*Werkmappe 118 - Missio
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WELTKIRCHE<br />
MIT ALLEN SINNEN GLAUBEN<br />
Die Ur-Symbole Wasser, Baum, Licht<br />
im christlichen Ashram<br />
Nr. 123 2002
INHALT<br />
3 Bildimpuls<br />
LEBEN IM ASHRAM<br />
4 Im Ashram die Mitte finden<br />
7 Erneuerung der christlichen<br />
Spiritualität auf Umwegen<br />
8 Gott als Subjekt unseres Seins<br />
10 Meditation: Gott be-greifen<br />
SYMBOLDIDAKTIK<br />
11 Fenster zum Himmel oder Blick in den Brunnen<br />
12 Zugänge zum Symbol: 9 Thesen<br />
SYMBOL BAUM<br />
14 Meditation: Der Ashram und der Baum<br />
15 Das Ur-Symbol Baum<br />
16 Übung: Baum-Gebärden<br />
18 Baum-Theologie (S. Painadath)<br />
19 Arbeitsblatt: Bäume sprechen<br />
19 Impuls: Leben wächst in Ringen (Methoden)<br />
20 Das Thomas-Kreuz: Lebensbaum und Stern<br />
SYMBOL WASSER<br />
22 Meditation: Der Ashram und das Wasser<br />
23 Das Ur-Symbol Wasser (M. Kämpchen)<br />
24 Die Theologie der Fischer von Mukkuvar<br />
26 Geschichte: Sehnsucht (M. Kämpchen)<br />
27 Übung: Der Brunnen (A. de Mello)<br />
SYMBOL LICHT<br />
28 Meditation: Der Ashram und das Licht<br />
29 Lichtritus mit Blumen<br />
30 Das Licht und die Dinge – Gott und<br />
die Menschen<br />
31 Gebet<br />
32 Bewusstseinsübung: Die Flamme<br />
33 <strong>Missio</strong> Projekt: Kungfu im Urwald von Attapady<br />
34 Titel, Tipps, Termine<br />
Liebe Leserin, lieber Leser!<br />
„Gott tritt durch unsere Sinne in unser Leben ein“, meinte<br />
der Heilige Bonaventura. In Indien begegnet man dieser<br />
Wahrheit auf Schritt und Tritt. Das religiöse Leben dominiert<br />
den Alltag: rituelle Waschungen am Fluss, bunte Tempelgrotten<br />
an den Straßenecken und Lichtprozessionen lassen<br />
europäische Augen staunen.<br />
Die indische Religiosität zog schon in den 70er Jahren Tausende<br />
Jugendliche aus Europa in die indischen Ashrams<br />
– die spirituellen Zentren des Hinduismus. Jetzt ist es etwas<br />
ruhiger geworden um die Yogis und Gurus. Nach der Massenbewegung<br />
leben heute Priester und Schwestern das alte<br />
indische Ideal des Ashrams im christlichen Stil: als Begegnungsstätte<br />
für Gläubige verschiedener Religionen und als<br />
Ort gemeinsamen spirituellen Suchens – ein Weg, wie das<br />
Christentum tiefer in die Kultur Indiens hineinwächst.<br />
Im November des Vorjahres besuchte ich den Ashram von<br />
P. Painadath, einem langjährigen Partner von <strong>Missio</strong>. Mich<br />
berührte die schlichte Atmosphäre des Ashrams und die<br />
Selbstverständlichkeit, mit der die Gegenwart Gottes in allen<br />
Dingen gesucht wird. „Ich habe mehr Theologie vom Baum<br />
gelernt als von theologischen Büchern“, erklärte P. Painadath.<br />
Die Ursymbole Baum, Wasser und Licht spielen im Ashram<br />
und in der indischen Religiosität eine entscheidende<br />
Rolle. Jedem dieser Symbole ist in dieser Ausgabe von WERK-<br />
MAPPE WELTKIRCHE ein Abschnitt gewidmet, der mit einer<br />
meditativen Seite beginnt. Bild und Text zeigen, wie die Symbole<br />
im Ashram und im indischen Alltag vorkommen.<br />
Der Weg nach Indien kann auch Ihnen und Ihren SchülerInnen<br />
neue Zugänge zu diesen Ur-Symbolen eröffnen.<br />
Lassen Sie sich mitnehmen auf eine Reise nach Kerala, in den<br />
Südwesten Indiens. Die Symbole Baum, Wasser und Licht<br />
bieten auch uns EuropäerInnen die Chance, Gott neu zu entdecken<br />
– über unsere Sinne.<br />
VORSCHAU:<br />
Werkmappe Nr. 124, Armut<br />
Titelbild: Lichtsegen. Foto: Zerche<br />
2<br />
IMPRESSUM<br />
FEEDBACK SERVICE:<br />
werkmappe@missio.at<br />
MISSIO IM INTERNET:<br />
www.missio.at<br />
Herausgeber und Medieninhaber: <strong>Missio</strong> – Päpstliche <strong>Missio</strong>nswerke. Redaktion: Mag. Maria Schelkshorn-<br />
Magas, Mag. Georg Bauernfeind. Alle: Seilerstätte 12, 1015 Wien, Tel.: (01) 513 77 22.<br />
Herstellung: Eva Meixner/WMP Druckvorbereich GmbH – Druckservice, 2340 Mödling, St. Gabriel, Grenzgasse<br />
111/9.<br />
Druckkostenbeitrag: € 8,-/ATS 110,08 jährlich, Einzelnummer: € 2,- /ATS 27,52<br />
Erscheinungsweise: Viermal jährlich<br />
OFFENLEGUNG IM SINNE DES MEDIENGESETZES: Alleineigentümer: <strong>Missio</strong> – Päpstliche <strong>Missio</strong>nswerke in<br />
Österreich. WERKMAPPE WELTKIRCHE hat sich die Information und Bewusstseinsbildung über Fragen der<br />
Weltkirche zum Ziel gesetzt.<br />
P.b.b. Verlagspostamt 1010 Wien, Sponsoringpost GZ 02Z030313S Gedruckt auf Recyclingpapier<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
© Zerche<br />
SINN FÜR DAS HEILIGE<br />
„Ich denke, dass mich in Indien vor allem beeindruckt hat, was ich<br />
den, Sinn für das Heilige’ nenne – das Bewusstsein, dass alles heilig<br />
ist, die Welt um uns herum, Erde, Wasser, Feuer, die Nahrung, alles<br />
das ist heilig.“<br />
„Wenn man zum Beispiel ein Haus betritt, zieht man die Schuhe aus.<br />
Sehen Sie, das Haus ist ein heiliger Ort … Ich glaube, das war der<br />
stärkste und dominierende Eindruck, den ich hatte. Damit verbunden<br />
ist der Sinn für die Innerlichkeit – das Bewusstsein, dass Gott in der<br />
ganzen Schöpfung gegenwärtig ist, besonders im Herzen. Ich glaube,<br />
das ist das Geheimnis der indischen Spiritualität: dieses Bewusstsein<br />
der innewohnenden Gegenwart.“<br />
Bede Griffiths, englischer Benediktinermönch und Sannyasin<br />
aus: C. P. Baumann, Hinduismus. Eine Einführung in Religionsgeschichte, Kultur, Brauchtum, hrsg .v. Religionspädagogischen<br />
Seminar der Diözese Regensburg, 1999, S. 90
Leben im Ashram<br />
4<br />
Trommeln und Gesang reißen mich aus dem<br />
Schlaf. Es ist halb fünf Uhr morgens und vom<br />
Hindutempel dringt Musik in die Ashram-Hütte. Ich<br />
drehe mich zur Seite und schlafe nochmals ein, etwas<br />
hart liege ich auf der zwei Zentimeter starken<br />
„Matratze“. Kurze Zeit später weckt mich der Ruf<br />
des Muezzin. Um halb sechs, beim Läuten der Kirchenglocken,<br />
stehe ich dann endgültig auf.<br />
Ich bin den dritten Tag im christlichen Ashram Sameeksha<br />
und werde unsanft in aller Früh mit der<br />
Religiosität Indiens konfrontiert: Während im Hindutempel<br />
von Kalady die Priester ihre „Pujas“ – ihre<br />
Opfer mit Blumen und Weihrauch – darbringen,<br />
singen die Muslime ihre Koranverse und in der katholischen<br />
Kirche etwa 200 Gläubige das „Vater unser“:<br />
An einem ganz normalen Wochentag!<br />
Leben am Fluss<br />
IM ASHRAM DIE MITTE FINDEN<br />
Im Ashram von Sameeksha zirpen vorerst<br />
nur die Grillen. Tau liegt auf den Bananenstauden,<br />
Kokosnusspalmen ragen<br />
in den Morgenhimmel. Ich gehe zum<br />
Fluss und befolge den Rat von P. Painadath:<br />
„Wenn jemand nicht beten kann,<br />
dann soll er sich an den Fluss setzen. Der<br />
Fluss hat eine enorm heilende Wirkung,<br />
der bringt die Menschen innerlich zur<br />
Ruhe.“<br />
Auch eine Ordensfrau sitzt auf den Steinstufen<br />
am Fluss und liest in der Bibel. Sie<br />
hat sich für ein paar Tage zum Schweigen<br />
in den Ashram zurückgezogen. So wie Georgia,<br />
eine junge Computerfachfrau, die<br />
nach ihrem Collegeabschluss einige Tage<br />
über ihr Leben nachdenken will, oder<br />
Samsha, eine muslimische Studentin, die<br />
immer wieder die offene Atmosphäre des<br />
Ashrams aufsucht.<br />
Einen Ort schaffen, an den Menschen aus<br />
allen Religionen und Kulturen kommen<br />
können – das war vor fünfzehn Jahren<br />
das Ziel von P. Sebastian Painadath, dem<br />
Gründer und Leiter des Ashrams. Heute<br />
ist Sameeksha ein anerkannter Ort des<br />
Dialogs zwischen Hindus und Christen<br />
und selbst Muslime fühlen sich im Meditationshaus<br />
ausgesprochen wohl.<br />
von G. Bauernfeind<br />
Baum, Wasser, Licht: Im christlichen Ashram von Sameeksha bündelt<br />
sich eine sinnliche Spiritualität, die nichts mit weltfremder Abgehobenheit<br />
zu tun hat.<br />
In der Mitte das Licht<br />
Das Meditationshaus – „Haus der Harmonie“ – ist<br />
das Herz des Ashrams: Vier offene Türen laden Menschen<br />
aus allen Himmelsrichtungen ein. Ich ziehe<br />
meine Sandalen aus und betrete den Raum. In der<br />
Mitte brennt eine Öllampe, um sie herum stehen<br />
vier heilige Schriften: der Koran, die Bibel, die Bhagavad<br />
Gita und die Dhammapada – Wegweiser auf<br />
dem Weg zur göttlichen Lichtmitte.<br />
Nach und nach kommen die Mitglieder der Ashram-<br />
Gemeinde herein und versammeln sich zum Morgengottesdienst:<br />
P. Painadath, Bruder Varki, die Ordensfrau<br />
und einige Seminaristen setzen sich im<br />
Kreis auf die Meditationshocker, gruppiert um einen<br />
kleinen Altar. Heute wird nach dem Ritus der Thomas-Christen<br />
gefeiert, nach dem syromalabarischen<br />
Ritus. Ein Wechselgesang zwischen Priester, Gemeinde<br />
und Kantor<br />
führt durch den Gottesdienst.<br />
Die Öllampe,<br />
Blumen und Weihrauch<br />
schaffen eine spirituelle<br />
Atmosphäre.<br />
Das Frühstück nach der<br />
Morgenmesse ist für<br />
Europäer der gewöhnungsbedürftigste<br />
Teil<br />
des Ashram-Lebens:<br />
Nur sehr vorsichtig koste<br />
ich die Mehlfladen<br />
mit Erbsensauce oder<br />
das Kokos-Reismehl<br />
Lichtsäule vor dem Meditationshaus:<br />
an Festtagen brennt in<br />
sieben Schalen das Feuer.<br />
mit gekochten Bananen.<br />
Man sitzt nicht um<br />
einen Tisch, sondern<br />
wie in armen Häusern<br />
Indiens üblich auf Bänken,<br />
die an die Außenwände<br />
des Ess-Hauses<br />
gelehnt sind. In einer<br />
Ecke steht ein großer<br />
Tonbehälter mit abgekochtem<br />
Trinkwasser,<br />
daneben die Anrichte<br />
für die Töpfe. Gekocht<br />
wird vegetarisch, meistens<br />
scharf.<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
© Zerche
© Zerche<br />
Der Ashram von Sameeksha ist ein Ort des Dialogs und ein spirituelles Zentrum.<br />
Seit 1983 begleiten zwei Jesuiten Menschen auf dem geistlichen Weg.<br />
Unter den Menschen<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
„In einem Ashram pflegt man einen einfachen Lebensstil,<br />
nah zum Volk, nah zur Natur und in einer<br />
meditativen Atmosphäre“, erklärt P. Sebastian etwas<br />
später und erläutert auch die Bedeutung des<br />
Wortes Sameeksha. Es bedeutet „ganzheitliche<br />
Schau“ – Gott in allem sehen, alles in Gott sehen.<br />
Seit 3000 Jahren gehören Ashrams zur geistigen Entwicklung<br />
Indiens. Ursprünglich waren es Orte, an<br />
denen eine kleine Gruppe Suchender unter Anleitung<br />
eines Meisters ein intensives spirituelles Leben<br />
pflegte. Das Wort „Ashram“ setzt sich aus der Sanskrit-Wurzel<br />
a-srama zusammen. „a“ bedeutet ganzheitlich,<br />
„sram“ streben. Wobei dieses ganzheitliche<br />
Streben nach Wahrheit, nach der Fülle des Lebens,<br />
nicht abseits der Welt passiert, sondern mitten<br />
unter den Menschen: Die Nachbar-Kinder<br />
schlendern in ihren blau-weißen Schuluniformen<br />
vormittags durch den Ashram, Besucher und Freunde<br />
kommen mit dem Fahrrad auf einen Tratsch vorbei<br />
und am Wochenende sorgt eine Jugendgruppe<br />
aus dem Nachbardorf für fröhliches Lachen.<br />
Heute treffen sich die Vertreter einer Bauernorganisation.<br />
Der Grund: Die Preise für Pfeffer, Kokosund<br />
Muskatnüsse sanken wegen der Marktöffnung<br />
massiv. Viele Bauern verzweifeln, die Selbstmordrate<br />
stieg im letzten halben Jahr um 60 Prozent. Die<br />
Kirche gründete die „Farmers Union“, inzwischen<br />
eine interreligiöse Organisation der Bauern. Eines<br />
ihrer Treffen veranstalten sie in Sameeksha und bedenken<br />
dabei auch die religiöse Dimension ihrer<br />
politischen Aktionen.<br />
Ein Ort für Leib und Seele<br />
Dieser Kontakt zu den Menschen ist entscheidend.<br />
Viele kommen auch zu einem geistlichen Gespräch,<br />
Mütter suchen mit ihren kranken Kindern Bruder<br />
Varki auf. Der 82-jährige Jesuitenbruder ist zwar kein<br />
ausgebildeter Arzt, hat sich aber ein breites Wissen<br />
über Homöopathie und Heilkräuter angeeignet. Er<br />
hat ein Ohr für die Nöte der Familien: „Wenn man<br />
mit den Menschen einfühlsam spricht, dann werden<br />
sie ihr Herz öffnen und von ihren Schwierigkeiten<br />
sprechen, das ist wichtig für die Heilung.“<br />
Ebenso wie das Gebet und die Heilkräuter. ➢<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
5
Leben im Ashram<br />
© Zerche<br />
© Zerche<br />
P. Painadath studiert voll Leidenschaft die heiligen<br />
Schriften Indiens.<br />
Eine Jugendgruppe besucht den Ashram und feiert<br />
Gottesdienst.<br />
Nah zur Natur<br />
Der hagere Bruder führt durch seinen Heilkräuter-<br />
Garten. „Tulsi“ ist nicht nur eine medizinische Heil-<br />
Pflanze, sondern wird auch vor Hindutempeln angebaut,<br />
weil sie die bösen Geister vertreibt. Auch in<br />
einem Ashram pflanzt man nicht beliebige Bäume,<br />
sondern nur solche, die eine heilende Wirkung auf<br />
den Leib und die Psyche haben. „Der Muskatnussbaum<br />
zum Beispiel ist eine medizinische Pflanze,<br />
mit einer sehr guten Schwingung“, erklärt Br. Varki.<br />
Aber auch im Schatten von Bananenstauden, Kokosnuss-<br />
oder Mangobäumen lässt es sich gut leben.<br />
Für P. Sebastian haben Bäume auch eine spirituelle<br />
Dimension: Wie der Baum im Unsichtbaren verwurzelt<br />
ist, so ist auch der Mensch in den unsichtbaren<br />
Bereichen des Geistes verwurzelt. Wie alle<br />
Blätter verbunden sind, mit den Ästen, mit dem<br />
Stamm, mit den Wurzeln, so ist es auch bei den Menschen.<br />
„Eigentlich darf kein Mensch einem anderen<br />
fremd sein. Wir sind alle verbunden – wie Zweige im<br />
kosmischen Baum.“<br />
Im Dialog<br />
Am Nachmittag treffe ich einige Seminaristen, die<br />
im Ashram eine Ausbildung zum Priesterberuf absolvieren.<br />
„Wir leben hier in einer multireligiösen<br />
Gesellschaft und ich fühle, dass wir – bis jetzt – noch<br />
keinen Jesus verkündet haben, der in diese Kultur<br />
passt“, erklärt Sabu, einer der Studenten. In der Bibliothek<br />
zeigt er alte Sanskritschriften und spricht<br />
über die Herausforderung der indischen Kirche. „Der<br />
Dialog der Religionen ist sehr wichtig. Da habe ich<br />
viel gelernt in Sameeksha, – das wird mir später helfen,<br />
wenn ich als Priester arbeite.“<br />
Ein Ort der Bildung, ein Ort an den man sich zurückziehen<br />
kann, ein Ort des Dialogs – aber was ist<br />
das Wesen des Ashrams? „Wenn jemand kommt und<br />
fragt, was wir tun, dann haben wir nicht viel zu erzählen,<br />
was wir alles leisten. In einem Ashram geht<br />
es vor allem um das Sein, um die Präsenz, um die<br />
Gegenwart. Menschen sollen sich wohlfühlen und<br />
ohne Angst und Vorurteile zusammenkommen.“<br />
© Zerche<br />
Ein Ashram soll am Fluss liegen: Das Wasser beruhigt<br />
die Gedanken und heilt die Seele. Und natürlich wird<br />
auch die Wäsche darin gewaschen.<br />
Als ich spät abends in mein kleines Haus aus Ziegelbacksteinen<br />
zurückkehre, sitze ich noch einige<br />
Minuten unter dem Vordach. Plötzlich geht das Licht<br />
aus. Stromausfall. Ich drehe meine Taschenlampe<br />
an und leuchte durch den Innenraum der Hütte: da<br />
ist der Kasten, der Tisch, das Metallregal und das<br />
Bett. Unter dem Moskitonetz eine dünne Matratze.<br />
Bin schon gespannt was mich morgen weckt – das<br />
Trommeln der Hindus, der Gesang des Muezzin oder<br />
die Kirchenglocken.<br />
6<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Leben im Ashram<br />
ERNEUERUNG DER CHRISTLICHEN<br />
SPIRITUALITÄT AUF UMWEGEN<br />
Vom Osten in den Westen<br />
Der erste Vermittler indischer Spiritualität im Westen<br />
war Swami Vivekananda (1862–1902). Er war der<br />
Hauptschüler Sri RamaKrishnas. Auf seiner Pilgerreise<br />
durch Indien, die ihn die ganze Not seines Landes<br />
zutiefst erfahren ließ, hörte er von der geplanten<br />
,,Weltkonferenz der Religionen" in Chicago/USA<br />
(1893). Er hatte das Gefühl, dorthin fahren zu müssen,<br />
um von der Not seines Volkes zu erzählen und<br />
dem materiell reichen, aber spirituell armen Westen<br />
einen Tausch vorzuschlagen: der Westen möge<br />
etwas von seinem Reichtum abgeben zugunsten der<br />
Armen. Seine Reden wurden im Westen begeistert<br />
aufgenommen.<br />
Vom Westen in den Osten<br />
Henri Le Saux, ein französischer Benediktiner<br />
(1910–1973), kam 1948 nach Indien und setzte sich in<br />
der Begegnung mit großen Hindu-Heiligen wie<br />
Ramana Maharshi (1879–1950) mit der hinduistischen<br />
Spiritualität auseinander: Der Kern des Hinduismus,<br />
die Nicht-Dualität (Advaita), beschäftigte ihn sein<br />
Leben lang. Die Pilgerreise in das mystische Land<br />
Indien, u. a. zu solchen christlichen „Gurus“ wie Le<br />
Saux’s Nachfolger Bede Griffiths (1906–1993), beeinflusste<br />
eine große spirituelle Bewegung im Westen<br />
von der Mystik Indiens her, was zur Wiederentdeckung<br />
des Körpers als Ort der Spiritualität führte und<br />
u. a. in die Yoga-Übung für Christen mündete. Die<br />
spirituelle Körperarbeit ist seitdem oft Ausgangspunkt<br />
und wesentlicher Bestandteil vieler christlicher Erneuerungswege.<br />
Die Wiederentdeckung der uralten<br />
christlichen Fasten-Praxis, des Tanzes und der Rituale<br />
resultiert unter anderem aus dieser Hochschätzung<br />
des Körpers für die spirituelle Erfahrung. Die<br />
Schwächen und Misserfolge der postkonziliaren Erneuerung<br />
der Liturgie scheinen vorwiegend in der<br />
rationalen Verkopfung dieser Reform, im mangelnden<br />
Körperbewusstsein, besonders aber in der spirituell<br />
ausgehungerten kirchlichen Praxis zu bestehen.<br />
In bewusster Anlehnung an die Ähnlichkeiten und<br />
Gemeinsamkeiten verschiedener Mystiken des<br />
Hinduismus, Buddhismus, Taoismus, des Sufi im<br />
Islam u.a.m. mit den rituellen Wegen des Christentums<br />
hat Karl Rahner (1904–l984) das genuin mystische<br />
Bewusstsein der ChristInnen zu erneuern und<br />
beleben versucht.<br />
aus: B. Snela, Die Vielfalt spiritueller Traditionen und das Christentum,<br />
in: Katechetische Blätter 3/98, S 162f<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Einfluss Indiens: Der Körper wird als Ort der<br />
Spiritualität wiederentdeckt.<br />
Karl Rahner über die Begegnung<br />
mit dem Osten:<br />
„Die Kirche fühlt sich durch das Interesse der Christen<br />
für die östliche Spiritualität und den Dialog mit<br />
anderen Religionen und Strömungen unserer Zeit<br />
(wie etwa New Age) in ihrer Identität gefährdet. Es<br />
wird dabei sogar in Kauf genommen, dass man in der<br />
Seelsorge die Finger von der Spiritualität lässt, erst<br />
recht die Mystik meidet und stattdessen bei routinemäßiger,<br />
allzu trockener Funktionärs-Tätigkeit bleibt.<br />
Vieles Neuartige in der Spiritualität wird als Sektengefährdung<br />
abgetan. … Den Mystikern von früher und<br />
von heute gelten immer noch Verdacht und Verfolgung<br />
wie Hildegard von Bingen, Meister Eckhart, oder<br />
Teilhard de Chardin. Dabei könnte die unter den<br />
Völkern und Religionen weltweit verbreitete Naturmystik<br />
so gut mit der kosmischen Schöpfungsspiritualität<br />
in Einklang gebracht werden und somit als<br />
Brücke der Verständigung dienen.“<br />
aus: K. Rahner, Schriften zur Theologie, S. 166ff<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
© Zerche<br />
7
Leben im Ashram<br />
GOTT ALS SUBJEKT UNSERES SEINS<br />
von Sebastian Painadath<br />
Die Tiefendimension unseres Lebens zu erfassen, gelingt nicht über begriffliches<br />
Denken. Spiritualität braucht Symbole. Ein mystischer Durchbruch zum<br />
„Tiefenbewusstsein” unserer Existenz, wie es P. Painadath nennt, war die<br />
Kernerfahrung der Weisen des Ostens.<br />
„Lehre mich, Meister!” Mit diesen Worten näherte<br />
sich ein junger suchender Mensch dem Weisen<br />
Sanatkumara. Dieser antwortete ihm: „Erzähle mir<br />
alles, was du weißt und ich werde dich lehren, was<br />
darüber hinausgeht.” Der junge Mann sagte zum<br />
Meister:<br />
„Ich habe die heiligen Schriften gelernt, ferner<br />
Mathematik, Heilkunde, Theologie, Astrologie und<br />
viele Wissenschaften.” Der Meister Sanatkumara<br />
schwieg eine Weile und sprach zu ihm: „Alles, was<br />
du gelernt hast, ist nur Name; um die Wahrheit zu<br />
erfassen musst du noch tiefer eindringen!” Diese Erzählung<br />
des indischen Upanishads (ca. 800 v. Chr.)<br />
macht eines deutlich: Die begriffliche Erfassung der<br />
Wirklichkeit bleibt immer fragmentarisch und daher<br />
oberflächlich. Aber der Mensch ist vom Wesen<br />
her auf die Fülle der Wirklichkeit angelegt. Auf der<br />
Suche nach der Fülle haben die alten Weisen des<br />
Ostens den Bewusstseinsvorgang erforscht.<br />
Die Bewusstseinsebenen<br />
Die upanishadischen Seher haben sich immer gefragt:<br />
Wovon leben wir eigentlich? Wer atmet in uns?<br />
Wer spricht hinter unseren Worten? Wer sieht, wer<br />
hört …? Was ist das letzte Subjekt unseres Seins?<br />
(Kena Upanishad 1,1) Auf dem inneren Weg haben<br />
sie drei Ebenen des Bewusstseins festgestellt: das<br />
Wachbewusstsein (jagrut), das Traumbewusstsein<br />
(swapna) und das Tiefenbewusstsein (sushupti). Das<br />
erste beschreibt unser Alltagsbewusstsein, das zweite<br />
bezieht sich auf die Psyche und das dritte betrifft<br />
die mystische Wahrnehmung.<br />
Wachbewusstsein<br />
Traumbewusstsein<br />
inneres Licht<br />
mystisches<br />
Bewusstsein<br />
Gott als Seinsgrund<br />
Im Wachbewusstsein, in dem wir uns von früh bis<br />
abends befinden, betrachten wir alles als Gegenstände.<br />
Der Verstand kann etwas nur begreifen, insofern<br />
es vergegenständlicht wird. Alles, was in uns<br />
und um uns vorhanden ist, wird verobjektiviert, wird<br />
zum Du oder zum Es. Gott wird auch in dieses Ichdu-Schema<br />
eingeordnet. Dadurch wird Gott zum<br />
Objekt der Anbetung, zur Person der Verehrung, zum<br />
Thema des theologischen Denkvorganges. Weil der<br />
Mensch sich als personales Ich wahrnimmt, braucht<br />
er die Erfahrung des Angesprochen- und Angenommenseins<br />
durch das göttliche Du. Alle Religionen<br />
zeigen Wege zu dieser unerlässlichen Art der Beziehung<br />
mit Gott. Hier erhält das Namenlose verschiedene<br />
Namen und das Formlose vielfältige Formen.<br />
In diesem Bereich des religiösen Bewusstseins<br />
werden die Heilstaten Gottes in der Geschichte erzählt<br />
und seine Gebote zur Gestaltung der Gesellschaft<br />
erkundet. Aber die Weisen des Ostens haben<br />
empfunden, dass die eigentliche Wahrnehmung des<br />
göttlichen Geistes in den tieferen Schichten des Bewusstseins<br />
liegt.<br />
Das so genannte Traumbewusstsein bezieht sich auf<br />
die Bereiche des personalen sowie des kollektiven<br />
Unterbewusstseins der Psyche. Man kommt damit<br />
in Berührung durch Erinnerungen, Fantasiebilder<br />
und Traumsymbole. Vor allem die Mythen und Märchen<br />
der Kulturen bieten einen Zugang zu dieser<br />
Unterwelt unserer Psyche. Das Gespür für das göttliche<br />
Geheimnis taucht in diesem Bewusstseinsbereich<br />
durch die Symbole der Mythen auf. In allen<br />
Religionen gibt es Gottesbilder und Erzählungen,<br />
die in dieser Bewusstseinsschicht entstanden sind.<br />
Der kritische Verstand neigt oft dazu, sie auszuklammern,<br />
weil sie dem Geschichtsbewusstsein nicht entsprechen.<br />
Aber die Weisen des Ostens behaupten,<br />
dass der Mensch die mythischen Bilder braucht, um<br />
das Numinosum näher zu spüren und die religiöse<br />
Erfahrung effektiv vermitteln zu können. Eine Religion,<br />
die eine gewaltige Entmythologisierung durchführt,<br />
läuft Gefahr, dass die Menschen die verwandelnde<br />
Tiefe der religiösen Sprache verlieren. Trotzdem<br />
verlangt sie, dass der Gott Suchende über die<br />
innere Bilderwelt hinaus tiefer eindringen soll.<br />
8<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Leben im Ashram<br />
Im tiefen mystischen Bewusstsein geschieht eine<br />
Umschaltung von vergegenständlichendem Denken<br />
zum verinnerlichten Gewahrwerden. Die intuitive<br />
Wahrnehmungsfähigkeit (buddhi) wird hier wach<br />
und der Suchende erwacht zum inneren Licht. Die<br />
Weisen des alten Israel (500–200 v. Chr.) und die<br />
Seher der indischen Upanishaden (800–300 v. Chr.),<br />
die Mystiker des Christentums, des Buddhismus und<br />
des Islam sprechen alle von diesem inneren Licht.<br />
Buddha, Mahaveera, Konfuzius und Laotse waren<br />
davon ergriffen. Jesus sagte aus seiner Lichterfahrung:<br />
„Wenn das innere (göttliche) Licht in dir aufgeht,<br />
wird dein ganzer Leib voll von Licht!” (Lk 11,36).<br />
In diesem Licht erfährt man Gott als den Seinsgrund,<br />
als die innere Quelle, als den Mutterboden. „Gott ist<br />
das, woraus wir entstehen, wodurch wir bestehen<br />
und worin wir eingehen” (Taitiriya Upanishad, 3,1).<br />
In diesem Sinne wird Gott als das eigentliche Subjekt<br />
unseres Seins erfahren, als das Selbst (Aman) in uns.<br />
Es geht hier nicht um die Verleugnung der Freiheit<br />
des Menschen oder um die Vernichtung des Wachbewusstseins<br />
des Einzelnen, sondern um die Verwandlung<br />
der Freiheit in einem größeren geistigen<br />
Rahmen, um die Verwurzelung des Seins im Seinsgrund.<br />
Das Weizenkorn muss das vorläufige Identitätsbewusstsein<br />
loslassen und in die Erde fallen; erst<br />
dann bricht das eigentliche Sein durch (Joh 12,24)!<br />
Das Ich des Wachbewusstseins wird erst zu einem<br />
befreiten und befreienden Ich, wenn es sich im Einklang<br />
mit dem göttlichen Selbst entfaltet: Es muss<br />
vom Geist immer neu geboren werden (Joh 3,5).<br />
Ein mystischer Durchbruch zu diesem<br />
dritten Tiefenbewusstsein war die Kernerfahrung<br />
der Weisen des Ostens. Er ist<br />
auch das Erbe und der Auftrag der christlichen<br />
Spiritualität. Über die Jahrhunderte<br />
haben wir Christen Gott und Christus<br />
zu einseitig – und daher vielleicht zu oberflächlich<br />
– auf dem Bereich des vergegenständlichenden<br />
Bewusstseins betrachtet. Darum wurde unser<br />
Gebet zu sehr wortbezogen und unsere Glaubensreflexion<br />
zu stark begriffsbestimmend:<br />
Unsere Werte sind zu sehr gesellschaftsorientiert<br />
und unser Offenbarungsverständnis zu einseitig geschichtsbedingt.<br />
Konsequenz? Wir haben die Strukturen<br />
des Denkens und Lebens zu stark reglementiert<br />
und dem Geist wenig Raum gelassen, dem Geist,<br />
der weht, wo er will. Der Geist Gottes ist eigentlich<br />
nicht Objekt der Verehrung in einer etablierten Religion,<br />
sondern Subjekt der Erfahrung in einer verwandelnden<br />
Spiritualität. „Der Geist Gottes ruft aus<br />
unserer Tiefe Abba” (Gal 4,4) und dadurch wachen<br />
wir zu einem tieferen, eigentlich göttlichen Selbstbewusstsein<br />
auf: wir sind Reben vom göttlichen<br />
Baum, Ströme, die aus der göttlichen Quelle hervorsprudeln<br />
(Jesus), Kinder Gottes, Erben Gottes<br />
(Paulus); wir sind Fünklein des göttlichen Lichtes<br />
(Meister Eckhart), Flammen vom göttlichen Feuer<br />
(Johannes vom Kreuz), Tropfen des göttlichen<br />
Ozeans (Teresa von Avila).<br />
Solche Symbole weisen darauf hin, dass Gott sich<br />
nicht vor uns oder über uns befindet, sondern dass<br />
Gott in uns aufwacht, dass wir im Göttlichen geborgen<br />
sind: in ihm leben wir, bewegen wir uns und<br />
sind wir (Apg. 17,28). Erst in dieser tieferen Wahrnehmung<br />
erkennen wir, wer wir eigentlich sind und<br />
zu welcher Seinsart unser Bewusstsein aufwachen<br />
soll.<br />
aus: S. Painadath, Gott als Subjekt unseres Seins, in: Katechetische<br />
Blätter 5/2000, S 357ff<br />
Erkenne, wer du bist<br />
Wir sind Pilger auf dem Weg zu Gott. Von dem<br />
Chaos der Sünde wollen wir uns erheben bis<br />
zum Gipfel des Gottbewusstseins. Der Weg<br />
von den Urwassern den Berg empor ist gewunden<br />
und steil. Er führt uns durch die breite<br />
Welt des wachen alltäglichen Bewusstseins<br />
höher hinauf durch die Traumwelten des Unter-bewusstseins,<br />
bis zu dem Gipfel des reinen,<br />
göttlichen Bewusstseins, von dem uns<br />
(nach indischer Lehre) der traumlose Tiefschlaf<br />
einen Vorgeschmack schenkt.<br />
© Jyoti Sahi<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
9
Meditation<br />
Gott be-greifen<br />
Gott wohnt im Ashram.<br />
Das kann man sich irgendwie vorstellen:<br />
Menschen meditieren, lesen in den heiligen Schriften<br />
und feiern Gottesdienst.<br />
Gott wohnt im Müll.<br />
Das kann man sich irgendwie nicht vorstellen.<br />
Aber Benni, ein Priester-Seminarist in Sameeksha,<br />
verbrachte jeden Samstag<br />
bei den Müllsammlern von Cochin<br />
und entdeckte den Glauben dieser Leute.<br />
Die Müllsammler sind junge Leute,<br />
die sich zu Hause unerwünscht fühlten.<br />
Also gingen sie in die Stadt.<br />
Jetzt reinigen sie die Strassen,<br />
sammeln wiederverwertbares Zeug,<br />
suchen Plastik und Metall.<br />
Dafür bekommen sie bei den Recyclingcentern<br />
ein paar Rupien, manchmal stehlen sie auch,<br />
drehen krumme Dinge.<br />
„Gott kann diesen Leuten nicht in Ritualen<br />
oder Sakramenten begegnen“, sagt Benni.<br />
Die gibt es nur in Tempeln oder in Kirchen,<br />
aber da lässt man sie nicht rein,<br />
weil sie dreckig sind und stinken.<br />
Und wer will schon mit Dieben beten?<br />
Benni entdeckte, wie Gott Wege<br />
zu diesen Menschen findet:<br />
Manchmal, während des Müll-Sammelns,<br />
lugt zwischen Plastikstücken,<br />
Dosen und Staub ein Gottesbild hervor:<br />
ein Herz-Jesu-Bild oder eine Statue<br />
von Vishnu oder Krishna.<br />
Dann bleiben sie stehen, küssen das Bild,<br />
stecken es in ihre Tasche –<br />
mit einem großen Glauben und mit<br />
der Gewissheit, dass Gott ihnen nahe ist.<br />
Das ist für sie eine Art Sakrament, so wie die Musik,<br />
die aus dem Hindutempel klingt.<br />
„Gott will zum Menschen kommen<br />
und ist dabei hartnäckig“, sagt Benni.<br />
Er zitiert ein Gedicht in dem es heißt:<br />
Gott ist wie ein treuer Hund,<br />
der einem Menschen nachgeht,<br />
und sich nicht abschütteln lässt.<br />
Er bleibt den Menschen auf den Fersen.<br />
Manche erreicht er durch Meditation im Ashram,<br />
manche durch ein kleines Bild im Müll.<br />
G. Bauernfeind<br />
© Horak<br />
Mit allen Sinnen glauben: Symbole prägen<br />
die Spiritualität – das zeigt sich nicht nur<br />
im Alltagsleben eines Ashrams, sondern<br />
auf erstaunliche Weise auch bei den Müllsammlern<br />
von Cochin.<br />
10<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symboldidaktik<br />
FENSTER ZUM HIMMEL ODER<br />
BLICK IN DEN BRUNNEN? (H. Halbfas)<br />
Bedeutung der Symbole in der Erziehung: Ein Glaube, der nicht auch im Alltag<br />
und im konkreten Leben erfahrbar wird, trägt nicht. Damit Glaube tragfähig<br />
wird, müssen Jugendliche sensibel werden für die Tiefenschichten in<br />
ihrem Leben.<br />
Das Symbol ist mehr als begriffliches Denken dazu<br />
geeignet, die Mehrdimensionalität der Wirklichkeit<br />
(neu) bewusst zu machen. Nicht zuletzt deshalb redet<br />
die Bibel an vielen Stellen in Bildern und Symbolen.<br />
Der Glaube kann nur in „be-greif-baren“ Bildern<br />
sprechen. Jesus verkündet seine Botschaft vom anbrechenden<br />
Gottesreich nicht in abstrakten Begriffen,<br />
sondern in lebendigen Bildern aus der Alltagswelt:<br />
das Senfkorn, der Rebstock, der Feigenbaum<br />
– seine Gleichnisse und Wunder sind Grundmuster<br />
symbolischen Redens und Handelns.<br />
Es handelt sich dabei meist um Ursymbole, die den<br />
Menschen der damaligen Zeit unmittelbar zugänglich<br />
waren. Heute fällt es uns ungleich schwerer,<br />
über alltägliche Dinge zu staunen und darin unsere<br />
eigene Lebenswirklichkeit oder gar eine Ahnung<br />
Gottes zu erkennen.<br />
Das griechische Wort „Symballein“ bedeutet „sinnvoll<br />
zusammenbringen, zueinander fügen“. In der<br />
Antike wurde ein Ring oder Täfelchen zerbrochen,<br />
dem Partner mitgegeben und zu gegebener Zeit wieder<br />
zusammengefügt. Ein Versprechen sowohl im<br />
persönlich-zwischenmenschlichen Bereich als auch<br />
in geschäftlich-rechtlichen Verbindungen wurde<br />
dadurch sichtbar gemacht.<br />
Unsagbares zum Ausdruck bringen<br />
Um „Hälften“, die zur Einheit zusammengefügt werden<br />
wollen, geht es im Symbol: Eine mit den Sinnen<br />
erfahrbare Wirklichkeit (Licht, Wasser, Baum, Höhle,<br />
Weg) verweist auf die zweite Hälfte – die transzendente<br />
Bedeutung. Im Symbol treffen<br />
sich Himmlisches und Irdisches,<br />
es treffen sich Erfahrungen und<br />
Ahnungen. Dank der Symbole sind wir<br />
imstande, Unsagbares zum Ausdruck<br />
zu bringen. Symbolerfahrung wird so<br />
eine der wichtigsten Brücken zwischen<br />
einer säkularisierten<br />
Welt und der „Welt des<br />
Glaubens“.<br />
Die Fähigkeit Symbole<br />
verstehen zu können,<br />
setzt innere Ruhe voraus<br />
und sich versenken<br />
können in die Wirklichkeit.<br />
Es setzt voraus,<br />
dass wir wieder lernen,<br />
unsere Sinne zu gebrauchen:<br />
wieder sehen,<br />
hören, riechen,<br />
schmecken, tasten, und<br />
Weil Symbole „Sinnlichkeit<br />
und Sinn“ miteinander verbinden,<br />
eine „Nähe zum<br />
Leiblichen, Kosmischen<br />
und Visuellen“ (J.D. Thyen)<br />
besitzen, eignen sie sich<br />
besser als theologische<br />
Begriffe und Konzeptionen<br />
zum interkulturellen und<br />
interreligiösen Brückenbau.<br />
uns Zeit nehmen für die Dinge, uns ihnen aussetzen,<br />
bis wir vielleicht vom „Sinnstrahl des Seienden“<br />
(Guardini) getroffen werden.<br />
Man wird heute zunehmend stärker die religiöse<br />
Analphabetisierung der „christlichen“ Kinder und<br />
Jugendlichen berücksichtigen müssen. In dieser Situation<br />
eröffnet ein interreligiöser Symbolvergleich<br />
neue Möglichkeiten der Sensibilisierung für „religiöse<br />
Sprache“, die weithin abhanden gekommen ist.<br />
Biblische Symbole können zum Sprechen gebracht<br />
werden, also in ihrem Symbolsinn aufgeschlossen<br />
werden, wenn man sie mit ähnlichen Symbolen anderer<br />
Religionen vergleicht.<br />
M. Sch.<br />
Quellen: E. Bihler, Symbole des Lebens – Symbole des Glaubens.<br />
Werkbuch für Religionsunterricht und Katechese, Lahn-Verlag Limburg,<br />
1998_; P. Biehl, Symbole geben zu lernen. Einführung in die<br />
Symboldidaktik anhand der Symbole Hand, Haus und Weg; Neukirchener<br />
Verlag, 1989; H. Kirchhoff, Ursymbole und ihre Bedeutung für<br />
die religiöse Erziehung, Kösel Verlag 1982<br />
„Die Symbolerfahrung verbindet so die Völker der<br />
Welt zu einer Gemeinschaft der Suchenden, zu einer<br />
Gemeinschaft der Menschen aller Zeiten, die<br />
nach Sinn suchen.“ (R. Guardini)<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
11
Symboldidaktik<br />
ZUGÄNGE ZUM SYMBOL<br />
Neun Thesen<br />
These 1:<br />
Symbole sind „sinnvoll“, fungieren als<br />
Bedeutungsträger, wollen gesammelte Erfahrungen<br />
zusammenführen:<br />
(Symbalow = Erkennungszeichen;<br />
symballein =zusammenwerfen, zusammenlegen)<br />
Jeder Mensch entwickelt seine eigenen Symbole, führt<br />
seine Erfahrungen zusammen. Deshalb sind Symbole<br />
von außen oft schwer deutbar, sind zumindest nicht<br />
immer eindeutig. Wir müssen uns darüber verständigen.<br />
Erst in der Verständigung in der Gruppe, einer Religion<br />
oder Kirche können sie gemeinsam Bedeutung<br />
gewinnen.<br />
These 4:<br />
Symbole – vor allem Ursymbole – sind nicht<br />
willkürlich:<br />
Sie können nicht erfunden werden, sondern entstehen<br />
aus sich selbst heraus, werden in der menschlichen Erfahrung<br />
intuitiv erschlossen. Symbole entwickeln sich<br />
also nicht von ganz allein. Zu ihrer Entwicklung gehört<br />
das Umfeld, die Sozialisation. Selbst Ursymbole müssen<br />
erst gefüllt sein, damit sie für alle ein Symbol sind.<br />
Werden Symbole wie auch Rituale nicht gelebt, sind sie<br />
nicht tragfähig. Denken wir z.B. nur an die Wegerfahrungen,<br />
die jeder gemacht hat. Wer keine Wege geht,<br />
weiß nichts von Hoffnung, Anstrengung, Befriedigung,<br />
Ankommen …<br />
These 2:<br />
Symbole sind sichtbare Zeichen einer unsichtbaren<br />
Wirklichkeit:<br />
Symbole verbinden das, was irdisch sichtbar ist, mit<br />
dem Himmlischen, was nicht sichtbar ist. Symbole zeigen<br />
im immanenten Bereich die Transzendenz. Freundschaft<br />
kann ich aussprechen. Dennoch ist sie nicht sichtbar.<br />
Mit einer Tonscheibe kann ich versuchen, sie sichtbar<br />
zu machen. Wird die Scheibe zerbrochen, bedeutet<br />
das Leid, Trauer, Trennung. Wo die getrennten Teile zusammenkommen,<br />
ist das Zeichen der Freundschaft wieder<br />
deutlich.<br />
These 3:<br />
Symbole erschließen dem Menschen tiefere<br />
Dimensionen einer inneren Wirklichkeit. Sie<br />
sind die Sprache der Religion (H. Halbfas):<br />
Religion ist nur über Symbole zu vermitteln und zu verinnerlichen.<br />
Daher müssen Symbole „gelernt“ werden,<br />
ohne dass sie festgelegt werden. Werden Symbole nur<br />
von außen festgelegt, entziehen sie sich der Erfahrung<br />
des Menschen, d.h. sie werden damit bedeutungslose<br />
Klischees.<br />
These 5:<br />
Symbole sind verdichtete Erfahrungen. Sie<br />
wollen nicht gewusst, sie können nur erfahren<br />
werden:<br />
„Man muss das Licht und die Finsternis erfahren, die<br />
Sonne in Erzählungen und Liedern feiern, durch Türen<br />
ein -und ausgehen; um zu wissen, was Wasser ist, sollte<br />
man den Durst kennen, die Erschöpfung der Hitze, die<br />
Quelle, den Bach, den Fluss und das Meer.“<br />
(H.Halbfas)<br />
These 6:<br />
Symbole sind vielschichtig, sagen das Unsagbare<br />
– Zeichen sind eindeutig, sie haben keinen<br />
„Bedeutungsüberschuss“, sind ersetzbar und<br />
nach Übereinkunft austauschbar:<br />
Denken sie z.B. an das Kreuz: Es ist zum Zeichen verkommen.<br />
Als Zeichen ist es austauschbar. Ist es heute<br />
wirklich noch ein Symbol, in dem die Erfahrungen der<br />
SchülerInnen verdichtet sind? Versuchen wir es doch<br />
einmal so: Meditieren wir den Weg Jesu ans Kreuz:<br />
bejubelt – verspottet – verraten – ausgestoßen –<br />
geschlagen … einen solchen Weg erleben SchülerInnen<br />
in ihrem Leben in Teilen immer wieder. Das sind auch<br />
ihre Erfahrungen. Damit kann das Kreuz wieder zum erfahrenen,<br />
verdichteten Symbol werden.<br />
12<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symboldidaktik<br />
These 7:<br />
Symbole sind ambivalent:<br />
Sie kristallisieren sich um die entgegengesetzten Pole<br />
des Lebens, um das kaum mehr Sagbare herum: Werden<br />
und Vergehen; Licht und Finsternis; Gut und Böse. Deshalb<br />
sind Symbole auf das deutende Wort angewiesen<br />
(Weidinger). Es ist wichtig, dass auch Kinder und<br />
Jugendliche über ihre Vorstellungen reden und befähigt<br />
werden, ihre Erfahrungen verbal auszudrücken.<br />
These 8:<br />
Symbole sind für unser Bedürfnis nach<br />
Eindeutigkeit ein Ärgernis, für unser Bedürfnis<br />
nach Geheimnis und Sinnfülle eine Fundgrube<br />
(Kast):<br />
These 9:<br />
Wer Symbole verstehen lernt, geht von außen<br />
nach innen, von der Oberfläche in die Tiefe, von<br />
der Schale zum Kern (Halbfas):<br />
Es geht eben nicht, dass wir von innen, von uns aus,<br />
nach außen gehen. Damit erstellen wir ein hohles Gebäude,<br />
das schnell zusammenstürzt. Nur über die konkreten<br />
Erfahrungen meines eigenen Lebens kann ich zu<br />
Gott finden. Der Begriff Gott ist hohl und hilft mir ohne<br />
Erfahrungen nicht weiter. (Lachmann)<br />
aus: J. Lay, Symbole, in: Christ sein weltweit. Symbole – Sprache des<br />
Glaubens. Material für den Religionsunterricht, Jahrgang 42<br />
Wir müssen akzeptieren, dass es hier keine Eindeutigkeit<br />
gibt, dass ich auch als ReligionslehrerIn nicht alles<br />
im Griff habe. Aber vielleicht erleben wir gerade darin<br />
Schönes und Freudvolles.<br />
Symbolhaft denken lernen:<br />
von der Schale zum Kern<br />
© Jyoti Sahi<br />
Symbol<br />
Zeichen<br />
• Definierbarkeit<br />
• Eindeutigkeit<br />
(vgl. Verkehrszeichen)<br />
• Hinweis auf verborgene Wirklichkeit<br />
• Repräsentation dieser Wirklichkeit<br />
• Reale Gegenwart<br />
• Vieldeutigkeit<br />
• Ansprechen des Emotionalen<br />
• Sinnstiftung<br />
• Gegenwartserschließung<br />
Klischee<br />
• Abgestorbenes Symbol<br />
• Noch vorhanden aus Gewohnheit<br />
• Emotional besetzt, aber nicht<br />
mehr verstanden<br />
• Routine<br />
• Übergestülpter Ritus<br />
Sinnbild<br />
• Unterscheidung zu Symbol<br />
schwierig, da beide Begriffe im<br />
Deutschen oft gleichgesetzt<br />
• Ansprechen des Rationalen<br />
• Rationale Erkenntnis des Sinnbilds<br />
= Voraussetzung für Erkenntnis<br />
des Versinnbildlichten<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
aus: Religion betrifft uns 5/94. 3, S. 8<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
13
Symbol Baum/Meditation<br />
Der Ashram und der Baum<br />
Manche Bäume im Ashram sind Heilpflanzen,<br />
wie der Muskatnussbaum.<br />
Aber Bäume sind auch theologische Lehrer<br />
und spirituelle Meister.<br />
P. Painadath schildert eine Unterrichtsstunde<br />
bei seinem Lehrmeister:<br />
„Einmal bat ich einen Baum:<br />
,Erzähl mir vom Tod’.<br />
In diesem Moment fiel ein Blatt herunter.<br />
Das war schon die Antwort.“<br />
Das Blatt hat eine Angst erlebt –<br />
die Angst den Mutterbaum zu verlassen,<br />
die Angst vor dem letzten Fallen.<br />
Aber wohin fällt das Blatt?<br />
Es fällt in nichts Fremdes,<br />
es fällt in den Boden,<br />
aus dem der Baum wächst.<br />
Mutter Erde fängt das Blatt liebevoll auf<br />
und verwandelt es.<br />
Vor vielen indischen Tempel stehen<br />
Feigenbäume, verehrt als heilige Pflanzen.<br />
Buddha hatte unter einem Feigenbaum<br />
seine Erleuchtung.<br />
Der Baum zeigt:<br />
Alles ist mit allem verbunden.<br />
Kein Blatt kann zum anderen sagen:<br />
„Du bist mir fremd.“<br />
Alle Zweige und Blätter kommen<br />
aus den selben Wurzeln.<br />
Die Wurzeln selbst sind unsichtbar.<br />
So wie der Baum aus den Wurzeln lebt,<br />
die man nicht sieht,<br />
so lebt der Mensch aus dem Geistigen,<br />
das verborgen liegt.<br />
Gott heilt durch den Baum –<br />
durch seine Blätter die zu Medizin werden,<br />
durch seine gute Schwingung,<br />
und durch seinen spirituellen Rat:<br />
Du bist mit allem verbunden,<br />
Lebe aus deinen Wurzeln,<br />
lass dich verwandeln.<br />
G. Bauernfeind<br />
© Rel.Päd.Seminar d.Diöz.Regensburg<br />
Der Baum zeigt:<br />
Alles ist mit allem verbunden. Kein Blatt kann<br />
zum anderen sagen: „Du bist mir fremd.“<br />
14<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Baum<br />
DAS UR-SYMBOL BAUM<br />
Der Baum ist das Symbol des Lebens schlechthin: In seiner Gestalt und seiner<br />
Lebensform wird jeder Baum zum Gleichnis menschlichen Lebens. Unzählige<br />
Parallelen finden sich zwischen Mensch und Baum.<br />
Die Wurzeln fest in der Erde verankert, lassen<br />
nach dem Grund unseres Lebens frage: Worin<br />
haben wir uns verwurzelt, woher kommen wir? Der<br />
Stamm öffnet den Blick auf die Frage: Wer oder was<br />
gibt meinem Leben Halt? Die Baumkrone, die dem<br />
Licht, dem Himmel entgegenwächst, lässt schließlich<br />
nach unseren Sehnsüchten und Wünschen fragen:<br />
Wonach strecke ich mich aus? Wohin möchte<br />
ich wachsen? Blätter, Blüten und Früchte lassen uns<br />
fragen nach dem, was wir in unserem Leben erreicht<br />
haben oder noch erhoffen.<br />
Der Baum nimmt seine Lebenskraft aus allen vier<br />
Elementen: Mit der Wurzel steht er fest verankert in<br />
der Erde, aus der er Wasser als Nahrung zieht. Seine<br />
Farbe erhält er vom Licht der Sonne, deren Kraft<br />
ihn auch wachsen lässt. Der Wind schließlich sorgt<br />
für die Bestäubung und Fortpflanzung. Der Baum<br />
hört bis zu seinem Absterben nie auf zu wachsen.<br />
Wie kaum ein anderes Lebewesen machen Bäume<br />
den Wechsel der Jahreszeiten deutlich: Bäume führen<br />
uns Jahr für Jahr den Kreislauf des Lebens vor<br />
Augen.<br />
aus: E. Bihler, Symbole des Lebens – Symbole des Glaubens II. Werkbuch<br />
für Religionsunterricht und Katechese, Lahn-Verlag Limburg,<br />
1998 3 , S.166<br />
Baum werden<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Der Mensch ist wie ein Baum, wie ein „umgekehrter<br />
Baum“, sagten die Weisen im Osten. Auch Platon<br />
sah es so. Die anatomische Struktur des menschlichen<br />
Körpers ähnelt einem Baum. Das Gehirn ist<br />
wie ein Wurzelstock. Von da aus wachsen Blutgefäße,<br />
Lymphen, Nerven und Meridiane nach unten<br />
– wie Äste und Zweige. Ein Querschnitt der Lunge,<br />
des Gehirns, der Nieren sowie eines Muskels zeigt<br />
große Ähnlichkeit zur Baumgestalt. Die Plazenta<br />
sieht wie eine Pflanze aus. Der menschliche Körper<br />
steht und wächst also wie ein Baum.<br />
Ständig werden wir Menschen von Bäumen und<br />
Pflanzen ernährt: Getreide und Gemüse, Früchte<br />
und Blätter ... Heilkräuter richten die Kranken auf,<br />
Blumen erfrischen unsere Herzen. Die Bäume atmen<br />
Sauerstoff aus, von dem wir leben. Bäume sind<br />
die ernährenden Mutterbrüste der Erde, die uns umarmenden<br />
und segnenden Hände der Mutter-Erde.<br />
Der Baum erweckt die geistige Intuition der Weisen,<br />
die schöpferische Phantasie der Künstler und Dichter.<br />
Seit ältester Zeit haben die Meister unter Bäumen<br />
gelehrt. Buddha erhielt seine Erleuchtung unter<br />
dem Baum. Jesus lehrte oft unter Bäumen. Der<br />
Baum ist der Urmeister der Menschheit.<br />
Der Mensch ist berufen, Baum zu werden, den inneren<br />
Baum in sich zur Entfaltung zu bringen – den<br />
Baum des Lebens, den Baum der wahren Erkenntnis.<br />
Wer die Sprache des Baumes versteht, erfährt<br />
mehr „Boden unter den Füßen“.<br />
Meditation<br />
© Zerche<br />
Wie ein Baum stehen wir fest im göttlichen Grund<br />
verwurzelt. Wir verzweigen uns mit Gedanken und<br />
Gefühlen zu anderen Menschen.<br />
Wie ein Baum erhalten wir das erhellende Licht der<br />
göttlichen Sonne und den belebenden Atem des göttlichen<br />
Geistes.<br />
Wie ein Baum tragen wir Früchte der Liebe und Güte<br />
im Denken und im Einsatz.<br />
Wie Blätter eines Baumes sind wir in der Tiefe miteinander<br />
verbunden und ernähren uns gegenseitig.<br />
Wie ein Baum zu wachsen, blühen, reifen und Früchte<br />
zu tragen – das macht unser Leben frei und glücklich.<br />
Und wenn der letzte Atem von uns zurückgenommen<br />
wird, kehren wir wie ein Baum zurück zu göttlichem<br />
Mutterboden, worin wir uns ewig geborgen fühlen.<br />
Ein Baum werden!<br />
aus: S. Painadath, Das Sonnengebet. Ein Übungsbuch zum Tagesbeginn,<br />
Kösel Verlag, 2000, S.67ff<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
15
Symbol Baum<br />
BAUM-GEBÄRDEN<br />
Der Mensch ist berufen, Baum zu werden, den inneren Baum in sich zur Entfaltung zu<br />
bringen – den Baum des Lebens, den Baum der wahren Erkenntnis. Wer die Sprache des<br />
Baumes versteht, erfährt mehr „Boden unter den Füßen“:<br />
Dazu könnte die folgende Reihe von Gebärden helfen. Mittels der Gebärden durchleben<br />
wir den Werdegang des Baumes. Und dadurch werden wir uns des inneren Baumes<br />
bewusster: Wir erfahren den Baum, der aus dem Verwurzeltsein im göttlichen Grund<br />
das Verbundensein mit den Mitgeschöpfen fördert. So wird die Gestaltung des Tages<br />
bodenfest und befreiend.<br />
1. Einheit mit der Erde spüren.<br />
5. Die Kraft der Sonne weckt mich auf.<br />
2. Das Samenkorn bereitet sich<br />
auf das Keimen vor.<br />
6. Der Baum richtet sich<br />
aus der Erde auf.<br />
7. Der Lebenssaft treibt die<br />
Sprösslinge heraus<br />
3. Aus dem Mutterleib der Erde –<br />
herausgesprossen – doch darin verwurzelt.<br />
4. Das Licht der Sonne bricht ein.<br />
8. und bringt die Blätter<br />
zur Entfaltung.<br />
16<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Baum<br />
13. Die Früchte lassen die Äste<br />
zur Erde sinken.<br />
9. Der Baum öffnet sich<br />
in allen Zweigen.<br />
10. In der Krone erstrahlen<br />
die Blüten.<br />
14. Zurück zur Erdenheimat.<br />
11. Schatten und Schutz spendend<br />
steht der Baum da.<br />
15. Sich im Mutterschoß der Erde<br />
geborgen fühlen.<br />
12. In allen Richtungen und<br />
für alle Lebewesen.<br />
Meditation:<br />
Wie ein Baum geerdet sitzen!<br />
aus: S. Painadath, Das Sonnengebet. Ein Übungsbuch zum Tagesbeginn, Kösel Verlag, 2000, S.69ff<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002 Mit allen Sinnen glauben 17
Symbol Baum<br />
Baum-Theologie<br />
von S. Painadath<br />
© Zerche<br />
Der Vater als der Wurzelstock<br />
Wir möchten hier das Symbol des Baumes etwas<br />
näher meditieren. Der Baum wächst aus dem verborgenen<br />
Wurzelgrund, der das Symbol des unfassbaren<br />
göttlichen Grundes ist. Keiner sieht die<br />
Wurzel. Und diesen göttlichen Wurzelgrund nannte<br />
Jesus Vater. „Niemand hat den Vater je gesehen;<br />
keiner hat seine Stimme gehört.“ (Joh. 1,18; 5,37)<br />
Wenn man den Baum fragt, woher er kommt, käme<br />
die Antwort: „Ich weiß, woher ich komme, ihr aber<br />
wisst es nicht.“ (Joh. 8,14)<br />
Im mystischen Selbstbewusstsein Jesu ist der Vater<br />
der verborgene Wurzelstock, aus dem er kam. Der<br />
Vater ist das Woraus des Baumes. Jesus hatte diese<br />
Erfahrung des Herausgehens aus dem Wurzelboden<br />
des Vaters: „Vom Vater bin ich ausgegangen.“<br />
(Joh. 16,28; 17,8; 8,42; 13,01)<br />
Aber das Heraustreten heißt nicht Trennung: „Ich<br />
bin im Vater, der Vater ist in mir. Ich und der Vater<br />
sind eins.“ (Joh. 10,30; 17,21). Jesus lebte in diesem<br />
tiefsten göttlichen Einheitsbewusstsein.<br />
Der Sohn als der Stamm<br />
Der Wurzelstock öffnet sich im Stamm. Der Stamm<br />
ist das Selbstheraustreten der verborgenen Wurzel.<br />
Der Sohn ist das Selbstherausfließen des Vaters. Mit<br />
einer Art Stammbewusstsein sagte Jesus: „Ich hole<br />
das Leben aus dem Vater.“ (Joh. 6,57)<br />
„Der Vater, die Urquelle des Lebens, hat dem Sohn<br />
gegeben, das Leben zu vermitteln.“(Joh. 5,26). Ständig<br />
sendet der Wurzelboden den Stamm aus: „Der<br />
Vater, der mich ausgesandt hat, ist bei mir … in mir<br />
… ich in ihm“ (Joh. 8,29; 17,21). Darum konnte Jesus<br />
mit einem tiefen Gottesbewusstsein sagen: „Wer<br />
mich sieht, sieht den Vater.“ (Joh. 14,9).<br />
„Wer mich hört, hört den Vater; die Worte, die ich<br />
spreche, sind nicht meine Worte, sondern die Worte<br />
des Vaters.“(Joh. 14, 10, 24; 12,19 )<br />
Durch den Stamm erkennt man die Wurzel; durch<br />
den Sohn erkennt man den Vater (Joh.14,7).<br />
Der Stamm ist der eigentliche Weg zum Wurzelstock,<br />
die Wahrheit, Öffnung des verborgenen Wurzelgrunds<br />
und das Leben, das aus dem Schoß der Erde<br />
hervorströmt. (Joh.14,6)<br />
Niemand erreicht die Wurzel außer durch den<br />
Stamm; keiner erreicht den Vater außer durch den<br />
Sohn. (Joh.14,6)<br />
Der Stamm ist eigentlich der Sohn (die Tochter) der<br />
Wurzel. Ständig gebiert die Wurzel den Stamm.<br />
Der Geist als der Lebenssaft<br />
Aus der verborgenen Tiefe des Wurzelstocks fließt<br />
der Saft des Baumes durch den Stamm. Geist ist der<br />
Saft im Göttlichen. Geist ist Wasser, das lebensspendende<br />
Wasser (Joh. 7,39). Der Geist fließt wie<br />
der Saft des Baumes aus dem Vater zum Sohn und<br />
vom Sohn zum Vater zurück in gegenseitiger Durchdringung<br />
(Perichorese). Der Geist ist das göttliche<br />
Lebensprinzip, das den Vater und den Sohn in Wesenseinheit<br />
verbindet. In diesem Bewusstsein sprach<br />
Jesus von dem „vom Vater ausgehenden Geist“<br />
(Joh.15,26), der „durch den Sohn wie durch einen<br />
Brunnen hervorsprudelt.“ (Joh. 7,39)<br />
Der Geist ist das Selbstausgießen der göttlichen<br />
Liebe (Röm. 5,5), und das Selbstausströmen des göttlichen<br />
Lebens (Joh. 6,63), das Selbstausstrahlen des<br />
göttlichen Lichtes (Joh. 8,12) und die Selbstoffenbarung<br />
der göttlichen Wahrheit (Joh.14,17, 15,26):<br />
Und Jesus spürte ständig diese Dynamik des Geistes<br />
in sich: „Der Geist hat mich gesalbt und ausgesandt.“<br />
(Luk. 4,18; 4,1) Er verstand sich als Brunnen,<br />
aus dessen väterlicher Quelle das Wasser des Geistes<br />
hervorströmte (Joh. 7,37–39; 4,14). Er lud die<br />
Menschen ein, aus diesem göttlichen Wasser des<br />
Geistes immer neugeboren zu werden. (Joh. 3,5)<br />
18<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Baum<br />
METHODEN<br />
Bäume sprechen<br />
Leben wächst in Ringen<br />
Das Alter der Bäume erkennt man an ihren Jahresringen.<br />
An den einzelnen Ringen, ihrer Breite, Färbung kann<br />
man erkennen, ob das jeweilige Jahr ein gutes (breite<br />
Ringe) oder ein schlechtes war.<br />
Überlege: Wie war es mit deinem Leben bisher? Versuche<br />
die Jahresringe deines Lebens zu zeichnen, unterscheide<br />
dabei gute und schlechte Zeiten nach Farben.<br />
Im Gespräch sollte darauf geachtet werden, dass die<br />
Intimsphäre jedes einzelnen gewahrt bleibt. Das heißt<br />
die Bilder werden nicht der Allgemeinheit gezeigt,<br />
sondern dienen nur als Bewusstwerdungsprozess des<br />
eigenen Lebens.<br />
nach: E. Bihler, Symbole des Lebens - Symbole des Glaubens II. Werkbuch<br />
für Religionsunterricht und Katechese, Lahn-Verlag Limburg,<br />
1998 3 , S.202<br />
Jeder braucht Wurzeln<br />
Jeder Baum und auch jeder Mensch braucht Wurzeln.<br />
Beim Baum gehen sie in den fruchtbaren Mutterboden,<br />
beim Menschen erwachsen sie einem geistigen Nährboden<br />
– eines jeden Leben wird durch nahe stehende<br />
Menschen beeinflusst und begünstigt. Zeichne deinen<br />
Stammbaum – zunächst den deiner Familie, trage dann<br />
noch mit einer anderen Farbe die Personen ein, die nicht<br />
zu deiner Familie gehören, aber dennoch für deine Entwicklung<br />
von Bedeutung sind.<br />
aus: G. Schmiz, Symbole. Urbilder des Lebens, Urbilder des Glaubens.<br />
Ein unterrichtspraktisches Handbuch mit Arbeitsblättern für die Klassen<br />
5 bis 10, Lahn-Verlag Limburg, 1998, S. 11<br />
Zur Vertiefung<br />
Lies die nebenstehenden Zitate durch und lasse sie eine<br />
Weile auf dich wirken. Welches Zitat sagt dir am meisten?<br />
Versucht in Partnerarbeit die Aussagen der Kurztexte in<br />
eigenen Worten zusammenzufassen.<br />
Hast du selbst auch einen Lieblingsbaum, zu dem du<br />
dich hingezogen fühlst oder mit dem du intensive Erinnerungen<br />
verbindest?<br />
Tue deine Augen auf und geh zu einem Baum!<br />
Sieh ihn an und besinne dich. (Jakob Böhme)<br />
Mehr lernst du in den Wäldern als aus Büchern.<br />
Holz und Stein werden dich lehren, was du von<br />
den Lehrern nicht lernen kannst.<br />
(Bernhard v. Clairvaux)<br />
Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu<br />
sprechen weiß, wer ihnen zuzuhören weiß, der<br />
erfährt die Wahrheit. Sie predigen nicht Lehren<br />
und Rezepte; sie predigen um das Einzelne unbekümmert,<br />
das Urgesetz des Lebens. Ein Baum<br />
spricht: ich lebe das Geheimnis meines Samens<br />
zu Ende, nichts anderes ist meine Sorge. Ich<br />
vertraue darauf, dass Gott in mir ist.<br />
(Hermannn Hesse)<br />
Die Bäume stehen wie die sehnenden Wünsche<br />
der Erde auf Zehenspitzen, um einen Blick in<br />
den Himmel zu tun … Die Bäume steigen zu<br />
meinem Fenster empor, wie der sehnsüchtige<br />
Ruf der stummen Erde. Sei still, mein Herz, diese<br />
großen Bäume sind Gebete …<br />
(Rabindranath Tagore)<br />
Wie der Baum seine Blätter, so lasse ich meine<br />
Worte zur Erde fallen, lasse meine Gedanken<br />
unausgesprochen in Gottes Schweigen erblühen.<br />
Der Baum ist beflügelter Geist; erlöst von<br />
den Fesseln des Samenkorns, verfolgt er das<br />
Abenteuer des Lebens ins Unbekannte.<br />
(Rabindranath Tagore)<br />
Bäume sind Gedichte, die die Erde in den<br />
Himmel schreibt.<br />
(Khalil Gibran)<br />
aus: A.L. Balling, Bäume, Freunde der Menschen, <strong>Missio</strong>nsverlag<br />
Marianhill<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
19
Symbol Baum<br />
DAS THOMAS KREUZ:<br />
LEBENSBAUM UND STERN<br />
Im Kreuz der Thomas-Christen verschmelzen zwei Traditionen: das biblische<br />
Erbe und die religiösen Bilder Indiens.<br />
„Im Christentum Keralas war der auferstandene<br />
Christus viel präsenter als in der Theologie der westlichen<br />
<strong>Missio</strong>nare!“ meint Scaria Zacharia, Experte<br />
für das Leben der indischen Thomas Christen.<br />
„Auf unseren Kreuzen hängt kein Gekreuzigter. Bei<br />
uns war die Verzierung des Kreuzes mit Blumen sehr<br />
wichtig: Christus ist erstanden, wir wollen uns<br />
freuen!“<br />
Tatsächlich nimmt das Thomas-Kreuz Motive aus<br />
der prophetischen Literatur des alten Testaments<br />
auf. Das Sternmotiv aus Numeri 24, 17: „Ein Stern<br />
geht in Jakob auf“ und das Bild vom Lebensbaum:<br />
„Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis<br />
hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt<br />
Frucht.“<br />
Neben diesen prophetischen Bildern, die sich in<br />
Christus erfüllten, übernahm die frühe syrische<br />
Kirche in Indien aber auch Symbole aus den vorhandenen<br />
religiösen Traditionen. So sehr, dass Vasco da<br />
Gama einmal einen Tempel der Göttin Kali mit einer<br />
christlichen Kirche verwechselt haben soll. Im Thomas-Kreuz<br />
ist es z. b. der Bogen, der auf einen Mund<br />
eines mythischen Wassertieres zurückgehen soll.<br />
Im Thomas-Kreuz sind die Ursymbole des Himmels<br />
und der Welt, Gottes und des Menschen vereint:<br />
Baum, Wasser, Licht. Somit steht dieses Kreuz nicht<br />
nur für die Abgrenzung des christlichen Glaubens,<br />
sondern auch für die Integrationsfähigkeit des<br />
Christentums.<br />
Das Thomas-Kreuz ist in Kerala/Indien in vielen<br />
Gemeinden anzutreffen.<br />
© Zerche<br />
20<br />
Die Thomas-Christen<br />
Die Christen Indiens berufen sich auf den Apostel<br />
Thomas: Im Jahr 52 soll der Apostel das Evangelium<br />
gebracht haben. Manches spricht dafür,<br />
manches dagegen; die zahlreichen römischen<br />
Münz-Funde belegen, dass es rege Handelsbeziehungen<br />
mit Rom und auch Jerusalem gab. Unbestreitbar<br />
ist, dass es schon in den ersten nachchristlichen<br />
Jahrhunderten im heutigen Kerala, im<br />
Südwesten des indischen Subkontinents, eine kleine<br />
Schar von Christen gab. Als die Portugiesen im<br />
16. Jahrhundert nach Indien kamen, waren sie überrascht,<br />
christliche Gemeinden vorzufinden.<br />
Die „Thomas-Christen“ hatten über Jahrhunderte<br />
hinweg nur losen Kontakt zur übrigen christlichen<br />
Welt und trotzdem den Glauben bewahrt. Sie waren<br />
verbunden mit den Kirchen in Ostsyrien und<br />
Persien. Ab dem 8. Jahrhundert entsandte der Katholikos<br />
von Seuleukia-Ktesiphon (Mesopotamien,<br />
heute Irak) Bischöfe nach Kerala.<br />
Das Leben der örtlich christlichen Gemeinschaft war<br />
durch eine Versammlung (palliyogam) geregelt, in<br />
der die gesamte Dorfgemeinschaft durch Familienoberhäupter<br />
vertreten war. Den anderen Religionen<br />
gegenüber war man tolerant: auch den Hinduismus<br />
und den Islam akzeptierte man als Wege zu Gott.<br />
Nach der Ankunft der Portugiesen wurde auf einer<br />
Synode die Vorherrschaft Roms eingeleitet. Schon<br />
nach 50 Jahren kam es aber zur ersten von vielen<br />
Spaltungen. Innerhalb der katholischen Kirche<br />
Indiens gibt es heute drei große Riten: den lateinischen,<br />
den syromalabarischen und den syromalankarischen<br />
Ritus.<br />
G.B.<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Baum<br />
Meditation<br />
Ich betrachte das Thomas-Kreuz<br />
von Kottayam-Valiyapally<br />
Es ist ein Kreuzes-Bild mit vielen Details.<br />
Inmitten des großen Bildes entdecke ich kleine<br />
Bilder, die mir helfen, das Kreuz zu verstehen.<br />
Drei Stufen führen zum Kreuz hin.<br />
Wenn man in Indien ein Bergheiligtum erreichen<br />
will, dann muss man über Stufen nach oben gehen.<br />
Oft ziehen sich Menschen<br />
zum Gebet auf Berge zurück.<br />
Als Jesus auf einen Berg ging, erschien ihm Elija,<br />
sein letzter Weg führte ihn auf den Berg Golgotha.<br />
Nach den Stufen sehe ich einen Halbbogen.<br />
Das könnte ein Regenbogen sein<br />
oder die Hälfte der Erdkugel.<br />
Es erinnert auch an Wasserströme.<br />
Das Wasser des Lebens fließt aus dem Kreuz heraus,<br />
aber gleichzeitig wächst aus dem Wasser<br />
etwas Neues:<br />
Es sind Blätter.<br />
Sie erinnern an die Lotusblume,<br />
die auf dem Wasser wächst, oft auch im Sumpf.<br />
Die Blätter sind die Frucht eines Baumes.<br />
Sie gehören zum Kreuz,<br />
das auch ein Baum ist.<br />
Weiter oben, wo sich die Kreuzesbalken treffen,<br />
sehe ich kleine Blütenblätter mit einem Zentrum.<br />
Wie eine Perle strahlt hier das Licht<br />
in alle vier Himmelsrichtungen.<br />
Die Perle ist ein Symbol für Jesus.<br />
Von hier gehen Licht und Wärme in die ganze Welt,<br />
über alle vier Arme des Kreuzesbaumes.<br />
Über dem Kreuz sehe ich eine Taube.<br />
In der Tradition der Thomas-Christen<br />
symbolisiert die Taube den Heiligen Geist,<br />
in manchen Traditionen ist die Taube auch<br />
das Symbol für die Liebe.<br />
Der Geist Gottes, seine Liebe kommt über das<br />
Kreuz in die Welt.<br />
Über dem großen Kreuz steht noch ein kleines Kreuz.<br />
Zwei Kreuzesenden werden von<br />
je einem Pfau geküsst.<br />
Der Pfau ist der Nationalvogel Indiens und<br />
in der religiösen Tradition mit dem Gott<br />
Subrahmaniam verbunden<br />
(einem der Söhne Shivas).<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Im frühen Christentum symbolisierte der Pfau<br />
die Liebe Gottes, aber auch die Liebe der<br />
Menschen zueinander und das Paradies:<br />
Wer liebt, erhält Unsterblichkeit, das Paradies,<br />
den Himmel und das ewige Leben.<br />
Ich lasse mich von diesem Bild anstrahlen.<br />
Gott erleuchtet durch dieses Symbol die Welt.<br />
Ich stelle mir vor, dass viel Licht von diesem Bild<br />
in mich fließt.<br />
Das Kreuz ist das Symbol der Liebe Gottes.<br />
Licht und Liebe fließen in mich.<br />
Vielleicht verstehe ich jetzt, was auf dem Sockel<br />
in ostsyrischer Sprache steht:<br />
Ich will mich allein des Kreuzes Christi unseres<br />
Herrn rühmen (Gal.6,14).<br />
G. Bauernfeind<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
21
Symbol Wasser/Meditation<br />
Der Ashram und das Wasser<br />
„Wenn jemand nicht beten kann,<br />
soll er sich an den Fluss setzen.<br />
Das beruhigt die Gedanken,<br />
das heilt die Seele.<br />
Deshalb soll ein Ashram am Fluss liegen“, meint P. Painadath.<br />
Etwas weiter oben am Fluss steht ein Hinduheiligtum.<br />
Es ist ein Pilgerzentrum und eine Stätte der<br />
Priesterausbildung für junge Hindus.<br />
Früh am Morgen steigen die Priesterschüler<br />
ins Wasser.<br />
Sie tragen safranfarbene Tücher um die Leibmitte<br />
und beginnen wie viele Hindus den Tag im Fluss:<br />
Sie spritzen sich an, lachen und tauchen unter.<br />
Dann – eben noch mitten im Herumalbern –<br />
beginnt einer mit einem religiösen Ritual:<br />
er verharrt einige Augenblicke in Ruhe,<br />
nimmt eine Handvoll Wasser,<br />
bewegt seine Hand<br />
nach oben, nach unten<br />
lässt Wasser über die andere Hand laufen,<br />
murmelt Gebete,<br />
berührt seine Stirn und<br />
faltet die Hände.<br />
„Surya Namaskar“ heißt das Ritual:<br />
Ich empfange die aufgehende Sonne,<br />
das Symbol Gottes.<br />
Ich stehe im Fluss,<br />
dem Ort der Heiligkeit.<br />
Wenn ich jetzt bete, reinige ich mein Herz.<br />
Aber der Fluss – Lebensgrundlage für<br />
drei Millionen Menschen – ist gefährdet:<br />
Firmen und Privatpersonen holen Sand Ein hinduistischer Priesterschüler<br />
aus dem Flussbett,<br />
beim rituellen Bad am Morgen<br />
Sand, der das kostbare Nass reinigt.<br />
Sollte das Flussbett noch tiefer werden,<br />
kann Meerwasser eindringen und die Wasser-Qualität zerstören.<br />
Deshalb muss der Fluss geschützt werden!<br />
Ein hinduistischer Nachbar des Ashrams und P. Painadath<br />
schreiben Protestbriefe an Politiker, publizieren in Zeitungen<br />
und drucken Klebeetiketten:<br />
Wasser ist kostbar!<br />
Geh sorgsam damit um!<br />
Diesen Spruch liest man jetzt auch auf dem<br />
Trinkwasser-Behälter im Ashram.<br />
Und wenn die Frauen ihre Wäsche zum Waschen an den Fluss tragen,<br />
dann nehmen sie auch ihre Sorgen mit –<br />
und der Fluss trägt sie ans Meer.<br />
G. Bauernfeind<br />
© Zerche<br />
22<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Wasser<br />
DAS UR-SYMBOL WASSER<br />
O Wasser, mit heilbringendem Balsam erfüllt,<br />
der meinen Körper sicher erhält,<br />
komm, dass ich lange die Sonne sehe.<br />
Welche Sünde in mir ist,<br />
welche üble Tat ich begangen habe,<br />
falls ich gelogen oder falsch geschworen habe,<br />
Wasser, entferne es weit von mir.<br />
Rig- Veda X, 9,7-8<br />
Du hast den Wassern eine Grenze gesetzt,<br />
sie dürfen sie nicht überschreiten;<br />
nie wieder sollen sie die Erde bedecken.<br />
Du lässt die Quellen hervorsprudeln in den Tälern,<br />
sie eilen zwischen den Bergen dahin.<br />
Allen Tieren des Feldes spenden sie Trank,<br />
die Wildesel stillen ihren Durst daraus.<br />
An den Ufern wohnen die Vögel des Himmels,<br />
aus den Zweigen erklingt ihr Gesang.<br />
Du tränkst die Berge aus deinen Kammern,<br />
aus deinen Wolken wird die Erde satt.<br />
(PS 104,9-13)<br />
Impuls<br />
Vergleiche die beiden Texte: Welche Bedeutung wird<br />
dem Wasser hier gegeben? Welche Aspekte werden im<br />
jeweiligen Text betont?<br />
Wasser als lebensspendendes und reinigendes<br />
Element zeigt sich im übertragenen Sinn in<br />
den vielen Heilquellen, die es bis heute gibt. Als heilige<br />
Flüsse sind uns Jordan und Ganges bekannt, in<br />
denen der Mensch nicht nur äußerlich rein wird,<br />
sondern auch innere Läuterung erfährt. Die innere<br />
Reinigung durch symbolhafte, rituelle Waschungen<br />
ist in vielen Religionen belegt.<br />
Gott schuf das Wasser, und seitdem springt es<br />
aus der Erde, aus Felsen und rinnt in Bächen<br />
und Flüssen, vereinigt sich zu Strömen und fließt<br />
weiter, bis es sich ins Meer gießt und Meer wird.<br />
Ohne Wasser ist die Erde Wüste. Tief in den Leib der<br />
Erde gräbt der Mensch, um Wasser zu schöpfen, und<br />
schenkt es der Erde zurück, um von ihren Früchten<br />
zu leben. Der Bauer hockt auf seinem ausgedörrten,<br />
von der Trockenheit zerrissenen Acker und wartet<br />
auf die Monsunregen. Ohne Wasser kein Reis, kein<br />
Brot. Ohne Wasser Hunger, also Trauer, Unfriede,<br />
Krankheit.<br />
Auch Menschen und Tiere stillen ihren Durst mit<br />
Wasser, um am Leben zu bleiben. Geheimnisvolles<br />
Element, geduldig und still, das, sich schenkend,<br />
Leben lebendig erhält, ohne selbst ,lebendig’<br />
zu sein! Darum ist Wasser Symbol der Hingabe.<br />
aus: M. Kämpchen, Die heiligen Wasser. Psalmenmeditationen aus<br />
Indien, Herder 1980, S. 90f.<br />
Rundum strecken sich die Hände aus nach der Quelle<br />
des Lebens, dem überfließenden Krug (Purna Kumbaham),<br />
der seinen Reichtum spendet, ohne jemals leer<br />
zu werden. auf dem Mundstück des Kruges liegt eine<br />
Kokosnuss, deren weiße runde Mitte die tiefste, unaussprechliche<br />
Wirklichkeit (Sûnya) bedeutet: Ist sie<br />
nicht auch die Eucharistie, nach der alle Hände greifen?<br />
Und erscheinen die Hände nicht wie Strahlen, die von<br />
den Quellen unseres Lebens ausgehen in alle Welt?<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002 Mit allen Sinnen glauben 23
Symbol Wasser<br />
DIE THEOLOGIE DER FISCHER VON MUKKUVAR<br />
Von Georg Bauernfeind<br />
Leben am Wasser: In der Religiosität der indischen Fischer kreist alles<br />
um „Mutter Meer“.<br />
Der Jesuit P.T. Mathew<br />
lebte mit den Fischern<br />
von Mukkuvar<br />
und studierte ihre<br />
Spiritualität.<br />
„Sie sind eine der Gruppen, die am stärksten von<br />
Ausbeutung und Unterentwicklung betroffen sind“,<br />
meint der Jesuit P. Mathew, der seit vielen Jahren in<br />
den Dörfern der südindischen Westküste arbeitet.<br />
Der Ertrag ihrer Fischerei reicht oft nicht zum Überleben<br />
und für die etablierte Gesellschaft gelten sie<br />
als primitive Leute ohne Kultur.<br />
Am Anfang war es klassische Entwicklungshilfe, die<br />
der ausgebildete Sozialarbeiter in einem der Dörfer<br />
begann. Er organisierte Gesundheitsprogramme,<br />
unterrichtete in der Bildungsarbeit für Frauen und<br />
Männer. Manchmal ging es auch darum, einen<br />
Außenbordmotor zu organisieren oder reißfeste<br />
Netze. In den 80er Jahren begann dann die gewerkschaftliche<br />
Arbeit, weil die großen Hochsee-Flotten<br />
immer näher an die Küste heranfuhren. Da blieb<br />
nicht mehr viel übrig für die einfachen Fischer.<br />
Fischer in Indien: Menschen am Rand<br />
Wenn die Männer von Mukkuvar in ihre Boote<br />
steigen, dann weiß keiner von ihnen, ob er das<br />
Ufer wieder sieht. „Du kannst nie sicher sein, ob du<br />
zurückkommst“, sagen die Alten im Dorf. Die Fahrt<br />
hinaus aufs offene Meer ist jedes Mal ein Abenteuer,<br />
dessen Ende ungewiss ist. Da geht es um Leben<br />
und Tod und oft genug um die Erfahrung absoluter<br />
Hilflosigkeit: ausgesetzt dem Sturm, den peitschenden<br />
Wellen, dem tobenden Wasser. Rundherum<br />
ein übermächtiger Gegner, den man ganz<br />
gern zum Freund hätte: „Kadalamma“ – „Mutter<br />
Meer“ – nennen die Fischer von Mukkovar ihren Lebensmittelpunkt.<br />
Aber irgendwann merkte P. Mathew: Entwicklungspolitische<br />
Hilfe und gewerkschaftliche Arbeit<br />
haben ihre Grenzen. „Solange wir die Kultur der Leute<br />
nicht verstehen, ihre Ideen, ihre Werte, bleibt unsere<br />
Arbeit sinnlos.“ Der Jesuit ging mit zum Fischen,<br />
verbrachte Tage und Nächte in Gesprächen mit den<br />
Leuten und lernte immer stärker zu verstehen: das<br />
Herz ihrer Kultur ist die Religion – eine Religiosität,<br />
die ganz um „Mutter Meer“ kreist.<br />
Viele Fischerdörfer dieser Gegend sind katholisch,<br />
bekehrt vom Heiligen Franz Xaver im 16. Jahrhundert.<br />
Die Fischerfamilien nahmen das Christentum<br />
an, ohne ihre alten Gewohnheiten aufzugeben. Nach<br />
wie vor stehen sie in einer liebevollen Beziehung zu<br />
„Mutter Meer“: „Sie ist es, die uns das Leben gibt,<br />
sie ernährt und unterstützt uns“, sagen die Fischer.<br />
Wenn sie ihre Boote ins Meer hinausschieben, greifen<br />
sie kurz ins Wasser, benetzen sich dreimal am<br />
Körper, an Kopf und Bauch – ähnlich dem Kreuzzeichen.<br />
Das ist ihre Form der Verehrung, die sich<br />
auch in einem Sprichwort zeigt: „Es macht nichts,<br />
wenn wir heute hungern, morgen wird Mutter Meer<br />
uns etwas geben.“<br />
Wenn sie dann draußen sind auf dem Meer, singen<br />
sie ihre religiösen Volkslieder im Wechselgesang,<br />
feuern sich umso lauter an, je stärker der Zug am<br />
Netz wird. Da stehen fünfzehn oder zwanzig Leute,<br />
ziehen im Rhythmus am Netz und begehen gleichzeitig<br />
eine heilige Handlung, den zentralen Ausdruck<br />
24<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Fischen ist Leben: Der Unterschied zwischen heilig und profan verschwindet,<br />
Gebet und Arbeit gehen ineinander über.<br />
© Horak<br />
ihres Menschseins. Beten und Arbeiten gehen ineinander<br />
über, der Unterschied zwischen heilig und<br />
profan verschwindet: alles ist eingebettet in die große<br />
Geborgenheit der „Kadalamma“. Selbst die Nacht<br />
verbringen sie am Ufer des Meeres. Sie schlafen im<br />
Sand, nicht in ihren Häusern, die nur zur Aufbewahrung<br />
der Netze dienen. An Land wissen sie nicht<br />
recht was sie tun sollen, da fühlen sie sich fremd.<br />
Sie leben in und mit „Mutter Meer“ und bringen das<br />
auch in ihr Christsein ein. In den großen Kirchen<br />
für „Unsere Frau“ verehren sie die weibliche Seite<br />
Gottes, die aber keineswegs lieblich ist. „Unsere<br />
Frau“ oder auch „Mutter Meer“ wirft sich für die Seeleute<br />
in gefährliche Schlachten, nimmt ein großes<br />
Schild und beschützt sie vor drohenden Gefahren:<br />
sie hat militärisch kämpferische Züge, die nichts mit<br />
pietistischer Frömmelei zu tun haben.<br />
P. Mathew möchte den Glauben dieser Leute nicht<br />
beurteilen, sondern zuerst einmal verstehen. Seine<br />
Studie sei erst ein Anfang. Ihm fällt auf, dass im Westen<br />
das Eingebundensein in einen größeren Zusammenhang<br />
fehlt, alles wird instrumentell gesehen:<br />
Ein Baum ist praktisch, den kann man umschneiden,<br />
einen Fisch, den kann man einfangen<br />
und verkaufen. Bei den Fischerleuten ist das anders:<br />
Das Meer ist heilig, auch der Fisch, der darin<br />
schwimmt. Wenn sie Fische fangen, dann beten sie<br />
vorher. Alles ist mit allem verbunden. Und deshalb<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
steigen sie auch wieder neu ins Boot und fahren aufs<br />
Meer, weil „’Mutter Meer’ für uns sorgen wird“.<br />
James, ein junger Fischer erzählt über seine erste Fahrt<br />
in tiefes Gewässer:<br />
Das ist eine Erfahrung, die ich nie vergessen werde. Weit<br />
draußen am Meer gab es keine Spur von Land. Es war<br />
Wasser auf allen vier Seiten. Ich fühlte, dass ich in einem<br />
großen Korb Wasser saß, auf vier Seiten umgeben von<br />
einer riesigen Wand blauen Himmels, die auch die Spitze<br />
bedeckte, wie ein Zelt...Es war eine fantastische Erfahrung<br />
dort zu sein, aber es war auch die Erfahrung<br />
äußerster Hilflosigkeit.<br />
Der Fischer Panidasan erklärt:<br />
Es ist das Meer, das überall um uns herum ist, und es<br />
ist das Wasser, das das Land unterstützt. Wasser ist<br />
Kraft! Das Meer existierte, bevor das Land entstand. Am<br />
Anfang, bevor Gott die Welt erschuf, da existierte nur<br />
Gottvater und das Wasser.<br />
Zur Vertiefung<br />
Welche Bedeutung hat das Meer für die Fischer von<br />
Mukkuvar?<br />
Was ist das prägende Gottesbild der Fischer?<br />
Welchen Unterschied seht ihr zu unserer Sicht der Welt?<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
25
Symbol Wasser<br />
SEHNSUCHT<br />
Eine Erzählung von Martin Kämpchen<br />
Psalmen im Kontext des indischen Lebens: Im agrarischen Indien ist der jährliche<br />
Monsun lebenswichtig. Gott gab den Menschen Leben. Im Monsun erneuert<br />
und erhält er es.<br />
26<br />
Die Sonne hat seit Wochen, von keiner Wolke,<br />
keinem Regentropfen besänftigt, aufs Land gebrannt.<br />
Tagsüber hocken die Menschen in den Hütten,<br />
blind in deren Dunkelheit, und dösen. Starr ist<br />
die Natur in der Hitze, heißer Staub liegt auf den<br />
Wegen. Die Natur wartet, fastend, damit es regne.<br />
Der Acker wird rissig und alt. Nur Disteln wachsen<br />
und stechen weit ausgreifend in die flimmernde Luft.<br />
Die Bauern warten; sie lieben ihre Felder, von deren<br />
Ernten sie zu Männern herangewachsen sind.<br />
Sie haben gepflügt und warten, dass sich eine Luft<br />
rege, eine Wolke am Horizont erscheine – die ersten<br />
Zeichen des Monsuns.<br />
Während sie in den Hütten hocken, bricht Streit<br />
aus. Einer beschuldigt den anderen, er habe<br />
seine Ehre verletzt. Die Streitreden dauern den Tag<br />
über; man isst mit dem Rücken zum andern gewandt.<br />
Die leeren Tage des Wartens füllen sich mit<br />
Gift. Nur die Disteln wachsen höher.<br />
Doch ein Bauer wartet und fastet stumm wie die<br />
Natur. Der Brand der Luft ist unerträglich geworden,<br />
selbst die Nächte sind dumpf. Wach bleibt er<br />
liegen, unruhig sich wälzend, während die Kinder<br />
im halben Schlummer weinen.<br />
… Wenn ich auf meinem Lager Deiner gedenke,<br />
in durchwachten Nächten mein Sinnen<br />
Dich sucht.<br />
Die nächste Morgenröte wird sich zur vorbestimmten<br />
Stunde über den Osten breiten; die Nacht ist<br />
lang, doch nicht endlos. Der Monsun aber, das<br />
nährende Nass, mein Gott, Du schickst es, oder Du<br />
schickst es nicht. Wer kennt Deine Wege! Wie oft<br />
blieb der Regen aus, und sie darbten das Jahr durch.<br />
Schwere Regenwolken zogen auf, ballten sich zusammen,<br />
doch ein starker Wind fegte sie zum Horizont.<br />
Nein, die Sehnsucht zieht die Erfüllung nicht<br />
herab.<br />
Warum wartet jener Bauer in der Hütte dennoch wie<br />
einer, der sich aufspart, wie ein Liebender? Sein<br />
älterer Bruder verspottet ihn, selbst seine Frau hört<br />
auf den Rat der geschwätzigen Nachbarinnen.<br />
An einem Abend legt sich der Bauer nicht auf die<br />
Matte neben seiner Frau nieder. Er geht die dunklen<br />
Staubpfade des Dorfes entlang bis zum Rand der<br />
Felder. Dort, im schweren Schatten der Palmwedel<br />
hockt er sich nieder und hält Wache; wie ein Wächter<br />
am Tor, wie ein kantiger Fels, entschlossen auszuharren.<br />
Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir,<br />
höre, o Herr, meine Stimme.<br />
Die Stunden vergehen, und der Bauer fühlt, wie<br />
Schwäche seine Entschlossenheit aushöhlt. Er<br />
ist versucht, sein Fasten zu brechen, zu essen und<br />
zu trinken und sich zur Ruhe zu legen. Doch kann<br />
er nicht. Der Bauer will leben, er und alle Bauern<br />
wollen doch nur leben; mit der Macht seines Lebens<br />
sehnt er sich nach dem Gott des Lebens.<br />
0 Gott, mein Gott bist Du,<br />
in Sehnsucht suche ich Dich.<br />
Meine Seele dürstet nach Dir,<br />
mein Leib verlangt nach Dir, wie dürres,<br />
dürstendes Land, das des Wassers entbehrt.<br />
Als ein fahler Schein im Osten die Dunkelheit vertrieb,<br />
da erhebt sich ein kleiner Wind. Der Bauer geht<br />
über die harten Schollen, er berührt den Acker, das<br />
Gras, die Sträucher und benetzt seine Hände mit<br />
den Tropfen Tau. Die Sonne steigt auf und blickt ihn<br />
mild mit halbgeschlossenen Lidern an. Er fühlt sich<br />
vom Tau wie eingehüllt. Als sei eine Träne aus dem<br />
Auge Gottes gefallen. Sie ist für Gott der Schmerz<br />
über die ausgedörrte Schöpfung. Der Bauer und alle<br />
Menschen aber empfangen sie freudig als den Boten<br />
des Regens. Kann Sehnsucht dennoch die Erfüllung<br />
zur Erde ziehen? So wie das Morgenrot unausweichlich<br />
der Nacht folgt? An diesem Tag fiel der<br />
erste Regen; Mutter Erde empfing ihre lang erwarteten<br />
Kinder, die Regentropfen, und drückte sie an<br />
ihre Brust.<br />
Singet dem Herrn und sagt Ihm Dank,<br />
preist unsern Gott mit Zitherspiel.<br />
Ihn, der den Himmel mit Wolken bedeckt,<br />
und Regen der Erde bereitet;<br />
der Gras auf den Bergen sprossen lässt,<br />
und Kräuter, dem Menschen zu dienen;<br />
der allem Vieh seine Nahrung gibt …<br />
aus: M. Kämpchen, Die heiligen Wasser, Psalmenmeditationen aus<br />
Indien, Herderbücherei „Texte zum Nachdenken“, 1980, S. 82ff<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Wasser<br />
DER BRUNNEN<br />
© Ciric<br />
Ich versuche,<br />
meinen Durst zu spüren:<br />
nach Glück<br />
… nach Frieden<br />
… nach Liebe<br />
… nach Wahrheit<br />
… nach etwas –<br />
das mich weit übersteigt<br />
Anleitung zur Meditation<br />
Dann spreche ich die folgenden Schriftverse, um<br />
meinen Durst auszudrücken:<br />
Die folgende Übung hat eine Kraft, die beim bloßen<br />
Lesen nicht erfahrbar wird. Man muss sie machen.<br />
Was beim Lesen wie eine nichtssagende Aneinanderreihung<br />
von Wörtern aussieht, kann als Übung<br />
eine ganz überraschende Kraft entwickeln.<br />
Bei Gruppenübungen liest der Leiter mit häufigen<br />
Pausen vor. Aber du sollst als Teilnehmer/in deinem<br />
eigenen Rhythmus folgen. Du musst fühlen, dass es<br />
dir freisteht zurückzubleiben, während der Leiter<br />
weiterliest.<br />
Wenn man die Übung allein hält, ist es am besten,<br />
sie zuerst aufmerksam zu lesen, das Gedruckte dann<br />
beiseite zu legen und soviel davon zu tun, wie man<br />
behalten hat. Man braucht die Übung nicht ganz<br />
durchzumachen. Man kann sich einen Teil daraus<br />
wählen, wenn man entweder keine Zeit für mehr hat,<br />
oder wenn der Teil sich als so ergiebig erweist, dass<br />
man gar kein Verlangen verspürt, zu etwas anderem<br />
überzugehen.<br />
Es ist ratsam, diese Übung mehrmals zu wiederholen,<br />
denn durch die Wiederholung stößt man in größere<br />
Tiefen vor. Bevor man damit beginnt, sollte man sich<br />
immer etwas Zeit nehmen: um sich darauf einzustimmen,<br />
dass man diese Übung nicht für sich allein<br />
unternimmt, sondern zum Wohl der ganzen Schöpfung,<br />
von der der Mensch ein Teil ist – und dass jede<br />
Veränderung, die sich in dir vollzieht, der ganzen Welt<br />
zugute kommt. Du wirst mit Erstaunen sehen, was für<br />
einen Unterschied es macht, wenn man bewusst diese<br />
Haltung einnimmt.<br />
Wenn ich jeden Text in der Art eines Mantra wiederhole<br />
und ihn in mein Herz einlasse, konzentriere ich<br />
mich auf ein Wort, einen Satz aus dem Text, der mich<br />
mehr als die anderen anspricht. Und ich male mir<br />
irgend ein Bild oder eine Szene aus meinem eigenen<br />
Leben als Sinnbild für den Text, den mein Herz<br />
spricht.<br />
Der erste Text ist ein Schrei:<br />
„Gott, du mein Gott, ich suche dich,<br />
meine Seele dürstet nach dir“ (Psalm 63).<br />
Der zweite Satz ist eine Einladung:<br />
„Wer Durst hat, komme zu mir und trinke“<br />
(Joh.7, 37).<br />
Der dritte Satz ist ein Versprechen:<br />
„Wer von dem Wasser trinkt,<br />
das ich ihm geben werde,<br />
wird niemals mehr Durst haben.<br />
Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zur<br />
sprudelnden Quelle werden, deren Wasser<br />
ewiges Leben schenkt“ (Joh.4,14).<br />
Der letzte Text ist die Erfüllung:<br />
„Der Geist und die Braut sagen: Komm!<br />
Wer hört, der rufe: Komm!<br />
Wer durstig ist, der komme.<br />
Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens.<br />
Amen. Komm, Herr Jesus!“ (Offb.22, 17-20).<br />
aus: A. de Mello, Dass ich sehe. Meditation des Lebens, Herder 1985,<br />
S. 138<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002 Mit allen Sinnen glauben 27
Symbol Licht/Meditation<br />
Der Ashram und das Licht<br />
Im Herz des Ashrams – im Meditationshaus –<br />
brennt eine Öllampe.<br />
Jeden Morgen beim Gottesdienst leuchtet sie<br />
in der Mitte des Raumes.<br />
Aber auch in der Nachbarschaft des Ashrams<br />
feiern die Menschen jeden Tag<br />
den Übergang vom Dunkel zum Licht.<br />
Schon vor fünf Uhr hört man Gesänge<br />
aus dem Hindu-Tempel,<br />
um fünf Uhr dreißig füllt sich die<br />
katholische Kirche mit etwa 200 Besuchern und<br />
bis sechs Uhr finden sich auch die Muslime<br />
in der kleinen Moschee ein.<br />
Während draußen noch die kühle Nacht wohnt,<br />
dringt aus der Kirchentür warmes Licht.<br />
In der Moschee sitzen die Menschen in kleinen<br />
Grüppchen beisammen und rezitieren Koranverse,<br />
im Hindutempel zündet der Priester<br />
eine Öl-Lampe an und verrichtet sein Puja,<br />
sein Gebetsopfer, das mehrmals am Tag<br />
dargebracht wird.<br />
Gläubige treten hinzu,<br />
verneigen sich vor den Statuen<br />
und empfangen einen Lichtsegen:<br />
Der Priester hält den Gläubigen<br />
eine Feuerschale hin,<br />
sie halten beide Hände über das Feuer<br />
und führen diese dann zum Gesicht.<br />
Auch P. Painadath beendet im Ashram<br />
den Morgengottesdienst<br />
mit einem ähnlichen Lichtsegen.<br />
Die Jugendlichen, die sich zu einem Einkehrtag<br />
versammelt haben,<br />
nehmen das Licht mit auf ihren Weg in den Tag.<br />
Wenn das Morgenlicht anbricht,<br />
setzt in Kalady das Treiben ein:<br />
Autobusse rasen vorbei und überholen Lastwagen,<br />
dazwischen hupen die motorisierten Rikschas<br />
und geben Gas.<br />
Aber das Licht, das im Herzen brennt,<br />
lässt sich davon nicht beirren.<br />
G. Bauernfeind<br />
Morgengottesdienst in Kalady<br />
© Zerche<br />
28<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
Symbol Licht<br />
LICHTRITUS MIT BLUMEN<br />
Oft schließt ein Lichtsegen<br />
den indischen Gottesdienst ab.<br />
© Zerche<br />
In der christlichen Liturgie Indiens hat das Licht eine zentrale<br />
Rolle. In vielen Gottesdiensten verehrt man Gott<br />
durch einen Licht-Ritus. Dabei wird eine brennende Öl-<br />
Lampe vom Priester herumgereicht, manchmal finden wir<br />
auch Blumen darauf. Zuerst wärmt der Priester seine Hände<br />
an der Flamme, führt dann die Handflächen vor sein<br />
Gesicht. Dasselbe tun dann die Gläubigen, um auszudrücken,<br />
dass sie Jesus Christus als ihr Licht annehmen.<br />
Kleine Lichtfeier<br />
Dieses liturgische Element kann bei einem Gottesdienst<br />
nach der Kommunion eingebaut werden oder als Abschluss<br />
einer Einheit zum Thema Licht.<br />
In der Mitte steht eine Schale mit drei bis fünf brennenden<br />
Teelichtern. Zu Beginn werden Texte zum Thema<br />
„Licht“ gelesen.<br />
Zwischen den Texten wird der Kehrvers gesungen:<br />
Jesus, du bist das Licht,<br />
nur in deinem Licht sehe ich wirklich.<br />
In den Upanishaden (I, 3,28) heißt es:<br />
Vom Unwirklichen führe mich zum Wirklichen,<br />
von der Dunkelheit führe mich zum Licht,<br />
vom Tod führe mich zur Unsterblichkeit.<br />
Jesus, du bist das Licht, …<br />
Aus einem christlichen indischen Gebet:<br />
„Ich bin das wahre Licht“,<br />
sagte der Herr zu seinen Schülern.<br />
Jeder, der im Licht geht,<br />
den wird die Dunkelheit nicht überschatten,<br />
Gesegnet sind die heiligen Apostel,<br />
die im Licht Christi gingen.<br />
Jesus, du bist das Licht, …<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Blumen-Ritus aus dem Kurisumala Ashram<br />
Mitfeiernde Personen legen jetzt Blumenblüten auf den<br />
Teller. Dazu sprechen sie jeweils einen Ruf zur Jesus-<br />
Verehrung:<br />
Du bist die wahre Speise des Himmels!<br />
Du bist das Heil aller Menschen!<br />
Du bist der unerschöpfliche geistige Reichtum<br />
der Menschheit!<br />
Du Kraft des Lebens!<br />
Du Licht der Welt!<br />
Du Erhabener Gott des Universums!<br />
Du bist die Vergebung der Sünden!<br />
Du bist der Wallfahrtsort aller Pilger!<br />
Du bist Weisheit und Glückseligkeit!<br />
Du Freund der Armen!<br />
Du Ozean der Liebe!<br />
Du bist der Herr meiner Seele!<br />
Segensspruch:<br />
Gott hat sein Licht durch Jesus Christus in unseren<br />
Herzen angezündet. Sein Geist verwandelt unser<br />
Leben und beleuchtet unsere Wege. Das Licht Christi<br />
gehe in uns auf und durchleuchte unser Leben.<br />
Dann geht die Person, die den Gottesdienst leitet, mit<br />
der Schale von einem zum andern. Alle halten ihre Hände<br />
kurz über die Flammen, dann führen sie die Hände zur<br />
Stirn: alle nehmen Jesus als Licht in ihr Leben auf.<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
29
Symbol Licht<br />
DAS LICHT UND DIE DINGE -<br />
GOTT UND DIE MENSCHEN<br />
von Rainer Oberthür<br />
Ein Experiment von Martin Wagenschein im Religionsunterricht<br />
Jeden Morgen im Sommer,<br />
wenn ich aufstehe,<br />
kommt ein Sonnenstrahl durch mein Fenster.<br />
Dann scheint er gegen meine Wand<br />
und lässt die Staubkörner hin und her tanzen.<br />
So werde ich langsam wach<br />
und genieße es,<br />
dem Sonnenstrahl<br />
nachzusehen. (Kian, 10 Jahre)<br />
Gottgleich<br />
In der Kindheit<br />
habe ich das Universum erkannt.<br />
Es war außerordentlich<br />
klein und bewegte sich in einem Lichtstrahl,<br />
den die Gardine ins Zimmer ließ.<br />
Unzählbare Welten stiegen und kreisten<br />
und sanken.<br />
Und ich blies meinen Atem<br />
in die scheinbare Fülle, wie Gott<br />
es an meiner Stelle getan hätte. (Günter Kunert)<br />
Zwei verschiedene Texte – dahinter dieselbe<br />
Erfahrung. Ein Experiment von Martin<br />
Wagenschein „inszeniert“ genau diese beeindruckende<br />
Erfahrung vom Licht angestrahlter<br />
Staubkörner.<br />
„Man stelle mit Scheinwerfer und Staub im<br />
verdunkelten Raum die oben genannte<br />
Situation her, versammle die dicht gedrängte<br />
Kinderschar nahe um dieses Wunder und –<br />
rede nichts, sondern lasse sie reden …“<br />
aus: M. Wagenschein, Das Licht und die Dinge<br />
30<br />
Am Anfang einer Erkenntnis steht oft die<br />
Erfahrung eines Phänomens. Das ist beim<br />
religiösen Lernen nicht anders als beim<br />
naturwissenschaftlichen Lernen.<br />
Das Licht und die Dinge<br />
Als wir im stockdunklen Kellerraum der Schule die<br />
Taschenlampe an- und ausschalteten, merkten die<br />
Kinder schnell, dass das Licht schwer zu beschreiben<br />
sei. Der Unterschied, das was hinzukommt,<br />
wenn das Licht den Raum beleuchtet, ist nur in der<br />
Beschreibung der beleuchteten Dinge „greifbar“.<br />
Als dann die aus einem Staubtuch geschüttelten<br />
Staubkörner im Lichtstrahl der Taschenlampe funkelten,<br />
sodass das Licht in einer senkrecht aufsteigenden<br />
Säule anschaubar wurde, erkannten die Kinder<br />
zu ihrer Überraschung: „Ohne Licht können wir<br />
die Staubkörner nicht sehen, und ohne die Staubkörner<br />
ist das Licht nicht sichtbar.“<br />
Gott und die Menschen<br />
Die Übertragung der Erfahrung mit Licht und Staub<br />
auf Gott und die Menschen ist zweifellos „kühn“,<br />
doch sie liegt im Grunde nahe: Die Lichtsymbolik<br />
ist ein wichtiges Element in der Gottesvorstellung<br />
fast aller großen Religionen, besonders auch der jüdisch-christlichen:<br />
„Du hüllst dich in Licht wie ein<br />
Kleid“ (Ps 104,2). Staub markiert in derselben Erzähltradition<br />
Anfang und Ende des Menschen:<br />
„Denn Staub bist du, und zu Staub musst du zurück.“<br />
(Gen. 3,19)<br />
Der sehr offen formulierte Transfer schien mit den<br />
Kindern der 4. Schulstufe gewagt. Können sie eine<br />
solche Übertragung überhaupt selbst herstellen? Die<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
© Zerche
Symbol Licht<br />
EIN BETENDES MÄDCHEN (INDIEN)<br />
Kleine Kerze, ich bin gerne bei dir.<br />
Ich liebe es, hier zu sitzen<br />
und der Flamme zuzusehen,<br />
durch ihre Berührung schmilzt du dahin<br />
elementaren Metaphern Licht und Staub und die<br />
Intensität der vorangegangenen Erfahrung im Experiment<br />
machten es möglich. Die Kinder formulierten<br />
ohne weitere Rückfragen ihre eigenen Texte.<br />
Hier ein Beispiel: Gott und die Menschen sind wie<br />
das Licht und die Staubkörner, Gott ist das Licht und<br />
wir die Staubkörner, wir können ohne Gott nicht<br />
leuchten und er nicht ohne uns. Wenn er uns anscheint,<br />
werden wir leuchten und Wärme verteilen.<br />
Und wenn wir ihn anleuchten, leuchtet er auch.<br />
(Bastian, 14 Jahre)<br />
gekürzt aus: R. Oberthür, Das Licht und die Dinge - Gott und die<br />
Menschen, in: Katechetische Blätter, 125 (2000), S. 157-161<br />
Hinweis auf ein Buch des Autors: R. Oberthür, Die Seele ist eine Sonne.<br />
Was Kinder über Gott und die Welt wissen, Kösel 2000 2<br />
Impuls<br />
So also ist das Licht: An sich selber ist es nicht zu sehen,<br />
nur an den Dingen und Lebewesen. Und auch die Dinge<br />
und lebendigen Wesen sind aus sich selber nicht zu<br />
sehen, sondern nur im Licht.<br />
Wenn du über deine Erfahrung mit Licht und Staub und<br />
über diese Worte nachdenkst, kommt dir Ähnliches in<br />
den Sinn, was du über Gott und die Menschen sagen<br />
kannst?<br />
Versuche deine eigenen Erfahrungen mit Hilfe von<br />
Symbolen auszudrücken.<br />
Der Pädagoge und Physiker Martin Wagenschein<br />
plädiert in der Religionspädagogik verstärkt<br />
für Einwurzelung statt Weitergabe von<br />
Informationen – Expeditionen ins Ungewisse statt<br />
Besichtigung von Wohlbekanntem – umkreisendes<br />
Verstehen statt begrifflicher Definition – Vergegenwärtigung<br />
statt Bewältigung: Diese Stichworte<br />
charakterisieren eine Art des Lehrens und Lernens,<br />
die in der Religionspädagogik unter dem besonderen<br />
Vorzeichen eines Abschieds vom „Bescheidwissen“<br />
dankbar aufgenommen wurden.<br />
In der Stille flüsterst du mir zu.<br />
Sie ist wunderschön, diese Flamme,<br />
diese Blüte deiner Seele.<br />
Immer wieder hüpft dein Geist vor Freude<br />
und strahlt seinen Frohsinn aus.<br />
Wie gewaltig ist die Macht, die du<br />
im kleinen Schein trägst;<br />
Diese zwei kleinen Hände richten<br />
ein Dankgebet ans große Licht,<br />
das alle Lichter der Erde anzündet<br />
und jeden Gedanken weckt.<br />
Dein Kuss haucht Tausend Lampen<br />
Leben ein, deine Berührung in riesigen Wäldern<br />
löst tobende Feuersbrunst aus,<br />
unglaublich die Macht, die in<br />
in deiner leichten Berührung steckt.<br />
„Wieso dich wundern?“ höre ich dich sagen.<br />
„Ich bin ein Kind des Himmels<br />
und des kosmischen Lichtes,<br />
Die Schwester der Sonne und der großen Sterne.<br />
Ich fasse sie für dich zusammen<br />
und bringe sie dir in der Nacht.“<br />
Ja, wirklich, du hast auch ihre Klarheit<br />
und ihre Treue.<br />
Du bist die große Andersdenkende,<br />
wenn auch so klein.<br />
Der übermächtigen Nacht<br />
wirfst du ein NEIN entgegen;<br />
Du bist da anderer Meinung,<br />
bist nicht einverstanden.<br />
Dein Auge sieht den Reisenden in der Finsternis;<br />
Du zeichnest ihm eine Route der Hoffnung<br />
und der menschlichen Nähe.<br />
Bist du der Finger Gottes,<br />
ein Strahl seines Antlitzes,<br />
um uns zu ermutigen?<br />
Kleine Kerze,<br />
berühre bitte auch mich<br />
mit deinem feurigen Finger.<br />
Halte mich in deinem Feuer fest,<br />
entfache in mir eine Flamme,<br />
bis auch ich glühe.<br />
Samuel Rayan<br />
aus: F. Bosteels, The Dolls speak, Eatwood 2000<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
31
Symbol Licht<br />
© Zerche<br />
BEWUSSTSEINSÜBUNG: DIE FLAMME<br />
Flammen-Meditation:<br />
Körperhaltung: Meditationssitz<br />
Verdunkle den Raum so stark wie möglich. Stelle<br />
etwa zwei Meter von dir entfernt und ungefähr in<br />
Augenhöhe eine Kerze auf und entzünde sie. Blicke<br />
ruhig, ohne die Augen abzuwenden, in die Flamme<br />
– verfolge konzentriert jedes kleine Zucken der Flamme.<br />
Tränke deine Augen einige Minuten lang mit<br />
dem Licht. Dann schließe sie und bewahre die Lichtform<br />
der Flamme in deiner Vorstellung. Konzentriere<br />
dich auf diese Lichtform deiner Vorstellung<br />
und öffne die Augen nur dann, wenn sie verblasst<br />
oder von störenden Gedanken verwirrt wird. Sooft<br />
die Lichtform im Innern zu verschwinden droht,<br />
hole sie mit den Augen wieder herein.<br />
Zum Schluss blicke auf die Flamme und denke daran,<br />
dass Feuer das reinste der vier Elemente ist, dass<br />
es alle Unreinheit, die mit ihm in Berührung kommt,<br />
verzehrt. Die Flamme ist die lebendige Reinheit und<br />
gerade deshalb das großartigste Symbol für den Heiligen<br />
Geist. Blicke in die lebendige Reinheit der Flamme.<br />
Erfahre, wie sie von Augenblick zu Augenblick<br />
sich neuerschafft – wie alles, das lebt. Feuer, das reinste<br />
Element, ist das einzige der sichtbaren materiellen<br />
Dinge, das der Schwerkraft trotzt: Feuer steigt<br />
senkrecht nach oben! Es verbindet die Erde mit dem<br />
Himmel, verbindet die schwere Stofflichkeit der Erde<br />
mit der unsichtbaren Geistigkeit des Himmels. Tauche<br />
in die Flamme ein, reinige dich in ihr und steige<br />
mit ihr senkrecht nach oben, wo der Himmel ist.<br />
Wortmeditation:<br />
Himmelfahrt und Pfingstereignis<br />
Die indische Wortmeditation hat drei Stufen. Der<br />
Schüler hört zunächst einen Text aus den Heiligen<br />
Schriften, gewöhnlich von dem Guru vorgetragen<br />
(Sravana), sodann versucht er, das Gehörte durch<br />
Nachdenken zu verstehen und mental zu assimilieren<br />
(Manana). Schließlich meditiert der Schüler über<br />
die Bedeutung des Textes (Nididhyasana) solange,<br />
bis dessen Wahrheit ein Teil seines Lebens geworden<br />
ist.<br />
Übung: Lies Apg 2: Dann lies den Text ein zweites<br />
Mal, doch verweile nachdenkend bei Worten, Ausdrücken<br />
oder Sätzen, die dir auffallen. Vollziehe<br />
innerlich Schritt um Schritt die Ereignisse im Text.<br />
Wenn du magst, nimm einen Bibelkommentar und<br />
lies die Deutung zu dieser Stelle. Wenn du eine bildliche<br />
Darstellung der Perikope besitzt, betrachte sie.<br />
Leg danach alles beiseite und meditiere: Geh noch<br />
einmal im Geiste die ganze Geschichte Schritt für<br />
Schritt durch.<br />
aus: I. Puthiadam/M.Kämpchen, Geist der Wahrheit. Christliche Exerzitien<br />
im Dialog mit dem Hinduismus, Butzon&Bercker, 1980, S.95<br />
und 210<br />
32<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
<strong>Missio</strong> Projekt<br />
KUNGFU IM URWALD VON ATTAPADY<br />
Ein <strong>Missio</strong> Projekt unterstützt die Ureinwohner Indiens beim Kampf um ihre<br />
Rechte.<br />
„Uh, Ah“ schreien die beiden jungen Kämpferinnen<br />
in den Urwald. Sie stehen sich gegenüber in schwarzen<br />
Kungfu-Anzügen und belauern sich. Der Kungfu-Lehrer<br />
ruft Kommandos, die Mädchen werfen ihre<br />
Beine in die Luft, dann schlagen sie mit den Händen<br />
zu, fangen aber die volle Wucht der Schläge ab.<br />
„Wenn sie mich angreifen, würde ich auch Buben<br />
schlagen“, sagt Bena. Dann lacht sie selbstbewusst,<br />
wirft die schwarzen Haare zurück und verschwindet<br />
im Schulgebäude. Selbstbewusstsein wird sie brauchen,<br />
die junge Kämpferin. Sie ist ein Ureinwohner-<br />
Kind und lernt in der alternativen Schule von Attapady<br />
nicht nur Kungfu, sondern<br />
auch ihre eigene Kultur und Sprache<br />
zu schätzen. Das ist nicht<br />
selbstverständlich. Ramu, der<br />
Kungfu-Lehrer, erzählt, dass er in<br />
seiner Kindheit in eine „normale“<br />
Schule ging. Da wurde er ausgelacht<br />
und als Ureinwohnerkind<br />
verspottet. Mit der fremden Sprache<br />
tat er sich schwer und weil er<br />
nicht so schnell lernte, wurde er<br />
von den Lehrern geschlagen.<br />
In der Alternativschule von Attapady<br />
schlägt kein Lehrer die Kinder.<br />
„Die Kinder sollen ein Selbstwertgefühl<br />
bekommen“, meint<br />
P. Mani, der Gründer der Schule, der den Kampf der<br />
Ureinwohner unterstützt. Die Irulas, Mudugas und<br />
Kurumbas sind massiv bedroht von den Siedlern<br />
und Holzfällern, die in den letzten Jahrzehnten<br />
immer stärker in die verbliebenen Wälder vordrangen.<br />
Sie erwarben mit Tricks und Alkohol große Länderein<br />
und verdrängten die „Tribals“.<br />
nen jederzeit auf Besuch kommen. Dann sitzen sie<br />
mit den Kindern im Schulraum am Lehmboden und<br />
hören Geschichten in ihrer eigenen Sprache. Sie tanzen<br />
mit ihren Kindern die traditionellen Tänze und<br />
singen gemeinsam ein Lied: „Einmal lebten wir friedlich,<br />
dann kamen die Siedler und vertrieben uns.“<br />
Und wenn die Kinder ihre Lieder anstimmen, dann<br />
klingt da die Sehnsucht durch, von einer Gesellschaft,<br />
in der Minderheiten respektiert sind. Dann<br />
tanzt Bena mit einer Begeisterung, die noch größer<br />
ist, als wenn sie in ihrem schwarzen Anzug Kungfu<br />
Übungen absolviert. G. B.<br />
„Kungfu fördert das Selbstbewusstsein“,<br />
meint P. Mani.<br />
© Zerche<br />
MISSIO-PROJEKT 2001/0130<br />
P. Mani setzt in seinem Engagement bei der Jugend<br />
an: Die Jugendlichen müssen lernen, an der gesellschaftlichen<br />
Entwicklung teilzunehmen und für ihre<br />
Rechte zu kämpfen: für das Recht auf Lebensraum<br />
und das Recht auf kulturelle Identität. Durch umweltverträgliche<br />
Landwirtschaftsmethoden sollen<br />
„Blumen zum Erblühen" gebracht werden, wo Bagger<br />
und Bulldozer begonnen haben, Wälder und<br />
Gärten zu zerstören.<br />
Die 36 Kinder aus verschiedenen Dörfern leben mit<br />
drei Lehrerehepaaren zusammen. Ihre Eltern kön-<br />
Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002<br />
Viswa Maithri Gurukulam – alternatives Bildungsprogramm<br />
für Kinder der Minderheiten und Randschichten<br />
Projektort: Attappady, Palakkad District Kerala, Indien<br />
Projektleiter: Fr. Mani Parampet CST<br />
Das alternative Schulprogramm soll in den nächsten<br />
drei Jahren mit je Euro 11.280,- gefördert werden. Mit<br />
Euro 170 kann die Verpflegung für ein Kind ein Jahr<br />
lang gewährleistet werden. Wenn Sie für dieses Projekt<br />
spenden möchten, wenden Sie sich an:<br />
Johann Gattringer, <strong>Missio</strong>, Seilerstätte 12, 1015 Wien:<br />
Tel.: 01-513 77 22 - 34.<br />
Mit allen Sinnen glauben<br />
33
Titel, Tipps, Termine<br />
Misereor-Hungertücher für die<br />
Fastenzeit! Jetzt bestellen!<br />
Angebot nach derzeitigem Lagerstand:<br />
Hungertuch „Barmherzigkeit<br />
und Gerechtigkeit“<br />
Großes Hungertuch: Art. Nr.: BA 9801;<br />
Mindestspende: € 109,- / ATS 1.499,87<br />
Arbeitshefte: Art. Nr. BA 9803;<br />
Mindestspende: € 5, - / ATS 68,80<br />
Meditationen: Art. Nr.: BA 9807;<br />
Mindestspende: € 0,70 / ATS 9,63<br />
Hungertuch „Ein Jahr,<br />
das Gott gefällt –<br />
Neubeginn und Befreiung“<br />
von Suryo Indratno<br />
Großes Hungertuch: 266cm x 180cm:<br />
Art. Nr.: BA 0001;<br />
Mindestspende: € 116,- / ATS 1.596,19<br />
Arbeitsheft zum Hungertuch: Art. Nr. BA 0003;<br />
Mindestspende: € 7,- / ATS 96,32<br />
Unterrichtsbehelf: Art. Nr. BA 0004;<br />
Mindestspende: € 14,50 / ATS 199,52<br />
Prospekte: Art. Nr. BA 0007; gratis<br />
Diareihe zum Hungertuch (12 Dias):<br />
Art. Nr. BA 0005;<br />
Mindestspende: € 4,70 / ATS 64,67<br />
12 Overheadfolien: Art. Nr. BA 0006;<br />
Mindestspende: € 8,70 / ATS 119,71<br />
Auch das haben wir noch für Sie auf Lager!<br />
„Hungertuch aus<br />
Lateinamerika“<br />
von Adolfo Pérez Esquivel<br />
Großes Hungertuch: Art.Nr.: BA9131<br />
Mindestspende € 87,-/ ATS 1.197,15<br />
Hungertuch „Hoffnung den Ausgegrenzten“<br />
von Sieger Köder<br />
Kleines Hungertuch: Art. Nr.: BA 9602;<br />
Mindestspende: € 20,- / ATS 275,21<br />
Arbeitsheft: Art. Nr. BA 9605<br />
Mindestspende: € 4,- / ATS 55.-<br />
Unterrichtsmaterialien:<br />
Art. Nr.: BA 9606;<br />
Mindestspende: € 19,90 / ATS 150.-<br />
Meditationen: BA 9607<br />
Mindestspende: € 0,70 / ATS 9,63<br />
Hungertuch<br />
„Gott begegnen im Fremden“<br />
von Azariah Mbatha<br />
Großes Hungertuch:<br />
Art.Nr.: BA 9401<br />
Mindestspende:<br />
€ 83,50 / ATS 1.148,99<br />
Kleines Hungertuch: Art.Nr.: BA 9402<br />
Mindestspende: € 15,90 / ATS 218,79<br />
Arbeitsheft: Art. Nr.: BA 9401<br />
Mindestspende: € 2,90 / ATS 39,90<br />
Hungertuch „Biblische Frauengestalten“ (klein)<br />
von Lucy d‘Souza<br />
Kleines Hungertuch: Art. Nr.: BA 9007<br />
Mindestspende: € 21,80 / ATS 300,-<br />
Informationen und Bestellung: Tel. 01/513 77 22<br />
DW 56 Frau Ehiogiren-Mayr<br />
Ausgewählte Literatur<br />
S.Painadath, Der Geist reißt Mauern nieder,<br />
Kösel Verlag 2002<br />
S.Painadath, Das Sonnengebet. Ein Übungsbuch zum<br />
Tagesbeginn, Kösel Verlag, 2000<br />
C.Mühlstedt, Die christlichen Ursymbole. Wie sie entstanden,<br />
was sie bedeuten, was sie uns heute sagen,<br />
Herder Spektrum, 1999<br />
E.Bihler, Symbole des Lebens – Symbole des Glaubens II.<br />
Werkbuch für Religionsunterricht und Katechese,<br />
Lahn-Verlag Limburg, 1998 2<br />
M. und U. Tworuschka (Hrsg.), Symbole in den Religionen<br />
der Welt. Ein Vorlesebuch für Kinder von 8–14 Jahren,<br />
Butzon & Bercker 1996<br />
P.Biehl, Symbole geben zu lernen. Einführung in die<br />
Symboldidaktik anhand der Symbole Hand, Haus und<br />
Weg, Neukirchener Verlag, 1989<br />
R. Oberthür, Die Seele ist eine Sonne. Was Kinder über<br />
Gott und die Welt wissen, Kösel 2000 2<br />
Symbole – Sprache des Glaubens. Material für den<br />
Religionsunterricht Jg. 42, in: Christ sein weltweit,<br />
hrsg. v. der <strong>Missio</strong>nspädagogischen Arbeitsgemeinschaft<br />
des Evang. Luth. Zentralverbandes für äußere<br />
<strong>Missio</strong>n, Freimund-Verlag Neuendettelsau<br />
34<br />
Mit allen Sinnen glauben Werkmappe Weltkirche Nr. 123, 2002
✄<br />
Titel, Tipps, Termine<br />
Ein Mensch zwischen zwei Welten<br />
Wandersausstellung zum 150. Geburtstag<br />
von Josef Freinademetz<br />
Der Tiroler <strong>Missio</strong>nar Josef Freinademetz reiste 1879<br />
nach China, wo er langsam die chinesische Kultur<br />
kennenlernte. Im Gegensatz zur damaligen kolonialistischen<br />
Politik der Europäer, wurde er den „Chinese<br />
ein Chinese“ und leistete durch sein Leben einen<br />
Beitrag zu globaler Völkerverbindung.<br />
Es gibt noch getrocknete Mangos!<br />
Ausstellungsort: <strong>Missio</strong>nshaus St. Gabriel – Kirche<br />
Zeit: 14. April bis 20 Mai 2002,<br />
Montag bis Samstag von 8.00 bis 19.00.<br />
Eröffnung der Ausstellung:<br />
Samstag, den 13. April 2002, um 15.00 h<br />
durch LH Stellvertreterin Liese Prokop und<br />
Kardinal Schönborn.<br />
Anmeldungen für Führungen: 02236/803<br />
Die Jugendaktion war auch 2001 ein toller Erfolg:<br />
über 700 Gruppen haben sich beteiligt!<br />
Weil wir eine sehr große Menge bestellt haben, sind<br />
dennoch Mangos übrig geblieben. Ab sofort gibt es<br />
die leckeren Früchte zum verbilligten Preis von<br />
€ 2,-(ATS 27,52). Sie sind haltbar bis September 2002!<br />
Wir laden Sie ein: Bestellen Sie noch ein paar Kisten<br />
nach (1 Kiste á 25 Stück) und unterstützen Sie<br />
Jugendprojekte im Süden! Mindestspende: € 50,-<br />
(ATS 688,02) Best.Nr.: JA0101<br />
Telefon: 01-513 77 22 oder<br />
E-Mail: bestellung@missio.at<br />
Die Ausstellung kann auch entliehen werden:<br />
Informationen: 02236/803-169, Ruth Steiner<br />
Werkmappe Nr. 123 /2002<br />
Adr. Nr.<br />
Als spendensammelnde<br />
Organisation<br />
bemühen wir uns sehr,<br />
die Kosten so niedrig<br />
wie möglich zu halten.<br />
Der Versandkosten-<br />
Anteil für unsere<br />
Produkte beträgt<br />
daher 10 Prozent des<br />
Einkaufspreises<br />
(max. € 10,-/ATS 137,60)<br />
Herzlichen Dank für Ihr<br />
Verständnis!<br />
Name<br />
Anschrift<br />
Ich bitte um Zusendung des folgenden Materials. Bezahlen werde ich nach Erhalt der Sendung<br />
Art.-Nr. Anzahl Titel Mindestspende pro Stück<br />
BB 9901<br />
BA 9408<br />
BA 9409<br />
BA 8907<br />
BA 9927<br />
BA 9928<br />
Buch: Ostern in der weiten Welt<br />
Afrikanischer Kreuzweg: Textheft+ Farbbilder<br />
Afrikanischer Kreuzweg: Textheft+ Farbbilder+ Dia-Reihe<br />
Neue Weltkarte<br />
Holzkreuz aus La Palma (20 cm)<br />
Holzkreuz aus La Palma (25 cm)<br />
€ 13,- / S 178,88<br />
€ 7,99 / S 110,-<br />
€ 13,08 / S 180,-<br />
€ 8,70/ S 119,71<br />
€ 6,50 / S 89,44<br />
€ 11,- / S 151,36<br />
Abo - WM<br />
Ich bestelle Werkmappe Weltkirche bis auf Widerruf! NEU<br />
pro Jahr € 8,-<br />
S 110,-
Titel, Tipps, Termine<br />
INTERNATIONALE MISSIO-<br />
STUDIENTAGUNG 2002<br />
Thema Armut<br />
„Wir müssen uns gegen die unguten Folgen der Globalisierung<br />
wehren. Die Kirche muss die Ärmsten<br />
als Verlierer dieser Entwicklung verteidigen.“ Diese<br />
Aussage von Papst Johannes Paul II. steht programmatisch<br />
für die Arbeit vieler Christen und Christinnen<br />
weltweit: Sie stehen an der Seite der Armen<br />
und erleben menschliches Elend und ermutigende<br />
Aufbrüche. Die Studientagung lädt zu einer persönlichen<br />
Auseinandersetzung ein: Wie geschieht<br />
die Arbeit mit und für die Armen? Aus welcher Spiritualität<br />
kann man der Armut begegnen? Und was<br />
bedeutet das biblische Armutsideal in der globalisierten<br />
Welt von heute? ReferentInnen aus aller Welt<br />
werden sich dem Thema stellen und ihre Erfahrungen<br />
einbringen, u. a. Dr. Milton Schwantes (Brasilien),<br />
Dr. Hermann Schalück (<strong>Missio</strong> Aachen), Joyce<br />
Kazembe (Zimbabwe) u.a.<br />
SEMINAR<br />
Heilender Gesang<br />
mit P. Johnson Vettonickal/Indien<br />
Musik berührt unser Innerstes, deshalb können wir<br />
durch Musik auch mit dem Göttlichen in Berührung<br />
kommen. Um dieser uralten Tradition wissend, versucht<br />
P. Johnson Vettonickal mit Hilfe indischer<br />
Ragas, das „Instrument“ Mensch zu stimmen.<br />
Termin: Freitag 15. März 17:00 Uhr bis Sonntag<br />
17. März 10:30 Uhr<br />
Ort: missio.haus, Autalerstrasse 5, 8042 Graz<br />
Anmeldungen und Auskunft:<br />
<strong>Missio</strong> Steiermark, Tel.: 0316/382231,<br />
email: steiermark@missio.at<br />
Termin: 2. Juli bis 5. Juli 2002<br />
Ort: Katholisches Bildungshaus Sodalitas<br />
A-9121 Tainach/Tinje<br />
Anmeldung und<br />
Programmzusendung:<br />
<strong>Missio</strong>, Franz Klinec, Seilerstätte 12,<br />
1015 Wien,<br />
Tel.: 01- 513 77 22 - 36<br />
klinec@missio.at<br />
P. Johnson bringt uns die heilende Kraft<br />
indischer Musik nahe.<br />
© Zerche<br />
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Bitte<br />
frankieren<br />
Seilerstätte 12<br />
1010 Wien<br />
VPA 1010 Sponsoringpost GZ 02Z030313S