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Drogen - Fluter

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fluter Nr. 37 – Thema <strong>Drogen</strong><br />

3<br />

Editorial<br />

<strong>Drogen</strong> sind immer auch politisch. Schon die gängige Unterscheidung<br />

von legalen und illegalen <strong>Drogen</strong> beschäftigt Parlamente,<br />

Justiz und Polizei immer wieder. Gerade weil diese<br />

Trennlinie nicht für alle nachvollziehbar ist, widersprüchlich<br />

bleibt. In beiden Bereichen kommen eine Reihe Fragen auf: Ist<br />

es zum Beispiel moralisch vertretbar, bei tödlichen, aber legalen<br />

<strong>Drogen</strong> Milliardengewinne zuzulassen, die Folgekosten des <strong>Drogen</strong>gebrauchs<br />

aber an die Solidargemeinschaft, zum Beispiel auf<br />

die Krankenkassen, zu übertragen? Wie glaubwürdig sind staatliche<br />

Kampagnen gegen Alkohol und Tabak, wenn Milliarden<br />

Euro Einnahmen aus den Verbrauchsteuern ebendieser <strong>Drogen</strong><br />

im Staatshaushalt fest eingeplant sind? Wäre eine Legalisierung<br />

weiterer <strong>Drogen</strong> insgesamt besser? Oder wäre das <strong>Drogen</strong>problem<br />

dann überhaupt nicht mehr zu beherrschen?<br />

Bei legalen <strong>Drogen</strong> ist die Herstellung und Verwertung<br />

als Genussmittel-Industrie organisiert, inklusive professionellen<br />

Lobbyings. Die Welt der illegalen <strong>Drogen</strong> ist dagegen ein globalisierter<br />

Schwarzmarkt, paramilitärisch durchsetzt – eine Gesellschaftsordnung<br />

im permanenten Bürgerkrieg. Kann der <strong>Drogen</strong>missbrauch<br />

und die Sucht schon die Einzelnen, ihre Familien<br />

und Beziehungen zerstören, so löst sich im Multimilliardengeschäft<br />

des illegalen <strong>Drogen</strong>handels und dessen Infrastruktur,<br />

der organisierten Kriminalität, staatliches Handeln immer wieder<br />

vor aller Augen auf. Die Kokser in Westeuropa haben mit<br />

den Toten des <strong>Drogen</strong>kriegs in Mexiko sehr viel mehr zu tun, als<br />

sie wahrhaben wollen. Und hat das Nation Building in Afghanistan<br />

wirklich eine Chance gegen den Korruptions-Sog der<br />

<strong>Drogen</strong>millionen?<br />

Und es geht noch weiter. Weil unsere Vorstellungen von<br />

Rausch, Leistung, Grenzüberschreitung und Sinnessteigerung<br />

eine massenhafte Nachfrage anzeigen, wird ein gesellschaftliches<br />

Dispositiv erzeugt, das auch den medizinisch-industriellen<br />

Komplex auf den Plan ruft. Die Arbeit am vermeintlichen Über-<br />

Menschen ist in vollem Gang, und die Versprechungen des Marketings<br />

wirken, beispielsweise bei den sogenannten Neuro-Enhancern.<br />

Die damit erzielten Resultate sind aber oft genug nur<br />

Zerrspiegel unserer Wünsche und die Gefahren sehr real. Die<br />

massenmedial verstärkten Idealvorstellungen können allerdings<br />

schnell zu einer wirksamen Norm werden, die den Druck auf<br />

die Einzelnen erhöht, den die künstlichen <strong>Drogen</strong> doch lindern<br />

oder überwinden helfen sollten. Die alltägliche Verfügbarkeit<br />

von <strong>Drogen</strong> zwingt uns immer wieder zu Entscheidungen und<br />

letztlich zum Bewusstsein dessen, was uns im Leben wirklich<br />

etwas wert sein soll. Bei <strong>Drogen</strong> wird Persönliches auch deshalb<br />

sehr schnell politisch. Die Orientierung hierfür wird nur begrenzt<br />

von oben oder außen kommen können. Stattdessen gilt:<br />

Sapere aude – wage es, weise zu sein. Thorsten Schilling<br />

Thema<br />

<strong>Drogen</strong><br />

Foto: Wolfgang Müller / Ostkreuz<br />

Immer auf der Flucht: zwei Fixer auf einem Dach in St. Petersburg

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