wirkliche Übergabe
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ÖSTERREICHISCHE<br />
NOTARIATS<br />
ZEITUNG<br />
143.<br />
11 JAHRGANG<br />
2011<br />
NOTAR.AT<br />
MONATSSCHRIFT FÜR NOTARIAT UND FREIWILLIGE GERICHTSBARKEIT<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Univ.-Ass. Mag. Laurenz Liedermann<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht Seite 321<br />
em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer<br />
Der Entwurf einer Grundbuchsnovelle 2012 aus Sicht der Wissenschaft Seite 330<br />
UNTER STÄNDIGER WISSENSCHAFTLICHER MITARBEIT VON: NOTAR UNIV.-DOZ. MAG. DDR. LUDWIG BITTNER,<br />
HOLLABRUNN | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. HANS HOYER, WIEN | O. UNIV.-PROF. DDR. WALDEMAR JUD, GRAZ |<br />
O.UNIV.-PROF. DDR. HANS GEORG RUPPE, GRAZ | EM.O. UNIV.-PROF. DR. DR.H.C. RUDOLF WELSER, WIEN | A.UNIV.-PROF.<br />
DR.WOLFGANGZANKL,WIEN
Inhalt<br />
Aufsatz<br />
Von Univ.-Ass. Mag. Laurenz Liedermann:<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321<br />
Miscelle<br />
Von em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer:<br />
Der Entwurf einer Grundbuchsnovelle 2012 aus Sicht der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330<br />
Rechtsprechung<br />
Keine generellen Maßstäbe bei Feststellung der Sprachkundigkeit durch den Notar, spätere Beweisführung<br />
der Sprachunkundigkeit hat die Unwirksamkeit des Notariatsakts zur Folge –<br />
OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 49/11 s: § 63 Abs 1 NO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334<br />
Begründete Verweigerung des Kontakts mit dem Pflichtteilsberechtigten –<br />
OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 98/11 g: § 773 a ABGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337<br />
Gütergemeinschaft auf den Todesfall und Pflichtteilsrecht –<br />
OGH 7. 7. 2011, 5 Ob 245/10 f: § 1234 ABGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339<br />
Zuständigkeit bei beweglichem Inlandsvermögen –<br />
OGH 21. 6. 2011, 4 Ob 75/11 z: §§ 29, 106 JN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341<br />
Erlöschen von Treuhandaufträgen des Gemeinschuldners mit Konkurseröffnung nur<br />
im Zweipersonenverhältnis –<br />
OGH 11. 5. 2011, 3 Ob 62/11 f: § 1024 ABGB; § 26 Abs 1 KO/IO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343<br />
Nach K-GVG ist grundsätzlich mit dem Grundbuchsgesuch der rechtskräftige Bewilligungsbescheid vorzulegen,<br />
ein Bestätigungsvermerk der Behörde ist nur in den Fällen der §§ 9 und 14 K-GVG vorgesehen –<br />
OGH 26. 5. 2011, 5 Ob 89/11 s: §§ 9, 14, 20 K-GVG; § 94 GBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345<br />
Keine unmittelbare Begründung einer Eigentümerservitut –<br />
OGH 9. 2. 2011, 5 Ob 6/11 k: § 480 ABGB; § 6 BauRG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347<br />
Antragsrücknahme bewirkt nicht Anspruchsverzicht im Abstammungsverfahren –<br />
OGH 27. 4. 2011, 5 Ob 11/11 w: § 156 ABGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348<br />
Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen ............................................... 349<br />
Standesnachrichten und Mitteilungen ....................................................... 352<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352<br />
Redakteur Dr. Markus Kaspar, redaktioneller Mitarbeiter Mag. Alexander Winkler.<br />
Herausgegeben von der ÖGIZIN GmbH.
NZ 11/2011<br />
Laurenz Liedermann,<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
NOTAR.AT<br />
NZ 2011/108<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
Von Mag. Laurenz Liedermann, Universitätsassistent am Institut für Zivilrecht der Universität Wien<br />
Nach § 943 ABGB erwächst „aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong> Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage<br />
[. . .] dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet<br />
werden“. Dieser Bestimmung ist allerdings durch § 1 Abs 1 lit d NotAktsG materiell derogiert, der die Gültigkeit<br />
von Schenkungsverträgen ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> durch die Aufnahme eines Notariatsakts über diese bedingt.<br />
Dieser Aufsatz beschäftigt sich am Beispiel von beweglichen Sachen und Liegenschaften mit der Frage, was unter<br />
der „<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>“ bei Schenkungen zu verstehen ist.<br />
Inhaltsübersicht:<br />
A. Aktueller Meinungsstand<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
2. Liegenschaften<br />
B. Kritik<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
2. Liegenschaften<br />
C. Eigene Ansicht<br />
1. Formzweck<br />
2. Struktur und Wirkung der Vorschriften<br />
3. Geschichtliche Entwicklung<br />
4. Reichweite der Klage<br />
5. Akt des Geschenkgebers<br />
6. Alle erforderlichen Schritte<br />
D. Ergebnis<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
2. Liegenschaften<br />
A. Aktueller Meinungsstand<br />
Nach der hM müssen für die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ die im<br />
Judikat 142 1 festgelegten materiellen Kriterien erfüllt<br />
werden. Dieses verlangt für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, dass<br />
„zu dem Schenkungsvertrage noch ein anderer, von<br />
demselben verschiedener, als <strong>Übergabe</strong> erkennbarer<br />
Akt hinzukommt. Dieser Akt muss ein sinnfälliger, nach<br />
außen hin bemerkbarer, aber auch derart beschaffen<br />
sein, dass aus demselben der ernstliche Wille des Schenkers<br />
hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus<br />
seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu<br />
übertragen.“ Dieser für eine Forderungszession gebildete<br />
Rechtssatz ist seither in stRsp des OGH für alle<br />
Schenkungen zitiert. 2 Auch die L hat sich dieser Auslegung<br />
angeschlossen. 3<br />
Die Rsp stellt für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> folglich drei Erfordernisse<br />
auf: Der Akt muss eigenständig sein, er muss<br />
demnach in einem eigenen, vom Verpflichtungsgeschäft<br />
unabhängigen Vorgang liegen. Weiters muss er nach außen<br />
erkennbar, also publizitätswirksam sein. Schließlich<br />
muss er den Schenkungswillen deutlich zeigen, also in<br />
gewisser Weise Warnfunktion besitzen.<br />
Die im Judikat 142 aufgestellten Anforderungen sind offenbar<br />
zu streng, weswegen sie in der Praxis sukzessive<br />
ausgehöhlt werden. Selektiv werden einzelne Erfüllungsmöglichkeiten<br />
mit unterschiedlichen Begründungen ausgenommen,<br />
während andere durch gewagte Konstruktionen<br />
wieder integriert werden.<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
Bewegliche Sachen können nach hM nicht nur durch körperliche<br />
<strong>Übergabe</strong>, sondern auch durch Besitzauflassung<br />
(traditio brevi manu) 4 oder durch Besitzanweisung 5 wirklich<br />
übergeben werden. Ist die körperliche <strong>Übergabe</strong> unmöglich,<br />
kann auch eine <strong>Übergabe</strong> durch Zeichen nach<br />
§ 427 ABGB erfolgen. 6 Lediglich die <strong>Übergabe</strong> durch<br />
Besitzkonstitut wird nach hA nicht als <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />
gesehen. 7 Die jüngste Rsp lässt eine solche jedoch<br />
1<br />
OGH Plenissimarbeschluss vom 20. 6. 1899, Nr 20 GlUNF 650 =<br />
JB 142.<br />
2<br />
Vgl etwa OGH 6 Ob 264/65 SZ 38/227; zuletzt OGH 21. 6. 2005,<br />
5 Ob 82/05 b.<br />
3<br />
Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts<br />
2 (1928) 369; Gschnitzer, Schuldrecht – Besonderer Teil<br />
und Schadenersatz (1963) 43; Stanzl in Klang (Hrsg), ABGB IV/1 2<br />
(1968) 612; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung:<br />
Rückforderungsausschluß und Heilung nach § 1432 ABGB<br />
(1998) 60; Schubert in Rummel (Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 943<br />
Rz 1; Binder in Schwimann (Hrsg), ABGB Praxiskommentar IV 3<br />
(2005) § 943 Rz 10; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger<br />
(Hrsg), Kurzkommentar zum ABGB 3 (2010) § 943 Rz 5; Welser, Bürgerliches<br />
Recht 13 (2007) 192.<br />
4<br />
Vgl OGH 5 Ob 390/97 g SZ 70/194; OGH 1 Ob 47/99 i SZ 72/<br />
182; OGH 17. 12. 2003, 7 Ob 292/03 x.<br />
5<br />
OGH 17. 10. 2007, 7 Ob 222/07 h.<br />
6<br />
OGH 3 Ob 102/81 EvBl 1982/111, 394 = ZVR 1983/57, 83; vgl<br />
auch OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d; Frankl, Die Formerfordernisse<br />
der Schenkung nach österreichischem Rechte (1883) 56 ff;<br />
Ehrenzweig, System II/1 2 369; Löcker in Kletečka/Schauer (Hrsg),<br />
ABGB-ON 1.00 (2010) § 943 Rz 2.<br />
7<br />
OGH 7 Ob 188/05 f EFSlg 111.088; Ehrenzweig, System II/1 2 369;<br />
Gschnitzer, Schuldrecht BT 43; Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 612;<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 60; Schubert<br />
in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB<br />
Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 11; Bollenberger in Koziol/<br />
Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 5;<br />
Welser, Bürgerliches Recht II 13 192; Löcker in Kletečka/Schauer,<br />
ABGB-ON 1.00 § 943 Rz 2.<br />
321
NOTAR.AT<br />
Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
ausnahmsweise im Einzelfall doch genügen, wenn die<br />
Schenkung nur von dritter Seite bestritten wird und<br />
mehrmals durch den Geschenkgeber bekräftigt wurde. 8<br />
2. Liegenschaften<br />
Bei Liegenschaften genügt es nach der Rsp 9 und der<br />
überwiegenden L 10 für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, wenn<br />
die Liegenschaft außerbücherlich übergeben wird.<br />
Darunter wird iS des Judikats 142 die <strong>Übergabe</strong> durch<br />
Zeichen nach § 427 ABGB verstanden. 11 Diese erfolgt<br />
durch <strong>Übergabe</strong> von Urkunden, etwa Kaufvertrag,<br />
Pfandbestellungsurkunden, Einheitswertbescheid oder<br />
andere zur Verwaltung erforderliche Urkunden, Werkzeuge,<br />
die die ausschließliche Nutzung ermöglichen,<br />
beispielsweise Schlüssel, oder durch die Verbindung<br />
mit einem Merkmal, durch das der Übergang deutlich erkennbar<br />
wird. 12 Nicht ausreichend ist jedoch das bloße<br />
Abstecken oder Auspflocken eines Teiles, wenn dadurch<br />
nur das Schenkungsobjekt bestimmt werden soll. 13 Teilweise<br />
genügt der Rsp auch, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht<br />
nach § 312 ABGB durch Betretung, Verrainung,<br />
Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung eingeräumt<br />
wird. 14<br />
Neben der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> gibt es bei Liegenschaften<br />
noch die Möglichkeit der Heilung durch Einverleibung.<br />
Wird ein Schenkungsvertrag, der mangels<br />
außerbücherlicher <strong>Übergabe</strong> nicht formwirksam ist, dennoch<br />
einverleibt, so heilt durch die Einverleibung der<br />
Formmangel.<br />
8<br />
OGH 3 Ob 575/91 NZ 1992, 230 (krit Hofmeister) = IPRax 1993,<br />
337 = JBl 1992, 792 (krit Schwimann); OGH 2 Ob 587/91 JBl<br />
1992, 791; OGH 2 Ob 274/01 k JBl 2002, 451 (krit Wagner) = ecolex<br />
2002/125; nicht jedoch in OGH 7 Ob 188/05 f EFSlg 111.088.<br />
9<br />
OGH 4 Ob 562/76 NZ 1979, 194; OGH 8 Ob 501/84 EvBl 1985/<br />
117, 589 = NZ 1986, 160 = ZfRV 1986, 226 (Hoyer) = IPRax<br />
1986, 175 (Schwind 191); OGH 6 Ob 501/88 NZ 1989, 66; OGH<br />
27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x; OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d.<br />
10<br />
Ehrenzweig, System II/1 2 370; Gschnitzer, Schuldrecht BT 43;<br />
Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 613; Schauer, Zur Formpflicht der Vollmacht<br />
bei der Schenkung, NZ 1984, 185, 189; Schubert in<br />
Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 2; Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar<br />
IV 3 § 943 Rz 19; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/<br />
Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 6; Welser,<br />
Bürgerliches Recht II 13 192; einschränkend Dehn, Formnichtige<br />
Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 61 f, die zusätzlich alle für<br />
die Eigentumsübertragung notwendigen Handlungen verlangt;<br />
aA Frankl, Formerfordernisse 78 ff; Stubenrauch, Commentar<br />
zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche 8<br />
(1903) 134; Bittner, Der Mythos von der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />
von Liegenschaften, in GedS Hofmeister (1996) 73, 76 f.<br />
11<br />
OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/03 d.<br />
12<br />
Vgl OGH 27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x; OGH 28. 1. 2003, 1 Ob 11/<br />
03 d.<br />
13<br />
OGH 6 Ob 501/88 NZ 1989, 66.<br />
14<br />
Vgl OGH 27. 4. 1999, 1 Ob 2/99 x bei der jedoch neben einem<br />
Abgehen auch Verwaltungsunterlagen und Schlüssel übergeben<br />
wurden; Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943<br />
Rz 19.<br />
Damit es zu einer Eintragung kommt, verlangt jedoch<br />
§ 26 Abs 1 GBG einen formgültigen Titel. Ein Schenkungsvertrag<br />
ohne Notariatsakt und ohne eine außerbücherliche<br />
<strong>Übergabe</strong> genügt nach hA nicht. 15 Allerdings<br />
benötigt das Grundbuchsgericht aufgrund eines reinen<br />
Urkundenverfahrens keinen konkreten Nachweis über<br />
die bereits erfolgte <strong>Übergabe</strong>, nicht einmal die Darstellung<br />
konkreter <strong>Übergabe</strong>akte. Vielmehr ist ein Vermerk<br />
des Geschenkgebers, 16 dass „die <strong>Übergabe</strong> bereits erfolgt<br />
ist“, 17 ausreichend. 18 Nach neuer Rsp gilt dies jedoch<br />
nur, wenn zumindest die Einverleibung auf einem<br />
Willensakt des Geschenkgebers beruht und nicht ohne<br />
dessen Zutun oder gar gegen dessen erklärten Willen<br />
erfolgt. 19<br />
B. Kritik<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
Prüft man die verschiedenen <strong>Übergabe</strong>formen in Hinblick<br />
auf die Anforderungen des Judikats 142, ergibt sich<br />
kein homogenes Bild. Die körperliche <strong>Übergabe</strong> erfüllt<br />
zweifelsfrei alle verlangten Voraussetzungen. Bei Besitzanweisung<br />
und Besitzauflassung müsse der Geschenkgeber<br />
insofern nicht gewarnt werden, weil er die Sache<br />
nicht in Gewahrsam hat und damit schon davor eine<br />
die Gebrauchsmöglichkeit beschränkende Handlung gesetzt<br />
hat, die die vollständige Aufgabe als teilweise vorweggenommen<br />
erscheinen lässt. 20 Dies überzeugt nicht<br />
restlos: Gerade derjenige, der die Sache bereits verborgt<br />
hat, könnte sich zu einer unüberlegten Schenkung hinreißen<br />
lassen, weil er den Verlust nicht unmittelbar spürt,<br />
sondern erst in dem Moment, in dem er die Sache zurückerhalten<br />
hätte.<br />
Ein eigenständiger Akt liegt bei der Besitzanweisung vor,<br />
da hier der Inhaber vom Geschenkgeber verständigt<br />
wird. 21 Nicht nur beim Besitzkonstitut, sondern auch<br />
bei der Besitzauflassung besteht hingegen lediglich eine<br />
Erklärung des Geschenkgebers. Somit wird im Falle der<br />
Besitzauflassung anscheinend vom Erfordernis eines<br />
weiteren von der Erklärung verschiedenen Akts abgesehen.<br />
22<br />
Auch muss bei der Besitzauflassung offenbar kein Akt<br />
gesetzt werden, der nach außen erkennbar ist. Es ge-<br />
15<br />
Hagleitner in Kodek (Hrsg), Grundbuchsrecht 1.10 (2009) § 26<br />
GBG Rz 19 ff.<br />
16<br />
OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b.<br />
17<br />
Nicht ausreichend wäre hingegen eine Formulierung, dass die<br />
<strong>Übergabe</strong> erfolgt (statt erfolgt ist) OGH 26. 8. 2008, 5 Ob 164/<br />
08 s.<br />
18<br />
OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b; krit bzgl solcher Urkundenfloskeln<br />
Bittner in GedS Hofmeister 73, 76 f.<br />
19<br />
OGH 9 Ob 149/04 h SZ 2005/12.<br />
20<br />
Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 13.<br />
21<br />
Spielbüchler in Rummel (Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 428 Rz 4.<br />
22<br />
So explizit Wagner, Anm zu 2 Ob 274/01 k, JBl 2002, 451, 454.<br />
322
NZ 11/2011<br />
Laurenz Liedermann,<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
NOTAR.AT<br />
C. Eigene Ansicht<br />
nüge, wenn nach außen dasselbe Ergebnis wie bei einer<br />
– die Heilung herbeiführt. 28<br />
körperlichen <strong>Übergabe</strong> eintritt, 23 nämlich, dass sich die<br />
Sache beim Beschenkten befindet. Damit sei die Vermögensverschiebung<br />
1. Formzweck<br />
für Dritte erkennbar. Es ist nicht nach-<br />
vollziehbar, warum bei der Besitzauflassung auf dieses<br />
Erfordernis verzichtet wird, beim Besitzkonstitut aber<br />
nicht.<br />
a) Übereilungsschutz<br />
2. Liegenschaften<br />
Bei der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> von Liegenschaften<br />
ist bedenklich, dass ein Rechtsinstitut, das für den Eigentumsübergang<br />
beweglicher Sachen konzipiert ist, für<br />
die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Titels missbraucht<br />
wird. 24 Außerdem ist dies der einzige Fall, in dem der<br />
Beschenkte ein Klagerecht auf Übereignung der Sache<br />
aus einem nicht in Notariatsaktsform geschlossenen<br />
Schenkungsvertrag hat. 25 Dies steht im Gegensatz zur<br />
hM zur <strong>Übergabe</strong> von Sparbüchern, bei denen alle Akte,<br />
die für den Zugriff auf das Guthaben erforderlich sind,<br />
gesetzt werden müssen. 26 Eine entsprechende Klage,<br />
etwa auf Bekanntgabe des Losungswortes, ist ausgeschlossen.<br />
Auch grundverkehrsrechtliche Regelungen<br />
sprechen gegen die Wirksamkeit der außerbücherlichen<br />
<strong>Übergabe</strong>. 27<br />
Bei der Heilung durch Einverleibung lässt sich zumindest<br />
die ältere Rsp nicht mit dem Judikat 142 vereinbaren.<br />
Mit dem Abschluss des notariell beglaubigten Schenkungsvertrags<br />
mit Aufsandungserklärung und einer Klausel,<br />
dass die <strong>Übergabe</strong> erfolgt ist, wäre die wirksame und<br />
nicht rückforderbare Übertragung durch den Beschenkten<br />
möglich, ohne dass ein weiterer publizitätswirksamer,<br />
warnender Akt vom Geschenkgeber notwendig wäre.<br />
Nach neuer Rsp muss zumindest das Grundbuchsgesuch<br />
vom Geschenkgeber stammen. Dies widerspricht jedoch<br />
der Rsp zum Gemeinschaftskonto. Dort wird es als zulässig<br />
gesehen, wenn der Beschenkte durch Behebung des<br />
Guthabens – also auf Grund seines eigenständigen Akts<br />
b) Andere Formzwecke<br />
23<br />
Wagner, Anm zu 2 Ob 274/01 k, JBl 2002, 451, 454.<br />
24<br />
Schwind, Zur Wirksamkeit eines Schenkungsvertrages bezüglich<br />
in Italien gelegener Liegenschaften, IPRax 1986, 191, 192.<br />
25<br />
Deswegen abl Frankl, Formerfordernisse 80; aus diesem Grund<br />
verlangt Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung<br />
215 zusätzlich alle für die Eigentumsübertragung notwendigen<br />
Handlungen.<br />
26<br />
OGH 17. 9. 1992, 7 Ob 579/92; OGH 6. 11. 2002, 1 Ob 115/02 x;<br />
OGH 13. 3. 2003, 2 Ob 47/03 f; OGH 5. 8. 2008, 6 Ob 53/08 z;<br />
Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 5; Binder in Schwimann,<br />
ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 28; Bollenberger in Koziol/<br />
Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 7.<br />
27<br />
Bittner in GedS Hofmeister 73, 77.<br />
28<br />
OGH 25. 4. 1991, 8 Ob 560/90; einschränkend auf Fälle, in denen<br />
der Geschenkgeber der Behebung nachträglich zustimmt<br />
Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 5.<br />
Für die Auslegung des Begriffs „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“<br />
und der Überprüfung der im Judikat 142 aufgestellten<br />
Regeln muss zunächst der Zweck der Schenkungsform<br />
festgestellt werden.<br />
Zweck der Formvorschriften für Schenkungsverträge ist<br />
unbestritten ein Schutz vor Übereilung. 29 Unerfahrene,<br />
leicht gelenkte, überredete oder überlistete Landsmänner<br />
sollten von der leichtsinnigen Zersplitterung ihres<br />
Vermögens abgehalten werden; 30 junge, leichtsinnige<br />
oder schwache Gemüter sollten geschützt werden. 31<br />
Durch die Formpflicht soll der Geschenkgeber vor unüberlegten<br />
Handlungen gewarnt werden.<br />
Bei Schenkungen, die wirklich übergeben werden, ist ein<br />
Schutz nicht erforderlich, da der Verlust für den Geschenkgeber<br />
in diesem Fall gegenwärtig und konkret<br />
ist. 32 Der Geschenkgeber, der die Sache aus der Hand<br />
gibt, hat seinen Willen typischerweise ebenso reiflich geprüft<br />
wie bei der Errichtung eines Notariatsakts. 33<br />
Neben dem Warnzweck erfüllt die Notariatsaktpflicht<br />
nach hM die folgenden drei Formzwecke: Beweissicherung,<br />
Belehrung und Gläubigerschutz. 34<br />
Ob diese Zwecke insbesondere für die Schenkung relevant<br />
sind, ist für Auslegungsfragen von Bedeutung. So<br />
29<br />
Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 611; P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht<br />
1850 und heute, NZ 1990, 289, 290; P. Bydlinski, Die Formpflicht<br />
bei der Schenkung ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1<br />
lit d NZwG), NZ 1991, 166, 166; Bittner in GedS Hofmeister 73,<br />
75; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59;<br />
P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />
auf dem Prüfstand (2001) 63; Binder in Schwimann, ABGB<br />
Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 1; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/<br />
Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 1; Welser,<br />
Bürgerliches Recht II 13 191; OGH 21. 6. 2005, 5 Ob 82/05 b.<br />
30<br />
Ofner, Der Ur-Entwurf und die Beratungsprotokolle des Österreichischen<br />
Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches II (1889) 29; vgl<br />
auch bereits die Fassung im III 2. § 11 Entwurf Martini, Harras<br />
Ritter von Harrasowsky, Die Umarbeitung des Codex Theresianus:<br />
Entwurf Martini’s IV/2 (1886) 166.<br />
31<br />
Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch<br />
für die gesammten Deutschen Erbländer der Österreichischen<br />
Monarchie (1812) 159.<br />
32<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59; vgl<br />
auch Welser, Bürgerliches Recht II 13 191; entgegen Gruber, Studien<br />
zur Teleologie der notariellen Form, in Rechberger (Hrsg),<br />
Formpflicht und Gestaltungsfreiheit (2002) 55, 84 ist der Grund<br />
nicht darin zu sehen, dass es sich vorwiegend um geringfügige<br />
Geschäfte handelt, da eine Wertgrenze für geringfügige Schenkungen<br />
in den Beratungen explizit abgelehnt wurde.<br />
33<br />
Schauer, Zur Formpflicht der Vollmacht bei der Schenkung, NZ<br />
1984, 185, 189.<br />
34<br />
Welser, Zivilrechtliche Formgebote und Notariatsakt, in Rechberger<br />
(Hrsg), Formpflicht und Gestaltungsfreiheit (2002) 1, 11.<br />
323
NOTAR.AT<br />
Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
hängt etwa die Frage, ob nur die Erklärung des Geschenkgebers<br />
oder der gesamte Vertrag der Form unterliegt,<br />
maßgeblich davon ab, wer durch die Formvorschriften<br />
geschützt werden soll.<br />
i) Beweissicherung<br />
Bereits die Materialien zeigen, dass es einer der Zwecke<br />
des Notariatszwangs war, für eine sichere und dauernde<br />
Aufbewahrung der Urkunden zu sorgen und diese vor<br />
der Gefahr zu bewahren, im Laufe der Zeit verloren zu<br />
gehen. 35 Dass diese Beweise im Falle eines Rechtsstreits<br />
eine erhebliche Erleichterung mit sich bringen, soll nicht<br />
bezweifelt werden. 36<br />
Allerdings sind Beweisschwierigkeiten keine spezielle<br />
Problematik des Schenkungsrechts, sie treten genauso<br />
bei formfreien Geschäften auf. 37 Auch erscheint der<br />
Empfänger einer unentgeltlichen Leistung wenig schutzwürdig.<br />
Behauptet er eine Schenkung, so kann von ihm<br />
durchaus der Beweis der Voraussetzungen verlangt werden.<br />
38 Der unentgeltlich Leistende wird zumindest bei<br />
Unklarheiten in gewissem Maße durch § 915 ABGB geschützt.<br />
Wäre das Beweisproblem speziell bei Schenkungen vorhanden,<br />
so ließe sich auch nicht erklären, warum gerade<br />
die Handschenkung keiner Form bedarf. Gerade hier<br />
sind Situationen denkbar, in denen beispielsweise darüber<br />
gestritten wird, ob eine Sache geliehen oder geschenkt<br />
ist. Konsequenterweise müssten diese auch der<br />
Beweissicherung und damit der Notariatsaktform unterliegen.<br />
Dass Beweisprobleme in der Praxis speziell dann auftreten<br />
können, wenn Schenkungen kurz vor dem Tod des<br />
Geschenkgebers getätigt werden, mag zwar zutreffen.<br />
Allerdings handelt es sich auch hier vielmehr um ein Problem,<br />
das Rechtsgeschäfte kurz vor dem Tod allgemein<br />
betrifft und nicht speziell das Schenkungsrecht.<br />
Auch der Urentwurf, der ausdrücklich den Warnzweck<br />
hervorhebt, zeigt deutlich, dass dieser im Vordergrund<br />
stand. In den Beratungen wurde eine Formvariante, die<br />
ausschließlich Beweissicherungszwecke hat, der Abschluss<br />
in Gegenwart von Zeugen, explizit abgelehnt. 39<br />
In einem Zwischenergebnis ist also festzuhalten, dass der<br />
Beweiszweck bei der Auslegung der Formvorschriften für<br />
35<br />
HHB 16 BlgHH 6. Sess 241.<br />
36<br />
Welser in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 1, 10<br />
FN 39.<br />
37<br />
P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NZ 1990,<br />
289, 290; vgl auch P. Bydlinski, Die Formpflicht bei der Schenkung<br />
ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1 lit d NZwG), NZ 1991, 166,<br />
166 f.<br />
38<br />
AA Wilhelm, Anm zu 5 Ob 266/99 z, ecolex 2000/139 der den<br />
Zweck der Formvorschriften durchaus als Schutz des Beschenkten<br />
vor einem „Rückzieher der Gegenpartei” und folglich im Beweis<br />
sieht.<br />
39<br />
Ofner, Ur-Entwurf II 29.<br />
Schenkungsverträge im Vergleich zum Warnzweck eine<br />
untergeordnete Rolle spielt.<br />
ii) Gläubigerschutz<br />
Der Gläubigerschutz stand nie im Vordergrund bei der<br />
Schenkungsform, 40 auch wenn dies von mancher Stimme<br />
in der L vertreten wird. 41 Die überwiegende L sieht den<br />
Gläubigerschutzaspekt im Hintergrund, 42 insbesondere,<br />
da ohnehin die Möglichkeit der Anfechtung besteht. 43<br />
Der Schutz durch die Anfechtung geht weit über den des<br />
Notariatsakts hinaus. Dieser ist nämlich in keinem öffentlichen<br />
Register verzeichnet und aus diesem Grund auch<br />
für den Gläubiger nicht sichtbar. Dass ein Notariatsakt<br />
mehr Zeit als eine formlose Verfügung in Anspruch<br />
nimmt, und der Gläubiger deswegen die Chance hat,<br />
dass die vermögensmindernde Verfügung noch nicht abgeschlossen<br />
wurde, kann wohl nicht als Begründung für<br />
einen Formzwang angeführt werden. Auch vor Scheingeschäften<br />
bietet die Schenkungsform nur mäßig Schutz,<br />
da die Parteien sowohl einen Notariatsakt zum Schein errichten,<br />
als auch scheinbar eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> vornehmen<br />
können.<br />
iii) Aufklärungspflichten<br />
Den Notar trifft die Pflicht zu überprüfen, ob das Geschäft<br />
frei von Willensmängeln ist, die Parteien rechtlich<br />
zu beraten und bei der Vertragsgestaltung zu unterstützen.<br />
44 Bereits daraus ergibt sich die Aufklärung als<br />
möglicher Zweck der Notariatsaktform. Zwar sind die<br />
grundlegenden Rechtsfolgen eines Schenkungsvertrags,<br />
der Vermögensverlust ohne Gegenleistung, weitgehend<br />
bekannt, was aber die Details des Schenkungsvertrags<br />
betrifft, etwa dass dieser nicht so leicht gelöst<br />
werden kann wie letztwillige Verfügungen, ist oft unbekannt.<br />
45<br />
Allerdings bestehen auch hier ernsthafte Bedenken dagegen,<br />
dass die Aufklärung eine zentrale Rolle für die Begründung<br />
der Schenkungsform einnimmt. Zum einen besteht<br />
ebendieser Belehrungsbedarf genauso bei der<br />
Handschenkung, bei der eine Belehrung aber gerade<br />
40<br />
Vgl HHB 16 BlgHH 6. Sess 241: „die keineswegs bloß zu Gunsten<br />
der Gläubiger des Geschenkgebers, sondern weit mehr zu Gunsten<br />
der Contrahenten eingeführt werden müsse“.<br />
41<br />
Stanzl in Klang, ABGB IV/1 2 611.<br />
42<br />
P. Bydlinski, Die Formpflicht bei der Schenkung ohne <strong>wirkliche</strong><br />
<strong>Übergabe</strong> (§ 1 Abs 1 lit d NZwG), NZ 1991, 166, 166; speziell<br />
für Schenkungen zwischen Ehegatten P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht<br />
1850 und heute, NZ 1990, 289, 290.<br />
43<br />
Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 1;<br />
Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar<br />
zum ABGB 3 § 943 Rz 4; tendenziell auch Bittner in GedS Hofmeister<br />
73, 75 obwohl die Anfechtung die physisch vollzogenen<br />
Schenkungen betrifft, während das NotAktG die nicht übergebenen<br />
betrifft.<br />
44<br />
Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 65.<br />
45<br />
Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 83.<br />
324
NZ 11/2011<br />
Laurenz Liedermann,<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
NOTAR.AT<br />
nicht vorgesehen ist. 46 Zum anderen ist hier eine Aufklärung<br />
weniger notwendig als bei anderen gefährlichen<br />
Geschäften wie etwa der Bürgschaft, bei der die Schriftform<br />
ausreicht. 47 Auch alle übrigen unentgeltlichen Verträge<br />
unterliegen nur der Schriftform oder gar keiner<br />
Form, obwohl sie bei hohem Wert durchaus eine gewisse<br />
Gefahr in sich bergen können. 48<br />
c) Zwischenergebnis<br />
Obwohl alle vier Formzwecke auf die Schenkung passen,<br />
vermag nur der Übereilungsschutz wirklich zu überzeugen.<br />
Bei allen anderen Zwecken sprechen gewichtige<br />
Gründe gegen eine Berücksichtigung, insbesondere lässt<br />
sich mit keinem der Zwecke erklären, warum Schenkungen<br />
mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> nicht dem Formgebot unterliegen.<br />
Insofern ist bei der Auslegung vornehmlich<br />
auf den Warnzweck Rücksicht zu nehmen, alle anderen<br />
Zwecke sind höchstens ergänzend zu beachten.<br />
Daraus lassen sich Rückschlüsse auf das Judikat 142 ziehen.<br />
Das Erfordernis eines nach außen erkennbaren Akts<br />
lässt sich mit dem Warnzweck überhaupt nicht erklären.<br />
Es besteht keine größere Warnung für den Geschenkgeber,<br />
nur weil seine Handlung nach außen in Erscheinung<br />
tritt. Dieses Publizitätserfordernis dient höchstens Beweiszwecken.<br />
Obwohl diese zweifelsfrei für den Formzweck<br />
eine Rolle spielen, gehen sie doch nicht so weit,<br />
ihretwegen einer <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong> die Gültigkeit zu<br />
versagen.<br />
Der geforderte separate Akt, bei dem der Geschenkgeber<br />
sich erneut entscheiden kann, ob er wirklich gebunden<br />
sein will, würde den Geschenkgeber hingegen in einem<br />
äußerst hohen Maß warnen. Allerdings liegt das Erfordernis<br />
nicht einmal bei der körperlichen <strong>Übergabe</strong><br />
zwingend vor, denn diese kann auch gleichzeitig ein konkludentes<br />
Schenkungsangebot sein. Auch bei der <strong>Übergabe</strong><br />
durch Besitzauflassung lässt sich meist kein separater<br />
Akt feststellen. Würde man dieses Erfordernis ernst<br />
nehmen, so würde es die Schenkungsform mehr als überstrapazieren.<br />
Es kann nicht erforderlich sein, dass der Geschenkgeber<br />
sich jedenfalls zweimal entscheiden muss.<br />
Eine wohlüberlegte Entscheidung muss ausreichend<br />
sein.<br />
2. Struktur und Wirkung<br />
der Vorschriften<br />
In weiterer Folge müssen die Struktur der Formvorschriften<br />
und die Rechtsfolge ihrer Verletzung betrachtet<br />
werden.<br />
46<br />
P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />
auf dem Prüfstand 64.<br />
47<br />
Das obwohl die Gefahr der Bürgschaft viel versteckter ist als bei<br />
der Schenkung: P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und<br />
heute, NZ 1990, 289, 292.<br />
48<br />
P. Bydlinski/Bydlinski, Gesetzliche Formgebote für Rechtsgeschäfte<br />
auf dem Prüfstand 65 f.<br />
a) Die drei Möglichkeiten der Schenkung<br />
Beim Abschluss eines Schenkungsvertrages sind drei<br />
Möglichkeiten denkbar. Wird die Schenkung in Form eines<br />
Notariatsakts abgeschlossen, so ordnet § 1 Abs 1<br />
lit d NotAktsG die (vollständige) Gültigkeit des Geschäfts<br />
an. Das heißt vor allem, dass der Beschenkte eine Leistungsklage<br />
gegen den Geschenkgeber hat und diese gerichtlich<br />
durchsetzen kann. Für die Erfüllung der Schenkung<br />
gibt es keine Einschränkungen; alle vom ABGB vorgesehenen<br />
Erfüllungsmöglichkeiten sind zulässig.<br />
Die zweite Möglichkeit ist die Schenkung ohne Notariatsakt<br />
und ohne <strong>Übergabe</strong>. Diese ist jedenfalls ungültig.<br />
Hier hat der Beschenkte keine Möglichkeit, den Vertrag<br />
gerichtlich durchzusetzen. Dies ergibt sich sowohl aus<br />
§ 1 Abs 1 lit d NotAktsG als auch aus § 943 ABGB, der<br />
diesem Fall explizit die Klagbarkeit versagt.<br />
Problematisch ist jedoch die dritte Möglichkeit, dass die<br />
Schenkung ohne Notariatsakt abgeschlossen wurde, die<br />
geschenkte Sache jedoch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses<br />
oder zu einem späteren Zeitpunkt übergeben<br />
wurde. Eine explizite Regelung für diesen Fall findet sich<br />
nicht in § 1 Abs 1 lit d NotAktsG, der diesen Fall von seinem<br />
Anwendungsbereich ausnimmt. Auch § 943 ABGB<br />
regelt diesen Fall nicht, da Satz 1 nur mündliche Schenkungen<br />
ohne <strong>Übergabe</strong>, Satz 2 hingegen nur schriftliche<br />
Schenkungen betrifft. Es ist also fraglich, wie Schenkungen<br />
ohne Notariatsakt aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> zu<br />
handhaben sind.<br />
b) Lösungsmöglichkeiten<br />
Für die dogmatische Begründung der Wirkung einer<br />
Schenkung ohne Notariatsakt aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong><br />
sind drei Lösungsmöglichkeiten denkbar.<br />
i) Ausnahme von der Formpflicht<br />
Die erste und gleichzeitig naheliegendste Möglichkeit<br />
ist, dass die Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> von<br />
der allgemeinen Formpflicht für Schenkungen ausgenommen<br />
ist, und folglich nach der allgemeinen Regel<br />
des § 883 ABGB formfrei abgeschlossen werden kann.<br />
Wird die Schenkung also sofort übergeben, so läge eine<br />
sog „Handschenkung“ vor, für die die Schenkungsform<br />
nicht anwendbar ist.<br />
Probleme treten auf, wenn die <strong>Übergabe</strong> nicht bereits<br />
bei Vertragsschluss erfolgt. In diesem Fall wäre das Geschäft<br />
nichtig, weil weder die Formvorschrift noch deren<br />
Ausnahme erfüllt sind.<br />
Man könnte die nachträgliche Erfüllung als erneute<br />
Schenkung qualifizieren, bei der die Ausnahme der <strong>wirkliche</strong>n<br />
<strong>Übergabe</strong> erfüllt ist. 49 Allerdings wäre hierfür eine<br />
49<br />
Nippel, Erläuterung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches<br />
für die gesamten deutschen Länder der österreichischen Monarchie<br />
(1833) 220.<br />
325
NOTAR.AT<br />
Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
erneute Willenseinigung notwendig. Der Geschenkgeber<br />
bräuchte – anstelle von Erfüllungswillen – Verpflichtungswillen<br />
und der Beschenkte müsste zumindest konkludent<br />
die Schenkung annehmen.<br />
Denkbar wäre auch, dass die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nachträglich<br />
erfolgen kann. 50 Damit würde der Vertrag erst<br />
bei <strong>Übergabe</strong> zustande kommen, er wäre also bis zur<br />
<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong> in Schwebe. Erfüllt man allerdings<br />
das schwebende Geschäft nur teilweise, so müsste dies<br />
mittels Auslegung zu einer Teilung führen, der formgültige<br />
Schenkungsvertrag würde nur über den übergebenen<br />
Teil zustande kommen.<br />
ii) Heilung<br />
Auch die zweite Lösungsmöglichkeit geht davon aus,<br />
dass die Schenkung nichtig ist, wenn im Vertragsschlusszeitpunkt<br />
keine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>, und somit die Ausnahme<br />
von der Form, vorliegt. Allerdings ist nach dieser<br />
Ansicht eine nachträgliche <strong>Übergabe</strong> weder neuerliche<br />
Schenkung noch eigentlicher Vertragsschluss, sondern<br />
das Geschäft heilt. Denn § 1432 ABGB ordnet an, dass<br />
Leistungen in Erfüllung formungültiger Verträge nicht zurückgefordert<br />
werden können.<br />
Der bereicherungsrechtliche Rückforderungsausschluss<br />
alleine würde dem Beschenkten jedoch nicht helfen. Da<br />
der Titel ungültig ist, würde der Beschenkte auch kein Eigentum<br />
erwerben, der Geschenkgeber könnte seine<br />
Leistung einfach vindizieren. Um der Vorschrift effektive<br />
Wirksamkeit zu verleihen, muss dem Geschenkgeber<br />
auch die Eigentumsklage verwehrt sein. Dazu muss das<br />
Titelgeschäft jedoch in einem gewissen Maß heilen. 51<br />
Auch tritt der Rückforderungsausschluss und damit die<br />
Heilungswirkung nur bei den Formvorschriften ein, die<br />
einem Behalten der Leistung nicht entgegenstehen. 52<br />
Gerade bei der Schenkung, bei der die Erfüllung durch<br />
<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nach dieser Ansicht im Vertragsschlusszeitpunkt<br />
von den Formvorschriften ausgenommen<br />
ist, ist davon auszugehen, dass der Rückforderungsausschluss<br />
zulässig ist. 53<br />
50<br />
Vgl Schubert in Rummel, ABGB I 3 § 943 Rz 1.<br />
51<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 196: Im<br />
Kondiktionsausschluss liegt gleichzeitig die Anerkennung eines<br />
wirksamen Rechtsgrundes für die Vermögensverschiebung, einer<br />
causa zum Behaltendürfen der Leistung.<br />
52<br />
Berger, Gesetzliche Formvorschriften für Rechtsgeschäfte nach<br />
österreichischem Recht, in Gutachten 175 Jahre ABGB III (1986)<br />
41, 68 f.<br />
53<br />
Vgl Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 190;<br />
Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 70.<br />
54<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 189 f.<br />
Die Heilung nach § 1432 ABGB steht allerdings in einem<br />
gewissen Spannungsverhältnis zur <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>.<br />
Dies wird dadurch verstärkt, dass eine genaue Grenzziehung<br />
zwischen beiden Fällen nicht möglich ist. 54 Es lässt<br />
sich nicht klar sagen, welcher Zeitraum zwischen Vertragsschluss<br />
und <strong>Übergabe</strong> liegen muss, damit es sich<br />
nicht mehr um eine Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong><br />
oder Handschenkung, sondern um die nachträgliche Erfüllung<br />
einer formungültigen Schenkung nach § 1432<br />
ABGB handelt.<br />
Die strengen Voraussetzungen der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />
können nicht durch eine nachträgliche Erfüllung umgangen<br />
werden. Reicht ein Besitzkonstitut etwa nicht für eine<br />
<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> aus, so kann es auch nicht für die<br />
Zahlung einer mangels der Förmlichkeiten ungültigen<br />
Verbindlichkeit ausreichen. Es wäre nicht sinnvoll,<br />
strenge Voraussetzungen für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> aufzustellen,<br />
wenn diese dann aufgrund einer „Zahlung“<br />
nach § 1432 ABGB ohnedies nicht greifen. Aus diesem<br />
Grund wird vertreten, dass für § 1432 ABGB dieselben<br />
Anforderungen gelten wie für die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />
nach dem NotAktsG. 55<br />
iii) Naturalobligation<br />
Die letzte Möglichkeit ist, dass nur die Schenkung in<br />
Form eines Notariatsakts gültig ist und alle anderen<br />
Schenkungen ungültig. Allerdings handle es sich um eine<br />
geringere Form der Ungültigkeit, da eine Erfüllung nach<br />
§ 1432 ABGB immer noch möglich ist. 56 Diese sei so zu<br />
verstehen, dass kein vollwirksames, durchsetzbares<br />
Recht entsteht, nicht, dass überhaupt kein Recht existent<br />
wird. 57 Es komme aufs Gleiche hinaus, ob man sagt, eine<br />
Forderung sei gültig aber unklagbar oder ungültig aber<br />
erfüllbar. 58 Jede Schenkung ohne Notariatsakt erzeuge<br />
folglich eine Naturalobligation, die erfüllt, jedoch nicht<br />
eingeklagt werden kann. 59<br />
Das Problem der Eigentumsübertragung lässt sich in dieser<br />
Variante zwangloser lösen. Nachdem die Verbindlichkeit<br />
wirksam erfüllt werden kann, genügt sie auch als Titel<br />
für eine Übereignung. 60 Von einer Heilung ist somit<br />
streng genommen nicht mehr zu sprechen. 61<br />
Eine Unterscheidung zwischen Schenkungen, die sofort<br />
erfüllt werden, und jenen, die nachträglich erfüllt wer-<br />
55<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 213.<br />
56<br />
Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 49. Vgl auch unten<br />
C.3.b).<br />
57<br />
Binder in Schwimann, ABGB Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 3.<br />
58<br />
Gschnitzer, Schuldrecht BT 42 f.<br />
59<br />
Für den Fall der nachträglichen <strong>Übergabe</strong> Schauer, Zur Formpflicht<br />
der Vollmacht bei der Schenkung, NZ 1984, 185, 189; Berger<br />
in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 73; Rummel in Rummel<br />
(Hrsg), ABGB I 3 (2000) § 1432 Rz 1; Binder in Schwimann, ABGB<br />
Praxiskommentar IV 3 § 943 Rz 3; Koziol/Welser, Bürgerliches<br />
Recht 13 (2006) 189; Bollenberger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger,<br />
Kurzkommentar zum ABGB 3 § 943 Rz 4; aA Frankl, Formerfordernisse<br />
33; Stubenrauch, Commentar II 8 136; Stanzl in Klang, ABGB<br />
IV/1 2 616; Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung<br />
171 ff; vor der Änderung durch das NotAktsG Zeiller, Commentar<br />
über das ABGB III/1, 161.<br />
60<br />
Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 73.<br />
61<br />
Unter Umständen jedoch im Zusammenhang mit Gegenleistungen<br />
bei synallagmatischen Verträgen.<br />
326
NZ 11/2011<br />
Laurenz Liedermann,<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
NOTAR.AT<br />
den, macht bei dieser Lösung keinen Sinn, da es sich in<br />
beiden Fällen um die Erfüllung des Schenkungsversprechens<br />
handelt. Das Spannungsverhältnis zwischen diesen<br />
Fällen kann dadurch vermieden werden. Nachdem es<br />
sich um denselben Fall handelt, gelten zwangsläufig dieselben<br />
Voraussetzungen.<br />
c) Kritik und eigene Ansicht<br />
Die erste Variante (Ausnahme von der Formpflicht) wirkt<br />
künstlich und konstruiert. Ein erneuter Vertragsschluss<br />
entspricht wohl nicht den Vorstellungen gewöhnlicher<br />
Parteien. Diese gehen wohl vielmehr von einer geschlossenen<br />
Vereinbarung aus und wollen diese nur erfüllen.<br />
Auch den Vertragsschlusszeitpunkt auf den Erfüllungszeitpunkt<br />
zu verschieben, schafft Probleme, etwa bei teilweiser<br />
Erfüllung. Die zweite Variante (Heilung) ist bereits<br />
dogmatisch schöner als die erste Variante, doch auch hier<br />
stört das Spannungsverhältnis zwischen <strong>Übergabe</strong> bei<br />
und nach Vertragsschluss, das erst durch Auslegung gelöst<br />
werden muss.<br />
Die Lösung über eine Naturalobligation passt am besten<br />
in die Struktur des ABGB, weil sie keine Wertungswidersprüche<br />
erzeugt. Sie lässt sich auch historisch erklären. 62<br />
3. Geschichtliche Entwicklung<br />
Im Codex Theresianus sowie im Entwurf Horten finden<br />
sich noch keine Regelungen zur Schenkungsform. 63<br />
Diese kommt erstmals in III 2. § 11 Entwurf Martini vor:<br />
„Aus einem blos mündlichen und ohne <strong>wirkliche</strong> Uebergabe<br />
geschlossenen Schenkungsvertrage unter Lebenden<br />
soll dem Geschenknehmer kein Klagerecht gebühren.<br />
Dieses Recht muß, um den Verdacht der Uebereilung<br />
oder rechtswidrigen Verleitung abzulehnen, allzeit<br />
mit einer schriftlichen Urkunde begründet werden.“ 64<br />
Die Regelung ist – aufgrund der Ähnlichkeit und des Umstandes,<br />
dass es zuvor keine Regelung gab – offenbar<br />
dem ALR entlehnt, 65 in dem aus Schenkungen, die außergerichtlich<br />
abgeschlossen wurden, idR nicht auf Erfüllung<br />
geklagt werden konnte (§ 1064 I 11). Wurde eine bewegliche<br />
Sache jedoch bereits übergeben, so konnte sie<br />
nicht aufgrund der Ermangelung eines gerichtlichen Vertrages<br />
zurückgefordert werden (§ 1165 I 11). Dasselbe<br />
galt für unbewegliche Sachen bei schriftlichem Schenkungsvertrag<br />
und <strong>Übergabe</strong>, wobei unter <strong>Übergabe</strong> im<br />
letzten Fall die „<strong>wirkliche</strong> Naturalübergabe, wodurch<br />
die geschenkte Sache in den Besitz und die Gewahrsame<br />
des Beschenkten gelangt“ zu verstehen war (§ 1168 I 11).<br />
Die Parallelen sind insbesondere in der Rechtsfolge zu<br />
sehen, dass die Formverletzung die Klagbarkeit verhindert.<br />
Auch die Formulierung „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“<br />
62<br />
Siehe sogleich C.3.<br />
63<br />
Vgl Saxl/Kornfeld, Quellenausgabe (1906) 326.<br />
64<br />
Harras Ritter von Harrasowsky, Codex Theresianus IV/2, 166.<br />
65<br />
Vgl Saxl/Kornfeld, Quellenausgabe VIII f.<br />
könnte von den für unbewegliche Sachen stammenden<br />
Regelungen im ALR stammen. Einzig der gerichtliche<br />
Vertrag war als Formvorschrift offenbar zu streng, hier<br />
empfand man bloße Schriftlichkeit wohl als ausreichend.<br />
Im Urentwurf zum ABGB wurde der Entwurf Martini mit<br />
geringen sprachlichen Anpassungen übernommen und<br />
in den Beratungen in weiterer Folge nur geringfügig angepasst.<br />
Die Worte „unter Lebenden“ wurden gestrichen<br />
und im zweiten Satz wurde die Begründung weggelassen.<br />
66 Es wurde erwogen, ob auch der Abschluss unter<br />
Anwesenheit von zwei Zeugen eine hinreichende Form<br />
wäre, was jedoch unter Verweis auf den Warnzweck der<br />
Schenkung abgelehnt wurde. 67 Auch der Vorschlag, eine<br />
Wertgrenze für die Formvorschrift nach römisch rechtlichem<br />
Vorbild festzulegen, fand aufgrund der Relativität<br />
einer solchen Grenze keinen Anklang. 68 Seitdem lautet<br />
§ 943 ABGB: „Aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong><br />
Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst<br />
dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses<br />
Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet<br />
werden.“<br />
a) Das Konzept des ALR im ABGB<br />
§ 943 ABGB regelt zwei Fälle der Schenkung nach demselben<br />
Konzept wie das ALR. Nach dem zweiten Satz entsteht<br />
ausdrücklich nur für die schriftliche Urkunde ein Klagerecht.<br />
69 Satz 1 bestimmt hingegen, dass ein mündlicher<br />
Vertrag ohne <strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht erzeugt.<br />
Der dritte im ALR geregelte Fall, ein mündlicher Vertrag<br />
mit <strong>Übergabe</strong>, wird von § 943 ABGB nicht geregelt.<br />
Hier gegen den Wortlaut des § 943 Satz 2 ABGB eine<br />
vollständige Gültigkeit samt Klagbarkeit anzunehmen,<br />
ist nicht geboten. Vielmehr spricht vieles dafür, dass<br />
Satz 2 die mündliche Schenkung mit <strong>Übergabe</strong> absichtlich<br />
nicht erwähnt, weil man dies nicht für notwendig<br />
hielt. Dies wäre denkbar, wenn es im Falle der mündlichen<br />
Schenkung mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> gar keines Klagerechts<br />
bedürfe. 70<br />
Das ALR sah für formungültige Schenkungen mit <strong>wirkliche</strong>r<br />
<strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht, sondern einen Rückforderungsausschluss<br />
vor. Dass übergebene Schenkungen<br />
nicht zurückgefordert werden können, findet sich zwar<br />
nicht in § 943 ABGB. Allerdings findet sich zumindest<br />
die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> erwähnt. Komplett wird die Vorschrift<br />
erst mit § 1432 ABGB, durch den die bereicherungsrechtliche<br />
Kondiktion von Zahlungen von Schulden,<br />
bei denen das Gesetz bloß die Klagbarkeit versagt, aus-<br />
66<br />
Ofner, Ur-Entwurf II 29 FN 1.<br />
67<br />
Ofner, Ur-Entwurf II 29.<br />
68<br />
Ofner, Ur-Entwurf II 562.<br />
69<br />
So auch Zeiller, Commentar über das ABGB III/1, 161.<br />
70<br />
Vgl Zeiller, Commentar über das ABGB III/1, 161 nach dem ein<br />
wirklich übergebenes Geschenk sogleich das Eigentumsrecht<br />
überträgt und eine schriftliche Schenkung eine persönliche Forderung,<br />
ein Klagerecht gibt.<br />
327
NOTAR.AT<br />
Laurenz Liedermann, NZ 11/2011<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
geschlossen wird. Dadurch ergibt sich eine Lösung<br />
für den Fall: Wird eine bloß mündliche Schenkung durch<br />
<strong>Übergabe</strong> erfüllt, so kann sie nicht zurückgefordert<br />
werden.<br />
b) Die Novellierung der Bestimmung<br />
Durch das 1871 erlassene Notariatsaktsgesetz 71 wurde<br />
§ 943 ABGB materiellrechtlich derogiert, 72 da es für<br />
Schenkungen ohne <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> nun die Notariatsaktspflicht<br />
vorschreibt. Grund für diese Änderung<br />
war, dass die bloße Schriftlichkeit angesichts der drastischen<br />
Gefahr der Beeinträchtigung der Willensbildung<br />
für ungenügend befunden wurde. 73 Das Schriftlichkeitserfordernis<br />
hatte früher schon allein deswegen eine viel<br />
größere Warnkraft, weil die Fähigkeit zu schreiben in<br />
der Bevölkerung weniger verbreitet war. 74 Es war ein<br />
Akt notwendig, der an so viel Feierlichkeit geknüpft<br />
war, dass er den notwendigen Ernst und die Überlegung<br />
für ein solches Geschäft erreichte. 75 Die Sicherung eines<br />
gewissen Maßes an Beschäftigung für Notare war gewiss<br />
Ausgangspunkt, nicht aber Grund für die Neuregelung.<br />
76<br />
Neu ist neben der strengeren Form auch, dass § 1 Abs 1<br />
lit d NotAktsG nunmehr die Gültigkeit des Vertrages<br />
durch die Form bedingt. Allerdings finden sich in den<br />
Materialien zur Änderung keine Anzeichen dafür, dass<br />
das grundlegende System angepasst werden sollte. 77<br />
Vielmehr sollte die für ungenügend empfundene Schriftform<br />
ausgetauscht werden. 78<br />
Auch der Kondiktionsausschluss des § 1432 ABGB gilt<br />
nicht nur für Verbindlichkeiten, bei denen die Klagbarkeit<br />
versagt ist, sondern auch für formungültige Verbindlichkeiten.<br />
Daraus lässt sich schließen, dass das Konzept<br />
des ALR und des § 943 ABGB fortbestehen sollte und<br />
§ 1 Abs 1 NotAktsG unter „Gültigkeit“ nur die vollkommene<br />
Gültigkeit versteht, die das Klagerecht inkludiert.<br />
79<br />
71<br />
Gesetz vom 25. Juli 1871, betreffend das Erforderniß der notariellen<br />
Errichtung einiger Rechtsgeschäfte (Notariatsaktsgesetz –<br />
NotAktsG) RGBl 1871/76 idF BGBl I 2009/75.<br />
72<br />
Für eine formelle Aufhebung des § 943 zur Klarstellung P. Bydlinski,<br />
Neues im Recht der Rechtsgeschäftsform, RdW 2001/12, 716,<br />
720; Riedler, Modernisierungsbedarf des ABGB in den besonderen<br />
Bestimmungen über vertragliche Schuldverhältnisse! in<br />
Fischer-Czermak/Hopf/Kathrein/Schauer (Hrsg), ABGB 2011:<br />
Chancen und Möglichkeiten einer Zivilrechtsreform (2008) 73,<br />
85 und 87.<br />
73<br />
Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung 59.<br />
74<br />
Gruber in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit 55, 82.<br />
75<br />
HHB 16 BlgHH 6. Sess 242.<br />
76<br />
P. Bydlinski, Die Notariatsaktspflicht 1850 und heute, NZ 1990,<br />
289, 290; Welser in Rechberger, Formpflicht und Gestaltungsfreiheit<br />
1, 9 f.<br />
77<br />
HHB 16 BlgHH 6. Sess 242.<br />
78<br />
Strohal, Zur Lehre vom Eigenthum an Immobilien (1876) 78 FN 21;<br />
aA Frankl, Formerfordernisse 50 f.<br />
79<br />
Vgl Berger in Gutachten 175 Jahre ABGB III 41, 49.<br />
Im Ergebnis sollte offenbar nur Satz 2 des § 943 ABGB<br />
derogiert werden. Zusammen lauteten die Bestimmungen<br />
daher: Aus einem bloß mündlichen, ohne <strong>wirkliche</strong><br />
<strong>Übergabe</strong> geschlossenen Schenkungsvertrag erwächst<br />
dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Zur (vollkommenen)<br />
Gültigkeit ist ein Notariatsakt erforderlich.<br />
c) Zwischenergebnis<br />
Das durch das ALR geprägte System, das einerseits klagbare<br />
formgültige Schenkungen und andererseits unklagbare,<br />
aber dennoch erfüllbare formungültige Schenkungen<br />
im Auge hatte, ist nach wie vor im österreichischen<br />
Recht verankert, auch wenn es sich nicht mehr eindeutig<br />
aus dem Wortlaut entnehmen lässt.<br />
Damit bleibt es dabei, dass nur die Schenkung in Notariatsaktsform<br />
einen klagbaren Anspruch begründet. Alle<br />
anderen Schenkungen, auch die mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong>,<br />
erzeugen eine Naturalobligation, aus der kein Klagerecht<br />
erwächst. Dieses ist im Falle der <strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong><br />
auch gar nicht notwendig, weil die <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong><br />
ohnehin Erfüllung bedeutet und eine weitere Klage<br />
nicht erforderlich ist.<br />
Wenn der Gesetzgeber bei der Schenkung ohne Notariatsakt<br />
aber mit <strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> kein Klagerecht einräumt,<br />
sondern nur einen Rückforderungsschluss, dann<br />
muss man davon ausgehen, dass er dieses auch nicht<br />
für notwendig hält. Eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> liegt also immer<br />
dann vor, wenn die Schenkung so weit erfüllt ist, dass<br />
eine Klage nicht mehr notwendig ist.<br />
4. Reichweite der Klage<br />
Es muss festgestellt werden, wann ein Zustand hergestellt<br />
ist, der der „<strong>wirkliche</strong>n <strong>Übergabe</strong>” entspricht, weil<br />
keine Klage mehr notwendig ist. Dies gilt keinenfalls, solange<br />
die schuldrechtliche Schenkungsklage erforderlich<br />
ist. Der Formzweck kann aber auch nicht dadurch umgangen<br />
werden, dass anstatt der Schenkungsklage eine<br />
Schadenersatzklage wegen Nichterfüllung auf das positive<br />
Forderungsinteresse möglich wäre.<br />
Problematisch ist der Fall des Besitzkonstituts, bei dem –<br />
würde man von einer wirksamen Übereignung ausgehen<br />
80 – die Sache auch mit der rei vindicatio herausverlangt<br />
werden könnte. Der Beschenkte könnte die Schenkung<br />
quasi klagsweise durchsetzen, ohne sich auf die unklagbare<br />
Schuldforderung stützen zu müssen.<br />
Dieser Weg ist grundsätzlich nachvollziehbar, denn das<br />
ABGB erkennt eine Erfüllung durch Besitzkonstitut an,<br />
und die formungültige Schenkung ist als Naturalobligation<br />
gültiger Titel für eine Eigentumsübertragung. Die<br />
Wertung des Gesetzgebers, den Beschenkten die Klagbarkeit<br />
der Schenkung zu entziehen, wäre dadurch jedoch<br />
unterwandert. Ein Zustand der Erfüllung, in dem<br />
80<br />
So Frankl, Formerfordernisse 76 allerdings mit strengen Erfordernissen<br />
beim Besitzkonstitut.<br />
328
NZ 11/2011<br />
Laurenz Liedermann,<br />
Die „<strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong>“ im Schenkungsrecht<br />
NOTAR.AT<br />
der Beschenkte gerade auf keine Klage mehr angewiesen<br />
wäre, ist noch nicht erreicht. Auch der Kondiktionsausschluss<br />
nach § 1432 ABGB, den der Beschenkte bei<br />
<strong>wirkliche</strong>r <strong>Übergabe</strong> haben müsste, bringt ihm in dieser<br />
Situation noch nichts, da er noch nicht im Besitz der Sache<br />
ist. Aus diesem Grund ist – im Einklang mit der hM<br />
– eine <strong>wirkliche</strong> <strong>Übergabe</strong> durch Besitzkonstitut ausgeschlossen.<br />
5. Akt des Geschenkgebers<br />
Anders als die neuere Rsp 81 annimmt, muss die <strong>wirkliche</strong><br />
<strong>Übergabe</strong> nicht durch einen Akt des Geschenkgebers erfolgen.<br />
Auch wenn der Beschenkte die Sache berechtigterweise<br />
selbst an sich nimmt, ist der Zustand der vollkommenen<br />
Erfüllung hergestellt und eine Klage gegen<br />
den Beschenkten in weiterer Folge nicht mehr erforderlich.<br />
Die Berechtigung für eine solche Handlung muss<br />
vom Geschenkgeber oder auch durch das Gesetz eingeräumt<br />
sein. Durch eine unberechtigte Ansichnahme der<br />
Sache kann der Beschenkte seine Situation natürlich<br />
nicht verbessern.<br />
Diese Frage ist vor allem für die <strong>Übergabe</strong> von Liegenschaften<br />
relevant. Es spielt keine Rolle, von wem der Antrag<br />
auf Einverleibung des Eigentums ausgeht, da nach<br />
GBG beide Parteien dazu berechtigt sind. 82<br />
6. Alle erforderlichen Schritte<br />
Es genügt entgegen der von Dehn vertretenen Ansicht<br />
83 auch nicht, dass alle erforderlichen Schritte eingeleitet<br />
sind, die dem Beschenkten ermöglichen, den<br />
Zustand der vollständigen Erfüllung selbst herbeizuführen,<br />
so etwa, wenn der Beschenkte alle zur Eintragung<br />
ins Grundbuch erforderlichen Unterlagen bei sich hat.<br />
Solange der Geschenkgeber durch seine Verfügung<br />
die Erfüllung noch vereiteln kann, ist der Beschenkte<br />
noch auf die Erfüllungsklage angewiesen. Veräußert<br />
der Geschenkgeber das Grundstück und wird diese Veräußerung<br />
zuerst eingetragen, 84 so würde dem Beschenkten<br />
nur der Weg über die Schenkungsklage bleiben,<br />
der ihm aber mangels Notariatsaktsform verwehrt<br />
ist.<br />
Erst wenn der Beschenkte die erforderlichen Schritte tatsächlich<br />
durchführt, ist die Sache als wirklich übergeben<br />
anzusehen. Die Position des Beschenkten ist aber insofern<br />
nicht schlecht, als er diesen Zustand jederzeit selbständig<br />
herstellen kann.<br />
81<br />
OGH 9 Ob 149/04 h SZ 2005/12.<br />
82<br />
Kodek in Kodek (Hrsg), Grundbuchsrecht 1.10 (2009) § 77 GBG<br />
Rz 12.<br />
83<br />
Vgl FN 25.<br />
84<br />
Allerdings könnte der Geschenkgeber in diesem Fall schadenersatzpflichtig<br />
werden.<br />
D. Ergebnis<br />
1. Bewegliche Sachen<br />
Bewegliche Sachen können – in Übereinstimmung mit<br />
der hM – nicht nur durch körperliche <strong>Übergabe</strong>, sondern<br />
auch durch traditio brevi manu oder Besitzanweisung<br />
übertragen werden. Bei letzterer kann die Verständigung<br />
des Inhabers sowohl durch den Geschenkgeber erfolgen<br />
als auch – bei entsprechender Ermächtigung –<br />
durch Übermittlung der Anweisung durch den Beschenkten.<br />
85<br />
Eine Erfüllung durch Besitzkonstitut ist hingegen entgegen<br />
der Rsp 86 nie möglich, da der Beschenkte die Sache<br />
erst klagsweise herausverlangen müsste. Ob die Verfügung<br />
dabei nur von Dritten bestritten wird oder ob der<br />
Geschenkgeber die Schenkung mehrmals bekräftigt<br />
hat, macht keinen Unterschied, da dies keine Auswirkungen<br />
darauf hat, dass der Beschenkte sein Recht erst<br />
durch Klage geltend machen muss.<br />
2. Liegenschaften<br />
Liegenschaften werden durch Einverleibung wirklich<br />
übergeben. Erst dann ist der Zustand hergestellt, in<br />
dem der Beschenkte keine weitere Klage benötigt. Bei<br />
der außerbücherlichen <strong>Übergabe</strong> trifft dies gerade nicht<br />
zu. Hier müsste der Beschenkte erst mit Klage auf die Einverleibung<br />
drängen, was dem System der Schenkungsform<br />
widerspricht.<br />
Hat der Beschenkte alle erforderlichen Unterlagen in<br />
Händen, also insbesondere auch eine notariell beglaubigte<br />
Aufsandungserklärung, so kann er damit die Einverleibung<br />
verlangen und den Zustand der vollständigen Erfüllung<br />
herstellen. Allerdings lässt das Grundbuchsgericht<br />
die Einverleibung nur dann zu, wenn im Kaufvertrag<br />
– unabhängig davon, ob es den Tatsachen entspricht<br />
oder nicht – behauptet wird, dass die Liegenschaft bereits<br />
außerbücherlich übergeben wurde. Dies ist einerseits<br />
deswegen abzulehnen, weil die außerbücherliche<br />
<strong>Übergabe</strong> die Formvorschriften nicht erfüllen kann, anderseits,<br />
weil die Schenkungsform für die Erfüllung nicht<br />
eingehalten werden muss. Es ergibt sich aus der Natur<br />
der Naturalobligation und aus § 1432 ABGB, dass das<br />
formungültige Geschäft gerade nicht formgültig sein<br />
muss, um erfüllt werden zu können. Andernfalls würde<br />
die mangelnde Form der Erfüllung jeglicher formungültigen<br />
Verbindlichkeit entgegenstehen und § 1432 ABGB<br />
wäre obsolet.<br />
Daran kann auch § 26 GBG nichts ändern, der für die Einverleibung<br />
einen formgültigen Titel verlangt. Unter der<br />
„zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form“ sind mittels<br />
85<br />
Mader in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON 1.00 (2010) § 428<br />
Rz 8.<br />
86<br />
Vgl FN 8.<br />
329
NOTAR.AT<br />
Miscelle<br />
NZ 11/2011<br />
Auslegung nur solche Formvorschriften zu verstehen, die<br />
der Eintragung entgegen stehen, etwa die notarielle Beglaubigung.<br />
Die Schenkungsform hindert, entgegen der<br />
unglücklichen Formulierung des NotAktsG, 87 jedoch<br />
nicht die Gültigkeit des Vertrags, sondern nur die Klagbarkeit.<br />
Die grundbuchsrechtlichen Verfahrensvorschriften<br />
dürfen dieses Ergebnis des ABGB nicht antasten,<br />
gegebenenfalls muss § 26 GBG teleologisch reduziert<br />
werden.<br />
87<br />
Siehe oben C.2.b)(iii).<br />
Miscelle<br />
NZ 2011/109<br />
Der Entwurf einer<br />
Grundbuchsnovelle 2012<br />
aus Sicht der Wissenschaft<br />
Von em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Hans Hoyer, Wien<br />
A. Einleitung<br />
Unter dem 27. 9. 2011 hat das BMJ zu BMJ-Z 95001/<br />
002-I 4/2011 einen Entwurf einer Grundbuchsnovelle<br />
2012 zur Begutachtung bis 6. 12. 2011 ausgesandt.<br />
Schon eine erste Durchsicht zeigt, dass neben sinnvollen<br />
Neuerungen entscheidende Verschlechterungen der<br />
Rechtslage geplant sind. Das in Aussicht genommene Inkrafttreten<br />
der meisten Bestimmungen der Novelle lässt<br />
sich angesichts der zur Verfügung stehenden Zeit nur als<br />
reichlich naive Erwartung verstehen. Immerhin ist es<br />
schon ein Fortschritt, dass die Neuerungen nicht im Budgetbegleitgesetz<br />
für 2012 versteckt werden sollen.<br />
Eine alle vorgeschlagenen neuen Normen besprechende<br />
Stellungnahme ist nicht möglich, es seien nur einige Auffälligkeiten<br />
hervorgehoben.<br />
B. Zu Art 1 Z 1<br />
In dem vorgeschlagenen Zusatz zu § 27 Abs 1 GBG zeigt<br />
sich deutlich die Tendenz, die durch technische Neuerungen<br />
im Gerichtsbetrieb erfolgten neuen Anforderungen<br />
an Anträge und Urkunden auch dann auf die Parteien<br />
zu überwälzen, wenn diese den Anforderungen<br />
nicht nachkommen können. Zu denken ist etwa an für<br />
Auslandsverträge nach dem Ortsrecht des Abschlussortes<br />
vorgeschriebene von DIN A 4 abweichende Formate,<br />
das Verwenden von „Stempelpapier“ oder einer Papiersorte,<br />
die nicht einwandfrei gescannt werden kann. Aber<br />
selbst im Inland erstellte Pläne müssen je nach den darzustellenden<br />
Liegenschaften ein adäquates Format aufweisen;<br />
durch die Wahl unterschiedlicher Darstellungsmaßstäbe<br />
lässt sich nichts erreichen, weil diese auch<br />
von den allenfalls erforderlichen genau nachzuvollziehenden<br />
Details aus der Natur abhängen.<br />
§ 27 GBG sollte ungeändert bleiben.<br />
C. Zu Art 1 Z 2 und 3<br />
Die vorgeschlagenen Neuerungen sind vertretbar.<br />
D. Zu Art 1 Z 6<br />
Von dem Einführen der „Namensrangordnung“ sollte<br />
man Abstand nehmen. Während die zum Vergleich herangezogene<br />
Anmerkung der Zusage des Wohnungseigentums<br />
des § 40 Abs 2 und 4 WEG dem Schutz des<br />
Wohnungseigentumsbewerbers, dessen er in seiner<br />
konkreten Situation bedarf, dient, trifft das auf den Berechtigten<br />
der „Namensrangordnung“ nicht zu. Der Namensrangordnung<br />
kommt bei Vormerkung oder Einverleibung<br />
der Löschung dinglicher Rechte keine wie immer<br />
geartete Schutzfunktion zu, sie scheint eher die faktische<br />
Verfügungsmöglichkeit des konkret dinglich<br />
Berechtigten einzuschränken, könnte dieser doch mittels<br />
einer grundbuchstauglichen Vollmacht bereits einen<br />
Dritten zum Verfügungsberechtigten gemacht haben.<br />
Auch ist nur schwer vorstellbar, wie dieses Institut bei<br />
Verfügung über freigewordene Pfandstellen funktionieren<br />
soll, wenn gleichzeitig Namensrangordnungen zur<br />
Vormerkung oder Einverleibung der Löschung und<br />
zum Ausnützen des Pfandrangs an unterschiedliche Personen<br />
erteilt wurden.<br />
Die in Abs 2, 3 und 4 des § 57 a GBG vorgeschlagenen<br />
Neuerungen machten das Grundbuch nur unübersichtlicher<br />
und dem Nichtfachmann unverständlich. Das sollte<br />
unter allen Umständen vermieden werden. Für Abs 4 besteht<br />
keine Notwendigkeit, lässt sich doch das Ergebnis<br />
mittels Rangordnungsbeschluss und grundbuchstauglichem<br />
Treuhandvertrag schon bei geltender Rechtslage<br />
erreichen.<br />
E. Zu Art 1 Z 7<br />
Der bisherige § 82 a GBG sollte als systemwidrig einfach<br />
aufgehoben werden. Die Fiktion einer Antragsrücknahme<br />
bei Nichtreaktion des ASt auf den Verbesserungsantrag<br />
stellte eine weitere Systemwidrigkeit dar. Soll<br />
auch ein Gesuch als zurückgezogen gelten, das nicht<br />
zur Bewilligung einer Einverleibung, wohl aber einer Vormerkung<br />
genügt? Wenn ja, hätten wir den einmaligen<br />
330
NZ 11/2011<br />
Miscelle<br />
NOTAR.AT<br />
rechtsstaatswidrigen Zustand, dass Belieben/Willkür eines<br />
Organs über den Rechtsschutzanspruch des ASt entscheidet.<br />
Dazu könnte ein Verbesserungsauftrag bei zulässiger<br />
Vormerkung führen! Die korrekte Vorgangsweise<br />
wäre, bei Nichtverbesserung in der gesetzten Frist den<br />
Antrag mit anfechtbarem Beschluss zurückzuweisen<br />
und nicht im Gesetz Mutmaßungen über die Motive für<br />
die Untätigkeit des ASt anzustellen. Dazu kommt noch,<br />
dass seit der Neuordnung des Zustellwesens nicht in jedem<br />
Fall sicher ist, ob und wann dem ASt der Verbesserungsauftrag<br />
zugekommen war.<br />
Ein Aufheben des § 82 a GBG ließe Systemwidrigkeiten<br />
und Rechtsschutzdefizite vermeiden.<br />
F. Zu Ar t 1 Z 9<br />
Aus durchsichtigen Gründen sträuben sich vor allem<br />
Grundbuchsrechtspfleger gegen das Kumulieren von<br />
Grundbuchsgesuchen: ohne Kumulationsmöglichkeit<br />
gäbe es mehr zu „erledigende“ Akten ohne sachliche<br />
Mehrarbeit, statistisch an den Tagebuchzahlen „nachweisbar“.<br />
Die – auch in den EB bezogene – Judikatur<br />
des Grundbuchsenats differenziert danach, ob nur einer<br />
der Kumulationsgründe vorliegt, in welchem Fall die Kumulation<br />
offenbar immer zulässig ist, oder ob mehrere<br />
der in § 86 GBG genannten Gründe zusammentreffen,<br />
was offenbar nur dann zulässig sein soll, wenn Unübersichtlichkeit<br />
und/oder Fehleranfälligkeit im Vergleich<br />
zur Erledigung mehrerer gleichrangiger Gesuche zunehmen.<br />
Aus dem Wortlaut des § 86 GBG lässt sich dieses<br />
Ergebnis nicht unmittelbar ableiten, es wäre allerdings<br />
nicht systemwidrig und aus praktischen Gründen nachvollziehbar.<br />
Allerdings steht diese Ansicht in einem gewissen Spannungsverhältnis<br />
zur Privatautonomie. Den – und auch<br />
mehreren Parteien – mehrerer Rechtsgeschäfte steht<br />
es aus der Vertragsfreiheit zu, ihre Rechtsgeschäfte so<br />
miteinander zu verknüpfen, dass das Einräumen der in<br />
diesen gewährten dinglichen Rechte gleichzeitig und<br />
gleichrangig oder gar nicht erfolgen soll. Für einen Spezialfall<br />
deutet auch § 97 Abs 1 GBG in diese Richtung:<br />
Ist das gleichzeitige Verbüchern gegenseitiger Rechte<br />
bedungen oder dem Geschäftstyp inhärent – zB beim<br />
bäuerlichen Übergabsvertrag (5 Ob 136/97 d) – darf<br />
die Verbücherung auch nur gleichzeitig und damit in aller<br />
Regel auch gleichrangig erfolgen. Aus § 86 GBG<br />
folgt aber auch, dass „dieselbe Urkunde“ nicht allzu<br />
wörtlich genommen werden darf: Wenn sich die rechtsgeschäftlichen<br />
Erklärungen der Parteien in getrennten<br />
Urkunden befinden (müssen), wie bei Anbot und<br />
Annahme, Vertragsbeitritt, erforderlicher Zustimmung<br />
nach § 364 c ABGB der Verbotsberechtigten, Erklärungen<br />
des Vorkaufsberechtigten und ähnlichen Fällen,<br />
sind alle zusammen als eine Urkunde des § 86 GBG anzusehen.<br />
In dieser Situation scheint es nicht sinnvoll, die Flexibilität<br />
der Rsp vorzeitig durch gesetzliches Festschreiben von<br />
Kriterien, die möglicherweise den Sinn des § 86 GBG<br />
nicht voll ausloten, zu beschneiden. Als weiteres Ablehnungskriterium<br />
einer Kumulation Verzögerung der Erledigung<br />
einzuführen, ist alles andere als einsichtig. Soll<br />
ein langsamer als andere arbeitendes Justizorgan aus seiner<br />
Langsamkeit Vorteile ziehen dürfen? Wie kommen<br />
Parteien dazu, von subjektiven Momenten der Justizorgane<br />
abhängig zu werden? Angesichts des grundsätzlichen<br />
Zwischenerledigungsverbots des § 95 Abs 1 GBG<br />
ist auch nicht zu sehen, welche legal möglichen Verzögerungen<br />
in Frage stehen.<br />
An der Grenze zum Unfug liegt der Vorschlag, § 86<br />
GBG durch einen zweiten Satz zu ergänzen, wonach<br />
mehrere Rechte auf Grund einer Urkunde bei Liegenschaften,<br />
an denen Wohnungseigentum begründet<br />
wurde, nur für denselben Mindestanteil zu beantragen<br />
zulässig sein soll. Wie soll dann ein Pfandrecht für ein<br />
aufgenommenes Darlehen mit Haftung aller Wohnungseigentümer<br />
zur gesamten Hand eingetragen werden;<br />
wie die Belastung mehrerer Mindestanteile mit Dienstbarkeiten<br />
zugunsten anderer Wohnungseigentümer<br />
oder des ganzen Grundbuchskörpers zugunsten eines<br />
anderen? Steht auch hinter diesem Wunsch die Statistik<br />
(siehe oben)?<br />
G. Zu Art 1 Z 10<br />
In Grundbuchssachen scheint ein Zustellverzicht nur verantwortbar,<br />
soweit es sich um Beschlüsse handelt, die<br />
den Antrag des Verzichtenden vollständig bewilligen<br />
oder seiner Zustimmung zu einer Eintragung voll Rechnung<br />
tragen. In allen anderen Fällen wäre das Vertrauen<br />
des Verzichtenden missbraucht und dieser der Gefahr<br />
von Rechtsverlust ausgesetzt, ohne sich dagegen durch<br />
Rechtsmittel wehren zu können. Ohne die entsprechenden<br />
Einschränkungen – und nicht nur Abgabe des Verzichts<br />
in grundbuchsfähiger Urkunde – ist der vorgeschlagene<br />
§ 119 Abs 2 GBG nicht vertretbar.<br />
H. Zu Art 2 Z 1<br />
Die in den EB geschilderten Probleme sind dadurch entstanden,<br />
dass man die elektronische Urkundensammlung<br />
eingerichtet und in Betrieb genommen hat, ohne<br />
dass die Voraussetzungen für die Übernahme von Sonderformaten<br />
und mehrfarbigen Darstellungen schon gegeben<br />
waren. Sich dann der Verpflichtung zum Erteilen<br />
von Abschriften zu entziehen, soweit man die technischen<br />
Möglichkeiten dazu nicht geschaffen hatte und<br />
als Ersatz dafür nur eine Einsichtsmöglichkeit – offenbar<br />
nicht einmal maßstabsgerecht – zu gewähren, ist wohl<br />
unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten schwer vertretbar.<br />
Da die technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten,<br />
331
NOTAR.AT<br />
Miscelle<br />
NZ 11/2011<br />
wenn auch unter höherem technischen Aufwand, bestehen,<br />
wird es Sache der Justizverwaltung sein, diese auch<br />
einzusetzen.<br />
Der vorgeschlagene § 5 Abs 2 a GUG ist untragbar und<br />
hätte zu entfallen.<br />
Auch die hier geschilderten Probleme hat man sich mit<br />
dem Einführen der einheitlichen Plandurchführung selbst<br />
geschaffen. Auch hier soll die Abhilfe durch unnötiges<br />
Komplizieren des Grundbuchsrechts und nicht durch<br />
das Beheben der Ursache gefunden werden. Das Argument<br />
der Mehrbelastung der Eisenbahnbuchgerichte<br />
übersieht (geflissentlich?), dass dieser eine Minderbelastung<br />
der allgemeinen Grundbuchsgerichte im gleichen<br />
Ausmaß gegenübersteht.<br />
Die Zweckmäßigkeit des Gesetzesvorschlags ist nicht<br />
nachgewiesen.<br />
I. Zu Art 2 Z 3<br />
Die vorgeschlagene Neufassung des § 18 c GUG ist die<br />
Folge der unverständlichen Regelung in § 2 Abs 1 Lieg-<br />
TeilG. Die einheitliche Plandurchführung und die Befugnis<br />
der Vermessungsbehörden, die Durchführung schon<br />
früher bescheinigter Pläne zur Voraussetzung der Bescheinigung<br />
späterer Pläne anzuordnen, stellen erhebliche<br />
Einschränkungen der Privatautonomie dar. Die einheitliche<br />
Plandurchführung wäre aus privatrechtlichen<br />
Gründen unzulässig, sollte ein Teil eines auf den Plan bezogenen<br />
Rechtsgeschäfts nach Irrtumsanfechtung aufgehoben<br />
werden oder nichtig sein, kann die einheitliche<br />
Plandurchführung nicht mehr verlangt werden. Dasselbe<br />
gilt nach Vertragsrücktritt, vor allem im Insolvenzfall<br />
durch den Masseverwalter. Dahinter steckt auch „nur“,<br />
dass die Vermessungsämter bescheinigte Pläne bereits<br />
in ihre Datenbank eingeben und daran nichts mehr ändern<br />
wollen. Das ist aber kein tragfähiger Grund, in die<br />
Privatautonomie von Parteien als Vertrags- und Verfügungsfähigkeit<br />
einzugreifen.<br />
Die vorgeschlagene neue Norm hätte zu entfallen.<br />
J. Zu Art 2 Z 4<br />
Die vorgeschlagene Neuregelung mit der Verordnungsmöglichkeit<br />
zeigt deutlich, dass die technischen Voraussetzungen<br />
für den endgültigen Abschied vor der papiermäßigen<br />
einzigen Ausfertigung des Rangordnungsbeschlusses<br />
noch nicht gegeben sind. In welcher Form sie<br />
wann geschaffen werden, ist nicht absehbar. Ein allzu<br />
schnelles Reagieren auf – vielleicht auch nur behauptete<br />
– neue technische Errungenschaften sollte nicht ermöglicht<br />
werden, ein längerer Probelauf vor Änderungen<br />
wäre erforderlich.<br />
Die vorgeschlagene neue Vorschrift sollte vermieden<br />
werden.<br />
K. Zu Art 2 Z 5<br />
L. Zu Art 2 Z 6<br />
Der Termin des Inkrafttretens ist unerfüllbarer Wunschtraum<br />
(zu A.).<br />
Der vorgeschlagene Abs 9 des § 30 GUG ist an dieser<br />
Stelle lex fugitiva; er gehörte in den Zusammenhang<br />
mit § 136 Abs 1 GBG, da das Fehlen diakritischer Zeichen<br />
der unpräzisen bzw unrichtigen Personsbezeichnung<br />
entspricht. § 136 GBG setzt auch – die Judikatur<br />
ist allerdings teilweise gegenteiliger Ansicht – nicht außerbücherliche<br />
Rechtsänderungen voraus, sondern nur<br />
Unrichtigkeit des Bucheintrags. Gerade dieser Fall ist<br />
bei dem – ursprünglich technisch bedingten – Wegbleiben<br />
diakritischer Zeichen bei Namens- und uU auch Ortsangaben<br />
gegeben.<br />
Bitte den vorgeschlagenen Abs 9 des § 30 GUG in § 136<br />
Abs 1 GBG einbauen.<br />
M. Zu Art 3 Z 1<br />
Der inhaltliche Konnex zwischen Teilungsplan und<br />
Grundbuchsantrag ergibt sich aus dem letztgenannten.<br />
Es besteht der unausgeräumte Verdacht, dass dem Vorschlag<br />
der Ergänzung des § 2 LiegTeilG das zu § 86<br />
GBG (Art 1 Z 9 siehe oben F.) genannte Motiv zugrunde<br />
liegt. Der konkrete Vorschlag vermag nicht zu<br />
erklären, warum entgegen einer Parteienvereinbarung<br />
nach § 97 Abs 1 GBG nicht Belastungen oder Gegenleistungen,<br />
deren Umfang sich aus einem zweiten bescheinigten<br />
Plan ergibt, nicht in einem einheitlichen<br />
Grundbuchsgesuch durchgeführt werden können. Insbesondere<br />
bei Grundstückstausch ergeben sich entsprechende<br />
Situationen häufig. Selbst gleichzeitiges –<br />
und damit gleichrangiges – Einreichen zweier Grundbuchsgesuche<br />
hilft hier nicht weiter, weil deren Gleichrangigkeit<br />
keine Gewähr dafür bietet, dass ihre Erledigung<br />
vor allem voneinander abhängig ist; bei<br />
Abänderung nur einer Erledigung im Rechtsmittelweg<br />
ergeben sich ferner unlösbare Probleme um die vertragliche<br />
Verknüpfung aus der nicht voneinander abhängig<br />
zu machenden Rechtskraft der Gesuchserledigung.<br />
Der Vorschlag des Ergänzens von § 2 Abs 1 LiegTeilG um<br />
einen zweiten Satz ist kontraproduktiv, systemwidrig und<br />
eine unnotwendige Einschränkung der Parteiautonomie.<br />
Dieser Vorschlag ist abzulehnen.<br />
332
NZ 11/2011<br />
Miscelle<br />
NOTAR.AT<br />
N. Zu Art 3 Z 3<br />
Das Grundbuchsgericht hat keine Vermutung aus Vertragsauslegung<br />
anzustellen, also nicht zu erwägen, was<br />
die Parteien tatsächlich gewollt haben, sondern das Gesetz<br />
(§ 94 Abs 1 Z 3 GBG) zu vollziehen. Insoweit ist es<br />
neu, dass rechtskräftig verbücherte Rechte entgegen<br />
§ 3 Abs 1 LiegTeilG erlöschen sollen, wenn ihr Mitübertragen<br />
im Grundbuchsgesuch nicht ausdrücklich beantragt<br />
ist. Dabei übersieht der Gesetzesvorschlag, dass<br />
auf diese Weise der Buchberechtigte ohne sein Zutun erheblich<br />
an dinglichen Rechten geschädigt werden kann.<br />
Nicht nur der Veräußerer, sondern auch der Erwerber<br />
kann den Grundbuchsantrag stellen (5 Ob 120/97 a JBl<br />
1997, 661; RIS-Justiz RS0006730; RS0060971; ua), Letztgenannter<br />
wird keinen Anlass haben, das Übertragen<br />
von Lasten zu seinem bücherlichen Nachteil zu beantragen.<br />
Nach § 3 Abs 1 LiegTeilG müssen bei Mitübertragen<br />
der bücherlichen Lasten auf das Trennstück die Berechtigten<br />
nicht zustimmen; diese Regel ist konsequent,<br />
da ihre Rechtsposition nicht beeinträchtigt wird. Warum<br />
aber ein Dritter als Dienstbarkeitsberechtigter, der keinen<br />
Einfluss auf den Grundbuchsantrag hat, durch Untätigkeit<br />
des ASt sein Recht verlieren soll, bleibt unerfindlich.<br />
Der Gesetzesvorschlag scheint insoweit durch Verstoß<br />
gegen die Eigentumsgarantie verfassungswidrig zu<br />
sein.<br />
§ 3 a LiegTeilG sollte nicht Gesetz, der Verfassungsgerichtshof<br />
nicht zusätzlich belastet werden.<br />
O. Zu Art 3 Z 5<br />
Es ist nicht einzusehen, warum Aufgaben des Vermessungsamtes<br />
auf die Grundbuchsgerichte verlagert werden<br />
sollen. Sonst sorgt man sich über die Arbeitslast<br />
der Gerichte, hier will man sie – zugunsten einer Bundesbehörde!<br />
– noch erhöhen. Anträge, die nicht nach § 82 a<br />
GBG verbessert werden könnten, sollten weiterhin abzuweisen<br />
sein.<br />
Die Ergänzung um das Zulassen gerichtlicher Erhebungen<br />
entgegen § 95 Abs 1 GBG hätte zu unterbleiben.<br />
P. Z u A r t 4 Z 1 u n d 2<br />
Die Absicht, das Begründen von Baurecht in Hinkunft<br />
einstufig zu gestalten, ist billigenswert. Der vorgeschlagenen<br />
Umsetzung stehen allerdings Bedenken gegenüber.<br />
Innerhalb der dreimonatigen Wirkungsfrist der Bestätigungen<br />
gem § 13 BauRG könnten bevorrechtete<br />
Forderungen fällig werden, die dann keine vorrangige<br />
Deckung durch die Liegenschaft erfahren. Es sollte daher<br />
zwar bei der bisherigen Regelung der Vorprüfung<br />
auf Zulässigkeit des Antrags und der Möglichkeit seiner<br />
Bewilligung bleiben, aber die Anmerkung im Grundbuch<br />
entfallen. Hier sollte die Zwischenerledigung des<br />
Anfrageverfahrens in Ausnahme von § 95 Abs 1 GBG<br />
zugelassen bleiben. Die Anmerkung kann deswegen unterbleiben,<br />
weil die Plombe durch die TZ des Antrags<br />
für interessierte Dritte ausreicht und jedenfalls zwischenzeitigen<br />
Gutglaubenserwerb dinglicher Rechte verhindert.<br />
Q. Zu Art 6 Z 1 und 2<br />
Die vorgeschlagenen Neuerungen sind zu begrüßen, da<br />
sie einige Problemfälle der Praxis sinnvoll lösen lassen.<br />
Ferner sind sie geeignet, die Belastung der Grundbuchsgerichte<br />
in Wohnungseigentumssachen zu mindern.<br />
R. Schluss<br />
Was man schmerzlich vermisst, ist ein Verdeutlichen<br />
des § 75 Abs 2 Satz 2 GBG. Die Vorschrift schreibt<br />
das ergänzende Anwenden der Normen über das Verfahren<br />
außer Streitsachen vor, soweit im GBG nichts<br />
anderes bestimmt wird. Das muss sich mangels Kostenersatzvorschrift<br />
und dem Fehlen eines ausdrücklichen<br />
Verbots im GBG auch auf § 78 Abs 2 AußStrG beziehen.<br />
Senat 5 und obiter auch Senat 3 (3 Ob 72/11 a)<br />
des OGH lehnen dies unter Hinweis auf die Einseitigkeit<br />
des Rechtsmittelverfahrens und auf das angebliche<br />
Fehlen eines streitähnlichen Verhältnisses (5 Ob 135/<br />
05 x; 5 Ob 197/05 i; 5 Ob 198/05 m; ua) ab, während<br />
Senat 1 zutreffend daraus, dass sich Grundbuchs- und<br />
Rechtsmittelantrag (der Gegenseite) geradezu als Ausweis<br />
widerstreitender Parteiinteressen zeigen, ableitet,<br />
§ 78 Abs 1 AußStrG habe auch im Grundbuchsverfahren<br />
seinen Anwendungsbereich (1 Ob 56/10 g). Ein klärendes<br />
Wort des Gesetzgebers wäre angebracht, umso<br />
mehr, als einige Rekursgerichte immer schon die Linie<br />
des Senat 1 des OGH vertreten haben und noch immer<br />
vertreten.<br />
333
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 2011/110<br />
§ 63 Abs 1 NO – Keine generellen Maßstäbe bei<br />
Feststellung der Sprachkundigkeit durch den Notar,<br />
spätere Beweisführung der Sprachunkundigkeit hat<br />
die Unwirksamkeit des Notariatsakts zur Folge<br />
Das Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde<br />
der Partei eines Notariatsakts ist vom Notar<br />
durch ausreichende Prüfung festzustellen; der Eindruck,<br />
die Partei sei der Sprache „hinreichend“ mächtig,<br />
indiziert, dass die Partei der Sprache „kundig“<br />
ist. Wird entgegen dem begründeten Eindruck des<br />
Notars der Beweis erbracht, dass die Partei der Sprache<br />
nicht kundig ist, hat dies die Unwirksamkeit des<br />
ohne Beiziehung eines Dolmetschers errichteten Notariatsakts<br />
zur Folge.<br />
OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 49/11 s (OLG Wien 29. 11. 2010, 4 R 67/<br />
10 f; HG Wien 26. 11. 2009, 37 Cg 36/08 k)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die zu FN. . . im Firmenbuch eingetragene N GmbH (in der<br />
Folge „Gesellschaft“) mit einem Stammkapital von<br />
S 500.000,– betreibt in Wien eine Mechanikerwerkstätte.<br />
Der Kl, ein ungarischer Staatsangehöriger, ist im Firmenbuch<br />
als Gesellschafter dieser Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil,<br />
der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage<br />
von S 150.000,– (E 10.900,93) entspricht, eingetragen.<br />
Die beiden aus Ungarn stammenden Bekl sind ebenfalls<br />
an dieser Gesellschaft mit je einem Geschäftsanteil,<br />
der einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von<br />
S 175.000,– entspricht, beteiligt. Die Bekl sind auch Geschäftsführer<br />
der Gesellschaft mit jeweils selbständiger<br />
Vertretungsbefugnis. Die firmenbuchmäßige Eintragung<br />
des Erwerbs des Geschäftsanteils durch den Kl beruht<br />
auf einem am 23. 3. 2005 vom öffentlichen Notar Dr. R D<br />
in Notariatsaktsform errichteten Abtretungsvertrag. Inhalt<br />
des Vertrags war die Abtretung eines jeweils fünfzehnprozentigen<br />
Geschäftsanteils an der Gesellschaft<br />
von jedem der beiden Bekl an den Kl zu einem Abtretungspreis<br />
von jeweils E 1,–.<br />
Bereits in der Zeit von 2003 bis 2004 war der Kl in der<br />
Mechanikerwerkstätte der Gesellschaft als Praktikant beschäftigt,<br />
wobei er Kfz-Reparaturen durchführte. Dieses<br />
Praktikum ermöglichte es ihm, ein Jahr lang legal in Österreich<br />
zu arbeiten, wobei Voraussetzung für die Zulässigkeit<br />
eines solchen Praktikums die Absolvierung eines<br />
Deutschkurses war. Dieser Kurs, den der Kl belegte, hatte<br />
vor allem technische Ausdrücke zum Inhalt.<br />
Im Jahr 2005 wollte der Kl abermals in der Werkstätte der<br />
Gesellschaft arbeiten, verfügte aber über keine Arbeitsbewilligung<br />
in Österreich. Die beiden Bekl kamen daraufhin<br />
überein, ihn als Gesellschafter in die Gesellschaft aufzunehmen.<br />
Dieses Vorhaben und die dafür geplante Abtretung<br />
von 30% der Gesellschaftsanteile an den Kl wurden<br />
daraufhin vom StB der Gesellschaft im Beisein des Kl<br />
und der beiden Bekl in deutscher Sprache erörtert. Der<br />
Kl nickte zu den Erklärungen des StB und sagte, dass er<br />
verstanden habe.<br />
Zu diesem Zeitpunkt sprach der Kl jedoch nur leidlich<br />
Deutsch. Es war ihm lediglich möglich, einfache Gespräche<br />
des täglichen Lebens zu führen, und er war mit technischen<br />
Ausdrücken, die die von ihm vorgenommenen<br />
Reparaturtätigkeiten betrafen, vertraut.<br />
Mehrere Tage vor der Errichtung des Notariatsakts<br />
wurde dem Kl eine Kopie des aufgesetzten Abtretungsvertrags<br />
ausgehändigt.<br />
Am 23. 3. 2005 fanden sich sodann der Kl, die beiden Bekl<br />
und der StB in der Kanzlei des Notars ein. Dieser verlas den<br />
in deutscher Sprache verfassten Text des Abtretungsvertrags,<br />
wobei der Kl ein Exemplar desselben in Händen<br />
hielt. Ein allgemein beeideter und gerichtl zertifizierter<br />
Dolmetscher für die ungarische Sprache wurde nicht beigezogen.<br />
Der Notar war der ungarischen Sprache nicht<br />
kundig, ungarisch sprechende Zeugen wurden nicht beigezogen.<br />
Im Notariatsakt wurde auch nicht angeführt,<br />
dass die Voraussetzungen für die Aufnahme desselben<br />
ohne die Zuziehung eines Dolmetschers gegeben seien.<br />
Nur sehr vereinzelt sprach die Erstbekl während der Verlesung<br />
des Vertrags auf Ungarisch mit dem Kl, wobei nicht<br />
festgestellt werden kann, ob sie dabei Teile des Vertrags<br />
übersetzte oder diesen nur auf sonstige Weise kommentierte.<br />
Auf die Frage des Notars, ob der Kl den Vertragsinhalt<br />
verstanden habe, machte dieser eine Kopfbewegung,<br />
die dies bejahen sollte, da es sein Ziel war, möglichst rasch<br />
legal in Österreich arbeiten zu können. Der Notar vergewisserte<br />
sich nicht, etwa durch weitere Fragen, ob die<br />
Deutschkenntnisse des Kl tatsächlich ausreichten, um der<br />
Verlesung soweit zu folgen, dass die Genehmigung des<br />
Vertragstexts durch den Kl möglich war. Tatsächlich reichten<br />
die Deutschkenntnisse des Kl nicht annähernd aus, um<br />
den gesamten Vertragsinhalt, insbesondere den Umstand,<br />
dass die Stammeinlage nur zur Hälfte einbezahlt war und<br />
die Gesellschaft die weitere Hälfte von ihm fordern könne,<br />
zu verstehen. Der Kl war sich daher auch nicht bewusst,<br />
dass er zur Einzahlung der weiteren Hälfte der Stammeinlage<br />
verhalten werden könnte.<br />
Der Kl begehrt primär die Feststellung, der in Notariatsaktsform<br />
errichtete Abtretungsvertrag sei nichtig, in<br />
eventu die Aufhebung des Abtretungsvertrags. Der Kl<br />
brachte vor, er sei ein einfacher ungarischer Arbeiter. Er<br />
habe nach Ablauf eines Praktikums bei der Gesellschaft<br />
als Automechaniker in legaler Form weiterarbeiten wollen.<br />
Die Bekl hätten seine Arbeitskraft nicht verlieren wollen<br />
und ihm mitgeteilt, sie hätten einen Weg gefunden,<br />
wie der Kl legal in Österreich arbeiten könne. Er habe daraufhin<br />
den Notariatsakt unterfertigt, dabei jedoch nicht<br />
über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache<br />
verfügt, die zur Errichtung des Notariatsakts erforderlich<br />
gewesen wären. Es sei nicht seine Absicht gewesen, Ge-<br />
334
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
sellschafter zu werden und insbesondere auch die Verpflichtung<br />
zu übernehmen, der Gesellschaft die zweite<br />
Hälfte der Stammeinlage zu zahlen. Dies sei den Bekl bekannt<br />
gewesen. Bei der Aufnahme des Notariatsakts<br />
hätte ein gerichtl beeideter Dolmetscher für die ungarische<br />
Sprache herangezogen werden müssen, was jedoch<br />
nicht geschehen sei. Deshalb sei gem § 66 NO keine öffentliche<br />
Urkunde und damit kein Notariatsakt zustande<br />
gekommen. Der Abtretungsvertrag sei daher absolut<br />
nichtig. Der Notar habe es ferner unterlassen, den Kl<br />
bei Aufnahme des Notariatsakts über dessen Sinn und<br />
die Folgen zu belehren und sich von seinem ernstlichen<br />
und wahren Willen zu überzeugen. Insbesondere habe<br />
der Notar den Kl nicht über seine Pflicht, bei Erwerb<br />
des Geschäftsanteils die offene Stammeinlage bezahlen<br />
zu müssen, aufgeklärt. Diese Vorgangsweise widerspreche<br />
§ 52 NO.<br />
Zum Eventualbegehren brachte der Kl vor, er habe sich<br />
bei Unterfertigung des Notariatsakts in einer Fehlvorstellung<br />
über die Wirklichkeit, insbesondere über die mit der<br />
Abtretung verbundenen Rechtsfolgen, befunden. Dieser<br />
Irrtum sei durch die beiden Bekl arglistig verursacht worden<br />
oder hätte ihnen zumindest auffallen müssen. Hätte<br />
der Kl die wahre Natur des Geschäfts erkannt, hätte er<br />
den Vertrag niemals unterfertigt. Weiters werde der Abtretungsvertrag<br />
wegen Verkürzung über die Hälfte angefochten,<br />
da die Gesellschaft bereits damals weit überschuldet<br />
und der Buchwert der abgetretenen Anteile<br />
zum 31. 12. 2005 negativ gewesen sei, somit nicht einmal<br />
die Hälfte des Abtretungspreises von jeweils E 1,–<br />
betragen habe.<br />
Die Bekl beantragen Klageabweisung und brachten im<br />
Wesentlichen vor, die Deutschkenntnisse des Kl seien<br />
völlig ausreichend gewesen, um den vom Notar ordnungsgemäß<br />
vorgetragenen Text des Abtretungsvertrags<br />
verstehen zu können. Der Abtretungsvertrag sei somit<br />
nicht nichtig. Im Übrigen seien sämtliche Folgen des<br />
Abtretungsvertrags schon vor dessen Errichtung mit dem<br />
StB erörtert worden. Schon allein aufgrund dieser Gespräche<br />
sei allen Beteiligten klar gewesen, dass der Kl<br />
Gesellschafter werden sollte. Es sei sogar angedacht gewesen,<br />
dass der Kl die gesamte Gesellschaft einmal erwerben<br />
werde. Ihm sei auch die schlechte wirtschaftliche<br />
Lage der Gesellschaft bei Abschluss des Abtretungsvertrags<br />
bekannt gewesen. Der Notar habe dem Kl schon<br />
zwei bis drei Wochen vor dem Abschluss des Abtretungsvertrags<br />
einen Entwurf übergeben, gegen den der Kl<br />
keine Einwände gehabt habe. Bei Unterzeichnung des<br />
Notariatsakts habe der Notar den Kl abermals aufgeklärt.<br />
Das ErstG gab dem Hauptklagebegehren statt. Es traf<br />
die eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen<br />
und vertrat in rechtl Hinsicht die Ansicht, da der Kl<br />
den Notariatsakt nicht soweit verstanden habe, dass<br />
ihm eine Genehmigung möglich gewesen wäre, hätte<br />
der Notar gem § 63 NO einen Dolmetscher für die ungarische<br />
Sprache beiziehen müssen. Die Unterlassung<br />
dieser Maßnahme nehme dem Notariatsakt die Eigenschaft<br />
einer öffentl Urkunde. Die Verletzung der Notariatsaktspflicht<br />
(für den Abtretungsvertrag gem § 76<br />
Abs 2 GmbHG) bewirke die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts.<br />
Das BerG gab der Berufung der Bekl in der Hauptsache<br />
nicht Folge. In rechtl Hinsicht führte es aus, ein Verstoß<br />
gegen die Verpflichtung der Beiziehung eines Dolmetschers<br />
gem § 63 Abs 1 NO führe (anders als ein Verstoß<br />
gegen die notariellen Pflichten nach § 52 NO) gem § 66<br />
NO zur Unwirksamkeit des Notariatsakts (4 Ob 99/99 h).<br />
§ 63 Abs 1 NO sehe eine Dolmetschbeiziehung nur vor,<br />
wenn die Partei der deutschen Sprache „nicht kundig“<br />
sei, lasse somit das Dolmetschererfordernis bei einer Partei<br />
offen, die über gewisse Sprachkenntnisse verfüge.<br />
Nach Wagner/Knechtel, NO 6 (2006) § 63 Rz 1 sei die<br />
Dolmetscherbeiziehung nach § 63 Abs 1 NO nicht erforderlich,<br />
wenn die Partei über „hinreichende Sprachkenntnis“<br />
verfüge. Eine solche liege nur vor, wenn die<br />
Partei der Vorlesung so weit folgen könne, dass ihr eine<br />
Genehmigung möglich sei.<br />
Nach Kostner, Handkommentar zur Notariatsordnung<br />
(1971) 222 seien die infolge Verständigungsschwierigkeiten<br />
erteilten Vorschriften der §§ 62 bis 65 NO sowohl<br />
zum Schutz der Parteien wie auch im Interesse des Notars<br />
von besonderer Bedeutung. Dabei werde man schon aus<br />
Sicherheitsgründen davon ausgehen können, dass ein<br />
Beteiligter (Partei oder Zeuge) nicht erst dann „einer<br />
Sprache unkundig“ sei, wenn es ihm an jeglichen Kenntnissen<br />
in dieser Sprache mangle. Es werde zum Wirksamwerden<br />
dieser Vorschriften schon genügen, wenn ein Beteiligter<br />
die für seine Beteiligung notwendige Sprache<br />
nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche, dass er den<br />
Inhalt der Urkunde selbst, aber auch die bei ihrer Errichtung<br />
einzuhaltenden Vorgänge, Besprechungen, Beratungen<br />
und Erklärungen in allen Einzelheiten verstehen<br />
könne. Die dabei zwangsläufig auftauchenden Fachausdrücke<br />
müsse er – jedenfalls nach Erläuterung durch<br />
den Notar – mit Sicherheit verstehen können. Die dabei<br />
wahrzunehmenden Maßnahmen lägen nicht nur im Interesse<br />
der sprachbehinderten Partei, sondern dienten<br />
dem Schutz aller Parteien. Denn auch die Geschäftspartner<br />
der sprachunkundigen Partei hätten einen ebenso<br />
berechtigten Anspruch, sicher zu gehen, dass durch Ausschaltung<br />
von Missverständnissen sprachlicher Natur die<br />
Sicherheit der gegenseitigen Rechtsverhältnisse in möglichst<br />
weitem Umfang gegeben sei.<br />
Das BerG führte weiter aus, es sei einerseits zwischen<br />
dem Verständnis des mittels Notariatsakts zu errichtenden<br />
Vertrags nach seinem Wortsinn (§ 63 NO) und andererseits<br />
den notariellen Belehrungspflichten zwecks intellektueller<br />
Erfassung des Vertragsinhalts in materieller<br />
Hinsicht (§ 52 NO) zu differenzieren.<br />
Verletze der Notar bei Beteiligung von Personen mit perfekten<br />
Deutschkenntnissen seine Belehrungspflichten<br />
335
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
nach § 52 NO, bleibe der Notariatsakt vollauf wirksam.<br />
Dasselbe müsse dann aber auch für eine Person gelten,<br />
bei der der Notar die Belehrung zwar nicht grundsätzlich<br />
unterlassen, sie jedoch in einer für die Partei aufgrund<br />
eingeschränkter Deutschkenntnisse nicht verständlichen<br />
Weise vorgenommen habe. Eine Ungleichbehandlung<br />
von Personen mit perfekten Deutschkenntnissen gegenüber<br />
solchen mit bloß eingeschränkten sprachlichen Fähigkeiten<br />
mit der Folge, dass jene einen Notariatsakt gelten<br />
lassen müssten, ohne die Rechtsfolgen verstanden zu<br />
haben, während diese aus demselben Grund Vorteile ableiten<br />
könnten, erschiene nicht sachgerecht. Der dargestellten<br />
Auffassung von Kostner, wonach ein Dolmetscher<br />
nach § 63 Abs 1 NO auch dann notwendig sei,<br />
wenn ein Beteiligter die für seine Beteiligung notwendige<br />
Sprache nicht in einem solchen Ausmaß beherrsche,<br />
dass er auch die bei der Errichtung der Urkunde einzuhaltenden<br />
Vorgänge, Besprechungen, Beratungen und Erklärungen<br />
in allen Einzelheiten verstehen könne, könne<br />
somit nicht beigetreten werden. Derartige Irrtümer ließen<br />
daher in beiden Fällen die Wirkungen des Notariatsakts<br />
unberührt und unterlägen gegebenenfalls der Korrektur<br />
des (in Notariatsaktsform abgeschlossenen) Vertrags<br />
nach den materiellrechtlichen Regelungen des<br />
ABGB.<br />
Im vorliegenden Fall enthalte aber der Notariatsakt selbst<br />
verschiedene Rechtsbelehrungen, insbesondere, dass<br />
der übernehmende Gesellschafter für die Einzahlung<br />
der noch nicht voll einbezahlten Stammeinlagen im Falle<br />
der Einforderung hafte. Unter anderem diesen Umstand<br />
habe der Kl aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse<br />
beim Verlesen der Vertragsurkunde ua nicht verstehen<br />
können. Er habe daher der Vorlesung des Notariatsakts<br />
nicht so weit folgen können, dass ihm dessen Genehmigung<br />
möglich gewesen sei. Es liege insoweit kein dem<br />
§ 52 NO zu unterstellender Sachverhalt vor, bei dem bloß<br />
vorgenommene (mündliche) Belehrungen wegen mangelnder<br />
Deutschkenntnisse oder aus sonstigen Gründen<br />
nicht verstanden worden seien, was auf die Wirksamkeit<br />
des Notariatsakts keinen Einfluss hätte.<br />
Die Bejahung der Frage nach dem Verstehen der deutschen<br />
Sprache durch die Vertragspartei entbinde den<br />
Notar nicht von seiner Verpflichtung, bei nicht hinreichenden<br />
Sprachkenntnissen nach § 63 Abs 1 NO vorzugehen.<br />
Selbst wenn man im Sinn der Bekl bezüglich der<br />
vom Notar einzuhaltenden Pflichten gem § 63 Abs 1<br />
NO von einer Ex-ante-Betrachtung ausgehe, habe sich<br />
der Notar im vorliegenden Fall nicht ausreichend davon<br />
überzeugt, dass der Kl über hinreichende Sprachkenntnisse<br />
iSd § 63 Abs 1 NO verfügt habe. Das bloße Kopfnicken<br />
des Kl auf die Frage, ob er den Vertragsinhalt verstanden<br />
habe, reiche nicht aus. Der Notar hätte sich,<br />
etwa durch weitere Fragen, von den für das Verständnis<br />
des Kl vom Vertragsinhalt ausreichenden Deutschkenntnissen<br />
vergewissern müssen. Dies gelte umso mehr, als<br />
die Erstbekl während der Verlesung des Vertrags vereinzelt<br />
mit dem Kl auf ungarisch gesprochen habe, was für<br />
den Notar ein weiteres Indiz für die unzureichenden<br />
Deutschkenntnisse des Kl hätte sein müssen.<br />
Das BerG ließ die Rev zu, weil zur Auslegung von § 63<br />
Abs 1 NO keine hg Rsp existiere. So sei ungeklärt,<br />
1. unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien<br />
eine Partei als der deutschen Sprache nicht kundig<br />
iSd § 63 Abs 1 NO anzusehen sei,<br />
2. ob diese Bestimmung auch bei mangelnder Sprachkenntnis<br />
einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers<br />
dann nicht verletzt sei, wenn diese Partei – allenfalls<br />
auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche<br />
– (volle) Kenntnis vom Vertragsinhalt habe,<br />
3. aus welcher Sicht (ex ante oder ex post; aus Sicht des<br />
Notars oder nach objektiven Kriterien) die mangelnde<br />
Sprachkundigkeit einer Partei iSd § 63 Abs 1 NO zu beurteilen<br />
sei.<br />
Rechtliche Beurteilung:<br />
Die Rev der Bekl ist zulässig, aber nicht berechtigt.<br />
Anzuwendende Rechtsnormen:<br />
§52NO<br />
Der Notar ist verpflichtet, bei Aufnahme eines Notariatsakts<br />
die persönliche Fähigkeit und Berechtigung jeder<br />
Partei zum Abschlusse des Geschäftes nach Möglichkeit<br />
zu erforschen, die Parteien über den Sinn und die Folgen<br />
desselben zu belehren und sich von ihrem ernstlichen<br />
und wahren Willen zu überzeugen, ihre Erklärung mit voller<br />
Klarheit und Bestimmtheit schriftlich aufzunehmen<br />
und nach geschehener Vorlesung des Akts durch persönliches<br />
Befragen der Parteien sich zu vergewissern, dass<br />
derselbe ihrem Willen entsprechend sei.<br />
§63NO<br />
1. Ist eine der Parteien der Sprache nicht kundig, in welcher<br />
der Notariatsakt aufgenommen wird, so muss der<br />
Verhandlung ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter<br />
Dolmetscher für die betreffende Sprache beigezogen<br />
werden, welcher zugleich alle Eigenschaften eines<br />
fähigen Aktszeugen besitzen muss.<br />
2. Die Zuziehung eines Dolmetschers ist jedoch nicht nötig,<br />
wenn der Notar und die beiden Zeugen oder der<br />
statt der Zeugen einschreitende zweite Notar der Sprache<br />
der Partei kundig sind und wenn der die Verhandlung<br />
leitende Notar als allgemein beeideter und gerichtlich<br />
zertifizierter Dolmetscher bestellt ist oder wenn der Notar<br />
die Diplomprüfung für Dolmetscher oder die Fachprüfung<br />
für Übersetzer bestanden hat. In einem solchen<br />
Falle können die Zeugen von der Anwesenheit bei der<br />
Vorlesung des Akts seinem ganzen Inhalte nach nicht<br />
ausgeschlossen werden, und es muss in dem Akte ausdrücklich<br />
angeführt werden, dass die obigen Voraussetzungen<br />
für die Aufnahme desselben ohne Zuziehung eines<br />
Dolmetschers vorhanden seien.<br />
336
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
§66NO<br />
1. Ein Notariatsakt, welcher mit Außerachtlassung der in<br />
den §§ 54 bis 65 gebotenen Förmlichkeiten und Vorsichten<br />
aufgenommen worden ist, hat nicht die Kraft einer öffentlichen<br />
Urkunde.<br />
2. Der OGH erachtet die Revisionsausführungen für nicht<br />
stichhaltig, die Begründung des angefochtenen Urteils<br />
hingegen für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).<br />
In Erwiderung auf die RevAusführungen und ergänzend<br />
zur berufungsgerichtl Begründung ist noch Folgendes<br />
auszuführen:<br />
2.1. Zur Frage, wann eine Person der Sprache des Notariatsakts<br />
„nicht kundig“ iSd § 63 Abs 1 NO ist, teilt der<br />
OGH die insoweit übereinstimmenden Auffassungen<br />
von Wagner/Knechtel, aaO sowie des BerG. Danach<br />
kann die Frage nicht generell beantwortet werden, sondern<br />
es kommt auf den konkreten Gegenstand des Notariatsakts<br />
an. Nach dem Schutzzweck des § 63 NO ist entscheidend,<br />
ob die betreffende Person der Vorlesung des<br />
Notariatsakts so weit folgen kann, dass ihr eine Genehmigung<br />
möglich ist.<br />
2.2. Soweit sich die RevWerber auf die volle Kenntnis<br />
des Kl vom Inhalt des Abtretungsvertrags aufgrund der<br />
Aushändigung einer Kopie des Entwurfs des Abtretungsvertrags<br />
mehrere Tage vor dem Termin beim Notar<br />
berufen, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt<br />
aus. Dass dadurch der Kl die volle Kenntnis des Vertragsinhalts<br />
(oder gar auch aller mit dem Vertrag verbundenen<br />
Rechtsfolgen) erlangte, steht nicht fest und liegt<br />
angesichts der mangelhaften Deutschkenntnisse des Kl<br />
selbst dann nicht nahe, wenn man (was ebenfalls nicht<br />
feststeht) unterstellte, der Kl hätte diesen Entwurf gelesen.<br />
Es muss deshalb auf die zweite vom BerG gestellte<br />
Frage, ob § 63 Abs 1 NO auch bei mangelnder Sprachkenntnis<br />
einer Partei und Nichtbeiziehung eines Dolmetschers<br />
dann nicht verletzt ist, wenn diese Partei – allenfalls<br />
auch aufgrund von im Vorfeld geführter Gespräche<br />
– (im Zeitpunkt der Errichtung des Notariatsakts) volle<br />
Kenntnis vom Vertragsinhalt hat, nicht eingegangen<br />
werden.<br />
2.3. Zur Frage, aus welcher Sicht (ex ante oder ex<br />
post; aus Sicht des Notars oder nach objektiven Kriterien)<br />
die mangelnde Sprachkundigkeit einer Partei iSd<br />
§ 63 Abs 1 NO zu beurteilen ist, wurde Folgendes erwogen:<br />
Der Gesetzeswortlaut von § 63 Abs 1 NO ist insoweit<br />
eindeutig, als er für die Notwendigkeit, einen Dolmetscher<br />
beizuziehen, auf keinerlei subjektiven Kriterien ex<br />
ante abstellt. Es kommt also für die Notwendigkeit, einen<br />
Dolmetscher beizuziehen, und somit für die Wirksamkeit<br />
des Notariatsakts (§ 66 NO; 4 Ob 99/99 h), nicht auf das<br />
Erkennen oder die Erkennbarkeit der Sprachkunde der<br />
betreffenden Person durch den Notar ex ante an. Eine<br />
ausreichende Prüfung der Sprachkenntnisse durch den<br />
Notar (für die aufgrund der Einzelfallbezogenheit keine<br />
generellen Maßstäbe aufgestellt werden können), die<br />
diesem den Eindruck verschafft, die Person sei der betreffenden<br />
Sprache „hinreichend“ mächtig, indiziert<br />
aber, dass die Person der Sprache „kundig“ ist. Dennoch<br />
steht auch in diesem Fall der betreffenden Person die die<br />
Unwirksamkeit des Notariatsakts nach sich ziehende Beweisführung<br />
offen, entgegen dem begründeten Eindruck<br />
des Notars der Sprache nicht (hinreichend) kundig<br />
gewesen zu sein.<br />
Ungeachtet dessen, dass im Sinn der berufungsgerichtlichen<br />
Ausführungen hier der Notar die Sprachkenntnisse<br />
des Kl nicht ausreichend geprüft hat, ergibt sich daher im<br />
vorliegenden Fall die nicht ausreichende Sprachkenntnis<br />
des Kl schon aus der Feststellung, er habe die im Notariatsakt<br />
enthaltene Rechtsbelehrung über die Haftung für<br />
die offene Stammeinlage nicht verstanden.<br />
2.4. Die RevWerber meinen, Normzweck von § 63 Abs 1<br />
NO sei nur der Schutz der sprachunkundigen Partei vor<br />
Übervorteilung. Eine solche Übervorteilung liege nicht<br />
schon dann vor, wenn die Vertragspartei aufgrund ihrer<br />
schlechten Sprachkenntnisse der Verlesung des Notariatsakts<br />
nicht folgen könne.<br />
Dem kann nicht gefolgt werden: § 63 Abs 1 NO dient<br />
nämlich nach zutreffender Auffassung nicht nur dem<br />
Schutz des der Sprache nicht hinreichend Kundigen, sondern<br />
dem Schutz aller Parteien (so Kostner, aaO 222 f).<br />
Überdies bezweckt § 63 NO – ähnlich wie § 52 NO –<br />
auch den Schutz der Allgemeinheit durch die Form der<br />
öffentlichen Urkunde (zu § 52 NO: SZ 61/269 = RIS-Justiz<br />
RS0071158).<br />
Weitergehender Feststellungen (etwa darüber, ob dem<br />
Kl bewusst war, Gesellschaftsanteile zu erwerben) bedarf<br />
es daher nicht.<br />
3. Da somit schon wegen der Verletzung des § 63<br />
Abs 1 NO der Notariatsakt und somit entsprechend<br />
der Formpflicht des § 76 Abs 2 Satz 1 GmbHG der Abtretungsvertrag<br />
unwirksam ist, erübrigen sich Überlegungen<br />
dahingehend, ob der Abtretungsvertrag etwa<br />
auch wegen Umgehung der Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes<br />
nichtig sein könnte (vgl RIS-<br />
Justiz RS0018213).<br />
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41, 50 ZPO.<br />
NZ 2011/111<br />
§ 773 a ABGB – Begründete Verweigerung des Kontakts<br />
mit dem Pflichtteilsberechtigten<br />
Beim Entfall des Rechtes auf Pflichtteilsminderung<br />
nach § 773 a Abs 3 ABGB sind minderjährige und erwachsene<br />
Kinder gleich zu behandeln. Es ist nur ein<br />
Verhalten erfasst, das der Erblasser nach Inkrafttreten<br />
dieser Bestimmung, und zwar dem 1. 7. 2001, gesetzt<br />
hat.<br />
OGH 9. 8. 2011, 4 Ob 98/11 g (OLG Graz 2. 3. 2011, 4 R 165/10 g;<br />
LG Klagenfurt 27. 8. 2010, 29 Cg 120/08 b)<br />
337
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Der am 6. 12. 1936 geborene Kl ist der unehel Sohn, die<br />
Bekl die ehel Tochter des am 6. 2. 1908 geborenen und<br />
am 7. 11. 2007 verstorbenen J P (in der Folge: Vater),<br />
der auch eine unehel Tochter hatte. Eine Verlassenschaftsabhandlung<br />
unterblieb gem § 153 AußStrG. Mit<br />
Notariatsakt v 19. 10. 1989 übergab der Vater der Bekl<br />
eine Liegenschaft und behielt sich als „Gegenleistung<br />
für diese <strong>Übergabe</strong>“ ein lebenslanges Fruchtgenussrecht<br />
für sich und seine Ehefrau vor; die Übernehmerin<br />
räumte dem Übergeber und seiner Ehefrau ein Belastungs-<br />
und Veräußerungsverbot ein. Am 13. 8. 1990 errichtete<br />
der Vater ein Testament, mit dem er die Bekl zur<br />
Alleinerbin einsetzte und seine beiden außerehel Kinder<br />
auf die Hälfte des gesetzl Pflichtteils beschränkte, weil<br />
zwischen ihnen und dem Erblasser „zu keiner Zeit irgendein<br />
familiärer Kontakt iS des Erbrechtsänderungsgesetzes<br />
bestanden“ habe.<br />
Der Vater hat für den Kl Unterhalt geleistet. Die Mutter<br />
hat dem Kl verschwiegen, wer sein Vater ist. Als der Kl<br />
von der Schwester seiner Mutter 1957 – der Kl war damals<br />
21 Jahre alt – erstmals erfuhr, wer sein Vater ist,<br />
hat er sofort Kontakt zu ihm gesucht, ihn besucht und<br />
ihm seine Lebensgefährtin vorgestellt. Der Kl war in der<br />
Folge bemüht, eine gute Beziehung mit seinem Vater<br />
aufzubauen und besuchte ihn während eines längeren<br />
Zeitraums ungefähr acht Mal. Anlässlich eines Besuchs<br />
1988 ersuchte ihn die Ehefrau seines Vaters, „Abstand<br />
zu halten“ und weitere Besuche zu unterlassen. Letztmalig<br />
hatte der Kl Kontakt zu seinem Vater, als er auf einer<br />
Baustelle in der Nähe des Hauses des Vaters beschäftigt<br />
war; während dieser Zeit besuchte ihn der Vater öfters<br />
und sprach mit ihm. Damals ersuchte der Vater den Kl,<br />
ihn nicht mehr aufzusuchen, weil seine Ehefrau dies nicht<br />
wünsche. Wenn sein Vater es gewollt hätte, hätte der Kl<br />
Kontakt zu ihm gehalten.<br />
Der Kl begehrte von der Bekl mit Klage v 16. 4. 2008 zunächst<br />
E 14.000,– sA als Pflichtteilsergänzungsanspruch<br />
infolge Schenkung einer Liegenschaft des Vaters an die<br />
Beklagte. Eine Pflichtteilsminderung komme nicht in Betracht,<br />
weil der Kl seinen Vater mehrfach besucht habe,<br />
ein ständiger Kontakt jedoch von seinem Vater und dessen<br />
Ehefrau abgelehnt worden sei.<br />
Das ErstG verpflichtete die Bekl zur Zahlung von<br />
E 1.763,50 sA und wies das Mehrbegehren ab.<br />
Das BerG wies das Klagebegehren ab.<br />
Die Rev ist zulässig, aber nicht berechtigt.<br />
§ 773 a Abs 1 ABGB idF BGBl 1989/656 (ErbRÄG 1989)<br />
ist anzuwenden, wenn der Erblasser nach dem 1. 1.<br />
1991 gestorben ist (Art III Z 1). Dies trifft im Anlassfall<br />
(Todestag des Vaters: 7. 11. 2007) zu. Die Bestimmung<br />
lautet:<br />
„Standen ein Elternteil und sein Kind zu keiner Zeit in einem<br />
Naheverhältnis, wie es in der Familie zwischen Eltern<br />
und Kindern gewöhnlich besteht, so mindert sich<br />
der Pflichtteil dieses Elternteils oder seiner Vorfahren<br />
dem Kind und seinen Nachkommen gegenüber und<br />
der des Kindes und seiner Nachkommen dem Elternteil<br />
und seinen Vorfahren gegenüber, wenn es der Erblasser<br />
anordnet, auf die Hälfte.”<br />
Die – in hier nicht relevanten Punkten abweichende –<br />
Fassung des § 773 a Abs 1 ABGB idF BGBl 2004/58<br />
(FamErbRÄG 2004) ist nicht anwendbar, weil die letztwillige<br />
Verfügung am 13. 8. 1990, somit nicht nach dem<br />
31. 12. 2004 errichtet wurde (Art IV § 3 Abs 1 Z 1 Fam-<br />
ErbRÄG 2004).<br />
Der mit BGBl 2000/135 (KindRÄG 2001) neu hinzugefügte<br />
§ 773 a Abs 3 ABGB trat nach der allgemeinen<br />
Anordnung des Art XVIII § 1 Abs 1 „mit 1. 7. 2001 in<br />
Kraft“; ausdrückliche Übergangsbestimmungen fehlen.<br />
Die neue Bestimmung lautet:<br />
„Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht nicht zu, wenn<br />
der Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen<br />
Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt<br />
hat.”<br />
Nach der E 6 Ob 136/10 h ist § 773 a Abs 3 ABGB auch<br />
auf solche Testamente anzuwenden, die vor dem 1. 7.<br />
2001 verfasst worden sind. Der Senat schließt sich der<br />
überzeugenden Begründung dieser Entscheidung an:<br />
Schon die ursprüngliche Fassung des § 773 a ABGB,<br />
die darauf abstellte, dass „zu keiner Zeit“ ein entsprechender<br />
Kontakt bestand, bezog sich nicht auf den Zeitpunkt<br />
der Errichtung der letztwilligen Verfügung. Vielmehr<br />
ist nach der ursprünglichen ebenso wie nach der<br />
hier anzuwendenden Fassung des § 773 a ABGB die gesamte<br />
Beziehung zwischen dem Erblasser und dem<br />
Pflichtteilsberechtigten bis zum Tod des Erblassers zu<br />
berücksichtigen. Gerade vor dem Hintergrund der Erwägungen<br />
des Gesetzgebers der Novelle 2001, die einer<br />
vorschnellen Ablehnung des persönlichen Verkehrs<br />
durch den nicht betreuenden Elternteil entgegenwirken<br />
wollte, zeigt sich, dass ein Abstellen auf den unter Umständen<br />
deutlich vor dem Todeszeitpunkt liegenden<br />
Zeitpunkt der Verfassung der letztwilligen Verfügung<br />
nicht sachgerecht wäre und dem Willen des Gesetzgebers<br />
nicht entspräche. Bei gegenteiliger Auslegung<br />
könnte die Neuregelung des § 773 a Abs 3 ABGB nur<br />
für jene Fälle Auswirkungen entfalten, in denen die letztwillige<br />
Verfügung nach dem 1. 7. 2001 errichtet wurde,<br />
würde also alle vorher errichteten Testamente nicht mehr<br />
erfassen und daher auch das Verhalten der Beteiligten<br />
nicht mehr motivieren können. Für eine derart eingeschränkte<br />
Intention des Verfassers geben die Gesetzes-<br />
Mat aber nicht den geringsten Anhaltspunkt. § 773 a<br />
Abs 3 ABGB ist daher im Anlassfall anzuwenden, obwohl<br />
die letztwillige Verfügung schon am 13. 8. 1990 errichtet<br />
worden ist.<br />
Der Entfall des Minderungsrechts nach § 773 a ABGB<br />
kann auch mit einem Verhalten begründet werden, das<br />
338
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
der Erblasser vor Juli 2001, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens<br />
dieser Bestimmung, gesetzt hat.<br />
Zeitgleich mit § 773 a Abs 3 ABGB ist am 1. 7. 2001 mit<br />
dem KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, auch § 148 ABGB<br />
in Kraft gesetzt worden, welche Bestimmung das zuvor<br />
umstrittene Recht eines Kindes auf den persönlichen Verkehr<br />
mit seinen Eltern erstmals gesetzlich verankert hat<br />
(Kletečka in Koziol/Welser I 13 541).<br />
Hat der Gesetzgeber demnach das erstmals zum 1. 1.<br />
1991 eingeführte Recht eines Erblassers, den Noterben<br />
auf den halben Pflichtteil zu setzen, zum 1. 7. 2001 für<br />
den Fall beschränkt, dass der Erblasser die Ausübung<br />
des Rechtes auf persönlichen Verkehr mit dem Noterben<br />
grundlos abgelehnt hat, und zur Begründung dieser<br />
Maßnahme in den Materialien ausdrücklich auf § 148<br />
ABGB hingewiesen, kann diese Sanktion unerwünschten<br />
Verhaltens nur in einem Verhalten des Erblassers begründet<br />
sein, dass dieser nach dem 1. 7. 2001 gesetzt hat. Bei<br />
gegenteiliger Auslegung würde nämlich ein Verhalten<br />
des Erblassers sanktioniert, das einem Normunterworfenen<br />
vor Einführung der fraglichen Bestimmung zwar unter<br />
ethischen Gesichtspunkten anfechtbar erscheinen<br />
konnte, aus dem Blickwinkel des Gesetzgebers bis dahin<br />
aber unbedenklich war.<br />
Daraus folgt, dass die grundlose Ablehnung des persönlichen<br />
Verkehrs durch den Vater bis zum 1. 7. 2001 rechtl<br />
unerheblich war. Zu prüfen bleibt, ob die nach diesem<br />
Zeitpunkt fortgesetzte Verweigerung persönlichen Kontakts<br />
dazu führt, dass dem Vater die Berufung auf<br />
§ 773 a Abs 1 ABGB verwehrt war.<br />
Spitzer (Änderungen im Erbrecht durch das KindRÄG<br />
2001, NZ 2003, 353, 359) zieht aus dem teleologischen<br />
Hintergrund des § 773 a Abs 3 ABGB den Schluss, diese<br />
Norm sei auf den Schutz Mj zu beschränken, die ein<br />
Recht auf eine Beziehung zu ihren Eltern hätten. Weigere<br />
sich ein Elternteil hingegen, ein Naheverhältnis gegenüber<br />
seinem bereits volljährigen Kind aufzubauen, spreche<br />
vieles dafür, dies sanktionslos zu lassen. Dieser Auffassung<br />
hat sich Samek (Das österreichische Pflichtteilsrecht<br />
samt Anfechtungsrecht 29 f) angeschlossen.<br />
Eccher (in Schwimann 3 § 773 a Rz 5), Likar-Peer (in<br />
Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht 375), Scheuba (in Gruber/<br />
Kalss/Müller/Schauer, Erbrecht und Vermögensnachfolge<br />
221) und Zankl (Entwicklungen im Erbrecht, in FS<br />
Welser 1236 und Erbrecht 7 101) unterscheiden im gegebenen<br />
Zusammenhang hingegen nicht zwischen mj und<br />
erwachsenen Kindern.<br />
Nach Auffassung des Senats sind bei Anwendung des<br />
§ 773 a Abs 3 ABGB mj und erwachsene Kinder gleich<br />
zu behandeln. Mag auch das Motiv für den Gesetzgeber<br />
bei Einführung der genannten Bestimmung – wie der<br />
Verweis auf § 148 Abs 1 ABGB in den ErläutRV nahelegt<br />
– die Stärkung des Rechtes des mj Kindes auf persönlichen<br />
Verkehr mit seinen Eltern gewesen sein, ist die gesetzl<br />
Neuregelung des Rechtes auf Pflichtteilsminderung<br />
doch letztlich in einer Textfassung erfolgt, die den Entfall<br />
dieses Rechtes nicht davon abhängig macht, dass<br />
das vom Gesetz missbilligte Verhalten gegenüber einem<br />
noch mj Noterben gesetzt worden sei. Dazu kommt die<br />
systematische Überlegung, dass § 773 a Abs 3 ABGB<br />
eine erbrechtl Norm ist, in welchem Kontext eine unterschiedl<br />
Behandlung mj und großjähriger Kinder einer<br />
besonderen Anordnung und Begründung bedürfte.<br />
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich<br />
auch, dass das mit wechselseitigen Rechten und<br />
Pflichten verbundene Rechtsband zwischen Eltern und<br />
Kindern stets auch das Streben nach persönlichem Kontakt<br />
erfasst (RIS-Justiz RS0047754), lebenslang andauert<br />
(vgl etwa die Unterhaltspflicht des Kindes nach § 143<br />
Abs 1 ABGB) und ein von der Rechtsordnung anerkanntes,<br />
grundrechtl abgesichertes Rechtsverhältnis ist, das<br />
auch von Dritten – ohne zeitliche Schranken – zu respektieren<br />
ist (4 Ob 186/09).<br />
Das Recht des Erblassers auf Pflichtteilsminderung ist daher<br />
– entgegen der Ansicht des BerG – nicht schon deshalb<br />
entfallen, weil der Kläger 2001 nicht mehr mj war.<br />
Damit ist aber für den Standpunkt des Kl noch nichts gewonnen.<br />
Im Juli 2001 stand der Kl im 65. Lebensjahr, sein Vater im<br />
94. Lebensjahr. Bis dahin hatte der Kl das Ersuchen seines<br />
Vaters, ihn nicht mehr aufzusuchen, weil seine Ehefrau<br />
dies nicht wünsche, respektiert. Unter diesen Umständen<br />
des Einzelfalls, insb unter Bedachtnahme auf<br />
das hohe Alter der Beteiligten, den schlechten Gesundheitszustand<br />
des pflegebedürftigen Vaters und die lange<br />
Zeitspanne, in der zwischen Vater und Sohn bis dahin<br />
keine regelmäßigen Kontakte stattgefunden haben, wie<br />
sie zwischen Eltern und Kindern üblich sind, ist die auch<br />
ab Juli 2001 fortgesetzte Weigerung des Vaters, persönlichen<br />
Verkehr mit dem Kl aufzunehmen, gerechtfertigt.<br />
Er hat damit sein Recht auf Pflichtteilsminderung nicht<br />
verwirkt.<br />
NZ 2011/112<br />
§ 1234 ABGB – Gütergemeinschaft auf den Todesfall<br />
und Pflichtteilsrecht<br />
Bei einer Gütergemeinschaft auf den Todesfall fällt der<br />
dem überlebenden Ehegatten gebührende Anteil am<br />
Gesamtvermögen nicht in den Nachlass, sondern nur<br />
der dem Verstorbenen zustehende Anteil am Gesamtvermögen.<br />
Letzterer ist in der Folge auch maßgeblich<br />
für die Berechnung des Pflichtteils.<br />
OGH 7. 7. 2011, 5 Ob 245/10 f (OLG Wien 13. 7. 2010, 12 R 42/<br />
10 z; LG ZRS Wien 12. 1. 2010, 55 Cg 96/08 d)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die Kl ist die Tochter des am . . . verstorbenen Univ.-Prof.<br />
Dr. Rudolf E (= Erblasser) aus dessen erster Ehe; die Bekl<br />
ist dessen Witwe.<br />
339
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
Am 18. 2. 1994 schlossen die Bekl und der Erblasser<br />
vor dem Nebenintervenienten in dessen Funktion als<br />
öffentl Notar in S einen Ehepakt. Von den Vertragsparteien<br />
angestrebter Inhalt des Ehepakts war die Errichtung<br />
einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden<br />
und auf den Todesfall über alles Vermögen,<br />
das der Verstorbene und die Bekl zur Zeit der Errichtung<br />
sowie danach auf welche Art immer erwerben<br />
oder ererben.<br />
Der Erblasser brachte in die Gütergemeinschaft ua die<br />
Liegenschaft EZ 1298 GB . . . ein. Auf die grundbücherl<br />
Durchführung der vereinbarten Gütergemeinschaft verzichteten<br />
die Ehegatten. Der Ehepakt bezeichnete nicht,<br />
was die Bekl in die Gütergemeinschaft einbrachte. Die<br />
Bekl hatte eigenes Vermögen im Wert von ca 1 Mio Schilling<br />
in Form von Sparbüchern und war als Fachärztin für<br />
Innere Medizin und Rheumatologie selbständig erwerbstätig.<br />
Bei Errichtung des Ehepakts unterlief dem Nebenintervenienten<br />
insofern ein Fehler, als es unter Punkt „Erstens“<br />
des Notariatsakts anstatt „eine allgemeine Gütergemeinschaft<br />
auf den Todesfall“ richtig „eine allgemeine Gütergemeinschaft<br />
auch auf den Todesfall“ heißen sollte.<br />
Mit dem ebenfalls am 18. 2. 1994 errichteten Erbvertrag<br />
setzten einander die Bekl und der Erblasser unter der Bedingung<br />
des aufrechten Bestands ihrer Ehe wechselseitig<br />
– unter Beschränkung allfällig vorhandener Noterben der<br />
auf- und absteigenden Linien auf den gesetzlichen<br />
Pflichtteil – zu Dreiviertel ihres Nachlasses und hinsichtlich<br />
des reinen Viertels („Nachlassviertels“) testamentarisch<br />
zu Alleinerben ein.<br />
Im VerlassenschaftsVerf nach dem Erblasser floss die<br />
Hälfte seines Vermögens, folglich auch (nur) die Hälfte<br />
der Liegenschaft in B, in den Nachlass, wobei der Wert<br />
der Liegenschaft im Inventar mit E 69.000,– angesetzt<br />
wurde. Der Reinnachlass betrug E 37.868,54; nach Abzug<br />
der Verfahrenskosten von E 4.209,98 verblieben<br />
E 33.658,56. Die Verlassenschaft wurde zur Gänze der<br />
Bekl eingeantwortet, die von dem um die Verfahrenskosten<br />
reduzierten Reinnachlass ein Drittel, also<br />
E 11.219,52, als Pflichtteil an die Kl bezahlte.<br />
Die Kl begehrte (nach Klagseinschränkung und Zahlung<br />
von E 1.833,33) die Zahlung von (restlich) E 17.614,27<br />
sA. Sie brachte vor, dass sich ihr Pflichtteil – mangels<br />
sonstiger gesetzl Erben – mit einem Drittel des Reinnachlasses<br />
errechne. Ausgehend von der unrichtigen Annahme,<br />
dass der Erblasser und die Bekl mit dem Notariatsakt<br />
eine Gütergemeinschaft (auch) unter Lebenden<br />
abgeschlossen hätten, sei die dem Erblasser allein eigentümliche<br />
Liegenschaft in B im Verlassenschaftsverfahren<br />
nur zur Hälfte als nachlasszugehörig gewertet und überdies<br />
zu niedrig geschätzt worden. Richtigerweise habe<br />
die zwischen dem Erblasser und der Beklagten bestandene<br />
Gütergemeinschaft auf den Todesfall dazu geführt,<br />
dass das vom Erblasser in die Gütergemeinschaft einzubringende<br />
Vermögen zum Zeitpunkt der juristischen Sekunde<br />
seines Todes noch zur Gänze seinem alleinigen<br />
Vermögen zuzurechnen gewesen sei. Demnach sei auch<br />
die Liegenschaft in B nicht bloß zu 50%, sondern zur<br />
Gänze Nachlassvermögen gewesen. Wollte man nicht<br />
schon auf Grundlage der vereinbarten Gütergemeinschaft<br />
auf den Todesfall die gesamte Liegenschaft in<br />
den Nachlass einbeziehen, so müsse jedenfalls die (analoge)<br />
Anwendung des § 785 ABGB zur Schenkungsanrechnung<br />
erfolgen. Ausgehend vom tatsächlichen Verkehrswert<br />
der Liegenschaft errechne sich daher der restliche<br />
Pflichtteilsanspruch in Höhe der Klagsbetrags.<br />
Die Bekl bestritt dieses Vorbringen, beantragte Abweisung<br />
des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen<br />
ein, dass sie und der Erblasser eine Gütergemeinschaft<br />
unter Lebenden beabsichtigt hätten, woran auch ein<br />
dem Vertragserrichter unterlaufener Formulierungsfehler<br />
nichts geändert habe. Mit der Gütergemeinschaft sei<br />
keine Schenkungsabsicht verfolgt worden. Der Ehepakt<br />
sei vom Erblasser auch aus sittlicher Pflicht abgeschlossen<br />
worden, sei doch damals schon abzusehen gewesen,<br />
dass ihn die Bekl zunehmend werde pflegen müssen. Mit<br />
den bereits erbrachten Zahlungen sei der Pflichtteilsanspruch<br />
der Kl zur Gänze abgegolten.<br />
Das ErstG verpflichtete die Bekl zur Zahlung von<br />
E 13.333,34 sA und wies das Mehrbegehren von<br />
E 4.280,93 sA – unbekämpft – ab.<br />
Das BerG gab der gegen den klagsstattgebenden Teil<br />
dieser Entscheidung erhobenen Berufung der Bekl nicht<br />
Folge.<br />
Gegen die Entscheidung des BerG richtet sich die Rev<br />
des Nebenintervenienten wegen (Mangelhaftigkeit des<br />
BerVerf infolge) unrichtiger rechtl Beurteilung mit dem<br />
Antrag auf Abänderung iS der Abweisung des Klagebegehrens.<br />
Hilfsweise stellt der Nebenintervenient auch einen<br />
Aufhebungsantrag.<br />
Die Rev ist zulässig.<br />
Das BerG war der Ansicht, dass – wie bei der Schenkung<br />
auf den Todesfall – auch bei einer (bloß) auf den Todesfall<br />
vereinbarten Gütergemeinschaft die eingebrachte<br />
Sache (zunächst noch) im Nachlass vorhanden und bei Ermittlung<br />
des Nachlasspflichtteils zu berücksichtigen sei.<br />
Schon daraus folge die rechnerische Berücksichtigung<br />
der gesamten Liegenschaft in B, weshalb die vom ErstG<br />
zur fraglichen Schenkungsabsicht des Erblassers getroffene<br />
und von der Bekl gerügte Feststellung (Voraussetzung<br />
für die Anrechnung nach § 785 ABGB) ungeprüft<br />
bleiben könne. Das BerG stützte sich dabei im Wesentlichen<br />
(inhaltlich) etwa auf die in der E 7 Ob 2373/96 p<br />
(RIS-Justiz RS0107683; SZ 70/107; EFSlg 84.332) vertretene<br />
Ansicht, wonach eine Schenkung auf den Todesfall<br />
nicht dem § 785 ABGB unterliege. Die geschenkte Sache<br />
sei im Nachlass vorhanden, sodass sie bei Ermittlung des<br />
Nachlasspflichtteils mitzähle (idS auch 4 Ob 2029/96 b<br />
EFSlg 81.343; RIS-Justiz RS0103393; RS0007843;<br />
340
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
RS0012916; RS0012517; Welser in Rummel 3 § 785 ABGB<br />
Rz 9).<br />
Für die auf den Todesfall vereinbarte Gütergemeinschaft<br />
wird aber dieser Grundsatz nicht vertreten (vgl OLG<br />
Wien 15 R 202/03 s EFSlg 104.707 [keine unentgeltliche<br />
Zuwendung, welche dem Nachlass hinzuzurechnen<br />
wäre]):<br />
In der Gütergemeinschaft auf den Todesfall ist keine<br />
Schenkung zu erblicken (zum möglichen Versorgungscharakter<br />
der Gütergemeinschaft und zu strukturellen<br />
Unterschieden zur Schenkung auf den Todesfall s<br />
Fischer-Czermak, Verträge auf den Todesfall zwischen<br />
Ehegatten und Scheidung, NZ 2001, 3 ff). Sie gewährt<br />
keinen Erbrechtstitel. Jeder Ehegatte übernimmt „die<br />
Gefahr des Verlustes mit der Hoffnung des Gewinnes“<br />
(1 Ob 61/97 w SZ 70/242; Weiß in Klang V 2 808).<br />
Nach M. Bydlinksi (Rummel 3 § 1234 ABGB Rz 10) bildet<br />
die eine Hälfte des Gesamtgutes den Nachlass des Verstorbenen,<br />
die andere das Vermögen des Überlebenden<br />
(idS auch OLG Wien 15 R 202/03 s EFSlg 104.706).<br />
Brauneder (in Schwimann 3 § 1235 ABGB Rz 3) führt aus,<br />
dass erst der Vortod eines Ehegatten vermögensrechtl<br />
Wirkungen zeitige. Nun werde das der Gemeinschaft zuzurechnende<br />
Vermögen, soweit es „noch vorhanden“ ist,<br />
geteilt, dh, jetzt erst werde ein Gemeinschaftsvermögen<br />
(fiktiv) gebildet, um sogleich verteilt zu werden: Der eine<br />
Teil bilde den Nachlass des vorverstorbenen Ehegatten,<br />
der andere falle dem Überlebenden zu. Die Todfallsgemeinschaft<br />
sei weder Schenkung (auf den Todesfall) noch<br />
Erbrechstitel.<br />
Schwimann (in Schwimann, TaKomm § 1234 ABGB<br />
Rz 5 f) lehrt, dass bei Tod eines Gatten mangels abweichender<br />
Vereinbarung das nach Schuldenabzug verbleibende<br />
Gesamtgut nach den geltenden Quoten geteilt<br />
werde, der eine Teil werde Alleineigentum des überlebenden,<br />
der andere Teil falle in den Nachlass des verstorbenen<br />
Gatten.<br />
Nach Fucik (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1234<br />
Rz 2) zeige mit dem Tod eines der Ehegatten (bzw eingetragenen<br />
Partners) die Gütergemeinschaft Wirkung. Das<br />
vorhandene Vermögen werde geteilt. Der dem Verstorbenen<br />
angemessene Anteil falle in dessen Verlassenschaft,<br />
der andere komme unmittelbar dem Überlebenden<br />
zu.<br />
Auch M. Mohr (Wirkungen und Gefahren der Gütergemeinschaft<br />
auf den Todesfall, NZ 1995, 7 [9]) führt aus,<br />
dass aus den beiden Vermögensmassen der Ehegatten<br />
das Gesamtvermögen gebildet werde. Sofern kein anderes<br />
Teilungsverhältnis vereinbart sei, werde dieses – im<br />
typischen Fall des Todes eines Teils – halbiert und die<br />
eine Hälfte dem überlebenden Ehegatten, die andere<br />
Hälfte den Erben des Verstorbenen zugewiesen.<br />
Der OGH folgt der dargestellten – einhelligen – Lehre<br />
und der in der Rev des Nebenintervenienten dementsprechend<br />
vorgetragenen Rechtsansicht und kommt daher<br />
zum Ergebnis, dass bei einer Gütergemeinschaft auf<br />
den Todesfall der dem überlebenden Ehegatten gebührende<br />
Anteil am Gesamtvermögen nicht (zum Zweck der<br />
Pflichtteilsermittlung zunächst noch) in den Nachlass des<br />
Verstorbenen fällt, sondern nur der dem Verstorbenen<br />
zustehende Anteil am Gesamtvermögen in dessen Nachlass<br />
fällt.<br />
Das ErstG ist allerdings dennoch und deshalb zur Anrechnung<br />
des gesamten Wertes der Liegenschaft für die Ermittlung<br />
des Pflichtteils der Kl gelangt, weil es in dem<br />
vom Erblasser und der Bekl abgeschlossenen Ehepakt<br />
auf der Basis der dazu getroffenen Feststellungen und<br />
des daraus abgeleiteten Vertragszwecks eine iSd § 785<br />
Abs 1 ABGB anrechnungspflichtige Schenkung erkannt<br />
hat. Das ErstG stützte sich dabei insb auf die E 7 Ob<br />
561/95 (SZ 68/198; vgl dazu auch M. Bydlinski, aaO<br />
§ 1217 ABGB Rz 5).<br />
Die Ansicht des ErstG, die bloße Bezeichnung des Vertrags<br />
als Gütergemeinschaft und die gewählte Form würden<br />
das tatsächliche Vorliegen eines anderen Vertragstyps<br />
nicht ausschließen, bezweifelt der Nebenintervenient<br />
in seiner Rev im Grundsätzlichen nicht. Er macht allerdings<br />
– zutreffend – geltend, dass das BerG infolge<br />
seiner oben beschriebenen, abweichenden, aber vom<br />
OGH nicht geteilten Rechtsansicht die von der Bekl in ihrer<br />
Berufung erhobene Beweisrüge nicht erledigt hat, die<br />
sich gerade gegen jene Feststellungen des ErstG richtete,<br />
die für die Beurteilung des Vertrags als Schenkung<br />
maßgeblich waren. In diesem Punkt ist daher das BerVerf<br />
mangelhaft geblieben, ist doch die subjektive Voraussetzung<br />
des Schenkungstatbestands eine Tatfrage (10 Ob<br />
33/08 p), die folglich von den TatsachenInst zu klären ist.<br />
Im fortgesetzten Verf wird daher das BerG die von der<br />
Bekl erhobene Beweisrüge gegen die Feststellungen<br />
des ErstG, wonach der vom Erblasser mit dem Notariatsakt<br />
verfolgte Zweck darin bestanden habe, dass der<br />
Kl möglichst wenig von seinem Vermögen zukomme<br />
und dass die Versorgung der Bekl nicht im Vordergrund<br />
gestanden sei, zu erledigen haben. Erst danach wird<br />
dann zu beurteilen sein, ob sich der vom ErstG rechtlich<br />
in Richtung einer Anrechnung nach § 785 ABGB gezogene<br />
Schluss als zutr erweist. Alle sonst strittig gewesenen<br />
Rechtsfragen werden in der Rev nicht mehr aufgegriffen<br />
und haben daher als abschließend beurteilt zu<br />
gelten.<br />
NZ 2011/113<br />
§§ 29, 106 JN – Zuständigkeit bei beweglichem<br />
Inlandsvermögen<br />
Eine rechtmäßig eingeleitete Verlassenschaftsabhandlung<br />
ist auch bei nachträglichem Wegfall der internationalen<br />
Zuständigkeit zu Ende zu führen.<br />
OGH 21. 6. 2011, 4 Ob 75/11 z (LG Innsbruck 4. 3. 2011, 53 R<br />
83/10 k; BG Lienz 14. 6. 2010, 1 A 396/07 i)<br />
341
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Der australische Staatsangehörige P G B (idF: Erblasser)<br />
starb am 5. 8. 2007 in Thailand, ohne eine letztwillige<br />
Verfügung zu hinterlassen. Er hatte nie in Österr gelebt,<br />
verfügte aber bei einer österr Bank über Konten und<br />
Wertpapierdepots mit einem Wert von über 1,6 Mio<br />
Euro. Wo sich sein letzter Wohnsitz befand, steht derzeit<br />
nicht fest.<br />
Am 13. 11. 2007 beantragte der Vater des Erblassers<br />
beim ErstG die Einleitung eines VerlassenschaftsVerf.<br />
In Australien könne mangels dort gelegenen Vermögens<br />
kein solches Verf geführt werden. Das Guthaben bei der<br />
österr Bank begründe daher die österr Zuständigkeit<br />
nach § 106 Abs 1 Z 2 lit c JN. In weiterer Folge gab<br />
der Vater eine bedingte Erbsantrittserklärung ab. Das<br />
ErstG nahm diese an und erklärte sein Erbrecht für ausgewiesen;<br />
weiters ordnete es eine Gläubigerkonvokation<br />
an.<br />
Am 31. 7. 2008 meldete C P de S (idF Lebensgefährtin)<br />
eine Nachlassforderung an und gab eine bedingte Erbantrittserklärung<br />
ab. Sie sei Lebensgefährtin des Verstorbenen<br />
gewesen und daher nach dem Erbrecht des australischen<br />
Bundesstaats Victoria allein erbberechtigt.<br />
Der Vater des Verstorbenen starb am 30. 8. 2008. In weiterer<br />
Folge wurde dessen Sohn J N B (idF Verwalter) vom<br />
zust australischen Gericht zum „administrator“ des Nachlasses<br />
von P G B bestellt. Er beantragte am 30. 12. 2008<br />
die Einstellung des VerlassenschaftsVerf und die Ausfolgung<br />
des Nachlasses an ihn. Das zust Gericht von Victoria<br />
habe ein VerlassenschaftsVerf nach dem Erblasser eingeleitet<br />
und ihn zum Abwickler bestellt. Er habe den Nachlass<br />
einzuziehen und dann an die Erben zu verteilen. Strittige<br />
Ansprüche wie jene der Lebensgefährtin seien vor<br />
dem zust australischen Gericht zu klären. Damit seien<br />
die Voraussetzungen für die österr Zuständigkeit nach<br />
§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN „weggefallen“; stattdessen sei<br />
das AusfolgungsVerf nach § 150 AußStrG durchzuführen.<br />
Zur Entgegennahme des Vermögens sei er als Nachlassverwalter<br />
berechtigt, strittige Erbansprüche seien in<br />
Australien zu klären.<br />
Die Lebensgefährtin sprach sich gegen diesen Antrag<br />
aus. Der Vater des Erblassers habe ausdrücklich behauptet,<br />
dass dieser kein Vermögen in Australien gehabt<br />
habe. Zudem könne den vorgelegten Unterlagen nur<br />
eine Verwalterbestellung entnommen werden; hingegen<br />
liege keine Bestätigung der australischen Behörden vor,<br />
wonach der Verwalter als Rechtsnachfolger zur Übernahme<br />
des in Österr befindl Nachlassvermögens berechtigt<br />
sei. Die Befugnisse eines Erbschaftsverwalters erstreckten<br />
sich nach dem Recht von Victoria nur auf jenes<br />
bewegl oder unbewegl Vermögen, das der Verstorbene<br />
zum Zeitpunkt seines Todes in diesem Bundesstaat besessen<br />
habe. Das Erbschaftsverwalterdekret beziehe sich<br />
daher nicht auf Nachlassvermögen, das sich in Österr befinde.<br />
Das ErstG folgte dem Standpunkt der Lebensgefährtin<br />
und wies den Ausfolgungsantrag ab. Das vom Verwalter<br />
angerufene RekG hob diesen Beschluss auf und trug dem<br />
ErstG auf, zunächst über die Einstellung des AbhandlungsVerf<br />
zu entscheiden. Eine Ausfolgung komme erst<br />
nach rk Beendigung dieses Verf in Betracht. Solange es<br />
noch anhängig sei, sei eine meritorische Entscheidung<br />
über den Ausfolgungsantrag verfrüht.<br />
Im fortgesetzten Verf stellte das ErstG das Abhandlungs-<br />
Verf ein. Zwar sei bei der Einleitung des Verf vom Vorliegen<br />
der Voraussetzungen des § 106 Abs 1 Z 2 lit c JN<br />
ausgegangen worden. Inzwischen habe sich die Sachlage<br />
aber geändert, da nun nach dem Ableben des Vaters in<br />
Victoria ein VerlassenschaftsVerf (auch) nach P G B geführt<br />
werde. Daher könne die Lebensgefährtin ihre<br />
Ansprüche dort durchsetzen. Die Voraussetzungen des<br />
§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN seien damit weggefallen, was<br />
zur Einstellung des Verf führe.<br />
Das RekG gab einem gegen diese E gerichteten Rek der<br />
Lebensgefährtin nicht Folge. Es bewertete seinen Entscheidungsgegenstand<br />
mit über E 30.000,– und ließ<br />
den oRevRek zu.<br />
Der RevRek ist iS des Aufhebungsantrags berechtigt.<br />
1. Ein nachträgl Wegfall der Voraussetzungen für die internationale<br />
Zuständigkeit nach § 106 Abs 1 Z 2 lit c<br />
JN wäre unerheblich.<br />
1.1. Nach § 29 Satz 1 JN bleibt ein Gericht in Rechtssachen,<br />
die bei ihm rechtmäßigerweise anhängig gemacht<br />
wurden, bis zu deren Beendigung zuständig, wenn sich<br />
auch die Umstände, die bei Einleitung des Verf für die Bestimmung<br />
der Zuständigkeit maßgebend waren, während<br />
des Verf geändert haben. Anderes gilt nach § 29<br />
Satz 2 JN nur bei Änderungen, aufgrund derer Personen<br />
Immunität genießen oder die Rechtssache dem Wirkungskreis<br />
der ordentl Gerichte entzogen ist.<br />
1.2. § 29 JN ist auch in AußerstreitVerf anzuwenden<br />
(Mayr in Rechberger 3 §29 Rz5; Ballon in Fasching/<br />
Konecny 2 § 29 Rz 12). Er erfasst, wie sich aus einem Gegenschuss<br />
zu Satz 2 ergibt, insb den Wegfall der internationalen<br />
Zuständigkeit (Mayr in Rechberger 3 §29 JN<br />
Rz 2; Ballon in Fasching/Konecny 2 § 29 JN Rz 18; RIS-<br />
Justiz RS0119204), und zwar auch dann, wenn diese nicht<br />
nach § 27 a JN aus der örtl Zuständigkeit folgt, sondern –<br />
wie in § 106 JN – getrennt davon geregelt ist (Mayr, aaO;<br />
vgl zum entspr Problem im familienrechtl Bereich Simotta<br />
in Fasching/Konecny 2 § 76 JN Rz 31).<br />
1.3. Daraus folgt, dass der vom Verwalter behauptete<br />
„Wegfall“ der Voraussetzungen von § 106 Abs 1 Z 2 lit c<br />
JN an der internationalen Zuständigkeit der österr Gerichte<br />
nichts ändern kann. Vielmehr wäre eine rechtmäßig<br />
eingeleitete Verlassenschaftsabhandlung ungeachtet<br />
späterer Entwicklungen zu Ende zu führen. Die Begründung<br />
der VorInst trägt die Einstellung des Verf daher<br />
nicht.<br />
342
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
2. Es bleibt aber zu prüfen, ob die Voraussetzungen für<br />
die internationale Zuständigkeit im maßgebenden Zeitpunkt<br />
– also bei Anhängigwerden des Verf – gegeben<br />
waren.<br />
2.1. Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit ist<br />
nach § 42 Abs 1 Satz 1 JN in jeder Lage des Verf – und<br />
zwar auch ohne darauf gerichteten Antrag (Simotta in Fasching/Konecny<br />
2 § 42 JN Rz 8 mwN) – wahrzunehmen.<br />
Anderes gilt nur dann, wenn die Unzuständigkeit nach<br />
§ 104 Abs 3 JN geheilt ist (§ 42 Abs 1 Satz 2 JN) oder<br />
eine insofern bindende E vorliegt (§ 42 Abs 3 JN). Diese<br />
Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt: § 104 JN erfasst<br />
aufgrund seiner systematischen Stellung im Zweiten Teil<br />
der JN nur streitige Verf. In AußerstreitVerf sind Gerichtsstandvereinbarungen<br />
daher grundsätzlich unzulässig<br />
(Simotta in Fasching/Konecny 2 § 104 JN Rz 167 mwN);<br />
auch eine Heilung durch rügelose Einlassung iSv § 104<br />
Abs 3 JN kommt nicht in Betracht. Eine bindende Entscheidung,<br />
die die internationale Zuständigkeit bejahte,<br />
gibt es ebenfalls nicht.<br />
2.2. Die unstrittige Bestellung eines „administrators“ für<br />
den Nachlass des Erblassers erweckt Zweifel, ob die Voraussetzungen<br />
für die internationale Zuständigkeit nach<br />
§ 106 Abs 1 Z 2 lit c JN im maßgebenden Zeitpunkt tatsächlich<br />
vorhanden waren.<br />
(a) Die internationale Zuständigkeit ist nach der letztgenannten<br />
Bestimmung gegeben, wenn<br />
„die Durchsetzung aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht<br />
oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte<br />
im Ausland unmöglich ist“.<br />
Diese Bestimmung ist nach der Rsp des OGH eng auszulegen:<br />
War der Erblasser weder österr Staatsbürger<br />
noch hier wohnhaft, soll im Inland gelegenes bewegl<br />
Vermögen nur in Ausnahmefällen hier abgehandelt<br />
werden (10 Ob 17/06 g EvBl 2006/138; RIS-Justiz<br />
RS0120641; zuletzt 1 Ob 124/10 g NZ 2011, 115).<br />
Die Unmöglichkeit der Rechtsdurchsetzung kann entweder<br />
auf rechtl (vor allem auf eine mangelnde internationale<br />
Zuständigkeit) oder auf faktische Umstände<br />
(zB Untätigkeit der zust Behörde) zurückzuführen sein<br />
(10 Ob 17/06 g EvBl 2006/138; RIS-Justiz RS0120641<br />
[T 1]).<br />
(b) Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die australischen<br />
Gerichte – konkret jene des Bundesstaats Victoria –<br />
überhaupt zust sind. Der Vater des Erblassers behauptete<br />
im verfahrenseinleitenden Antrag, dass dies mangels<br />
dort gelegenen Vermögens nicht zutreffe; die Lebensgefährtin<br />
vertritt die Auffassung, dass sich eine dort<br />
allenfalls begründete Zuständigkeit jedenfalls nicht auf<br />
außerhalb Australiens gelegenes Vermögen (bezogen<br />
habe und) beziehe. Letzteres bestreitet der Verwalter:<br />
Sei die Zuständigkeit begründet, erstrecke sie sich auch<br />
auf im Ausland gelegenes bewegl Vermögen. Von der<br />
Beantwortung dieser Frage hängen nach Auffassung<br />
beider Seiten die Befugnisse des Verwalters ab: Ist<br />
schon die Zuständigkeit des australischen Gerichts auf<br />
Inlandsvermögen beschränkt, dann auch jene des Verwalters,<br />
und umgekehrt.<br />
(c) Welche dieser Auffassungen zutrifft, hängt vom Recht<br />
des Bundesstaats Victoria ab. Dieses Recht ist nach § 4<br />
Abs 1 IPRG von Amts wegen zu ermitteln (RIS-Justiz<br />
RS0045163; RS0040189). Mangelhafte Ermittlungen begründen<br />
einen Verfahrensmangel eigener Art, der dem<br />
Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtl Beurteilung zu<br />
unterstellen ist und zur Aufhebung der E der VorInst führt<br />
(7 Ob 2/05 b SZ 2005/11 mwN; RIS-Justiz RS0116580;<br />
RS0040045).<br />
(d) Ein solcher Fall liegt hier vor: Für den Standpunkt der<br />
Lebensgefährtin sprechen eine Auskunft des BMJ und<br />
eine – freilich aus 1982 stammende – Belegstelle in einem<br />
deutschsprachigen Sammelwerk (Ferid/Firsching,<br />
Internationales Erbrecht, Länderabschnitt Australien;<br />
Grundzüge C Rz 42), für jenen des Verwalters ein von<br />
ihm vorgelegtes Privatgutachten eines auch in Australien<br />
zugelassenen Anwalts. Unter diesen Umständen kann die<br />
tatsächliche Rechtslage in Australien (Victoria) nur durch<br />
Einholung eines Gutachtens oder – allenfalls – einer Stellungnahme<br />
des dort für Erbrechtssachen zust Gerichts<br />
geklärt werden. Aus diesen Gründen sind die E der Vor-<br />
Inst aufzuheben, und dem ErstG ist die neuerl E nach<br />
VerfErgänzung aufzutragen.<br />
NZ 2011/114<br />
§ 1024 ABGB; § 26 Abs 1 KO/IO – Erlöschen von<br />
Treuhandaufträgen des Gemeinschuldners mit Konkurseröffnung<br />
nur im Zweipersonenverhältnis<br />
1. Gem § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 KO/IO erlöschen<br />
Treuhandaufträge ebenso wie vom späteren Gemeinschuldner<br />
erteilte Anweisungen durch die Konkurseröffnung;<br />
dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur<br />
im zweipersonalen Verhältnis, hingegen hat die Konkurseröffnung<br />
über einen Treugeber einer mehrseitigen<br />
Treuhand auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses<br />
keinen Einfluss.<br />
2. Der Zweck von § 26 KO/IO und § 1024 ABGB liegt<br />
nur darin, eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders)<br />
zu verhindern, die zu neuen Ansprüchen gegen<br />
die Masse führt; das ist bei Durchführung eines schon<br />
vorher geschlossenen Vertrags nicht der Fall.<br />
OGH 11. 5. 2011, 3 Ob 62/11 f (OLG Wien 11. 1. 2011, 3 R 95/10 b;<br />
HG Wien 29. 7. 2010, 24 Cg 56/08 f)<br />
Die bekl Bank gewährte der späteren GS (Konkurseröffnung<br />
am 23. 10. 2007) am 27. 11. 2006 einen Kredit<br />
von E 220.000,–, zu dessen Besicherung die Einverleibung<br />
einer Höchstbetragshypothek über E 286.000,–<br />
auf der von der GS gekauften Liegenschaft vereinbart<br />
war. Das auf einem Teil der Liegenschaft errichtete Haus<br />
sollte von der GS renoviert und anschl weiterveräußert<br />
werden. Die Abwicklung erfolgte über einen RA als Treuhänder.<br />
343
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
Am 13. 3. 2007 vereinbarte die GS mit der Bekl eine<br />
Kreditaufstockung um E 100.000,–, für die eine weitere<br />
Höchstbetragshypothek von E 130.000,– zugunsten<br />
der Bekl einverleibt werden sollte. Der schon vorher bestellte<br />
Treuhänder sollte auch die Verbücherung der weiteren<br />
Höchstbetragshypothek vornehmen.<br />
Am 16. 4. 2007 vereinbarten die GS und die Bekl eine<br />
weitere Kreditaufstockung um E 30.000,–; die bislang<br />
vereinbarten Hypotheken sollten zur Sicherung auch dieser<br />
zweiten Aufstockung dienen. Beide erwähnten<br />
Höchstbetragshypotheken waren Gegenstand unterfertigter<br />
Pfandbestellungsurkunden; der Treuhänder stellte<br />
auch darauf bezugnehmende Treuhanderklärungen aus.<br />
Den ersten Teilbetrag des Kredits (E 220.000,–) überwies<br />
die Bekl an den Treuhänder, die weiteren Auszahlungen,<br />
die letzte am 25. 5. 2007 in Höhe von<br />
E 29.440,–, erfolgten direkt an die spätere GS. Am<br />
28. 9. 2007 verkaufte die GS die Liegenschaft nach Renovierung<br />
des darauf befindlichen Hauses. Die Käufer<br />
bestellten einen weiteren RA als Treuhänder für die Abwicklung<br />
des Kaufvertrags, der es übernahm, den (größten<br />
Teil, E 358.000,–, des) Kaufpreis(es) nach Einverleibung<br />
des Eigentumsrechts zugunsten der Käufer auf<br />
das Kreditkonto der späteren GS bei der Bekl zu überweisen.<br />
Zu einer Einverleibung des Eigentumsrechts<br />
des GS und der beiden Höchstbetragshypotheken kam<br />
es wegen der Weiterveräußerung der Liegenschaft nicht.<br />
Am 5. 11. 2007, 13 Tage nach Konkurseröffnung, überwies<br />
der zweite Treuhänder E 357.035,88 (vereinbarter<br />
Kaufpreis) auf das Kreditkonto der GS bei der Bekl. Damit<br />
war die Kreditschuld der GS abgedeckt.<br />
Der Kl begehrte die Zahlung von E 31.000,– sA. Die<br />
Bekl sei in diesem Umfang ungerechtfertigt bereichert.<br />
Für das im Rahmen der zweiten Kreditaufstockung gewährte<br />
Darlehen sei keine hypothekarische Sicherstellung<br />
und auch keine treuhändige Abwicklung vereinbart<br />
worden. Die Bekl habe somit E 29.440,– erhalten, ohne<br />
dass dafür eine Sicherstellung vor Konkurseröffnung vorgesehen<br />
gewesen sei. Einen Aussonderungsanspruch<br />
habe sie nicht geltend gemacht. Mangels Eintragung<br />
ins GB habe die Bekl auch kein Pfandrecht erworben.<br />
Sollte ihr ein Absonderungsanspruch zukommen, habe<br />
sie diesen im Konkursverfahren anzumelden und den<br />
Klagebetrag herauszugeben. E 1.560,– seien anteilig<br />
abgereifte Zinsen. Der Kl fechte auch das „durch Zuzählung<br />
am 25. Mai 2007“ zustandegekommene Geschäft<br />
über E 30.000,– an. Dieser Vertrag sei ein für die übrigen<br />
Konkursgläubiger nachteiliges Rechtsgeschäft gewesen,<br />
bei dem der Bekl die damals bereits bestehende<br />
Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung bekannt gewesen<br />
sei oder bekannt habe sein müssen. Hätte die Bekl<br />
das Darlehen nicht gewährt, wäre das KonkursVerf früher<br />
eröffnet worden und hätten die übrigen Konkursgläubiger<br />
einen entspr geringeren Ausfall erlitten. Eine<br />
allfällige Sicherstellungs- oder Zahlungsvereinbarung<br />
sei von der GS in der Absicht vorgenommen worden,<br />
die Bekl vor den anderen Gläubigern zu befriedigen,<br />
was der Bekl zumindest hätte bekannt sein müssen.<br />
Der GS sei im Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrags<br />
mit den späteren Käufern bereits ein Konkursantrag<br />
bekannt gewesen. Die Sicherstellung oder Befriedigung<br />
der Bekl sei überdies inkongruent.<br />
Die Bekl wendete ein, sämtliche Sicherheiten seien zugunsten<br />
der gesamten, auch künftig aushaftenden Kreditsumme<br />
vereinbart worden. Wie in der Praxis üblich,<br />
sei die Weiterveräußerung der Liegenschaft nach Renovierung<br />
ohne Vollzug der bücherl Eintragungen, allerdings<br />
unter Aufrechterhaltung der Treuhandabrede erfolgt.<br />
Der für die Einverleibung des Eigentumsrechts<br />
und der genannten Pfandrechte persönlich haftende<br />
Treuhänder sei stets im Besitz der zur Verbücherung notwendigen<br />
Originalurkunden und aufgrund des mehrseitigen<br />
Treuhandverhältnisses verpflichtet gewesen, über<br />
diese nur entspr dem auf Verbücherung des Eigentumsrechts<br />
und der Pfandurkunden gerichteten Treuhandauftrag<br />
zu verfügen. Für den Fall des Unterbleibens dieser<br />
Maßnahmen habe der Treuhänder dafür sorgen müssen,<br />
dass iFd Veräußerung der Liegenschaft der Kaufpreis zur<br />
Lastenfreistellung und Abdeckung der aushaftenden Forderungen<br />
der Bekl verwendet werde. Der erste Treuhänder<br />
habe die Originalurkunden niemals aus der Hand gegeben,<br />
den Kaufpreis nach Erhalt vom Vertragserrichter<br />
(zweiter Treuhänder) an die Bekl überwiesen und die Originalpfandbestellungsurkunden<br />
zurückgestellt. Auch der<br />
Kl müsse das mehrseitige Treuhandverhältnis, aufgrund<br />
dessen die Auszahlung des Kaufpreises erfolgt sei, gegen<br />
sich gelten lassen. Dieses wäre der Einverleibung lastenfreien<br />
Eigentums zugunsten der GS entgegengestanden.<br />
Die Bekl wäre idF zur Lastenfreistellung nur<br />
Zug-um-Zug gegen Abdeckung der bei ihr begründeten<br />
Verbindlichkeiten verpflichtet gewesen. Die gewählte<br />
Abwicklungsform sei daher konkursfest und anfechtungsrechtl<br />
unbedenkl. Der Befriedigungsfonds für die<br />
Gläubiger habe sich durch die Kreditgewährung gegen<br />
Einräumung von Sicherheiten nicht verringert. Die Kreditierung<br />
sei auf Basis eines Zug-um-Zug-Geschäfts und im<br />
Übrigen außerhalb der Sechsmonatsfrist des § 31 Abs 4<br />
KO erfolgt. Die Aufstockungsvereinbarung sei nicht erst<br />
durch die Zuzählung des Darlehensbetrags, sondern mit<br />
ihrer Unterfertigung zustandegekommen. Die Anfechtung<br />
der Befriedigung aus dem Kaufpreiserlös sei nicht<br />
befriedigungstaugl, weil die Bekl damit ihr Zurückbehaltungsrecht<br />
an den Originalurkunden aufgegeben und es<br />
damit der GS ermöglicht habe, über das Kaufobjekt zu<br />
verfügen. Wäre die Weiterveräußerung des GSt vor Konkurseröffnung<br />
unterblieben, hätte der erste Treuhänder<br />
auch nach Konkurseröffnung in Erfüllung seiner mehrseitigen<br />
Treuhandverpflichtung das Eigentumsrecht für die<br />
GS samt Hypotheken einverleiben können und müssen.<br />
Daraus wäre aber für die Konkursmasse nichts zu gewinnen.<br />
Da der Aufstockungsbetrag zur Fertigstellung der<br />
Renovierungsarbeiten gewährt worden sei, liege kein<br />
nachteiliges Rechtsgeschäft vor. Eine bevorstehende In-<br />
344
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
solvenzsituation hätte die Bekl weder erkennen können<br />
noch müssen, weil sie eine rein projektbezogene Finanzierung<br />
durchgeführt habe.<br />
Das ErstG gab dem Klagebegehren im Umfang von<br />
E 29.440,– statt. Bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />
seien zwar als Sicherheit auch die zwei Höchstbetragshypotheken<br />
vereinbart worden, eine Eintragung<br />
im GB sei aber nicht erfolgt. Da bei der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />
auch keine Treuhandabwicklung<br />
vereinbart worden sei, sei diese Auszahlung nicht<br />
konkursfest. Die Bekl habe daher die nach Konkurseröffnung<br />
eingegangenen E 29.440,– sA herauszugeben, sie<br />
könne diesen Betrag nur als Konkursforderung anmelden.<br />
Das BerG wies über Ber der Bekl die Klage zur Gänze ab.<br />
Es sprach aus, dass die oRev zulässig sei, weil es sich bei<br />
der hier zu beurteilenden Finanzierungs- und Treuhandkonstruktion<br />
um eine häufige Praxis handle, deren Konkurs-<br />
und Anfechtungsfestigkeit der OGH bisher noch<br />
nicht zu beurteilen gehabt habe. Die Bekl habe den strittigen<br />
Betrag nicht für eine ungesicherte Konkursforderung<br />
erhalten, es stehe vielmehr fest, dass der gesamte<br />
der GS von der Bekl eingeräumte Kredit, daher auch<br />
die streitgegenständl Kreditaufstockung, (ua) durch zwei<br />
Höchstbetragshypotheken bis zum Gesamtbetrag von<br />
E 416.000,– gesichert werden sollte, die GS zwei sich darauf<br />
beziehende Pfandurkunden unterfertigt habe und<br />
der Treuhänder die persönliche Haftung für die Einverleibung<br />
dieser Höchstbetragshypotheken gegenüber der<br />
Bekl übernommen habe. Die GS habe durch die unwiderrufl<br />
Einschaltung des Treuhänders keine Möglichkeit<br />
mehr gehabt, ohne gleichzeitige Belastung mit der<br />
Höchstbetragshypothek Eigentümerin der Liegenschaft<br />
zu werden. Die Überweisung des Kaufpreises sei nicht<br />
als Rechtshandlung der GS anzusehen, weil mit der Konkurseröffnung<br />
jede von der GS erteilte Vollmacht erloschen<br />
sei. Eine Anfechtung der Überweisung und Darlehenstilgung<br />
nach §§ 28 ff KO scheide aus, weil diese<br />
nach Konkurseröffnung vorgenommen worden seien.<br />
Die Anfechtung der zweiten Aufstockungsvereinbarung<br />
scheitere an der fehlenden Gläubigerbenachteiligung.<br />
Die Masse hätte niemals lastenfreies Eigentum erwerben<br />
können. Die pauschale Behauptung, das KonkursVerf<br />
wäre bei Unterbleiben der Kreditaufstockung früher eröffnet<br />
worden, der Gläubigerausfall wäre entspr geringer<br />
gewesen, habe der Kl nicht ausreichend substantiiert. Mit<br />
seinem Vorbringen zu einem denkbaren lastenfreien Erwerb<br />
verstoße der Kl überdies gegen das im BerVerf geltende<br />
Neuerungsverbot.<br />
Die Rev des Kl, mit der er die Klagestattgebung anstrebt,<br />
ist entgegen dem den OGH nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch<br />
des BerG nicht zulässig.<br />
Der Umstand alleine, dass die zu lösenden Fragen in<br />
einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit<br />
iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042816).<br />
Dass eine Rsp des OGH zu einem vergleichbaren Sachverhalt<br />
fehlt, bedeutet keineswegs, dass die E von der<br />
Lösung einer iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebl Rechtsfrage<br />
des materiellen Rechts oder des VerfRechts abhängt. Besonderheiten<br />
der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende,<br />
die Rechtsentwicklung vorantreibende<br />
und für zukünftige E nutzbringende Rsp des OGH sogar<br />
eher aus (RIS-Justiz RS0102181).<br />
Der RevWerber steht auf dem Standpunkt, mangels Eintragung<br />
der Pfandrechte hätte die Zahlung des Kaufpreises<br />
nach Konkurseröffnung nur an ihn als MV erfolgen<br />
dürfen (§ 3 Abs 2 KO). Die Treuhandabwicklung<br />
wäre keine Sicherheit; die Treuhandabreden seien infolge<br />
Konkurseröffnung über das Vermögen der GS erloschen.<br />
Gem § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 KO/IO erlöschen<br />
Treuhandaufträge ebenso wie vom späteren GS erteilte<br />
Anweisungen durch die Konkurseröffnung (RIS-Justiz<br />
RS0019970). Dies gilt nach der Rsp aber nur im zweipersonalen<br />
Verhältnis, hingegen hat die Eröffnung des Konkurses<br />
über einen Treugeber einer mehrseitigen Treuhand<br />
auf den Abwicklungsmodus des Treuhandverhältnisses<br />
keinen Einfluss (3 Ob 520/94 SZ 67/48 ua; RIS-<br />
Justiz RS0016151). Der MV ist im Konkurs einer der beiden<br />
Vertragsparteien an den Treuhandabwicklungsmodus<br />
dann gebunden, wenn entweder – wie in diesem<br />
Fall – infolge beiderseitiger Erfüllung (des Liegenschaftsverkaufs<br />
der GS) kein Rücktrittsrecht gem § 21<br />
KO mehr besteht oder sich der MV für die Vertragserfüllung<br />
entscheidet (4 Ob 2119/96 p SZ 69/117 ua; RIS-<br />
Justiz RS0102659). Die gesamte Abwicklung (keine Verbücherung<br />
des Eigentums der späteren GS und der Hypotheken<br />
zugunsten der Bekl) erfolgte in allseitigem<br />
Einverständnis (GS, Bekl, Treuhänder und Käufer) in einem<br />
(so abgeänderten) Treuhandverhältnis, welches<br />
die der bücherl Hypothekenbegründung gleichwertige<br />
Sicherheit der Zug-um-Zug-Abwicklung herstellte. Der<br />
Zweck von § 26 KO und § 1024 ABGB liegt nur darin,<br />
eine Tätigkeit des Beauftragten (Treuhänders) zu verhindern,<br />
die zu neuen Ansprüchen gegen die Masse führt;<br />
das ist bei bloßer Durchführung eines schon vorher geschlossenen<br />
Vertrags nicht der Fall (4 Ob 163/06 h<br />
mwN).<br />
Mangels Aufzeigens einer erhebl Rechtsfrage nach § 502<br />
Abs 1 ZPO ist die Rev des Kl zurückzuweisen.<br />
NZ 2011/115<br />
§§ 9, 14, 20 K-GVG; § 94 GBG – Nach K-GVG ist<br />
grundsätzlich mit dem Grundbuchsgesuch der<br />
rechtskräftige Bewilligungsbescheid vorzulegen, ein<br />
Bestätigungsvermerk der Behörde ist nur in den<br />
Fällen der §§ 9 und 14 K-GVG vorgesehen<br />
1. § 20 Abs 1 lit a K-GVG lässt für die Bewilligung eines<br />
Grundbuchsgesuchs nicht alternativ die Vorlage eines<br />
Bescheides oder einer Bestätigung zu.<br />
345
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
2. Das Grundbuchsgericht darf eine bücherliche Eintragung<br />
nur bewilligen, wenn die Urkunden auch in<br />
der den landesgesetzlichen Bestimmungen über den<br />
Grundverkehr entsprechenden Form vorgelegt werden.<br />
OGH 26. 5. 2011, 5 Ob 89/11 s (LG Klagenfurt 30. 3. 2011, 3 R<br />
14/11 k; BG Spittal/Drau 2. 1. 2011, TZ 6006/10)<br />
Der ZweitASt ist Eigentümer der Liegenschaften EZ 170<br />
GB A. bestehend aus dem GSt 576/25 und der EZ 210<br />
GB A., zu der ua die GSt 501 und 505 gehören.<br />
Mit Schenkungsvertrag v 29. 4. 2010 hat der ZweitASt<br />
die Liegenschaft EZ 170 GB A. sowie aus der Liegenschaft<br />
EZ 210 GB A. die GSt 501 und 505 der ErstASt geschenkt.<br />
Auf dem Schenkungsvertrag ist in Stampiglienform eine<br />
Bestätigung der BH Spittal/Drau als GVKommission angebracht,<br />
wonach dieser Vertrag nach § 8 des Kärntner<br />
GVG 2002 (iF kurz K-GVG) mit rk B v 23. 6. 2010 zur Zl<br />
SP 20-GV-17042/2010/006/2010 genehmigt wurde.<br />
Mit dem verfeinleitenden GBGesuch begehrten die ASt<br />
aufgrund des vorgelegten Schenkungsvertrags<br />
1. ob der Liegenschaft EZ 170 GB A. die Einverleibung<br />
des Eigentumsrechts für die ErstASt und die Einverleibung<br />
eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zu<br />
Gunsten Walter F. und Edith F. sowie<br />
2. ob der Liegenschaft EZ 210 GB A. die Abschreibung<br />
der GSt 501 und 505 von dieser Liegenschaft, Eröffnung<br />
einer neuen GBEinlage hiefür, die Einverleibung des Eigentumsrechts<br />
darauf für die ErstASt sowie die Einverleibung<br />
des Belastungs- und Veräußerungsverbots zu<br />
Gunsten Walter F. und Edith F.<br />
Nachdem das ErstG den ASt iSd § 82 a GBG eine Verbesserung<br />
des Gesuchs durch Beibringung des in der Stampiglie<br />
angeführten B der GVBehörde aufgetragen hatte,<br />
innerhalb der gesetzten Frist und trotz Hinweises darauf,<br />
dass eine Nichterfüllung dieses Auftrags zur Antragsabweisung<br />
führen werde, idF diesem Auftrag jedoch nicht<br />
entsprochen wurde, wies es das gesamte Begehren der<br />
ASt ab. Gem § 20 Abs 1 K-GVG seien Eintragungen in<br />
das GB nur zulässig, wenn entweder die Zustimmung<br />
der GVBehörde zum Rechtserwerb vorliege oder eine<br />
Bestätigung, dass das Rechtsgeschäft nicht den Bestimmungen<br />
dieses Gesetzes unterliege oder von der Genehmigungspflicht<br />
nach diesem Gesetz ausgenommen sei.<br />
Demnach erf verwaltungsbeh GenehmigungsB müssten<br />
mit dem GBAntrag vorgelegt werden. Eine in Stampiglienform<br />
angebrachte Bestätigung genüge dem Erfordernis<br />
nicht. Schließl könnte die GVBehörde ihre Genehmigung<br />
ja auch unter gewissen Auflagen erteilt oder von<br />
der Erfüllung bestimmter Bedingungen abhängig gemacht<br />
haben.<br />
Dem dagegen von den ASt erhobenen Rek gab das Gericht<br />
II. Inst nicht Folge.<br />
Es teilte die Rechtsansicht des ErstG, dass das GBGesuch<br />
der ASt nach § 94 GBG iVm § 20 K-GVG nicht genehmigt<br />
werden durfte. § 20 Abs 1 lit a K-GVG bestimme die Vorlage<br />
des rk GenehmigungsB mit dem GBGesuch, damit<br />
das GBGericht das entspr Gesuch bewilligen könne. Ein<br />
Bestätigungsvermerk der Beh sei im K-GVG nicht generell<br />
vorgesehen, sondern nur in den Fällen der §§ 9 und<br />
14 K-GVG. Nur diesfalls könne er als Eintragungsgrundlage<br />
dienen. Eine von den GBGerichten geübte gegenteilige<br />
Praxis vermöge an diesem gesetzl Erfordernis<br />
nichts zu ändern.<br />
Nach Erfüllung seiner Verpflichtung, nach § 82 a GBG<br />
den ASt die Möglichkeit einer Verbesserung durch Vorlage<br />
dieses B einzuräumen, habe daher das ErstG zu<br />
Recht das GBGesuch abgewiesen.<br />
Das RekG erklärte den RevRek gegen seine E für zulässig,<br />
weil hg Rsp insb zu § 20 Abs 1 lit a K-GVG dahin fehle,<br />
ob generell Bestätigungsvermerke die Vorlage eines rk<br />
B ersetzen könnten.<br />
Gegen diesen B richtet sich der RevRek der ASt mit dem<br />
Antrag auf Abänderung der E der Vorinst iSe Bewilligung<br />
des GBGesuchs.<br />
Der RevRek erweist sich aus den vom RekG bezeichneten<br />
Gründen als zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.<br />
Zusammengefasst hält der RevRek der ASt die rechtl Beurteilung<br />
der angef E deshalb für unrichtig, weil § 20<br />
Abs 1 lit a K-GVG grundsätzl beide Varianten zulasse,<br />
näml die der Vorlage des rk B und die einer bloßen Bestätigung<br />
darüber. Weiters sei das GBGericht an die Bestätigung<br />
der Verwaltungsbeh gebunden und habe keine<br />
Prüfung der Richtigkeit einer solchen Bestätigung vorzunehmen.<br />
Überdies handle es sich um eine öff Urkunde<br />
iSd § 292 Abs 2 ZPO, bei der nur der Beweis mögl sei,<br />
dass der bezeugte bzw beurkundete Vorgang unrichtig<br />
sei. Dazu sei auszuführen, dass für die G nur ein absolut<br />
nichtiger Verwaltungsakt ohne Bindungswirkung sei. Davon<br />
könne keine Rede sein. Selbst wenn die Ausstellung<br />
einer Bestätigung nur in bestimmten Fällen zulässig sei,<br />
mache dies den Bestätigungsvermerk nicht nichtig.<br />
Dazu hat der OGH erwogen:<br />
Zunächst trifft es nicht zu, dass der die Zulässigkeit einer<br />
Eintragung eines nach dem K-GVG genehmigungspflichtigen<br />
Rechtserwerbs regelnde § 20 K-GVG in seinem<br />
Abs 1 lit a für die Bewilligung eines GBGesuchs alternativ<br />
die Vorlage eines B oder einer Bestätigung zuließe.<br />
§ 20 Abs 1 lit a K-GVG lautet:<br />
„Ein nach diesem Gesetz genehmigungspflichtiger<br />
Rechtserwerb (§ 8 Abs 1, § 13 Abs 1) an einem Grundstück<br />
darf im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn<br />
dem Grundbuchsgesuch angeschlossen ist:<br />
a) der rechtskräftige Genehmigungsbescheid oder eine<br />
Bestätigung (§ 9 Abs 3, § 14 Abs 3) . . .“<br />
346
NZ 11/2011<br />
Rechtsprechung<br />
NOTAR.AT<br />
Damit ist schon nach dem Wortlaut der Bestimmung eindeutig,<br />
dass eine „Bestätigung“ nur in den bes Fällen<br />
des § 9 Abs 3 und § 14 Abs 3 K-GVG vorgesehen ist.<br />
Es sind dies Fälle, in denen die Genehmigung von<br />
Rechtsgeschäften (auch) vor Abschluss des Rechtsgeschäfts<br />
beantragt werden kann und nach Abschluss des<br />
Rechtsgeschäfts die Bezirksverwaltungsbeh auf den Vertragsurkunden<br />
zu bestätigen hat, dass das Rechtsgeschäft<br />
genehmigt ist. Diese Besonderheit betrifft im ersten<br />
Fall Genehmigungen im land- oder forstwirtschaftl<br />
GV, im zweiten Fall Rechtsgeschäfte, die nach den Vorschriften<br />
über den AusländerGV genehmigungspflichtig<br />
sind. In beiden Fällen wurde also eine Genehmigung<br />
vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilt, sodass die Bestätigung<br />
auf der Vertragsurkunde zum Inhalt hat, dass<br />
das konkrete Rechtsgeschäft (bereits) genehmigt ist, im<br />
Ergebnis also eine Prüfung der Identität der vorgelegten<br />
Urkunden mit den vor Abschluss des Rechtsgeschäfts erteilten<br />
Genehmigungen. IdF kommt es denknotwendigerweise<br />
nicht zu einer (neuerl) Genehmigung in Form eines<br />
B. Eine derartige Bestätigung wurde hier nicht beigebracht.<br />
Entgegen der Ansicht der RevRekWerber besteht<br />
also weder eine alternativ zu wählende Möglichkeit, entweder<br />
einen B vorzulegen oder eine Bestätigung zu erbringen,<br />
noch ist das für den hier vorl Fall von Bedeutung.<br />
Nach § 94 Abs 1 Z 4 GBG hat das GBGericht das Ansuchen<br />
und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen<br />
und darf eine grundbücherl Eintragung nur<br />
dann bewilligen, wenn das Begehren durch den Inhalt<br />
der beigebrachten Urkunden begründet erscheint und<br />
die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung<br />
einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderl<br />
ist.<br />
Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ermächtigt die Länder, Regelungen<br />
zur Beschränkung des Grundstückverkehrs für Ausländer<br />
(AusländerGV) und des Verkehrs mit bebauten<br />
oder zur Bebauung bestimmten Grundstücken („grauer<br />
Grundverkehr“) zu treffen. Gem Art VII der B-VG-Nov<br />
1974 BGBl 1974/444 sind Regelungen, durch die der Verkehr<br />
mit land- und forstwirtschaftl GSt („grüner Grundverkehr“)<br />
im Interesse der Erhaltung, Stärkung oder<br />
Schaffung eines lebensfähigen Bauernstands verwaltungsbehördl<br />
Beschränkungen unterworfen ist, ebenfalls<br />
der Landesgesetzgebung unterworfen (vgl Kodek,<br />
Grundbuchsrecht Rz 128 zu § 94 GBG).<br />
Soweit nach den GVG die GVBeh auf Antrag einer Vertragspartei<br />
mit B festzustellen hat, ob ein Rechtserwerb<br />
der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht oder ob<br />
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht eine Negativbestätigung<br />
erfordern, wird die Frage, ob ein GSt den<br />
Verkehrsbeschränkungen unterliegt, allein der GVBeh<br />
vorbehalten und der E des GBGerichts entzogen (RIS-<br />
Justiz RS0060508). Macht das landesgesetzl GVRecht<br />
die Zulässigkeit einer Eintragung durch das GBGericht<br />
von der Vorlage bestimmter Urkunden, wie hier eines<br />
GenehmigungsB, abhängig, darf das GBGericht ohne<br />
Vorlage dieser Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen<br />
Rechtserwerbs nicht bewilligen (vgl<br />
5 Ob 9/96 NZ 1997, 65/376; 5 Ob 2107/96 f NZ 1997,<br />
132/381; 5 Ob 2347/96 z NZ 1997, 196/386). Wird eine<br />
nach den GVG als Voraussetzung für die Bewilligung<br />
des GBGesuchs bezeichnete Urkunde vorgelegt, scheidet<br />
eine Überprüfung eines B auf seine Gesetzmäßigkeit<br />
aus. Es besteht eine Bindung des GBGerichts an den<br />
Umfang der grundverkehrsbeh Bewilligung (ausführlich<br />
Kodek, aaO Rz 116 mwN).<br />
Dem hier vorgelegten Bestätigungsvermerk kommt<br />
daher keine Bescheideigenschaft iSd § 20 Abs 1 lit a<br />
K-GVG zu. Als Amtsbestätigung wäre sie nur geeignet,<br />
wenn sie eine genaue Angabe der Liegenschaft enthielte,<br />
auf der die Einverleibung erfolgen sollte, oder,<br />
weil sie auf eine weitere Urkunde Bezug nimmt (hier<br />
der B nach § 20 Abs 1 lit a K-GVG), diese in grundbuchsfähiger<br />
Form gleichzeitig vorgelegt würde (vgl 5 Ob 227/<br />
08 f NZ 2009, 253 AGS 737 [Hoyer]).<br />
Das GBGericht darf also eine grundbücherl Eintragung<br />
nur bewilligen, wenn die Urkunden auch in der den landesgesetzl<br />
Bestimmungen über den GV entspr Form vorgelegt<br />
werden (5 Ob 158/03 a SZ 2003/101; zu § 20<br />
Abs 1 K-GVG: 5 Ob 68/08 y).<br />
Es war daher die E des RekG zu bestätigen.<br />
NZ 2011/116<br />
§ 480 ABGB; § 6 BauRG – Keine unmittelbare Begründung<br />
einer Eigentümerservitut<br />
1. Die Begründung einer Dienstbarkeit zugunsten und<br />
zulasten des Baurechtsberechtigten ist grundsätzlich<br />
zulässig. Insoweit ist seine Rechtsstellung mit der des<br />
Grundeigentümers vergleichbar.<br />
2. Die Begründung einer Dienstbarkeit zulasten bzw<br />
zugunsten eines Bauberechtigten, wobei herrschendes<br />
und dienendes Gut jeweils die diesem gehörige<br />
Nachbarliegenschaft sein soll, ist einer Eigentümerservitut<br />
gleichzuhalten.<br />
3. Das direkte Begründen einer Eigentümerservitut<br />
sieht das österreichische Sachenrecht nicht vor.<br />
4. Allenfalls als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen<br />
zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache<br />
der Rechtsprechung.<br />
OGH 9. 2. 2011, 5 Ob 6/11 k (LGZ Wien 15. 11. 2010, 47 R 495/<br />
10 p)<br />
Aus den Entscheidungsgründen:<br />
Die ASt ist Eigentümerin der EZ 3594 und Baurechtseigentümerin<br />
der EZ 5933 jeweils GB A. und errichtete<br />
auf diesen Liegenschaften eine Wohnhausanlage, die<br />
eine architektonische Einheit darstellt. Unter Vorlage<br />
des (mit ihr selbst abgeschlossenen) Vertrags vom<br />
347
NOTAR.AT<br />
Rechtsprechung<br />
NZ 11/2011<br />
2. 2. 2010 beantragte sie die Einverleibung von Grunddienstbarkeiten<br />
zugunsten der in ihrem Eigentum bzw<br />
Baurechtseigentum stehenden Liegenschaften, wobei<br />
die jeweils andere Liegenschaft belastet sein sollte.<br />
Das ErstG wies diesen Antrag mangels Zulässigkeit der<br />
Begründung von Eigentümerdienstbarkeiten ab. Das<br />
RekG bestätigte diese E und sprach aus, dass der oRev-<br />
Rek nicht zulässig sei.<br />
Die ASt zeigt in ihrem ao RM keine Rechtsfragen von erhebl<br />
Bedeutung auf:<br />
1. Dem Baurechtsberechtigten stehen nach § 6 Abs 2<br />
BauRG am Bauwerk die Rechte des Eigentümers zu.<br />
Die Begründung von Dienstbarkeiten zugunsten und zulasten<br />
des Baurechtsberechtigten ist daher grundsätzl zulässig<br />
(RIS-Justiz RS0062285). Insoweit ist seine Rechtsstellung<br />
mit der des Grundeigentümers vergleichbar.<br />
Die Begründung einer Dienstbarkeit zulasten bzw zugunsten<br />
eines Baurechtsberechtigten, wobei herrschendes<br />
bzw dienendes Gut jeweils die diesem gehörige<br />
Nachbarliegenschaft sein soll, ist einer Eigentümerservitut<br />
gleichzuhalten. Eine solche sieht das österr Sachenrecht<br />
jedoch nicht vor. Sie kann daher auch nicht in das<br />
GB eingetragen werden (RIS-Justiz RS0122304).<br />
2. Der OGH hat in der E 5 Ob 118/07 z (SZ 2007/113 =<br />
EvBl 2007/165, 917 = NZ 2007/AGS 694 [Hoyer] = Zak<br />
2007/549, 314) und ihr nachfolgend in der E 5 Ob 157/<br />
08 m (immolex 2009/61 [Edelhauser] = Zak 2009/179,<br />
115 = ecolex 2009/014 = NZ 2009/AGS 734 [Hoyer])<br />
die Zulässigkeit einer Eigentümerservitut verneint und<br />
(zusammenfassend) ausgeführt, dass selbst eine (auch<br />
hier von der RMWerberin in den Vordergrund gerückte)<br />
wirtschaftl Sinnhaftigkeit an der dafür fehlenden gesetzl<br />
Grundlage nichts zu ändern vermag. Warum die in diesen<br />
E erörterten Grundsätze auf den vorl Fall nicht anwendbar<br />
sein sollen, vermag die RMWerberin nicht schlüssig<br />
darzulegen. Allein der Umstand, dass ein völlig gleichartiger<br />
Sachverhalt vom OGH noch nicht entschieden<br />
wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erhebl<br />
Rechtsfrage. Das gilt insb dann, wenn die für vergleichbare<br />
Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rsp auf<br />
den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne<br />
grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden<br />
(RIS-Justiz RS0107773 [insb T 3]; RS0102181 [T 12]).<br />
Der Verweis der ASt, sie entfalte als gemeinnützige Bauvereinigung<br />
eine dem Gemeinwohl dienende Aufgabe<br />
im Bereich des Wohnungs- und Siedlungswesens, ändert<br />
nichts daran, dass die VorInst die zur Eigentümerservitut<br />
entwickelten Grundsätze ohne Rechtsirrtum angewendet<br />
haben.<br />
3. Die Bestimmung des § 480 ABGB gibt vor, was als Titel<br />
für eine Servitut in Betracht kommt. Der Titel für eine Servitut<br />
kann demnach auf einem Vertrag, auf einer letztwilligen<br />
Erklärung, auf einem bei der Tilgung gemeinschaftl<br />
GSt erfolgten Rechtsspruch oder auf Verjährung<br />
beruhen.<br />
Jedenfalls dann, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes<br />
in seinem <strong>wirkliche</strong>n Verständnis keine offenbaren Wertungswidersprüche<br />
provoziert, mit dem bestehenden<br />
Wertungskonsens innerhalb der Rechtsgemeinschaft<br />
nicht unvereinbar ist und auch der „Natur der Sache“<br />
nicht zuwiderläuft, ist es nicht Aufgabe der Gerichte,<br />
durch weitherzige Interpretation rechtspolitische oder<br />
wirtschaftl Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber<br />
bisher (bewusst oder unbewusst) nicht veranlasst<br />
haben, Gesetzesänderungen vorzunehmen. Allenfalls<br />
als unbefriedigend erachtete Gesetzesbestimmungen<br />
zu ändern oder zu beseitigen, ist nicht Sache der Rsp<br />
(RIS-Justiz RS0009099; 5 Ob 118/07 z). Unter diesem Aspekt<br />
bleibt für die Ansicht der ASt, die von ihr als Servitutsvertrag<br />
vorgelegte Urkunde sei als eine einer letztwilligen<br />
Erklärung oder Verfügung gleichzuhaltende Willenserklärung<br />
zu deuten und daher tauglicher Titel für<br />
eine Servitut, kein Raum; eine solche Urkundenauslegung<br />
ist dem GBGericht auch verwehrt (RIS-Justiz<br />
RS0060878).<br />
Der aoRevRek war damit zurückzuweisen.<br />
NZ 2011/117<br />
§156 ABGB – Antragsrücknahme bewirkt nicht<br />
Anspruchsverzicht im Abstammungsverfahren<br />
1. Im Abstammungsverfahren gibt es nur eine Antragsrücknahme<br />
ohne Anspruchsverzicht.<br />
2. Ein nur gegenüber der Ehegattin erklärter Verzicht<br />
auf ein Bestreitungsrecht könnte nicht gewertet werden.<br />
3. Für den Verlust des Bestreitungsrechts reicht auch<br />
ein Umstand, der den Willen erkennen lässt, dass der<br />
Ehemann der Mutter dem Kind dauernd die Stellung<br />
eines ehelichen Kindes geben wollte, nicht aus.<br />
OGH 27. 4. 2011, 5 Ob 11/11 w (LG Ried 15. 11. 2010, 6 R 320/10 s)<br />
1. Gem § 82 Abs 1 AußStrG iVm § 156 ABGB wird ein<br />
Verf zur Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann<br />
der Mutter nur auf Antrag eingeleitet. Nach § 11<br />
Abs 1 AußStrG sind Verf, die nur auf Antrag eingeleitet<br />
werden können, mit der Zurücknahme des Antrags beendet.<br />
(Nur) Soweit mit der Zurücknahme des Antrags auch<br />
wirksam auf den zugrunde liegenden Anspruch verzichtet<br />
wurde, kann er nicht neuerl geltend gemacht werden<br />
(§ 11 Abs 3 AußStrG).<br />
Es ergibt sich somit bereits aus dem Gesetz, dass eine<br />
ohne Anspruchsverzicht vorgenommene Antragsrückziehung<br />
keinen Verzicht auf den Anspruch und somit auch<br />
keinen Verbrauch des Ehelichkeitsbestreitungsrechts<br />
bewirkte; im Abstammungsverf gibt es nur eine Antragsrücknahme<br />
ohne Anspruchsverzicht (Fucik/Kloiber,<br />
AußStrG § 11 Rz 7 mwN).<br />
2. Die (Erst-)Antragsgegnerin hat im erstinst Verf vorgebracht,<br />
es habe eine einvernehml Abrede zwischen<br />
dem ASt und der Mutter zur Zeugung des Kindes mit einem<br />
anderen Mann bestanden. Dadurch habe der ASt<br />
348
NZ 11/2011<br />
Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />
NOTAR.AT<br />
sich schlüssig bereit erklärt, für den Unterhalt des Kindes<br />
zu sorgen sowie dadurch das Kind „unwiderruflich“ als<br />
ehel anerkannt.<br />
Diese Tatsachenbehauptungen wären auch iFi Erweislichkeit<br />
nicht geeignet, ein Ehelichkeitsbestreitungsrecht<br />
iSd § 156 ABGB des ASt, dessen Vaterschaft zur Antragsgegnerin<br />
– nunmehr unbestritten – mit Sicherheit ausgeschlossen<br />
ist, in Frage zu stellen.<br />
Als Verzicht auf ein Bestreitungsrecht könnte eine solche<br />
Vereinbarung, weil nur gegenüber der Ehegattin und<br />
nicht auch gegenüber dem Kind abgegeben, ohnedies<br />
nicht gewertet werden (2 Ob 144/51 SZ 24/66; 1 Ob<br />
1013/52 JBl 1953, 321; 2 Ob 322/00 t SZ 74/11 [auch unter<br />
Hinweis auf Art 8 EMRK]; RIS-Justiz RS0048218). Dass<br />
der ASt mit seinem Verhalten einen Vorgang in Lauf gesetzt<br />
hätte, der zur Geburt eines Kindes führte, könnte<br />
in Zusammenhang mit einem Versprechen an die Mutter,<br />
für den Unterhalt des Kindes zu sorgen, möglicherweise<br />
unterhaltsrechtl, keinesfalls aber abstammungsrechtl<br />
Wirkungen zeitigen (vgl 7 Ob 527/96 JBl 1996, 717<br />
[Bernat]; 7 Ob 212/97 w SZ 70/155). Für den Verlust<br />
des Bestreitungsrechts reicht auch ein Umstand, der<br />
den Willen erkennen lässt, dass der Ehemann dem Kind<br />
dauernd die Stellung eines ehel Kindes geben wolle,<br />
nicht aus (vgl 1 Ob 2189/96 k mwN EFSlg 81.095; 6 Ob<br />
6/04 g; RIS-Justiz RS0048217).<br />
3. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwiefern eine<br />
Vereinbarung über einen Anfechtungsverzicht mit Nichtigkeit<br />
iSd § 879 ABGB behaftet wäre (vgl 2 Ob 322/<br />
00 t SZ 74/11; 2 Ob 74/10 m iFamZ 2011/57, 74: entgeltverknüpfte<br />
Vereinbarungen über Anfechtungsverzicht),<br />
kann daher unterbleiben.<br />
Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />
Bearbeitet von Johannes Andrae, Rechtspfleger beim Handelsgericht Wien<br />
GmbH<br />
G86<br />
§ 40 FBG; § 160 Abs 3 BAO<br />
Die Löschung einer GmbH wegen Vermögenslosigkeit<br />
ist unzulässig, wenn sich das Finanzamt negativ zur beabsichtigten<br />
Löschung geäußert hat.<br />
OLG Wien 25. 8. 2011, 28 R 166/11 d und 167/11 a<br />
Die Fiktion der Zustimmung der gesetzlichen Interessenvertretung<br />
oder der Steuerbehörde nach § 40 Abs 2 FBG<br />
ist im Verhältnis zu § 160 Abs 3 BAO die speziellere (und<br />
auch zeitlich spätere) Norm, sie geht daher dieser Bestimmung<br />
vor. Im Falle der Nichtäußerung der Steuerbehörde<br />
ist daher eine UB nicht mehr erforderlich. Ein Fall<br />
der Zustimmungsfiktion nach § 40 Abs 2 FBG ist hier<br />
nicht gegeben, weil sich das Finanzamt über die Anfragen<br />
des Erstgerichtes, ob Bedenken gegen die Löschung<br />
bestünden, ablehnend unter Hinweis auf § 160 Abs 3<br />
BAO geäußert hat. Hat sich das Finanzamt jedoch ausdrücklich<br />
gegen die Löschung ausgesprochen, kann die<br />
genannte Zustimmungsfiktion nicht mehr Platz greifen;<br />
in diesem Fall setzt die Löschung das Vorliegen einer<br />
UB voraus (OLG Wien 28 R 125/07 v). Wegen der fehlenden<br />
UB nach § 160 Abs 3 BAO durfte das Erstgericht daher<br />
auch eine amtswegige Löschung der Gesellschaft<br />
wegen Vermögenslosigkeit nicht anordnen (vgl auch<br />
OLG Wien 28 R 50/00 d; OLG Wien NZ 1990, 285;<br />
OLG Graz EvBl 1986/181).<br />
Anmerkung:<br />
Das OLG Wien geht nicht auf die E OLG Wien 28 R 276/<br />
04 w, G 14, ein. Dort hat der Senat anders entschieden.<br />
ME ist der E aus 2004 zu folgen:<br />
Nach § 40 Abs 2 Satz 1 FBG ist die Steuerbehörde vor<br />
der Löschung zu hören, sofern sie nicht ohnehin ASt<br />
war. Diese Bestimmung wäre sinnlos, wenn immer<br />
§ 160 Abs 3 BAO zur Anwendung käme: Denn wozu<br />
sollte der Gesetzgeber eine Pflicht des Firmenbuchgerichtes<br />
festschreiben, das Finanzamt anzuhören, wenn<br />
ohnedies dessen Zustimmung vorliegen muss? Zutreffend<br />
ist, dass § 40 FBG Spezialnorm gegenüber § 160<br />
Abs 3 BAO ist: Der Steuerbehörde steht daher ein Anhörungsrecht<br />
zu, nicht jedoch ein Zustimmungsrecht.<br />
Aus den älteren Entscheidungen lässt sich außerdem<br />
nichts gewinnen (OLG Wien NZ 1990, 285): Nach § 2<br />
letzter Satz AmtsLG war nur die „amtliche Berufsvertretung“<br />
(jetzt: Wirtschaftskammer) zu hören. Damals war<br />
die Spezialnorm des § 40 FBG nicht in Kraft.<br />
G87<br />
§ 40 FBG; § 49 Abs 3 AußStrG<br />
Löschung wegen vermuteter Vermögenslosigkeit: Die<br />
Vorlage der fehlenden Jahresabschlüsse im Rekurs<br />
nützt nichts.<br />
OLG Wien 17. 6. 2011, 28 R 96/11 k<br />
Sachverhalt: Eine GmbH wird wegen Nichtvorlage von<br />
Jahresabschlüssen gelöscht. Mit dem Rek werden die<br />
fehlenden Jahresabschlüsse (2008, 2009) offengelegt.<br />
Unter Berufung auf OLG Innsbruck 3 R 19/06 b (siehe<br />
G 33) wird Rek gegen die Löschung der GmbH erhoben.<br />
Mit ihren Ausführungen, die nunmehr vorgelegten Jahresabschlüsse<br />
2008 und 2009 seien zu berücksichtigen,<br />
zielt die RekWerberin darauf ab, die auf § 40 Abs 1<br />
Satz 3 FBG beruhende Vermutung der Vermögenslosigkeit<br />
zu widerlegen.<br />
349
NOTAR.AT<br />
Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen NZ 11/2011<br />
Nun könnte man annehmen, dass in der mit dem Rek erfolgten<br />
Vorlage der Jahresabschlüsse selbst eine neue<br />
Tatsache (§ 49 Abs 3 AußStrG) geschaffen und vorgebracht<br />
wurde (so offenbar OLG Innsbruck, 3 R 19/06 b,<br />
NZ 2006, G 33 mit Anm Andrae). Allerdings ergibt sich<br />
aus § 18 FBG, dass neue Tatsachen dann nicht mehr berücksichtigt<br />
werden können, wenn die Gesellschaft zur<br />
Äußerung zu einer beabsichtigten Eintragung aufgefordert<br />
wurde, dieser aber – wie hier – nicht nachgekommen<br />
ist; in diesem Fall ist davon auszugehen, dass beabsichtigten<br />
Verfügungen keine Einwendungen entgegengesetzt<br />
werden. Der schon zu § 185 Abs 3 AußStrG 1854<br />
entwickelte Grundsatz, dass derjenige, der sich trotz Aufforderung<br />
des Gerichtes nicht äußert, im Rek keinen<br />
neuen Sachverhalt geltend machen kann (RIS-Justiz<br />
RS0006941), gilt nach der Rsp auch für die im Löschungsverfahren<br />
gem § 18 FBG ergehende Aufforderung, sich<br />
zur beabsichtigten Löschung zu äußern (6 Ob 183/<br />
01 g). Das Unterbleiben der Äußerung beseitigt dann<br />
zwar nicht das RekRecht, führt aber dazu, dass das versäumte<br />
Vorbringen – hier die Vorlage der Jahresabschlüsse<br />
– nicht in Form von Neuerungen im Rek nachgetragen<br />
werden kann (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer,<br />
FBG § 18 Rz 49). Dies kann vor dem Hintergrund<br />
des AußStrG 2003 nicht anders gelten (RIS-Justiz<br />
RS0006783 [T 4]; Fucik/Kloiber, AußStrG § 49 Rz 7) und<br />
steht im Ergebnis auch im Einklang mit der Ansicht von<br />
Nowotny (Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 40 Rz 97),<br />
der die Bestimmung des § 49 Abs 3 AußStrG 2003 für<br />
das Amtslöschungsverfahren gem § 40 FBG auf allgemeinen<br />
Erwägungen überhaupt für unpassend erachtet.<br />
Danach kann aber auch auf die nachträgliche Vorlage<br />
von Jahresabschlüssen nicht mehr Bedacht genommen<br />
werden, um die gesetzliche Vermutung der Vermögenslosigkeit<br />
zu widerlegen.<br />
Anmerkung:<br />
Das OLG Wien teilt also die Kritik zur E des OLG Innsbruck<br />
des Autors dieser Zeilen (G 33).<br />
G88<br />
§ 4 GmbHG<br />
Zum notwendigen Inhalt der Spezialvollmacht zur<br />
Gründung einer GmbH.<br />
OLG Wien 3. 8. 2010, 28 R 178/10 t<br />
Im vorl Fall fehlt in der Vollmacht an einen Gesellschafter<br />
von den im § 4 Abs 1 GmbHG aufgelisteten notwendigen<br />
Inhalten des Gesellschaftsvertrags lediglich die Auflistung<br />
der – abgesehen vom Vollmachtgeber – weiteren<br />
drei Gesellschafter und der von diesen jeweils auf das<br />
Stammkapital zu leistenden Einlage. Hingegen sind in<br />
der Vollmacht, übereinstimmend mit dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags,<br />
die Firma und der Sitz der Gesellschaft,<br />
der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe<br />
des Stammkapitals sowie die vom Vollmachtgeber übernommene<br />
Stammeinlage und der davon in bar einzuzahlende<br />
Anteil genannt. Die in der Vollmacht niedergelegten<br />
Angaben reichen damit nach den in der E 6 Ob 119/<br />
09 g aufgezeigten Grundsätzen für die Individualisierung<br />
des Gesellschaftsvertrags aus, zumal in der Vollmacht insbesondere<br />
die Firma und der Unternehmensgegenstand<br />
der Gesellschaft enthalten sind.<br />
G89<br />
§ 15 FBG<br />
Zum Umfang der Prüfpflicht des Gerichts bei der Eintragung<br />
eines Geschäftsführerwechsels. Eine relative<br />
Nichtigkeit hat das Firmenbuchgericht nicht zu beachten.<br />
OLG Wien 18. 10. 2010, 28 R 193/10 y<br />
Im konkreten Fall ist nicht eine Eintragung aufgrund eines<br />
anfechtbaren Gesellschafterbeschlusses zu beurteilen,<br />
sondern der umgekehrte Fall einer Ablehnung einer<br />
begehrten Eintragung. Das ErstG qualifizierte den zugrunde<br />
liegenden Gesellschafterbeschluss als nicht wirksam<br />
zustande gekommen, weil die Alleingesellschafterin<br />
dem Vertreter die Vollmacht noch vor Fassung des Gesellschafterbeschlusses<br />
wirksam widerrufen habe. Die<br />
ASt wandte dagegen ein, der Vollmachtswiderruf sei<br />
rechtsmissbräuchlich und deshalb wegen Sittenwidrigkeit<br />
unwirksam. Allerdings liegt in einem solchen Fall<br />
keine absolute, sondern bloß eine über Einrede geltend<br />
zu machende relative Nichtigkeit vor. Eine solche Nichtigkeit<br />
ist im Eintragungsverfahren auch nicht als Vorfrage<br />
zu prüfen. Vielmehr ist über den behaupteten<br />
rechtsmissbräuchlichen Widerruf der Vollmacht in einem<br />
Rechtsstreit zwischen Vollmachtgeber (Muttergesellschaft)<br />
und dem Vollmachtnehmer zu entscheiden.<br />
Zusammengefasst bildet der bewiesene Vollmachtswiderruf<br />
die Grundlage für die Zurückweisung des Eintragungsbegehrens,<br />
auch wenn in einem Rechtsstreit festgestellt<br />
werden könnte, dass dieser Vollmachtswiderruf<br />
wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist.<br />
G90<br />
§§ 10, 66 GmbHG<br />
Kaduzierungsverfahren: Zur Frage, wann die eingezahlte<br />
Stammeinlage den Geschäftsführern zur freien<br />
Verfügung steht.<br />
OLG Wien 28. 4. 2011, 28 R 285/10 b<br />
Der RekWerber bestreitet im RM nicht, dass in der Generalversammlung<br />
vom 10. 8. 2010 die Beschlussfassung<br />
auf Volleinzahlung der Stammeinlagen durch sämtliche<br />
Gesellschafter gem § 35 Abs 1 Z 2 GmbHG erfolgte.<br />
Da in Punkt 8 des Gesellschaftsvertrags für die Beschlussfassung<br />
in der Generalversammlung bestimmt<br />
wurde, dass, soweit Gesetz oder Gesellschaftsvertrag<br />
nichts Abweichendes bestimmen, die einfache Mehrheit<br />
der abgegebenen Stimmen genügt, kam dieser Beschluss<br />
trotz der Gegenstimme des RekWerbers rechtswirksam<br />
zustande. Der RekWerber bestreitet auch nicht<br />
350
NZ 11/2011<br />
Entscheidungssammlung in Firmenbuchsachen<br />
NOTAR.AT<br />
den Zugang der Zahlungsaufforderung, der Nachfristsetzung<br />
und der Ausschlusserklärung des Geschäftsführers.<br />
Er steht jedoch auf dem Standpunkt, aufgrund der Einzahlung<br />
auf das Geschäftskonto bei der R-Bank seiner<br />
Einzahlungsverpflichtung entsprochen zu haben. Da sein<br />
Schreiben vom 1. 9. 2010 von der Gesellschaft unbeanstandet<br />
geblieben sei, habe der RekWerber von einem<br />
(zumindest konkludenten) Einverständnis mit der von<br />
ihm vorgeschlagenen Vorgangsweise ausgehen können,<br />
zumal durch die Überweisung auf das Geschäftskonto<br />
der Gesellschaft bei der R-Bank die Zahlung auch tatsächlich<br />
in die Sphäre der Gesellschaft gelangt sei.<br />
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass nach § 863 ABGB<br />
an schlüssige Willenserklärungen ein strenger Maßstab<br />
anzulegen ist. Für den Empfänger darf kein vernünftiger<br />
Grund für Zweifel an einem Rechtsfolgewillen des Erklärenden<br />
in bestimmter Richtung bestehen. Da bloßes<br />
Schweigen auch andere Motive als das des Einverständnisses<br />
haben kann (beispielsweise dass der Vertragspartner<br />
sich für eine ablehnende Antwort nur nicht die Zeit<br />
nimmt), ist es, auch im kaufmännischen Verkehr, grundsätzlich<br />
nicht als Zustimmung zu werten (Bollenberger<br />
in KBB 3 § 863 ABGB Rz 6, 8 je mwN). Da im konkreten<br />
Fall sowohl in der Generalversammlung vom 10. 8.<br />
2010 als auch im Schreiben vom 13. 8. 2010 die Einzahlung<br />
der aushaftenden Stammeinlage jeweils auf ein anderes,<br />
bei der V-Bank eingerichtetes Konto der Gesellschaft<br />
gefordert worden war, durfte der RekWerber nach<br />
den dargelegten Grundsätzen das bloße Schweigen auf<br />
sein E-Mail vom 1. 9. 2010 noch nicht als Zustimmung<br />
zu seinem beabsichtigten Vorgehen werten.<br />
Dessen ungeachtet bestimmt § 10 Abs 2 GmbHG, dass<br />
der eingeforderte Betrag in gesetzlichen Zahlungsmitteln<br />
oder durch Gutschrift bei einem Kreditinstitut im Inland<br />
oder der österr Postsparkasse auf ein Konto der Gesellschaft<br />
oder der Geschäftsführer zu deren freien Verfügung<br />
eingezahlt werden muss. Unter dem Aspekt, dass<br />
im Gesellschaftsrecht, insbesondere im Fall eines beschränkten<br />
Haftungszugriffs, stets die Gläubigerinteressen<br />
zu wahren sind, muss nach den Wertungen des<br />
GmbH-Gesetzes die reale Aufbringung des Stammkapitals<br />
umfassend und zwingend gesichert sein. Über Bareinlagen<br />
können die Geschäftsführer nur dann frei verfügen,<br />
wenn die Leistung der Gesellschaft noch in Form<br />
von Bargeld oder einer Kontogutschrift zur Verfügung<br />
steht. Vorausgesetzt wird daher, dass der Geschäftsführer<br />
in der Verfügung über den eingezahlten Betrag nicht,<br />
namentlich nicht durch Gegenforderungen, beschränkt<br />
ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG-Kommentar 3 §10<br />
Rz 16; Konwitschka, Kapitalerhöhung durch Verrechnung<br />
von Gesellschafterforderungen [1998] 352 f). Die Leistung<br />
auf ein debitorisches Bankkonto der Gesellschaft<br />
verstößt dann gegen das Gebot, die Einlagemittel zur<br />
freien Verfügung der Geschäftsführung zu leisten, wenn<br />
die Gesellschaft wegen gleichzeitiger Kündigung oder<br />
Rückführung des bisher eingeräumten Kreditrahmens<br />
auf den neuen Saldo keine Möglichkeit erhält, über die<br />
eingezahlten Mittel in entsprechender Höhe zu verfügen.<br />
Demnach muss der Gesellschaft im Ausmaß der Einlageleistung<br />
ein ausschöpfbarer Kreditrahmen zustehen,<br />
gleichgültig, ob dies durch Krediteinräumung auf dem<br />
Einzahlungskonto oder einem anderen Gesellschaftskonto<br />
verwirklicht wird. Demgegenüber reicht es nicht<br />
aus, wenn die Bank die Überschreitung des Kreditrahmens<br />
nur duldet (Koppensteiner/Rüffler, aaO Rz 18<br />
mwN).<br />
Selbst wenn daher die Zahlung des RekWerbers als Einlageschuldner<br />
an die R-Bank nicht eigenmächtig, sondern<br />
mit Zustimmung beziehungsweise selbst aufgrund einer<br />
wirksamen Anweisung der Gesellschaft (ihres Geschäftsführers)<br />
erfolgt wäre, würde seine Verbindlichkeit auf Einzahlung<br />
der restlichen Stammeinlage nur insoweit getilgt,<br />
als die Forderung des Gläubigers (hier der R-Bank),<br />
die er mit seiner Zahlung tilgte, unbedenklich, fällig und<br />
vollwertig gewesen wäre und die Gesellschaft durch die<br />
Aufrechnung eine vollwertige Leistung erhalten hätte.<br />
Vollwertig ist die Leistung nur dann, wenn das Gesellschaftsvermögen<br />
zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht,<br />
die Gesellschaft also nicht überschuldet oder zahlungsunfähig<br />
ist. Nur in einem solchen Fall kann davon<br />
ausgegangen werden, dass die Gesellschaft (durch ihre<br />
Anweisung) frei über die geleistete Einlage verfügt hat<br />
(RIS-Justiz RS0114802; RS0059967; 6 Ob 19/01 i SZ 74/<br />
28). Dass die Forderung des Gläubigers fällig und vollwertig<br />
sein muss, ergibt sich aus dem Gebot effektiver<br />
Kapitalaufbringung. Bei Fehlen dieser Voraussetzungen<br />
erhält die Gesellschaft nicht den vollen Gegenwert<br />
der Einlageforderung (Koppensteiner/Rüffler, aaO § 63<br />
Rz 19, 20 je mwN).<br />
Die Behauptungs- und Beweislast des Vollwertigkeitserfordernisses<br />
trägt stets der Einlageschuldner (6 Ob<br />
563/94 ua; RIS-Justiz RS0059967 [T 3]).<br />
Selbst wenn der RekWerber daher mit Zustimmung bzw<br />
auf Anweisung der Gesellschaft gehandelt hätte, lägen<br />
bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt die dargelegten<br />
Voraussetzungen nicht vor. Aus dem vom RekWerber<br />
mit dem RM vorgelegten E-Mail der R-Bank vom 1. 9.<br />
2010 geht hervor, dass der Kreditrahmen zum damaligen<br />
Zeitpunkt mit E 54.167,13 überzogen war und mit der<br />
Einzahlung der ausstehenden Stammeinlage nicht einmal<br />
die aus der Kontoüberziehung resultierende Forderung<br />
dieser Gläubigerin voll getilgt werden konnte. Dass die<br />
Gesellschaft über sonstiges Vermögen verfügt, um allein<br />
diese Forderung abzudecken, wurde vom RekWerber<br />
gar nicht behauptet. Der Geschäftsführer hatte bereits<br />
mit seiner Eingabe vom 27. 10. 2010, ON 3, Korrespondenz<br />
mit der R-Bank vorgelegt, der zu entnehmen ist,<br />
dass er mit E-Mail vom 16. 9. 2010 die Bank zur Weiterleitung<br />
des Zahlungseingangs von E 7.000,– auf das<br />
bei der V-Bank eingerichtete Konto ersucht und die<br />
R-Bank dies unter Hinweis darauf abgelehnt hatte, dass<br />
wegen des überzogenen Kontorahmens keine Abbu-<br />
351
NOTAR.AT<br />
Standesnachrichten und Mitteilungen NZ 11/2011<br />
chungen eingelöst und jede Einzahlung zur Abdeckung<br />
des bereits fälligen Geschäftssaldos verwendet werde.<br />
Damit hatte der Geschäftsführer entgegen § 10 Abs 2<br />
GmbHG keine Möglichkeit, über den vom RekWerber<br />
eingezahlten Betrag frei zu disponieren.<br />
Die Leistung des RekWerbers auf das Geschäftskonto bei<br />
der R-Bank war demnach ungeachtet der Frage, ob sie<br />
mit oder ohne Einwilligung der Gesellschaft erfolgte,<br />
als Erfüllung seiner Einlageschuld nicht geeignet, weshalb<br />
die Kaduzierung seiner Anteile zu Recht erfolgte.<br />
Standesnachrichten und Mitteilungen<br />
Seminar für Bankrecht 2012<br />
Das Institut für Bankrecht an der Johannes Kepler Universität<br />
Linz veranstaltet im Sommersemester 2012 wieder<br />
ein Seminar für Bankrecht.<br />
Programm:<br />
* 13. 3. 2012: Dr. Bernhard Hörtnagl/MMMag. Dr. Stephan<br />
Klinger: „Transparenzbestimmungen im Bankund<br />
Kapitalmarktrecht“<br />
* 17. 4. 2012: Dr. Martina Eliskases: „Hypothekenrecht<br />
in der Bankpraxis“<br />
* 15. 5. 2012: Univ.-Prof. Dr. Nicolas Raschauer: „Reform<br />
der Einlagensicherung und Anlegerentschädigung“<br />
* 19. 6. 2012: em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Rummel: „Ausgewählte<br />
Fragen der Bankgarantie“<br />
Die Seminarveranstaltungen finden jeweils um 17.00 Uhr<br />
in den Repräsentationsräumen der Johannes Kepler Universität<br />
Linz statt (Änderungen vorbehalten).<br />
Seminarbeitrag (für die gesamte Veranstaltungsreihe; jeweils<br />
inkl 10% USt): insgesamt E 1.760,– für beliebig<br />
viele Angehörige eines Bankinstituts; E 429,– für Einzelpersonen<br />
(ermäßigt E 209,–). Für Angehörige der Justiz,<br />
Universitätsangehörige und Studierende ist die Teilnahme<br />
kostenlos.<br />
Das Seminar wird von der Rechtsanwaltskammer OÖ als<br />
Ausbildungsveranstaltung für Rechtsanwaltsanwärter anerkannt.<br />
Anmeldungen werden bis 5. 3. 2012 erbeten an Frau<br />
Maria Hochstöger, Institut für Bankrecht, Johannes<br />
Kepler Universität Linz, 4040 Linz-Auhof; Fax: 0732/<br />
2468 – 9841; E-Mail: bankrecht@jku.at oder unter<br />
www.bankrechtsinstitut.at/anmeldung.php<br />
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte unserer<br />
Homepage mit der Adresse www.bankrechtsinstitut.at<br />
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Impressum: Medieninhaber (Verleger): MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH; FN 124 181 w, HG Wien. Unternehmensgegenstand: Verlag von Büchern und<br />
Zeitschriften.– Grundlegende Richtung: Veröffentlichung von Abhandlungen und Entscheidungen, Buchbesprechungen sowie Informationen für das Notariat und freiwillige Gerichtsbarkeit.<br />
– Sitz: A-1014 Wien, Kohlmarkt 16. – Verlagsadresse: A-1015 Wien, Johannesgasse 23. – Geschäftsführung: Mag. Susanne Stein (Geschäftsführerin) sowie Prokurist<br />
Dr. Wolfgang Pichler (Verlagsleitung). – Herausgeber: ÖGIZIN GmbH, A-1010 Wien, Landesgerichtsstraße 20. – Redaktion: Notar Dr. Markus Kaspar, A-1220 Wien, unter Mitwirkung<br />
von Notar Mag. Alexander Winkler, A-3204 Kirchberg/Pielach. – Druck: Friedrich VDV, 4020 Linz – Verlags- und Herstellungsort: Wien.<br />
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