Reality - 45 Jahre RGB.indd - Kindergarten und Schule in Südtirol
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ALEX MITTERHOFER<br />
NACHGEFRAGT<br />
ALEX MITTERHOFER<br />
18<br />
Matura im Jahr 1984, Mediz<strong>in</strong>studium<br />
<strong>in</strong> Innsbruck, Facharztausbildung<br />
im Sonderfach Physikalische<br />
Mediz<strong>in</strong> <strong>und</strong> Rehabilitation <strong>in</strong> Wien<br />
<strong>und</strong> im Sonderfach Sportmediz<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> Verona; seit 2002 Leiter der<br />
Abteilung Sportmediz<strong>in</strong> am Krankenhaus<br />
Bruneck.<br />
REALITY: Wie beurteilen Sie im<br />
Rückblick die Ausbildung am Realgymnasium<br />
Bruneck?<br />
AM: Trotz der - gemessen an<br />
heutigen Verhältnissen - ger<strong>in</strong>gen<br />
Anzahl an Unterrichtsst<strong>und</strong>en<br />
glaube ich doch, e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />
Allgeme<strong>in</strong>bildung genossen<br />
zu haben. Die wissenschaftliche<br />
Basis war für me<strong>in</strong>en wissenschaftlich<br />
orientierten Werdegang<br />
völlig ausreichend <strong>und</strong> jetzt erst<br />
erkenne ich auch den Wert der<br />
humanistischen Bildung, die man<br />
während der Schulzeit oft nicht<br />
geschätzt hat. Ich glaube, dass<br />
die Entwicklung zu zunehmend<br />
fachspezifischen Oberschulen<br />
nicht gut ist, weil die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit Kultur <strong>und</strong> Wertesystemen<br />
vor allem <strong>in</strong> jungen<br />
<strong>Jahre</strong>n persönlichkeitsprägend<br />
wirkt. Fachwissen kann jedoch zu<br />
jeder Zeit erlernt werden. Ich sehe<br />
da zum Beispiel oft große Lücken<br />
bei Bekannten, die zu me<strong>in</strong>er Zeit<br />
die Handelsschule besucht haben,<br />
e<strong>in</strong>e der <strong>Schule</strong>n, <strong>in</strong> denen bereits<br />
damals die berufsbezogene<br />
Ausbildung im Vordergr<strong>und</strong> stand.<br />
REALITY: Was ist Ihnen vom Realgymnasium<br />
<strong>in</strong> positiver Er<strong>in</strong>nerung<br />
geblieben, was sehen sie kritisch?<br />
AM: An positiven Er<strong>in</strong>nerungen<br />
gehen mir folgende Bilder durch<br />
den Kopf: Die amüsanten Lesest<strong>und</strong>en<br />
mit Prof. Raim<strong>und</strong> Grießmair<br />
(Memoiren e<strong>in</strong>es mittelmäßigen<br />
Schülers...); die ketzerischen<br />
Betrachtungen zu Geschichte <strong>und</strong><br />
Philosophie von Prof. Josef Holzer,<br />
die militärisch organisierten<br />
Turnst<strong>und</strong>en bei Prof. Gert Crepaz,<br />
die oft ziemlich unkonventionell<br />
gestalteten Kunstgeschichtest<strong>und</strong>en<br />
bei Prof. Pepi Demetz<br />
<strong>und</strong> die väterliche Art von Direktor<br />
Josef Eppacher...<br />
Positiv war me<strong>in</strong>es Erachtens<br />
auch die im Vergleich mit anderen<br />
<strong>Schule</strong>n großzügig bemessene<br />
Freizeit, die es erlaubte, neben<br />
dem Unterricht noch vielen<br />
privaten Interessen nachzugehen<br />
(Sport, Angeln, Jagd...). Das hatte<br />
rückblickend äußerst positive<br />
Effekte auf die Entwicklung der<br />
Persönlichkeit e<strong>in</strong>es jungen Menschen.<br />
Heute erlebe ich, dass<br />
Oberschüler den ganzen Tag<br />
schulisch e<strong>in</strong>gespannt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />
ke<strong>in</strong>e Zeit für nichts mehr haben.<br />
Kritisch sehe ich die Tatsache,<br />
dass der Englischunterricht erst<br />
e<strong>in</strong> Jahr nach me<strong>in</strong>er Matura e<strong>in</strong>geführt<br />
wurde. Ich habe mir die<br />
Sprache zwar autodidaktisch angeeignet,<br />
aber mir fehlt immer<br />
noch die grammatikalische Basis.<br />
Zum Glück ist Englisch im heutigen<br />
Unterricht Standard.<br />
Kritisch sehe ich weiter den Umstand,<br />
dass der Italienischunterricht<br />
nicht ausgereicht hat, auf<br />
Anhieb die Zweisprachigkeitsprüfung<br />
zu bestehen. Damals wurde<br />
leider auch der Kontakt zur<br />
Berufswelt etwas wenig gepflegt<br />
- externe Referenten waren e<strong>in</strong>e<br />
Seltenheit; Betriebsbesichtigungen<br />
gab es überhaupt nicht. Ich b<strong>in</strong><br />
jetzt häufig <strong>in</strong> <strong>Schule</strong>n zu Gast,<br />
um aus me<strong>in</strong>em Berufsleben zu<br />
erzählen, <strong>und</strong> ich stoße dabei<br />
immer auf e<strong>in</strong> sehr <strong>in</strong>teressiertes<br />
Publikum. Die heutigen Schüler<br />
verstehen sehr wohl, wofür der<br />
oft trockene Unterrichtsstoff im<br />
Leben gut se<strong>in</strong> kann.