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Leben im Vierkanthof Leben im Vierkanthof - Österreich Journal

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ÖSTERREICH JOURNAL NR. 110 / 02. 08. 2012<br />

Innenpolitik<br />

Umgestaltung der<br />

Krypta am Heldenplatz<br />

Seit Jahrzehnten kursierte das Gerücht, daß in dem vom Bildhauer<br />

Wilhelm Frass 1935 errichteten Denkmal des »Toten Soldaten« ein<br />

nationalsozialistisches Huldigungsschreiben versteckt worden sei.<br />

18<br />

Mit der Streichung des SS-Kriegsverbrechers<br />

Josef Vallasters aus einem aufliegenden<br />

Totenbuch setzte Verteidigungsminister<br />

Norbert Darabos am 17. Juni dieses<br />

Jahres einen symbolischen Akt zur Umgestaltung<br />

der Krypta am Wiener Heldenplatz.<br />

Bis zum kommenden Nationalfeiertag sollen<br />

Krypta und Weiheraum – unter Beiziehung<br />

von Experten – Stätten des „würdigen Totengedenkens<br />

an die Weltkriegs-Gefallenen“<br />

werden, ohne Referenzen an Kriegsverbrecher<br />

und das Nazi-Reg<strong>im</strong>e. Darabos: „Die<br />

Gefallenen des Zweiten Weltkrieges waren<br />

alle Opfer des Nazi-Reg<strong>im</strong>es. Ihnen soll in<br />

der Krypta würdevoll gedacht werden, nicht<br />

aber den Kriegsverbrechern. SS-Mörder haben<br />

in der Krypta nichts verloren.“<br />

Vallaster, der symbolisch vom Minister<br />

gestrichen wurde, war österreichischer Nationalsozialist<br />

und ab 1940 an den Verbrechen<br />

der NS-,,Euthanasie“ und des Holocaust<br />

beteiligt. Er wurde unter anderem in der NS-<br />

Tötungsanstalt Harthe<strong>im</strong> sowie <strong>im</strong> Vernichtungslager<br />

Sobibór eingesetzt, wo er einen<br />

SS-Dienstgrad führte und be<strong>im</strong> Aufstand von<br />

revoltierenden Häftlingen getötet wurde.<br />

Startschuß für die Umgestaltung<br />

Mit der Namens-Streichung fiel der Startschuß<br />

für die Umgestaltung der Krypta: Die<br />

neun Totenbücher wurden dem Kriegsarchiv,<br />

das Teil des Staatsarchives ist, zur wissenschaftlichen<br />

Prüfung übergeben. Ein Großteil<br />

der Ausstellungs- und Erinnerungsstücke<br />

wurden aus Krypta und Weiheraum entfernt<br />

– Kränze und Kranzschleifen wie der<br />

türkische Erinnerungskranz „Schlacht von<br />

Gallipolli 1916-1966“, das elektronische Gedenkbuch<br />

von Gendarmerie und Polizei, Gedenktafeln<br />

von Vereinen, Auszeichungen des<br />

St. Georgsordens und die Abbildung des<br />

Staatsvertrages. Die Vitrinen wurden abgebaut,<br />

ihr Inhalt wird während des Umbaus<br />

zwischengelagert.<br />

Genaue Untersuchung<br />

Weiters stand die genaue Untersuchung der<br />

Marmor-Statue des „Toten Soldaten“ auf der<br />

Foto: Bundesheer<br />

Verteidigungsminister Darabos streicht den Namen des Kriegsverbrechers Josef<br />

Vallasters aus dem Totenbuch.<br />

Liste: Mit Röntgen- und Ultraschalltechnik<br />

sowie Knopflochkameras sollte das Gerücht<br />

um eine verborgene Nazi-Huldigungsschrift<br />

des Bildhauers Wilhelm Frass aufgeklärt<br />

werden, das jahrzehntelang kursierte.<br />

Im Auftrag von Darabos befaßt sich eine<br />

Arbeitsgruppe unter Leitung der Militärhistorischen<br />

Denkmalkommission in Zusammenarbeit<br />

mit dem Bundesdenkmalamt<br />

und der Burghauptmannschaft mit der Erstellung<br />

eines Konzepts für ein neues Gedenken<br />

– für eine grundsätzliche Umgestaltung<br />

in Krypta und Weiheraum.<br />

»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />

Die »Totenbücher«<br />

Im linken hinteren Seitentrakt der Krypta<br />

befanden sich die Totenbücher mit den Namen<br />

der Gefallenen beider Weltkriege, jene<br />

für den ersten Weltkrieg sind vollständig und<br />

handschriftlich erstellt. Die Bücher mit den<br />

Daten der Gefallenen des Zweiten Weltkrieges<br />

sind mit Schreibmaschine geschrieben,<br />

jedoch unvollständig. Die Blätter der<br />

Bücher wurden täglich umgeschlagen, jeder<br />

Name kam <strong>im</strong>mer wieder an oberster Stelle<br />

zu liegen – die Vermerkten werden somit<br />

symbolisch nie vergessen. In den Büchern<br />

befinden sich auch Namen von Gefallenen<br />

der SS und Waffen-SS, dies soll nun hinterfragt<br />

und geändert werden.<br />

Einen Monat später<br />

wurde die Legende vom Nazi-Schriftstück<br />

bestätigt. Frass selbst hatte 1938 in einem<br />

Brief an den Kunsthistoriker Karl Hareiter<br />

mit dem „hochverräterischen Schriftstück“<br />

geprahlt, das er he<strong>im</strong>lich in einer Metallhülse<br />

versteckt habe. Neben diesem Schreiben<br />

wurde auch ein zweites Schriftstück gefunden:<br />

Dabei handelt es sich um einen pazifistischen<br />

Aufruf, unterzeichnet vom Bildhauer<br />

Alfons Riedel. „Wir können mit Fug

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