürgermeister, Fraktionsvorsitzende,<br />

weitere Politiker, Rentner wurden alle Bezugsgruppen<br />

gleichzeitig und aus erster Hand informiert.<br />

n Proaktive Information: Alle Stakeholder erfuhren<br />

direkt von SinnLeffers von relevanten Neuerungen und<br />

erhielten Erläuterungen. Vor und nach der Anmeldung<br />

wurden durch regelmäßige persönliche Gespräche,<br />

Telefonate und Briefe alle Bezugsgruppen informiert.<br />

Wöchentlich wurden Fragen aus der Belegschaft beantwortet<br />

und über neuste Entwicklungen berichtet.<br />

1. Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist ein Sanierungsinstrument,<br />

mit dem SinnLeffers saniert und nachhaltig restrukturiert<br />

werden soll.<br />

2. Die DIH Deutsche Industrie-Holding <strong>GmbH</strong> als Gesellschafter<br />

steht hinter dem Unternehmen und bekennt sich<br />

zu seinem Investment.<br />

Diese Kernaussagen konnten regelmäßig mit positiven<br />

Fakten belegt und unterstrichen werden. Die Glaubwürdigkeit<br />

der Kommunikation hatte <strong>für</strong> SinnLeffers aber auch<br />

im operativen Tagesgeschäft einen erheblichen Nutzen.<br />

So gelang es dem Unternehmen, mit allen Lieferanten die<br />

Zahlungsziele wieder zu vereinbaren, die auch vor dem<br />

<strong>Insolvenz</strong>antrag galten. Dadurch gab es keine Vorkasse,<br />

keine Leistung Zug um Zug, keine Sicherheitsleistungen,<br />

die die Liquidität oder die Aktiva belastet hätten. In der<br />

<strong>Insolvenz</strong> wurden sogar drei neue hochwertige Marken im<br />

Rahmen der Trading-up-Strategie aufgenommen und bei<br />

bestehenden Marken Flächenexpansionen vereinbart.<br />

VIII. Unterstützung durch den<br />

Gesellschafter<br />

Bei SinnLeffers war es die DIH als Gesellschafter, die<br />

das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren als Sanierungsoption der Geschäftsführung<br />

vorgeschlagen hat.<br />

Die DIH war in die Vorbereitung des Verfahrens involviert<br />

und hat die dabei entstandenen Kosten vollständig getragen.<br />

Auch während des Verfahrens hat der Gesellschafter<br />

wesentliche Kosten übernommen (z.B. sämtliche Beraterkosten<br />

oder Provisionsansprüche an Verkaufsmitarbeiter),<br />

die SinnLeffers in der <strong>Insolvenz</strong> nicht ausschütten konnte.<br />

Zudem stellte die DIH wesentliche Sicherheiten <strong>für</strong> die Gewährleistung<br />

des operativen Geschäfts zur Verfügung.<br />

n Weitestgehende Transparenz: Alle Inhalte, die nicht<br />

Betriebs- oder Strategiegeheimnisse betrafen, wurden<br />

veröffentlicht. Es entstand keine „Blackbox-<strong>Insolvenz</strong>“,<br />

wie in vielen anderen Verfahren.<br />

n Glaubwürdigkeit erhalten: Alle Kommunikationsinhalte,<br />

die veröffentlicht wurden, entsprachen den Tatsachen.<br />

Dadurch wurde eine belastbare Vertrauensbasis<br />

zu allen Stakeholdern aufgebaut.<br />

n Netzwerke nutzen: Um die Wirkung der Kommunikation<br />

zu verstärken, wurden unter den Stakeholdern Meinungsführer<br />

identifiziert, die dann als Multiplikatoren<br />

des Unternehmens in den jeweiligen Gruppen gewirkt<br />

haben.<br />

So konnten zwei Kernbotschaften erfolgreich platziert werden:<br />

Zusätzlich hat der Gesellschafter es durch einen wesentlichen<br />

Beitrag ermöglicht, dass den ungesicherten Gläubigern<br />

eine Quote auf ihre Forderungen ausgeschüttet werden<br />

konnte. Dies wäre andernfalls aufgrund der hohen vorrangigen<br />

Zahlungsverpfl ichtungen nicht möglich gewesen.<br />

Dem hohen persönlichen Engagement des DIH-Eigentümers<br />

Peter Zühlsdorff ist es zu verdanken, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

von allen wesentlichen Gläubiger- und<br />

Bezugsgruppen mitgetragen wurde. Von seinem Bekenntnis<br />

zu SinnLeffers ging ein Signal aus, das wesentlich zur<br />

Vertrauensbildung und zur Stabilisierung des Geschäfts<br />

beigetragen hat.<br />

IX. Restrukturierungsmaßnahmen in<br />

der <strong>Insolvenz</strong><br />

1. Optimierung des Filialportfolios<br />

Da nur wenige Vermieter zu Zugeständnissen bereit waren<br />

und SinnLeffers nur profi table Filialen weiterführen konn-<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

7


Eine Fallstudie am Beispiel der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />

te, hatte SinnLeffers bereits im Oktober 2008 <strong>–</strong> also vor<br />

Eröffnung des Verfahrens <strong>–</strong> bekannt gegeben, dass sich<br />

das Unternehmen Ende Februar 2009 von 23 der vormals<br />

47 Filialen trennen würde.<br />

2. Optimierung der Mitarbeiter-Struktur<br />

Trotz Schließung der Häuser und weiterem Personalabbau<br />

konnten zwei Drittel der zuvor 3.700 Arbeitsplätze erhalten<br />

werden. So konnte SinnLeffers in der <strong>Insolvenz</strong> die Flächenproduktivität<br />

durch den Fokus auf profitable Filialen<br />

und eine gezieltere Personalpräsenz deutlich erhöhen.<br />

3. Neue Verträge mit Dienstleistern<br />

Zum Teil konnten mit bestehenden Dienstleistern neue,<br />

verbesserte Verträge abgeschlossen werden oder neue<br />

Anbieter gewonnen werden. Nach zweijähriger Planung<br />

und Vorbereitung wurde mitten in der <strong>Insolvenz</strong> von einem<br />

externen Logistik-Dienstleister auf ein eigenes Warenverteilzentrum<br />

umgeschaltet.<br />

4. PSVaG<br />

Die bestehenden Rentenverpflichtungen gingen an den<br />

PSVaG über, die Anwärter hingegen verblieben bei der<br />

SinnLeffers <strong>GmbH</strong>.<br />

X. Gläubigergruppen<br />

Im <strong>Insolvenz</strong>plan werden die verschiedenen Gläubiger abhängig<br />

von ihrer Rolle und ihren Rechten in der <strong>Insolvenz</strong> in<br />

verschiedene Gruppen eingeteilt, die jeweils über den Plan<br />

abstimmen. Dabei hat der Ersteller des <strong>Insolvenz</strong>plans einen<br />

hohen Gestaltungsspielraum. Die Einteilung der Gruppen<br />

ist ein wesentlicher Faktor bei der Gewährleistung,<br />

dass der Plan von den Gläubigern akzeptiert wird.<br />

Die Gläubigergruppen im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren bei Sinn-<br />

Leffers wurden wie folgt eingeteilt und hinsichtlich des<br />

voraussichtlichen Abstimmungsverhaltens erörtert:<br />

Gruppe 1: Warenkreditlieferanten<br />

n Hier wurden die über einen so genannten Lieferantenpool<br />

organisierten, gesicherten Lieferanten erfasst.<br />

n Diese Lieferanten erhielten den Wert ihrer Sicherungsrechte<br />

über eine Rahmenvereinbarung (Abgrenzung der<br />

Sicherheiten am Umlaufvermögen) außerhalb des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

bezahlt (einfacher, erweiterter oder verlängerter<br />

Eigentumsvorbehalt).<br />

n Im Plan setzten diese Gläubiger ihre Ausfall- / ungesicherte<br />

Forderung nicht durch und nahmen dadurch an<br />

der Quotenzahlung des Plans nicht teil.<br />

n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Die Lieferanten<br />

wollten SinnLeffers weiterhin als Absatzkanal<br />

nutzen.<br />

Gruppe 2: Vermieter<br />

n Hier wurden die Forderungen der Vermieter erfasst.<br />

Zum Beispiel, wenn diese rückständigen Mieten oder<br />

Schadensersatzforderungen wegen Kündigung des<br />

Mietvertrags geltend machten.<br />

n Die Vermieter waren mit einem Teil ihrer Forderungen<br />

über das Vermieter-Pfandrecht gesichert und erhielten<br />

den Wert ihres Sicherungsrechts außerhalb des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

wie im Regelverfahren nach Darlegung<br />

und Nachweis abgegolten.<br />

n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />

ihre Ausfall-/ ungesicherte Forderung eine Quotenzahlung.<br />

n Interne Prognose vor Abstimmung: kritisch. Daher wurden<br />

hier auch Vermieter von Geräten und Inventar gebündelt,<br />

um eine Kopfmehrheit sicherzustellen.<br />

Gruppe 3: PSVaG<br />

n Hier wurden die Forderungen der betrieblichen Altersversorgung<br />

erfasst, soweit sie auf den PSVaG als<br />

dem gesetzlichen Träger der <strong>Insolvenz</strong>sicherung übergegangen<br />

waren.<br />

n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielt der PSVaG auf seine ungesicherte<br />

Forderung eine Quotenzahlung.<br />

n Für den PSVaG sah der <strong>Insolvenz</strong>plan zudem die per<br />

Gesetz vorgegebene Rücknahme versorgungsberechtigter<br />

Betriebsrentner/ Anwärter vor.<br />

n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Der PS-<br />

VaG ist per Gesetz im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren bessergestellt<br />

als die anderen Gläubiger.<br />

Gruppe 4: Arbeitnehmerforderungen<br />

n Hier nahmen die Arbeitnehmer mit ihren ureigenen<br />

Forderungen teil (nicht Betriebsrentenforderungen, die<br />

auf den PSVaG und nicht <strong>Insolvenz</strong>geldforderungen, die<br />

auf die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit übergegangen waren).<br />

n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />

ihre Forderungen eine Quotenzahlung.<br />

n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Den entlassenen<br />

Arbeitnehmern war bewusst, dass der umfangreiche<br />

Sozialplan in dieser Höhe nur ausgezahlt<br />

8 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


werden konnte, wenn sie zuvor dem <strong>Insolvenz</strong>plan zugestimmt<br />

hatten. Die nicht entlassenen Mitarbeiter<br />

wollten ihren Arbeitsplatz behalten.<br />

Gruppe 5: Sonstige <strong>Insolvenz</strong>forderungen<br />

n Hier wurden alle übrigen Gläubiger mit ihren Ausfall-/<br />

ungesicherten Forderungen eingegliedert, die nicht den<br />

Gruppen 1 bis 4 zugeordnet werden konnten (Auffanggruppe),<br />

beispielsweise die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit<br />

und alle Dienstleister.<br />

n Über den <strong>Insolvenz</strong>plan erhielten diese Gläubiger auf<br />

ihre ungesicherten Forderungen eine Quotenzahlung.<br />

n Interne Prognose vor Abstimmung: unkritisch. Die<br />

Dienstleister wollten SinnLeffers weiterhin als Absatzkanal<br />

nutzen.<br />

Dennoch war es notwendig, die Gläubiger im Erörterungstermin<br />

davon zu überzeugen, dem Plan zuzustimmen. Im<br />

Rahmen des Vergleichs mit einer Regelabwicklung wurde<br />

deutlich, dass der <strong>Insolvenz</strong>plan <strong>für</strong> alle Beteiligten eine<br />

bessere Perspektive eröffnete. Dies überzeugte die Gläubiger<br />

der SinnLeffers <strong>GmbH</strong>, so dass letztendlich alle Gruppen<br />

kumuliert zu 96 Prozent dem <strong>Insolvenz</strong>plan zugestimmt<br />

haben. Das Verfahren konnte bereits acht Monate nach der<br />

Eröffnung erfolgreich abgeschlossen werden, was zu einer<br />

zügigen Auszahlung der Gläubigerforderungen geführt hat.<br />

XI. Zusammenfassung<br />

Für SinnLeffers war das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ohne Zweifel<br />

eine Zäsur in der Unternehmensgeschichte. Neben den<br />

erheblichen Sanierungsschritten und einer Reduzierung<br />

des Personals überwiegen die Erfolge dennoch deutlich.<br />

Heute ist SinnLeffers ein profi tables Unternehmen, das<br />

über Plan- und auch über Marktniveau arbeitet. Die Filialstruktur,<br />

das Warensortiment und die Mitarbeiterstruktur<br />

haben sich deutlich verbessert. Der Eigentümer und die<br />

Geschäftsführung von SinnLeffers sind sich einig, dass die<br />

Sanierung ohne das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht möglich<br />

gewesen wäre.<br />

Im Nachgang zur gelungenen Sanierung von SinnLeffers<br />

wurden bei zahlreichen <strong>Insolvenz</strong>anträgen ebenfalls <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

in Eigenverwaltung angekündigt,<br />

die aber nur selten erfolgreich abgeschlossen wurden.<br />

Das liegt unter anderem daran, dass neben einer intensiven<br />

Vorbereitung und der proaktiven Kommunikation ein<br />

starker Gesellschafter unerlässlich <strong>für</strong> das Gelingen eines<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahrens ist. Im Falle der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />

hatte die DIH Deutsche Industrie-Holding <strong>GmbH</strong> diese Rolle<br />

erfolgreich ausgefüllt. Die Gruppe leistete einen erheblichen<br />

Sanierungsbeitrag, indem sie trotz vieler Unwägbarkeiten<br />

des Verfahrens ein Bekenntnis zu ihrem Investment<br />

ausgesprochen und wesentliche Kosten des Verfahrens,<br />

insbesondere die Ausschüttung der Quote getragen hat.<br />

Aufgrund der negativen Assoziierungen mit dem <strong>Insolvenz</strong>begriff<br />

warten viele Unternehmen oft zu lange, um einen<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan auszuarbeiten und <strong>Insolvenz</strong>antrag zu stellen.<br />

Dadurch verlieren sie nach Antragstellung oft tatsächlich<br />

die Kontrolle über das weitere Verfahren. SinnLeffers<br />

hat das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in Eigenverwaltung stets<br />

als Chance begriffen <strong>–</strong> und sie genutzt.<br />

Verlauf des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens der SinnLeffers <strong>GmbH</strong><br />

Jun - Jul 2008: Vorbereitung des Verfahrens<br />

07. Aug 2008: <strong>Insolvenz</strong>antragstellung und Beantragung Eigenverwaltung<br />

Okt 2008: Kommunikation bzgl. Filialschließungen und Entlassungen<br />

01. Nov 2008: Eröffnung des <strong>Insolvenz</strong>verfahrens; Anordnung der Eigenverwaltung<br />

Nov. 2008: Einigung mit Betriebsrat und ver.di; Kündigung der<br />

Mitarbeiter, Mietverträge und Dienstleister der Schließungsfilialen<br />

19. Jan 2009: Berichtstermin der Gläubiger<br />

18. Feb 2009: Erörterungstermin zum <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

28 Feb 2009: Schließung von 23 der 47 Filialen<br />

09. Mrz 2009: Gläubiger stimmen <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

mit 99,6% zu<br />

24. Mrz 2009: <strong>Insolvenz</strong>plan rechtskräftig<br />

04 Mai 2009: Aufhebung des<br />

<strong>Insolvenz</strong>verfahrens<br />

Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai<br />

2008 2009<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

9


Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />

Die übertragende Sanierung in<br />

schwierigen Zeiten<br />

von RA Dr. Thomas C. Sittel<br />

Dr. Thomas C. Sittel<br />

Rechtsanwalt<br />

Partner<br />

<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />

München<br />

I. Einleitung<br />

Die wahre Güte eines Sanierungsinstruments zeigt sich<br />

erst dann, wenn es sich in der Praxis auch unter außergewöhnlichen<br />

Umständen bewähren kann. Einem solchen<br />

„Stress-Test“ wurde die übertragende Sanierung aufgrund<br />

des massiven Wirtschaftsabschwungs der zurückliegenden<br />

18 Monate unterzogen. Rückblickend lässt sich festhalten,<br />

dass das Sanierungsinstrument diesem Härtetest <strong>–</strong> bei Beachtung<br />

bestimmter Erfolgsfaktoren <strong>–</strong> stand gehalten hat.<br />

Der Fall der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> und Co. KG ist<br />

ein gutes Beispiel da<strong>für</strong>, dass eine übertragende Sanierung<br />

insolventer Unternehmen auch unter historisch schlechten<br />

Rahmenbedingungen möglich ist.<br />

Die Junghans Uhren <strong>GmbH</strong>, eine der wohl bekanntesten<br />

deutschen Uhrenmarken, musste Ende August 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

stellen. Anfang 2009 konnte das Unternehmen<br />

im Rahmen einer übertragenden Sanierung auf einen<br />

neuen Investor übertragen werden. Schon im ersten Geschäftsjahr<br />

nach der Übertragung schreibt das neue Unternehmen<br />

wieder schwarze Zahlen.<br />

Bevor jedoch am Beispiel von Junghans die Erfolgsfaktoren<br />

einer übertragenden Sanierung dargestellt werden, wird<br />

zunächst noch einmal kurz auf die Historie bis zum <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

eingegangen:<br />

II. Ausgangssituation: <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

infolge des Zusammenbruchs des Egana<br />

Goldpfeil Konzerns<br />

Die Uhrenfabrik Junghans kann auf eine lange, aber auch<br />

bewegte Historie zurückblicken. Das 1861 gegründete Unternehmen<br />

aus Schramberg im Schwarzwald war einst die<br />

größte Uhrenfabrik der Welt. Mit über 3.000 Beschäftigten<br />

wurden Anfang des 20. Jahrhunderts mehr als 3 Millionen<br />

Uhren pro Jahr hergestellt.<br />

Doch diese ruhmreichen Jahre liegen weit zurück. Spätestens<br />

seit Ende der 90er Jahre kämpfte das Unternehmen<br />

mit einer schwerwiegenden strategischen Krise, die durch<br />

die extrem schwache Nachfrage im damaligen Kerngeschäftsbereich<br />

Funkuhren ausgelöst wurde. Im Jahr 2000<br />

wurde das Unternehmen aus dem Rüstungskonzern Diehl<br />

herausgelöst und in die Egana Goldpfeil Gruppe eingegliedert.<br />

Doch die erhofften positiven Effekte aus der Einbindung<br />

in den Konzern blieben aus. Da die strukturellen Defizite<br />

nicht beseitigt wurden, waren die Geschäftsergebnisse<br />

trotz kontinuierlicher Restrukturierungsversuche auch <strong>für</strong><br />

die neuen Eigentümer mehr als unbefriedigend. Im Jahre<br />

2006 entschloss man sich, den schleichenden Verfall von<br />

Unternehmen und Marke durch eine radikale strategische<br />

Neuausrichtung zu stoppen. Es wurde ein finanziell sehr<br />

aufwendiges Sanierungskonzept aufgesetzt, dass das damalige<br />

Geschäftsmodell fast komplett umkrempeln sollte.<br />

Dieser mutigen Initiative wurde jedoch der „Nährboden“<br />

entzogen, als der Mutterkonzern Egana Goldpfeil <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />

viele überraschend <strong>–</strong> im Jahre 2008 <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

stellen musste. Da die notwendigen finanziellen Mittel<br />

nicht mehr zur Verfügung standen, blieb der Junghans-<br />

Geschäftsführung nur der Gang zum Amtsgericht. Als vorläufiger<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter wurde am 29. August 2008 Dr.<br />

Georg Bernsau von der Kanzlei BBL Rechtsanwälte bestellt.<br />

III. Unmittelbare Initiierung eines „Gestaltenden<br />

Investorenprozesses“<br />

Als wesentlicher Erfolgsfaktor <strong>für</strong> die gelungene Umsetzung<br />

einer übertragenden Sanierung hat sich der unmittelbare<br />

Start mit dem Investorenprozess erwiesen. Bereits<br />

wenige Tage nach Antragstellung hat die vorläufige <strong>Insolvenz</strong>verwaltung<br />

einen spezialisierten M&A-Dienstleister<br />

mit der Durchführung eines „Gestaltenden Investorenprozesses“<br />

beauftragt.<br />

Dadurch konnte bereits innerhalb der ersten beiden Projektwochen<br />

eine Vielzahl potentieller Interessenten identifiziert<br />

und kontaktiert werden. Die Selektion der entsprechenden<br />

Kandidaten erfolgte mit der Zielsetzung, einen<br />

optimalen „Strategischen Fit“ mit dem Schuldnerunternehmen<br />

herzustellen. Die Kernkompetenzen von Junghans liegen<br />

neben dem einzigartigen technischen Know-how in der<br />

Uhrmacherkunst vor allem in der immer noch sehr starken<br />

Marke sowie dem umfangreichen Marktzugang.<br />

Am Ende waren es rund 100 potentielle Interessenten, die<br />

zunächst mit einem aussagekräftigen Kurzprofil („Teaser“)<br />

angesprochen wurden. Bei den adressierten Kandidaten<br />

handelte es sich zum einen um strategische und vorselektierte<br />

Finanzinvestoren. Aufgrund der konkreten Marktpositionierung<br />

von Junghans wurden zum anderen auch sog.<br />

„Family Offices“ und Marken-Holdings angesprochen.<br />

10 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Die Investorensuche wurde zudem global aufgesetzt, da<br />

Junghans aufgrund seines Geschäftsmodells insbesondere<br />

auch <strong>für</strong> Kandidaten aus dem arabischen und asiatischen<br />

Raum interessant war. Da<strong>für</strong> war jedoch der frühzeitige Beginn<br />

der Interessentenansprache essentiell, denn Interessenten<br />

aus dem Ausland <strong>–</strong> insbesondere aus Asien <strong>–</strong> benötigen<br />

erfahrungsgemäß einen deutlich längeren zeitlichen<br />

Vorlauf bis zur Entscheidungsfähigkeit.<br />

Nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung wurden<br />

über 20 Interessenten mit detaillierten Unternehmensinformationen<br />

versorgt und zu Erstgesprächen im Hause<br />

Junghans geladen. Dem Management gelang es, im Rahmen<br />

dieser Gespräche und einer Unternehmensführung,<br />

die eigene Begeisterung <strong>für</strong> das Uhrenhandwerk auf eine<br />

Vielzahl von Interessenten zu übertragen. Auf der anderen<br />

Seite war jedoch <strong>–</strong> aufgrund der hohen Verluste aus den<br />

Vorjahren <strong>–</strong> sehr viel Überzeugungsarbeit erforderlich, um<br />

die Kandidaten auch „kaufmännisch“ zu überzeugen.<br />

V. Frühzeitige Abgabe indikativer<br />

Angebote durch ernsthafte Interessenten<br />

Aufgrund des insolvenztypischen knappen Zeitfensters <strong>für</strong><br />

die Umsetzung einer Investorenlösung ist es wichtig, die<br />

Anfangsgeschwindigkeit auch im weiteren Verlauf des<br />

Prozesses aufrecht zu erhalten. Durch Parallelisierung der<br />

Investorengespräche und der Aufbereitung von Informationen<br />

konnte viel Zeit eingespart werden. Der schnelle Fortschritt<br />

des Investorenprozesses zeigte sich darin, dass die<br />

Interessenten bereits rund 6 Wochen nach Antragstellung<br />

dazu aufgefordert waren, auf Basis einer umfangreichen<br />

Investorenunterlage ein indikatives Angebot abzugeben.<br />

IV. Sicherstellung Veräußerbarkeit<br />

Im 2. Halbjahr 2008 hatte sich die konjunkturelle Lage bereits<br />

merklich eingetrübt. Trotzdem ist es dem Verwalter<br />

in einem Schulterschluss mit dem Management gelungen,<br />

das Unternehmen im vorläufi gen Verfahren zu stabilisieren<br />

und die vom Management eingeleitete Restrukturierung in<br />

der <strong>Insolvenz</strong> konsequent fortzuführen.<br />

Eine wesentliche Herausforderung bestand auch darin,<br />

das Schuldnerunternehmen operativ wieder aus dem<br />

Mutterkonzern herauszulösen, um eine selbständige, verkaufsfähige<br />

Einheit herzustellen. So wurde beispielsweise<br />

bis dahin die IT-Infrastruktur zu wesentlichen Teilen von<br />

Schwestergesellschaften aus dem Konzern erbracht. Aber<br />

auch andere essentielle Support-Funktionen, wie die Logistik,<br />

das Key Account Management sowie das Kunden<br />

Service Center, wurden seit einigen Jahren zentral von der<br />

Egana Goldpfeil Gruppe zur Verfügung gestellt. Es gelang<br />

jedoch den „Carve-out“ soweit vorzubereiten, dass dieses<br />

Thema <strong>für</strong> die Interessenten kein wesentliches Hindernis<br />

mehr war.<br />

Ein signifikanter Umsatzanteil von Junghans wurde mit<br />

Uhren der Marke Max Bill erzielt. Da es sich hierbei jedoch<br />

um ein Lizenzprodukt handelt, war der Erhalt der Lizenz <strong>–</strong><br />

gerade im Rahmen einer übertragenden Sanierung <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />

jeden Erwerber essentiell. Der vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong>verwaltung<br />

und der Geschäftsführung war es jedoch gelungen,<br />

bereits im Rahmen der vorläufi gen <strong>Insolvenz</strong> eine Vertragserneuerung<br />

mit der Max-Bill-Stiftung über 15 Jahre<br />

zu vereinbaren. Diese Vereinbarung sollte auch im Rahmen<br />

einer übertragenden Sanierung <strong>für</strong> einen Erwerber gelten.<br />

Damit war das Unternehmen Junghans marktseitig und<br />

operativ bestmöglich <strong>für</strong> einen Verkauf vorbereitet.<br />

Neben relevanten Unternehmensinformationen, einer an<br />

die <strong>Insolvenz</strong>situation angepassten Planungsrechnung sowie<br />

einer detaillierten Beschreibung des Verkaufsgegenstandes<br />

enthielt die Unterlage insbesondere eine „Strukturierungshilfe“<br />

zur Erstellung eines indikativen Angebots.<br />

Eine solche Inhaltsvorgabe erleichtert im weiteren Verlauf<br />

des Prozesses die Vergleichbarkeit von Angeboten.<br />

Die Bewertung der vorgelegten Angebote erfolgte dabei<br />

nicht nur auf Basis des angebotenen Kaufpreises, sondern<br />

auch unter Berücksichtigung der zu übernehmenden Anzahl<br />

an Arbeitnehmern und der Nachhaltigkeit des Übernahmekonzepts.<br />

Ein wesentlicher Aspekt war in diesem<br />

Zusammenhang insbesondere die Finanzkraft des potentiellen<br />

Erwerbers. Denn der Erwerber hatte <strong>–</strong> abgesehen<br />

vom Kaufpreis und von der Working Capital Finanzierung<br />

<strong>–</strong> erhebliche Investitionen in die Marke sowie signifi kante<br />

Sanierungskosten zu erwarten.<br />

Die eingereichten Angebote unterschieden sich zum Teil<br />

sehr deutlich: Auf der einen Seite gab es Kandidaten, die<br />

lediglich an den Markenrechten interessiert waren. Auf der<br />

anderen Seite wurden aber auch interessante Konzepte<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

11


Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />

vorgelegt, die eine mehr oder minder umfangreiche Fortführung<br />

am Standort Schramberg vorsahen. Gemeinsam<br />

mit der vorläufigen <strong>Insolvenz</strong>verwaltung wurde entschieden,<br />

mit lediglich zwei Kandidaten in finale Gespräche und<br />

Verhandlungen zu gehen, da es sich in beiden Fällen um<br />

äußerst solvente und ernsthafte Interessenten mit einem<br />

umfangreichen Übernahmekonzept handelte.<br />

Aus Sicht von Matthias Stotz, Geschäftsführer von Junghans,<br />

sind dies: „Ein offener Umgang mit der <strong>Insolvenz</strong>,<br />

eine schonungslose Stärken-Schwächen-Analyse des Unternehmens<br />

und eine konstruktive Zusammenarbeit mit<br />

dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter“.<br />

VI. Übernahme durch strategischen Investor<br />

mit überzeugendem Konzept<br />

Auf Basis der generierten Übernahmeangebote wurde<br />

die Firma Junghans schließlich im Rahmen einer übertragenden<br />

Sanierung als privates Engagement an die Unternehmer<br />

Dr. Hans-Jochem Steim und Hannes Steim, Gesellschafter<br />

der Kern-Liebers Firmengruppe, verkauft.<br />

Die Kern-Liebers Firmengruppe ist ein internationaler<br />

Zulieferer <strong>für</strong> Systemhersteller der Automobil-, Textilund<br />

Konsumgüterindustrie mit weltweit mehr als 5.000<br />

Mitarbeitern. Die Gruppe ist einer dieser stillen „Hidden<br />

Champions“, die in Nischenmärkten, insbesondere Präzisionsfedern,<br />

Weltmarktführer ist. Der zur Firmengruppe<br />

gehörende Spiralfedernhersteller Carl Haas ist zugleich ein<br />

strategischer Partner von Junghans.<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter Dr. Georg Bernsau zeigte sich sehr zufrieden:<br />

„Das Übernahmekonzept der neuen Gesellschaft<br />

ist überzeugend. Mit ihm konnten wir die Grundlage schaffen<br />

<strong>für</strong> die erfolgreiche Zukunft eines Traditionsunternehmens.“<br />

Das Angebot der Herren Steim konnte sich am Ende durchsetzen,<br />

weil es eine fast vollumfängliche Übernahme von<br />

Junghans unter Erhalt nahezu aller Arbeitsplätze vorsah.<br />

Auch die Nachhaltigkeit des Konzepts war gegeben, da<br />

die Investoren zusammen mit dem alten Management das<br />

bereits eingeschlagene Sanierungskonzept zu Ende führen<br />

wollten und gleichzeitig bereit waren, nicht unerheblich in<br />

das Unternehmen zu investieren. Damit waren die Weichen<br />

<strong>für</strong> einen Neuanfang gestellt.<br />

VII. Erfolgreicher Neustart des Unternehmens<br />

nach <strong>Insolvenz</strong><br />

Der mit dem Restrukturierungskonzept eingeschlagene<br />

radikale Strategiewechsel wurde nach der Übernahme<br />

konsequent und erfolgreich fortgeführt. „Trotz der Wirtschaftskrise<br />

haben wir im deutschen Uhrenfachhandel<br />

sehr gute Wachstumsraten“, betont Werner Wicklein,<br />

einer der Junghans-Geschäftsführer. Mit 70 zusätzlichen<br />

Handelspartnern, neu entwickelten Produkten und einem<br />

neuen Marketingauftritt, der das starke Selbstbewusstsein<br />

der Marke symbolisiert, sind die Zeichen bei dem Traditionsunternehmen<br />

endlich wieder auf Wachstum gestellt.<br />

Und die Erfolgsfaktoren dieser erfolgreichen Sanierung?<br />

VIII. „Lessons learnt“ <strong>für</strong> den<br />

Investorenprozess<br />

Als wesentliche „Lessons learnt“ <strong>für</strong> einen erfolgreichen<br />

Investorenprozess haben sich dabei einmal mehr herauskristallisiert:<br />

1. Unmittelbarer Start nach Antragstellung<br />

Aufgrund des ohnehin sehr engen Zeitfensters <strong>für</strong> eine<br />

Übernahme aus der <strong>Insolvenz</strong> ist es essentiell, dass der<br />

Investorenprozess unmittelbar nach Antragstellung initiiert<br />

wird. Auch wenn aus der Sicht der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung zu<br />

diesem Zeitpunkt vielleicht noch nicht alle Fragen geklärt<br />

sind, führt ein Zögern zum Verlust wertvoller Zeit.<br />

Dies gilt umso mehr, wenn <strong>–</strong> wie im Fall Junghans <strong>–</strong> eine<br />

internationale Investorensuche sinnvoll und erforderlich<br />

ist. Denn insbesondere Interessenten aus den sog.<br />

„Emerging Markets“ benötigen erfahrungsgemäß viel Zeit,<br />

um ein mögliches Engagement zu prüfen und zu entscheiden.<br />

Beginnt man zu spät, so ist nicht zu erwarten, dass<br />

solche Kandidaten auf der Zielgeraden mit dabei sind.<br />

12 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


2. Identifikation des konkreten<br />

Verkaufsgegenstandes<br />

Durch die Brille eines potentiellen Investors ist festzustellen,<br />

was den Wert des Schuldnerunternehmens konkret<br />

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine breite<br />

Investorenansprache unerlässlich. Die Kandidatensuche<br />

darf sich dabei nicht nur auf das Inland und europäische<br />

Ausland beschränken. Wenig Erfolg versprechend ist es<br />

zudem, die potentiellen Interessenten lediglich schriftlich<br />

zu kontaktieren. Denn vielfach gelingt es erst in einem persönlichen<br />

Gespräch, das Interesse überhaupt zu wecken,<br />

indem etwa die Vorteile einer Übernahme aus der <strong>Insolvenz</strong><br />

detailliert erläutert werden.<br />

Die Identifi kation potentieller Kandidaten erfordert zudem<br />

ein umfangreiches Marktverständnis und die Kenntnis der<br />

Wertschöpfungsstrukturen in der Branche. Ziel ist es, solche<br />

Kandidaten zu identifi zieren, die aufgrund komplementärer<br />

Wertschöpfungsstrukturen oder Produktprogramme<br />

über einen optimalen strategischen Fit verfügen. Die Ansprache<br />

sollte zwar breit, aber keineswegs unselektiert<br />

erfolgen.<br />

Bei Junghans wurde schnell klar, dass bei der Investorensuche<br />

über den Tellerrand zu schauen war. Denn aufgrund<br />

der unklaren Marktpositionierung von Junghans scheuten<br />

die meisten etablierten Spieler am Markt ein Engagement.<br />

Der mühsame, kostspielige Weg einer „Revitalisierung“<br />

der Marke war <strong>für</strong> viele zu riskant und zu aufwendig. Bei<br />

den „offensichtlichen“ Kandidaten war das Interesse erwartungsgemäß<br />

meist von sehr kurzer Dauer.<br />

4. Frühzeitige Identifikation und Beseitigung von<br />

„Deal-Breakern“<br />

Aus Sicht potentieller Investoren sind auf Basis des<br />

Feedbacks aus den ersten Gesprächen sowie eigenen<br />

Erfahrungen frühzeitig ernsthafte „Deal-Breaker“ zu identifi<br />

zieren und gemeinsam mit der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung zu<br />

beseitigen. Dabei kann zwischen solchen Faktoren unterschieden<br />

werden, die zu einem Wegfall des Erwerbsinteresses<br />

führen, und solchen, die sich negativ auf den Kaufpreis<br />

auswirken.<br />

ausmacht. Dabei geht es meist weniger um die materiellen<br />

Assets als vielmehr um Themen wie Geschäftsmodell,<br />

Kernkompetenzen, Marktzugang oder Marke. Die Beurteilung<br />

des Wertes eines Unternehmens erfordert daher ein<br />

detailliertes Verständnis der jeweiligen Märkte.<br />

Die bisherige Positionierung zwischen Billiganbieter und<br />

Luxusmarke sowie der Verlust der Technologieführerschaft<br />

hatten dem Ansehen der Marke Junghans in den zurückliegenden<br />

Jahren stark zugesetzt. Vor diesem Hintergrund<br />

bestand die Vermarktungsstory i.S. eines „Hübschen der<br />

Braut“ vor allem in der Herausstellung der Chancen durch<br />

eine Repositionierung und Revitalisierung der Marke.<br />

3. Breite persönliche Investorenansprache<br />

Wie bereits dargestellt, stellte sich bei Junghans die operative<br />

Trennung des Unternehmens aus dem Konzern als<br />

äußerst kritisches Thema dar. Einen wesentlichen Einfl uss<br />

auf die Dimensionierung der Übertragungslösung sowie<br />

den Kaufpreis hatte darüber hinaus etwa die Übertragbarkeit<br />

der Markenrechte Max Bill.<br />

5. Sicherstellung belastbaren und konsistenten Datenmaterials<br />

Kaum etwas schadet dem Investorenprozess mehr, als eine<br />

unzureichende oder inkonsistente Datenlage. Informationslücken<br />

oder widersprüchliche Daten führen im schlimmsten<br />

Fall zum „Rückzug“ des Interessenten, zumindest aber<br />

zur Einpreisung des zusätzlichen Risikos beim Kaufpreis.<br />

Vor diesem Hintergrund sind alle zur Verfügung gestellten<br />

Informationen genau zu prüfen und aufzubereiten. Etwaige<br />

Fragen von Interessenten sind möglichst bereits im Vorfeld<br />

zu antizipieren. Das Einstellen unkontrollierter Informationen<br />

in einen Datenraum wirft meist mehr Fragen auf als<br />

es beantwortet.<br />

Von entscheidender Bedeutung ist dabei insbesondere die<br />

Erstellung einer belastbaren und glaubwürdigen Unterneh-<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

13


Eine Fallstudie am Beispiel der Uhrenfabrik Junghans <strong>GmbH</strong> & Co. KG<br />

mensplanung. Bei Junghans gelang es, gemeinschaftlich<br />

einen anspruchsvollen, aber realistischen Business Plan<br />

zu entwickeln, hinter dem das Management von Junghans<br />

vollumfänglich stand.<br />

6. Enge Führung der Interessenten im Rahmen des<br />

Investorenprozesses<br />

Aufgrund des hohen Zeitdrucks ist eine enge Führung aller<br />

potentiellen Erwerber im Rahmen des gesamten Investorenprozesses<br />

sehr wichtig. Dazu gehört neben einem<br />

permanenten Nachfassen auch die persönliche Begleitung<br />

aller Termine. Nur so ist sichergestellt, dass man kontinuierlich<br />

„einen Finger am Puls“ des Interessenten hat und<br />

über alle relevanten Informationen verfügt.<br />

Sinnvollerweise erfolgte die gesamte Kommunikation im<br />

Rahmen des Investorenprozesses bei Junghans über den<br />

mandatierten Dienstleister. Damit wird sichergestellt, dass<br />

alle Informationen in einer Hand und damit jederzeit verfügbar<br />

waren. Durch eine enge Abstimmung mit der <strong>Insolvenz</strong>verwaltung,<br />

war diese über den Stand des Prozesses<br />

fortlaufend informiert. Zudem wurde dadurch sichergestellt,<br />

dass die Interessen der Verwaltung optimal gewahrt<br />

wurden.<br />

7. Transparenter Investorenprozess<br />

Gerade in öffentlichkeitsträchtigen Verfahren ist die Einhaltung<br />

eines transparenten Prozesses oberste Priorität.<br />

Hierzu zählt einerseits die Gleichbehandlung aller Interessenten,<br />

aber andererseits auch die Aussortierung von<br />

„<strong>Insolvenz</strong>touristen“.<br />

Aufgrund des engen persönlichen Kontakts mit den Interessenten<br />

lässt sich <strong>–</strong> wie bei Junghans <strong>–</strong> schnell erkennen,<br />

welcher Kandidat ein ernsthaftes Interesse hat. Durch<br />

die Art der Fragen und Informationsanforderungen verraten<br />

sich solche Kandidaten, die lediglich ein „forensisches“ Interesse<br />

haben.<br />

8. Ermittlung eines realisierbaren<br />

Kaufpreiskorridors<br />

Kaufpreisverhandlungen ohne konkrete Preisvorstellung<br />

sind wenig zielführend. Zur Stärkung der Verhandlungsposition<br />

ist es daher einerseits wichtig, eigene realistische<br />

Preisvorstellungen zu entwickeln, und andererseits die<br />

obere Schmerzgrenze der potentiellen Käufer zu antizipieren.<br />

Hierzu ist auf Basis der Rückmeldungen aus dem<br />

Markt, vergleichbarer Transaktionen sowie des Business<br />

Plans ein realisierbarer Kaufpreiskorridor zu entwickeln.<br />

IX. Fazit<br />

Die übertragende Sanierung hat sich <strong>–</strong> trotz der vorhandenen<br />

Lizenzproblematik <strong>–</strong> auch in einem extrem schwierigen<br />

Wirtschaftsumfeld als äußerst leistungsfähiges Sanierungsinstrument<br />

erwiesen.<br />

14 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />

Ein Plädoyer <strong>für</strong> das Planverfahren<br />

von RA Prof. Rolf Rattunde<br />

I. Einleitung<br />

Die <strong>Insolvenz</strong>ordnung bietet ein im Grundsatz hervorragendes<br />

Instrument zur Sanierung von Schuldnern: den<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan. Dieser erlaubt eine Sanierung des Unternehmens<br />

in Fällen einer komplizierten Gläubigerstruktur,<br />

ermöglicht die Reorganisation und kann <strong>–</strong> bis zu einer<br />

bestimmten Grenze <strong>–</strong> auch unwillige Gläubiger zwingen.<br />

Dennoch findet der <strong>Insolvenz</strong>plan im Verwalteralltag nicht<br />

seinen rechten Platz: Im Schnitt werden lediglich rund<br />

zweihundert <strong>Insolvenz</strong>pläne im Jahr durchgeführt - eine<br />

verschwindend geringe Zahl. Sehr viel häufi ger, fast schon<br />

Standard ist dagegen die übertragende Sanierung, bei der<br />

die Vermögenswerte des schuldnerischen Unternehmens<br />

auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden. Nachfolgend<br />

soll dargestellt werden, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

erhebliche Chancen und eine große Bandbreite<br />

an Instrumentarien bietet. Auch die Risiken werden berücksichtigt,<br />

denn sie bilden regelmäßig die Klippen, die<br />

die Beteiligten <strong>für</strong> einen erfolgreichen <strong>Insolvenz</strong>plan zu<br />

umschiffen haben.<br />

Ausgehend von der in der Praxis häufi g gestellten Frage, ob<br />

eine Sanierung außerhalb oder innerhalb einer <strong>Insolvenz</strong><br />

durchgeführt werden sollte, muss insbesondere auf einen<br />

Aspekt hingewiesen werden: Das <strong>Insolvenz</strong>recht bietet<br />

eine Reihe von Möglichkeiten der Erleichterung einer Sanierung,<br />

die es außerhalb der <strong>Insolvenz</strong> nicht gäbe. Dies<br />

sind klassischer Weise Sonderregelungen zum Arbeitsrecht,<br />

das <strong>Insolvenz</strong>mietrecht und natürlich zur Liquiditätsbeschaffung<br />

auch das Recht der Anfechtung. Auf die<br />

außergerichtliche Sanierung nach der aktuellen Rechtslage<br />

soll hier nicht näher eingegangen werden, einen kurzen<br />

Überblick verschafft die Abbildung 1. An dieser Stelle sei<br />

jedoch darauf verwiesen, dass derzeit große und auch berechtigte<br />

Diskussionen darüber geführt werden, wie ein<br />

vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren gesetzlich verankert<br />

werden kann.<br />

Nachfolgend werden die übertragende Sanierung und das<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahren mit ihren Vorzügen und ihren Nachteilen<br />

kurz erläutert, abgerundet mit einem kurzen Ausblick<br />

auf die derzeit angestrebten Reformen.<br />

II. Die übertragende Sanierung<br />

Die übertragende Sanierung in ihrer klassischen Form der<br />

Übertragung ist der sog. Asset Deal, bei dem die Vermögenswerte<br />

als solche auf einen neuen Rechtsträger übertragen<br />

werden. Der Vorteil der übertragenden Sanierung<br />

ist insbesondere ihre Schnelligkeit. Sie ist <strong>–</strong> einen Interessenten<br />

vorausgesetzt - relativ zeitnah umsetzbar, denn<br />

ein Vertrag kann bereits vor dem Termin zur Gläubigerversammlung<br />

geschlossen werden und wird diesbezüglich<br />

lediglich einen Vorbehalt der Zustimmung der Gläubigerversammlung<br />

enthalten. Bei der übertragenden Sanierung<br />

wird regelmäßig in die Gesellschafterstruktur eingegriffen,<br />

eine Möglichkeit, die das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren zunächst<br />

nicht vorsieht. Dies kann vor dem Hintergrund, dass in einer<br />

Vielzahl von Fällen die aktuelle Geschäftsführung an<br />

der Entstehung der <strong>Insolvenz</strong>gründe möglicherweise nicht<br />

ganz unbeteiligt war, die Zukunft eines Unternehmens<br />

maßgeblich mitbestimmen.<br />

Die übertragende Sanierung ist als Betriebsveräußerung<br />

zulässig und unterliegt gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO der<br />

Zustimmung der Gläubigerversammlung. Darüber hinaus<br />

ist sie an bestimmte Voraussetzungen, die in § 162 und<br />

§ 163 InsO normiert sind, gebunden. Eine übertragende<br />

Sanierung kann nach der aktuellen Gesetzeslage jedoch<br />

frühestens mit dem Stichtag der Eröffnung des Verfahrens<br />

erfolgen, wie sich aus § 160 InsO ergibt, der zwar auch<br />

im Vorverfahren eine gewisse Vorwirkung hat, dem jedoch<br />

vorgegriffen würde, wenn der vorläufi ge <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

eine Übertragung vornähme. In der Vergangenheit hat<br />

es bereits mehrfach Versuche gegeben, dies dahingehend<br />

zu ändern, dass auch der vorläufi ge Verwalter zu einer Gesamtveräußerung<br />

berechtigt ist, eine gesetzliche Verankerung<br />

hat bisher jedoch nicht stattgefunden.<br />

<strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

§ 133 Abs. 1 InsO<br />

Keine Rechtsverbindlichkeit<br />

Außergerichtlicher Vergleich bei Kapitalgesellschaften<br />

Keine <strong>Insolvenz</strong>antragspflicht<br />

Sanierungsprüfung<br />

Sanierungskonzept<br />

(Gleichbehandlung)<br />

Sanierungskosten<br />

Zustimmung aller<br />

Prof. Rolf Rattunde<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>recht<br />

Fachanwalt <strong>für</strong> Steuerrecht<br />

Notar<br />

Partner<br />

Leonhardt Westhelle & Partner,<br />

Berlin<br />

Alternativ:<br />

<strong>Insolvenz</strong>szenario<br />

§ 826 BGB<br />

Rücktrittsrecht<br />

Sanierung<br />

Abbildung 1:<br />

Außergerichtlicher Vergleich bei Kapitalgesellschaften<br />

<strong>Insolvenz</strong>antrag<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

15


Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />

Gelingt die übertragende Sanierung, übernimmt der Erwerber<br />

das Betriebsvermögen, während die Verbindlichkeiten<br />

in ihrer alten Hülle beim <strong>Insolvenz</strong>verwalter verbleiben,<br />

die nach den Grundsätzen des Regelverfahrens liquidiert<br />

werden. Besonders vom Erwerber zu beachten ist, dass der<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter als Veräußerer grundsätzlich jegliche<br />

Haftung der <strong>Insolvenz</strong>masse <strong>für</strong> Verpflichtungen aus dem<br />

Kaufvertrag ausschließen wird. Garantien und Mängelgewährleistung<br />

scheiden daher grundsätzlich aus. Ein solch<br />

umfangreicher Haftungsausschluss ist <strong>für</strong> den Erwerber<br />

u.U. relativ risikoreich.<br />

Trotz ihrer Einfachheit birgt die übertragende Sanierung<br />

jedoch eine Vielzahl weiterer Risiken, die aufgrund der Eilbedürftigkeit<br />

einer Einigung <strong>–</strong> die Vertragsverhandlungen<br />

hierzu finden oft bereits im Eröffnungsverfahren statt <strong>–</strong> <strong>für</strong><br />

den Erwerber schwer zu kalkulieren sind.<br />

Nachfolgend sollen einige dieser Risiken herausgegriffen<br />

und kurz erläutert werden.<br />

1. Betriebsübergang gem. § 613a BGB<br />

Eines der Risiken ist der enge Rahmen des § 613a BGB.<br />

Die übertragende Sanierung stellt mit Wirkung auf die<br />

Arbeitsverhältnisse einen Betriebsübergang dar. Hier ist<br />

§ 613 a BGB einschlägig, der festlegt, dass der Erwerber<br />

in die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Arbeitgebers<br />

eintritt. Der Erwerber muss daher beachten, dass eine<br />

Kündigung aufgrund des Betriebsübergangs nicht zulässig<br />

ist. Darüber hinaus sind bestimmte Formalien bzgl. der Arbeitsverhältnisse<br />

zu beachten. Um Umgehungsversuche zu<br />

verhindern, werden die Voraussetzungen von den Gerichten<br />

sehr restriktiv gehandhabt, so dass sich der Erwerber<br />

umfangreich absichern sollte.<br />

Die personelle Restrukturierung ist folglich bei einem Unternehmenskauf<br />

erheblich erschwert, obwohl sie in einer<br />

Vielzahl von Fällen notwendiges Mittel zur Gesunderhaltung<br />

des Erwerbers wäre. Sind also an das schuldnerische<br />

Unternehmen viele Arbeitsplätze gekoppelt, müssen hierauf<br />

ein besonderes Augenmerk gelegt und gegebenenfalls<br />

weitere Instrumentarien - wie zum Beispiel eine Transfergesellschaft<br />

- verwendet werden.<br />

2. Nicht übertragbare Rechte<br />

Zudem gibt es eine Reihe unübertragbarer Rechte, deren<br />

Fehlen möglicherweise den Wert des Veräußerungsguts<br />

erheblich senkt. Hier seien lediglich beispielhaft Lizenzen<br />

und Mietverträge aufgezählt. Auch sonstige Dienstleistungsverträge<br />

können betroffen sein, die nicht mit übernommen<br />

werden können, weil der Vertragspartner letztlich<br />

ein Wahlrecht hat, mit wem er seinen Vertrag schließt. Der<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter wird in einem solchen Fall die Interessenten<br />

auffordern, dies in ihre Überlegungen einzustellen<br />

und ggf. entsprechende Vertragsverhandlungen aufnehmen,<br />

um mit den Vertragspartnern eine Einigung zu erzielen.<br />

Ist es zudem so, dass Teile der Gesellschafter oder die<br />

Geschäftsführer selbst Erwerber bei der übertragenden<br />

Sanierung sind, so sind die Vertragspartner oft zögerlich,<br />

da sie nun mit denselben Personen einen Vertrag schließen<br />

müssten, durch deren Handlung sie möglicherweise bereits<br />

einen Verlust erlitten haben. Besteht also der wesentliche<br />

Wert eines Unternehmens in einem nicht übertragbaren,<br />

aber werthaltigem Recht, so wird in der Regel ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

das Mittel der Wahl sein.<br />

3. Steuerliche Risiken<br />

Die Vielfalt der steuerlichen Risiken soll nicht im Einzelnen<br />

aufgezeigt werden. Allerdings sind die nachfolgend<br />

aufgeführten Fälle ob ihrer Häufigkeit zumindest kurz anzusprechen:<br />

Gelingt eine übertragende Sanierung, so tritt<br />

der Erwerber gem. § 75 Abs. 2 AO jedenfalls nicht in die<br />

Haftung <strong>für</strong> Bilanzrisiken und Betriebsschulden gem. §§<br />

25, 27 HGB und § 75 AO ein. Dies gilt jedoch nur im eröffneten<br />

Verfahren oder nach Abweisung mangels Masse.<br />

Ob dagegen Umsatzsteuerbarkeit vorliegt, hängt davon ab,<br />

ob eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a<br />

UStG vorliegt. Kann dies bejaht werden, so ist sie nicht<br />

steuerbar. Bei Unternehmen, die Grundstücke halten, ist<br />

stets auch der Anfall der Grunderwerbssteuer zu beachten,<br />

soweit es sich um einen sog. asset deal handelt. Werden<br />

Forderungen an den Erwerber abgetreten, so haftet dieser<br />

unter Umständen als Unternehmer gem. § 13c UStG <strong>für</strong><br />

nicht entrichtete Umsatzsteuerschulden des Abtretenden.<br />

Dies sind die wichtigsten, hier zu beachtenden Punkte.<br />

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, wenn es im Wesentlichen<br />

um den Erhalt von Verlustvorträgen geht, eine<br />

übertragende Sanierung regelmäßig ausscheiden wird und<br />

vielmehr auch in diesem Fall das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

das Mittel der Wahl ist.<br />

4. Keine Restschuldbefreiung bei Einzelunternehmern<br />

Bei der Frage, welchen Vorteil eine übertragende Sanierung<br />

<strong>für</strong> das schuldnerische Unternehmen bietet, scheiden<br />

naturgemäß all die Fälle aus, bei denen es auf die Restschuldbefreiung<br />

des (Einzel)-Unternehmers ankommt und<br />

die Veräußerung nicht wesentlich zur Massemehrung und<br />

damit zur Gläubigerbefriedigung beiträgt. Der typische Anwendungsfall<br />

ist hier der Einzelunternehmer ohne Arbeitnehmer<br />

und mit geringem Anlagevermögen, wie es häufig<br />

bei den kaufmännischen Berufen zu finden ist. Auch hier ist<br />

das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in so einem Fall eine geeignete<br />

Lösung.<br />

III. Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

Gegenüber der übertragenden Sanierung hat das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

nach der <strong>Insolvenz</strong>ordnung einige Vorteile, ist<br />

jedoch zeitlich aufwendiger und birgt in der Tat einige Un-<br />

16 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


wägbarkeiten. Diese sind zwei der Gründe, warum trotz dieses<br />

sinnvollen Instruments die Zahl der tatsächlich durchgeführten<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahren verhältnismäßig gering ist.<br />

Bereits die Vorbereitung von <strong>Insolvenz</strong>plänen ist erheblich<br />

umfangreicher. Da<strong>für</strong> ist der potenzielle Regelungsinhalt<br />

eines <strong>Insolvenz</strong>plans beinahe unbegrenzt, vgl. hierzu Abbildung<br />

2. Hieraus ergibt sich letztlich auch der größte Vorteil<br />

eines <strong>Insolvenz</strong>plans: Er kann im Grunde auf jeden beliebigen<br />

Fall angepasst werden und stellt damit ein ausgesprochen<br />

flexibles Instrument dar. Nachfolgend sollen einige einzelne<br />

Stichworte herausgegriffen und dargestellt werden.<br />

1<br />

2<br />

Planverfasser<br />

Planzeitpunkt<br />

Arten von <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />

• Verwalterpläne<br />

• Schuldnerpläne<br />

• pre-packaged plan<br />

• nachträgliche Pläne<br />

1. Inhalt und Ablauf<br />

3<br />

Planinhalt<br />

• leistungswirtschaftliche Pläne<br />

• finanzwirtschaftliche Pläne<br />

Kurz gesagt ist der <strong>Insolvenz</strong>plan ein vom <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

oder Schuldner vorgelegter Vergleich, dem die Mehrheit<br />

der Gläubiger, die wiederum in Gruppen aufgeteilt und<br />

mit Stimmrechten versehen werden, zustimmen muss. Der<br />

Plan wird dem <strong>Insolvenz</strong>gericht vorgelegt, welches einen<br />

Abstimmungstermin anberaumt, an dem die Gläubiger über<br />

den Plan entscheiden. Nach Rechtskraft des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

wird das Verfahren, sofern nichts anderes im <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

vorgesehen ist, aufgehoben und der <strong>Insolvenz</strong>verwalter ist<br />

hinsichtlich der Maßnahmen, die nachfolgend noch zu treffen<br />

sind, lediglich Treuhänder. Den Ablauf verdeutlicht die<br />

Abbildung 3.<br />

Ein <strong>Insolvenz</strong>plan besteht zunächst aus einem darstellenden<br />

Teil, in dem die wirtschaftliche Lage des Gemeinschuldners<br />

und die Sanierungsziele dargestellt werden.<br />

Gleichzeitig sollte dieser Teil darlegen, welche Maßnahmen<br />

bereits eingeleitet worden sind. Im gestaltenden Teil<br />

des <strong>Insolvenz</strong>plans finden sich die Reglungen zur Rechtsstellung<br />

der Beteiligten und insbesondere die Darstellung<br />

von Maßnahmen, die letztlich die eigentliche Sanierung<br />

umsetzen und da<strong>für</strong> Sorge tragen sollen, dass der <strong>Insolvenz</strong>schuldner<br />

auch langfristig aus der <strong>Insolvenz</strong> entlassen<br />

werden kann.<br />

2. Vorbereitung eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />

Zunächst ist es wichtig, zu entscheiden, ob ein Unternehmen<br />

überhaupt sanierungsfähig ist. Hauptkriterium ist hier<br />

die Fortführungsprognose nach Entschuldung. Deshalb ist<br />

es bei der Vorbereitung von <strong>Insolvenz</strong>plänen regelmäßig<br />

erforderlich, eine genaue Liquiditätsplanung und ein Vermögensverzeichnis<br />

zu erstellen und ggf. die Vermögenswerte<br />

gutachterlich bewerten zu lassen. Auch die Verbindlichkeiten<br />

müssen genau aufgeschlüsselt werden.<br />

Nicht zuletzt hängt der Erfolg eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />

maßgeblich davon ab, ob die beteiligten Gläubiger<br />

einem solchen Plan zustimmen werden. Die Gruppenbildung,<br />

zu der nachfolgend noch Näheres erläutert wird, ist<br />

hier sicher ein mögliches Instrument; regelmäßig wird jedoch<br />

der Erfolg greifbarer sein, wenn frühzeitig Gespräche<br />

4<br />

Planziele<br />

Abbildung 2: Arten von <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />

mit den Gläubigern geführt werden. Eine frühe Einbindung<br />

der wichtigsten Gläubiger, insbesondere derer, die ein Ausoder<br />

Absonderungsrecht haben, ist daher regelmäßig zu<br />

empfehlen.<br />

Schuldnerplan<br />

(Verwalterplan)<br />

Zur Stellungnahme (§ 232)<br />

• Gläubigerausschuß<br />

• Betriebsrat<br />

(Sprecherausschuß)<br />

• Verwalter (oder Schuldner)<br />

• IHK (etc.)<br />

3. Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />

Nachfolgend sollen zwei erhebliche Vorzüge des Planverfahrens<br />

hervorgehoben werden, die jedoch bei weitem nicht<br />

die einzigen Vorteile darstellen: die Gruppenbildung und das<br />

Recht zur Ungleichbehandlung der Gläubigergruppen.<br />

• Sanierungsplan<br />

• Liquidationsplan<br />

• Übertragungsplan<br />

Wege des vorgelegten <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

<strong>Insolvenz</strong>gericht (Richter bis Eröffnung)<br />

Prüft nach Maßgabe §§ 219-230<br />

(1) Niederlegung von Plan und Stellungnahmen<br />

(2) Erörterungs-/Abstimmungstermin (max. 1 Monat)<br />

(3) Ladung mit Planabdruck<br />

(4) Ggf. Verwertungsaufschub<br />

§§ 235, 236: Erörterungstermin<br />

nicht vor Prüftermin, Verbindung möglich<br />

§ 241: Gesonderter Abstimmungstermin<br />

(max. 1 Monat zw. Erörterungs- u. Abstimmungstermin)<br />

§§ 248, 252: Bestätigung des Gerichts, Obstruktionsentscheidung,<br />

Bestätigungstermin<br />

Planüberwachung<br />

Abbildung 3: Wege des vorgelegten <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

Zurückweisung<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

17


Vorzüge des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens im Vergleich zur übertragenden Sanierung<br />

Ein Vorteil des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens ist die Möglichkeit,<br />

sachgerechte Gruppierungen zu bilden, die die Annahme<br />

des Plans im Abstimmungstermin deutlich erleichtern können.<br />

Deshalb sollte hierauf ein strategischer Schwerpunkt<br />

gelegt werden. Das Gesetz sieht drei notwendigerweise zu<br />

bildende Gruppen vor: Dies betrifft die Gruppe der absonderungsberechtigten<br />

Gläubiger, in deren Rechte der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

eingreift, die nicht nachrangigen Gläubiger und<br />

die nachrangigen Gläubiger, deren Forderungen nicht als<br />

erlassen gelten sollen, § 222 Abs. 1 InsO. Alle weiteren<br />

Gruppen können nach freiem Ermessen gebildet werden,<br />

soweit ihre Gruppierung sachgerecht ist und sie ein gleichartiges<br />

wirtschaftliches Interesse haben.<br />

Entscheidend <strong>für</strong> das Abstimmungsergebnis ist letztlich<br />

die Mehrheit der Gruppen. Innerhalb einer Gruppe wird<br />

dem Plan dann zugestimmt, wenn eine Mehrheit der abstimmenden<br />

Gläubiger sowohl nach Köpfen, als auch nach<br />

Summe zustande kommt, § 244 InsO. Gläubiger, die zum<br />

Abstimmungstermin nicht erscheinen und keine Vollmacht<br />

an einen Vertreter erteilen, werden nicht gezählt. Hieraus<br />

lässt sich leicht schlussfolgern, dass das Abstimmungsergebnis<br />

durch die Gruppenbildung beeinflusst werden kann.<br />

Daher ist es gerade nicht notwendig, sämtliche Gläubiger<br />

bereits im Vorfeld zu überzeugen. Das Obstruktionsverbot<br />

findet immer dann Anwendung, wenn bestimmte Gruppen<br />

dem <strong>Insolvenz</strong>plan zwar nicht zugestimmt haben, dies<br />

jedoch nicht die Mehrheit der Gläubigergruppen ist, sie<br />

durch den <strong>Insolvenz</strong>plan jedenfalls nicht schlechter gestellt<br />

werden als im Regelinsolvenzverfahren und angemessen<br />

an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden. Wann ein<br />

Gläubiger wirtschaftlich besser gestellt ist, ist ein relativ<br />

offener Begriff, es wird aber regelmäßig dann der Fall sein,<br />

wenn bereits die Quote im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren höher<br />

ist als im Regelinsolvenzverfahren.<br />

Nicht erforderlich ist dagegen, alle Gläubigergruppen<br />

gleich zu behandeln. Auch dies ist ein wesentlicher Vorteil<br />

des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens, der den Beteiligten zum<br />

Beispiel ermöglicht, nur den Grundpfandrechtsgläubigern<br />

eine Ablösesumme zu zahlen, um eine Verwertung zu vermeiden,<br />

nicht aber auch den übrigen Gläubigern. Hierdurch<br />

kann ebenfalls die positive Abstimmung über den Plan beeinflusst<br />

werden.<br />

4. Unwägbarkeiten<br />

Ein entscheidendes Kriterium, ob eine Sanierung mittels<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan durchgeführt und gelingen kann, ist die<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalterauswahl. Hierin liegt auch zeitgleich<br />

eine der Schwierigkeiten und einer der Gründe, warum<br />

ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren so selten in der Praxis durchgeführt<br />

wird. Die Durchführung eines Planverfahrens setzt<br />

voraus, dass der <strong>Insolvenz</strong>verwalter hieran aktiv mitwirkt.<br />

Idealerweise bringt also der <strong>Insolvenz</strong>verwalter nicht nur<br />

das Interesse an der Sanierung durch einen <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

mit, sondern verfügt darüber hinaus über entsprechende<br />

Erfahrungen. Ob ein solcher <strong>Insolvenz</strong>verwalter jedoch<br />

durch das Gericht in dem jeweiligen Fall bestellt wird,<br />

entzieht sich dem Einfluss der Beteiligten. Allein das <strong>Insolvenz</strong>gericht<br />

entscheidet über die Verwalterauswahl. Sanierungswillige<br />

Beteiligte haben also keine Sicherheit dahingehend,<br />

dass der letztlich bestellte <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

über die entsprechenden Fähigkeiten verfügen wird. Diese<br />

Unsicherheit zieht direkt ein weiteres Problem nach sich:<br />

Da die Zukunft ungewiss und in diesem Punkt nicht planbar<br />

ist, scheuen sich die Beteiligten oft davor, rechtzeitig<br />

einen <strong>Insolvenz</strong>antrag zu stellen. Leider verringern sich mit<br />

zunehmenden Druck und Zeitablauf auch die Chancen auf<br />

eine erfolgreiche Sanierung.<br />

Ein weiteres Problem stellt der Rechtszug der Beschwerde<br />

gegen die Rechtskraftbestätigung des Planes dar. Nach<br />

Abstimmung durch die Gläubiger muss das <strong>Insolvenz</strong>gericht<br />

den Plan bestätigen. Ab diesem Zeitpunkt haben die<br />

Gläubiger die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von zwei<br />

Wochen Beschwerde einzulegen. Hierin liegt eines der<br />

Risiken des <strong>Insolvenz</strong>plans, denn Entscheidungen über die<br />

Beschwerde werden oft nicht innerhalb einer kurzen Frist<br />

getroffen, sondern können sich über Monate oder Jahre<br />

hinziehen. Daher birgt eine Beschwerde stets das Risiko,<br />

dass sie zwar möglicherweise letztlich die Rechtskraft des<br />

<strong>Insolvenz</strong>plans nicht verhindern kann, aber zu erheblichen<br />

Zeitverzögerungen führen wird.<br />

In der Praxis kann dies bedeuten, dass der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

am Ende nur deshalb scheitert, weil eine Sanierung möglicherweise<br />

bis auf Jahre hinausgezögert wird.<br />

IV. Zusammenfassung und Ausblick<br />

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

ein hervorragendes Instrument zur Sanierung<br />

ist. Um jedoch die Hauptgründe <strong>für</strong> die verhältnismäßig<br />

geringe Umsetzung von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren abzuändern<br />

<strong>–</strong> wie zum Beispiel die Verwalterauswahl oder der<br />

überlange Rechtszug gegen die Rechtskraft des Planes -<br />

werden derzeit einige gesetzliche Neuerungen angestrebt.<br />

Geplant sind vor allem die Stärkung der Eigenverwaltung<br />

und ein Einfluss der Gläubiger auf die Verwalterauswahl.<br />

Insbesondere letzterer Punkt ist eine von Praktikern häufig<br />

vorgebrachte Forderung. Eine Lösung soll es auch <strong>für</strong> die<br />

Problematik der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung<br />

geben. Wie dies alles rechtlich ausgestaltet werden soll,<br />

ist offen und wird mit Spannung erwartet.<br />

Darüber hinaus war auch immer wieder im Gespräch, ein<br />

vorgerichtliches Sanierungsverfahren einzuführen. Was<br />

aus diesem Vorhaben wird, bleibt abzuwarten.<br />

Auf der Reformagenda der Bundesregierung, scheint es<br />

allerdings derzeit keine Priorität zu genießen.<br />

18 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />

Praktische Fallstricke<br />

bei der Umsetzung eines<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahrens<br />

von RA Axel W. Bierbach und RA Dr. Stefan Debus<br />

I. Einleitung<br />

In der Öffentlichkeit hat die Sanierung mittels der <strong>Insolvenz</strong><br />

zwischenzeitlich an Akzeptanz gewonnen. Insbesondere<br />

das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren wird zunehmend als Sanierungsschance<br />

betrachtet, obwohl es bereits seit Inkrafttreten<br />

der <strong>Insolvenz</strong>ordnung in 1999 existiert und immer noch<br />

ein Schattendasein fristet.<br />

Die Grundidee eines Planverfahrens ist es, das Unternehmen<br />

dadurch zu sanieren, dass es die Gläubiger von den<br />

Restverbindlichkeiten gegen eine wirtschaftliche Besserstellung<br />

im Vergleich zur Liquidation bzw. zur übertragenden<br />

Sanierung befreit. Erforderlich ist hierzu jedoch ein<br />

breiter, mehrheitsfähiger Plankonsens, in dem die Interessenslagen<br />

aller Stakeholder abzuwägen sind.<br />

Das Aufsetzen eines <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens bedarf daher<br />

eines verantwortungsbewussten Umgangs und einer professionellen<br />

Vorbereitung. Denn die Bestrebungen scheitern<br />

<strong>–</strong> wie die Praxis zeigt <strong>–</strong> meist bereits in der Konzeptionsphase.<br />

Zu einer Vor-Abstimmung mit den Gläubigern<br />

oder gar einer Vorlage des Plans kommt es nur selten. Das<br />

Fehlen eines überzeugenden Sanierungskonzeptes und<br />

entsprechender finanzieller Mittel zu dessen Umsetzung<br />

sind die wirtschaftlichen Misserfolgsfaktoren.<br />

Es gibt Planziele, die allein den Erhalt der Gesellschaftsstruktur<br />

des Unternehmens zum Inhalt haben. Hierbei<br />

soll beispielsweise der Erhalt einer börsennotierten AG<br />

verwirklicht werden, deren Zulassung vormals hohe fi -<br />

nanzielle Kosten und Aufwendungen verursacht hat. Die<br />

Interessenslage der Beteiligten ist in einem solchen Fall<br />

überschaubar, denn zumeist handelt es sich um den Erhalt<br />

eines betriebsentleerten Gesellschaftsmantels. Die Besserstellung<br />

der Gläubiger wird dadurch erreicht, indem die<br />

Gesellschafter oder Dritte, eine Aufzahlung zur Besserstellung<br />

der Gläubiger leisten.<br />

2. Plan zur Eigensanierung<br />

Die klassische Form der Sanierung im Planverfahren ist die<br />

Eigensanierung aus „eigener Kraft“, in der über künftige<br />

Erträge aus dem fortgeführten Unternehmen eine Besserstellung<br />

der Gläubigerschaft erzielt werden soll. Hierbei ist<br />

vor allem ein überzeugendes Sanierungskonzept unabdingbar,<br />

welches die Ertragskraft des in der Regel durch radikale<br />

Kosteneinsparungen „sanierten“ Unternehmens und<br />

den Fortbestand der Kreditwürdigkeit sichert. Neben dem<br />

Erhalt von Unternehmensstrukturen durch Beibehaltung<br />

der Assets, der Vertragsverhältnisse und eines funktionierenden<br />

Kunden- und Auftragsbestandes spielt hierbei<br />

natürlich auch die steuerliche Nutzbarkeit von Verlustvorträgen<br />

einen nicht zu unterschätzenden Sanierungsbeitrag.<br />

Axel Bierbach<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt <strong>für</strong> <strong>Insolvenz</strong>recht<br />

Partner<br />

Rechtsanwälte Müller-<br />

Heydenreich, Beutler & Kollegen,<br />

München<br />

Aber auch der rechtssichere Umgang mit dem Sanierungsmodell<br />

<strong>Insolvenz</strong>planverfahren muss von den Akteuren<br />

beherrscht werden. Gerade mangelnde Erfahrung, auch<br />

seitens der <strong>Insolvenz</strong>verwalter, führt zu einer niedrigen<br />

Anwendungsquote von <strong>Insolvenz</strong>planverfahren. Anhand<br />

praktischer Fallstricke sollen nachfolgend wichtige Felder<br />

bei der Umsetzung eines Planverfahrens unter Beachtung<br />

der unterschiedlichen Interessenslagen von der Idee bis zur<br />

Abstimmung dargelegt werden.<br />

II. Unterschiedliche Plantypen und -ziele<br />

Man unterscheidet im Wesentlichen zwischen <strong>Insolvenz</strong>plänen,<br />

die eine Aufzahlung, eine klassische Eigensanierung<br />

oder eine Übertragung zum Inhalt haben.<br />

1. Plan zur Aufzahlung<br />

3. Plan zur Übertragung<br />

Der Übertragungsplan kommt zum Tragen, wenn ein<br />

Investor, der den Geschäftsbetrieb übernehmen will, vorhanden<br />

ist, eine übertragende Sanierung aber dennoch<br />

ausscheidet, weil beispielsweise wichtige Verträge bzw.<br />

Dauerschuldverhältnisse mit der schuldnerischen Gesellschaft<br />

verbunden sind, die nur gemeinsam ein sinnvolles<br />

Ganzes ergeben. Insofern ist der Erhalt der Gesellschaft,<br />

der diese Vertragsverhältnisse anhaftet, unabdingbar.<br />

Eine bloße Übertragung dieser Assets auf einen anderen<br />

Rechtsträger erfüllt diese Vorgaben freilich nicht, denn hier<strong>für</strong><br />

ist die Zustimmung aller Parteien sämtlicher Verträge<br />

erforderlich, die letztlich womöglich scheitern oder rechtlich<br />

schon nicht möglich sind. Insbesondere Lizenzverträge,<br />

wichtige Miet- oder Pachtverträge, behördliche Zulassungen<br />

und Genehmigungen können durch den Erhalt der<br />

Gesellschaft über den <strong>Insolvenz</strong>plan beibehalten bleiben.<br />

Dr. Stefan Debus<br />

Rechtsanwalt<br />

Partner<br />

Rechtsanwälte Müller-<br />

Heydenreich, Beutler & Kollegen,<br />

München<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

19


Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />

4. Fallbeispiele zum Übertragungsplan<br />

In unserer Kanzlei konnte ein Unternehmen, das sich mit<br />

dem Handel von Filmlizenzen beschäftigte, plansaniert<br />

werden, nachdem im Vorfeld eine übertragende Sanierung<br />

mangels Mehrheiten von übertragungswilligen Lizenzgebern<br />

aussichtslos wurde. Mittels Aufzahlung des Investors<br />

konnte eine deutliche Besserstellung der Gläubiger im Vergleich<br />

zur Liquidation erzielt werden. Der Investor wurde<br />

aufgrund der Regelungen im gestaltenden Teil des <strong>Insolvenz</strong>plans<br />

sowie aufgrund im Vorfeld getroffener Sondervereinbarungen<br />

Gesellschafter und konnte somit auf die<br />

gewünschten Lizenzinhaberschaften zurückgreifen 1 .<br />

Nicht zuletzt deshalb werden vermehrt eine verpflichtende<br />

Einbeziehung der Gesellschafter sowie die Stärkung von<br />

„debt-to-equity-swaps“, d.h. die Umwandlung von Fremdkapital<br />

in Eigenkapital, im Rahmen von Gesetzesreformen<br />

gefordert. Bisher besteht lediglich die Möglichkeit den<br />

Plan unter die Bedingung der Anteilsübertragung zu stellen<br />

und gegebenenfalls Gesellschaftsanteile im Vorfeld<br />

der Plansanierung <strong>für</strong> die Masse zu sichern. Eine weitere<br />

gesetzliche Regelung zur Erleichterung dieses bisher nur<br />

im Verhandlungswege zu erreichenden Zieles wäre wünschenswert.<br />

Ein weiteres Anwendungsfeld, das <strong>für</strong> den Weg der Erhaltung<br />

der Gesellschaft über einen <strong>Insolvenz</strong>plan spricht, ist<br />

die gegebenenfalls zwingende Notwendigkeit der Beibehaltung<br />

bestehender Pacht- oder Mietverhältnisse. So war<br />

bei einer von uns verwalteten bayerischen Großgaststätte,<br />

die auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken<br />

konnte, die Möglichkeit einer übertragenden Sanierung im<br />

<strong>Insolvenz</strong>verfahren zwar grundsätzlich gegeben, da neben<br />

der Brauerei auch weitere Investoren gefunden werden<br />

konnten.<br />

Gleichwohl war eine übertragende Sanierung nicht möglich,<br />

nachdem mit der Verpächterin, eine heillos zerstrittene<br />

Erbengemeinschaft, keine Einigung mit den Investoren<br />

über den Abschluss eines neuen Pachtvertrages erzielt<br />

werden konnte. Durch die Regelungen im <strong>Insolvenz</strong>plan,<br />

wonach die Investoren gegen Leistung einer Aufzahlung<br />

und aufgrund parallel getroffener Einzelvereinbarungen die<br />

Gesellschaftsanteile übernahmen, konnte das Unternehmen<br />

und der Betreib durch Weiterführung des bestehenden,<br />

zwölfjährigen Restpachtvertrages erhalten werden.<br />

5. Schwächen des Übertragungsplans<br />

Der Übertragungsplan weist jedoch auch Schwächen auf:<br />

Insbesondere ist die Zustimmung der bisherigen Gesellschafter<br />

zur Übertragung der Anteile erforderlich. Ein Investor<br />

wird kein frisches Kapital einbringen, sofern er nicht<br />

gleichzeitig Anteilseigner am Unternehmen wird. Die Altgesellschafter<br />

erlangen daher ein Druckmittel, ihre durch<br />

das <strong>Insolvenz</strong>verfahren grundsätzlich entwerteten Anteile<br />

teuer zu übertragen um damit ihre entstandenen Verluste<br />

auszugleichen. Faktisch entscheiden sie damit über den Erhalt<br />

des Unternehmens und nicht die Gläubigerschaft.<br />

III. Praktische Fallstricke im<br />

„Darstellenden Teil“<br />

Nach § 220 InsO wird im darstellenden Teil beschrieben,<br />

welche Maßnahmen nach <strong>Insolvenz</strong>verfahrenseröffnung<br />

getroffen worden sind bzw. noch werden, um die Grundlagen<br />

<strong>für</strong> die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten<br />

zu schaffen. Konkretisiert werden diese Erfordernisse in<br />

§ 220 Abs. 2 InsO, wonach der darstellende Teil alle diesbezüglichen<br />

Angaben enthalten muss, die <strong>für</strong> eine etwaige<br />

Gläubigerzustimmung zum Plan und <strong>für</strong> dessen gerichtliche<br />

Bestätigung bedeutsam sind.<br />

1. Formulierung der Planziele<br />

Besonders bedeutsam in diesem Zusammenhang ist die<br />

Formulierung der Planzielsetzung. Ziele, insbesondere bei<br />

Eigensanierungsplänen, sind zumeist:<br />

n die Zahlungsunfähigkeit (und ggf. Überschuldung) zu<br />

beseitigen,<br />

n den Betrieb (bzw. die Gesellschafterstruktur) langfristig<br />

zu erhalten und<br />

1 Ähnliche Lösungsmodelle bieten sich bei Leasinggesellschaften an.<br />

20 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


n den <strong>Insolvenz</strong>gläubigern eine anteilige Befriedigung<br />

ihrer Forderung zu garantieren, die erheblich über<br />

der im Fall der Regelabwicklung erzielbaren Quote liegt.<br />

der Assets auf einen neuen Rechtsträger bei gleichzeitiger<br />

Übernahme der Beschäftigungsverhältnisse ist aufgrund<br />

der konkreten Ausgangslage häufi g als Planalternative<br />

nicht darstellbar:<br />

Zum Aufzahlungsplan kommt als Alternative eine übertragende<br />

Sanierung gar nicht erst in Betracht, denn eigentliches<br />

Ziel einer solchen, betriebsentleerten Unternehmenssanierung<br />

ist der Erhalt des Gesellschaftsmantels.<br />

Der Übertragungsplan dürfte gleichfalls konkurrenzlos<br />

sein, da gerade eine übertragende Sanierung den Übergang<br />

der Dauerschuldverhältnisse nicht sicherstellt.<br />

Bei der Ergebnisdarstellung einer übertragenden Sanierung<br />

im Vergleich zum Eigensanierungsplan bedarf es zudem<br />

eines konkreten, belastbaren Angebotes eines Investors,<br />

der im Rahmen eines Asset-Deals eine sanierende Übertragung<br />

überhaupt ermöglicht. Eine lediglich hypothetische<br />

Unternehmensbewertung zur Ermittlung des Vergleichsmaßstabes,<br />

gleich ob nach Ertrags- oder Substanzwert, ist<br />

insoweit nicht geboten.<br />

3. Sanierung mittels künftiger Erträge<br />

Die Darstellung der Sanierung im Planverfahren mittels<br />

künftiger Erträge der Schuldnerin erfordert umfangreiche<br />

Vermögensübersichten sowie Ergebnis- und Finanzpläne,<br />

wie in § 229 InsO festgelegt.<br />

2. Vergleich der Verwertungsalternativen<br />

Ein wesentlicher Schwerpunkt im darstellenden Teil<br />

betrifft den Vergleich der denkbaren Verwertungs- und<br />

Abwicklungsalternativen. Üblicherweise stehen sich als<br />

Alternativen zum Plan die Gesamtliquidation durch Verwertung<br />

sämtlicher Vermögenswerte und die übertragende<br />

Sanierung gegenüber.<br />

Das wirtschaftliche Ergebnis einer Liquidation erschöpft<br />

sich in der Darstellung der zum gedachten Stichtag vorhandenen<br />

Aktiva abzüglich der bereits angefallenen oder noch<br />

anfallenden <strong>Insolvenz</strong>verfahrenskosten gemäß § 54 InsO<br />

und sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55 InsO.<br />

In der Regel führt die Liquidation zu erheblich schlechteren<br />

Quoten <strong>für</strong> die Gläubiger als alternative Sanierungsmöglichkeiten.<br />

Insbesondere schlagen die sonstigen Masseverbindlichkeiten<br />

im Rahmen der Liquidation durch eine<br />

Betriebsstilllegung erheblich zu Buche 2 .<br />

Das Szenario einer übertragenden Sanierung, d. h. eine<br />

Veräußerung des Geschäftsbetriebes durch Übertragung<br />

Hierbei ist es mitunter hilfreich, auch fachkundige Aussagen<br />

Dritter, insbesondere von Unternehmensberatungen<br />

sowie von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zur Untermauerung<br />

und Plausibilisierung der Finanzpläne, beizuziehen.<br />

Bei einem mehrjährigen Zeitraum, während dessen<br />

künftige Unternehmensüberschüsse den Gläubigern zu<br />

Gute kommen sollen, ist eine umfangreiche Ausarbeitung<br />

der Planzahlen, in denen insbesondere die Auftrags- und<br />

Kostensituation, der künftige Investitionsbedarf, etwaige<br />

Unvorhersehbarkeiten und nicht zuletzt die steuerlichen<br />

Auswirkungen hierauf Berücksichtigung fi nden müssen,<br />

unverzichtbar.<br />

IV. Praktische Fallstricke im<br />

„Gestaltenden Teil“<br />

Im gestaltenden Teil des <strong>Insolvenz</strong>plans sind bekanntermaßen<br />

die Rechtsstellungen der Beteiligten festzulegen, um<br />

<strong>für</strong> die Verwirklichung der Planzahlen auch den rechtlichen<br />

Rahmen zu schaffen:<br />

1. Gruppenbildung nach wirtschaftlichen Interessen<br />

Ein Schwerpunkt des gestaltenden Teils ist die Gruppenbildung<br />

zur Festlegung der Rechte der Beteiligten, die über<br />

2 Verbindlichkeiten bis zum Auslauf beendeter Dauerschuldverhältnisse wie Arbeits- oder Mietverhältnisse, denen keine Wertschöpfungen aus einem fortgeführten<br />

Unternehmen entgegenstehen, führen häufig sogar zu Massearmut.<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

21


Herausforderungen bei der „Sanierung nach Plan“<br />

den <strong>Insolvenz</strong>plan abstimmen. Die Abstimmung in einem<br />

hier<strong>für</strong> festzusetzenden Termin erfolgt gemäß § 243 InsO<br />

grundsätzlich in Gruppen. Die erforderlichen Mehrheiten<br />

<strong>für</strong> die Zustimmung zum Plan bestimmen sich nach § 244<br />

Abs. 1 InsO über die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger<br />

und zugleich über die Summe der Ansprüche der zustimmenden<br />

Gläubiger, die mehr als die Hälfte der Summe<br />

der Ansprüche der abstimmenden Gläubiger betragen<br />

muss.<br />

Eine sinnvolle Gruppenbildung ist daher <strong>für</strong> die erforderliche<br />

Abstimmungsmehrheit außerordentlich wichtig. Nach<br />

§ 222 Abs. 2 InsO ist es möglich, aus den Gläubigern mit<br />

gleicher Rechtstellung Gruppen zu bilden, in denen Gläubiger<br />

mit gleichen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst<br />

werden.<br />

Typische Gruppen sind beispielsweise:<br />

Gemäß § 222 Abs. 3 S. 2 InsO ist die Bildung einer Kleingläubigergruppe<br />

möglich, um ihnen im Hinblick auf ihre im<br />

einzelnen zwar geringen, in der Summe aller Kleingläubiger<br />

allerdings häufig hohen Forderungssummen ein entsprechendes<br />

Abstimmungsforum zu bieten.<br />

Von Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsträgern ist<br />

anzunehmen, dass sie ein Interesse an einer Fortführung<br />

des Unternehmens haben, da sie nur dann in Zukunft Gebühren,<br />

Steuern und Beiträge generieren können, was die<br />

Bildung einer eignen Gruppe rechtfertigt.<br />

Die Bundesagentur <strong>für</strong> Arbeit, oftmals Großgläubiger<br />

aufgrund der ausbezahlten <strong>Insolvenz</strong>gelder, hat darüber<br />

hinaus ein großes Interesse am Erhalt der Arbeitsplätze.<br />

Nach § 222 Abs. 3 S. 1 InsO ist <strong>für</strong> die Arbeitnehmer eine<br />

besondere Gruppe zu bilden, wenn sie als <strong>Insolvenz</strong>gläubiger<br />

mit nicht unerheblichen, vom <strong>Insolvenz</strong>geld nicht abgedeckten,<br />

Forderungen beteiligt sind 3 .<br />

2. Behandlung der Sicherungsgläubiger<br />

Sofern Absonderungsberechtigte bzw. Ausfallgläubiger<br />

ihre Rechte wahrnehmen, nehmen sie grundsätzlich mit<br />

dem Teilbetrag, der nicht durch diese Rechte gedeckt ist,<br />

als Gläubiger an der Verteilung der Masse teil. Im Übrigen<br />

werden deren Rechte vom Plan <strong>–</strong> vorbehaltlich abweichender<br />

Regelungen <strong>–</strong> nicht berührt. Die Bildung einer<br />

entsprechenden Gruppe ist daher nur im Abweichungsfall<br />

sinnvoll.<br />

Problematisch ist in diesem Zusammenhang oftmals die<br />

zeitliche Diskrepanz zwischen Sicherheitenverwertung<br />

und einer im Planverfahren ohnehin sehr raschen Verfahrensaufhebung.<br />

Denn die Sicherungsgläubiger haben<br />

gemäß § 190 Abs. 1 InsO dem Verwalter nachzuweisen,<br />

dass und <strong>für</strong> welchen Betrag sie ausgefallen sind. Hier<br />

biete sich in Planverfahren grundsätzlich an, gemäß § 223<br />

InsO in Abweichung von der Regelung des § 189 Abs. 1<br />

InsO festzulegen, dass die Ausschlussfrist, innerhalb derer<br />

der Nachweis zu erbringen ist, nach einem festzulegenden<br />

Zeitraum, beispielsweise ein Monat vor Verteilung an die<br />

Gläubiger, endet.<br />

3. Besserungsklausel <strong>für</strong> den Pensionssicherungsverein<br />

(PSVaG)<br />

Von besonderer Bedeutung <strong>für</strong> die <strong>Insolvenz</strong>planpraxis ist<br />

die in § 7 Abs. 4 S. 5 BetrAVG institutionalisierte Besserungsklausel<br />

<strong>für</strong> den PSVaG als Gläubiger. Enthält der<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan keine solche Bestimmung, ohne dass dies<br />

durch besondere Umstände gerechtfertigt ist, so hat das<br />

Gericht den Plan von Amts wegen nach § 231 Abs. 1 Ziff. 1<br />

InsO zurückzuweisen.<br />

Der PSVaG ist differenziert und abhängig von der versicherungsrechtlichen<br />

Gestaltung der Rückdeckung der betrieblichen<br />

Altersversorgung zu behandeln. Zu unterscheiden ist<br />

nach den bisher mit dem PSVaG gemachten Erfahrungen<br />

und aufgrund der flexiblen Regelung des § 7 Abs. 4 S. 3<br />

BetrAVG hierbei zwischen einer Rückdeckung mittels Direktversicherung<br />

4 oder mittels Unterstützungskasse 5 .<br />

4. Regelungen zum Übergangsstichtag<br />

In der Praxis besonders bedeutsam sind Planregelungen<br />

<strong>für</strong> den Übergang zwischen Betriebsfortführung in Verantwortung<br />

des <strong>Insolvenz</strong>verwalters nach § 80 InsO und dem<br />

Zeitraum nach der „Entlassung aus der <strong>Insolvenz</strong>“, ab dem<br />

die Geschäftsleitung das Unternehmen wieder eigenverantwortlich<br />

führt. Bei einem erforderlichen Übergangszeitpunkt<br />

wird das <strong>Insolvenz</strong>verfahren trotz Planbestätigung in<br />

aller Regel jedoch noch nicht aufgehoben sein.<br />

Erforderlich ist daher zum einen eine Regelung, dass zum<br />

angedachten Übergangsstichtag sämtliche Ansprüche aus<br />

Lieferungen und Leistungen der Schuldnerin bis zum Stichtag<br />

der Masse, danach dem Unternehmen gutgeschrieben<br />

werden. Zum anderen ist regulativ sicherzustellen, dass<br />

vor Aufhebung des <strong>Insolvenz</strong>verfahrens der <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

berechtigt ist, die unstreitigen Massekosten und<br />

Masseverbindlichkeiten aus der Masse zu begleichen.<br />

Erhebliche praktische Probleme wirft zudem die Umset-<br />

3 Die Forderungen der nachrangigen <strong>Insolvenz</strong>gläubiger ohne Gruppenbildung gelten gemäß § 225 InsO als erlassen, sofern keine abweichende Regelung im<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan angedacht ist, § 223 InsO.<br />

4 Hier sind die Regelungen zur Besserstellung gem. § 7 Abs. 4 S. 5 BetrAVG zu beachten.<br />

5 Es bietet sich die Regelung an, dass mit Rechtskraft der Bestätigung des <strong>Insolvenz</strong>planes die Schuldnerin die mit Rückwirkung zum Stichtag der <strong>Insolvenz</strong>eröffnung<br />

auf Entgeltumwandlung beruhende betriebliche Altersvorsorgung fortführt (vgl. dann auch § 7 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG).<br />

22 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


zung der Übergangsstichtagsregelungen im Hinblick auf<br />

die Liquidität des Unternehmens auf. Wenn Zahlungen aus<br />

Aufträgen erst ab einem ge<strong>wissen</strong> Stichtag der Schuldnerin<br />

zur Verfügung stehen, werden Fixkosten im Rahmen der<br />

Weiterführung des Unternehmens vorzeitig anfallen.<br />

Zur Sicherung der Liquidität ab Übergangsstichtag könnte<br />

durch Regelungen im gestaltenden Teil des Plans der<br />

Schuldnerin unmittelbar nach Übergangsstichtag ein Betrag<br />

in erforderlicher Höhe gleichsam als Kredit aus der<br />

vorhandenen Masse zur Verfügung gestellt werden, den<br />

die Schuldnerin rückzuerstatten hat.<br />

5. Behandlung von Sanierungsgewinnen<br />

Die Finanzverwaltung hat zur Frage der ertragsteuerlichen<br />

Behandlung von Sanierungsgewinnen festgehalten, dass<br />

der steuerliche Sanierungsgewinn, der durch den Verzicht<br />

der Gläubiger auf die Restforderungen entsteht, der Möglichkeit<br />

einer Steuerstundung und einem anschließenden<br />

Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen unterliegt.<br />

Vorab verbleibt jedoch der Finanzverwaltung die Möglichkeit,<br />

den Sanierungsgewinn auf etwaige Verlustvorträge<br />

anzurechnen und diese entsprechend zu mindern.<br />

Die Schuldnerin hat sich daher im <strong>Insolvenz</strong>plan zu verpfl<br />

ichten, die entsprechenden Anträge gegenüber der Finanzverwaltung<br />

zu stellen und dadurch <strong>für</strong> eine Stundung<br />

und einen späteren Erlass hinsichtlich etwaiger Steuern<br />

auf einen Sanierungsgewinn zu erlangen.<br />

Nachdem die Möglichkeit des steuerlichen Erlasses zwischenzeitlich<br />

strittig geworden war, bietet sich durch<br />

Regelung in <strong>Insolvenz</strong>plan zur Sicherheit an, dass die Finanzverwaltung<br />

dem vorgenannten Inhalt und Vorgehen<br />

ausdrücklich zustimmt.<br />

V. Fazit<br />

Das Planverfahren kann insbesondere bei Vorliegen eines<br />

geeigneten Konzeptes eine echte Sanierungsalternative in<br />

einem eröffneten <strong>Insolvenz</strong>verfahren sein. Unabdingbar ist<br />

die Beachtung der unterschiedlichen Interessenslagen der<br />

Beteiligten.<br />

Die Normen der <strong>Insolvenz</strong>ordnung zum Planverfahren geben<br />

dem Planersteller, seien es der Verwalter oder der<br />

Schuldner, fl exible Rahmenbedingungen an die Hand,<br />

diesen Interessenslagen im <strong>Insolvenz</strong>plan gerecht zu werden.<br />

Die Vornahme erforderlicher Gesetzesreformen sowie<br />

mehr Planinitiative der Verwalter sollten es ermöglichen,<br />

künftig weit öfter Unternehmenssanierungen mittels <strong>Insolvenz</strong>plänen<br />

zu verwirklichen.<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

23


Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren<br />

Ein Plädoyer <strong>für</strong> die übertragende<br />

Sanierung<br />

von RA Alexander Ballmann<br />

Alexander Ballmann<br />

Rechtsanwalt<br />

Partner<br />

CMS Hasche Sigle,<br />

München<br />

I. Einleitung<br />

Es ist viel geschrieben und diskutiert worden in den letzten<br />

Jahren, seit erste Erfahrungswerte mit der Anwendung<br />

der „neuen“, zum 1.1.2001 in Kraft getretenen <strong>Insolvenz</strong>ordnung<br />

vorliegen, warum das darin vorgesehene Instrument<br />

des <strong>Insolvenz</strong>plans nicht die von vielen erhoffte und<br />

erwartete Durchschlagskraft entfaltet hat. Der Anspruch,<br />

mit dem das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren von seinen Be<strong>für</strong>wortern<br />

propagiert wurde, war ja nicht weniger als der, damit<br />

so etwas wie ein deutsches „Chapter-11“ <strong>–</strong> Verfahren zu<br />

schaffen, das den herkömmlichen, und vielen schon sehr<br />

altbacken erscheinenden Weg des Erhaltes und der Fortführung<br />

eines insolventen Geschäftsbetriebs im Wege der<br />

sog. übertragenden Sanierung verdrängen würde.<br />

Doch auch in der zweiten großen Wirtschaftskrise nach<br />

Einführung der neuen <strong>Insolvenz</strong>ordnung lesen wir zwar<br />

weiterhin viel über das Potential des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens,<br />

finden in der Presse Ankündigungen, dass <strong>für</strong> dieses<br />

und jenes große <strong>Insolvenz</strong>verfahren ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

ernsthaft erwogen werde (häufig auch noch in Kombination<br />

mit einem Antrag auf Eigenverwaltung), sehen dann<br />

aber am Ende, wenn die Rettung eines insolventen Unternehmens<br />

gelingt, doch fast nur übertragende Sanierungen.<br />

Auch bei dem Mitte März diesen Jahres von dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

der Karstadt Warenhaus <strong>GmbH</strong> vorgelegten<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan bleibt abzuwarten, ob er am Ende tatsächlich<br />

zu einer Rettung des Unternehmens führen wird.<br />

Zunächst schob man die „Anlaufschwierigkeiten“ darauf,<br />

dass es sich bei dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren, um ein <strong>für</strong><br />

das deutsche Recht in dieser Form neues und doch eher<br />

rechtlich komplexes Instrument handele, mit dem die beteiligten<br />

Kreise erst vertraut werden müssten; nach ein<br />

paar Jahren mehrten sich dann die Stimmen, die die Schuld<br />

auf die (zweifelsohne vorhandenen) Defizite in der gesetzlichen<br />

Ausgestaltung des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens oder<br />

aber die Inflexibilität der deutschen <strong>Insolvenz</strong>praxis schoben.<br />

So recht überzeugen mag das allerdings beides nicht.<br />

Vielmehr drängt sich der Gedanke auf, dass das Instrument<br />

der übertragenden Sanierung vor dem Hintergrund der<br />

deutschen Rechtsordnung und <strong>Insolvenz</strong>rechtskultur doch<br />

in sehr vielen Fällen einige entscheidende Vorzüge besitzt.<br />

Um diese besser zu verstehen, wollen wir uns zunächst<br />

kurz ein eher typisches <strong>Insolvenz</strong>szenario ansehen: nehmen<br />

wir ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen<br />

aus dem Automobilzuliefer- oder Maschinenbaubereich.<br />

Das Unternehmen lief jahrelang gut, hat in neue Märkte<br />

(Osteuropa, Asien) expandiert, ist erheblich gewachsen,<br />

allerdings ohne, dass sich die Organisations- und Managementstrukturen<br />

entsprechend weiterentwickelt haben;<br />

die Aufmerksamkeit lag auf Produktentwicklung und<br />

Vertrieb. Die Banken waren gerne bereit, ein strategisches<br />

Wachstum zu finanzieren, man kannte sich ja schon lange;<br />

die Gewinne waren nicht großartig, aber irgendwie noch<br />

auskömmlich. Und dann kommt ein externer Schock, eine<br />

Wirtschaftskrise oder auch nur der isolierte Verlust eines<br />

oder mehrerer großer Aufträge bzw. Kunden oder ein Produktwandel,<br />

der plötzliche erhebliche Neuinvestitionen<br />

verlangt. Auf einmal stimmt das wirtschaftliche Gleichgewicht<br />

nicht mehr, die Liquidität trocknet aus, die Banken<br />

drohen, ihre Kredite fällig zu stellen. Zunächst kann man<br />

die Löcher noch irgendwie stopfen, die Eigentümer schießen<br />

neues Geld nach, man kann noch die eine oder andere<br />

Cashreserve im Unternehmen heben, Assets monetarisieren,<br />

von der einen oder anderen Bank eine Zwischenfinanzierung<br />

erhalten. Gleichzeitig merken Management und<br />

Eigentümer aber, dass sie die Situation nicht in den Griff<br />

bekommen. Dann wird noch verzweifelt und hektisch nach<br />

einem Investor gesucht, der das Unternehmen übernimmt.<br />

Doch die Preisvorstellungen potentieller Investoren lassen<br />

sich nicht mit denen der Eigentümer, und insbesondere<br />

auch der finanzierenden Banken, in Einklang bringen. Letztendlich<br />

kommt dann doch der <strong>Insolvenz</strong>antrag.<br />

II. Und dann gewinnt die übertragende<br />

Sanierung…<br />

Für einen <strong>Insolvenz</strong>verwalter, der in einer derartigen Situation,<br />

zunächst als vorläufiger <strong>Insolvenz</strong>verwalter, an Bord<br />

kommt, stellt sich zunächst die Aufgabe, den Geschäftsbetrieb<br />

zu stabilisieren, Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter<br />

und sonstige wesentliche Vertragspartner bei der Stange<br />

zu halten und die laufende Finanzierung sicherzustellen.<br />

Gleichzeitig muss er sich aber sofort ein Bild der Situation<br />

und der <strong>Insolvenz</strong>ursachen machen, und ein Konzept <strong>für</strong><br />

sein weiteres Vorgehen entwickeln. Nur ein glaubwürdiges<br />

Konzept wird es schaffen, die erforderlichen Stakeholder<br />

dazu zu bringen, das Unternehmen (weiter) zu unterstützen.<br />

An diesem Punkt treten dann <strong>Insolvenz</strong>planverfahren und<br />

übertragende Sanierung in einem Wettstreit der Sanierungsinstrumente<br />

gegeneinander an, wobei die übertragende<br />

Sanierung in den meisten Fällen vier wesentliche<br />

24 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Vorteile bietet, die sich mit den Schlagworten Schnelligkeit,<br />

Glaubwürdigkeit, Flexibilität, Umgang mit Sicherheitengläubigern,<br />

zusammenfassen lassen.<br />

1. Schnelligkeit<br />

Erfahrungsgemäß erwarten insbesondere Kunden, Zulieferer,<br />

Arbeitnehmer und andere wichtige Vertragsparteien<br />

sehr schnell nach <strong>Insolvenz</strong>antragstellung klare Signale,<br />

wie es aus Sicht des (vorläufi gen) <strong>Insolvenz</strong>verwalters<br />

mit dem Unternehmen weitergehen soll. Nur wenn dieser<br />

plausibel vermitteln kann, dass es eine ganz überwiegende<br />

Wahrscheinlichkeit gibt, dass ein Unternehmen weitergeführt<br />

wird, werden sie dem Unternehmen die Treue halten.<br />

Dabei ganz entscheidend ist der Zeitfaktor. Je länger ein<br />

<strong>Insolvenz</strong>verfahren läuft, ohne dass die Basis <strong>für</strong> einen stabilen<br />

Neuanfang aus der <strong>Insolvenz</strong> heraus gelegt wird, desto<br />

mehr Stakeholder werden sich anderweitig umsehen,<br />

Kunden werden alternative Bezugsquellen suchen, Arbeitnehmer<br />

nach attraktiven Jobalternativen, etc. In der Praxis<br />

wird dabei häufig der Zeitraum von 3 bis 6 Monaten nach<br />

<strong>Insolvenz</strong>antragstellung als kritisch angesehen.<br />

Die insolvenzrechtlichen Formalerfordernisse sind bei einer<br />

übertragenden Sanierung eher gering und lassen sich auf<br />

der Zeitschiene in aller Regel sehr gut steuern. Zu seiner<br />

eigenen Absicherung wird ein <strong>Insolvenz</strong>verwalter eine<br />

übertragende Sanierung grundsätzlich erst im eröffneten<br />

<strong>Insolvenz</strong>verfahren und nicht schon in der Phase der vorläufi<br />

gen <strong>Insolvenz</strong> vornehmen.<br />

Jedoch lässt sich in der Praxis, soweit der Gesamtprozess<br />

in enger Abstimmung mit dem <strong>Insolvenz</strong>gericht läuft, die eigentliche<br />

<strong>Insolvenz</strong>eröffnung durchaus steuern. Im Übrigen<br />

ist grundsätzlich nur die Zustimmung des Gläubigerausschusses<br />

erforderlich, die üblicherweise sehr kurzfristig<br />

eingeholt werden kann. Der Zeitplan der übertragenden<br />

Sanierung wird im Wesentlichen durch Käufersuche, Käufer-Due<br />

Diligence und Vertragsverhandlungen bestimmt.<br />

Wenn der ideale Käufer bei <strong>Insolvenz</strong>antragstellung nicht<br />

schon bereit steht, wird ein sorgfältiger <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

zunächst einmal einen geordneten M&A-Prozess aufsetzen,<br />

um Wettbewerb zu erzeugen und so zum einen<br />

die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss des Verkaufsprozesses<br />

zu erhöhen, zum anderen einen möglichst<br />

hohen Kaufpreis zu realisieren. Selbstverständlich spielen<br />

die übrigen Stakeholder, insbesondere Kunden, Zulieferer<br />

und Arbeitnehmer auch eine wichtige Rolle im Investorenprozess,<br />

da sie häufig ganz erhebliche Beiträge leisten<br />

müssen, um eine übertragende Sanierung wirtschaftlich<br />

darstellbar zu machen. Was die Arbeitnehmerseite anbetrifft,<br />

so sind dabei bei geplanten Betriebsänderungen die<br />

betriebsverfassungsrechtlichen Verfahrensvorgaben zu beachten.<br />

Doch auch hier gilt, dass die Prozesssteuerung auf<br />

den Investorenprozess ausgerichtet ist, und ein Investor zur<br />

Beschleunigung in vielen Fällen die Entscheidung treffen<br />

wird, zunächst auf Betriebsänderungen zu verzichten, um<br />

den Zeitaufwand <strong>für</strong> die da<strong>für</strong> erforderlichen Verfahrensabläufe<br />

zu sparen.<br />

Im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren hingegen, werden die Abläufe<br />

und Zeitpläne stark durch die formalen Anforderungen<br />

des Planverfahrens bestimmt. Zunächst einmal muss der<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter überhaupt einen <strong>Insolvenz</strong>plan ausarbeiten.<br />

Dies geht in der Regel nicht ohne eine häufi g langwierige<br />

Vorabstimmung mit den Gläubigern. Der erstellte<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan wird dann dem Gericht zur Vorprüfung vorgelegt.<br />

Wenn das Gericht den <strong>Insolvenz</strong>plan nicht schon<br />

nach der Vorprüfung zurückweist, wird der <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

Gläubigerausschuss, Betriebsrat und Sprecherausschuss,<br />

dem Schuldner bzw. <strong>Insolvenz</strong>verwalter, je nachdem wer<br />

den <strong>Insolvenz</strong>plan vorgelegt hat, und möglicherweise auch<br />

noch amtlichen Berufsvertretungen und anderen sachkundigen<br />

Stellen vorgelegt. Daran schließt sich ein Erörterungs-<br />

und Abstimmungstermin an. Erst dann kann der<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan überhaupt umgesetzt werden. Die zeitliche<br />

Problematik des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens liegt nicht nur<br />

in den zahlreichen Verfahrensschritten, sondern auch im<br />

materiellen Erfordernis, dass der Plan letztlich so gestaltet<br />

werden muss, dass er überhaupt die <strong>für</strong> eine Annahme erforderlichen<br />

Mehrheiten fi ndet, was häufi g umfangreiche<br />

Verhandlungsrunden voraussetzt. In Punkto Schnelligkeit<br />

liegt die übertragende Sanierung daher fast immer vorne.<br />

2. Glaubwürdigkeit<br />

Für ein Unternehmen stellt eine <strong>Insolvenz</strong> immer auch eine<br />

Glaubwürdigkeitskrise im Hinblick auf die verschiedenen<br />

Stakeholder dar. Dies betrifft die Glaubwürdigkeit des Ma-<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

25


Vorzüge der übertragenden Sanierung im Vergleich zum Planverfahren<br />

nagements, des Geschäftsmodells, der internen Unternehmensstrukturen<br />

sowie der Gesellschafter. Es stellt sich die<br />

Frage, ob das Geschäftsmodell grundsätzlich funktioniert,<br />

ob das Management in der Lage ist, das Geschäftsmodell<br />

umzusetzen und Controlling-Strukturen zu etablieren und<br />

einzuhalten, ob die Eigentümer noch wirklich hinter dem<br />

Unternehmen stehen, willens sind, die erforderlichen Entscheidungen<br />

zu treffen und auch bereit und in der Lage,<br />

gegebenenfalls neues Kapital zur Verfügung zu stellen.<br />

Die übertragende Sanierung ist schon strukturell auf die<br />

Schaffung von Glaubwürdigkeit ausgerichtet. Sie bedeutet<br />

immer einen klaren Schnitt mit der Vergangenheit und<br />

gleichzeitig einen Neuanfang. Der Geschäftsbetrieb wird<br />

aus seiner alten, problembeladenen gesellschaftsrechtlichen<br />

Hülle herausgelöst und auf eine neue gesellschaftsrechtliche<br />

Basis gestellt. Gleichzeitig tritt ein neuer Eigentümer<br />

an, mit einem adjustierten Geschäftsmodell, häufig<br />

neuem Management und neuen Strukturen. Die Frage der<br />

eigenen Glaubwürdigkeit eines potenziellen Investors als<br />

neuer Eigentümer ist dementsprechend neben der gebotenen<br />

Kaufpreishöhe und der objektiven Belastbarkeit des<br />

vorgelegten Zukunftskonzepts ein durchaus wesentliches<br />

Entscheidungskriterium bei der Auswahl eines geeigneten<br />

Investors.<br />

Dem gegenüber ist das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren von seiner<br />

Natur her auf Bewahrung angelegt. Der bisherige Rechtsträger<br />

soll von den <strong>Insolvenz</strong>gründen (Überschuldung und/<br />

oder Zahlungsunfähigkeit) befreit werden und als solcher<br />

weiterbestehen. Während es bei der übertragenden Sanierung<br />

eigentlich immer zu einem Eigentümerwechsel<br />

kommt, bleibt die Eigentümerstruktur des Unternehmens<br />

im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren zunächst einmal unberührt.<br />

Zwar wird auch hier die Zukunfts<strong>perspektiv</strong>e häufig nur<br />

mit frischem Eigenkapital und neuen Gesellschaftern<br />

entwickelt werden können. Doch jegliche Änderung der<br />

Gesellschafterstruktur erfordert die Zustimmung der bisherigen<br />

Gesellschafter. Mit der alten Gesellschaft bleiben<br />

zunächst einmal aber auch alle bisherigen Governance-,<br />

Controlling-, etc. Strukturen erhalten und müssen dann aktiv<br />

verändert und angepasst werden. Einen automatischen<br />

Schnitt, wie bei einer übertragenden Sanierung gibt es in<br />

einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht.<br />

3. Flexibilität<br />

Die übertragende Sanierung bietet <strong>für</strong> einen Investor darüber<br />

hinaus den großen Vorteil, dass er das Unternehmen,<br />

in das er letztlich investiert, maßgeschneidert aus dem<br />

Bestand des insolventen Unternehmens zusammenbauen<br />

kann. Da die übertragende Sanierung im Wege der Einzelrechtsnachfolge<br />

erfolgt, können <strong>Insolvenz</strong>verwalter und<br />

Investor genau definieren, welche Vermögensgegenstände<br />

der Investor übernimmt. Auch im Hinblick auf den häufig<br />

erforderlichen Mitarbeiterabbau im Zuge der Neuaufstellung<br />

schafft die Rechtsprechung über die Zulässigkeit der<br />

Einbindung von Transfergesellschaftsmodellen oder die<br />

Verwendung sogenannter Erwerberkonzepte ganz erhebliche<br />

Spielräume. Zwar bietet auch das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

durch die vereinfachten Kündigungsmöglichkeiten,<br />

die die <strong>Insolvenz</strong>ordnung ermöglicht, Vorteile hinsichtlich<br />

des möglicherweise erforderlichen Abbaus von Arbeitsplätzen.<br />

Allerdings ist ein Personalabbau in <strong>Insolvenz</strong>planverfahren,<br />

gerade wenn die Arbeitnehmer auch noch eine<br />

wesentliche Gläubigergruppe darstellen, personalpolitisch<br />

häufig schwerer durchzusetzen als ein Personalabbau im<br />

Zuge einer übertragenden Sanierung.<br />

4. Beschränkter Gläubigerschutz<br />

Ein weiterer praktischer Vorzug der übertragenden Sanierung<br />

liegt in der Einschränkung des Schutzes von Sicherheitengläubigern,<br />

die Sicherheiten an beweglichen Gegenständen<br />

besitzen. Dadurch, dass die <strong>Insolvenz</strong>ordnung dem<br />

<strong>Insolvenz</strong>verwalter das Recht zur freihändigen Verwertung<br />

beweglicher Sachen, an denen ein Absonderungsrecht<br />

besteht, einräumt, hat der <strong>Insolvenz</strong>verwalter zunächst<br />

überhaupt einmal die Möglichkeit, sicherzustellen, dass er<br />

auf die <strong>für</strong> eine Betriebsfortführung erforderlichen Gegenstände<br />

des Anlage- und Umlaufvermögens weiter zugreifen<br />

kann. Weitergehend wird ihm dadurch aber auch er-<br />

26 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

vor allem immer dann sinnvoll erscheint, wenn<br />

es gerade auf die Bewahrung der bisherigen gesellschaftsrechtlichen<br />

Basis und die Weiterführung des Unternehmens<br />

auf dieser Basis ankommt. Dies ist immer dann der<br />

Fall, wenn das Unternehmen <strong>für</strong> seine Geschäftstätigkeit<br />

auf bestimmte Lizenzen, öffentlich-rechtliche Erlaubnisse<br />

und Genehmigungen oder Ähnliches angewiesen ist, die<br />

nicht, oder nur schwer und unter hohen Kosten übertragen<br />

werden können bzw. deren Übertragung das Durchlaufen<br />

umfangreicherer Genehmigungs- bzw. sonstiger Prozesse<br />

erfordert. Aus praktischen Gründen kann eine Fortführung<br />

unter dem bisherigen gesellschaftsrechtlichen Mantel darüber<br />

hinaus auch dann Sinn machen, wenn im Zuge einer<br />

übertragenden Sanierung eine große Zahl von Verträgen<br />

zwingend zu übertragen ist, zu deren Übertragung die Zustimmung<br />

der anderen Vertragspartei erforderlich ist.<br />

Im Falle des schon erwähnten, gerade aktuell vorgelegten<br />

<strong>Insolvenz</strong>plans der Karstadt Warenhaus <strong>GmbH</strong> zeigt sich<br />

eine weitere Sonderkonstellation, in der ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

gewisse Vorteile bieten kann. Sofern nämlich die Sanierung<br />

und Restrukturierung, die erforderlich ist, um ein Unternehmen<br />

überhaupt verkaufbar zu machen, koordinierte<br />

Sanierungsbeiträge und Zugeständnisse einer Vielzahl von<br />

Stakeholdern verlangt, so bietet ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

einen koordinierten und rechtlich sanktionierten Rahmen,<br />

um sicherzustellen, dass auch sämtliche erforderlichen Sanierungsbeiträge<br />

gleichermaßen geleistet werden.<br />

IV. Ausblick<br />

möglicht, das wesentliche Betriebsvermögen, auch soweit<br />

es über Sicherungsabtretungen und ähnliche Sicherungskonstrukte<br />

als Kreditsicherheit eingesetzt ist, im Rahmen<br />

der übertragenden Sanierung, und ohne das Erfordernis<br />

eines besonderen Verkaufsprozesses, an einen Investor zu<br />

veräußern. Zwar hat ein Sicherheitengläubiger das Recht,<br />

innerhalb einer Woche nach Mitteilung der Veräußerungsabsicht<br />

durch den <strong>Insolvenz</strong>verwalter eine bessere Verwertungsmöglichkeit<br />

nachzuweisen oder selbst zu einem<br />

besseren Preis zu erwerben. In der Praxis ist dies jedoch <strong>für</strong><br />

einen Sicherheitengläubiger häufi g aufgrund der Gesamtsituation<br />

und der kurzen Frist nicht möglich und stellt daher<br />

eine eher theoretische Möglichkeit dar. Faktisch schränkt<br />

die <strong>Insolvenz</strong>ordnung damit die Obstruktionsmöglichkeiten<br />

von Sicherungsgläubigern im Verkaufsprozess stark ein.<br />

Im <strong>Insolvenz</strong>planverfahren hingegen ist ein <strong>Insolvenz</strong>plan<br />

ohne Zustimmung der wesentlichen Sicherheitengläubiger<br />

nicht denkbar.<br />

III. Wann macht ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

Sinn?<br />

Angesichts der in vielen Konstellationen doch klar erkennbaren<br />

Vorteile der übertragenden Sanierung, verwundert<br />

es wenig, dass im langfristigen Schnitt weniger als 1 %<br />

aller <strong>Insolvenz</strong>en in einem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren münden.<br />

Auch viel diskutierte gesetzliche Verbesserungen,<br />

wie etwa eine Beschränkung der Rechtsmittel gegen Zustimmungen<br />

zu <strong>Insolvenz</strong>plänen, eine Erweiterung des Obstruktionsverbotes,<br />

eine Entmachtung der Gesellschafter,<br />

etc. dürften dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren nicht zu einem<br />

entscheidenden Durchbruch verhelfen. Die Erfahrung in anderen<br />

Ländern zeigt viel mehr, dass ein vorinsolvenzliches<br />

Vergleichsverfahren, dass die Lösung einer Unternehmenskrise<br />

durch freiwillige Vereinbarungen der beteiligten<br />

Stakeholder <strong>–</strong> mit Mehrheitsentscheid, aber gleichzeitig<br />

hohen Zustimmungsquoten <strong>–</strong> vielleicht ein viel erfolgversprechenderer<br />

Ansatz ist, um einem Ausgleichs <strong>–</strong> und<br />

Vergleichsverfahren, wie es das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

darstellt, zu einem sinnvollen Einsatz zu verhelfen.<br />

Ein derartiges vorinsolvenzliches Vergleichsverfahren würde<br />

den großen Vorteil bieten, dass es sehr viel diskreter<br />

sein kann, das „Stigma“ der <strong>Insolvenz</strong> und die mit einer<br />

<strong>Insolvenz</strong> verbundene Glaubwürdigkeitskrise zu vermeiden<br />

hilft. Dadurch wird gleichzeitig ein starker Anreiz gesetzt,<br />

möglichst früh eine Lösung der Krise zu suchen, bevor zu<br />

viel Unternehmenswert verloren geht.<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

27


Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />

Studie: <strong>Insolvenz</strong>planverfahren vs.<br />

übertragende Sanierung<br />

von Dr. Andreas Fröhlich<br />

Dr. Andreas Fröhlich<br />

Geschäftsführender<br />

Gesellschafter<br />

<strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong>,<br />

München<br />

In der Öffentlichkeit ist die Unternehmenssanierung mittels <strong>Insolvenz</strong> „salonfähig“<br />

geworden. Insbesondere das Planverfahren wird plötzlich als Wunderwaffe der <strong>Insolvenz</strong>ordnung<br />

gefeiert, obwohl das Instrument bereits seit 1999 genutzt werden kann<br />

und faktisch noch immer ein Schattendasein fristet. Was ist nun dran am Planverfahren<br />

als „Retter in der Krise“? Ist das Instrument tatsächlich soviel leistungsfähiger als<br />

die heute noch überwiegend genutzte übertragende Sanierung? Die Ergebnisse einer<br />

entsprechenden Studie zum Thema mögen den ein oder anderen überraschen...<br />

I. Einführung und Zielsetzung der Studie<br />

Die <strong>Insolvenz</strong> als Sanierungsinstrument findet in der breiten<br />

Öffentlichkeit zunehmende Akzeptanz. In den Medien<br />

erfolgt eine intensive Diskussion am Beispiel der „öffentlichen<br />

Krisenfälle“ wie etwa Opel oder Arcandor. Dabei<br />

wird die Nutzung einer <strong>Insolvenz</strong> als Sanierungsinstrument<br />

zumeist unmittelbar mit dem <strong>Insolvenz</strong>planverfahren assoziiert.<br />

So verwundert es auch nicht, dass aktuell in jeder<br />

dritten großen Unternehmensinsolvenz 1 eine Sanierung<br />

mittels Planverfahren zu Beginn des Antragsverfahrens angestrebt<br />

wird. Tatsächlich wird aber nur eine sehr geringe<br />

Anzahl von Planverfahren zum Erfolg geführt - nur rund<br />

zwei Prozent der angeschlagenen Unternehmen werden<br />

mittels <strong>Insolvenz</strong>planverfahren saniert.<br />

Die wenigen öffentlichkeitswirksamen Erfolgsfälle, wie<br />

etwa SinnLeffers, Herlitz oder Ihr Platz, dominieren in der<br />

Presse. Demgegenüber finden die Negativ-Beispiele meist<br />

kaum Beachtung: Die „Dunkelziffer“ an Planverfahren mit<br />

minimalen Quoten <strong>für</strong> die Gläubiger und schlimmer noch<br />

an <strong>Insolvenz</strong>verfahren, bei denen ein angestrebtes Planverfahren<br />

zur Liquidationsursache wurde, ist als verhältnismäßig<br />

hoch einzuschätzen.<br />

Vor dem Hintergrund dieser undifferenzierten Betrachtung<br />

der Sanierungsformen „<strong>Insolvenz</strong>plan“ sowie „übertragende<br />

Sanierung“ verwundert es, dass es bislang keine<br />

valide empirische Basis zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit<br />

des einen oder des anderen Instrumentes gibt. So<br />

basieren die bisher vorliegenden empirischen Studien ausschließlich<br />

auf dem Vergleich des Planverfahrens mit der<br />

Regelinsolvenz bzw. Liquidation 2 .<br />

Im „Wettstreit der Fortführungsinstrumente“ ist dieser<br />

Vergleich jedoch nicht ausreichend. Denn nach der Vorstellung<br />

des Gesetzgebers sollen die Gläubiger aufgrund<br />

der Gläubigerautonomie im Wettbewerb um die beste Verfahrensart<br />

die optimale Masseverwertung entdecken und<br />

durchsetzen 3 .<br />

Genau hier setzt die vorliegende Studie an. Ziel der Untersuchung<br />

ist eine differenziertere Betrachtungsweise der<br />

Chancen und Risiken der existenten Fortführungsinstrumente.<br />

Mit Blick auf die Wahl des geeigneten Sanierungsinstrumentes<br />

sollen konkrete Handlungsempfehlungen <strong>für</strong><br />

die Restrukturierungspraxis aufgezeigt werden:<br />

n Welche Rahmenbedingungen begünstigen welches Sanierungsinstrument?<br />

n Was sind jeweils die Erfolgsfaktoren und wie gestalten<br />

sich die jeweiligen Chancen-/ Risikoprofile?<br />

n Was sind die Gründe <strong>für</strong> die geringe Verbreitung und<br />

das häufige Scheitern von Planverfahren?<br />

n Welche Konsequenzen ergeben sich daraus <strong>für</strong> die Gestaltung<br />

der <strong>Insolvenz</strong>verfahren?<br />

Auf diese und weitere Fragestellungen wird der folgende<br />

Artikel Antworten auf Basis der umfangreichen Befragung<br />

von <strong>Insolvenz</strong>experten geben 4 .<br />

II. Methodik<br />

Die vorliegende Studie beruht auf einer schriftlichen Be-<br />

1 Im Rahmen der Studie werden nur „größere“ Unternehmensinsolvenzen betrachtet. Diese sind definiert mit mind. e 10 Mio. Jahresumsatz sowie mind.<br />

100 Arbeitnehmern.<br />

2 Vgl. hierzu etwa Paffenholz/ Kranzusch, <strong>Insolvenz</strong>planverfahren, Deutscher Universitäts-Verlag, Sächsische Aufbaubank, Bereich<br />

Wirtschaftsförderung, Expertenbefragung <strong>Insolvenz</strong>planverfahren 2001, durchgeführt von der TU Dresden, Lehrstuhl <strong>für</strong> Marketing, Creditreform, a.a.O., S.<br />

29.<br />

3 Vgl. Uhlenbruck in Uhlenbruck <strong>Insolvenz</strong>ordnung, § 1 Rn. 1.<br />

4 Die folgenden Ausführungen geben nicht unbedingt die Meinung des Autors wieder, sondern beruhen auf den Aussagen der Befragungsteilnehmer.<br />

28 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Abb. 1<br />

fragung anhand standardisierter Fragebögen aus dem<br />

April 2009. Insgesamt wurden knapp 1.500 Fragebögen<br />

an qualifizierte Kontakte aus dem insolvenznahen Umfeld<br />

versandt. Die Rücklaufquote betrug 9,7% bzw. 144 ausgefüllte<br />

Fragebögen. Zur Bereinigung der Ergebnisse um<br />

„Kleinverfahren“ erfolgte bei der Auswertung eine Konzentration<br />

auf Befragte mit einer Erfahrung von mindestens<br />

vier Verfahren mit mehr als 10 Mio. EUR Umsatz bzw. 100<br />

Arbeitnehmern seit 2004. Dies führte zu einer Reduktion<br />

der berücksichtigten Fragebögen von 144 auf 96, die sich<br />

auf folgende Gruppen aufteilen 5 :<br />

Einflussfaktoren<br />

Tiefgreifende strategische Krise, nur durch radikale<br />

Restrukturierung zu beheben<br />

Unterschiedliche Interessenslagen der Gesellschafter<br />

Stark divergierende Interessen der Gläubiger<br />

Hohe Unsicherheit im Hinblick auf die Fortführbarkeit im<br />

eröffneten Verfahren<br />

Gestörtes Vertrauensverhältnis zu maßgeblichen<br />

„Stakeholdern“, so Kunden, Lieferanten, Banken<br />

Vorteile<br />

übertragende Sanierung<br />

hoch<br />

neutral<br />

Vorteile<br />

Planverfahren<br />

hoch<br />

n <strong>Insolvenz</strong>verwalterkanzleien: 53%<br />

n Institutionelle Gläubiger: 24%<br />

Abb. Abb. 1: 2Optimale Rahmenbedingungen mit Vorteilen <strong>für</strong><br />

eine übertragende Sanierung<br />

n Sonstige <strong>Insolvenz</strong>experten: 23%<br />

III. Rahmenbedingungen einer erfolgreichen<br />

Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong><br />

Juni 09<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Einflussfaktoren<br />

Rein durch Liquiditätsengpass getriebene Krise, zumeist<br />

durch Sanierung der Passiv-Seite der Bilanz zu beseitigen<br />

Vorteile<br />

übertragende Sanierung<br />

hoch<br />

neutral<br />

Vorteile<br />

Planverfahren<br />

hoch<br />

In einem ersten Teil der Studie sollte die Frage geklärt werden,<br />

ob es Rahmenbedingungen gibt, welche die jeweiligen<br />

Sanierungsinstrumente <strong>–</strong> übertragende Sanierung<br />

oder Planverfahren <strong>–</strong> begünstigen.<br />

Als wesentliche Erkenntnis hat die Studie ergeben, dass<br />

es tatsächlich heterogene Rahmenbedingungen gibt, die<br />

eindeutig <strong>für</strong> die Wahl des einen oder anderen Sanierungsinstrumentes<br />

sprechen.<br />

1. Indikatoren <strong>für</strong> eine übertragende Sanierung<br />

Die wesentlichen Rahmenbedingungen, die eine erfolgreiche<br />

Umsetzung einer übertragenden Sanierung begünstigen,<br />

stellt Abb. 1<br />

Juni 09<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

dar.<br />

Die übertragende Sanierung ist nach Ansicht der Befragungsteilnehmer<br />

insbesondere dann sinnvoll, wenn<br />

aufgrund der Interessenlagen der einzelnen Verfahrensbeteiligten<br />

ein kompletter „Neuanfang“ mit anderen Mitwirkenden<br />

notwendig ist. Zudem ist die übertragende Sanierung<br />

dann vorzuziehen, wenn erhebliche Zweifel an der<br />

Fortführbarkeit im eröffneten Verfahren vorliegen. Dies ist<br />

damit zu begründen, dass in solchen kritischen Verfahren<br />

die erfolgreiche Umsetzung einer übertragenden Sanierung<br />

immer noch deutlich wahrscheinlicher ist als die Durchführung<br />

eines Planverfahrens.<br />

2. Indikatoren <strong>für</strong> ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

Demgegenüber stellt Abb. 2 Rahmenbedingungen dar, die<br />

eindeutig <strong>für</strong> die Wahl des <strong>Insolvenz</strong>planverfahrens als Sanierungsinstrument<br />

sprechen.<br />

Existenz betriebsnotwendiger Lizenzen / Zulassungen<br />

Existenz vorteilhafter Dauerschuldverhältnisse<br />

Starke Bindung der Geschäftstätigkeit an<br />

„Geschäftsführenden Gesellschafter“<br />

Geringe Chancen auf Veräußerung des Geschäftsbetriebes<br />

an externe Investoren<br />

Aktuelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen, insbesondere<br />

Finanzmarktkrise<br />

Abb. 2: Optimale Rahmenbedingungen mit Vorteilen <strong>für</strong><br />

ein <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

Für das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren sprechen zunächst vor<br />

allem solche Aspekte, die mit der Strukturierung als<br />

„Share Deal“ und dem damit einhergehenden Erhalt des<br />

Unternehmensträgers zusammenhängen. Denn etwa die<br />

Übertragbarkeit vorhandener Lizenzen stellt in der Praxis<br />

bei übertragenden Sanierungen ein Problem dar.<br />

Ein elementarer Unterschied im Hinblick auf die Eignung<br />

beider Sanierungsinstrumente besteht in den Krisenursachen<br />

beim Schuldnerunternehmen: Die übertragende<br />

Sanierung wird vor allem dann bevorzugt, wenn eine tief<br />

greifende strategische Krise beim Schuldnerunternehmen<br />

vorliegt. Demgegenüber wird das Planverfahren präferiert,<br />

wenn eine reine Liquiditätskrise vorliegt, die durch Sanierung<br />

der Passivseite der Bilanz beseitigt werden kann 6 .<br />

3. Externe Investoren mit Präferenz <strong>für</strong> übertragende<br />

Sanierung<br />

Wie werden die Sanierungsinstrumente aus Sicht der Erwerber<br />

beurteilt? Nach Ansicht der Teilnehmer, hat der<br />

externe Investor eine klare Präferenz <strong>für</strong> die Nutzung der<br />

übertragenden Sanierung:<br />

S<br />

5 Da die Antworten der Befragten keine signifikanten statistischen Abweichungen zwischen den genannten Gruppen sowie zwischen Planerfahrenen und<br />

Planunerfahrenen Befragten ergaben, konnte eine „Mittelwertbetrachtung“ durchgeführt werden.<br />

6 Ebenso Creditreform, a.a.O., S.31.<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

29


Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />

Abb. 3<br />

Sichtweise externer Investoren auf Basis des<br />

Erfahrungshintergrundes der Befragten<br />

Umsetzung einer radikalen Restrukturierung<br />

Vorteile<br />

übertragende Sanierung<br />

hoch<br />

neutral<br />

Vorteile<br />

Planverfahren<br />

hoch<br />

Nutzung des einen oder anderen Sanierungsinstrumentes<br />

zu analysieren. Ist eine Vertrauensbasis zu all diesen Stakeholdern<br />

noch vorhanden, kann das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

grundsätzlich zum Einsatz kommen.<br />

Aufwand zur Prüfung der Investitionsoption<br />

Haftungsrechtliche Implikationen<br />

IV. Erfolgsfaktoren der Fortführungslösungen<br />

09<br />

rspektiv <strong>GmbH</strong><br />

Finanzierbarkeit der Fortführungslösung<br />

Planbarkeit des Geschäftsverlaufs nach Erwerb /<br />

Übertragung<br />

Abb. 4<br />

Gestaltung des Investorenprozesses<br />

Die oftmals notwendige radikale Restrukturierung eines<br />

insolventen Unternehmens glaubt der externe Investor<br />

vor allem durch eine übertragende Sanierung umsetzen zu<br />

können. Aber auch die haftungsrechtlichen Implikationen<br />

aufgrund der Strukturierung als Asset-Deal sprechen aus<br />

seiner Sicht stark <strong>für</strong> dieses Instrument. (Vgl. Abb. 3)<br />

4. Zwischenfazit<br />

• Frühzeitige Einleitung eines Investorenprozesses mit<br />

Beginn des Antragsverfahrens<br />

• Umfassende Identifikation und direkte persönliche<br />

Ansprache einer Vielzahl von Interessenten mit einem<br />

hohen „strategischen Fit“<br />

• Aktive Vermarktung der „gehübschten Braut“<br />

• Frühzeitige Einbindung der Kunden / Lieferanten in den<br />

Investorenprozess<br />

Abb. 3: Sichtweise externer Investoren<br />

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass beide Fortführungsinstrumente<br />

auf spezifische Rahmenbedingungen zugeschnitten<br />

sind. Liegt beispielsweise eine tief greifende<br />

strategische Krise vor, die nur durch eine harte leistungswirtschaftliche<br />

Restrukturierung und Neuausrichtung zu<br />

beseitigen ist, so ist die Nutzung einer übertragenden Sanierung<br />

zu bevorzugen.<br />

Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist demgegenüber vor allem<br />

<strong>für</strong> Krisensituationen geeignet, die durch eine Sanierung<br />

der Passivseite der Bilanz zu beseitigen sind. Das Geschäftsmodell<br />

dieses Unternehmens sollte grundlegend<br />

wettbewerbsfähig sein und keiner grundlegenden Neuausrichtung<br />

bedürfen 7 .<br />

Darüber hinaus sind die Interessenslagen aller Stakeholder<br />

zu eruieren und im Hinblick auf mögliche Auswirkungen der<br />

sehr stark<br />

Verbesserung der Lösungsqualität *<br />

übertragende<br />

Sanierung<br />

stark<br />

Planverfahren<br />

gering<br />

eher nicht<br />

* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />

Abb. 4: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />

Investorenprozess<br />

In einem weiteren Teil der Studie wurden die Erfolgsfaktoren<br />

der Fortführungsinstrumente „übertragende Sanierung“<br />

sowie „<strong>Insolvenz</strong>planverfahren“ getrennt voneinander<br />

abgefragt. Die Qualität einer Fortführungslösung wurde<br />

dabei an den Attributen Befriedigungsquote der Gläubiger,<br />

Anzahl der geretteten Arbeitsplätze sowie Nachhaltigkeit<br />

festgemacht.<br />

Die generelle Erkenntnis: Die entscheidenden Kriterien<br />

sind <strong>für</strong> beide Instrumente identisch, so dass die folgende<br />

Beurteilung <strong>für</strong> beide Verfahrensarten gilt und man von<br />

„übergreifenden Seite 1 Erfolgsfaktoren“ sprechen kann:<br />

1. Aktive Gestaltung des Investorenprozesses<br />

Eine überragende Bedeutung <strong>für</strong> die Verbesserung der Lösungsqualität<br />

einer Fortführungslösung wurde der aktiven<br />

Gestaltung des Investorenprozesses beigemessen. Abb.<br />

4 zeigt die Faktoren, die sowohl <strong>für</strong> die Umsetzung eines<br />

erfolgreichen Planverfahrens als auch einer übertragenden<br />

Sanierung entscheidend sind.<br />

2. Übertragungslösungen unter Einbezug<br />

externer Investoren<br />

Ein wenig überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass<br />

bei Sanierungen mittels <strong>Insolvenz</strong> sehr häufig „interne“<br />

Lösungen, d.h. mit einer überwiegenden Beteiligung des<br />

Managements/ der Alt-Gesellschafter, umgesetzt werden.<br />

Wenn es allerdings um die Beurteilung der Lösungsqualität<br />

geht, kommen die Befragungsteilnehmer zu einer fast<br />

schon widersprüchlichen Erkenntnis: Sie sind nämlich<br />

gleichzeitig davon überzeugt, dass nur der Einbezug externer<br />

Investoren zu einer signifikant höheren Lösungsqualität<br />

führt. Fortführungslösungen unter maßgeblicher Führung<br />

von Insidern sprechen demgegenüber eher <strong>für</strong> eine unzureichende<br />

Lösungsqualität. (Vgl. Abb. 5)<br />

3. Umfassendes und erprobtes Restrukturierungs-<br />

Know-how<br />

Ein weiterer übergreifender Erfolgsfaktor ist die Existenz<br />

eines umfassenden und erprobten Restrukturierungs-<br />

Know-hows. So wird insbesondere dem Vorliegen eines<br />

leistungswirtschaftlichen Restrukturierungskonzeptes mit<br />

detaillierter Umsetzungsplanung sowohl <strong>für</strong> den Fall der<br />

7 Ähnlich Creditreform, a.a.O., S.31.<br />

9<br />

spektiv <strong>GmbH</strong><br />

30 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

Seite 1


Abb. 5<br />

übertragenden Sanierung als auch des Planverfahrens eine<br />

überragende Bedeutung zuerkannt. (Vgl. Abb. 6)<br />

Des Weiteren wird die Lösungsqualität dadurch stark<br />

verbessert, dass krisenerprobtes Restrukturierungs-Knowhow<br />

im Schuldnerunternehmen vorhanden ist und gleichzeitig<br />

ein leistungsfähiges und aussagestarkes Controlling<br />

implementiert ist. Schließlich stellt eine frühzeitige<br />

Antragstellung, d.h. bereits zum Zeitpunkt der drohenden<br />

Zahlungsunfähigkeit, einen wesentlichen Erfolgsfaktor dar.<br />

Bei Nutzung des Planverfahrens als Sanierungsinstrument<br />

sind diese „klassischen“ leistungswirtschaftlichen Restrukturierungsthemen<br />

noch bedeutender als bei Umsetzung<br />

einer übertragenden Sanierung.<br />

4. Zwischenfazit<br />

Juni 09<br />

Die Ergebnisse der Studie belegen das, was in der Literatur<br />

vielfach gefordert wird: Essentielle Erfolgsfaktoren <strong>für</strong><br />

Fortführungslösungen sind ein frühzeitig eingeleiteter und<br />

proaktiver Investorenprozess, der Einbezug externer Investoren<br />

sowie das Vorhandensein substantiierten Restrukturierungs-Know-hows,<br />

welches sich in einem operativen<br />

Restrukturierungskonzept manifestiert hat.<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Die zentralen Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> die Umsetzung einer<br />

nachhaltigen Restrukturierung mittels Planverfahren oder<br />

mittels übertragender Sanierung sind weitestgehend identisch.<br />

Daher ist <strong>für</strong> rund 70 % der befragten Experten die<br />

Wahl des Instrumentes, so übertragende Sanierung oder<br />

Plan, meist von geringer Bedeutung <strong>für</strong> den Erfolg einer<br />

nachhaltigen Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong>. (Vgl. Abb. 7)<br />

Struktur der Investorenlösung Verbesserung der Lösungsqualität *<br />

Interne Lösungen, d.h. Management / Alt-Gesellschafter sind<br />

mit mind. 75 % an der fortführenden Gesellschaft beteiligt<br />

Misch-Lösungen, d.h. externe Investoren sowie Management /<br />

Alt-Gesellschafter sind mit jeweils mind. 25 % bis max. 75 %<br />

beteiligt<br />

Externe Lösungen, d.h. externe Investoren sind mit mind. 75 %<br />

an der fortführenden Gesellschaft beteiligt<br />

Abb. 6<br />

Abb. 5: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />

Struktur der Investorenlösung<br />

Restrukturierungs-Know-how / Instrumente<br />

(zum Zeitpunkt der Antragstellung)<br />

• Belastbares leistungswirtschaftliches Restrukturierungskonzept<br />

mit detaillierter Umsetzungsplanung<br />

• Krisenerprobtes Restrukturierungs-Know-how im Schuldnerunternehmen<br />

• Leistungsfähiges und aussagestarkes Controlling<br />

• Antragstellung zum Zeitpunkt.drohender<br />

Zahlungsunfähigkeit<br />

Abb. 7<br />

Abb. 6: Erfolgsfaktoren von Fortführungslösungen -<br />

Restrukturierungs-Instrumente<br />

sehr stark<br />

übertragende<br />

Sanierung<br />

stark<br />

Planverfahren<br />

gering<br />

eher nicht<br />

* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />

Verbesserung der Lösungsqualität *<br />

sehr stark stark<br />

übertragende<br />

Sanierung<br />

Planverfahren<br />

- Übertragende Sanierung / Planverfahren: Spielt das überhaupt eine Rolle? -<br />

55%<br />

gering<br />

eher nicht<br />

* „Quote, Anzahl Arbeitsplätze, Nachhaltigkeit“<br />

V. Typen von Fortführungslösungen<br />

Juni 09<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Um „Erfolgstypen“ <strong>für</strong> Fortführungslösungen zu identifi<br />

zieren, wurden die Befragungsteilnehmer nach einer<br />

Beurteilung der Erfolgschancen mit Blick auf den Vorbereitungsgrad<br />

der jeweiligen Lösung zum Zeitpunkt der Antragstellung<br />

sowie die Art des Investors befragt.<br />

Dabei wurde sowohl <strong>für</strong> die übertragende Sanierung als<br />

auch <strong>für</strong> das Planverfahren unterschieden nach<br />

n vorbereitet/ „pre-packaged“ 8 versus unvorbereitet/<br />

klassisch 9 sowie<br />

n externer Lösung 10 versus interner Lösung 11 .<br />

Juni 09<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Basierend auf diesen Kriterien kristallisiert sich in Abb. 8<br />

ein klares Profil von „Erfolgstypen“ heraus.<br />

11%<br />

19%<br />

sehr stark stark gering eher nicht<br />

Abb. 7: Auswirkungen der Wahl des Sanierungsinstrumentes<br />

auf die Lösungsqualität<br />

Generell scheinen sich die Erfolgschancen signifi kant zu erhöhen,<br />

wenn die Sanierung mittels <strong>Insolvenz</strong> frühzeitig und<br />

intensiv vorbereitet wird. Gerade beim Planverfahren erweist<br />

sich der sog. „pre-packaged plan“ als Erfolgsmodell.<br />

Unabhängig vom Fortführungsinstrument ist aus der Sicht<br />

der Befragten weiter die Einbindung externer Investoren<br />

15%<br />

8 Intensive Vorbereitung mindestens 3 Monate vor Eintritt der Antragstellungspflicht durch Schuldnerunternehmen, Existenz eines umfassenden leistungswirtschaftlichen<br />

Restrukturierungskonzeptes bei Antragstellung, Vor-Abstimmung mit maßgeblichen Stakeholdern.<br />

9 Ohne vorbereitende Aktivitäten im Vorfeld der Antragstellung bzw. Einleitung Planerstellung/ Sanierungskonzept erst im Antrags- oder eröffneten Verfahren.<br />

10 Einbindung eines externen Investors mit mind. 75 % Anteilen an der fortführenden Gesellschaft.<br />

11 Ohne Einbindung eines externen Investors.<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

31


Welches ist die bessere Sanierungsform?<br />

Abb. 8<br />

9<br />

pektiv <strong>GmbH</strong><br />

09<br />

rspektiv <strong>GmbH</strong><br />

i 09<br />

rspektiv <strong>GmbH</strong><br />

Typen der Sanierungsformen<br />

Externe Lösung<br />

Interne Lösung<br />

Übertragende Sanierung<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />

Übertragende Sanierung<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Verwalter)<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />

Übertragende Sanierung<br />

Übertragende Sanierung<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Schuldner)<br />

<strong>Insolvenz</strong>plan (Verwalter)<br />

Abb. 9<br />

Planverfahren - Strukturelle Probleme des<br />

Sanierungsinstrumentes<br />

„vorbereitet“<br />

„prepackaged“<br />

„prepackaged“<br />

„vorbereitet“<br />

Der verfügbare Zeitrahmen zur Plan-Konzeptionierung<br />

ist zu kurz.<br />

Mit den Gläubigern kann keine Einigung erzielt<br />

werden.<br />

Die geplante Eigenverwaltung wurde nicht angeordnet.<br />

Die notwendige enge Abstimmung zwischen<br />

Sachwalter und Eigenverwaltung war problematisch.<br />

Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen<br />

Schuldner und Verwaltung war nicht möglich.<br />

Das <strong>Insolvenz</strong>gericht zeigte sich gegenüber dem<br />

Planvorhaben eher zurückhaltend.<br />

Abb. 10<br />

Planverfahren <strong>–</strong> Unternehmensinterne Probleme<br />

• Die Entwicklung des Plans durch den Schuldner (oder<br />

seiner Berater) ist unprofessionell.<br />

• Die Qualifikation des Managements zur Planumsetzung<br />

wird angezweifelt.<br />

• Zwischenzeitlich negative Geschäftsentwicklung führt zum<br />

Wegfall der Grundlage <strong>für</strong> eine Planumsetzung.<br />

• Leistungswirtschaftliches Sanierungskonzept erweist sich<br />

als nicht tragfähig.<br />

• Zerrüttetes Vertrauensverhältnis zu maßgeblichen<br />

Stakeholdern (Kunden,…) entzieht dem Plan die Basis.<br />

• Der Kapitalbedarf kann nicht gedeckt werden.<br />

• Ein potenzieller Investor präferierte eine Übertragende<br />

Sanierung.<br />

sehr hoch<br />

Erfolgschancen<br />

schlecht<br />

Abb. 8: Erfolgsträchtigkeit unterschiedlicher Typen von<br />

<strong>Insolvenz</strong>-Fortführungslösungen<br />

immer<br />

Abb. 9: Gründe <strong>für</strong> die Nicht-Realisierung zunächst angestrebter<br />

Schuldnerpläne - Strukturelle Probleme<br />

immer<br />

häufig<br />

häufig<br />

Häufigkeit<br />

Häufigkeit<br />

selten<br />

selten<br />

Abb. 10: Gründe <strong>für</strong> die Nicht-Realisierung zunächst angestrebter<br />

Schuldnerpläne - Unternehmensinterne Probleme<br />

nie<br />

nie<br />

essentiell. Insider-Lösungen stehen regelmäßig auf recht<br />

„wackligen Füßen“.<br />

Ob der Schuldner oder der Verwalter die Planerstellung<br />

anstößt, scheint aus Sicht der Befragten <strong>für</strong> den Erfolg unerheblich<br />

zu sein. Da die <strong>Insolvenz</strong>verwaltung aber keinen<br />

„pre-packaged plan“ erstellen kann, werden die Erfolgschancen<br />

<strong>für</strong> den Verwalterplan grundsätzlich eher gering<br />

eingeschätzt.<br />

VI. Misserfolgsfaktoren <strong>Insolvenz</strong>planverfahren<br />

Die Praxis hat gezeigt, dass in einer Vielzahl von Verfahren<br />

zunächst angedachte <strong>Insolvenz</strong>pläne nicht umgesetzt werden<br />

konnten. Vor diesem Hintergrund wurde in einem weiteren<br />

Teil der Studie das Scheitern zunächst angestrebter<br />

<strong>Insolvenz</strong>pläne näher beleuchtet. Es ging darum herauszufinden,<br />

welche Ursachen das Scheitern hat, zu welchem<br />

Seite 1<br />

Zeitpunkt sich das Scheitern zeigt und was die typischen<br />

Konsequenzen aus dem gescheiterten <strong>Insolvenz</strong>plan sind.<br />

1. Nicht realisierte Schuldnerpläne<br />

Zunächst ging es um die häufigsten Ursachen <strong>für</strong> das Scheitern<br />

von <strong>Insolvenz</strong>plänen. Anders als das die intensiven<br />

Diskussionen in der Literatur möglicherweise erwarten lassen,<br />

hat die Studie klar gezeigt, dass die vom Gesetzgeber<br />

geschaffenen Strukturen sowie der gesetzliche Rahmen bei<br />

den in dieser Studie betrachteten „größeren“ Unternehmensinsolvenzen<br />

kaum ursächlich sind. (Vgl. Abb. 9)<br />

Das Scheitern von <strong>Insolvenz</strong>plänen rührt dagegen vor allem<br />

aus unternehmensinternen Problemen wie mangelnde<br />

Professionalität des Managements, fehlende Sanierungskompetenz,<br />

nicht belastbares leistungswirtschaftliches<br />

Seite 1<br />

Sanierungskonzept oder fehlender Finanzierbarkeit des<br />

Konzeptes. (Vgl. Abb. 10)<br />

2. Zeitpunkt und Konsequenzen des Scheiterns<br />

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Wahrscheinlichkeit<br />

eines Scheiterns des <strong>Insolvenz</strong>plans abnimmt, je<br />

fortgeschrittener der Prozess- bzw. der Detaillierungsgrad<br />

ist. Denn die meisten <strong>Insolvenz</strong>pläne scheitern bereits in<br />

der Anbahnung, d.h. in der Konzeptions- oder der Detaillierungsphase.<br />

(Vgl. Abb. 11)<br />

Eine Vielzahl angedachter <strong>Insolvenz</strong>pläne wird den Gläubigern<br />

bzw. dem <strong>Insolvenz</strong>verwalter erst gar nicht vorgelegt.<br />

Ist die Detaillierungsphase erst einmal durchschritten,<br />

so sind die Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung<br />

des Plans sehr hoch.<br />

Auch wenn die meisten <strong>Insolvenz</strong>pläne bereits relativ<br />

frühzeitig<br />

Seite<br />

im<br />

1<br />

„Erstellungsprozess“ scheitern, so sind die<br />

32 <strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong>


Abb. 11<br />

Konsequenzen häufig dramatisch. Denn häufi g mündet der<br />

gescheiterte Plan in einer Liquidation des Schuldnerunternehmens.<br />

(Vgl. Abb. 12)<br />

Nur selten gelingt es, nach Scheitern eines angestrebten<br />

Planverfahrens eine übertragende Sanierung umzusetzen.<br />

Dies liegt offenbar im Wesentlichen daran, dass man zu<br />

lange zu viel Vertrauen auf den <strong>Insolvenz</strong>plan legt, ohne<br />

alternative „Back-up“-Lösungen voranzutreiben. Scheitert<br />

der <strong>Insolvenz</strong>plan bleibt dann regelmäßig nur noch die Liquidation.<br />

Für eine übertragende Sanierung ist keine ausreichende<br />

Zeit mehr.<br />

Zeitpunkt<br />

Konzeptionsphase, d.h. es wird erst gar nicht mit einer<br />

Konkretisierung des Plans begonnen<br />

Detaillierungsphase, d.h. der Plan wird zwar vorangetrieben,<br />

eine diskussionsfähige Version wird allerdings nie erstellt<br />

Vor-Abstimmung mit dem Verwalter / Gläubigern<br />

Erörterungs- / Abstimmungstermin<br />

Abb. 12<br />

Abb. 11: Zeitpunkt des Scheiterns des Plans<br />

immer<br />

häufig<br />

Häufigkeit<br />

selten<br />

nie<br />

VII. Resümee<br />

Konsequenz<br />

Häufigkeit<br />

Das <strong>Insolvenz</strong>planverfahren ist zwar kein Allheilmittel,<br />

jedoch unter ganz spezifischen Voraussetzungen das sinnvollste<br />

Instrument zur Sanierung insolventer Unternehmen.<br />

Juni 09<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Es gibt Rahmenbedingungen, die <strong>für</strong> die Wahl des Planverfahrens<br />

als Sanierungsinstrument sprechen und es gibt<br />

Rahmenbedingungen, die <strong>für</strong> die Wahl der übertragenden<br />

Sanierung als Sanierungsinstrument sprechen. Diese Ergebnisse<br />

erteilen der oftmals undifferenzierten Aussage<br />

über die vermeintlich generelle Vor- bzw. Nachteilhaftigkeit<br />

des einen oder anderen Instrumentes eine klare Absage.<br />

Es ist im jeweiligen Einzelfall genau zu prüfen, welches<br />

Instrument die besseren Sanierungschancen verspricht.<br />

Dieses Ergebnis sollte <strong>für</strong> die Praxis von hoher Relevanz<br />

sein, erfordert es doch sowohl von dem Antragsteller,<br />

insbesondere aber von der Verwaltung, eine sehr differenzierte<br />

Analyse der Ausgangssituation in dem Juni spezifi 09 schen<br />

© <strong>perspektiv</strong> <strong>GmbH</strong><br />

Verfahren.<br />

Grundsätzlich entscheidend <strong>für</strong> den Erfolg von Sanierungen<br />

mittels <strong>Insolvenz</strong> sind folgende Faktoren:<br />

n die aktive Gestaltung des Investorenprozesses,<br />

n der Einbezug externer Investoren zur Zuführung von „frischem<br />

Geld“ sowie<br />

n die Existenz von Sanierungskompetenz.<br />

Diese Erfolgsfaktoren unterliegen einer generellen Gültigkeit<br />

sowohl <strong>für</strong> Restrukturierungen mittels Planverfahren<br />

als auch mittels übertragender Sanierungen.<br />

Die Ergebnisse der Studie legen zudem die These nahe,<br />

dass <strong>Insolvenz</strong>planverfahren in den hier betrachteten „größeren“<br />

Verfahren durchaus oft initiiert werden. D.h. die Bekanntheit<br />

dieses Sanierungsinstrumentes scheint bei den<br />

Schuldnerunternehmen höher zu sein, als allgemein angenommen<br />

und als es die offiziellen Statistiken suggerieren.<br />

Liquidation<br />

Übertragende Sanierung<br />

Abb. 12: Konsequenzen des Scheiterns<br />

der Konzeptions- und Detaillierungsphase; zu einer Vor-<br />

Abstimmung mit den Gläubigern oder gar einer Vorlage des<br />

Plans kommt es in den seltensten Fällen. Aussagen zu der<br />

mangelnden Verbreitung von Planverfahren sind daher zu<br />

relativieren, d.h. die Anzahl der Pläne, die zwar angedacht,<br />

dann aber nicht zur Vorlage kommen, dürfte durchaus hoch<br />

sein.<br />

Die Gründe <strong>für</strong> das Scheitern dieser Planansätze liegen<br />

dann vor allem in der ungenügenden Vorbereitung. Mangelnde<br />

Sanierungskompetenz sowie das Fehlen eines<br />

überzeugenden leistungswirtschaftlichen Sanierungskonzeptes<br />

und entsprechender fi nanzieller Mittel zur Finanzierung<br />

des Plankonzeptes sind die Kern-Misserfolgsfaktoren.<br />

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Auswahl<br />

des geeigneten Sanierungsinstruments einer intensiven<br />

Analyse des Unternehmens sowie des Umfelds bedarf.<br />

Wird der falsche Weg eingeschlagen, so vergeht insbesondere<br />

beim <strong>Insolvenz</strong>planverfahren meist zuviel Zeit,<br />

eine Alternativlösung umzusetzen. Vor diesem Hintergrund<br />

sollten „Back-up“-Lösungen stets parallel und nicht<br />

sequentiell verfolgt werden. Hier sind die Gläubiger aber<br />

auch die <strong>Insolvenz</strong>verwalter gefordert, im „Wettstreit der<br />

Fortführungsinstrumente“ die beste Verfahrensart <strong>für</strong> eine<br />

optimale Masseverwertung zu entdecken und durchzusetzen.<br />

immer<br />

häufig<br />

selten<br />

nie<br />

Seite 1<br />

Seite 1<br />

Allerdings scheitern die Bestrebungen zumeist bereits in<br />

<strong>perspektiv</strong>-<strong>wissen</strong><br />

33


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