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Rede PRof. dR. hc Roland BeRgeR - Roland Berger Stiftung

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<strong>Rede</strong> Prof. Dr. h.c. <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong><br />

"<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Preis für Menschenwürde 2010"<br />

Montag, 26. April 2010<br />

Sehr verehrte Gäste,<br />

wir dürfen heute diesen festlichen Abend am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte begehen. Heute erscheint uns das<br />

Normalität. Vor gut 20 Jahren hingegen war dies noch gänzlich unvorstellbar. Oder wer hat – selbst noch zu Beginn<br />

des Jahres 1989 – wirklich an ein wiedervereinigtes Deutschland geglaubt? Die Teilung Deutschlands war akzeptierte<br />

Wirklichkeit. Ihr Ende schien politische Utopie.<br />

Für den diesjährigen Träger des "<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Preises für Menschenwürde", Herrn Bundeskanzler a.D. Dr. Helmut<br />

Kohl war die deutsche Einheit nie Utopie. Sie war ihm immer eine Lebensaufgabe. Er hat sein gesamtes politisches<br />

Leben lang am Ziel der deutschen Einheit und an der Präambel unseres damaligen Grundgesetzes festgehalten,<br />

„in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden“. Dass in einem Teil Deutschlands<br />

Menschen unterdrückt, ihrer Freiheit und Menschenwürde beraubt wurden, widersprach Dr. Helmut Kohls Werten<br />

von Freiheit und Selbstbestimmung zutiefst.<br />

Die Verletzungen von Menschwürde, die Helmut Kohl als Jugendlicher in Nazidiktatur und Krieg erlebt hatte,<br />

prägten ihn nachhaltig. Daraus beantwortete er die Sinnfrage für sein politisches Handeln: die Freiheit der<br />

Person, die rechtsstaatliche Sicherung von Menschenwürde, die Demokratie und der Frieden.<br />

Dies waren auch die Ziele der Bürgerbewegungen in der damaligen DDR. Für diese Ziele gingen die Menschen auf<br />

die Straße. Für diese Ziele wagten und erreichten sie das, was wir heute als die erste erfolgreiche friedliche Revolution<br />

Deutschlands kennen. Es fiel kein einziger Schuss. Und doch brachten die mutigen Bürger der damaligen DDR<br />

die als unüberwindbar geltende Berliner Mauer zum Einsturz. Allein durch ihren Mut und ihren Freiheitswillen. Die<br />

Welt erlebte eine Demonstration für Freiheit, Selbstbestimmung, Demokratie, Frieden und Menschenwürde. Zuerst<br />

in Polen, dann in anderen Ländern Mitteleuropas und schließlich in der DDR. Diese mutigen Demonstranten waren<br />

die Wegbereiter der Wiedervereinigung.<br />

Bundeskanzler Helmut Kohl jedoch war derjenige, der als erster Politiker die Chance dieses historischen Augenblicks<br />

erkannte. Er selbst zitiert zur Situation von vor 20 Jahren gern Bismarck: "Wenn der Mantel Gottes durch<br />

die Geschichte weht, muss man zuspringen und ihn festhalten." Doch es kommt nicht nur auf den richtigen Augenblick<br />

an, es braucht auch die richtigen Menschen. Jemanden, der die Gelegenheit erkennt, der sie nutzt und der<br />

sich traut zu springen. Durch Dr. Helmut Kohls Glauben an ein freies wiedervereintes Deutschland, seine Entschlossenheit<br />

und sein politisches Geschick und durch das Vertrauen, das er in Ost und West genoss, war Deutschland<br />

weniger als ein Jahr nach dem Mauerfall wiedervereint. Geleitet haben ihn dabei stets seine Ideale von Menschenwürde<br />

und Freiheit, von Selbstbestimmung und Frieden. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands sind diese Ideale<br />

für 17 Mio. Menschen Wirklichkeit geworden.<br />

Als herausragender politischer Stratege und Macher hat Helmut Kohl die Wiedervereinigung unseres Landes<br />

gegen den Widerstand und das Misstrauen vieler – in Deutschland, in Europa und in der Welt – Wirklichkeit<br />

werden lassen.<br />

Er hat in einer geschichtlichen Situation von außergewöhnlicher Sprengkraft richtig gehandelt, Chaos und Blutvergießen<br />

vermieden, Staatsmänner und Bürger in Ost und West überzeugt und Besonnenheit gezeigt. Die wachsende<br />

Welle der Demonstrationen in der DDR und die steigende Zahl der Übersiedler fokussierten sich zunehmend auf<br />

nur ein einziges Ziel: die Wiedervereinigung Deutschlands.


Mit seinem Zehn-Punkte-Plan nahm Helmut Kohl schon drei Wochen nach dem Mauerfall am 28. November 1989<br />

diese Botschaft entschlossen auf. Die Reaktion der Ostdeutschen auf seinen Besuch in Dresden am 19. Dezember<br />

1989 überwältigte ihn. Längst waren die Rufe auf den Straßen von "Wir sind das Volk" in "Wir sind ein Volk"übergegangen.<br />

Diese Rufe bestätigten ihn. Ab jetzt agierte er zielgenau auf die Wiedervereinigung hin. Von Anfang an<br />

stellte er dabei die deutsche Einheit in direkten Zusammenhang mit dem europäischen Einigungsprozess. Durch<br />

eine immer engere politische, wirtschaftliche und menschliche Zusammenarbeit zwischen den europäischen Völkern<br />

wollte er dauerhaft Freiheit und Frieden in Europa schaffen.<br />

So hat Helmut Kohl nicht nur die deutsche Einheit Wirklichkeit werden lassen. Er hat auch die richtigen Weichen für<br />

die Zukunft Europas in West und Ost gestellt. Mit der Wiedervereinigung begann eine einzigartige Erfolgsgeschichte,<br />

die in den vergangenen beiden Jahrzehnten entscheidend dazu beitrug, Frieden, Freiheit, Wohlstand und soziale<br />

Sicherheit in allen Ländern, die am Einigungsprozess teilnahmen, zu sichern.<br />

Heute zählen 27 Staaten zur EU – fast eine halbe Milliarde Einwohner – und ein Großteil von Ihnen zahlt mit<br />

einer gemeinsamen Währung. Und die größte Errungenschaft ist: Europäer leben in der längsten Friedensperiode,<br />

die Europa bisher erleben durfte.<br />

Die 17 versammelten europäischen Staats- und Regierungschefs des Europäischen Rates stellten am 11. Dezember<br />

1998 in Wien, kurz vor der Einführung der gemeinsamen europäischen Währung zu Helmut Kohls Wirken<br />

fest, "dass der Lauf der Geschichte durch das engagierte Wirken einzelner Menschen oft entscheidend gestaltet<br />

werden kann". Dies gelte "im besonderen Maße …. für Dr. Helmut Kohl und sein Wirken als Bundeskanzler der<br />

Bundesrepublik Deutschland in den letzten 16 Jahren." Mitunterzeichner waren Bundeskanzler Gerhard Schröder,<br />

Premierminister Tony Blair, Ministerpräsident Wim van Kock und Bundeskanzler Viktor Klima. Sie alle waren erklärte<br />

Sozialdemokraten. Gemeinsam beschlossen sie, Helmut Kohl den Titel "Ehrenbürger Europas" zu verleihen. Mit der<br />

Verleihung dieses Ehrentitels würdigten die Staats- und Regierungschefs ausdrücklich die Persönlichkeit Helmut<br />

Kohls sowie seine politischen Leistungen für die europäische Integration und die in diesem Rahmen verwirklichte<br />

Wiedervereinigung Deutschlands.<br />

Für diese seine einmalige historische und staatsmännische Leistung, für das Gewinnen und Sichern von Freiheit,<br />

Menschenwürde und politischer Selbstbestimmung für alle Bürger Deutschlands zeichnen wir Bundeskanzler a.D.<br />

Dr. Helmut Kohl heute mit dem "<strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Preis für Menschenwürde 2010" aus. Wir gratulieren Helmut Kohl<br />

zu dieser Ehrung.<br />

Aus gesundheitlichen Gründen kann unser Preisträger diese Auszeichnung leider nicht persönlich entgegen<br />

nehmen. Wir alle wünschen Helmut Kohl von Herzen schnelle Genesung und gute Gesundheit danach.<br />

Sehr verehrter Herr Ministerpräsident Koch,<br />

ich freue mich sehr, dass Sie heute Abend hier sind und den <strong>Roland</strong> <strong>Berger</strong> Preis für Menschenwürde 2010<br />

stellvertretend für Helmut Kohl entgegen nehmen. Herzlichen Dank dafür.

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