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wirkliche Übergabe

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ÖSTERREICHISCHE<br />

NOTARIATS<br />

ZEITUNG<br />

143.<br />

11 JAHRGANG<br />

2011<br />

NOTAR.AT<br />

MONATSSCHRIFT FÜR NOTARIAT UND FREIWILLIGE GERICHTSBARKEIT<br />

Aus dem Inhalt:<br />

Univ.-Ass. Mag. Laurenz Liedermann<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht Seite 321<br />

em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer<br />

Der Entwurf einer Grundbuchsnovelle 2012 aus Sicht der Wissenschaft Seite 330<br />

UNTER STÄNDIGER WISSENSCHAFTLICHER MITARBEIT VON: NOTAR UNIV.-DOZ. MAG. DDR. LUDWIG BITTNER,<br />

HOLLABRUNN | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. HANS HOYER, WIEN | O. UNIV.-PROF. DDR. WALDEMAR JUD, GRAZ |<br />

O.UNIV.-PROF. DDR. HANS GEORG RUPPE, GRAZ | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. RUDOLF WELSER, WIEN | A.UNIV.-PROF.<br />

DR.WOLFGANGZANKL,WIEN


Inhalt<br />

Aufsatz<br />

Von Univ.-Ass. Mag. Laurenz Liedermann:<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321<br />

Miscelle<br />

Von em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer:<br />

Der Entwurf einer Grundbuchsnovelle 2012 aus Sicht der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330<br />

Rechtsprechung<br />

Keine generellen Maßstäbe bei Feststellung der Sprachkundigkeit durch den Notar, spätere Beweisführung<br />

der Sprachunkundigkeit hat die Unwirksamkeit des Notariatsakts zur Folge –<br />

OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 49/11 s: § 63 Abs 1 NO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334<br />

Begründete Verweigerung des Kontakts mit dem Pflichtteilsberechtigten –<br />

OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 98/11 g: § 773 a ABGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337<br />

Gütergemeinschaft auf den Todesfall und Pflichtteilsrecht –<br />

OGH 7. 7. 2011, 5 Ob 245/10 f: § 1234 ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339<br />

Zuständigkeit bei beweglichem Inlandsvermögen –<br />

OGH 21. 6. 2011, 4 Ob 75/11 z: §§ 29, 106 JN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341<br />

Erlöschen von Treuhandaufträgen des Gemeinschuldners mit Konkurseröffnung nur<br />

im Zweipersonenverhältnis –<br />

OGH 11. 5. 2011, 3 Ob 62/11 f: § 1024 ABGB; § 26 Abs 1 KO/IO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343<br />

Nach K-GVG ist grundsätzlich mit dem Grundbuchsgesuch der rechtskräftige Bewilligungsbescheid vorzulegen,<br />

ein Bestätigungsvermerk der Behörde ist nur in den Fällen der §§ 9 und 14 K-GVG vorgesehen –<br />

OGH 26. 5. 2011, 5 Ob 89/11 s: §§ 9, 14, 20 K-GVG; § 94 GBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345<br />

Keine unmittelbare Begründung einer Eigentümerservitut –<br />

OGH 9. 2. 2011, 5 Ob 6/11 k: § 480 ABGB; § 6 BauRG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347<br />

Antragsrücknahme bewirkt nicht Anspruchsverzicht im Abstammungsverfahren –<br />

OGH 27. 4. 2011, 5 Ob 11/11 w: § 156 ABGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348<br />

Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen ............................................... 349<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen ....................................................... 352<br />

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352<br />

Redakteur Dr. Markus Kaspar, redaktioneller Mitarbeiter Mag. Alexander Winkler.<br />

Herausgegeben von der ÖGIZIN GmbH.


NZ 11/2011<br />

Laurenz Liedermann,<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

NOTAR.AT<br />

NZ 2011/108<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

Von Mag. Laurenz Liedermann, Universitätsassistent am Institut für Zivilrecht der Universität Wien<br />

Nach § 943 ABGB erwächst „aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong> Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage<br />

[. . .] dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet<br />

werden“. Dieser Bestimmung ist allerdings durch § 1 Abs 1 lit d NotAktsG materiell derogiert, der die Gültigkeit<br />

von Schenkungsverträgen ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> durch die Aufnahme eines Notariatsakts über diese bedingt.<br />

Dieser Aufsatz beschäftigt sich am Beispiel von beweglichen Sachen und Liegenschaften mit der Frage, was unter<br />

der „<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>“ bei Schenkungen zu verstehen ist.<br />

Inhaltsübersicht:<br />

A. Aktueller Meinungsstand<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

2. Liegenschaften<br />

B. Kritik<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

2. Liegenschaften<br />

C. Eigene Ansicht<br />

1. Formzweck<br />

2. Struktur und Wirkung der Vorschriften<br />

3. Geschichtliche Entwicklung<br />

4. Reichweite der Klage<br />

5. Akt des Geschenkgebers<br />

6. Alle erforderlichen Schritte<br />

D. Ergebnis<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

2. Liegenschaften<br />

A. Aktueller Meinungsstand<br />

Nach der hM müssen für die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ die im<br />

Judikat 142 1 festgelegten materiellen Kriterien erfüllt<br />

werden. Dieses verlangt für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, dass<br />

„zu dem Schenkungsvertrage noch ein anderer, von<br />

demselben verschiedener, als <strong>Übergabe</strong> erkennbarer<br />

Akt hinzukommt. Dieser Akt muss ein sinnfälliger, nach<br />

außen hin bemerkbarer, aber auch derart beschaffen<br />

sein, dass aus demselben der ernstliche Wille des Schenkers<br />

hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus<br />

seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu<br />

übertragen.“ Dieser für eine Forderungszession gebildete<br />

Rechtssatz ist seither in stRsp des OGH für alle<br />

Schenkungen zitiert. 2 Auch die L hat sich dieser Auslegung<br />

angeschlossen. 3<br />

Die Rsp stellt für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> folglich drei Erfordernisse<br />

auf: Der Akt muss eigenständig sein, er muss<br />

demnach in einem eigenen, vom Verpflichtungsgeschäft<br />

unabhängigen Vorgang liegen. Weiters muss er nach außen<br />

erkennbar, also publizitätswirksam sein. Schließlich<br />

muss er den Schenkungswillen deutlich zeigen, also in<br />

gewisser Weise Warnfunktion besitzen.<br />

Die im Judikat 142 aufgestellten Anforderungen sind offenbar<br />

zu streng, weswegen sie in der Praxis sukzessive<br />

ausgehöhlt werden. Selektiv werden einzelne Erfüllungsmöglichkeiten<br />

mit unterschiedlichen Begründungen ausgenommen,<br />

während andere durch gewagte Konstruktionen<br />

wieder integriert werden.<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

Bewegliche Sachen können nach hM nicht nur durch körperliche<br />

<strong>Übergabe</strong>, sondern auch durch Besitzauflassung<br />

(traditio brevi manu) 4 oder durch Besitzanweisung 5 wirklich<br />

übergeben werden. Ist die körperliche <strong>Übergabe</strong> unmöglich,<br />

kann auch eine <strong>Übergabe</strong> durch Zeichen nach<br />

§ 427 ABGB erfolgen. 6 Lediglich die <strong>Übergabe</strong> durch<br />

Besitzkonstitut wird nach hA nicht als <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />

gesehen. 7 Die jüngste Rsp lässt eine solche jedoch<br />

1<br />

OGH Plenissimarbeschluss vom 20. 6. 1899, Nr 20 GlUNF 650 =<br />

JB 142.<br />

2<br />

Vgl etwa OGH 6 Ob 264/65 SZ 38/227; zuletzt OGH 21. 6. 2005,<br />

5 Ob 82/05 b.<br />

3<br />

Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts<br />

2 (1928) 369; Gschnitzer, Schuldrecht – Besonderer Teil<br />

und Schadenersatz (1963) 43; Stanzl in Klang (Hrsg), ABGB IV/1 2<br />

(1968) 612; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung:<br />

Rückforderungsausschluß und Heilung nach § 1432 ABGB<br />

(1998) 60; Schubert in Rummel (Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 943<br />

Rz 1; Binder in Schwimann (Hrsg), ABGB Praxiskommentar IV 3<br />

(2005) § 943 Rz 10; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger<br />

(Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB 3 (2010) § 943 Rz 5; Welser, Bürgerliches<br />

Recht 13 (2007) 192.<br />

4<br />

Vgl OGH 5 Ob 390/97 g SZ 70/194; OGH 1 Ob 47/99 i SZ 72/<br />

182; OGH 17. 12. 2003, 7 Ob 292/03 x.<br />

5<br />

OGH 17. 10. 2007, 7 Ob 222/07 h.<br />

6<br />

OGH 3 Ob 102/81 EvBl 1982/111, 394 = ZVR 1983/57, 83; vgl<br />

auch OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d; Frankl, Die Formerfordernisse<br />

der Schenkung nach österreichischem Rechte (1883) 56 ff;<br />

Ehrenzweig, System II/1 2 369; Löcker in Kletečka/Schauer (Hrsg),<br />

ABGB-ON 1.00 (2010) § 943 Rz 2.<br />

7<br />

OGH 7 Ob 188/05 f EFSlg 111.088; Ehrenzweig, System II/1 2 369;<br />

Gschnitzer, Schuldrecht BT 43; Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 612;<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 60; Schubert<br />

in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB<br />

Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 11; Bollenberger in Koziol/<br />

Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 5;<br />

Welser, Bürgerliches Recht II 13 192; Löcker in Kletečka/Schauer,<br />

ABGB-ON 1.00 § 943 Rz 2.<br />

321


NOTAR.AT<br />

Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

ausnahmsweise im Einzelfall doch genügen, wenn die<br />

Schenkung nur von dritter Seite bestritten wird und<br />

mehrmals durch den Geschenkgeber bekräftigt wurde. 8<br />

2. Liegenschaften<br />

Bei Liegenschaften genügt es nach der Rsp 9 und der<br />

überwiegenden L 10 für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, wenn<br />

die Liegenschaft außerbücherlich übergeben wird.<br />

Darunter wird iS des Judikats 142 die <strong>Übergabe</strong> durch<br />

Zeichen nach § 427 ABGB verstanden. 11 Diese erfolgt<br />

durch <strong>Übergabe</strong> von Urkunden, etwa Kaufvertrag,<br />

Pfandbestellungsurkunden, Einheitswertbescheid oder<br />

andere zur Verwaltung erforderliche Urkunden, Werkzeuge,<br />

die die ausschließliche Nutzung ermöglichen,<br />

beispielsweise Schlüssel, oder durch die Verbindung<br />

mit einem Merkmal, durch das der Übergang deutlich erkennbar<br />

wird. 12 Nicht ausreichend ist jedoch das bloße<br />

Abstecken oder Auspflocken eines Teiles, wenn dadurch<br />

nur das Schenkungsobjekt bestimmt werden soll. 13 Teilweise<br />

genügt der Rsp auch, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht<br />

nach § 312 ABGB durch Betretung, Verrainung,<br />

Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung eingeräumt<br />

wird. 14<br />

Neben der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> gibt es bei Liegenschaften<br />

noch die Möglichkeit der Heilung durch Einverleibung.<br />

Wird ein Schenkungsvertrag, der mangels<br />

außerbücherlicher <strong>Übergabe</strong> nicht formwirksam ist, dennoch<br />

einverleibt, so heilt durch die Einverleibung der<br />

Formmangel.<br />

8<br />

OGH 3 Ob 575/91 NZ 1992, 230 (krit Hofmeister) = IPRax 1993,<br />

337 = JBl 1992, 792 (krit Schwimann); OGH 2 Ob 587/91 JBl<br />

1992, 791; OGH 2 Ob 274/01 k JBl 2002, 451 (krit Wagner) = ecolex<br />

2002/125; nicht jedoch in OGH 7 Ob 188/05 f EFSlg 111.088.<br />

9<br />

OGH 4 Ob 562/76 NZ 1979, 194; OGH 8 Ob 501/84 EvBl 1985/<br />

117, 589 = NZ 1986, 160 = ZfRV 1986, 226 (Hoyer) = IPRax<br />

1986, 175 (Schwind 191); OGH 6 Ob 501/88 NZ 1989, 66; OGH<br />

27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x; OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d.<br />

10<br />

Ehrenzweig, System II/1 2 370; Gschnitzer, Schuldrecht BT 43;<br />

Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 613; Schauer, Zur Formpflicht der Vollmacht<br />

bei der Schenkung, NZ 1984, 185, 189; Schubert in<br />

Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 2; Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar<br />

IV 3 § 943 Rz 19; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/<br />

Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 6; Welser,<br />

Bürgerliches Recht II 13 192; einschränkend Dehn, Formnichtige<br />

Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 61 f, die zusätzlich alle für<br />

die Eigentumsübertragung notwendigen Handlungen verlangt;<br />

aA Frankl, Formerfordernisse 78 ff; Stubenrauch, Commentar<br />

zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche 8<br />

(1903) 134; Bittner, Der Mythos von der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />

von Liegenschaften, in GedS Hofmeister (1996) 73, 76 f.<br />

11<br />

OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d.<br />

12<br />

Vgl OGH 27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x; OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/<br />

03 d.<br />

13<br />

OGH 6 Ob 501/88 NZ 1989, 66.<br />

14<br />

Vgl OGH 27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x bei der jedoch neben einem<br />

Abgehen auch Verwaltungsunterlagen und Schlüssel übergeben<br />

wurden; Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943<br />

Rz 19.<br />

Damit es zu einer Eintragung kommt, verlangt jedoch<br />

§ 26 Abs 1 GBG einen formgültigen Titel. Ein Schenkungsvertrag<br />

ohne Notariatsakt und ohne eine außerbücherliche<br />

<strong>Übergabe</strong> genügt nach hA nicht. 15 Allerdings<br />

benötigt das Grundbuchsgericht aufgrund eines reinen<br />

Urkundenverfahrens keinen konkreten Nachweis über<br />

die bereits erfolgte <strong>Übergabe</strong>, nicht einmal die Darstellung<br />

konkreter <strong>Übergabe</strong>akte. Vielmehr ist ein Vermerk<br />

des Geschenkgebers, 16 dass „die <strong>Übergabe</strong> bereits erfolgt<br />

ist“, 17 ausreichend. 18 Nach neuer Rsp gilt dies jedoch<br />

nur, wenn zumindest die Einverleibung auf einem<br />

Willensakt des Geschenkgebers beruht und nicht ohne<br />

dessen Zutun oder gar gegen dessen erklärten Willen<br />

erfolgt. 19<br />

B. Kritik<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

Prüft man die verschiedenen <strong>Übergabe</strong>formen in Hinblick<br />

auf die Anforderungen des Judikats 142, ergibt sich<br />

kein homogenes Bild. Die körperliche <strong>Übergabe</strong> erfüllt<br />

zweifelsfrei alle verlangten Voraussetzungen. Bei Besitzanweisung<br />

und Besitzauflassung müsse der Geschenkgeber<br />

insofern nicht gewarnt werden, weil er die Sache<br />

nicht in Gewahrsam hat und damit schon davor eine<br />

die Gebrauchsmöglichkeit beschränkende Handlung gesetzt<br />

hat, die die vollständige Aufgabe als teilweise vorweggenommen<br />

erscheinen lässt. 20 Dies überzeugt nicht<br />

restlos: Gerade derjenige, der die Sache bereits verborgt<br />

hat, könnte sich zu einer unüberlegten Schenkung hinreißen<br />

lassen, weil er den Verlust nicht unmittelbar spürt,<br />

sondern erst in dem Moment, in dem er die Sache zurückerhalten<br />

hätte.<br />

Ein eigenständiger Akt liegt bei der Besitzanweisung vor,<br />

da hier der Inhaber vom Geschenkgeber verständigt<br />

wird. 21 Nicht nur beim Besitzkonstitut, sondern auch<br />

bei der Besitzauflassung besteht hingegen lediglich eine<br />

Erklärung des Geschenkgebers. Somit wird im Falle der<br />

Besitzauflassung anscheinend vom Erfordernis eines<br />

weiteren von der Erklärung verschiedenen Akts abgesehen.<br />

22<br />

Auch muss bei der Besitzauflassung offenbar kein Akt<br />

gesetzt werden, der nach außen erkennbar ist. Es ge-<br />

15<br />

Hagleitner in Kodek (Hrsg), Grundbuchsrecht 1.10 (2009) § 26<br />

GBG Rz 19 ff.<br />

16<br />

OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b.<br />

17<br />

Nicht ausreichend wäre hingegen eine Formulierung, dass die<br />

<strong>Übergabe</strong> erfolgt (statt erfolgt ist) OGH 26. 8. 2008, 5 Ob 164/<br />

08 s.<br />

18<br />

OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b; krit bzgl solcher Urkundenfloskeln<br />

Bittner in GedS Hofmeister 73, 76 f.<br />

19<br />

OGH 9 Ob 149/04 h SZ 2005/12.<br />

20<br />

Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 13.<br />

21<br />

Spielbüchler in Rummel (Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 428 Rz 4.<br />

22<br />

So explizit Wagner, Anm zu 2 Ob 274/01 k, JBl 2002, 451, 454.<br />

322


NZ 11/2011<br />

Laurenz Liedermann,<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

NOTAR.AT<br />

C. Eigene Ansicht<br />

nüge, wenn nach außen dasselbe Ergebnis wie bei einer<br />

– die Heilung herbeiführt. 28<br />

körperlichen <strong>Übergabe</strong> eintritt, 23 nämlich, dass sich die<br />

Sache beim Beschenkten befindet. Damit sei die Vermögensverschiebung<br />

1. Formzweck<br />

für Dritte erkennbar. Es ist nicht nach-<br />

vollziehbar, warum bei der Besitzauflassung auf dieses<br />

Erfordernis verzichtet wird, beim Besitzkonstitut aber<br />

nicht.<br />

a) Übereilungsschutz<br />

2. Liegenschaften<br />

Bei der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> von Liegenschaften<br />

ist bedenklich, dass ein Rechtsinstitut, das für den Eigentumsübergang<br />

beweglicher Sachen konzipiert ist, für<br />

die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Titels missbraucht<br />

wird. 24 Außerdem ist dies der einzige Fall, in dem der<br />

Beschenkte ein Klagerecht auf Übereignung der Sache<br />

aus einem nicht in Notariatsaktsform geschlossenen<br />

Schenkungsvertrag hat. 25 Dies steht im Gegensatz zur<br />

hM zur <strong>Übergabe</strong> von Sparbüchern, bei denen alle Akte,<br />

die für den Zugriff auf das Guthaben erforderlich sind,<br />

gesetzt werden müssen. 26 Eine entsprechende Klage,<br />

etwa auf Bekanntgabe des Losungswortes, ist ausgeschlossen.<br />

Auch grundverkehrsrechtliche Regelungen<br />

sprechen gegen die Wirksamkeit der außerbücherlichen<br />

<strong>Übergabe</strong>. 27<br />

Bei der Heilung durch Einverleibung lässt sich zumindest<br />

die ältere Rsp nicht mit dem Judikat 142 vereinbaren.<br />

Mit dem Abschluss des notariell beglaubigten Schenkungsvertrags<br />

mit Aufsandungserklärung und einer Klausel,<br />

dass die <strong>Übergabe</strong> erfolgt ist, wäre die wirksame und<br />

nicht rückforderbare Übertragung durch den Beschenkten<br />

möglich, ohne dass ein weiterer publizitätswirksamer,<br />

warnender Akt vom Geschenkgeber notwendig wäre.<br />

Nach neuer Rsp muss zumindest das Grundbuchsgesuch<br />

vom Geschenkgeber stammen. Dies widerspricht jedoch<br />

der Rsp zum Gemeinschaftskonto. Dort wird es als zulässig<br />

gesehen, wenn der Beschenkte durch Behebung des<br />

Guthabens – also auf Grund seines eigenständigen Akts<br />

b) Andere Formzwecke<br />

23<br />

Wagner, Anm zu 2 Ob 274/01 k, JBl 2002, 451, 454.<br />

24<br />

Schwind, Zur Wirksamkeit eines Schenkungsvertrages bezüglich<br />

in Italien gelegener Liegenschaften, IPRax 1986, 191, 192.<br />

25<br />

Deswegen abl Frankl, Formerfordernisse 80; aus diesem Grund<br />

verlangt Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung<br />

215 zusätzlich alle für die Eigentumsübertragung notwendigen<br />

Handlungen.<br />

26<br />

OGH 17. 9. 1992, 7 Ob 579/92; OGH 6. 11. 2002, 1 Ob 115/02 x;<br />

OGH 13. 3. 2003, 2 Ob 47/03 f; OGH 5. 8. 2008, 6 Ob 53/08 z;<br />

Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 5; Binder in Schwimann,<br />

ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 28; Bollenberger in Koziol/<br />

Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 7.<br />

27<br />

Bittner in GedS Hofmeister 73, 77.<br />

28<br />

OGH 25. 4. 1991, 8 Ob 560/90; einschränkend auf Fälle, in denen<br />

der Geschenkgeber der Behebung nachträglich zustimmt<br />

Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 5.<br />

Für die Auslegung des Begriffs „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“<br />

und der Überprüfung der im Judikat 142 aufgestellten<br />

Regeln muss zunächst der Zweck der Schenkungsform<br />

festgestellt werden.<br />

Zweck der Formvorschriften für Schenkungsverträge ist<br />

unbestritten ein Schutz vor Übereilung. 29 Unerfahrene,<br />

leicht gelenkte, überredete oder überlistete Landsmänner<br />

sollten von der leichtsinnigen Zersplitterung ihres<br />

Vermögens abgehalten werden; 30 junge, leichtsinnige<br />

oder schwache Gemüter sollten geschützt werden. 31<br />

Durch die Formpflicht soll der Geschenkgeber vor unüberlegten<br />

Handlungen gewarnt werden.<br />

Bei Schenkungen, die wirklich übergeben werden, ist ein<br />

Schutz nicht erforderlich, da der Verlust für den Geschenkgeber<br />

in diesem Fall gegenwärtig und konkret<br />

ist. 32 Der Geschenkgeber, der die Sache aus der Hand<br />

gibt, hat seinen Willen typischerweise ebenso reiflich geprüft<br />

wie bei der Errichtung eines Notariatsakts. 33<br />

Neben dem Warnzweck erfüllt die Notariatsaktpflicht<br />

nach hM die folgenden drei Formzwecke: Beweissicherung,<br />

Belehrung und Gläubigerschutz. 34<br />

Ob diese Zwecke insbesondere für die Schenkung relevant<br />

sind, ist für Auslegungsfragen von Bedeutung. So<br />

29<br />

Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 611; P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht<br />

1850 und heute, NZ 1990, 289, 290; P. Bydlinski, Die Formpflicht<br />

bei der Schenkung ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1<br />

lit d NZwG), NZ 1991, 166, 166; Bittner in GedS Hofmeister 73,<br />

75; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59;<br />

P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />

auf dem Prüfstand (2001) 63; Binder in Schwimann, ABGB<br />

Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 1; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/<br />

Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 1; Welser,<br />

Bürgerliches Recht II 13 191; OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b.<br />

30<br />

Ofner, Der Ur-Entwurf und die Beratungsprotokolle des Österreichischen<br />

Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches II (1889) 29; vgl<br />

auch bereits die Fassung im III 2. § 11 Entwurf Martini, Harras<br />

Ritter von Harrasowsky, Die Umarbeitung des Codex Theresianus:<br />

Entwurf Martini’s IV/2 (1886) 166.<br />

31<br />

Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch<br />

für die gesammten Deutschen Erbländer der Österreichischen<br />

Monarchie (1812) 159.<br />

32<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59; vgl<br />

auch Welser, Bürgerliches Recht II 13 191; entgegen Gruber, Studien<br />

zur Teleologie der notariellen Form, in Rechberger (Hrsg),<br />

Formpflicht und Gestaltungsfreiheit (2002) 55, 84 ist der Grund<br />

nicht darin zu sehen, dass es sich vorwiegend um geringfügige<br />

Geschäfte handelt, da eine Wertgrenze für geringfügige Schenkungen<br />

in den Beratungen explizit abgelehnt wurde.<br />

33<br />

Schauer, Zur Formpflicht der Vollmacht bei der Schenkung, NZ<br />

1984, 185, 189.<br />

34<br />

Welser, Zivilrechtliche Formgebote und Notariatsakt, in Rechberger<br />

(Hrsg), Formpflicht und Gestaltungsfreiheit (2002) 1, 11.<br />

323


NOTAR.AT<br />

Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

hängt etwa die Frage, ob nur die Erklärung des Geschenkgebers<br />

oder der gesamte Vertrag der Form unterliegt,<br />

maßgeblich davon ab, wer durch die Formvorschriften<br />

geschützt werden soll.<br />

i) Beweissicherung<br />

Bereits die Materialien zeigen, dass es einer der Zwecke<br />

des Notariatszwangs war, für eine sichere und dauernde<br />

Aufbewahrung der Urkunden zu sorgen und diese vor<br />

der Gefahr zu bewahren, im Laufe der Zeit verloren zu<br />

gehen. 35 Dass diese Beweise im Falle eines Rechtsstreits<br />

eine erhebliche Erleichterung mit sich bringen, soll nicht<br />

bezweifelt werden. 36<br />

Allerdings sind Beweisschwierigkeiten keine spezielle<br />

Problematik des Schenkungsrechts, sie treten genauso<br />

bei formfreien Geschäften auf. 37 Auch erscheint der<br />

Empfänger einer unentgeltlichen Leistung wenig schutzwürdig.<br />

Behauptet er eine Schenkung, so kann von ihm<br />

durchaus der Beweis der Voraussetzungen verlangt werden.<br />

38 Der unentgeltlich Leistende wird zumindest bei<br />

Unklarheiten in gewissem Maße durch § 915 ABGB geschützt.<br />

Wäre das Beweisproblem speziell bei Schenkungen vorhanden,<br />

so ließe sich auch nicht erklären, warum gerade<br />

die Handschenkung keiner Form bedarf. Gerade hier<br />

sind Situationen denkbar, in denen beispielsweise darüber<br />

gestritten wird, ob eine Sache geliehen oder geschenkt<br />

ist. Konsequenterweise müssten diese auch der<br />

Beweissicherung und damit der Notariatsaktform unterliegen.<br />

Dass Beweisprobleme in der Praxis speziell dann auftreten<br />

können, wenn Schenkungen kurz vor dem Tod des<br />

Geschenkgebers getätigt werden, mag zwar zutreffen.<br />

Allerdings handelt es sich auch hier vielmehr um ein Problem,<br />

das Rechtsgeschäfte kurz vor dem Tod allgemein<br />

betrifft und nicht speziell das Schenkungsrecht.<br />

Auch der Urentwurf, der ausdrücklich den Warnzweck<br />

hervorhebt, zeigt deutlich, dass dieser im Vordergrund<br />

stand. In den Beratungen wurde eine Formvariante, die<br />

ausschließlich Beweissicherungszwecke hat, der Abschluss<br />

in Gegenwart von Zeugen, explizit abgelehnt. 39<br />

In einem Zwischenergebnis ist also festzuhalten, dass der<br />

Beweiszweck bei der Auslegung der Formvorschriften für<br />

35<br />

HHB 16 BlgHH 6. Sess 241.<br />

36<br />

Welser in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 1, 10<br />

FN 39.<br />

37<br />

P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NZ 1990,<br />

289, 290; vgl auch P. Bydlinski, Die Formpflicht bei der Schenkung<br />

ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1 lit d NZwG), NZ 1991, 166,<br />

166 f.<br />

38<br />

AA Wilhelm, Anm zu 5 Ob 266/99 z, ecolex 2000/139 der den<br />

Zweck der Formvorschriften durchaus als Schutz des Beschenkten<br />

vor einem „Rückzieher der Gegenpartei” und folglich im Beweis<br />

sieht.<br />

39<br />

Ofner, Ur-Entwurf II 29.<br />

Schenkungsverträge im Vergleich zum Warnzweck eine<br />

untergeordnete Rolle spielt.<br />

ii) Gläubigerschutz<br />

Der Gläubigerschutz stand nie im Vordergrund bei der<br />

Schenkungsform, 40 auch wenn dies von mancher Stimme<br />

in der L vertreten wird. 41 Die überwiegende L sieht den<br />

Gläubigerschutzaspekt im Hintergrund, 42 insbesondere,<br />

da ohnehin die Möglichkeit der Anfechtung besteht. 43<br />

Der Schutz durch die Anfechtung geht weit über den des<br />

Notariatsakts hinaus. Dieser ist nämlich in keinem öffentlichen<br />

Register verzeichnet und aus diesem Grund auch<br />

für den Gläubiger nicht sichtbar. Dass ein Notariatsakt<br />

mehr Zeit als eine formlose Verfügung in Anspruch<br />

nimmt, und der Gläubiger deswegen die Chance hat,<br />

dass die vermögensmindernde Verfügung noch nicht abgeschlossen<br />

wurde, kann wohl nicht als Begründung für<br />

einen Formzwang angeführt werden. Auch vor Scheingeschäften<br />

bietet die Schenkungsform nur mäßig Schutz,<br />

da die Parteien sowohl einen Notariatsakt zum Schein errichten,<br />

als auch scheinbar eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> vornehmen<br />

können.<br />

iii) Aufklärungspflichten<br />

Den Notar trifft die Pflicht zu überprüfen, ob das Geschäft<br />

frei von Willensmängeln ist, die Parteien rechtlich<br />

zu beraten und bei der Vertragsgestaltung zu unterstützen.<br />

44 Bereits daraus ergibt sich die Aufklärung als<br />

möglicher Zweck der Notariatsaktform. Zwar sind die<br />

grundlegenden Rechtsfolgen eines Schenkungsvertrags,<br />

der Vermögensverlust ohne Gegenleistung, weitgehend<br />

bekannt, was aber die Details des Schenkungsvertrags<br />

betrifft, etwa dass dieser nicht so leicht gelöst<br />

werden kann wie letztwillige Verfügungen, ist oft unbekannt.<br />

45<br />

Allerdings bestehen auch hier ernsthafte Bedenken dagegen,<br />

dass die Aufklärung eine zentrale Rolle für die Begründung<br />

der Schenkungsform einnimmt. Zum einen besteht<br />

ebendieser Belehrungsbedarf genauso bei der<br />

Handschenkung, bei der eine Belehrung aber gerade<br />

40<br />

Vgl HHB 16 BlgHH 6. Sess 241: „die keineswegs bloß zu Gunsten<br />

der Gläubiger des Geschenkgebers, sondern weit mehr zu Gunsten<br />

der Contrahenten eingeführt werden müsse“.<br />

41<br />

Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 611.<br />

42<br />

P. Bydlinski, Die Formpflicht bei der Schenkung ohne <strong>wirkliche</strong><br />

<strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1 lit d NZwG), NZ 1991, 166, 166; speziell<br />

für Schenkungen zwischen Ehegatten P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht<br />

1850 und heute, NZ 1990, 289, 290.<br />

43<br />

Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 1;<br />

Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar<br />

zum ABGB 3 § 943 Rz 4; tendenziell auch Bittner in GedS Hofmeister<br />

73, 75 obwohl die Anfechtung die physisch vollzogenen<br />

Schenkungen betrifft, während das NotAktG die nicht übergebenen<br />

betrifft.<br />

44<br />

Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 65.<br />

45<br />

Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 83.<br />

324


NZ 11/2011<br />

Laurenz Liedermann,<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

NOTAR.AT<br />

nicht vorgesehen ist. 46 Zum anderen ist hier eine Aufklärung<br />

weniger notwendig als bei anderen gefährlichen<br />

Geschäften wie etwa der Bürgschaft, bei der die Schriftform<br />

ausreicht. 47 Auch alle übrigen unentgeltlichen Verträge<br />

unterliegen nur der Schriftform oder gar keiner<br />

Form, obwohl sie bei hohem Wert durchaus eine gewisse<br />

Gefahr in sich bergen können. 48<br />

c) Zwischenergebnis<br />

Obwohl alle vier Formzwecke auf die Schenkung passen,<br />

vermag nur der Übereilungsschutz wirklich zu überzeugen.<br />

Bei allen anderen Zwecken sprechen gewichtige<br />

Gründe gegen eine Berücksichtigung, insbesondere lässt<br />

sich mit keinem der Zwecke erklären, warum Schenkungen<br />

mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> nicht dem Formgebot unterliegen.<br />

Insofern ist bei der Auslegung vornehmlich<br />

auf den Warnzweck Rücksicht zu nehmen, alle anderen<br />

Zwecke sind höchstens ergänzend zu beachten.<br />

Daraus lassen sich Rückschlüsse auf das Judikat 142 ziehen.<br />

Das Erfordernis eines nach außen erkennbaren Akts<br />

lässt sich mit dem Warnzweck überhaupt nicht erklären.<br />

Es besteht keine größere Warnung für den Geschenkgeber,<br />

nur weil seine Handlung nach außen in Erscheinung<br />

tritt. Dieses Publizitätserfordernis dient höchstens Beweiszwecken.<br />

Obwohl diese zweifelsfrei für den Formzweck<br />

eine Rolle spielen, gehen sie doch nicht so weit,<br />

ihretwegen einer <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong> die Gültigkeit zu<br />

versagen.<br />

Der geforderte separate Akt, bei dem der Geschenkgeber<br />

sich erneut entscheiden kann, ob er wirklich gebunden<br />

sein will, würde den Geschenkgeber hingegen in einem<br />

äußerst hohen Maß warnen. Allerdings liegt das Erfordernis<br />

nicht einmal bei der körperlichen <strong>Übergabe</strong><br />

zwingend vor, denn diese kann auch gleichzeitig ein konkludentes<br />

Schenkungsangebot sein. Auch bei der <strong>Übergabe</strong><br />

durch Besitzauflassung lässt sich meist kein separater<br />

Akt feststellen. Würde man dieses Erfordernis ernst<br />

nehmen, so würde es die Schenkungsform mehr als überstrapazieren.<br />

Es kann nicht erforderlich sein, dass der Geschenkgeber<br />

sich jedenfalls zweimal entscheiden muss.<br />

Eine wohlüberlegte Entscheidung muss ausreichend<br />

sein.<br />

2. Struktur und Wirkung<br />

der Vorschriften<br />

In weiterer Folge müssen die Struktur der Formvorschriften<br />

und die Rechtsfolge ihrer Verletzung betrachtet<br />

werden.<br />

46<br />

P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />

auf dem Prüfstand 64.<br />

47<br />

Das obwohl die Gefahr der Bürgschaft viel versteckter ist als bei<br />

der Schenkung: P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und<br />

heute, NZ 1990, 289, 292.<br />

48<br />

P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />

auf dem Prüfstand 65 f.<br />

a) Die drei Möglichkeiten der Schenkung<br />

Beim Abschluss eines Schenkungsvertrages sind drei<br />

Möglichkeiten denkbar. Wird die Schenkung in Form eines<br />

Notariatsakts abgeschlossen, so ordnet § 1 Abs 1<br />

lit d NotAktsG die (vollständige) Gültigkeit des Geschäfts<br />

an. Das heißt vor allem, dass der Beschenkte eine Leistungsklage<br />

gegen den Geschenkgeber hat und diese gerichtlich<br />

durchsetzen kann. Für die Erfüllung der Schenkung<br />

gibt es keine Einschränkungen; alle vom ABGB vorgesehenen<br />

Erfüllungsmöglichkeiten sind zulässig.<br />

Die zweite Möglichkeit ist die Schenkung ohne Notariatsakt<br />

und ohne <strong>Übergabe</strong>. Diese ist jedenfalls ungültig.<br />

Hier hat der Beschenkte keine Möglichkeit, den Vertrag<br />

gerichtlich durchzusetzen. Dies ergibt sich sowohl aus<br />

§ 1 Abs 1 lit d NotAktsG als auch aus § 943 ABGB, der<br />

diesem Fall explizit die Klagbarkeit versagt.<br />

Problematisch ist jedoch die dritte Möglichkeit, dass die<br />

Schenkung ohne Notariatsakt abgeschlossen wurde, die<br />

geschenkte Sache jedoch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses<br />

oder zu einem späteren Zeitpunkt übergeben<br />

wurde. Eine explizite Regelung für diesen Fall findet sich<br />

nicht in § 1 Abs 1 lit d NotAktsG, der diesen Fall von seinem<br />

Anwendungsbereich ausnimmt. Auch § 943 ABGB<br />

regelt diesen Fall nicht, da Satz 1 nur mündliche Schenkungen<br />

ohne <strong>Übergabe</strong>, Satz 2 hingegen nur schriftliche<br />

Schenkungen betrifft. Es ist also fraglich, wie Schenkungen<br />

ohne Notariatsakt aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> zu<br />

handhaben sind.<br />

b) Lösungsmöglichkeiten<br />

Für die dogmatische Begründung der Wirkung einer<br />

Schenkung ohne Notariatsakt aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong><br />

sind drei Lösungsmöglichkeiten denkbar.<br />

i) Ausnahme von der Formpflicht<br />

Die erste und gleichzeitig naheliegendste Möglichkeit<br />

ist, dass die Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> von<br />

der allgemeinen Formpflicht für Schenkungen ausgenommen<br />

ist, und folglich nach der allgemeinen Regel<br />

des § 883 ABGB formfrei abgeschlossen werden kann.<br />

Wird die Schenkung also sofort übergeben, so läge eine<br />

sog „Handschenkung“ vor, für die die Schenkungsform<br />

nicht anwendbar ist.<br />

Probleme treten auf, wenn die <strong>Übergabe</strong> nicht bereits<br />

bei Vertragsschluss erfolgt. In diesem Fall wäre das Geschäft<br />

nichtig, weil weder die Formvorschrift noch deren<br />

Ausnahme erfüllt sind.<br />

Man könnte die nachträgliche Erfüllung als erneute<br />

Schenkung qualifizieren, bei der die Ausnahme der <strong>wirkliche</strong>n<br />

<strong>Übergabe</strong> erfüllt ist. 49 Allerdings wäre hierfür eine<br />

49<br />

Nippel, Erläuterung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches<br />

für die gesamten deutschen Länder der österreichischen Monarchie<br />

(1833) 220.<br />

325


NOTAR.AT<br />

Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

erneute Willenseinigung notwendig. Der Geschenkgeber<br />

bräuchte – anstelle von Erfüllungswillen – Verpflichtungswillen<br />

und der Beschenkte müsste zumindest konkludent<br />

die Schenkung annehmen.<br />

Denkbar wäre auch, dass die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nachträglich<br />

erfolgen kann. 50 Damit würde der Vertrag erst<br />

bei <strong>Übergabe</strong> zustande kommen, er wäre also bis zur<br />

<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong> in Schwebe. Erfüllt man allerdings<br />

das schwebende Geschäft nur teilweise, so müsste dies<br />

mittels Auslegung zu einer Teilung führen, der formgültige<br />

Schenkungsvertrag würde nur über den übergebenen<br />

Teil zustande kommen.<br />

ii) Heilung<br />

Auch die zweite Lösungsmöglichkeit geht davon aus,<br />

dass die Schenkung nichtig ist, wenn im Vertragsschlusszeitpunkt<br />

keine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, und somit die Ausnahme<br />

von der Form, vorliegt. Allerdings ist nach dieser<br />

Ansicht eine nachträgliche <strong>Übergabe</strong> weder neuerliche<br />

Schenkung noch eigentlicher Vertragsschluss, sondern<br />

das Geschäft heilt. Denn § 1432 ABGB ordnet an, dass<br />

Leistungen in Erfüllung formungültiger Verträge nicht zurückgefordert<br />

werden können.<br />

Der bereicherungsrechtliche Rückforderungsausschluss<br />

alleine würde dem Beschenkten jedoch nicht helfen. Da<br />

der Titel ungültig ist, würde der Beschenkte auch kein Eigentum<br />

erwerben, der Geschenkgeber könnte seine<br />

Leistung einfach vindizieren. Um der Vorschrift effektive<br />

Wirksamkeit zu verleihen, muss dem Geschenkgeber<br />

auch die Eigentumsklage verwehrt sein. Dazu muss das<br />

Titelgeschäft jedoch in einem gewissen Maß heilen. 51<br />

Auch tritt der Rückforderungsausschluss und damit die<br />

Heilungswirkung nur bei den Formvorschriften ein, die<br />

einem Behalten der Leistung nicht entgegenstehen. 52<br />

Gerade bei der Schenkung, bei der die Erfüllung durch<br />

<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nach dieser Ansicht im Vertragsschlusszeitpunkt<br />

von den Formvorschriften ausgenommen<br />

ist, ist davon auszugehen, dass der Rückforderungsausschluss<br />

zulässig ist. 53<br />

50<br />

Vgl Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 1.<br />

51<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 196: Im<br />

Kondiktionsausschluss liegt gleichzeitig die Anerkennung eines<br />

wirksamen Rechtsgrundes für die Vermögensverschiebung, einer<br />

causa zum Behaltendürfen der Leistung.<br />

52<br />

Berger, Gesetzliche Formvorschriften für Rechtsgeschäfte nach<br />

österreichischem Recht, in Gutachten 175 Jahre ABGB III (1986)<br />

41, 68 f.<br />

53<br />

Vgl Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 190;<br />

Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 70.<br />

54<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 189 f.<br />

Die Heilung nach § 1432 ABGB steht allerdings in einem<br />

gewissen Spannungsverhältnis zur <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>.<br />

Dies wird dadurch verstärkt, dass eine genaue Grenzziehung<br />

zwischen beiden Fällen nicht möglich ist. 54 Es lässt<br />

sich nicht klar sagen, welcher Zeitraum zwischen Vertragsschluss<br />

und <strong>Übergabe</strong> liegen muss, damit es sich<br />

nicht mehr um eine Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong><br />

oder Handschenkung, sondern um die nachträgliche Erfüllung<br />

einer formungültigen Schenkung nach § 1432<br />

ABGB handelt.<br />

Die strengen Voraussetzungen der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />

können nicht durch eine nachträgliche Erfüllung umgangen<br />

werden. Reicht ein Besitzkonstitut etwa nicht für eine<br />

<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> aus, so kann es auch nicht für die<br />

Zahlung einer mangels der Förmlichkeiten ungültigen<br />

Verbindlichkeit ausreichen. Es wäre nicht sinnvoll,<br />

strenge Voraussetzungen für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> aufzustellen,<br />

wenn diese dann aufgrund einer „Zahlung“<br />

nach § 1432 ABGB ohnedies nicht greifen. Aus diesem<br />

Grund wird vertreten, dass für § 1432 ABGB dieselben<br />

Anforderungen gelten wie für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />

nach dem NotAktsG. 55<br />

iii) Naturalobligation<br />

Die letzte Möglichkeit ist, dass nur die Schenkung in<br />

Form eines Notariatsakts gültig ist und alle anderen<br />

Schenkungen ungültig. Allerdings handle es sich um eine<br />

geringere Form der Ungültigkeit, da eine Erfüllung nach<br />

§ 1432 ABGB immer noch möglich ist. 56 Diese sei so zu<br />

verstehen, dass kein vollwirksames, durchsetzbares<br />

Recht entsteht, nicht, dass überhaupt kein Recht existent<br />

wird. 57 Es komme aufs Gleiche hinaus, ob man sagt, eine<br />

Forderung sei gültig aber unklagbar oder ungültig aber<br />

erfüllbar. 58 Jede Schenkung ohne Notariatsakt erzeuge<br />

folglich eine Naturalobligation, die erfüllt, jedoch nicht<br />

eingeklagt werden kann. 59<br />

Das Problem der Eigentumsübertragung lässt sich in dieser<br />

Variante zwangloser lösen. Nachdem die Verbindlichkeit<br />

wirksam erfüllt werden kann, genügt sie auch als Titel<br />

für eine Übereignung. 60 Von einer Heilung ist somit<br />

streng genommen nicht mehr zu sprechen. 61<br />

Eine Unterscheidung zwischen Schenkungen, die sofort<br />

erfüllt werden, und jenen, die nachträglich erfüllt wer-<br />

55<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 213.<br />

56<br />

Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 49. Vgl auch unten<br />

C.3.b).<br />

57<br />

Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 3.<br />

58<br />

Gschnitzer, Schuldrecht BT 42 f.<br />

59<br />

Für den Fall der nachträglichen <strong>Übergabe</strong> Schauer, Zur Formpflicht<br />

der Vollmacht bei der Schenkung, NZ 1984, 185, 189; Berger<br />

in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 73; Rummel in Rummel<br />

(Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 1432 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB<br />

Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 3; Koziol/Welser, Bürgerliches<br />

Recht 13 (2006) 189; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger,<br />

Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 4; aA Frankl, Formerfordernisse<br />

33; Stubenrauch, Commentar II 8 136; Stanzl in Klang, ABGB<br />

IV/1 2 616; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung<br />

171 ff; vor der Änderung durch das NotAktsG Zeiller, Commentar<br />

über das ABGB III/1, 161.<br />

60<br />

Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 73.<br />

61<br />

Unter Umständen jedoch im Zusammenhang mit Gegenleistungen<br />

bei synallagmatischen Verträgen.<br />

326


NZ 11/2011<br />

Laurenz Liedermann,<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

NOTAR.AT<br />

den, macht bei dieser Lösung keinen Sinn, da es sich in<br />

beiden Fällen um die Erfüllung des Schenkungsversprechens<br />

handelt. Das Spannungsverhältnis zwischen diesen<br />

Fällen kann dadurch vermieden werden. Nachdem es<br />

sich um denselben Fall handelt, gelten zwangsläufig dieselben<br />

Voraussetzungen.<br />

c) Kritik und eigene Ansicht<br />

Die erste Variante (Ausnahme von der Formpflicht) wirkt<br />

künstlich und konstruiert. Ein erneuter Vertragsschluss<br />

entspricht wohl nicht den Vorstellungen gewöhnlicher<br />

Parteien. Diese gehen wohl vielmehr von einer geschlossenen<br />

Vereinbarung aus und wollen diese nur erfüllen.<br />

Auch den Vertragsschlusszeitpunkt auf den Erfüllungszeitpunkt<br />

zu verschieben, schafft Probleme, etwa bei teilweiser<br />

Erfüllung. Die zweite Variante (Heilung) ist bereits<br />

dogmatisch schöner als die erste Variante, doch auch hier<br />

stört das Spannungsverhältnis zwischen <strong>Übergabe</strong> bei<br />

und nach Vertragsschluss, das erst durch Auslegung gelöst<br />

werden muss.<br />

Die Lösung über eine Naturalobligation passt am besten<br />

in die Struktur des ABGB, weil sie keine Wertungswidersprüche<br />

erzeugt. Sie lässt sich auch historisch erklären. 62<br />

3. Geschichtliche Entwicklung<br />

Im Codex Theresianus sowie im Entwurf Horten finden<br />

sich noch keine Regelungen zur Schenkungsform. 63<br />

Diese kommt erstmals in III 2. § 11 Entwurf Martini vor:<br />

„Aus einem blos mündlichen und ohne <strong>wirkliche</strong> Uebergabe<br />

geschlossenen Schenkungsvertrage unter Lebenden<br />

soll dem Geschenknehmer kein Klagerecht gebühren.<br />

Dieses Recht muß, um den Verdacht der Uebereilung<br />

oder rechtswidrigen Verleitung abzulehnen, allzeit<br />

mit einer schriftlichen Urkunde begründet werden.“ 64<br />

Die Regelung ist – aufgrund der Ähnlichkeit und des Umstandes,<br />

dass es zuvor keine Regelung gab – offenbar<br />

dem ALR entlehnt, 65 in dem aus Schenkungen, die außergerichtlich<br />

abgeschlossen wurden, idR nicht auf Erfüllung<br />

geklagt werden konnte (§ 1064 I 11). Wurde eine bewegliche<br />

Sache jedoch bereits übergeben, so konnte sie<br />

nicht aufgrund der Ermangelung eines gerichtlichen Vertrages<br />

zurückgefordert werden (§ 1165 I 11). Dasselbe<br />

galt für unbewegliche Sachen bei schriftlichem Schenkungsvertrag<br />

und <strong>Übergabe</strong>, wobei unter <strong>Übergabe</strong> im<br />

letzten Fall die „<strong>wirkliche</strong> Naturalübergabe, wodurch<br />

die geschenkte Sache in den Besitz und die Gewahrsame<br />

des Beschenkten gelangt“ zu verstehen war (§ 1168 I 11).<br />

Die Parallelen sind insbesondere in der Rechtsfolge zu<br />

sehen, dass die Formverletzung die Klagbarkeit verhindert.<br />

Auch die Formulierung „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“<br />

62<br />

Siehe sogleich C.3.<br />

63<br />

Vgl Saxl/Kornfeld, Quellenausgabe (1906) 326.<br />

64<br />

Harras Ritter von Harrasowsky, Codex Theresianus IV/2, 166.<br />

65<br />

Vgl Saxl/Kornfeld, Quellenausgabe VIII f.<br />

könnte von den für unbewegliche Sachen stammenden<br />

Regelungen im ALR stammen. Einzig der gerichtliche<br />

Vertrag war als Formvorschrift offenbar zu streng, hier<br />

empfand man bloße Schriftlichkeit wohl als ausreichend.<br />

Im Urentwurf zum ABGB wurde der Entwurf Martini mit<br />

geringen sprachlichen Anpassungen übernommen und<br />

in den Beratungen in weiterer Folge nur geringfügig angepasst.<br />

Die Worte „unter Lebenden“ wurden gestrichen<br />

und im zweiten Satz wurde die Begründung weggelassen.<br />

66 Es wurde erwogen, ob auch der Abschluss unter<br />

Anwesenheit von zwei Zeugen eine hinreichende Form<br />

wäre, was jedoch unter Verweis auf den Warnzweck der<br />

Schenkung abgelehnt wurde. 67 Auch der Vorschlag, eine<br />

Wertgrenze für die Formvorschrift nach römisch rechtlichem<br />

Vorbild festzulegen, fand aufgrund der Relativität<br />

einer solchen Grenze keinen Anklang. 68 Seitdem lautet<br />

§ 943 ABGB: „Aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong><br />

Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst<br />

dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses<br />

Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet<br />

werden.“<br />

a) Das Konzept des ALR im ABGB<br />

§ 943 ABGB regelt zwei Fälle der Schenkung nach demselben<br />

Konzept wie das ALR. Nach dem zweiten Satz entsteht<br />

ausdrücklich nur für die schriftliche Urkunde ein Klagerecht.<br />

69 Satz 1 bestimmt hingegen, dass ein mündlicher<br />

Vertrag ohne <strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht erzeugt.<br />

Der dritte im ALR geregelte Fall, ein mündlicher Vertrag<br />

mit <strong>Übergabe</strong>, wird von § 943 ABGB nicht geregelt.<br />

Hier gegen den Wortlaut des § 943 Satz 2 ABGB eine<br />

vollständige Gültigkeit samt Klagbarkeit anzunehmen,<br />

ist nicht geboten. Vielmehr spricht vieles dafür, dass<br />

Satz 2 die mündliche Schenkung mit <strong>Übergabe</strong> absichtlich<br />

nicht erwähnt, weil man dies nicht für notwendig<br />

hielt. Dies wäre denkbar, wenn es im Falle der mündlichen<br />

Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> gar keines Klagerechts<br />

bedürfe. 70<br />

Das ALR sah für formungültige Schenkungen mit <strong>wirkliche</strong>r<br />

<strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht, sondern einen Rückforderungsausschluss<br />

vor. Dass übergebene Schenkungen<br />

nicht zurückgefordert werden können, findet sich zwar<br />

nicht in § 943 ABGB. Allerdings findet sich zumindest<br />

die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> erwähnt. Komplett wird die Vorschrift<br />

erst mit § 1432 ABGB, durch den die bereicherungsrechtliche<br />

Kondiktion von Zahlungen von Schulden,<br />

bei denen das Gesetz bloß die Klagbarkeit versagt, aus-<br />

66<br />

Ofner, Ur-Entwurf II 29 FN 1.<br />

67<br />

Ofner, Ur-Entwurf II 29.<br />

68<br />

Ofner, Ur-Entwurf II 562.<br />

69<br />

So auch Zeiller, Commentar über das ABGB III/1, 161.<br />

70<br />

Vgl Zeiller, Commentar über das ABGB III/1, 161 nach dem ein<br />

wirklich übergebenes Geschenk sogleich das Eigentumsrecht<br />

überträgt und eine schriftliche Schenkung eine persönliche Forderung,<br />

ein Klagerecht gibt.<br />

327


NOTAR.AT<br />

Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

geschlossen wird. Dadurch ergibt sich eine Lösung<br />

für den Fall: Wird eine bloß mündliche Schenkung durch<br />

<strong>Übergabe</strong> erfüllt, so kann sie nicht zurückgefordert<br />

werden.<br />

b) Die Novellierung der Bestimmung<br />

Durch das 1871 erlassene Notariatsaktsgesetz 71 wurde<br />

§ 943 ABGB materiellrechtlich derogiert, 72 da es für<br />

Schenkungen ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nun die Notariatsaktspflicht<br />

vorschreibt. Grund für diese Änderung<br />

war, dass die bloße Schriftlichkeit angesichts der drastischen<br />

Gefahr der Beeinträchtigung der Willensbildung<br />

für ungenügend befunden wurde. 73 Das Schriftlichkeitserfordernis<br />

hatte früher schon allein deswegen eine viel<br />

größere Warnkraft, weil die Fähigkeit zu schreiben in<br />

der Bevölkerung weniger verbreitet war. 74 Es war ein<br />

Akt notwendig, der an so viel Feierlichkeit geknüpft<br />

war, dass er den notwendigen Ernst und die Überlegung<br />

für ein solches Geschäft erreichte. 75 Die Sicherung eines<br />

gewissen Maßes an Beschäftigung für Notare war gewiss<br />

Ausgangspunkt, nicht aber Grund für die Neuregelung.<br />

76<br />

Neu ist neben der strengeren Form auch, dass § 1 Abs 1<br />

lit d NotAktsG nunmehr die Gültigkeit des Vertrages<br />

durch die Form bedingt. Allerdings finden sich in den<br />

Materialien zur Änderung keine Anzeichen dafür, dass<br />

das grundlegende System angepasst werden sollte. 77<br />

Vielmehr sollte die für ungenügend empfundene Schriftform<br />

ausgetauscht werden. 78<br />

Auch der Kondiktionsausschluss des § 1432 ABGB gilt<br />

nicht nur für Verbindlichkeiten, bei denen die Klagbarkeit<br />

versagt ist, sondern auch für formungültige Verbindlichkeiten.<br />

Daraus lässt sich schließen, dass das Konzept<br />

des ALR und des § 943 ABGB fortbestehen sollte und<br />

§ 1 Abs 1 NotAktsG unter „Gültigkeit“ nur die vollkommene<br />

Gültigkeit versteht, die das Klagerecht inkludiert.<br />

79<br />

71<br />

Gesetz vom 25. Juli 1871, betreffend das Erforderniß der notariellen<br />

Errichtung einiger Rechtsgeschäfte (Notariatsaktsgesetz –<br />

NotAktsG) RGBl 1871/76 idF BGBl I 2009/75.<br />

72<br />

Für eine formelle Aufhebung des § 943 zur Klarstellung P. Bydlinski,<br />

Neues im Recht der Rechtsgeschäftsform, RdW 2001/12, 716,<br />

720; Riedler, Modernisierungsbedarf des ABGB in den besonderen<br />

Bestimmungen über vertragliche Schuldverhältnisse! in<br />

Fischer-Czermak/Hopf/Kathrein/Schauer (Hrsg), ABGB 2011:<br />

Chancen und Möglichkeiten einer Zivilrechtsreform (2008) 73,<br />

85 und 87.<br />

73<br />

Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59.<br />

74<br />

Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 82.<br />

75<br />

HHB 16 BlgHH 6. Sess 242.<br />

76<br />

P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NZ 1990,<br />

289, 290; Welser in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit<br />

1, 9 f.<br />

77<br />

HHB 16 BlgHH 6. Sess 242.<br />

78<br />

Strohal, Zur Lehre vom Eigenthum an Immobilien (1876) 78 FN 21;<br />

aA Frankl, Formerfordernisse 50 f.<br />

79<br />

Vgl Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 49.<br />

Im Ergebnis sollte offenbar nur Satz 2 des § 943 ABGB<br />

derogiert werden. Zusammen lauteten die Bestimmungen<br />

daher: Aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong><br />

<strong>Übergabe</strong> geschlossenen Schenkungsvertrag erwächst<br />

dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Zur (vollkommenen)<br />

Gültigkeit ist ein Notariatsakt erforderlich.<br />

c) Zwischenergebnis<br />

Das durch das ALR geprägte System, das einerseits klagbare<br />

formgültige Schenkungen und andererseits unklagbare,<br />

aber dennoch erfüllbare formungültige Schenkungen<br />

im Auge hatte, ist nach wie vor im österreichischen<br />

Recht verankert, auch wenn es sich nicht mehr eindeutig<br />

aus dem Wortlaut entnehmen lässt.<br />

Damit bleibt es dabei, dass nur die Schenkung in Notariatsaktsform<br />

einen klagbaren Anspruch begründet. Alle<br />

anderen Schenkungen, auch die mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong>,<br />

erzeugen eine Naturalobligation, aus der kein Klagerecht<br />

erwächst. Dieses ist im Falle der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />

auch gar nicht notwendig, weil die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />

ohnehin Erfüllung bedeutet und eine weitere Klage<br />

nicht erforderlich ist.<br />

Wenn der Gesetzgeber bei der Schenkung ohne Notariatsakt<br />

aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht einräumt,<br />

sondern nur einen Rückforderungsschluss, dann<br />

muss man davon ausgehen, dass er dieses auch nicht<br />

für notwendig hält. Eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> liegt also immer<br />

dann vor, wenn die Schenkung so weit erfüllt ist, dass<br />

eine Klage nicht mehr notwendig ist.<br />

4. Reichweite der Klage<br />

Es muss festgestellt werden, wann ein Zustand hergestellt<br />

ist, der der „<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>” entspricht, weil<br />

keine Klage mehr notwendig ist. Dies gilt keinenfalls, solange<br />

die schuldrechtliche Schenkungsklage erforderlich<br />

ist. Der Formzweck kann aber auch nicht dadurch umgangen<br />

werden, dass anstatt der Schenkungsklage eine<br />

Schadenersatzklage wegen Nichterfüllung auf das positive<br />

Forderungsinteresse möglich wäre.<br />

Problematisch ist der Fall des Besitzkonstituts, bei dem –<br />

würde man von einer wirksamen Übereignung ausgehen<br />

80 – die Sache auch mit der rei vindicatio herausverlangt<br />

werden könnte. Der Beschenkte könnte die Schenkung<br />

quasi klagsweise durchsetzen, ohne sich auf die unklagbare<br />

Schuldforderung stützen zu müssen.<br />

Dieser Weg ist grundsätzlich nachvollziehbar, denn das<br />

ABGB erkennt eine Erfüllung durch Besitzkonstitut an,<br />

und die formungültige Schenkung ist als Naturalobligation<br />

gültiger Titel für eine Eigentumsübertragung. Die<br />

Wertung des Gesetzgebers, den Beschenkten die Klagbarkeit<br />

der Schenkung zu entziehen, wäre dadurch jedoch<br />

unterwandert. Ein Zustand der Erfüllung, in dem<br />

80<br />

So Frankl, Formerfordernisse 76 allerdings mit strengen Erfordernissen<br />

beim Besitzkonstitut.<br />

328


NZ 11/2011<br />

Laurenz Liedermann,<br />

Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />

NOTAR.AT<br />

der Beschenkte gerade auf keine Klage mehr angewiesen<br />

wäre, ist noch nicht erreicht. Auch der Kondiktionsausschluss<br />

nach § 1432 ABGB, den der Beschenkte bei<br />

<strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> haben müsste, bringt ihm in dieser<br />

Situation noch nichts, da er noch nicht im Besitz der Sache<br />

ist. Aus diesem Grund ist – im Einklang mit der hM<br />

– eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> durch Besitzkonstitut ausgeschlossen.<br />

5. Akt des Geschenkgebers<br />

Anders als die neuere Rsp 81 annimmt, muss die <strong>wirkliche</strong><br />

<strong>Übergabe</strong> nicht durch einen Akt des Geschenkgebers erfolgen.<br />

Auch wenn der Beschenkte die Sache berechtigterweise<br />

selbst an sich nimmt, ist der Zustand der vollkommenen<br />

Erfüllung hergestellt und eine Klage gegen<br />

den Beschenkten in weiterer Folge nicht mehr erforderlich.<br />

Die Berechtigung für eine solche Handlung muss<br />

vom Geschenkgeber oder auch durch das Gesetz eingeräumt<br />

sein. Durch eine unberechtigte Ansichnahme der<br />

Sache kann der Beschenkte seine Situation natürlich<br />

nicht verbessern.<br />

Diese Frage ist vor allem für die <strong>Übergabe</strong> von Liegenschaften<br />

relevant. Es spielt keine Rolle, von wem der Antrag<br />

auf Einverleibung des Eigentums ausgeht, da nach<br />

GBG beide Parteien dazu berechtigt sind. 82<br />

6. Alle erforderlichen Schritte<br />

Es genügt entgegen der von Dehn vertretenen Ansicht<br />

83 auch nicht, dass alle erforderlichen Schritte eingeleitet<br />

sind, die dem Beschenkten ermöglichen, den<br />

Zustand der vollständigen Erfüllung selbst herbeizuführen,<br />

so etwa, wenn der Beschenkte alle zur Eintragung<br />

ins Grundbuch erforderlichen Unterlagen bei sich hat.<br />

Solange der Geschenkgeber durch seine Verfügung<br />

die Erfüllung noch vereiteln kann, ist der Beschenkte<br />

noch auf die Erfüllungsklage angewiesen. Veräußert<br />

der Geschenkgeber das Grundstück und wird diese Veräußerung<br />

zuerst eingetragen, 84 so würde dem Beschenkten<br />

nur der Weg über die Schenkungsklage bleiben,<br />

der ihm aber mangels Notariatsaktsform verwehrt<br />

ist.<br />

Erst wenn der Beschenkte die erforderlichen Schritte tatsächlich<br />

durchführt, ist die Sache als wirklich übergeben<br />

anzusehen. Die Position des Beschenkten ist aber insofern<br />

nicht schlecht, als er diesen Zustand jederzeit selbständig<br />

herstellen kann.<br />

81<br />

OGH 9 Ob 149/04 h SZ 2005/12.<br />

82<br />

Kodek in Kodek (Hrsg), Grundbuchsrecht 1.10 (2009) § 77 GBG<br />

Rz 12.<br />

83<br />

Vgl FN 25.<br />

84<br />

Allerdings könnte der Geschenkgeber in diesem Fall schadenersatzpflichtig<br />

werden.<br />

D. Ergebnis<br />

1. Bewegliche Sachen<br />

Bewegliche Sachen können – in Übereinstimmung mit<br />

der hM – nicht nur durch körperliche <strong>Übergabe</strong>, sondern<br />

auch durch traditio brevi manu oder Besitzanweisung<br />

übertragen werden. Bei letzterer kann die Verständigung<br />

des Inhabers sowohl durch den Geschenkgeber erfolgen<br />

als auch – bei entsprechender Ermächtigung –<br />

durch Übermittlung der Anweisung durch den Beschenkten.<br />

85<br />

Eine Erfüllung durch Besitzkonstitut ist hingegen entgegen<br />

der Rsp 86 nie möglich, da der Beschenkte die Sache<br />

erst klagsweise herausverlangen müsste. Ob die Verfügung<br />

dabei nur von Dritten bestritten wird oder ob der<br />

Geschenkgeber die Schenkung mehrmals bekräftigt<br />

hat, macht keinen Unterschied, da dies keine Auswirkungen<br />

darauf hat, dass der Beschenkte sein Recht erst<br />

durch Klage geltend machen muss.<br />

2. Liegenschaften<br />

Liegenschaften werden durch Einverleibung wirklich<br />

übergeben. Erst dann ist der Zustand hergestellt, in<br />

dem der Beschenkte keine weitere Klage benötigt. Bei<br />

der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> trifft dies gerade nicht<br />

zu. Hier müsste der Beschenkte erst mit Klage auf die Einverleibung<br />

drängen, was dem System der Schenkungsform<br />

widerspricht.<br />

Hat der Beschenkte alle erforderlichen Unterlagen in<br />

Händen, also insbesondere auch eine notariell beglaubigte<br />

Aufsandungserklärung, so kann er damit die Einverleibung<br />

verlangen und den Zustand der vollständigen Erfüllung<br />

herstellen. Allerdings lässt das Grundbuchsgericht<br />

die Einverleibung nur dann zu, wenn im Kaufvertrag<br />

– unabhängig davon, ob es den Tatsachen entspricht<br />

oder nicht – behauptet wird, dass die Liegenschaft bereits<br />

außerbücherlich übergeben wurde. Dies ist einerseits<br />

deswegen abzulehnen, weil die außerbücherliche<br />

<strong>Übergabe</strong> die Formvorschriften nicht erfüllen kann, anderseits,<br />

weil die Schenkungsform für die Erfüllung nicht<br />

eingehalten werden muss. Es ergibt sich aus der Natur<br />

der Naturalobligation und aus § 1432 ABGB, dass das<br />

formungültige Geschäft gerade nicht formgültig sein<br />

muss, um erfüllt werden zu können. Andernfalls würde<br />

die mangelnde Form der Erfüllung jeglicher formungültigen<br />

Verbindlichkeit entgegenstehen und § 1432 ABGB<br />

wäre obsolet.<br />

Daran kann auch § 26 GBG nichts ändern, der für die Einverleibung<br />

einen formgültigen Titel verlangt. Unter der<br />

„zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form“ sind mittels<br />

85<br />

Mader in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON 1.00 (2010) § 428<br />

Rz 8.<br />

86<br />

Vgl FN 8.<br />

329


NOTAR.AT<br />

Miscelle<br />

NZ 11/2011<br />

Auslegung nur solche Formvorschriften zu verstehen, die<br />

der Eintragung entgegen stehen, etwa die notarielle Beglaubigung.<br />

Die Schenkungsform hindert, entgegen der<br />

unglücklichen Formulierung des NotAktsG, 87 jedoch<br />

nicht die Gültigkeit des Vertrags, sondern nur die Klagbarkeit.<br />

Die grundbuchsrechtlichen Verfahrensvorschriften<br />

dürfen dieses Ergebnis des ABGB nicht antasten,<br />

gegebenenfalls muss § 26 GBG teleologisch reduziert<br />

werden.<br />

87<br />

Siehe oben C.2.b)(iii).<br />

Miscelle<br />

NZ 2011/109<br />

Der Entwurf einer<br />

Grundbuchsnovelle 2012<br />

aus Sicht der Wissenschaft<br />

Von em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer, Wien<br />

A. Einleitung<br />

Unter dem 27. 9. 2011 hat das BMJ zu BMJ-Z 95001/<br />

002-I 4/2011 einen Entwurf einer Grundbuchsnovelle<br />

2012 zur Begutachtung bis 6. 12. 2011 ausgesandt.<br />

Schon eine erste Durchsicht zeigt, dass neben sinnvollen<br />

Neuerungen entscheidende Verschlechterungen der<br />

Rechtslage geplant sind. Das in Aussicht genommene Inkrafttreten<br />

der meisten Bestimmungen der Novelle lässt<br />

sich angesichts der zur Verfügung stehenden Zeit nur als<br />

reichlich naive Erwartung verstehen. Immerhin ist es<br />

schon ein Fortschritt, dass die Neuerungen nicht im Budgetbegleitgesetz<br />

für 2012 versteckt werden sollen.<br />

Eine alle vorgeschlagenen neuen Normen besprechende<br />

Stellungnahme ist nicht möglich, es seien nur einige Auffälligkeiten<br />

hervorgehoben.<br />

B. Zu Art 1 Z 1<br />

In dem vorgeschlagenen Zusatz zu § 27 Abs 1 GBG zeigt<br />

sich deutlich die Tendenz, die durch technische Neuerungen<br />

im Gerichtsbetrieb erfolgten neuen Anforderungen<br />

an Anträge und Urkunden auch dann auf die Parteien<br />

zu überwälzen, wenn diese den Anforderungen<br />

nicht nachkommen können. Zu denken ist etwa an für<br />

Auslandsverträge nach dem Ortsrecht des Abschlussortes<br />

vorgeschriebene von DIN A 4 abweichende Formate,<br />

das Verwenden von „Stempelpapier“ oder einer Papiersorte,<br />

die nicht einwandfrei gescannt werden kann. Aber<br />

selbst im Inland erstellte Pläne müssen je nach den darzustellenden<br />

Liegenschaften ein adäquates Format aufweisen;<br />

durch die Wahl unterschiedlicher Darstellungsmaßstäbe<br />

lässt sich nichts erreichen, weil diese auch<br />

von den allenfalls erforderlichen genau nachzuvollziehenden<br />

Details aus der Natur abhängen.<br />

§ 27 GBG sollte ungeändert bleiben.<br />

C. Zu Art 1 Z 2 und 3<br />

Die vorgeschlagenen Neuerungen sind vertretbar.<br />

D. Zu Art 1 Z 6<br />

Von dem Einführen der „Namensrangordnung“ sollte<br />

man Abstand nehmen. Während die zum Vergleich herangezogene<br />

Anmerkung der Zusage des Wohnungseigentums<br />

des § 40 Abs 2 und 4 WEG dem Schutz des<br />

Wohnungseigentumsbewerbers, dessen er in seiner<br />

konkreten Situation bedarf, dient, trifft das auf den Berechtigten<br />

der „Namensrangordnung“ nicht zu. Der Namensrangordnung<br />

kommt bei Vormerkung oder Einverleibung<br />

der Löschung dinglicher Rechte keine wie immer<br />

geartete Schutzfunktion zu, sie scheint eher die faktische<br />

Verfügungsmöglichkeit des konkret dinglich<br />

Berechtigten einzuschränken, könnte dieser doch mittels<br />

einer grundbuchstauglichen Vollmacht bereits einen<br />

Dritten zum Verfügungsberechtigten gemacht haben.<br />

Auch ist nur schwer vorstellbar, wie dieses Institut bei<br />

Verfügung über freigewordene Pfandstellen funktionieren<br />

soll, wenn gleichzeitig Namensrangordnungen zur<br />

Vormerkung oder Einverleibung der Löschung und<br />

zum Ausnützen des Pfandrangs an unterschiedliche Personen<br />

erteilt wurden.<br />

Die in Abs 2, 3 und 4 des § 57 a GBG vorgeschlagenen<br />

Neuerungen machten das Grundbuch nur unübersichtlicher<br />

und dem Nichtfachmann unverständlich. Das sollte<br />

unter allen Umständen vermieden werden. Für Abs 4 besteht<br />

keine Notwendigkeit, lässt sich doch das Ergebnis<br />

mittels Rangordnungsbeschluss und grundbuchstauglichem<br />

Treuhandvertrag schon bei geltender Rechtslage<br />

erreichen.<br />

E. Zu Art 1 Z 7<br />

Der bisherige § 82 a GBG sollte als systemwidrig einfach<br />

aufgehoben werden. Die Fiktion einer Antragsrücknahme<br />

bei Nichtreaktion des ASt auf den Verbesserungsantrag<br />

stellte eine weitere Systemwidrigkeit dar. Soll<br />

auch ein Gesuch als zurückgezogen gelten, das nicht<br />

zur Bewilligung einer Einverleibung, wohl aber einer Vormerkung<br />

genügt? Wenn ja, hätten wir den einmaligen<br />

330


NZ 11/2011<br />

Miscelle<br />

NOTAR.AT<br />

rechtsstaatswidrigen Zustand, dass Belieben/Willkür eines<br />

Organs über den Rechtsschutzanspruch des ASt entscheidet.<br />

Dazu könnte ein Verbesserungsauftrag bei zulässiger<br />

Vormerkung führen! Die korrekte Vorgangsweise<br />

wäre, bei Nichtverbesserung in der gesetzten Frist den<br />

Antrag mit anfechtbarem Beschluss zurückzuweisen<br />

und nicht im Gesetz Mutmaßungen über die Motive für<br />

die Untätigkeit des ASt anzustellen. Dazu kommt noch,<br />

dass seit der Neuordnung des Zustellwesens nicht in jedem<br />

Fall sicher ist, ob und wann dem ASt der Verbesserungsauftrag<br />

zugekommen war.<br />

Ein Aufheben des § 82 a GBG ließe Systemwidrigkeiten<br />

und Rechtsschutzdefizite vermeiden.<br />

F. Zu Ar t 1 Z 9<br />

Aus durchsichtigen Gründen sträuben sich vor allem<br />

Grundbuchsrechtspfleger gegen das Kumulieren von<br />

Grundbuchsgesuchen: ohne Kumulationsmöglichkeit<br />

gäbe es mehr zu „erledigende“ Akten ohne sachliche<br />

Mehrarbeit, statistisch an den Tagebuchzahlen „nachweisbar“.<br />

Die – auch in den EB bezogene – Judikatur<br />

des Grundbuchsenats differenziert danach, ob nur einer<br />

der Kumulationsgründe vorliegt, in welchem Fall die Kumulation<br />

offenbar immer zulässig ist, oder ob mehrere<br />

der in § 86 GBG genannten Gründe zusammentreffen,<br />

was offenbar nur dann zulässig sein soll, wenn Unübersichtlichkeit<br />

und/oder Fehleranfälligkeit im Vergleich<br />

zur Erledigung mehrerer gleichrangiger Gesuche zunehmen.<br />

Aus dem Wortlaut des § 86 GBG lässt sich dieses<br />

Ergebnis nicht unmittelbar ableiten, es wäre allerdings<br />

nicht systemwidrig und aus praktischen Gründen nachvollziehbar.<br />

Allerdings steht diese Ansicht in einem gewissen Spannungsverhältnis<br />

zur Privatautonomie. Den – und auch<br />

mehreren Parteien – mehrerer Rechtsgeschäfte steht<br />

es aus der Vertragsfreiheit zu, ihre Rechtsgeschäfte so<br />

miteinander zu verknüpfen, dass das Einräumen der in<br />

diesen gewährten dinglichen Rechte gleichzeitig und<br />

gleichrangig oder gar nicht erfolgen soll. Für einen Spezialfall<br />

deutet auch § 97 Abs 1 GBG in diese Richtung:<br />

Ist das gleichzeitige Verbüchern gegenseitiger Rechte<br />

bedungen oder dem Geschäftstyp inhärent – zB beim<br />

bäuerlichen Übergabsvertrag (5 Ob 136/97 d) – darf<br />

die Verbücherung auch nur gleichzeitig und damit in aller<br />

Regel auch gleichrangig erfolgen. Aus § 86 GBG<br />

folgt aber auch, dass „dieselbe Urkunde“ nicht allzu<br />

wörtlich genommen werden darf: Wenn sich die rechtsgeschäftlichen<br />

Erklärungen der Parteien in getrennten<br />

Urkunden befinden (müssen), wie bei Anbot und<br />

Annahme, Vertragsbeitritt, erforderlicher Zustimmung<br />

nach § 364 c ABGB der Verbotsberechtigten, Erklärungen<br />

des Vorkaufsberechtigten und ähnlichen Fällen,<br />

sind alle zusammen als eine Urkunde des § 86 GBG anzusehen.<br />

In dieser Situation scheint es nicht sinnvoll, die Flexibilität<br />

der Rsp vorzeitig durch gesetzliches Festschreiben von<br />

Kriterien, die möglicherweise den Sinn des § 86 GBG<br />

nicht voll ausloten, zu beschneiden. Als weiteres Ablehnungskriterium<br />

einer Kumulation Verzögerung der Erledigung<br />

einzuführen, ist alles andere als einsichtig. Soll<br />

ein langsamer als andere arbeitendes Justizorgan aus seiner<br />

Langsamkeit Vorteile ziehen dürfen? Wie kommen<br />

Parteien dazu, von subjektiven Momenten der Justizorgane<br />

abhängig zu werden? Angesichts des grundsätzlichen<br />

Zwischenerledigungsverbots des § 95 Abs 1 GBG<br />

ist auch nicht zu sehen, welche legal möglichen Verzögerungen<br />

in Frage stehen.<br />

An der Grenze zum Unfug liegt der Vorschlag, § 86<br />

GBG durch einen zweiten Satz zu ergänzen, wonach<br />

mehrere Rechte auf Grund einer Urkunde bei Liegenschaften,<br />

an denen Wohnungseigentum begründet<br />

wurde, nur für denselben Mindestanteil zu beantragen<br />

zulässig sein soll. Wie soll dann ein Pfandrecht für ein<br />

aufgenommenes Darlehen mit Haftung aller Wohnungseigentümer<br />

zur gesamten Hand eingetragen werden;<br />

wie die Belastung mehrerer Mindestanteile mit Dienstbarkeiten<br />

zugunsten anderer Wohnungseigentümer<br />

oder des ganzen Grundbuchskörpers zugunsten eines<br />

anderen? Steht auch hinter diesem Wunsch die Statistik<br />

(siehe oben)?<br />

G. Zu Art 1 Z 10<br />

In Grundbuchssachen scheint ein Zustellverzicht nur verantwortbar,<br />

soweit es sich um Beschlüsse handelt, die<br />

den Antrag des Verzichtenden vollständig bewilligen<br />

oder seiner Zustimmung zu einer Eintragung voll Rechnung<br />

tragen. In allen anderen Fällen wäre das Vertrauen<br />

des Verzichtenden missbraucht und dieser der Gefahr<br />

von Rechtsverlust ausgesetzt, ohne sich dagegen durch<br />

Rechtsmittel wehren zu können. Ohne die entsprechenden<br />

Einschränkungen – und nicht nur Abgabe des Verzichts<br />

in grundbuchsfähiger Urkunde – ist der vorgeschlagene<br />

§ 119 Abs 2 GBG nicht vertretbar.<br />

H. Zu Art 2 Z 1<br />

Die in den EB geschilderten Probleme sind dadurch entstanden,<br />

dass man die elektronische Urkundensammlung<br />

eingerichtet und in Betrieb genommen hat, ohne<br />

dass die Voraussetzungen für die Übernahme von Sonderformaten<br />

und mehrfarbigen Darstellungen schon gegeben<br />

waren. Sich dann der Verpflichtung zum Erteilen<br />

von Abschriften zu entziehen, soweit man die technischen<br />

Möglichkeiten dazu nicht geschaffen hatte und<br />

als Ersatz dafür nur eine Einsichtsmöglichkeit – offenbar<br />

nicht einmal maßstabsgerecht – zu gewähren, ist wohl<br />

unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten schwer vertretbar.<br />

Da die technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten,<br />

331


NOTAR.AT<br />

Miscelle<br />

NZ 11/2011<br />

wenn auch unter höherem technischen Aufwand, bestehen,<br />

wird es Sache der Justizverwaltung sein, diese auch<br />

einzusetzen.<br />

Der vorgeschlagene § 5 Abs 2 a GUG ist untragbar und<br />

hätte zu entfallen.<br />

Auch die hier geschilderten Probleme hat man sich mit<br />

dem Einführen der einheitlichen Plandurchführung selbst<br />

geschaffen. Auch hier soll die Abhilfe durch unnötiges<br />

Komplizieren des Grundbuchsrechts und nicht durch<br />

das Beheben der Ursache gefunden werden. Das Argument<br />

der Mehrbelastung der Eisenbahnbuchgerichte<br />

übersieht (geflissentlich?), dass dieser eine Minderbelastung<br />

der allgemeinen Grundbuchsgerichte im gleichen<br />

Ausmaß gegenübersteht.<br />

Die Zweckmäßigkeit des Gesetzesvorschlags ist nicht<br />

nachgewiesen.<br />

I. Zu Art 2 Z 3<br />

Die vorgeschlagene Neufassung des § 18 c GUG ist die<br />

Folge der unverständlichen Regelung in § 2 Abs 1 Lieg-<br />

TeilG. Die einheitliche Plandurchführung und die Befugnis<br />

der Vermessungsbehörden, die Durchführung schon<br />

früher bescheinigter Pläne zur Voraussetzung der Bescheinigung<br />

späterer Pläne anzuordnen, stellen erhebliche<br />

Einschränkungen der Privatautonomie dar. Die einheitliche<br />

Plandurchführung wäre aus privatrechtlichen<br />

Gründen unzulässig, sollte ein Teil eines auf den Plan bezogenen<br />

Rechtsgeschäfts nach Irrtumsanfechtung aufgehoben<br />

werden oder nichtig sein, kann die einheitliche<br />

Plandurchführung nicht mehr verlangt werden. Dasselbe<br />

gilt nach Vertragsrücktritt, vor allem im Insolvenzfall<br />

durch den Masseverwalter. Dahinter steckt auch „nur“,<br />

dass die Vermessungsämter bescheinigte Pläne bereits<br />

in ihre Datenbank eingeben und daran nichts mehr ändern<br />

wollen. Das ist aber kein tragfähiger Grund, in die<br />

Privatautonomie von Parteien als Vertrags- und Verfügungsfähigkeit<br />

einzugreifen.<br />

Die vorgeschlagene neue Norm hätte zu entfallen.<br />

J. Zu Art 2 Z 4<br />

Die vorgeschlagene Neuregelung mit der Verordnungsmöglichkeit<br />

zeigt deutlich, dass die technischen Voraussetzungen<br />

für den endgültigen Abschied vor der papiermäßigen<br />

einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses<br />

noch nicht gegeben sind. In welcher Form sie<br />

wann geschaffen werden, ist nicht absehbar. Ein allzu<br />

schnelles Reagieren auf – vielleicht auch nur behauptete<br />

– neue technische Errungenschaften sollte nicht ermöglicht<br />

werden, ein längerer Probelauf vor Änderungen<br />

wäre erforderlich.<br />

Die vorgeschlagene neue Vorschrift sollte vermieden<br />

werden.<br />

K. Zu Art 2 Z 5<br />

L. Zu Art 2 Z 6<br />

Der Termin des Inkrafttretens ist unerfüllbarer Wunschtraum<br />

(zu A.).<br />

Der vorgeschlagene Abs 9 des § 30 GUG ist an dieser<br />

Stelle lex fugitiva; er gehörte in den Zusammenhang<br />

mit § 136 Abs 1 GBG, da das Fehlen diakritischer Zeichen<br />

der unpräzisen bzw unrichtigen Personsbezeichnung<br />

entspricht. § 136 GBG setzt auch – die Judikatur<br />

ist allerdings teilweise gegenteiliger Ansicht – nicht außerbücherliche<br />

Rechtsänderungen voraus, sondern nur<br />

Unrichtigkeit des Bucheintrags. Gerade dieser Fall ist<br />

bei dem – ursprünglich technisch bedingten – Wegbleiben<br />

diakritischer Zeichen bei Namens- und uU auch Ortsangaben<br />

gegeben.<br />

Bitte den vorgeschlagenen Abs 9 des § 30 GUG in § 136<br />

Abs 1 GBG einbauen.<br />

M. Zu Art 3 Z 1<br />

Der inhaltliche Konnex zwischen Teilungsplan und<br />

Grundbuchsantrag ergibt sich aus dem letztgenannten.<br />

Es besteht der unausgeräumte Verdacht, dass dem Vorschlag<br />

der Ergänzung des § 2 LiegTeilG das zu § 86<br />

GBG (Art 1 Z 9 siehe oben F.) genannte Motiv zugrunde<br />

liegt. Der konkrete Vorschlag vermag nicht zu<br />

erklären, warum entgegen einer Parteienvereinbarung<br />

nach § 97 Abs 1 GBG nicht Belastungen oder Gegenleistungen,<br />

deren Umfang sich aus einem zweiten bescheinigten<br />

Plan ergibt, nicht in einem einheitlichen<br />

Grundbuchsgesuch durchgeführt werden können. Insbesondere<br />

bei Grundstückstausch ergeben sich entsprechende<br />

Situationen häufig. Selbst gleichzeitiges –<br />

und damit gleichrangiges – Einreichen zweier Grundbuchsgesuche<br />

hilft hier nicht weiter, weil deren Gleichrangigkeit<br />

keine Gewähr dafür bietet, dass ihre Erledigung<br />

vor allem voneinander abhängig ist; bei<br />

Abänderung nur einer Erledigung im Rechtsmittelweg<br />

ergeben sich ferner unlösbare Probleme um die vertragliche<br />

Verknüpfung aus der nicht voneinander abhängig<br />

zu machenden Rechtskraft der Gesuchserledigung.<br />

Der Vorschlag des Ergänzens von § 2 Abs 1 LiegTeilG um<br />

einen zweiten Satz ist kontraproduktiv, systemwidrig und<br />

eine unnotwendige Einschränkung der Parteiautonomie.<br />

Dieser Vorschlag ist abzulehnen.<br />

332


NZ 11/2011<br />

Miscelle<br />

NOTAR.AT<br />

N. Zu Art 3 Z 3<br />

Das Grundbuchsgericht hat keine Vermutung aus Vertragsauslegung<br />

anzustellen, also nicht zu erwägen, was<br />

die Parteien tatsächlich gewollt haben, sondern das Gesetz<br />

(§ 94 Abs 1 Z 3 GBG) zu vollziehen. Insoweit ist es<br />

neu, dass rechtskräftig verbücherte Rechte entgegen<br />

§ 3 Abs 1 LiegTeilG erlöschen sollen, wenn ihr Mitübertragen<br />

im Grundbuchsgesuch nicht ausdrücklich beantragt<br />

ist. Dabei übersieht der Gesetzesvorschlag, dass<br />

auf diese Weise der Buchberechtigte ohne sein Zutun erheblich<br />

an dinglichen Rechten geschädigt werden kann.<br />

Nicht nur der Veräußerer, sondern auch der Erwerber<br />

kann den Grundbuchsantrag stellen (5 Ob 120/97 a JBl<br />

1997, 661; RIS-Justiz RS0006730; RS0060971; ua), Letztgenannter<br />

wird keinen Anlass haben, das Übertragen<br />

von Lasten zu seinem bücherlichen Nachteil zu beantragen.<br />

Nach § 3 Abs 1 LiegTeilG müssen bei Mitübertragen<br />

der bücherlichen Lasten auf das Trennstück die Berechtigten<br />

nicht zustimmen; diese Regel ist konsequent,<br />

da ihre Rechtsposition nicht beeinträchtigt wird. Warum<br />

aber ein Dritter als Dienstbarkeitsberechtigter, der keinen<br />

Einfluss auf den Grundbuchsantrag hat, durch Untätigkeit<br />

des ASt sein Recht verlieren soll, bleibt unerfindlich.<br />

Der Gesetzesvorschlag scheint insoweit durch Verstoß<br />

gegen die Eigentumsgarantie verfassungswidrig zu<br />

sein.<br />

§ 3 a LiegTeilG sollte nicht Gesetz, der Verfassungsgerichtshof<br />

nicht zusätzlich belastet werden.<br />

O. Zu Art 3 Z 5<br />

Es ist nicht einzusehen, warum Aufgaben des Vermessungsamtes<br />

auf die Grundbuchsgerichte verlagert werden<br />

sollen. Sonst sorgt man sich über die Arbeitslast<br />

der Gerichte, hier will man sie – zugunsten einer Bundesbehörde!<br />

– noch erhöhen. Anträge, die nicht nach § 82 a<br />

GBG verbessert werden könnten, sollten weiterhin abzuweisen<br />

sein.<br />

Die Ergänzung um das Zulassen gerichtlicher Erhebungen<br />

entgegen § 95 Abs 1 GBG hätte zu unterbleiben.<br />

P. Z u A r t 4 Z 1 u n d 2<br />

Die Absicht, das Begründen von Baurecht in Hinkunft<br />

einstufig zu gestalten, ist billigenswert. Der vorgeschlagenen<br />

Umsetzung stehen allerdings Bedenken gegenüber.<br />

Innerhalb der dreimonatigen Wirkungsfrist der Bestätigungen<br />

gem § 13 BauRG könnten bevorrechtete<br />

Forderungen fällig werden, die dann keine vorrangige<br />

Deckung durch die Liegenschaft erfahren. Es sollte daher<br />

zwar bei der bisherigen Regelung der Vorprüfung<br />

auf Zulässigkeit des Antrags und der Möglichkeit seiner<br />

Bewilligung bleiben, aber die Anmerkung im Grundbuch<br />

entfallen. Hier sollte die Zwischenerledigung des<br />

Anfrageverfahrens in Ausnahme von § 95 Abs 1 GBG<br />

zugelassen bleiben. Die Anmerkung kann deswegen unterbleiben,<br />

weil die Plombe durch die TZ des Antrags<br />

für interessierte Dritte ausreicht und jedenfalls zwischenzeitigen<br />

Gutglaubenserwerb dinglicher Rechte verhindert.<br />

Q. Zu Art 6 Z 1 und 2<br />

Die vorgeschlagenen Neuerungen sind zu begrüßen, da<br />

sie einige Problemfälle der Praxis sinnvoll lösen lassen.<br />

Ferner sind sie geeignet, die Belastung der Grundbuchsgerichte<br />

in Wohnungseigentumssachen zu mindern.<br />

R. Schluss<br />

Was man schmerzlich vermisst, ist ein Verdeutlichen<br />

des § 75 Abs 2 Satz 2 GBG. Die Vorschrift schreibt<br />

das ergänzende Anwenden der Normen über das Verfahren<br />

außer Streitsachen vor, soweit im GBG nichts<br />

anderes bestimmt wird. Das muss sich mangels Kostenersatzvorschrift<br />

und dem Fehlen eines ausdrücklichen<br />

Verbots im GBG auch auf § 78 Abs 2 AußStrG beziehen.<br />

Senat 5 und obiter auch Senat 3 (3 Ob 72/11 a)<br />

des OGH lehnen dies unter Hinweis auf die Einseitigkeit<br />

des Rechtsmittelverfahrens und auf das angebliche<br />

Fehlen eines streitähnlichen Verhältnisses (5 Ob 135/<br />

05 x; 5 Ob 197/05 i; 5 Ob 198/05 m; ua) ab, während<br />

Senat 1 zutreffend daraus, dass sich Grundbuchs- und<br />

Rechtsmittelantrag (der Gegenseite) geradezu als Ausweis<br />

widerstreitender Parteiinteressen zeigen, ableitet,<br />

§ 78 Abs 1 AußStrG habe auch im Grundbuchsverfahren<br />

seinen Anwendungsbereich (1 Ob 56/10 g). Ein klärendes<br />

Wort des Gesetzgebers wäre angebracht, umso<br />

mehr, als einige Rekursgerichte immer schon die Linie<br />

des Senat 1 des OGH vertreten haben und noch immer<br />

vertreten.<br />

333


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 2011/110<br />

§ 63 Abs 1 NO – Keine generellen Maßstäbe bei<br />

Feststellung der Sprachkundigkeit durch den Notar,<br />

spätere Beweisführung der Sprachunkundigkeit hat<br />

die Unwirksamkeit des Notariatsakts zur Folge<br />

Das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde<br />

der Partei eines Notariatsakts ist vom Notar<br />

durch ausreichende Prüfung festzustellen; der Eindruck,<br />

die Partei sei der Sprache „hinreichend“ mächtig,<br />

indiziert, dass die Partei der Sprache „kundig“<br />

ist. Wird entgegen dem begründeten Eindruck des<br />

Notars der Beweis erbracht, dass die Partei der Sprache<br />

nicht kundig ist, hat dies die Unwirksamkeit des<br />

ohne Beiziehung eines Dolmetschers errichteten Notariatsakts<br />

zur Folge.<br />

OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 49/11 s (OLG Wien 29. 11. 2010, 4 R 67/<br />

10 f; HG Wien 26. 11. 2009, 37 Cg 36/08 k)<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Die zu FN. . . im Firmenbuch eingetragene N GmbH (in der<br />

Folge „Gesellschaft“) mit einem Stammkapital von<br />

S 500.000,– betreibt in Wien eine Mechanikerwerkstätte.<br />

Der Kl, ein ungarischer Staatsangehöriger, ist im Firmenbuch<br />

als Gesellschafter dieser Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil,<br />

der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage<br />

von S 150.000,– (E 10.900,93) entspricht, eingetragen.<br />

Die beiden aus Ungarn stammenden Bekl sind ebenfalls<br />

an dieser Gesellschaft mit je einem Geschäftsanteil,<br />

der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von<br />

S 175.000,– entspricht, beteiligt. Die Bekl sind auch Geschäftsführer<br />

der Gesellschaft mit jeweils selbständiger<br />

Vertretungsbefugnis. Die firmenbuchmäßige Eintragung<br />

des Erwerbs des Geschäftsanteils durch den Kl beruht<br />

auf einem am 23. 3. 2005 vom öffentlichen Notar Dr. R D<br />

in Notariatsaktsform errichteten Abtretungsvertrag. Inhalt<br />

des Vertrags war die Abtretung eines jeweils fünfzehnprozentigen<br />

Geschäftsanteils an der Gesellschaft<br />

von jedem der beiden Bekl an den Kl zu einem Abtretungspreis<br />

von jeweils E 1,–.<br />

Bereits in der Zeit von 2003 bis 2004 war der Kl in der<br />

Mechanikerwerkstätte der Gesellschaft als Praktikant beschäftigt,<br />

wobei er Kfz-Reparaturen durchführte. Dieses<br />

Praktikum ermöglichte es ihm, ein Jahr lang legal in Österreich<br />

zu arbeiten, wobei Voraussetzung für die Zulässigkeit<br />

eines solchen Praktikums die Absolvierung eines<br />

Deutschkurses war. Dieser Kurs, den der Kl belegte, hatte<br />

vor allem technische Ausdrücke zum Inhalt.<br />

Im Jahr 2005 wollte der Kl abermals in der Werkstätte der<br />

Gesellschaft arbeiten, verfügte aber über keine Arbeitsbewilligung<br />

in Österreich. Die beiden Bekl kamen daraufhin<br />

überein, ihn als Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen.<br />

Dieses Vorhaben und die dafür geplante Abtretung<br />

von 30% der Gesellschaftsanteile an den Kl wurden<br />

daraufhin vom StB der Gesellschaft im Beisein des Kl<br />

und der beiden Bekl in deutscher Sprache erörtert. Der<br />

Kl nickte zu den Erklärungen des StB und sagte, dass er<br />

verstanden habe.<br />

Zu diesem Zeitpunkt sprach der Kl jedoch nur leidlich<br />

Deutsch. Es war ihm lediglich möglich, einfache Gespräche<br />

des täglichen Lebens zu führen, und er war mit technischen<br />

Ausdrücken, die die von ihm vorgenommenen<br />

Reparaturtätigkeiten betrafen, vertraut.<br />

Mehrere Tage vor der Errichtung des Notariatsakts<br />

wurde dem Kl eine Kopie des aufgesetzten Abtretungsvertrags<br />

ausgehändigt.<br />

Am 23. 3. 2005 fanden sich sodann der Kl, die beiden Bekl<br />

und der StB in der Kanzlei des Notars ein. Dieser verlas den<br />

in deutscher Sprache verfassten Text des Abtretungsvertrags,<br />

wobei der Kl ein Exemplar desselben in Händen<br />

hielt. Ein allgemein beeideter und gerichtl zertifizierter<br />

Dolmetscher für die ungarische Sprache wurde nicht beigezogen.<br />

Der Notar war der ungarischen Sprache nicht<br />

kundig, ungarisch sprechende Zeugen wurden nicht beigezogen.<br />

Im Notariatsakt wurde auch nicht angeführt,<br />

dass die Voraussetzungen für die Aufnahme desselben<br />

ohne die Zuziehung eines Dolmetschers gegeben seien.<br />

Nur sehr vereinzelt sprach die Erstbekl während der Verlesung<br />

des Vertrags auf Ungarisch mit dem Kl, wobei nicht<br />

festgestellt werden kann, ob sie dabei Teile des Vertrags<br />

übersetzte oder diesen nur auf sonstige Weise kommentierte.<br />

Auf die Frage des Notars, ob der Kl den Vertragsinhalt<br />

verstanden habe, machte dieser eine Kopfbewegung,<br />

die dies bejahen sollte, da es sein Ziel war, möglichst rasch<br />

legal in Österreich arbeiten zu können. Der Notar vergewisserte<br />

sich nicht, etwa durch weitere Fragen, ob die<br />

Deutschkenntnisse des Kl tatsächlich ausreichten, um der<br />

Verlesung soweit zu folgen, dass die Genehmigung des<br />

Vertragstexts durch den Kl möglich war. Tatsächlich reichten<br />

die Deutschkenntnisse des Kl nicht annähernd aus, um<br />

den gesamten Vertragsinhalt, insbesondere den Umstand,<br />

dass die Stammeinlage nur zur Hälfte einbezahlt war und<br />

die Gesellschaft die weitere Hälfte von ihm fordern könne,<br />

zu verstehen. Der Kl war sich daher auch nicht bewusst,<br />

dass er zur Einzahlung der weiteren Hälfte der Stammeinlage<br />

verhalten werden könnte.<br />

Der Kl begehrt primär die Feststellung, der in Notariatsaktsform<br />

errichtete Abtretungsvertrag sei nichtig, in<br />

eventu die Aufhebung des Abtretungsvertrags. Der Kl<br />

brachte vor, er sei ein einfacher ungarischer Arbeiter. Er<br />

habe nach Ablauf eines Praktikums bei der Gesellschaft<br />

als Automechaniker in legaler Form weiterarbeiten wollen.<br />

Die Bekl hätten seine Arbeitskraft nicht verlieren wollen<br />

und ihm mitgeteilt, sie hätten einen Weg gefunden,<br />

wie der Kl legal in Österreich arbeiten könne. Er habe daraufhin<br />

den Notariatsakt unterfertigt, dabei jedoch nicht<br />

über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache<br />

verfügt, die zur Errichtung des Notariatsakts erforderlich<br />

gewesen wären. Es sei nicht seine Absicht gewesen, Ge-<br />

334


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

sellschafter zu werden und insbesondere auch die Verpflichtung<br />

zu übernehmen, der Gesellschaft die zweite<br />

Hälfte der Stammeinlage zu zahlen. Dies sei den Bekl bekannt<br />

gewesen. Bei der Aufnahme des Notariatsakts<br />

hätte ein gerichtl beeideter Dolmetscher für die ungarische<br />

Sprache herangezogen werden müssen, was jedoch<br />

nicht geschehen sei. Deshalb sei gem § 66 NO keine öffentliche<br />

Urkunde und damit kein Notariatsakt zustande<br />

gekommen. Der Abtretungsvertrag sei daher absolut<br />

nichtig. Der Notar habe es ferner unterlassen, den Kl<br />

bei Aufnahme des Notariatsakts über dessen Sinn und<br />

die Folgen zu belehren und sich von seinem ernstlichen<br />

und wahren Willen zu überzeugen. Insbesondere habe<br />

der Notar den Kl nicht über seine Pflicht, bei Erwerb<br />

des Geschäftsanteils die offene Stammeinlage bezahlen<br />

zu müssen, aufgeklärt. Diese Vorgangsweise widerspreche<br />

§ 52 NO.<br />

Zum Eventualbegehren brachte der Kl vor, er habe sich<br />

bei Unterfertigung des Notariatsakts in einer Fehlvorstellung<br />

über die Wirklichkeit, insbesondere über die mit der<br />

Abtretung verbundenen Rechtsfolgen, befunden. Dieser<br />

Irrtum sei durch die beiden Bekl arglistig verursacht worden<br />

oder hätte ihnen zumindest auffallen müssen. Hätte<br />

der Kl die wahre Natur des Geschäfts erkannt, hätte er<br />

den Vertrag niemals unterfertigt. Weiters werde der Abtretungsvertrag<br />

wegen Verkürzung über die Hälfte angefochten,<br />

da die Gesellschaft bereits damals weit überschuldet<br />

und der Buchwert der abgetretenen Anteile<br />

zum 31. 12. 2005 negativ gewesen sei, somit nicht einmal<br />

die Hälfte des Abtretungspreises von jeweils E 1,–<br />

betragen habe.<br />

Die Bekl beantragen Klageabweisung und brachten im<br />

Wesentlichen vor, die Deutschkenntnisse des Kl seien<br />

völlig ausreichend gewesen, um den vom Notar ordnungsgemäß<br />

vorgetragenen Text des Abtretungsvertrags<br />

verstehen zu können. Der Abtretungsvertrag sei somit<br />

nicht nichtig. Im Übrigen seien sämtliche Folgen des<br />

Abtretungsvertrags schon vor dessen Errichtung mit dem<br />

StB erörtert worden. Schon allein aufgrund dieser Gespräche<br />

sei allen Beteiligten klar gewesen, dass der Kl<br />

Gesellschafter werden sollte. Es sei sogar angedacht gewesen,<br />

dass der Kl die gesamte Gesellschaft einmal erwerben<br />

werde. Ihm sei auch die schlechte wirtschaftliche<br />

Lage der Gesellschaft bei Abschluss des Abtretungsvertrags<br />

bekannt gewesen. Der Notar habe dem Kl schon<br />

zwei bis drei Wochen vor dem Abschluss des Abtretungsvertrags<br />

einen Entwurf übergeben, gegen den der Kl<br />

keine Einwände gehabt habe. Bei Unterzeichnung des<br />

Notariatsakts habe der Notar den Kl abermals aufgeklärt.<br />

Das ErstG gab dem Hauptklagebegehren statt. Es traf<br />

die eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen<br />

und vertrat in rechtl Hinsicht die Ansicht, da der Kl<br />

den Notariatsakt nicht soweit verstanden habe, dass<br />

ihm eine Genehmigung möglich gewesen wäre, hätte<br />

der Notar gem § 63 NO einen Dolmetscher für die ungarische<br />

Sprache beiziehen müssen. Die Unterlassung<br />

dieser Maßnahme nehme dem Notariatsakt die Eigenschaft<br />

einer öffentl Urkunde. Die Verletzung der Notariatsaktspflicht<br />

(für den Abtretungsvertrag gem § 76<br />

Abs 2 GmbHG) bewirke die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts.<br />

Das BerG gab der Berufung der Bekl in der Hauptsache<br />

nicht Folge. In rechtl Hinsicht führte es aus, ein Verstoß<br />

gegen die Verpflichtung der Beiziehung eines Dolmetschers<br />

gem § 63 Abs 1 NO führe (anders als ein Verstoß<br />

gegen die notariellen Pflichten nach § 52 NO) gem § 66<br />

NO zur Unwirksamkeit des Notariatsakts (4 Ob 99/99 h).<br />

§ 63 Abs 1 NO sehe eine Dolmetschbeiziehung nur vor,<br />

wenn die Partei der deutschen Sprache „nicht kundig“<br />

sei, lasse somit das Dolmetschererfordernis bei einer Partei<br />

offen, die über gewisse Sprachkenntnisse verfüge.<br />

Nach Wagner/Knechtel, NO 6 (2006) § 63 Rz 1 sei die<br />

Dolmetscherbeiziehung nach § 63 Abs 1 NO nicht erforderlich,<br />

wenn die Partei über „hinreichende Sprachkenntnis“<br />

verfüge. Eine solche liege nur vor, wenn die<br />

Partei der Vorlesung so weit folgen könne, dass ihr eine<br />

Genehmigung möglich sei.<br />

Nach Kostner, Handkommentar zur Notariatsordnung<br />

(1971) 222 seien die infolge Verständigungsschwierigkeiten<br />

erteilten Vorschriften der §§ 62 bis 65 NO sowohl<br />

zum Schutz der Parteien wie auch im Interesse des Notars<br />

von besonderer Bedeutung. Dabei werde man schon aus<br />

Sicherheitsgründen davon ausgehen können, dass ein<br />

Beteiligter (Partei oder Zeuge) nicht erst dann „einer<br />

Sprache unkundig“ sei, wenn es ihm an jeglichen Kenntnissen<br />

in dieser Sprache mangle. Es werde zum Wirksamwerden<br />

dieser Vorschriften schon genügen, wenn ein Beteiligter<br />

die für seine Beteiligung notwendige Sprache<br />

nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche, dass er den<br />

Inhalt der Urkunde selbst, aber auch die bei ihrer Errichtung<br />

einzuhaltenden Vorgänge, Besprechungen, Beratungen<br />

und Erklärungen in allen Einzelheiten verstehen<br />

könne. Die dabei zwangsläufig auftauchenden Fachausdrücke<br />

müsse er – jedenfalls nach Erläuterung durch<br />

den Notar – mit Sicherheit verstehen können. Die dabei<br />

wahrzunehmenden Maßnahmen lägen nicht nur im Interesse<br />

der sprachbehinderten Partei, sondern dienten<br />

dem Schutz aller Parteien. Denn auch die Geschäftspartner<br />

der sprachunkundigen Partei hätten einen ebenso<br />

berechtigten Anspruch, sicher zu gehen, dass durch Ausschaltung<br />

von Missverständnissen sprachlicher Natur die<br />

Sicherheit der gegenseitigen Rechtsverhältnisse in möglichst<br />

weitem Umfang gegeben sei.<br />

Das BerG führte weiter aus, es sei einerseits zwischen<br />

dem Verständnis des mittels Notariatsakts zu errichtenden<br />

Vertrags nach seinem Wortsinn (§ 63 NO) und andererseits<br />

den notariellen Belehrungspflichten zwecks intellektueller<br />

Erfassung des Vertragsinhalts in materieller<br />

Hinsicht (§ 52 NO) zu differenzieren.<br />

Verletze der Notar bei Beteiligung von Personen mit perfekten<br />

Deutschkenntnissen seine Belehrungspflichten<br />

335


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

nach § 52 NO, bleibe der Notariatsakt vollauf wirksam.<br />

Dasselbe müsse dann aber auch für eine Person gelten,<br />

bei der der Notar die Belehrung zwar nicht grundsätzlich<br />

unterlassen, sie jedoch in einer für die Partei aufgrund<br />

eingeschränkter Deutschkenntnisse nicht verständlichen<br />

Weise vorgenommen habe. Eine Ungleichbehandlung<br />

von Personen mit perfekten Deutschkenntnissen gegenüber<br />

solchen mit bloß eingeschränkten sprachlichen Fähigkeiten<br />

mit der Folge, dass jene einen Notariatsakt gelten<br />

lassen müssten, ohne die Rechtsfolgen verstanden zu<br />

haben, während diese aus demselben Grund Vorteile ableiten<br />

könnten, erschiene nicht sachgerecht. Der dargestellten<br />

Auffassung von Kostner, wonach ein Dolmetscher<br />

nach § 63 Abs 1 NO auch dann notwendig sei,<br />

wenn ein Beteiligter die für seine Beteiligung notwendige<br />

Sprache nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche,<br />

dass er auch die bei der Errichtung der Urkunde einzuhaltenden<br />

Vorgänge, Besprechungen, Beratungen und Erklärungen<br />

in allen Einzelheiten verstehen könne, könne<br />

somit nicht beigetreten werden. Derartige Irrtümer ließen<br />

daher in beiden Fällen die Wirkungen des Notariatsakts<br />

unberührt und unterlägen gegebenenfalls der Korrektur<br />

des (in Notariatsaktsform abgeschlossenen) Vertrags<br />

nach den materiellrechtlichen Regelungen des<br />

ABGB.<br />

Im vorliegenden Fall enthalte aber der Notariatsakt selbst<br />

verschiedene Rechtsbelehrungen, insbesondere, dass<br />

der übernehmende Gesellschafter für die Einzahlung<br />

der noch nicht voll einbezahlten Stammeinlagen im Falle<br />

der Einforderung hafte. Unter anderem diesen Umstand<br />

habe der Kl aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse<br />

beim Verlesen der Vertragsurkunde ua nicht verstehen<br />

können. Er habe daher der Vorlesung des Notariatsakts<br />

nicht so weit folgen können, dass ihm dessen Genehmigung<br />

möglich gewesen sei. Es liege insoweit kein dem<br />

§ 52 NO zu unterstellender Sachverhalt vor, bei dem bloß<br />

vorgenommene (mündliche) Belehrungen wegen mangelnder<br />

Deutschkenntnisse oder aus sonstigen Gründen<br />

nicht verstanden worden seien, was auf die Wirksamkeit<br />

des Notariatsakts keinen Einfluss hätte.<br />

Die Bejahung der Frage nach dem Verstehen der deutschen<br />

Sprache durch die Vertragspartei entbinde den<br />

Notar nicht von seiner Verpflichtung, bei nicht hinreichenden<br />

Sprachkenntnissen nach § 63 Abs 1 NO vorzugehen.<br />

Selbst wenn man im Sinn der Bekl bezüglich der<br />

vom Notar einzuhaltenden Pflichten gem § 63 Abs 1<br />

NO von einer Ex-ante-Betrachtung ausgehe, habe sich<br />

der Notar im vorliegenden Fall nicht ausreichend davon<br />

überzeugt, dass der Kl über hinreichende Sprachkenntnisse<br />

iSd § 63 Abs 1 NO verfügt habe. Das bloße Kopfnicken<br />

des Kl auf die Frage, ob er den Vertragsinhalt verstanden<br />

habe, reiche nicht aus. Der Notar hätte sich,<br />

etwa durch weitere Fragen, von den für das Verständnis<br />

des Kl vom Vertragsinhalt ausreichenden Deutschkenntnissen<br />

vergewissern müssen. Dies gelte umso mehr, als<br />

die Erstbekl während der Verlesung des Vertrags vereinzelt<br />

mit dem Kl auf ungarisch gesprochen habe, was für<br />

den Notar ein weiteres Indiz für die unzureichenden<br />

Deutschkenntnisse des Kl hätte sein müssen.<br />

Das BerG ließ die Rev zu, weil zur Auslegung von § 63<br />

Abs 1 NO keine hg Rsp existiere. So sei ungeklärt,<br />

1. unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien<br />

eine Partei als der deutschen Sprache nicht kundig<br />

iSd § 63 Abs 1 NO anzusehen sei,<br />

2. ob diese Bestimmung auch bei mangelnder Sprachkenntnis<br />

einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers<br />

dann nicht verletzt sei, wenn diese Partei – allenfalls<br />

auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche<br />

– (volle) Kenntnis vom Vertragsinhalt habe,<br />

3. aus welcher Sicht (ex ante oder ex post; aus Sicht des<br />

Notars oder nach objektiven Kriterien) die mangelnde<br />

Sprachkundigkeit einer Partei iSd § 63 Abs 1 NO zu beurteilen<br />

sei.<br />

Rechtliche Beurteilung:<br />

Die Rev der Bekl ist zulässig, aber nicht berechtigt.<br />

Anzuwendende Rechtsnormen:<br />

§52NO<br />

Der Notar ist verpflichtet, bei Aufnahme eines Notariatsakts<br />

die persönliche Fähigkeit und Berechtigung jeder<br />

Partei zum Abschlusse des Geschäftes nach Möglichkeit<br />

zu erforschen, die Parteien über den Sinn und die Folgen<br />

desselben zu belehren und sich von ihrem ernstlichen<br />

und wahren Willen zu überzeugen, ihre Erklärung mit voller<br />

Klarheit und Bestimmtheit schriftlich aufzunehmen<br />

und nach geschehener Vorlesung des Akts durch persönliches<br />

Befragen der Parteien sich zu vergewissern, dass<br />

derselbe ihrem Willen entsprechend sei.<br />

§63NO<br />

1. Ist eine der Parteien der Sprache nicht kundig, in welcher<br />

der Notariatsakt aufgenommen wird, so muss der<br />

Verhandlung ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter<br />

Dolmetscher für die betreffende Sprache beigezogen<br />

werden, welcher zugleich alle Eigenschaften eines<br />

fähigen Aktszeugen besitzen muss.<br />

2. Die Zuziehung eines Dolmetschers ist jedoch nicht nötig,<br />

wenn der Notar und die beiden Zeugen oder der<br />

statt der Zeugen einschreitende zweite Notar der Sprache<br />

der Partei kundig sind und wenn der die Verhandlung<br />

leitende Notar als allgemein beeideter und gerichtlich<br />

zertifizierter Dolmetscher bestellt ist oder wenn der Notar<br />

die Diplomprüfung für Dolmetscher oder die Fachprüfung<br />

für Übersetzer bestanden hat. In einem solchen<br />

Falle können die Zeugen von der Anwesenheit bei der<br />

Vorlesung des Akts seinem ganzen Inhalte nach nicht<br />

ausgeschlossen werden, und es muss in dem Akte ausdrücklich<br />

angeführt werden, dass die obigen Voraussetzungen<br />

für die Aufnahme desselben ohne Zuziehung eines<br />

Dolmetschers vorhanden seien.<br />

336


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

§66NO<br />

1. Ein Notariatsakt, welcher mit Außerachtlassung der in<br />

den §§ 54 bis 65 gebotenen Förmlichkeiten und Vorsichten<br />

aufgenommen worden ist, hat nicht die Kraft einer öffentlichen<br />

Urkunde.<br />

2. Der OGH erachtet die Revisionsausführungen für nicht<br />

stichhaltig, die Begründung des angefochtenen Urteils<br />

hingegen für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).<br />

In Erwiderung auf die RevAusführungen und ergänzend<br />

zur berufungsgerichtl Begründung ist noch Folgendes<br />

auszuführen:<br />

2.1. Zur Frage, wann eine Person der Sprache des Notariatsakts<br />

„nicht kundig“ iSd § 63 Abs 1 NO ist, teilt der<br />

OGH die insoweit übereinstimmenden Auffassungen<br />

von Wagner/Knechtel, aaO sowie des BerG. Danach<br />

kann die Frage nicht generell beantwortet werden, sondern<br />

es kommt auf den konkreten Gegenstand des Notariatsakts<br />

an. Nach dem Schutzzweck des § 63 NO ist entscheidend,<br />

ob die betreffende Person der Vorlesung des<br />

Notariatsakts so weit folgen kann, dass ihr eine Genehmigung<br />

möglich ist.<br />

2.2. Soweit sich die RevWerber auf die volle Kenntnis<br />

des Kl vom Inhalt des Abtretungsvertrags aufgrund der<br />

Aushändigung einer Kopie des Entwurfs des Abtretungsvertrags<br />

mehrere Tage vor dem Termin beim Notar<br />

berufen, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt<br />

aus. Dass dadurch der Kl die volle Kenntnis des Vertragsinhalts<br />

(oder gar auch aller mit dem Vertrag verbundenen<br />

Rechtsfolgen) erlangte, steht nicht fest und liegt<br />

angesichts der mangelhaften Deutschkenntnisse des Kl<br />

selbst dann nicht nahe, wenn man (was ebenfalls nicht<br />

feststeht) unterstellte, der Kl hätte diesen Entwurf gelesen.<br />

Es muss deshalb auf die zweite vom BerG gestellte<br />

Frage, ob § 63 Abs 1 NO auch bei mangelnder Sprachkenntnis<br />

einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers<br />

dann nicht verletzt ist, wenn diese Partei – allenfalls<br />

auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche<br />

– (im Zeitpunkt der Errichtung des Notariatsakts) volle<br />

Kenntnis vom Vertragsinhalt hat, nicht eingegangen<br />

werden.<br />

2.3. Zur Frage, aus welcher Sicht (ex ante oder ex<br />

post; aus Sicht des Notars oder nach objektiven Kriterien)<br />

die mangelnde Sprachkundigkeit einer Partei iSd<br />

§ 63 Abs 1 NO zu beurteilen ist, wurde Folgendes erwogen:<br />

Der Gesetzeswortlaut von § 63 Abs 1 NO ist insoweit<br />

eindeutig, als er für die Notwendigkeit, einen Dolmetscher<br />

beizuziehen, auf keinerlei subjektiven Kriterien ex<br />

ante abstellt. Es kommt also für die Notwendigkeit, einen<br />

Dolmetscher beizuziehen, und somit für die Wirksamkeit<br />

des Notariatsakts (§ 66 NO; 4 Ob 99/99 h), nicht auf das<br />

Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der<br />

betreffenden Person durch den Notar ex ante an. Eine<br />

ausreichende Prüfung der Sprachkenntnisse durch den<br />

Notar (für die aufgrund der Einzelfallbezogenheit keine<br />

generellen Maßstäbe aufgestellt werden können), die<br />

diesem den Eindruck verschafft, die Person sei der betreffenden<br />

Sprache „hinreichend“ mächtig, indiziert<br />

aber, dass die Person der Sprache „kundig“ ist. Dennoch<br />

steht auch in diesem Fall der betreffenden Person die die<br />

Unwirksamkeit des Notariatsakts nach sich ziehende Beweisführung<br />

offen, entgegen dem begründeten Eindruck<br />

des Notars der Sprache nicht (hinreichend) kundig<br />

gewesen zu sein.<br />

Ungeachtet dessen, dass im Sinn der berufungsgerichtlichen<br />

Ausführungen hier der Notar die Sprachkenntnisse<br />

des Kl nicht ausreichend geprüft hat, ergibt sich daher im<br />

vorliegenden Fall die nicht ausreichende Sprachkenntnis<br />

des Kl schon aus der Feststellung, er habe die im Notariatsakt<br />

enthaltene Rechtsbelehrung über die Haftung für<br />

die offene Stammeinlage nicht verstanden.<br />

2.4. Die RevWerber meinen, Normzweck von § 63 Abs 1<br />

NO sei nur der Schutz der sprachunkundigen Partei vor<br />

Übervorteilung. Eine solche Übervorteilung liege nicht<br />

schon dann vor, wenn die Vertragspartei aufgrund ihrer<br />

schlechten Sprachkenntnisse der Verlesung des Notariatsakts<br />

nicht folgen könne.<br />

Dem kann nicht gefolgt werden: § 63 Abs 1 NO dient<br />

nämlich nach zutreffender Auffassung nicht nur dem<br />

Schutz des der Sprache nicht hinreichend Kundigen, sondern<br />

dem Schutz aller Parteien (so Kostner, aaO 222 f).<br />

Überdies bezweckt § 63 NO – ähnlich wie § 52 NO –<br />

auch den Schutz der Allgemeinheit durch die Form der<br />

öffentlichen Urkunde (zu § 52 NO: SZ 61/269 = RIS-Justiz<br />

RS0071158).<br />

Weitergehender Feststellungen (etwa darüber, ob dem<br />

Kl bewusst war, Gesellschaftsanteile zu erwerben) bedarf<br />

es daher nicht.<br />

3. Da somit schon wegen der Verletzung des § 63<br />

Abs 1 NO der Notariatsakt und somit entsprechend<br />

der Formpflicht des § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG der Abtretungsvertrag<br />

unwirksam ist, erübrigen sich Überlegungen<br />

dahingehend, ob der Abtretungsvertrag etwa<br />

auch wegen Umgehung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes<br />

nichtig sein könnte (vgl RIS-<br />

Justiz RS0018213).<br />

Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.<br />

NZ 2011/111<br />

§ 773 a ABGB – Begründete Verweigerung des Kontakts<br />

mit dem Pflichtteilsberechtigten<br />

Beim Entfall des Rechtes auf Pflichtteilsminderung<br />

nach § 773 a Abs 3 ABGB sind minderjährige und erwachsene<br />

Kinder gleich zu behandeln. Es ist nur ein<br />

Verhalten erfasst, das der Erblasser nach Inkrafttreten<br />

dieser Bestimmung, und zwar dem 1. 7. 2001, gesetzt<br />

hat.<br />

OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 98/11 g (OLG Graz 2. 3. 2011, 4 R 165/10 g;<br />

LG Klagenfurt 27. 8. 2010, 29 Cg 120/08 b)<br />

337


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Der am 6. 12. 1936 geborene Kl ist der unehel Sohn, die<br />

Bekl die ehel Tochter des am 6. 2. 1908 geborenen und<br />

am 7. 11. 2007 verstorbenen J P (in der Folge: Vater),<br />

der auch eine unehel Tochter hatte. Eine Verlassenschaftsabhandlung<br />

unterblieb gem § 153 AußStrG. Mit<br />

Notariatsakt v 19. 10. 1989 übergab der Vater der Bekl<br />

eine Liegenschaft und behielt sich als „Gegenleistung<br />

für diese <strong>Übergabe</strong>“ ein lebenslanges Fruchtgenussrecht<br />

für sich und seine Ehefrau vor; die Übernehmerin<br />

räumte dem Übergeber und seiner Ehefrau ein Belastungs-<br />

und Veräußerungsverbot ein. Am 13. 8. 1990 errichtete<br />

der Vater ein Testament, mit dem er die Bekl zur<br />

Alleinerbin einsetzte und seine beiden außerehel Kinder<br />

auf die Hälfte des gesetzl Pflichtteils beschränkte, weil<br />

zwischen ihnen und dem Erblasser „zu keiner Zeit irgendein<br />

familiärer Kontakt iS des Erbrechtsänderungsgesetzes<br />

bestanden“ habe.<br />

Der Vater hat für den Kl Unterhalt geleistet. Die Mutter<br />

hat dem Kl verschwiegen, wer sein Vater ist. Als der Kl<br />

von der Schwester seiner Mutter 1957 – der Kl war damals<br />

21 Jahre alt – erstmals erfuhr, wer sein Vater ist,<br />

hat er sofort Kontakt zu ihm gesucht, ihn besucht und<br />

ihm seine Lebensgefährtin vorgestellt. Der Kl war in der<br />

Folge bemüht, eine gute Beziehung mit seinem Vater<br />

aufzubauen und besuchte ihn während eines längeren<br />

Zeitraums ungefähr acht Mal. Anlässlich eines Besuchs<br />

1988 ersuchte ihn die Ehefrau seines Vaters, „Abstand<br />

zu halten“ und weitere Besuche zu unterlassen. Letztmalig<br />

hatte der Kl Kontakt zu seinem Vater, als er auf einer<br />

Baustelle in der Nähe des Hauses des Vaters beschäftigt<br />

war; während dieser Zeit besuchte ihn der Vater öfters<br />

und sprach mit ihm. Damals ersuchte der Vater den Kl,<br />

ihn nicht mehr aufzusuchen, weil seine Ehefrau dies nicht<br />

wünsche. Wenn sein Vater es gewollt hätte, hätte der Kl<br />

Kontakt zu ihm gehalten.<br />

Der Kl begehrte von der Bekl mit Klage v 16. 4. 2008 zunächst<br />

E 14.000,– sA als Pflichtteilsergänzungsanspruch<br />

infolge Schenkung einer Liegenschaft des Vaters an die<br />

Beklagte. Eine Pflichtteilsminderung komme nicht in Betracht,<br />

weil der Kl seinen Vater mehrfach besucht habe,<br />

ein ständiger Kontakt jedoch von seinem Vater und dessen<br />

Ehefrau abgelehnt worden sei.<br />

Das ErstG verpflichtete die Bekl zur Zahlung von<br />

E 1.763,50 sA und wies das Mehrbegehren ab.<br />

Das BerG wies das Klagebegehren ab.<br />

Die Rev ist zulässig, aber nicht berechtigt.<br />

§ 773 a Abs 1 ABGB idF BGBl 1989/656 (ErbRÄG 1989)<br />

ist anzuwenden, wenn der Erblasser nach dem 1. 1.<br />

1991 gestorben ist (Art III Z 1). Dies trifft im Anlassfall<br />

(Todestag des Vaters: 7. 11. 2007) zu. Die Bestimmung<br />

lautet:<br />

„Standen ein Elternteil und sein Kind zu keiner Zeit in einem<br />

Naheverhältnis, wie es in der Familie zwischen Eltern<br />

und Kindern gewöhnlich besteht, so mindert sich<br />

der Pflichtteil dieses Elternteils oder seiner Vorfahren<br />

dem Kind und seinen Nachkommen gegenüber und<br />

der des Kindes und seiner Nachkommen dem Elternteil<br />

und seinen Vorfahren gegenüber, wenn es der Erblasser<br />

anordnet, auf die Hälfte.”<br />

Die – in hier nicht relevanten Punkten abweichende –<br />

Fassung des § 773 a Abs 1 ABGB idF BGBl 2004/58<br />

(FamErbRÄG 2004) ist nicht anwendbar, weil die letztwillige<br />

Verfügung am 13. 8. 1990, somit nicht nach dem<br />

31. 12. 2004 errichtet wurde (Art IV § 3 Abs 1 Z 1 Fam-<br />

ErbRÄG 2004).<br />

Der mit BGBl 2000/135 (KindRÄG 2001) neu hinzugefügte<br />

§ 773 a Abs 3 ABGB trat nach der allgemeinen<br />

Anordnung des Art XVIII § 1 Abs 1 „mit 1. 7. 2001 in<br />

Kraft“; ausdrückliche Übergangsbestimmungen fehlen.<br />

Die neue Bestimmung lautet:<br />

„Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht nicht zu, wenn<br />

der Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen<br />

Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt<br />

hat.”<br />

Nach der E 6 Ob 136/10 h ist § 773 a Abs 3 ABGB auch<br />

auf solche Testamente anzuwenden, die vor dem 1. 7.<br />

2001 verfasst worden sind. Der Senat schließt sich der<br />

überzeugenden Begründung dieser Entscheidung an:<br />

Schon die ursprüngliche Fassung des § 773 a ABGB,<br />

die darauf abstellte, dass „zu keiner Zeit“ ein entsprechender<br />

Kontakt bestand, bezog sich nicht auf den Zeitpunkt<br />

der Errichtung der letztwilligen Verfügung. Vielmehr<br />

ist nach der ursprünglichen ebenso wie nach der<br />

hier anzuwendenden Fassung des § 773 a ABGB die gesamte<br />

Beziehung zwischen dem Erblasser und dem<br />

Pflichtteilsberechtigten bis zum Tod des Erblassers zu<br />

berücksichtigen. Gerade vor dem Hintergrund der Erwägungen<br />

des Gesetzgebers der Novelle 2001, die einer<br />

vorschnellen Ablehnung des persönlichen Verkehrs<br />

durch den nicht betreuenden Elternteil entgegenwirken<br />

wollte, zeigt sich, dass ein Abstellen auf den unter Umständen<br />

deutlich vor dem Todeszeitpunkt liegenden<br />

Zeitpunkt der Verfassung der letztwilligen Verfügung<br />

nicht sachgerecht wäre und dem Willen des Gesetzgebers<br />

nicht entspräche. Bei gegenteiliger Auslegung<br />

könnte die Neuregelung des § 773 a Abs 3 ABGB nur<br />

für jene Fälle Auswirkungen entfalten, in denen die letztwillige<br />

Verfügung nach dem 1. 7. 2001 errichtet wurde,<br />

würde also alle vorher errichteten Testamente nicht mehr<br />

erfassen und daher auch das Verhalten der Beteiligten<br />

nicht mehr motivieren können. Für eine derart eingeschränkte<br />

Intention des Verfassers geben die Gesetzes-<br />

Mat aber nicht den geringsten Anhaltspunkt. § 773 a<br />

Abs 3 ABGB ist daher im Anlassfall anzuwenden, obwohl<br />

die letztwillige Verfügung schon am 13. 8. 1990 errichtet<br />

worden ist.<br />

Der Entfall des Minderungsrechts nach § 773 a ABGB<br />

kann auch mit einem Verhalten begründet werden, das<br />

338


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

der Erblasser vor Juli 2001, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />

dieser Bestimmung, gesetzt hat.<br />

Zeitgleich mit § 773 a Abs 3 ABGB ist am 1. 7. 2001 mit<br />

dem KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, auch § 148 ABGB<br />

in Kraft gesetzt worden, welche Bestimmung das zuvor<br />

umstrittene Recht eines Kindes auf den persönlichen Verkehr<br />

mit seinen Eltern erstmals gesetzlich verankert hat<br />

(Kletečka in Koziol/Welser I 13 541).<br />

Hat der Gesetzgeber demnach das erstmals zum 1. 1.<br />

1991 eingeführte Recht eines Erblassers, den Noterben<br />

auf den halben Pflichtteil zu setzen, zum 1. 7. 2001 für<br />

den Fall beschränkt, dass der Erblasser die Ausübung<br />

des Rechtes auf persönlichen Verkehr mit dem Noterben<br />

grundlos abgelehnt hat, und zur Begründung dieser<br />

Maßnahme in den Materialien ausdrücklich auf § 148<br />

ABGB hingewiesen, kann diese Sanktion unerwünschten<br />

Verhaltens nur in einem Verhalten des Erblassers begründet<br />

sein, dass dieser nach dem 1. 7. 2001 gesetzt hat. Bei<br />

gegenteiliger Auslegung würde nämlich ein Verhalten<br />

des Erblassers sanktioniert, das einem Normunterworfenen<br />

vor Einführung der fraglichen Bestimmung zwar unter<br />

ethischen Gesichtspunkten anfechtbar erscheinen<br />

konnte, aus dem Blickwinkel des Gesetzgebers bis dahin<br />

aber unbedenklich war.<br />

Daraus folgt, dass die grundlose Ablehnung des persönlichen<br />

Verkehrs durch den Vater bis zum 1. 7. 2001 rechtl<br />

unerheblich war. Zu prüfen bleibt, ob die nach diesem<br />

Zeitpunkt fortgesetzte Verweigerung persönlichen Kontakts<br />

dazu führt, dass dem Vater die Berufung auf<br />

§ 773 a Abs 1 ABGB verwehrt war.<br />

Spitzer (Änderungen im Erbrecht durch das KindRÄG<br />

2001, NZ 2003, 353, 359) zieht aus dem teleologischen<br />

Hintergrund des § 773 a Abs 3 ABGB den Schluss, diese<br />

Norm sei auf den Schutz Mj zu beschränken, die ein<br />

Recht auf eine Beziehung zu ihren Eltern hätten. Weigere<br />

sich ein Elternteil hingegen, ein Naheverhältnis gegenüber<br />

seinem bereits volljährigen Kind aufzubauen, spreche<br />

vieles dafür, dies sanktionslos zu lassen. Dieser Auffassung<br />

hat sich Samek (Das österreichische Pflichtteilsrecht<br />

samt Anfechtungsrecht 29 f) angeschlossen.<br />

Eccher (in Schwimann 3 § 773 a Rz 5), Likar-Peer (in<br />

Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 375), Scheuba (in Gruber/<br />

Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge<br />

221) und Zankl (Entwicklungen im Erbrecht, in FS<br />

Welser 1236 und Erbrecht 7 101) unterscheiden im gegebenen<br />

Zusammenhang hingegen nicht zwischen mj und<br />

erwachsenen Kindern.<br />

Nach Auffassung des Senats sind bei Anwendung des<br />

§ 773 a Abs 3 ABGB mj und erwachsene Kinder gleich<br />

zu behandeln. Mag auch das Motiv für den Gesetzgeber<br />

bei Einführung der genannten Bestimmung – wie der<br />

Verweis auf § 148 Abs 1 ABGB in den ErläutRV nahelegt<br />

– die Stärkung des Rechtes des mj Kindes auf persönlichen<br />

Verkehr mit seinen Eltern gewesen sein, ist die gesetzl<br />

Neuregelung des Rechtes auf Pflichtteilsminderung<br />

doch letztlich in einer Textfassung erfolgt, die den Entfall<br />

dieses Rechtes nicht davon abhängig macht, dass<br />

das vom Gesetz missbilligte Verhalten gegenüber einem<br />

noch mj Noterben gesetzt worden sei. Dazu kommt die<br />

systematische Überlegung, dass § 773 a Abs 3 ABGB<br />

eine erbrechtl Norm ist, in welchem Kontext eine unterschiedl<br />

Behandlung mj und großjähriger Kinder einer<br />

besonderen Anordnung und Begründung bedürfte.<br />

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich<br />

auch, dass das mit wechselseitigen Rechten und<br />

Pflichten verbundene Rechtsband zwischen Eltern und<br />

Kindern stets auch das Streben nach persönlichem Kontakt<br />

erfasst (RIS-Justiz RS0047754), lebenslang andauert<br />

(vgl etwa die Unterhaltspflicht des Kindes nach § 143<br />

Abs 1 ABGB) und ein von der Rechtsordnung anerkanntes,<br />

grundrechtl abgesichertes Rechtsverhältnis ist, das<br />

auch von Dritten – ohne zeitliche Schranken – zu respektieren<br />

ist (4 Ob 186/09).<br />

Das Recht des Erblassers auf Pflichtteilsminderung ist daher<br />

– entgegen der Ansicht des BerG – nicht schon deshalb<br />

entfallen, weil der Kläger 2001 nicht mehr mj war.<br />

Damit ist aber für den Standpunkt des Kl noch nichts gewonnen.<br />

Im Juli 2001 stand der Kl im 65. Lebensjahr, sein Vater im<br />

94. Lebensjahr. Bis dahin hatte der Kl das Ersuchen seines<br />

Vaters, ihn nicht mehr aufzusuchen, weil seine Ehefrau<br />

dies nicht wünsche, respektiert. Unter diesen Umständen<br />

des Einzelfalls, insb unter Bedachtnahme auf<br />

das hohe Alter der Beteiligten, den schlechten Gesundheitszustand<br />

des pflegebedürftigen Vaters und die lange<br />

Zeitspanne, in der zwischen Vater und Sohn bis dahin<br />

keine regelmäßigen Kontakte stattgefunden haben, wie<br />

sie zwischen Eltern und Kindern üblich sind, ist die auch<br />

ab Juli 2001 fortgesetzte Weigerung des Vaters, persönlichen<br />

Verkehr mit dem Kl aufzunehmen, gerechtfertigt.<br />

Er hat damit sein Recht auf Pflichtteilsminderung nicht<br />

verwirkt.<br />

NZ 2011/112<br />

§ 1234 ABGB – Gütergemeinschaft auf den Todesfall<br />

und Pflichtteilsrecht<br />

Bei einer Gütergemeinschaft auf den Todesfall fällt der<br />

dem überlebenden Ehegatten gebührende Anteil am<br />

Gesamtvermögen nicht in den Nachlass, sondern nur<br />

der dem Verstorbenen zustehende Anteil am Gesamtvermögen.<br />

Letzterer ist in der Folge auch maßgeblich<br />

für die Berechnung des Pflichtteils.<br />

OGH 7. 7. 2011, 5 Ob 245/10 f (OLG Wien 13. 7. 2010, 12 R 42/<br />

10 z; LG ZRS Wien 12. 1. 2010, 55 Cg 96/08 d)<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Die Kl ist die Tochter des am . . . verstorbenen Univ.-Prof.<br />

Dr. Rudolf E (= Erblasser) aus dessen erster Ehe; die Bekl<br />

ist dessen Witwe.<br />

339


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

Am 18. 2. 1994 schlossen die Bekl und der Erblasser<br />

vor dem Nebenintervenienten in dessen Funktion als<br />

öffentl Notar in S einen Ehepakt. Von den Vertragsparteien<br />

angestrebter Inhalt des Ehepakts war die Errichtung<br />

einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden<br />

und auf den Todesfall über alles Vermögen,<br />

das der Verstorbene und die Bekl zur Zeit der Errichtung<br />

sowie danach auf welche Art immer erwerben<br />

oder ererben.<br />

Der Erblasser brachte in die Gütergemeinschaft ua die<br />

Liegenschaft EZ 1298 GB . . . ein. Auf die grundbücherl<br />

Durchführung der vereinbarten Gütergemeinschaft verzichteten<br />

die Ehegatten. Der Ehepakt bezeichnete nicht,<br />

was die Bekl in die Gütergemeinschaft einbrachte. Die<br />

Bekl hatte eigenes Vermögen im Wert von ca 1 Mio Schilling<br />

in Form von Sparbüchern und war als Fachärztin für<br />

Innere Medizin und Rheumatologie selbständig erwerbstätig.<br />

Bei Errichtung des Ehepakts unterlief dem Nebenintervenienten<br />

insofern ein Fehler, als es unter Punkt „Erstens“<br />

des Notariatsakts anstatt „eine allgemeine Gütergemeinschaft<br />

auf den Todesfall“ richtig „eine allgemeine Gütergemeinschaft<br />

auch auf den Todesfall“ heißen sollte.<br />

Mit dem ebenfalls am 18. 2. 1994 errichteten Erbvertrag<br />

setzten einander die Bekl und der Erblasser unter der Bedingung<br />

des aufrechten Bestands ihrer Ehe wechselseitig<br />

– unter Beschränkung allfällig vorhandener Noterben der<br />

auf- und absteigenden Linien auf den gesetzlichen<br />

Pflichtteil – zu Dreiviertel ihres Nachlasses und hinsichtlich<br />

des reinen Viertels („Nachlassviertels“) testamentarisch<br />

zu Alleinerben ein.<br />

Im VerlassenschaftsVerf nach dem Erblasser floss die<br />

Hälfte seines Vermögens, folglich auch (nur) die Hälfte<br />

der Liegenschaft in B, in den Nachlass, wobei der Wert<br />

der Liegenschaft im Inventar mit E 69.000,– angesetzt<br />

wurde. Der Reinnachlass betrug E 37.868,54; nach Abzug<br />

der Verfahrenskosten von E 4.209,98 verblieben<br />

E 33.658,56. Die Verlassenschaft wurde zur Gänze der<br />

Bekl eingeantwortet, die von dem um die Verfahrenskosten<br />

reduzierten Reinnachlass ein Drittel, also<br />

E 11.219,52, als Pflichtteil an die Kl bezahlte.<br />

Die Kl begehrte (nach Klagseinschränkung und Zahlung<br />

von E 1.833,33) die Zahlung von (restlich) E 17.614,27<br />

sA. Sie brachte vor, dass sich ihr Pflichtteil – mangels<br />

sonstiger gesetzl Erben – mit einem Drittel des Reinnachlasses<br />

errechne. Ausgehend von der unrichtigen Annahme,<br />

dass der Erblasser und die Bekl mit dem Notariatsakt<br />

eine Gütergemeinschaft (auch) unter Lebenden<br />

abgeschlossen hätten, sei die dem Erblasser allein eigentümliche<br />

Liegenschaft in B im Verlassenschaftsverfahren<br />

nur zur Hälfte als nachlasszugehörig gewertet und überdies<br />

zu niedrig geschätzt worden. Richtigerweise habe<br />

die zwischen dem Erblasser und der Beklagten bestandene<br />

Gütergemeinschaft auf den Todesfall dazu geführt,<br />

dass das vom Erblasser in die Gütergemeinschaft einzubringende<br />

Vermögen zum Zeitpunkt der juristischen Sekunde<br />

seines Todes noch zur Gänze seinem alleinigen<br />

Vermögen zuzurechnen gewesen sei. Demnach sei auch<br />

die Liegenschaft in B nicht bloß zu 50%, sondern zur<br />

Gänze Nachlassvermögen gewesen. Wollte man nicht<br />

schon auf Grundlage der vereinbarten Gütergemeinschaft<br />

auf den Todesfall die gesamte Liegenschaft in<br />

den Nachlass einbeziehen, so müsse jedenfalls die (analoge)<br />

Anwendung des § 785 ABGB zur Schenkungsanrechnung<br />

erfolgen. Ausgehend vom tatsächlichen Verkehrswert<br />

der Liegenschaft errechne sich daher der restliche<br />

Pflichtteilsanspruch in Höhe der Klagsbetrags.<br />

Die Bekl bestritt dieses Vorbringen, beantragte Abweisung<br />

des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen<br />

ein, dass sie und der Erblasser eine Gütergemeinschaft<br />

unter Lebenden beabsichtigt hätten, woran auch ein<br />

dem Vertragserrichter unterlaufener Formulierungsfehler<br />

nichts geändert habe. Mit der Gütergemeinschaft sei<br />

keine Schenkungsabsicht verfolgt worden. Der Ehepakt<br />

sei vom Erblasser auch aus sittlicher Pflicht abgeschlossen<br />

worden, sei doch damals schon abzusehen gewesen,<br />

dass ihn die Bekl zunehmend werde pflegen müssen. Mit<br />

den bereits erbrachten Zahlungen sei der Pflichtteilsanspruch<br />

der Kl zur Gänze abgegolten.<br />

Das ErstG verpflichtete die Bekl zur Zahlung von<br />

E 13.333,34 sA und wies das Mehrbegehren von<br />

E 4.280,93 sA – unbekämpft – ab.<br />

Das BerG gab der gegen den klagsstattgebenden Teil<br />

dieser Entscheidung erhobenen Berufung der Bekl nicht<br />

Folge.<br />

Gegen die Entscheidung des BerG richtet sich die Rev<br />

des Nebenintervenienten wegen (Mangelhaftigkeit des<br />

BerVerf infolge) unrichtiger rechtl Beurteilung mit dem<br />

Antrag auf Abänderung iS der Abweisung des Klagebegehrens.<br />

Hilfsweise stellt der Nebenintervenient auch einen<br />

Aufhebungsantrag.<br />

Die Rev ist zulässig.<br />

Das BerG war der Ansicht, dass – wie bei der Schenkung<br />

auf den Todesfall – auch bei einer (bloß) auf den Todesfall<br />

vereinbarten Gütergemeinschaft die eingebrachte<br />

Sache (zunächst noch) im Nachlass vorhanden und bei Ermittlung<br />

des Nachlasspflichtteils zu berücksichtigen sei.<br />

Schon daraus folge die rechnerische Berücksichtigung<br />

der gesamten Liegenschaft in B, weshalb die vom ErstG<br />

zur fraglichen Schenkungsabsicht des Erblassers getroffene<br />

und von der Bekl gerügte Feststellung (Voraussetzung<br />

für die Anrechnung nach § 785 ABGB) ungeprüft<br />

bleiben könne. Das BerG stützte sich dabei im Wesentlichen<br />

(inhaltlich) etwa auf die in der E 7 Ob 2373/96 p<br />

(RIS-Justiz RS0107683; SZ 70/107; EFSlg 84.332) vertretene<br />

Ansicht, wonach eine Schenkung auf den Todesfall<br />

nicht dem § 785 ABGB unterliege. Die geschenkte Sache<br />

sei im Nachlass vorhanden, sodass sie bei Ermittlung des<br />

Nachlasspflichtteils mitzähle (idS auch 4 Ob 2029/96 b<br />

EFSlg 81.343; RIS-Justiz RS0103393; RS0007843;<br />

340


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

RS0012916; RS0012517; Welser in Rummel 3 § 785 ABGB<br />

Rz 9).<br />

Für die auf den Todesfall vereinbarte Gütergemeinschaft<br />

wird aber dieser Grundsatz nicht vertreten (vgl OLG<br />

Wien 15 R 202/03 s EFSlg 104.707 [keine unentgeltliche<br />

Zuwendung, welche dem Nachlass hinzuzurechnen<br />

wäre]):<br />

In der Gütergemeinschaft auf den Todesfall ist keine<br />

Schenkung zu erblicken (zum möglichen Versorgungscharakter<br />

der Gütergemeinschaft und zu strukturellen<br />

Unterschieden zur Schenkung auf den Todesfall s<br />

Fischer-Czermak, Verträge auf den Todesfall zwischen<br />

Ehegatten und Scheidung, NZ 2001, 3 ff). Sie gewährt<br />

keinen Erbrechtstitel. Jeder Ehegatte übernimmt „die<br />

Gefahr des Verlustes mit der Hoffnung des Gewinnes“<br />

(1 Ob 61/97 w SZ 70/242; Weiß in Klang V 2 808).<br />

Nach M. Bydlinksi (Rummel 3 § 1234 ABGB Rz 10) bildet<br />

die eine Hälfte des Gesamtgutes den Nachlass des Verstorbenen,<br />

die andere das Vermögen des Überlebenden<br />

(idS auch OLG Wien 15 R 202/03 s EFSlg 104.706).<br />

Brauneder (in Schwimann 3 § 1235 ABGB Rz 3) führt aus,<br />

dass erst der Vortod eines Ehegatten vermögensrechtl<br />

Wirkungen zeitige. Nun werde das der Gemeinschaft zuzurechnende<br />

Vermögen, soweit es „noch vorhanden“ ist,<br />

geteilt, dh, jetzt erst werde ein Gemeinschaftsvermögen<br />

(fiktiv) gebildet, um sogleich verteilt zu werden: Der eine<br />

Teil bilde den Nachlass des vorverstorbenen Ehegatten,<br />

der andere falle dem Überlebenden zu. Die Todfallsgemeinschaft<br />

sei weder Schenkung (auf den Todesfall) noch<br />

Erbrechstitel.<br />

Schwimann (in Schwimann, TaKomm § 1234 ABGB<br />

Rz 5 f) lehrt, dass bei Tod eines Gatten mangels abweichender<br />

Vereinbarung das nach Schuldenabzug verbleibende<br />

Gesamtgut nach den geltenden Quoten geteilt<br />

werde, der eine Teil werde Alleineigentum des überlebenden,<br />

der andere Teil falle in den Nachlass des verstorbenen<br />

Gatten.<br />

Nach Fucik (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1234<br />

Rz 2) zeige mit dem Tod eines der Ehegatten (bzw eingetragenen<br />

Partners) die Gütergemeinschaft Wirkung. Das<br />

vorhandene Vermögen werde geteilt. Der dem Verstorbenen<br />

angemessene Anteil falle in dessen Verlassenschaft,<br />

der andere komme unmittelbar dem Überlebenden<br />

zu.<br />

Auch M. Mohr (Wirkungen und Gefahren der Gütergemeinschaft<br />

auf den Todesfall, NZ 1995, 7 [9]) führt aus,<br />

dass aus den beiden Vermögensmassen der Ehegatten<br />

das Gesamtvermögen gebildet werde. Sofern kein anderes<br />

Teilungsverhältnis vereinbart sei, werde dieses – im<br />

typischen Fall des Todes eines Teils – halbiert und die<br />

eine Hälfte dem überlebenden Ehegatten, die andere<br />

Hälfte den Erben des Verstorbenen zugewiesen.<br />

Der OGH folgt der dargestellten – einhelligen – Lehre<br />

und der in der Rev des Nebenintervenienten dementsprechend<br />

vorgetragenen Rechtsansicht und kommt daher<br />

zum Ergebnis, dass bei einer Gütergemeinschaft auf<br />

den Todesfall der dem überlebenden Ehegatten gebührende<br />

Anteil am Gesamtvermögen nicht (zum Zweck der<br />

Pflichtteilsermittlung zunächst noch) in den Nachlass des<br />

Verstorbenen fällt, sondern nur der dem Verstorbenen<br />

zustehende Anteil am Gesamtvermögen in dessen Nachlass<br />

fällt.<br />

Das ErstG ist allerdings dennoch und deshalb zur Anrechnung<br />

des gesamten Wertes der Liegenschaft für die Ermittlung<br />

des Pflichtteils der Kl gelangt, weil es in dem<br />

vom Erblasser und der Bekl abgeschlossenen Ehepakt<br />

auf der Basis der dazu getroffenen Feststellungen und<br />

des daraus abgeleiteten Vertragszwecks eine iSd § 785<br />

Abs 1 ABGB anrechnungspflichtige Schenkung erkannt<br />

hat. Das ErstG stützte sich dabei insb auf die E 7 Ob<br />

561/95 (SZ 68/198; vgl dazu auch M. Bydlinski, aaO<br />

§ 1217 ABGB Rz 5).<br />

Die Ansicht des ErstG, die bloße Bezeichnung des Vertrags<br />

als Gütergemeinschaft und die gewählte Form würden<br />

das tatsächliche Vorliegen eines anderen Vertragstyps<br />

nicht ausschließen, bezweifelt der Nebenintervenient<br />

in seiner Rev im Grundsätzlichen nicht. Er macht allerdings<br />

– zutreffend – geltend, dass das BerG infolge<br />

seiner oben beschriebenen, abweichenden, aber vom<br />

OGH nicht geteilten Rechtsansicht die von der Bekl in ihrer<br />

Berufung erhobene Beweisrüge nicht erledigt hat, die<br />

sich gerade gegen jene Feststellungen des ErstG richtete,<br />

die für die Beurteilung des Vertrags als Schenkung<br />

maßgeblich waren. In diesem Punkt ist daher das BerVerf<br />

mangelhaft geblieben, ist doch die subjektive Voraussetzung<br />

des Schenkungstatbestands eine Tatfrage (10 Ob<br />

33/08 p), die folglich von den TatsachenInst zu klären ist.<br />

Im fortgesetzten Verf wird daher das BerG die von der<br />

Bekl erhobene Beweisrüge gegen die Feststellungen<br />

des ErstG, wonach der vom Erblasser mit dem Notariatsakt<br />

verfolgte Zweck darin bestanden habe, dass der<br />

Kl möglichst wenig von seinem Vermögen zukomme<br />

und dass die Versorgung der Bekl nicht im Vordergrund<br />

gestanden sei, zu erledigen haben. Erst danach wird<br />

dann zu beurteilen sein, ob sich der vom ErstG rechtlich<br />

in Richtung einer Anrechnung nach § 785 ABGB gezogene<br />

Schluss als zutr erweist. Alle sonst strittig gewesenen<br />

Rechtsfragen werden in der Rev nicht mehr aufgegriffen<br />

und haben daher als abschließend beurteilt zu<br />

gelten.<br />

NZ 2011/113<br />

§§ 29, 106 JN – Zuständigkeit bei beweglichem<br />

Inlandsvermögen<br />

Eine rechtmäßig eingeleitete Verlassenschaftsabhandlung<br />

ist auch bei nachträglichem Wegfall der internationalen<br />

Zuständigkeit zu Ende zu führen.<br />

OGH 21. 6. 2011, 4 Ob 75/11 z (LG Innsbruck 4. 3. 2011, 53 R<br />

83/10 k; BG Lienz 14. 6. 2010, 1 A 396/07 i)<br />

341


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Der australische Staatsangehörige P G B (idF: Erblasser)<br />

starb am 5. 8. 2007 in Thailand, ohne eine letztwillige<br />

Verfügung zu hinterlassen. Er hatte nie in Österr gelebt,<br />

verfügte aber bei einer österr Bank über Konten und<br />

Wertpapierdepots mit einem Wert von über 1,6 Mio<br />

Euro. Wo sich sein letzter Wohnsitz befand, steht derzeit<br />

nicht fest.<br />

Am 13. 11. 2007 beantragte der Vater des Erblassers<br />

beim ErstG die Einleitung eines VerlassenschaftsVerf.<br />

In Australien könne mangels dort gelegenen Vermögens<br />

kein solches Verf geführt werden. Das Guthaben bei der<br />

österr Bank begründe daher die österr Zuständigkeit<br />

nach § 106 Abs 1 Z 2 lit c JN. In weiterer Folge gab<br />

der Vater eine bedingte Erbsantrittserklärung ab. Das<br />

ErstG nahm diese an und erklärte sein Erbrecht für ausgewiesen;<br />

weiters ordnete es eine Gläubigerkonvokation<br />

an.<br />

Am 31. 7. 2008 meldete C P de S (idF Lebensgefährtin)<br />

eine Nachlassforderung an und gab eine bedingte Erbantrittserklärung<br />

ab. Sie sei Lebensgefährtin des Verstorbenen<br />

gewesen und daher nach dem Erbrecht des australischen<br />

Bundesstaats Victoria allein erbberechtigt.<br />

Der Vater des Verstorbenen starb am 30. 8. 2008. In weiterer<br />

Folge wurde dessen Sohn J N B (idF Verwalter) vom<br />

zust australischen Gericht zum „administrator“ des Nachlasses<br />

von P G B bestellt. Er beantragte am 30. 12. 2008<br />

die Einstellung des VerlassenschaftsVerf und die Ausfolgung<br />

des Nachlasses an ihn. Das zust Gericht von Victoria<br />

habe ein VerlassenschaftsVerf nach dem Erblasser eingeleitet<br />

und ihn zum Abwickler bestellt. Er habe den Nachlass<br />

einzuziehen und dann an die Erben zu verteilen. Strittige<br />

Ansprüche wie jene der Lebensgefährtin seien vor<br />

dem zust australischen Gericht zu klären. Damit seien<br />

die Voraussetzungen für die österr Zuständigkeit nach<br />

§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN „weggefallen“; stattdessen sei<br />

das AusfolgungsVerf nach § 150 AußStrG durchzuführen.<br />

Zur Entgegennahme des Vermögens sei er als Nachlassverwalter<br />

berechtigt, strittige Erbansprüche seien in<br />

Australien zu klären.<br />

Die Lebensgefährtin sprach sich gegen diesen Antrag<br />

aus. Der Vater des Erblassers habe ausdrücklich behauptet,<br />

dass dieser kein Vermögen in Australien gehabt<br />

habe. Zudem könne den vorgelegten Unterlagen nur<br />

eine Verwalterbestellung entnommen werden; hingegen<br />

liege keine Bestätigung der australischen Behörden vor,<br />

wonach der Verwalter als Rechtsnachfolger zur Übernahme<br />

des in Österr befindl Nachlassvermögens berechtigt<br />

sei. Die Befugnisse eines Erbschaftsverwalters erstreckten<br />

sich nach dem Recht von Victoria nur auf jenes<br />

bewegl oder unbewegl Vermögen, das der Verstorbene<br />

zum Zeitpunkt seines Todes in diesem Bundesstaat besessen<br />

habe. Das Erbschaftsverwalterdekret beziehe sich<br />

daher nicht auf Nachlassvermögen, das sich in Österr befinde.<br />

Das ErstG folgte dem Standpunkt der Lebensgefährtin<br />

und wies den Ausfolgungsantrag ab. Das vom Verwalter<br />

angerufene RekG hob diesen Beschluss auf und trug dem<br />

ErstG auf, zunächst über die Einstellung des AbhandlungsVerf<br />

zu entscheiden. Eine Ausfolgung komme erst<br />

nach rk Beendigung dieses Verf in Betracht. Solange es<br />

noch anhängig sei, sei eine meritorische Entscheidung<br />

über den Ausfolgungsantrag verfrüht.<br />

Im fortgesetzten Verf stellte das ErstG das Abhandlungs-<br />

Verf ein. Zwar sei bei der Einleitung des Verf vom Vorliegen<br />

der Voraussetzungen des § 106 Abs 1 Z 2 lit c JN<br />

ausgegangen worden. Inzwischen habe sich die Sachlage<br />

aber geändert, da nun nach dem Ableben des Vaters in<br />

Victoria ein VerlassenschaftsVerf (auch) nach P G B geführt<br />

werde. Daher könne die Lebensgefährtin ihre<br />

Ansprüche dort durchsetzen. Die Voraussetzungen des<br />

§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN seien damit weggefallen, was<br />

zur Einstellung des Verf führe.<br />

Das RekG gab einem gegen diese E gerichteten Rek der<br />

Lebensgefährtin nicht Folge. Es bewertete seinen Entscheidungsgegenstand<br />

mit über E 30.000,– und ließ<br />

den oRevRek zu.<br />

Der RevRek ist iS des Aufhebungsantrags berechtigt.<br />

1. Ein nachträgl Wegfall der Voraussetzungen für die internationale<br />

Zuständigkeit nach § 106 Abs 1 Z 2 lit c<br />

JN wäre unerheblich.<br />

1.1. Nach § 29 Satz 1 JN bleibt ein Gericht in Rechtssachen,<br />

die bei ihm rechtmäßigerweise anhängig gemacht<br />

wurden, bis zu deren Beendigung zuständig, wenn sich<br />

auch die Umstände, die bei Einleitung des Verf für die Bestimmung<br />

der Zuständigkeit maßgebend waren, während<br />

des Verf geändert haben. Anderes gilt nach § 29<br />

Satz 2 JN nur bei Änderungen, aufgrund derer Personen<br />

Immunität genießen oder die Rechtssache dem Wirkungskreis<br />

der ordentl Gerichte entzogen ist.<br />

1.2. § 29 JN ist auch in AußerstreitVerf anzuwenden<br />

(Mayr in Rechberger 3 §29 Rz5; Ballon in Fasching/<br />

Konecny 2 § 29 Rz 12). Er erfasst, wie sich aus einem Gegenschuss<br />

zu Satz 2 ergibt, insb den Wegfall der internationalen<br />

Zuständigkeit (Mayr in Rechberger 3 §29 JN<br />

Rz 2; Ballon in Fasching/Konecny 2 § 29 JN Rz 18; RIS-<br />

Justiz RS0119204), und zwar auch dann, wenn diese nicht<br />

nach § 27 a JN aus der örtl Zuständigkeit folgt, sondern –<br />

wie in § 106 JN – getrennt davon geregelt ist (Mayr, aaO;<br />

vgl zum entspr Problem im familienrechtl Bereich Simotta<br />

in Fasching/Konecny 2 § 76 JN Rz 31).<br />

1.3. Daraus folgt, dass der vom Verwalter behauptete<br />

„Wegfall“ der Voraussetzungen von § 106 Abs 1 Z 2 lit c<br />

JN an der internationalen Zuständigkeit der österr Gerichte<br />

nichts ändern kann. Vielmehr wäre eine rechtmäßig<br />

eingeleitete Verlassenschaftsabhandlung ungeachtet<br />

späterer Entwicklungen zu Ende zu führen. Die Begründung<br />

der VorInst trägt die Einstellung des Verf daher<br />

nicht.<br />

342


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

2. Es bleibt aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen für<br />

die internationale Zuständigkeit im maßgebenden Zeitpunkt<br />

– also bei Anhängigwerden des Verf – gegeben<br />

waren.<br />

2.1. Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit ist<br />

nach § 42 Abs 1 Satz 1 JN in jeder Lage des Verf – und<br />

zwar auch ohne darauf gerichteten Antrag (Simotta in Fasching/Konecny<br />

2 § 42 JN Rz 8 mwN) – wahrzunehmen.<br />

Anderes gilt nur dann, wenn die Unzuständigkeit nach<br />

§ 104 Abs 3 JN geheilt ist (§ 42 Abs 1 Satz 2 JN) oder<br />

eine insofern bindende E vorliegt (§ 42 Abs 3 JN). Diese<br />

Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt: § 104 JN erfasst<br />

aufgrund seiner systematischen Stellung im Zweiten Teil<br />

der JN nur streitige Verf. In AußerstreitVerf sind Gerichtsstandvereinbarungen<br />

daher grundsätzlich unzulässig<br />

(Simotta in Fasching/Konecny 2 § 104 JN Rz 167 mwN);<br />

auch eine Heilung durch rügelose Einlassung iSv § 104<br />

Abs 3 JN kommt nicht in Betracht. Eine bindende Entscheidung,<br />

die die internationale Zuständigkeit bejahte,<br />

gibt es ebenfalls nicht.<br />

2.2. Die unstrittige Bestellung eines „administrators“ für<br />

den Nachlass des Erblassers erweckt Zweifel, ob die Voraussetzungen<br />

für die internationale Zuständigkeit nach<br />

§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN im maßgebenden Zeitpunkt tatsächlich<br />

vorhanden waren.<br />

(a) Die internationale Zuständigkeit ist nach der letztgenannten<br />

Bestimmung gegeben, wenn<br />

„die Durchsetzung aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht<br />

oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte<br />

im Ausland unmöglich ist“.<br />

Diese Bestimmung ist nach der Rsp des OGH eng auszulegen:<br />

War der Erblasser weder österr Staatsbürger<br />

noch hier wohnhaft, soll im Inland gelegenes bewegl<br />

Vermögen nur in Ausnahmefällen hier abgehandelt<br />

werden (10 Ob 17/06 g EvBl 2006/138; RIS-Justiz<br />

RS0120641; zuletzt 1 Ob 124/10 g NZ 2011, 115).<br />

Die Unmöglichkeit der Rechtsdurchsetzung kann entweder<br />

auf rechtl (vor allem auf eine mangelnde internationale<br />

Zuständigkeit) oder auf faktische Umstände<br />

(zB Untätigkeit der zust Behörde) zurückzuführen sein<br />

(10 Ob 17/06 g EvBl 2006/138; RIS-Justiz RS0120641<br />

[T 1]).<br />

(b) Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die australischen<br />

Gerichte – konkret jene des Bundesstaats Victoria –<br />

überhaupt zust sind. Der Vater des Erblassers behauptete<br />

im verfahrenseinleitenden Antrag, dass dies mangels<br />

dort gelegenen Vermögens nicht zutreffe; die Lebensgefährtin<br />

vertritt die Auffassung, dass sich eine dort<br />

allenfalls begründete Zuständigkeit jedenfalls nicht auf<br />

außerhalb Australiens gelegenes Vermögen (bezogen<br />

habe und) beziehe. Letzteres bestreitet der Verwalter:<br />

Sei die Zuständigkeit begründet, erstrecke sie sich auch<br />

auf im Ausland gelegenes bewegl Vermögen. Von der<br />

Beantwortung dieser Frage hängen nach Auffassung<br />

beider Seiten die Befugnisse des Verwalters ab: Ist<br />

schon die Zuständigkeit des australischen Gerichts auf<br />

Inlandsvermögen beschränkt, dann auch jene des Verwalters,<br />

und umgekehrt.<br />

(c) Welche dieser Auffassungen zutrifft, hängt vom Recht<br />

des Bundesstaats Victoria ab. Dieses Recht ist nach § 4<br />

Abs 1 IPRG von Amts wegen zu ermitteln (RIS-Justiz<br />

RS0045163; RS0040189). Mangelhafte Ermittlungen begründen<br />

einen Verfahrensmangel eigener Art, der dem<br />

Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtl Beurteilung zu<br />

unterstellen ist und zur Aufhebung der E der VorInst führt<br />

(7 Ob 2/05 b SZ 2005/11 mwN; RIS-Justiz RS0116580;<br />

RS0040045).<br />

(d) Ein solcher Fall liegt hier vor: Für den Standpunkt der<br />

Lebensgefährtin sprechen eine Auskunft des BMJ und<br />

eine – freilich aus 1982 stammende – Belegstelle in einem<br />

deutschsprachigen Sammelwerk (Ferid/Firsching,<br />

Internationales Erbrecht, Länderabschnitt Australien;<br />

Grundzüge C Rz 42), für jenen des Verwalters ein von<br />

ihm vorgelegtes Privatgutachten eines auch in Australien<br />

zugelassenen Anwalts. Unter diesen Umständen kann die<br />

tatsächliche Rechtslage in Australien (Victoria) nur durch<br />

Einholung eines Gutachtens oder – allenfalls – einer Stellungnahme<br />

des dort für Erbrechtssachen zust Gerichts<br />

geklärt werden. Aus diesen Gründen sind die E der Vor-<br />

Inst aufzuheben, und dem ErstG ist die neuerl E nach<br />

VerfErgänzung aufzutragen.<br />

NZ 2011/114<br />

§ 1024 ABGB; § 26 Abs 1 KO/IO – Erlöschen von<br />

Treuhandaufträgen des Gemeinschuldners mit Konkurseröffnung<br />

nur im Zweipersonenverhältnis<br />

1. Gem § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 KO/IO erlöschen<br />

Treuhandaufträge ebenso wie vom späteren Gemeinschuldner<br />

erteilte Anweisungen durch die Konkurseröffnung;<br />

dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur<br />

im zweipersonalen Verhältnis, hingegen hat die Konkurseröffnung<br />

über einen Treugeber einer mehrseitigen<br />

Treuhand auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses<br />

keinen Einfluss.<br />

2. Der Zweck von § 26 KO/IO und § 1024 ABGB liegt<br />

nur darin, eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders)<br />

zu verhindern, die zu neuen Ansprüchen gegen<br />

die Masse führt; das ist bei Durchführung eines schon<br />

vorher geschlossenen Vertrags nicht der Fall.<br />

OGH 11. 5. 2011, 3 Ob 62/11 f (OLG Wien 11. 1. 2011, 3 R 95/10 b;<br />

HG Wien 29. 7. 2010, 24 Cg 56/08 f)<br />

Die bekl Bank gewährte der späteren GS (Konkurseröffnung<br />

am 23. 10. 2007) am 27. 11. 2006 einen Kredit<br />

von E 220.000,–, zu dessen Besicherung die Einverleibung<br />

einer Höchstbetragshypothek über E 286.000,–<br />

auf der von der GS gekauften Liegenschaft vereinbart<br />

war. Das auf einem Teil der Liegenschaft errichtete Haus<br />

sollte von der GS renoviert und anschl weiterveräußert<br />

werden. Die Abwicklung erfolgte über einen RA als Treuhänder.<br />

343


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

Am 13. 3. 2007 vereinbarte die GS mit der Bekl eine<br />

Kreditaufstockung um E 100.000,–, für die eine weitere<br />

Höchstbetragshypothek von E 130.000,– zugunsten<br />

der Bekl einverleibt werden sollte. Der schon vorher bestellte<br />

Treuhänder sollte auch die Verbücherung der weiteren<br />

Höchstbetragshypothek vornehmen.<br />

Am 16. 4. 2007 vereinbarten die GS und die Bekl eine<br />

weitere Kreditaufstockung um E 30.000,–; die bislang<br />

vereinbarten Hypotheken sollten zur Sicherung auch dieser<br />

zweiten Aufstockung dienen. Beide erwähnten<br />

Höchstbetragshypotheken waren Gegenstand unterfertigter<br />

Pfandbestellungsurkunden; der Treuhänder stellte<br />

auch darauf bezugnehmende Treuhanderklärungen aus.<br />

Den ersten Teilbetrag des Kredits (E 220.000,–) überwies<br />

die Bekl an den Treuhänder, die weiteren Auszahlungen,<br />

die letzte am 25. 5. 2007 in Höhe von<br />

E 29.440,–, erfolgten direkt an die spätere GS. Am<br />

28. 9. 2007 verkaufte die GS die Liegenschaft nach Renovierung<br />

des darauf befindlichen Hauses. Die Käufer<br />

bestellten einen weiteren RA als Treuhänder für die Abwicklung<br />

des Kaufvertrags, der es übernahm, den (größten<br />

Teil, E 358.000,–, des) Kaufpreis(es) nach Einverleibung<br />

des Eigentumsrechts zugunsten der Käufer auf<br />

das Kreditkonto der späteren GS bei der Bekl zu überweisen.<br />

Zu einer Einverleibung des Eigentumsrechts<br />

des GS und der beiden Höchstbetragshypotheken kam<br />

es wegen der Weiterveräußerung der Liegenschaft nicht.<br />

Am 5. 11. 2007, 13 Tage nach Konkurseröffnung, überwies<br />

der zweite Treuhänder E 357.035,88 (vereinbarter<br />

Kaufpreis) auf das Kreditkonto der GS bei der Bekl. Damit<br />

war die Kreditschuld der GS abgedeckt.<br />

Der Kl begehrte die Zahlung von E 31.000,– sA. Die<br />

Bekl sei in diesem Umfang ungerechtfertigt bereichert.<br />

Für das im Rahmen der zweiten Kreditaufstockung gewährte<br />

Darlehen sei keine hypothekarische Sicherstellung<br />

und auch keine treuhändige Abwicklung vereinbart<br />

worden. Die Bekl habe somit E 29.440,– erhalten, ohne<br />

dass dafür eine Sicherstellung vor Konkurseröffnung vorgesehen<br />

gewesen sei. Einen Aussonderungsanspruch<br />

habe sie nicht geltend gemacht. Mangels Eintragung<br />

ins GB habe die Bekl auch kein Pfandrecht erworben.<br />

Sollte ihr ein Absonderungsanspruch zukommen, habe<br />

sie diesen im Konkursverfahren anzumelden und den<br />

Klagebetrag herauszugeben. E 1.560,– seien anteilig<br />

abgereifte Zinsen. Der Kl fechte auch das „durch Zuzählung<br />

am 25. Mai 2007“ zustandegekommene Geschäft<br />

über E 30.000,– an. Dieser Vertrag sei ein für die übrigen<br />

Konkursgläubiger nachteiliges Rechtsgeschäft gewesen,<br />

bei dem der Bekl die damals bereits bestehende<br />

Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung bekannt gewesen<br />

sei oder bekannt habe sein müssen. Hätte die Bekl<br />

das Darlehen nicht gewährt, wäre das KonkursVerf früher<br />

eröffnet worden und hätten die übrigen Konkursgläubiger<br />

einen entspr geringeren Ausfall erlitten. Eine<br />

allfällige Sicherstellungs- oder Zahlungsvereinbarung<br />

sei von der GS in der Absicht vorgenommen worden,<br />

die Bekl vor den anderen Gläubigern zu befriedigen,<br />

was der Bekl zumindest hätte bekannt sein müssen.<br />

Der GS sei im Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrags<br />

mit den späteren Käufern bereits ein Konkursantrag<br />

bekannt gewesen. Die Sicherstellung oder Befriedigung<br />

der Bekl sei überdies inkongruent.<br />

Die Bekl wendete ein, sämtliche Sicherheiten seien zugunsten<br />

der gesamten, auch künftig aushaftenden Kreditsumme<br />

vereinbart worden. Wie in der Praxis üblich,<br />

sei die Weiterveräußerung der Liegenschaft nach Renovierung<br />

ohne Vollzug der bücherl Eintragungen, allerdings<br />

unter Aufrechterhaltung der Treuhandabrede erfolgt.<br />

Der für die Einverleibung des Eigentumsrechts<br />

und der genannten Pfandrechte persönlich haftende<br />

Treuhänder sei stets im Besitz der zur Verbücherung notwendigen<br />

Originalurkunden und aufgrund des mehrseitigen<br />

Treuhandverhältnisses verpflichtet gewesen, über<br />

diese nur entspr dem auf Verbücherung des Eigentumsrechts<br />

und der Pfandurkunden gerichteten Treuhandauftrag<br />

zu verfügen. Für den Fall des Unterbleibens dieser<br />

Maßnahmen habe der Treuhänder dafür sorgen müssen,<br />

dass iFd Veräußerung der Liegenschaft der Kaufpreis zur<br />

Lastenfreistellung und Abdeckung der aushaftenden Forderungen<br />

der Bekl verwendet werde. Der erste Treuhänder<br />

habe die Originalurkunden niemals aus der Hand gegeben,<br />

den Kaufpreis nach Erhalt vom Vertragserrichter<br />

(zweiter Treuhänder) an die Bekl überwiesen und die Originalpfandbestellungsurkunden<br />

zurückgestellt. Auch der<br />

Kl müsse das mehrseitige Treuhandverhältnis, aufgrund<br />

dessen die Auszahlung des Kaufpreises erfolgt sei, gegen<br />

sich gelten lassen. Dieses wäre der Einverleibung lastenfreien<br />

Eigentums zugunsten der GS entgegengestanden.<br />

Die Bekl wäre idF zur Lastenfreistellung nur<br />

Zug-um-Zug gegen Abdeckung der bei ihr begründeten<br />

Verbindlichkeiten verpflichtet gewesen. Die gewählte<br />

Abwicklungsform sei daher konkursfest und anfechtungsrechtl<br />

unbedenkl. Der Befriedigungsfonds für die<br />

Gläubiger habe sich durch die Kreditgewährung gegen<br />

Einräumung von Sicherheiten nicht verringert. Die Kreditierung<br />

sei auf Basis eines Zug-um-Zug-Geschäfts und im<br />

Übrigen außerhalb der Sechsmonatsfrist des § 31 Abs 4<br />

KO erfolgt. Die Aufstockungsvereinbarung sei nicht erst<br />

durch die Zuzählung des Darlehensbetrags, sondern mit<br />

ihrer Unterfertigung zustandegekommen. Die Anfechtung<br />

der Befriedigung aus dem Kaufpreiserlös sei nicht<br />

befriedigungstaugl, weil die Bekl damit ihr Zurückbehaltungsrecht<br />

an den Originalurkunden aufgegeben und es<br />

damit der GS ermöglicht habe, über das Kaufobjekt zu<br />

verfügen. Wäre die Weiterveräußerung des GSt vor Konkurseröffnung<br />

unterblieben, hätte der erste Treuhänder<br />

auch nach Konkurseröffnung in Erfüllung seiner mehrseitigen<br />

Treuhandverpflichtung das Eigentumsrecht für die<br />

GS samt Hypotheken einverleiben können und müssen.<br />

Daraus wäre aber für die Konkursmasse nichts zu gewinnen.<br />

Da der Aufstockungsbetrag zur Fertigstellung der<br />

Renovierungsarbeiten gewährt worden sei, liege kein<br />

nachteiliges Rechtsgeschäft vor. Eine bevorstehende In-<br />

344


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

solvenzsituation hätte die Bekl weder erkennen können<br />

noch müssen, weil sie eine rein projektbezogene Finanzierung<br />

durchgeführt habe.<br />

Das ErstG gab dem Klagebegehren im Umfang von<br />

E 29.440,– statt. Bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />

seien zwar als Sicherheit auch die zwei Höchstbetragshypotheken<br />

vereinbart worden, eine Eintragung<br />

im GB sei aber nicht erfolgt. Da bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />

auch keine Treuhandabwicklung<br />

vereinbart worden sei, sei diese Auszahlung nicht<br />

konkursfest. Die Bekl habe daher die nach Konkurseröffnung<br />

eingegangenen E 29.440,– sA herauszugeben, sie<br />

könne diesen Betrag nur als Konkursforderung anmelden.<br />

Das BerG wies über Ber der Bekl die Klage zur Gänze ab.<br />

Es sprach aus, dass die oRev zulässig sei, weil es sich bei<br />

der hier zu beurteilenden Finanzierungs- und Treuhandkonstruktion<br />

um eine häufige Praxis handle, deren Konkurs-<br />

und Anfechtungsfestigkeit der OGH bisher noch<br />

nicht zu beurteilen gehabt habe. Die Bekl habe den strittigen<br />

Betrag nicht für eine ungesicherte Konkursforderung<br />

erhalten, es stehe vielmehr fest, dass der gesamte<br />

der GS von der Bekl eingeräumte Kredit, daher auch<br />

die streitgegenständl Kreditaufstockung, (ua) durch zwei<br />

Höchstbetragshypotheken bis zum Gesamtbetrag von<br />

E 416.000,– gesichert werden sollte, die GS zwei sich darauf<br />

beziehende Pfandurkunden unterfertigt habe und<br />

der Treuhänder die persönliche Haftung für die Einverleibung<br />

dieser Höchstbetragshypotheken gegenüber der<br />

Bekl übernommen habe. Die GS habe durch die unwiderrufl<br />

Einschaltung des Treuhänders keine Möglichkeit<br />

mehr gehabt, ohne gleichzeitige Belastung mit der<br />

Höchstbetragshypothek Eigentümerin der Liegenschaft<br />

zu werden. Die Überweisung des Kaufpreises sei nicht<br />

als Rechtshandlung der GS anzusehen, weil mit der Konkurseröffnung<br />

jede von der GS erteilte Vollmacht erloschen<br />

sei. Eine Anfechtung der Überweisung und Darlehenstilgung<br />

nach §§ 28 ff KO scheide aus, weil diese<br />

nach Konkurseröffnung vorgenommen worden seien.<br />

Die Anfechtung der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />

scheitere an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung.<br />

Die Masse hätte niemals lastenfreies Eigentum erwerben<br />

können. Die pauschale Behauptung, das KonkursVerf<br />

wäre bei Unterbleiben der Kreditaufstockung früher eröffnet<br />

worden, der Gläubigerausfall wäre entspr geringer<br />

gewesen, habe der Kl nicht ausreichend substantiiert. Mit<br />

seinem Vorbringen zu einem denkbaren lastenfreien Erwerb<br />

verstoße der Kl überdies gegen das im BerVerf geltende<br />

Neuerungsverbot.<br />

Die Rev des Kl, mit der er die Klagestattgebung anstrebt,<br />

ist entgegen dem den OGH nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch<br />

des BerG nicht zulässig.<br />

Der Umstand alleine, dass die zu lösenden Fragen in<br />

einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit<br />

iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042816).<br />

Dass eine Rsp des OGH zu einem vergleichbaren Sachverhalt<br />

fehlt, bedeutet keineswegs, dass die E von der<br />

Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebl Rechtsfrage<br />

des materiellen Rechts oder des VerfRechts abhängt. Besonderheiten<br />

der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende,<br />

die Rechtsentwicklung vorantreibende<br />

und für zukünftige E nutzbringende Rsp des OGH sogar<br />

eher aus (RIS-Justiz RS0102181).<br />

Der RevWerber steht auf dem Standpunkt, mangels Eintragung<br />

der Pfandrechte hätte die Zahlung des Kaufpreises<br />

nach Konkurseröffnung nur an ihn als MV erfolgen<br />

dürfen (§ 3 Abs 2 KO). Die Treuhandabwicklung<br />

wäre keine Sicherheit; die Treuhandabreden seien infolge<br />

Konkurseröffnung über das Vermögen der GS erloschen.<br />

Gem § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 KO/IO erlöschen<br />

Treuhandaufträge ebenso wie vom späteren GS erteilte<br />

Anweisungen durch die Konkurseröffnung (RIS-Justiz<br />

RS0019970). Dies gilt nach der Rsp aber nur im zweipersonalen<br />

Verhältnis, hingegen hat die Eröffnung des Konkurses<br />

über einen Treugeber einer mehrseitigen Treuhand<br />

auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses<br />

keinen Einfluss (3 Ob 520/94 SZ 67/48 ua; RIS-<br />

Justiz RS0016151). Der MV ist im Konkurs einer der beiden<br />

Vertragsparteien an den Treuhandabwicklungsmodus<br />

dann gebunden, wenn entweder – wie in diesem<br />

Fall – infolge beiderseitiger Erfüllung (des Liegenschaftsverkaufs<br />

der GS) kein Rücktrittsrecht gem § 21<br />

KO mehr besteht oder sich der MV für die Vertragserfüllung<br />

entscheidet (4 Ob 2119/96 p SZ 69/117 ua; RIS-<br />

Justiz RS0102659). Die gesamte Abwicklung (keine Verbücherung<br />

des Eigentums der späteren GS und der Hypotheken<br />

zugunsten der Bekl) erfolgte in allseitigem<br />

Einverständnis (GS, Bekl, Treuhänder und Käufer) in einem<br />

(so abgeänderten) Treuhandverhältnis, welches<br />

die der bücherl Hypothekenbegründung gleichwertige<br />

Sicherheit der Zug-um-Zug-Abwicklung herstellte. Der<br />

Zweck von § 26 KO und § 1024 ABGB liegt nur darin,<br />

eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders) zu verhindern,<br />

die zu neuen Ansprüchen gegen die Masse führt;<br />

das ist bei bloßer Durchführung eines schon vorher geschlossenen<br />

Vertrags nicht der Fall (4 Ob 163/06 h<br />

mwN).<br />

Mangels Aufzeigens einer erhebl Rechtsfrage nach § 502<br />

Abs 1 ZPO ist die Rev des Kl zurückzuweisen.<br />

NZ 2011/115<br />

§§ 9, 14, 20 K-GVG; § 94 GBG – Nach K-GVG ist<br />

grundsätzlich mit dem Grundbuchsgesuch der<br />

rechtskräftige Bewilligungsbescheid vorzulegen, ein<br />

Bestätigungsvermerk der Behörde ist nur in den<br />

Fällen der §§ 9 und 14 K-GVG vorgesehen<br />

1. § 20 Abs 1 lit a K-GVG lässt für die Bewilligung eines<br />

Grundbuchsgesuchs nicht alternativ die Vorlage eines<br />

Bescheides oder einer Bestätigung zu.<br />

345


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

2. Das Grundbuchsgericht darf eine bücherliche Eintragung<br />

nur bewilligen, wenn die Urkunden auch in<br />

der den landesgesetzlichen Bestimmungen über den<br />

Grundverkehr entsprechenden Form vorgelegt werden.<br />

OGH 26. 5. 2011, 5 Ob 89/11 s (LG Klagenfurt 30. 3. 2011, 3 R<br />

14/11 k; BG Spittal/Drau 2. 1. 2011, TZ 6006/10)<br />

Der ZweitASt ist Eigentümer der Liegenschaften EZ 170<br />

GB A. bestehend aus dem GSt 576/25 und der EZ 210<br />

GB A., zu der ua die GSt 501 und 505 gehören.<br />

Mit Schenkungsvertrag v 29. 4. 2010 hat der ZweitASt<br />

die Liegenschaft EZ 170 GB A. sowie aus der Liegenschaft<br />

EZ 210 GB A. die GSt 501 und 505 der ErstASt geschenkt.<br />

Auf dem Schenkungsvertrag ist in Stampiglienform eine<br />

Bestätigung der BH Spittal/Drau als GVKommission angebracht,<br />

wonach dieser Vertrag nach § 8 des Kärntner<br />

GVG 2002 (iF kurz K-GVG) mit rk B v 23. 6. 2010 zur Zl<br />

SP 20-GV-17042/2010/006/2010 genehmigt wurde.<br />

Mit dem verfeinleitenden GBGesuch begehrten die ASt<br />

aufgrund des vorgelegten Schenkungsvertrags<br />

1. ob der Liegenschaft EZ 170 GB A. die Einverleibung<br />

des Eigentumsrechts für die ErstASt und die Einverleibung<br />

eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zu<br />

Gunsten Walter F. und Edith F. sowie<br />

2. ob der Liegenschaft EZ 210 GB A. die Abschreibung<br />

der GSt 501 und 505 von dieser Liegenschaft, Eröffnung<br />

einer neuen GBEinlage hiefür, die Einverleibung des Eigentumsrechts<br />

darauf für die ErstASt sowie die Einverleibung<br />

des Belastungs- und Veräußerungsverbots zu<br />

Gunsten Walter F. und Edith F.<br />

Nachdem das ErstG den ASt iSd § 82 a GBG eine Verbesserung<br />

des Gesuchs durch Beibringung des in der Stampiglie<br />

angeführten B der GVBehörde aufgetragen hatte,<br />

innerhalb der gesetzten Frist und trotz Hinweises darauf,<br />

dass eine Nichterfüllung dieses Auftrags zur Antragsabweisung<br />

führen werde, idF diesem Auftrag jedoch nicht<br />

entsprochen wurde, wies es das gesamte Begehren der<br />

ASt ab. Gem § 20 Abs 1 K-GVG seien Eintragungen in<br />

das GB nur zulässig, wenn entweder die Zustimmung<br />

der GVBehörde zum Rechtserwerb vorliege oder eine<br />

Bestätigung, dass das Rechtsgeschäft nicht den Bestimmungen<br />

dieses Gesetzes unterliege oder von der Genehmigungspflicht<br />

nach diesem Gesetz ausgenommen sei.<br />

Demnach erf verwaltungsbeh GenehmigungsB müssten<br />

mit dem GBAntrag vorgelegt werden. Eine in Stampiglienform<br />

angebrachte Bestätigung genüge dem Erfordernis<br />

nicht. Schließl könnte die GVBehörde ihre Genehmigung<br />

ja auch unter gewissen Auflagen erteilt oder von<br />

der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht<br />

haben.<br />

Dem dagegen von den ASt erhobenen Rek gab das Gericht<br />

II. Inst nicht Folge.<br />

Es teilte die Rechtsansicht des ErstG, dass das GBGesuch<br />

der ASt nach § 94 GBG iVm § 20 K-GVG nicht genehmigt<br />

werden durfte. § 20 Abs 1 lit a K-GVG bestimme die Vorlage<br />

des rk GenehmigungsB mit dem GBGesuch, damit<br />

das GBGericht das entspr Gesuch bewilligen könne. Ein<br />

Bestätigungsvermerk der Beh sei im K-GVG nicht generell<br />

vorgesehen, sondern nur in den Fällen der §§ 9 und<br />

14 K-GVG. Nur diesfalls könne er als Eintragungsgrundlage<br />

dienen. Eine von den GBGerichten geübte gegenteilige<br />

Praxis vermöge an diesem gesetzl Erfordernis<br />

nichts zu ändern.<br />

Nach Erfüllung seiner Verpflichtung, nach § 82 a GBG<br />

den ASt die Möglichkeit einer Verbesserung durch Vorlage<br />

dieses B einzuräumen, habe daher das ErstG zu<br />

Recht das GBGesuch abgewiesen.<br />

Das RekG erklärte den RevRek gegen seine E für zulässig,<br />

weil hg Rsp insb zu § 20 Abs 1 lit a K-GVG dahin fehle,<br />

ob generell Bestätigungsvermerke die Vorlage eines rk<br />

B ersetzen könnten.<br />

Gegen diesen B richtet sich der RevRek der ASt mit dem<br />

Antrag auf Abänderung der E der Vorinst iSe Bewilligung<br />

des GBGesuchs.<br />

Der RevRek erweist sich aus den vom RekG bezeichneten<br />

Gründen als zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.<br />

Zusammengefasst hält der RevRek der ASt die rechtl Beurteilung<br />

der angef E deshalb für unrichtig, weil § 20<br />

Abs 1 lit a K-GVG grundsätzl beide Varianten zulasse,<br />

näml die der Vorlage des rk B und die einer bloßen Bestätigung<br />

darüber. Weiters sei das GBGericht an die Bestätigung<br />

der Verwaltungsbeh gebunden und habe keine<br />

Prüfung der Richtigkeit einer solchen Bestätigung vorzunehmen.<br />

Überdies handle es sich um eine öff Urkunde<br />

iSd § 292 Abs 2 ZPO, bei der nur der Beweis mögl sei,<br />

dass der bezeugte bzw beurkundete Vorgang unrichtig<br />

sei. Dazu sei auszuführen, dass für die G nur ein absolut<br />

nichtiger Verwaltungsakt ohne Bindungswirkung sei. Davon<br />

könne keine Rede sein. Selbst wenn die Ausstellung<br />

einer Bestätigung nur in bestimmten Fällen zulässig sei,<br />

mache dies den Bestätigungsvermerk nicht nichtig.<br />

Dazu hat der OGH erwogen:<br />

Zunächst trifft es nicht zu, dass der die Zulässigkeit einer<br />

Eintragung eines nach dem K-GVG genehmigungspflichtigen<br />

Rechtserwerbs regelnde § 20 K-GVG in seinem<br />

Abs 1 lit a für die Bewilligung eines GBGesuchs alternativ<br />

die Vorlage eines B oder einer Bestätigung zuließe.<br />

§ 20 Abs 1 lit a K-GVG lautet:<br />

„Ein nach diesem Gesetz genehmigungspflichtiger<br />

Rechtserwerb (§ 8 Abs 1, § 13 Abs 1) an einem Grundstück<br />

darf im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn<br />

dem Grundbuchsgesuch angeschlossen ist:<br />

a) der rechtskräftige Genehmigungsbescheid oder eine<br />

Bestätigung (§ 9 Abs 3, § 14 Abs 3) . . .“<br />

346


NZ 11/2011<br />

Rechtsprechung<br />

NOTAR.AT<br />

Damit ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung eindeutig,<br />

dass eine „Bestätigung“ nur in den bes Fällen<br />

des § 9 Abs 3 und § 14 Abs 3 K-GVG vorgesehen ist.<br />

Es sind dies Fälle, in denen die Genehmigung von<br />

Rechtsgeschäften (auch) vor Abschluss des Rechtsgeschäfts<br />

beantragt werden kann und nach Abschluss des<br />

Rechtsgeschäfts die Bezirksverwaltungsbeh auf den Vertragsurkunden<br />

zu bestätigen hat, dass das Rechtsgeschäft<br />

genehmigt ist. Diese Besonderheit betrifft im ersten<br />

Fall Genehmigungen im land- oder forstwirtschaftl<br />

GV, im zweiten Fall Rechtsgeschäfte, die nach den Vorschriften<br />

über den AusländerGV genehmigungspflichtig<br />

sind. In beiden Fällen wurde also eine Genehmigung<br />

vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilt, sodass die Bestätigung<br />

auf der Vertragsurkunde zum Inhalt hat, dass<br />

das konkrete Rechtsgeschäft (bereits) genehmigt ist, im<br />

Ergebnis also eine Prüfung der Identität der vorgelegten<br />

Urkunden mit den vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilten<br />

Genehmigungen. IdF kommt es denknotwendigerweise<br />

nicht zu einer (neuerl) Genehmigung in Form eines<br />

B. Eine derartige Bestätigung wurde hier nicht beigebracht.<br />

Entgegen der Ansicht der RevRekWerber besteht<br />

also weder eine alternativ zu wählende Möglichkeit, entweder<br />

einen B vorzulegen oder eine Bestätigung zu erbringen,<br />

noch ist das für den hier vorl Fall von Bedeutung.<br />

Nach § 94 Abs 1 Z 4 GBG hat das GBGericht das Ansuchen<br />

und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen<br />

und darf eine grundbücherl Eintragung nur<br />

dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt<br />

der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und<br />

die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung<br />

einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderl<br />

ist.<br />

Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ermächtigt die Länder, Regelungen<br />

zur Beschränkung des Grundstückverkehrs für Ausländer<br />

(AusländerGV) und des Verkehrs mit bebauten<br />

oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken („grauer<br />

Grundverkehr“) zu treffen. Gem Art VII der B-VG-Nov<br />

1974 BGBl 1974/444 sind Regelungen, durch die der Verkehr<br />

mit land- und forstwirtschaftl GSt („grüner Grundverkehr“)<br />

im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder<br />

Schaffung eines lebensfähigen Bauernstands verwaltungsbehördl<br />

Beschränkungen unterworfen ist, ebenfalls<br />

der Landesgesetzgebung unterworfen (vgl Kodek,<br />

Grundbuchsrecht Rz 128 zu § 94 GBG).<br />

Soweit nach den GVG die GVBeh auf Antrag einer Vertragspartei<br />

mit B festzustellen hat, ob ein Rechtserwerb<br />

der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht oder ob<br />

Ausnahmen von der Genehmigungspflicht eine Negativbestätigung<br />

erfordern, wird die Frage, ob ein GSt den<br />

Verkehrsbeschränkungen unterliegt, allein der GVBeh<br />

vorbehalten und der E des GBGerichts entzogen (RIS-<br />

Justiz RS0060508). Macht das landesgesetzl GVRecht<br />

die Zulässigkeit einer Eintragung durch das GBGericht<br />

von der Vorlage bestimmter Urkunden, wie hier eines<br />

GenehmigungsB, abhängig, darf das GBGericht ohne<br />

Vorlage dieser Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen<br />

Rechtserwerbs nicht bewilligen (vgl<br />

5 Ob 9/96 NZ 1997, 65/376; 5 Ob 2107/96 f NZ 1997,<br />

132/381; 5 Ob 2347/96 z NZ 1997, 196/386). Wird eine<br />

nach den GVG als Voraussetzung für die Bewilligung<br />

des GBGesuchs bezeichnete Urkunde vorgelegt, scheidet<br />

eine Überprüfung eines B auf seine Gesetzmäßigkeit<br />

aus. Es besteht eine Bindung des GBGerichts an den<br />

Umfang der grundverkehrsbeh Bewilligung (ausführlich<br />

Kodek, aaO Rz 116 mwN).<br />

Dem hier vorgelegten Bestätigungsvermerk kommt<br />

daher keine Bescheideigenschaft iSd § 20 Abs 1 lit a<br />

K-GVG zu. Als Amtsbestätigung wäre sie nur geeignet,<br />

wenn sie eine genaue Angabe der Liegenschaft enthielte,<br />

auf der die Einverleibung erfolgen sollte, oder,<br />

weil sie auf eine weitere Urkunde Bezug nimmt (hier<br />

der B nach § 20 Abs 1 lit a K-GVG), diese in grundbuchsfähiger<br />

Form gleichzeitig vorgelegt würde (vgl 5 Ob 227/<br />

08 f NZ 2009, 253 AGS 737 [Hoyer]).<br />

Das GBGericht darf also eine grundbücherl Eintragung<br />

nur bewilligen, wenn die Urkunden auch in der den landesgesetzl<br />

Bestimmungen über den GV entspr Form vorgelegt<br />

werden (5 Ob 158/03 a SZ 2003/101; zu § 20<br />

Abs 1 K-GVG: 5 Ob 68/08 y).<br />

Es war daher die E des RekG zu bestätigen.<br />

NZ 2011/116<br />

§ 480 ABGB; § 6 BauRG – Keine unmittelbare Begründung<br />

einer Eigentümerservitut<br />

1. Die Begründung einer Dienstbarkeit zugunsten und<br />

zulasten des Baurechtsberechtigten ist grundsätzlich<br />

zulässig. Insoweit ist seine Rechtsstellung mit der des<br />

Grundeigentümers vergleichbar.<br />

2. Die Begründung einer Dienstbarkeit zulasten bzw<br />

zugunsten eines Bauberechtigten, wobei herrschendes<br />

und dienendes Gut jeweils die diesem gehörige<br />

Nachbarliegenschaft sein soll, ist einer Eigentümerservitut<br />

gleichzuhalten.<br />

3. Das direkte Begründen einer Eigentümerservitut<br />

sieht das österreichische Sachenrecht nicht vor.<br />

4. Allenfalls als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen<br />

zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache<br />

der Rechtsprechung.<br />

OGH 9. 2. 2011, 5 Ob 6/11 k (LGZ Wien 15. 11. 2010, 47 R 495/<br />

10 p)<br />

Aus den Entscheidungsgründen:<br />

Die ASt ist Eigentümerin der EZ 3594 und Baurechtseigentümerin<br />

der EZ 5933 jeweils GB A. und errichtete<br />

auf diesen Liegenschaften eine Wohnhausanlage, die<br />

eine architektonische Einheit darstellt. Unter Vorlage<br />

des (mit ihr selbst abgeschlossenen) Vertrags vom<br />

347


NOTAR.AT<br />

Rechtsprechung<br />

NZ 11/2011<br />

2. 2. 2010 beantragte sie die Einverleibung von Grunddienstbarkeiten<br />

zugunsten der in ihrem Eigentum bzw<br />

Baurechtseigentum stehenden Liegenschaften, wobei<br />

die jeweils andere Liegenschaft belastet sein sollte.<br />

Das ErstG wies diesen Antrag mangels Zulässigkeit der<br />

Begründung von Eigentümerdienstbarkeiten ab. Das<br />

RekG bestätigte diese E und sprach aus, dass der oRev-<br />

Rek nicht zulässig sei.<br />

Die ASt zeigt in ihrem ao RM keine Rechtsfragen von erhebl<br />

Bedeutung auf:<br />

1. Dem Baurechtsberechtigten stehen nach § 6 Abs 2<br />

BauRG am Bauwerk die Rechte des Eigentümers zu.<br />

Die Begründung von Dienstbarkeiten zugunsten und zulasten<br />

des Baurechtsberechtigten ist daher grundsätzl zulässig<br />

(RIS-Justiz RS0062285). Insoweit ist seine Rechtsstellung<br />

mit der des Grundeigentümers vergleichbar.<br />

Die Begründung einer Dienstbarkeit zulasten bzw zugunsten<br />

eines Baurechtsberechtigten, wobei herrschendes<br />

bzw dienendes Gut jeweils die diesem gehörige<br />

Nachbarliegenschaft sein soll, ist einer Eigentümerservitut<br />

gleichzuhalten. Eine solche sieht das österr Sachenrecht<br />

jedoch nicht vor. Sie kann daher auch nicht in das<br />

GB eingetragen werden (RIS-Justiz RS0122304).<br />

2. Der OGH hat in der E 5 Ob 118/07 z (SZ 2007/113 =<br />

EvBl 2007/165, 917 = NZ 2007/AGS 694 [Hoyer] = Zak<br />

2007/549, 314) und ihr nachfolgend in der E 5 Ob 157/<br />

08 m (immolex 2009/61 [Edelhauser] = Zak 2009/179,<br />

115 = ecolex 2009/014 = NZ 2009/AGS 734 [Hoyer])<br />

die Zulässigkeit einer Eigentümerservitut verneint und<br />

(zusammenfassend) ausgeführt, dass selbst eine (auch<br />

hier von der RMWerberin in den Vordergrund gerückte)<br />

wirtschaftl Sinnhaftigkeit an der dafür fehlenden gesetzl<br />

Grundlage nichts zu ändern vermag. Warum die in diesen<br />

E erörterten Grundsätze auf den vorl Fall nicht anwendbar<br />

sein sollen, vermag die RMWerberin nicht schlüssig<br />

darzulegen. Allein der Umstand, dass ein völlig gleichartiger<br />

Sachverhalt vom OGH noch nicht entschieden<br />

wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erhebl<br />

Rechtsfrage. Das gilt insb dann, wenn die für vergleichbare<br />

Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rsp auf<br />

den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne<br />

grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden<br />

(RIS-Justiz RS0107773 [insb T 3]; RS0102181 [T 12]).<br />

Der Verweis der ASt, sie entfalte als gemeinnützige Bauvereinigung<br />

eine dem Gemeinwohl dienende Aufgabe<br />

im Bereich des Wohnungs- und Siedlungswesens, ändert<br />

nichts daran, dass die VorInst die zur Eigentümerservitut<br />

entwickelten Grundsätze ohne Rechtsirrtum angewendet<br />

haben.<br />

3. Die Bestimmung des § 480 ABGB gibt vor, was als Titel<br />

für eine Servitut in Betracht kommt. Der Titel für eine Servitut<br />

kann demnach auf einem Vertrag, auf einer letztwilligen<br />

Erklärung, auf einem bei der Tilgung gemeinschaftl<br />

GSt erfolgten Rechtsspruch oder auf Verjährung<br />

beruhen.<br />

Jedenfalls dann, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes<br />

in seinem <strong>wirkliche</strong>n Verständnis keine offenbaren Wertungswidersprüche<br />

provoziert, mit dem bestehenden<br />

Wertungskonsens innerhalb der Rechtsgemeinschaft<br />

nicht unvereinbar ist und auch der „Natur der Sache“<br />

nicht zuwiderläuft, ist es nicht Aufgabe der Gerichte,<br />

durch weitherzige Interpretation rechtspolitische oder<br />

wirtschaftl Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber<br />

bisher (bewusst oder unbewusst) nicht veranlasst<br />

haben, Gesetzesänderungen vorzunehmen. Allenfalls<br />

als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen<br />

zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache der Rsp<br />

(RIS-Justiz RS0009099; 5 Ob 118/07 z). Unter diesem Aspekt<br />

bleibt für die Ansicht der ASt, die von ihr als Servitutsvertrag<br />

vorgelegte Urkunde sei als eine einer letztwilligen<br />

Erklärung oder Verfügung gleichzuhaltende Willenserklärung<br />

zu deuten und daher tauglicher Titel für<br />

eine Servitut, kein Raum; eine solche Urkundenauslegung<br />

ist dem GBGericht auch verwehrt (RIS-Justiz<br />

RS0060878).<br />

Der aoRevRek war damit zurückzuweisen.<br />

NZ 2011/117<br />

§156 ABGB – Antragsrücknahme bewirkt nicht<br />

Anspruchsverzicht im Abstammungsverfahren<br />

1. Im Abstammungsverfahren gibt es nur eine Antragsrücknahme<br />

ohne Anspruchsverzicht.<br />

2. Ein nur gegenüber der Ehegattin erklärter Verzicht<br />

auf ein Bestreitungsrecht könnte nicht gewertet werden.<br />

3. Für den Verlust des Bestreitungsrechts reicht auch<br />

ein Umstand, der den Willen erkennen lässt, dass der<br />

Ehemann der Mutter dem Kind dauernd die Stellung<br />

eines ehelichen Kindes geben wollte, nicht aus.<br />

OGH 27. 4. 2011, 5 Ob 11/11 w (LG Ried 15. 11. 2010, 6 R 320/10 s)<br />

1. Gem § 82 Abs 1 AußStrG iVm § 156 ABGB wird ein<br />

Verf zur Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann<br />

der Mutter nur auf Antrag eingeleitet. Nach § 11<br />

Abs 1 AußStrG sind Verf, die nur auf Antrag eingeleitet<br />

werden können, mit der Zurücknahme des Antrags beendet.<br />

(Nur) Soweit mit der Zurücknahme des Antrags auch<br />

wirksam auf den zugrunde liegenden Anspruch verzichtet<br />

wurde, kann er nicht neuerl geltend gemacht werden<br />

(§ 11 Abs 3 AußStrG).<br />

Es ergibt sich somit bereits aus dem Gesetz, dass eine<br />

ohne Anspruchsverzicht vorgenommene Antragsrückziehung<br />

keinen Verzicht auf den Anspruch und somit auch<br />

keinen Verbrauch des Ehelichkeitsbestreitungsrechts<br />

bewirkte; im Abstammungsverf gibt es nur eine Antragsrücknahme<br />

ohne Anspruchsverzicht (Fucik/Kloiber,<br />

AußStrG § 11 Rz 7 mwN).<br />

2. Die (Erst-)Antragsgegnerin hat im erstinst Verf vorgebracht,<br />

es habe eine einvernehml Abrede zwischen<br />

dem ASt und der Mutter zur Zeugung des Kindes mit einem<br />

anderen Mann bestanden. Dadurch habe der ASt<br />

348


NZ 11/2011<br />

Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />

NOTAR.AT<br />

sich schlüssig bereit erklärt, für den Unterhalt des Kindes<br />

zu sorgen sowie dadurch das Kind „unwiderruflich“ als<br />

ehel anerkannt.<br />

Diese Tatsachenbehauptungen wären auch iFi Erweislichkeit<br />

nicht geeignet, ein Ehelichkeitsbestreitungsrecht<br />

iSd § 156 ABGB des ASt, dessen Vaterschaft zur Antragsgegnerin<br />

– nunmehr unbestritten – mit Sicherheit ausgeschlossen<br />

ist, in Frage zu stellen.<br />

Als Verzicht auf ein Bestreitungsrecht könnte eine solche<br />

Vereinbarung, weil nur gegenüber der Ehegattin und<br />

nicht auch gegenüber dem Kind abgegeben, ohnedies<br />

nicht gewertet werden (2 Ob 144/51 SZ 24/66; 1 Ob<br />

1013/52 JBl 1953, 321; 2 Ob 322/00 t SZ 74/11 [auch unter<br />

Hinweis auf Art 8 EMRK]; RIS-Justiz RS0048218). Dass<br />

der ASt mit seinem Verhalten einen Vorgang in Lauf gesetzt<br />

hätte, der zur Geburt eines Kindes führte, könnte<br />

in Zusammenhang mit einem Versprechen an die Mutter,<br />

für den Unterhalt des Kindes zu sorgen, möglicherweise<br />

unterhaltsrechtl, keinesfalls aber abstammungsrechtl<br />

Wirkungen zeitigen (vgl 7 Ob 527/96 JBl 1996, 717<br />

[Bernat]; 7 Ob 212/97 w SZ 70/155). Für den Verlust<br />

des Bestreitungsrechts reicht auch ein Umstand, der<br />

den Willen erkennen lässt, dass der Ehemann dem Kind<br />

dauernd die Stellung eines ehel Kindes geben wolle,<br />

nicht aus (vgl 1 Ob 2189/96 k mwN EFSlg 81.095; 6 Ob<br />

6/04 g; RIS-Justiz RS0048217).<br />

3. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern eine<br />

Vereinbarung über einen Anfechtungsverzicht mit Nichtigkeit<br />

iSd § 879 ABGB behaftet wäre (vgl 2 Ob 322/<br />

00 t SZ 74/11; 2 Ob 74/10 m iFamZ 2011/57, 74: entgeltverknüpfte<br />

Vereinbarungen über Anfechtungsverzicht),<br />

kann daher unterbleiben.<br />

Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />

Bearbeitet von Johannes Andrae, Rechtspfleger beim Handelsgericht Wien<br />

GmbH<br />

G86<br />

§ 40 FBG; § 160 Abs 3 BAO<br />

Die Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit<br />

ist unzulässig, wenn sich das Finanzamt negativ zur beabsichtigten<br />

Löschung geäußert hat.<br />

OLG Wien 25. 8. 2011, 28 R 166/11 d und 167/11 a<br />

Die Fiktion der Zustimmung der gesetzlichen Interessenvertretung<br />

oder der Steuerbehörde nach § 40 Abs 2 FBG<br />

ist im Verhältnis zu § 160 Abs 3 BAO die speziellere (und<br />

auch zeitlich spätere) Norm, sie geht daher dieser Bestimmung<br />

vor. Im Falle der Nichtäußerung der Steuerbehörde<br />

ist daher eine UB nicht mehr erforderlich. Ein Fall<br />

der Zustimmungsfiktion nach § 40 Abs 2 FBG ist hier<br />

nicht gegeben, weil sich das Finanzamt über die Anfragen<br />

des Erstgerichtes, ob Bedenken gegen die Löschung<br />

bestünden, ablehnend unter Hinweis auf § 160 Abs 3<br />

BAO geäußert hat. Hat sich das Finanzamt jedoch ausdrücklich<br />

gegen die Löschung ausgesprochen, kann die<br />

genannte Zustimmungsfiktion nicht mehr Platz greifen;<br />

in diesem Fall setzt die Löschung das Vorliegen einer<br />

UB voraus (OLG Wien 28 R 125/07 v). Wegen der fehlenden<br />

UB nach § 160 Abs 3 BAO durfte das Erstgericht daher<br />

auch eine amtswegige Löschung der Gesellschaft<br />

wegen Vermögenslosigkeit nicht anordnen (vgl auch<br />

OLG Wien 28 R 50/00 d; OLG Wien NZ 1990, 285;<br />

OLG Graz EvBl 1986/181).<br />

Anmerkung:<br />

Das OLG Wien geht nicht auf die E OLG Wien 28 R 276/<br />

04 w, G 14, ein. Dort hat der Senat anders entschieden.<br />

ME ist der E aus 2004 zu folgen:<br />

Nach § 40 Abs 2 Satz 1 FBG ist die Steuerbehörde vor<br />

der Löschung zu hören, sofern sie nicht ohnehin ASt<br />

war. Diese Bestimmung wäre sinnlos, wenn immer<br />

§ 160 Abs 3 BAO zur Anwendung käme: Denn wozu<br />

sollte der Gesetzgeber eine Pflicht des Firmenbuchgerichtes<br />

festschreiben, das Finanzamt anzuhören, wenn<br />

ohnedies dessen Zustimmung vorliegen muss? Zutreffend<br />

ist, dass § 40 FBG Spezialnorm gegenüber § 160<br />

Abs 3 BAO ist: Der Steuerbehörde steht daher ein Anhörungsrecht<br />

zu, nicht jedoch ein Zustimmungsrecht.<br />

Aus den älteren Entscheidungen lässt sich außerdem<br />

nichts gewinnen (OLG Wien NZ 1990, 285): Nach § 2<br />

letzter Satz AmtsLG war nur die „amtliche Berufsvertretung“<br />

(jetzt: Wirtschaftskammer) zu hören. Damals war<br />

die Spezialnorm des § 40 FBG nicht in Kraft.<br />

G87<br />

§ 40 FBG; § 49 Abs 3 AußStrG<br />

Löschung wegen vermuteter Vermögenslosigkeit: Die<br />

Vorlage der fehlenden Jahresabschlüsse im Rekurs<br />

nützt nichts.<br />

OLG Wien 17. 6. 2011, 28 R 96/11 k<br />

Sachverhalt: Eine GmbH wird wegen Nichtvorlage von<br />

Jahresabschlüssen gelöscht. Mit dem Rek werden die<br />

fehlenden Jahresabschlüsse (2008, 2009) offengelegt.<br />

Unter Berufung auf OLG Innsbruck 3 R 19/06 b (siehe<br />

G 33) wird Rek gegen die Löschung der GmbH erhoben.<br />

Mit ihren Ausführungen, die nunmehr vorgelegten Jahresabschlüsse<br />

2008 und 2009 seien zu berücksichtigen,<br />

zielt die RekWerberin darauf ab, die auf § 40 Abs 1<br />

Satz 3 FBG beruhende Vermutung der Vermögenslosigkeit<br />

zu widerlegen.<br />

349


NOTAR.AT<br />

Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen NZ 11/2011<br />

Nun könnte man annehmen, dass in der mit dem Rek erfolgten<br />

Vorlage der Jahresabschlüsse selbst eine neue<br />

Tatsache (§ 49 Abs 3 AußStrG) geschaffen und vorgebracht<br />

wurde (so offenbar OLG Innsbruck, 3 R 19/06 b,<br />

NZ 2006, G 33 mit Anm Andrae). Allerdings ergibt sich<br />

aus § 18 FBG, dass neue Tatsachen dann nicht mehr berücksichtigt<br />

werden können, wenn die Gesellschaft zur<br />

Äußerung zu einer beabsichtigten Eintragung aufgefordert<br />

wurde, dieser aber – wie hier – nicht nachgekommen<br />

ist; in diesem Fall ist davon auszugehen, dass beabsichtigten<br />

Verfügungen keine Einwendungen entgegengesetzt<br />

werden. Der schon zu § 185 Abs 3 AußStrG 1854<br />

entwickelte Grundsatz, dass derjenige, der sich trotz Aufforderung<br />

des Gerichtes nicht äußert, im Rek keinen<br />

neuen Sachverhalt geltend machen kann (RIS-Justiz<br />

RS0006941), gilt nach der Rsp auch für die im Löschungsverfahren<br />

gem § 18 FBG ergehende Aufforderung, sich<br />

zur beabsichtigten Löschung zu äußern (6 Ob 183/<br />

01 g). Das Unterbleiben der Äußerung beseitigt dann<br />

zwar nicht das RekRecht, führt aber dazu, dass das versäumte<br />

Vorbringen – hier die Vorlage der Jahresabschlüsse<br />

– nicht in Form von Neuerungen im Rek nachgetragen<br />

werden kann (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer,<br />

FBG § 18 Rz 49). Dies kann vor dem Hintergrund<br />

des AußStrG 2003 nicht anders gelten (RIS-Justiz<br />

RS0006783 [T 4]; Fucik/Kloiber, AußStrG § 49 Rz 7) und<br />

steht im Ergebnis auch im Einklang mit der Ansicht von<br />

Nowotny (Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 40 Rz 97),<br />

der die Bestimmung des § 49 Abs 3 AußStrG 2003 für<br />

das Amtslöschungsverfahren gem § 40 FBG auf allgemeinen<br />

Erwägungen überhaupt für unpassend erachtet.<br />

Danach kann aber auch auf die nachträgliche Vorlage<br />

von Jahresabschlüssen nicht mehr Bedacht genommen<br />

werden, um die gesetzliche Vermutung der Vermögenslosigkeit<br />

zu widerlegen.<br />

Anmerkung:<br />

Das OLG Wien teilt also die Kritik zur E des OLG Innsbruck<br />

des Autors dieser Zeilen (G 33).<br />

G88<br />

§ 4 GmbHG<br />

Zum notwendigen Inhalt der Spezialvollmacht zur<br />

Gründung einer GmbH.<br />

OLG Wien 3. 8. 2010, 28 R 178/10 t<br />

Im vorl Fall fehlt in der Vollmacht an einen Gesellschafter<br />

von den im § 4 Abs 1 GmbHG aufgelisteten notwendigen<br />

Inhalten des Gesellschaftsvertrags lediglich die Auflistung<br />

der – abgesehen vom Vollmachtgeber – weiteren<br />

drei Gesellschafter und der von diesen jeweils auf das<br />

Stammkapital zu leistenden Einlage. Hingegen sind in<br />

der Vollmacht, übereinstimmend mit dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags,<br />

die Firma und der Sitz der Gesellschaft,<br />

der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe<br />

des Stammkapitals sowie die vom Vollmachtgeber übernommene<br />

Stammeinlage und der davon in bar einzuzahlende<br />

Anteil genannt. Die in der Vollmacht niedergelegten<br />

Angaben reichen damit nach den in der E 6 Ob 119/<br />

09 g aufgezeigten Grundsätzen für die Individualisierung<br />

des Gesellschaftsvertrags aus, zumal in der Vollmacht insbesondere<br />

die Firma und der Unternehmensgegenstand<br />

der Gesellschaft enthalten sind.<br />

G89<br />

§ 15 FBG<br />

Zum Umfang der Prüfpflicht des Gerichts bei der Eintragung<br />

eines Geschäftsführerwechsels. Eine relative<br />

Nichtigkeit hat das Firmenbuchgericht nicht zu beachten.<br />

OLG Wien 18. 10. 2010, 28 R 193/10 y<br />

Im konkreten Fall ist nicht eine Eintragung aufgrund eines<br />

anfechtbaren Gesellschafterbeschlusses zu beurteilen,<br />

sondern der umgekehrte Fall einer Ablehnung einer<br />

begehrten Eintragung. Das ErstG qualifizierte den zugrunde<br />

liegenden Gesellschafterbeschluss als nicht wirksam<br />

zustande gekommen, weil die Alleingesellschafterin<br />

dem Vertreter die Vollmacht noch vor Fassung des Gesellschafterbeschlusses<br />

wirksam widerrufen habe. Die<br />

ASt wandte dagegen ein, der Vollmachtswiderruf sei<br />

rechtsmissbräuchlich und deshalb wegen Sittenwidrigkeit<br />

unwirksam. Allerdings liegt in einem solchen Fall<br />

keine absolute, sondern bloß eine über Einrede geltend<br />

zu machende relative Nichtigkeit vor. Eine solche Nichtigkeit<br />

ist im Eintragungsverfahren auch nicht als Vorfrage<br />

zu prüfen. Vielmehr ist über den behaupteten<br />

rechtsmissbräuchlichen Widerruf der Vollmacht in einem<br />

Rechtsstreit zwischen Vollmachtgeber (Muttergesellschaft)<br />

und dem Vollmachtnehmer zu entscheiden.<br />

Zusammengefasst bildet der bewiesene Vollmachtswiderruf<br />

die Grundlage für die Zurückweisung des Eintragungsbegehrens,<br />

auch wenn in einem Rechtsstreit festgestellt<br />

werden könnte, dass dieser Vollmachtswiderruf<br />

wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist.<br />

G90<br />

§§ 10, 66 GmbHG<br />

Kaduzierungsverfahren: Zur Frage, wann die eingezahlte<br />

Stammeinlage den Geschäftsführern zur freien<br />

Verfügung steht.<br />

OLG Wien 28. 4. 2011, 28 R 285/10 b<br />

Der RekWerber bestreitet im RM nicht, dass in der Generalversammlung<br />

vom 10. 8. 2010 die Beschlussfassung<br />

auf Volleinzahlung der Stammeinlagen durch sämtliche<br />

Gesellschafter gem § 35 Abs 1 Z 2 GmbHG erfolgte.<br />

Da in Punkt 8 des Gesellschaftsvertrags für die Beschlussfassung<br />

in der Generalversammlung bestimmt<br />

wurde, dass, soweit Gesetz oder Gesellschaftsvertrag<br />

nichts Abweichendes bestimmen, die einfache Mehrheit<br />

der abgegebenen Stimmen genügt, kam dieser Beschluss<br />

trotz der Gegenstimme des RekWerbers rechtswirksam<br />

zustande. Der RekWerber bestreitet auch nicht<br />

350


NZ 11/2011<br />

Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />

NOTAR.AT<br />

den Zugang der Zahlungsaufforderung, der Nachfristsetzung<br />

und der Ausschlusserklärung des Geschäftsführers.<br />

Er steht jedoch auf dem Standpunkt, aufgrund der Einzahlung<br />

auf das Geschäftskonto bei der R-Bank seiner<br />

Einzahlungsverpflichtung entsprochen zu haben. Da sein<br />

Schreiben vom 1. 9. 2010 von der Gesellschaft unbeanstandet<br />

geblieben sei, habe der RekWerber von einem<br />

(zumindest konkludenten) Einverständnis mit der von<br />

ihm vorgeschlagenen Vorgangsweise ausgehen können,<br />

zumal durch die Überweisung auf das Geschäftskonto<br />

der Gesellschaft bei der R-Bank die Zahlung auch tatsächlich<br />

in die Sphäre der Gesellschaft gelangt sei.<br />

Dem ist zunächst zu entgegnen, dass nach § 863 ABGB<br />

an schlüssige Willenserklärungen ein strenger Maßstab<br />

anzulegen ist. Für den Empfänger darf kein vernünftiger<br />

Grund für Zweifel an einem Rechtsfolgewillen des Erklärenden<br />

in bestimmter Richtung bestehen. Da bloßes<br />

Schweigen auch andere Motive als das des Einverständnisses<br />

haben kann (beispielsweise dass der Vertragspartner<br />

sich für eine ablehnende Antwort nur nicht die Zeit<br />

nimmt), ist es, auch im kaufmännischen Verkehr, grundsätzlich<br />

nicht als Zustimmung zu werten (Bollenberger<br />

in KBB 3 § 863 ABGB Rz 6, 8 je mwN). Da im konkreten<br />

Fall sowohl in der Generalversammlung vom 10. 8.<br />

2010 als auch im Schreiben vom 13. 8. 2010 die Einzahlung<br />

der aushaftenden Stammeinlage jeweils auf ein anderes,<br />

bei der V-Bank eingerichtetes Konto der Gesellschaft<br />

gefordert worden war, durfte der RekWerber nach<br />

den dargelegten Grundsätzen das bloße Schweigen auf<br />

sein E-Mail vom 1. 9. 2010 noch nicht als Zustimmung<br />

zu seinem beabsichtigten Vorgehen werten.<br />

Dessen ungeachtet bestimmt § 10 Abs 2 GmbHG, dass<br />

der eingeforderte Betrag in gesetzlichen Zahlungsmitteln<br />

oder durch Gutschrift bei einem Kreditinstitut im Inland<br />

oder der österr Postsparkasse auf ein Konto der Gesellschaft<br />

oder der Geschäftsführer zu deren freien Verfügung<br />

eingezahlt werden muss. Unter dem Aspekt, dass<br />

im Gesellschaftsrecht, insbesondere im Fall eines beschränkten<br />

Haftungszugriffs, stets die Gläubigerinteressen<br />

zu wahren sind, muss nach den Wertungen des<br />

GmbH-Gesetzes die reale Aufbringung des Stammkapitals<br />

umfassend und zwingend gesichert sein. Über Bareinlagen<br />

können die Geschäftsführer nur dann frei verfügen,<br />

wenn die Leistung der Gesellschaft noch in Form<br />

von Bargeld oder einer Kontogutschrift zur Verfügung<br />

steht. Vorausgesetzt wird daher, dass der Geschäftsführer<br />

in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht,<br />

namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt<br />

ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar 3 §10<br />

Rz 16; Konwitschka, Kapitalerhöhung durch Verrechnung<br />

von Gesellschafterforderungen [1998] 352 f). Die Leistung<br />

auf ein debitorisches Bankkonto der Gesellschaft<br />

verstößt dann gegen das Gebot, die Einlagemittel zur<br />

freien Verfügung der Geschäftsführung zu leisten, wenn<br />

die Gesellschaft wegen gleichzeitiger Kündigung oder<br />

Rückführung des bisher eingeräumten Kreditrahmens<br />

auf den neuen Saldo keine Möglichkeit erhält, über die<br />

eingezahlten Mittel in entsprechender Höhe zu verfügen.<br />

Demnach muss der Gesellschaft im Ausmaß der Einlageleistung<br />

ein ausschöpfbarer Kreditrahmen zustehen,<br />

gleichgültig, ob dies durch Krediteinräumung auf dem<br />

Einzahlungskonto oder einem anderen Gesellschaftskonto<br />

verwirklicht wird. Demgegenüber reicht es nicht<br />

aus, wenn die Bank die Überschreitung des Kreditrahmens<br />

nur duldet (Koppensteiner/Rüffler, aaO Rz 18<br />

mwN).<br />

Selbst wenn daher die Zahlung des RekWerbers als Einlageschuldner<br />

an die R-Bank nicht eigenmächtig, sondern<br />

mit Zustimmung beziehungsweise selbst aufgrund einer<br />

wirksamen Anweisung der Gesellschaft (ihres Geschäftsführers)<br />

erfolgt wäre, würde seine Verbindlichkeit auf Einzahlung<br />

der restlichen Stammeinlage nur insoweit getilgt,<br />

als die Forderung des Gläubigers (hier der R-Bank),<br />

die er mit seiner Zahlung tilgte, unbedenklich, fällig und<br />

vollwertig gewesen wäre und die Gesellschaft durch die<br />

Aufrechnung eine vollwertige Leistung erhalten hätte.<br />

Vollwertig ist die Leistung nur dann, wenn das Gesellschaftsvermögen<br />

zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht,<br />

die Gesellschaft also nicht überschuldet oder zahlungsunfähig<br />

ist. Nur in einem solchen Fall kann davon<br />

ausgegangen werden, dass die Gesellschaft (durch ihre<br />

Anweisung) frei über die geleistete Einlage verfügt hat<br />

(RIS-Justiz RS0114802; RS0059967; 6 Ob 19/01 i SZ 74/<br />

28). Dass die Forderung des Gläubigers fällig und vollwertig<br />

sein muss, ergibt sich aus dem Gebot effektiver<br />

Kapitalaufbringung. Bei Fehlen dieser Voraussetzungen<br />

erhält die Gesellschaft nicht den vollen Gegenwert<br />

der Einlageforderung (Koppensteiner/Rüffler, aaO § 63<br />

Rz 19, 20 je mwN).<br />

Die Behauptungs- und Beweislast des Vollwertigkeitserfordernisses<br />

trägt stets der Einlageschuldner (6 Ob<br />

563/94 ua; RIS-Justiz RS0059967 [T 3]).<br />

Selbst wenn der RekWerber daher mit Zustimmung bzw<br />

auf Anweisung der Gesellschaft gehandelt hätte, lägen<br />

bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt die dargelegten<br />

Voraussetzungen nicht vor. Aus dem vom RekWerber<br />

mit dem RM vorgelegten E-Mail der R-Bank vom 1. 9.<br />

2010 geht hervor, dass der Kreditrahmen zum damaligen<br />

Zeitpunkt mit E 54.167,13 überzogen war und mit der<br />

Einzahlung der ausstehenden Stammeinlage nicht einmal<br />

die aus der Kontoüberziehung resultierende Forderung<br />

dieser Gläubigerin voll getilgt werden konnte. Dass die<br />

Gesellschaft über sonstiges Vermögen verfügt, um allein<br />

diese Forderung abzudecken, wurde vom RekWerber<br />

gar nicht behauptet. Der Geschäftsführer hatte bereits<br />

mit seiner Eingabe vom 27. 10. 2010, ON 3, Korrespondenz<br />

mit der R-Bank vorgelegt, der zu entnehmen ist,<br />

dass er mit E-Mail vom 16. 9. 2010 die Bank zur Weiterleitung<br />

des Zahlungseingangs von E 7.000,– auf das<br />

bei der V-Bank eingerichtete Konto ersucht und die<br />

R-Bank dies unter Hinweis darauf abgelehnt hatte, dass<br />

wegen des überzogenen Kontorahmens keine Abbu-<br />

351


NOTAR.AT<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen NZ 11/2011<br />

chungen eingelöst und jede Einzahlung zur Abdeckung<br />

des bereits fälligen Geschäftssaldos verwendet werde.<br />

Damit hatte der Geschäftsführer entgegen § 10 Abs 2<br />

GmbHG keine Möglichkeit, über den vom RekWerber<br />

eingezahlten Betrag frei zu disponieren.<br />

Die Leistung des RekWerbers auf das Geschäftskonto bei<br />

der R-Bank war demnach ungeachtet der Frage, ob sie<br />

mit oder ohne Einwilligung der Gesellschaft erfolgte,<br />

als Erfüllung seiner Einlageschuld nicht geeignet, weshalb<br />

die Kaduzierung seiner Anteile zu Recht erfolgte.<br />

Standesnachrichten und Mitteilungen<br />

Seminar für Bankrecht 2012<br />

Das Institut für Bankrecht an der Johannes Kepler Universität<br />

Linz veranstaltet im Sommersemester 2012 wieder<br />

ein Seminar für Bankrecht.<br />

Programm:<br />

* 13. 3. 2012: Dr. Bernhard Hörtnagl/MMMag. Dr. Stephan<br />

Klinger: „Transparenzbestimmungen im Bankund<br />

Kapitalmarktrecht“<br />

* 17. 4. 2012: Dr. Martina Eliskases: „Hypothekenrecht<br />

in der Bankpraxis“<br />

* 15. 5. 2012: Univ.-Prof. Dr. Nicolas Raschauer: „Reform<br />

der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung“<br />

* 19. 6. 2012: em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Rummel: „Ausgewählte<br />

Fragen der Bankgarantie“<br />

Die Seminarveranstaltungen finden jeweils um 17.00 Uhr<br />

in den Repräsentationsräumen der Johannes Kepler Universität<br />

Linz statt (Änderungen vorbehalten).<br />

Seminarbeitrag (für die gesamte Veranstaltungsreihe; jeweils<br />

inkl 10% USt): insgesamt E 1.760,– für beliebig<br />

viele Angehörige eines Bankinstituts; E 429,– für Einzelpersonen<br />

(ermäßigt E 209,–). Für Angehörige der Justiz,<br />

Universitätsangehörige und Studierende ist die Teilnahme<br />

kostenlos.<br />

Das Seminar wird von der Rechtsanwaltskammer OÖ als<br />

Ausbildungsveranstaltung für Rechtsanwaltsanwärter anerkannt.<br />

Anmeldungen werden bis 5. 3. 2012 erbeten an Frau<br />

Maria Hochstöger, Institut für Bankrecht, Johannes<br />

Kepler Universität Linz, 4040 Linz-Auhof; Fax: 0732/<br />

2468 – 9841; E-Mail: bankrecht@jku.at oder unter<br />

www.bankrechtsinstitut.at/anmeldung.php<br />

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer<br />

Homepage mit der Adresse www.bankrechtsinstitut.at<br />

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und vieles mehr!<br />

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Impressum: Medieninhaber (Verleger): MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH; FN 124 181 w, HG Wien. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und<br />

Zeitschriften.– Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Abhandlungen und Entscheidungen, Buchbesprechungen sowie Informationen für das Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit.<br />

– Sitz: A-1014 Wien, Kohlmarkt 16. – Verlagsadresse: A-1015 Wien, Johannesgasse 23. – Geschäftsführung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführerin) sowie Prokurist<br />

Dr. Wolfgang Pichler (Verlagsleitung). – Herausgeber: ÖGIZIN GmbH, A-1010 Wien, Landesgerichtsstraße 20. – Redaktion: Notar Dr. Markus Kaspar, A-1220 Wien, unter Mitwirkung<br />

von Notar Mag. Alexander Winkler, A-3204 Kirchberg/Pielach. – Druck: Friedrich VDV, 4020 Linz – Verlags- und Herstellungsort: Wien.<br />

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