06.11.2013 Aufrufe

PDF herunterladen436 kB - vbw

PDF herunterladen436 kB - vbw

PDF herunterladen436 kB - vbw

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Information<br />

Fachkräftesicherung in Bayern<br />

Migration und Binnenwanderung<br />

als Chance<br />

Stand: Juli 2011<br />

www.<strong>vbw</strong>-bayern.de/fks


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Vorwort<br />

X<br />

Vorwort<br />

Arbeitsmigration verbessern: heimische Potenziale konsequent ausschöpfen<br />

Fachkräftesicherung ist eine der entscheidenden Aufgaben für Deutschland und Bayern.<br />

Unsere Studie Arbeitslandschaft 2030 zeigt, dass bereits im Jahr 2015 mehr als<br />

500.000 Arbeitskräfte in Bayern fehlen, wenn nicht sofort Maßnahmen ergriffen werden.<br />

Nur ein ganzheitliches Lösungskonzept kann den anstehenden Herausforderungen<br />

wirkungsvoll begegnen. Mit dem Programm „Wir für Bayern: Aktionsprogramm<br />

Fachkräftesicherung“ haben wir fünf eng miteinander verzahnte strategische Handlungsfelder<br />

ausgearbeitet:<br />

Handlungsfeld 1 – Beschäftigungschancen von Arbeitslosen verbessern<br />

Handlungsfeld 2 – Erwerbsbeteiligung erhöhen<br />

Handlungsfeld 3 – Arbeitszeit ausweiten<br />

Handlungsfeld 4 – Bildungsoffensive starten<br />

Handlungsfeld 5 – Zuwanderung gezielt gestalten<br />

Zu jedem einzelnen dieser Handlungsfelder wurden Projekte aufgesetzt, von denen<br />

sich viele bereits über einen längeren Zeitraum in der aktiven Fachkräftesicherung<br />

bewährt haben.<br />

Mit der vorliegenden Studie „Fachkräftesicherung in Bayern: Migration und Binnenwanderung<br />

als Chance“ wird das Aktionsprogramm in seinen Handlungsfeldern ergänzt.<br />

Derzeit leben rund 16 Millionen Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland.<br />

Eine umfassende Integration in den deutschen Arbeitsmarkt hat jedoch noch nicht in<br />

allen Fällen stattgefunden. Wir dürfen dieses Arbeitskräftepotenzial nicht vernachlässigen.<br />

Daneben verlieren Deutschland und Bayern Jahr für Jahr zahlreiche qualifizierte<br />

Fachkräfte durch Abwanderung an das Ausland. Wenn wir diese Fachkräfte zurückgewinnen,<br />

kann das den Fachkräftemangel zusätzlich reduzieren. Gelingt dann noch eine<br />

Stärkung der qualifizierten Zuwanderung aus dem Ausland und – aus der Perspektive<br />

Bayerns – die Zuwanderung aus anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland,<br />

lässt sich die Fachkräftesituation in Bayern nachhaltig verbessern.<br />

Bayern muss die Chancen der Arbeitsmigration besser nutzen. Gelingt es uns nicht,<br />

hat dies dramatische Konsequenzen für Wachstum und Wohlstand.<br />

Bertram Brossardt<br />

22. Juli 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Migration und<br />

Inhalt<br />

X<br />

Inhalt<br />

1 Executive Summary ..................................................................................... 1<br />

1.1 Integration von Personen mit Migrationshintergrund...................................... 1<br />

1.2 Abgewanderte Deutsche „zurückgewinnen“................................................... 2<br />

1.3 Binnenwanderung........................................................................................... 4<br />

1.4 Zuwanderung aus dem Ausland..................................................................... 4<br />

2 Hintergrund und Einleitung ......................................................................... 6<br />

3 Zu- und Abwanderung in Bayern ................................................................ 8<br />

4 Integration von Personen mit Migrationshintergrund verbessern ........ 10<br />

4.1 Struktur der Migration in Bayern................................................................... 11<br />

4.2 Integrationshürden........................................................................................ 24<br />

4.2.1 Sprachkenntnisse......................................................................................... 24<br />

4.2.2 Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse ........................................ 28<br />

4.3 Arbeitskräftepotenzial einer verbesserten Integration .................................. 31<br />

5 Abwanderung von Deutschen in das Ausland ........................................ 33<br />

5.1 Deutsche in der Europäischen Union........................................................... 34<br />

5.2 Deutsche in der Schweiz.............................................................................. 39<br />

5.3 Deutsche in den Vereinigten Staaten von Amerika ...................................... 42<br />

5.4 Gründe für die Auswanderung von qualifizierten Fachkräften...................... 44<br />

5.5 Zusammenfassung....................................................................................... 45<br />

6 Binnenwanderung als Chance .................................................................. 47<br />

6.1 Allgemeine Binnenwanderungstendenzen ................................................... 47<br />

6.2 Binnenwanderung von Hochqualifizierten .................................................... 51<br />

7 Zuwanderung aus dem Ausland mit besten Integrationschancen ....... 57<br />

7.1 Aktuelle Zuwanderung.................................................................................. 57<br />

7.2 Die Besonderheiten der Arbeitskräftelücke in Bayern .................................. 58


Information – Fachkräftesicherung in Bayern<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Migration und<br />

Inhalt<br />

X<br />

7.3 Potenzial durch Zuwanderung...................................................................... 59<br />

8 Fazit ............................................................................................................. 61<br />

8.1 Die Integration von Personen mit Migrationshintergrund ............................. 61<br />

8.2 Zuwanderung aus dem Ausland................................................................... 61<br />

8.3 Abgewanderte Deutsche „zurückgewinnen“................................................. 62<br />

8.4 Binnenwanderung......................................................................................... 62<br />

Ansprechpartner / Impressum ..................................................................................... 65


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Executive Summary<br />

1<br />

1 Executive Summary<br />

Die Ergebnisse im Überblick<br />

Bayern befindet sich, ebenso wie der Rest Deutschlands, auf dem Weg in eine Wissensgesellschaft.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung nimmt die Nachfrage nach qualifizierten<br />

Arbeitskräften deutlich zu. In Kombination mit den Folgen des demografischen Wandels<br />

droht Bayern ein Fachkräftemangel. Diesem Mangel kann jedoch mit einer Vielzahl<br />

an Maßnahmen entgegengesteuert werden. Die vorliegende Studie identifiziert im<br />

Zusammenhang mit nationaler und internationaler Wanderung vier Maßnahmebereiche,<br />

die jeder für sich zusätzliches Arbeitskräftepotenzial bieten und zusammen spürbar<br />

zu einer Verringerung der drohenden Fachkräftelücke in Bayern beitragen können.<br />

Die Maßnahmen ordnen sich nahtlos in vier von fünf Handlungsfelder (HF) des Aktionsprogramms<br />

Fachkräftesicherung ein: HF 1 – Beschäftigungschancen von Arbeitslosen<br />

verbessern, HF 2 – Erwerbsbeteiligung erhöhen, HF 4 – Bildungsoffensive starten<br />

und HF 5 – Zuwanderung gezielt gestalten.<br />

1.1 Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

Relevante Handlungsfelder des Aktionsprogramms Fachkräftesicherung<br />

Die Integration von Personen mit Migrationshintergund ist eine Aufgabe mit Relevanz<br />

auf mehreren Handlungsfeldern des Aktionsprogramms. Sie soll bisher Arbeitslose<br />

aktivieren, sie soll die Erwerbsbeteiligung der Migranten steigern und die Bildungspotenziale<br />

dieser Gruppe erschließen.<br />

- HF 1 – Beschäftigungschancen von Arbeitslosen verbessern,<br />

- HF 2 – Erwerbsbeteiligung erhöhen,<br />

- HF 4 – Bildungsoffensive starten<br />

In Bayern leben rund 2,4 Millionen Personen mit Migrationshintergrund. Obwohl die<br />

Personen mit Migrationshintergrund größtenteils bereits sehr lange in Bayern leben,<br />

sind sie heute vielfach noch nicht optimal in den Arbeitsmarkt integriert. So weisen sie<br />

ein deutlich niedrigeres Qualifikationsniveau auf als die einheimische Bevölkerung und<br />

auch die Erwerbsbeteiligung ist unterdurchschnittlich. Letzteres gilt vor allem für Frauen<br />

und hier insbesondere für Frauen mit türkischen oder afrikanischen Migrationshintergrund.<br />

In der Summe bringt die umfassende Integration der Personen mit Migrationshintergrund<br />

durch gezielte Integrationsmaßnahmen ein Potenzial von 570.000 qualifizierten<br />

Arbeitskräften für Bayern.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Executive Summary<br />

2<br />

Allein die Hälfte des Integrationspotenzials liegt in einer Anhebung des Qualifikationsniveaus<br />

der Personen mit Migrationshintergrund. Würde es gelingen, das Qualifikationsniveau<br />

der Personen mit Migrationshintergrund vollständig auf das der einheimischen<br />

Bevölkerung anzuheben, brächte dies ein zusätzliches Potenzial von rund<br />

280.000 Fachkräften. Besonders relevant ist hierbei, den Anteil an Personen ohne beruflichen<br />

Abschluss zu reduzieren. Verbesserte Möglichkeiten der beruflichen Nachqualifikation<br />

und Weiterbildung für Personen mit Migrationshintergrund sind vor diesem<br />

Hintergrund die wichtigsten Integrationsmaßnahmen.<br />

Neben der geringeren Qualifizierung hemmen auch Sprachbarrieren die Aufnahme<br />

einer (qualifikationsgerechten) Beschäftigung. Eine Beseitigung von Sprachhemmnissen<br />

bietet die Chance auf zusätzliche 260.000 Arbeitskräfte in Bayern. Besonders erfolgversprechend<br />

ist die Sprachnachqualifikation bei jungen Personen mit Migrationshintergrund.<br />

Sie empfinden Sprachprobleme nicht nur verstärkt als Hürde für den Einstieg<br />

in qualifikationsgerechte Beschäftigung, sondern weisen im Anschluss an einen<br />

Sprachkurs auch das höhere Sprachniveau auf.<br />

Die umfassende Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse bietet mit zusätzlichen<br />

30.000 Fachkräften ein im Vergleich zu den anderen Integrationsmaßnahmen<br />

geringes Arbeitskräftepotenzial. Gleichwohl kann durch eine Vereinheitlichung und<br />

Vereinfachung der Anerkennungsverfahren eine Beseitigung der erheblichen<br />

Intransparenzen erreicht werden und damit auch eine durchaus spürbare Reduktion<br />

des drohenden Fachkräftemangels erreicht werden. Heute unterscheiden sich die jeweiligen<br />

Verfahren aufgrund des Fehlens einheitlicher Regelungen und standardisierter<br />

Verfahren je nach Berufsgruppe und Bundesland.<br />

1.2 Abgewanderte Deutsche „zurückgewinnen“<br />

Relevante Handlungsfelder des Aktionsprogramms Fachkräftesicherung<br />

Abgewanderte Deutsche wieder für den deutschen Arbeitsmarkt zurückzugewinnen ist<br />

eine Aufgabe mit besonderer Relevanz für das Handlungsfeld „Erwerbsbeteiligung erhöhen“.<br />

Sie erschließt verloren gegangenes Erwerbspersonenpotenzial mit hoher Qualifikation<br />

und internationaler Erfahrung.<br />

- HF 2 – Erwerbsbeteiligung erhöhen<br />

Die internationale Wanderung funktioniert jedoch nicht nur in die eine Richtung, d. h.<br />

nicht nur aus der Welt nach Deutschland, sondern eben auch von Deutschland weg.<br />

Zahlreiche Deutsche verlassen jedes Jahr temporär oder auch dauerhaft ihre Heimat.<br />

Im Zeitraum 2001 bis 2008 stieg die Zahl der Abwanderungen stetig an und ist erst im<br />

Krisenjahr 2009 erstmals wieder leicht zurückgegangen. Hauptzielländer der überwiegend<br />

gut ausgebildeten und im Vergleich zur deutschen Gesamtbevölkerung jungen


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Executive Summary<br />

3<br />

Fachkräfte sind die Länder der Europäischen Union, die Schweiz und die Vereinigten<br />

Staaten von Amerika. Insgesamt leben dort rund 1,3 Millionen Deutsche im erwerbsfähigen<br />

Alter, also potenzielle und fehlende Arbeitskräfte.<br />

Die Europäische Union ist mit 580.000 deutschen Staatsbürgern im Alter von 15 bis 74<br />

Jahren eine besonders beliebte Region für deutsche Auswanderer. Unter den sogenannten<br />

Berufswanderern werden vor allem Österreich (115.000 Deutsche) und Großbritannien<br />

(88.000 Deutsche) bevorzugt. Während Österreich primär Deutsche mit Berufsabschluss<br />

anzieht, ist Großbritannien vor allem für Hochqualifizierte interessant.<br />

Jedoch ist die Schweiz seit 2005 das beliebteste Zielland für deutsche Auswanderer.<br />

Die Zuwanderung Deutscher in die Schweiz ist in den vergangenen 20 Jahren massiv<br />

angestiegen. Derzeit leben rund 230.000 Deutsche in dem Nachbarland. Mit einem<br />

Anteil von 62 Prozent machen Akademiker den größten Anteil an den in der Schweiz<br />

erwerbstätigen Deutschen aus. Die meisten hochqualifizierten Deutschen in der<br />

Schweiz sind zudem im Alter von 20 bis 39 Jahren und haben damit noch eine lange<br />

Erwerbsphase vor sich. Personen ohne beruflichen Abschluss machen lediglich<br />

vier Prozent der Deutschen aus. Bemerkenswert ist zudem die mit über 80 Prozent<br />

außerordentlich hohe Erwerbsbeteiligung der in der Schweiz lebenden Deutschen. Die<br />

Beschäftigungschancen dürften damit als Hauptmotivator für die Auswanderung fungieren.<br />

Als klassisches Einwanderungsland ziehen die Vereinigten Staaten von Amerika auch<br />

zahlreiche Deutsche an. Mit rund 515.000 deutschen Staatsbürgern leben hier fast<br />

ebenso viele Deutsche wie in der Europäischen Union. Neben Wissenschaftlern unter<br />

denen ein temporärer Forschungsaufenthalt in den Vereinigten Staaten weit verbreitet<br />

ist, sind es in der Tendenz eher Personen der mittleren Qualifikationsstufe, die die<br />

Vereinigten Staaten von Amerika als Auswanderungsland wählen. Gleichwohl ist der<br />

Anteil an Hochqualifizierten im Zeitablauf deutlich steigend. Waren unter den deutschen<br />

Auswanderern im Jahr 1990 lediglich 45 Prozent Hochschulabsolventen, so sind<br />

es 2008 bereits fast 70 Prozent gewesen.<br />

Insgesamt ist das Qualifikationsniveau der deutschen Auswanderer deutlich höher als<br />

das der einheimischen Bevölkerung. Gelingt es nicht die vergleichsweise jungen Fachkräfte<br />

zurückzugewinnen bzw. die Abwanderung weiterer zu verhindern, so hat dies<br />

eine Verschärfung des drohenden Fachkräftemangels zur Folge. Die zunehmende Abwanderung<br />

weist darauf hin, dass deutsche Fachkräfte in anderen Ländern attraktivere<br />

Rahmenbedingungen vorfinden. Vor diesem Hintergrund kann es Bayern mit einer<br />

Verbesserung der Beschäftigungs- und Einkommenschancen sowie der verstärkten<br />

Vermarktung von Standortvorteilen nicht nur gelingen ausländische Fachkräfte anzuziehen,<br />

sondern auch einige der ausgewanderten Deutschen „zurückzugewinnen“,<br />

zumal die Rückkehrbereitschaft insbesondere unter den akademisch ausgebildeten<br />

Auswanderern besonders ausgeprägt ist.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Executive Summary<br />

4<br />

1.3 Binnenwanderung<br />

Handlungsfelder des Aktionsprogramms Fachkräftesicherung<br />

Wanderungswillige aus den Ländern der Bundesrepublik Deutschland für Bayern zu<br />

gewinnen, erhöht das Erwerbspersonenpotenzial in Bayern und ist daher von besonderer<br />

Relevanz für das Handlungsfeld „Erwerbsbeteiligung erhöhen“.<br />

- HF 2 – Erwerbsbeteiligung erhöhen<br />

Bayern profitiert von der Binnenwanderung. Die hohen Wanderungsgewinne bei Personen<br />

im erwerbsfähigen Alter tragen bereits heute maßgeblich zu einer Reduktion des<br />

Arbeitskräftemangels bei. Die Altersstruktur der aus anderen Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland Zugewanderten hat zudem einen Verjüngungseffekt auf die bayerische<br />

Bevölkerung. Die hohe Zahl der Ausbildungswanderer hat allerdings zur Folge,<br />

dass zahlreiche Hochschulabsolventen Bayern auch wieder verlassen. Dies gilt weniger<br />

im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich als insbesondere bei Absolventen<br />

der Wirtschaftswissenschaften jedoch auch den übrigen Fachgebieten. Der<br />

Gesamtsaldo über alle Fachrichtungen aus zu- und abgewanderten Hochschulabsolventen<br />

ist in der Tendenz in Bayern leicht negativ (im Jahr 2006 -600). Dies ist ein Indiz<br />

dafür, dass Bayern Arbeitskräfte anderer Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

ausbildet, es jedoch anschließend nicht immer gelingt die hochqualifizierten Berufseinsteiger<br />

zu halten. Es gilt in Anbetracht dieser Erkenntnis, die Rahmenbedingungen für<br />

den Berufseinstieg in Bayern zu verbessern und so junge hochqualifizierte Arbeitskräfte<br />

zu binden.<br />

1.4 Zuwanderung aus dem Ausland<br />

Handlungsfelder des Aktionsprogramms Fachkräftesicherung<br />

Gezielt gesteuerte Zuwanderung ergänzt die Bemühungen auf den ersten vier Handlungsfeldern<br />

zur Aktivierung des heimischen Arbeitskräftepotenzials. Aktivitäten auf<br />

diesem Handlungsfeld führen Bayern und Deutschland zusätzliches Fachkräftepotenzial<br />

zu und vergrößern das Erwerbspersonenpotenzial insgesamt.<br />

- HF 5 – Zuwanderung gezielt gestalten<br />

Bei der Integration von bereits in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund<br />

handelt es sich um Maßnahmen, die der besseren Ausschöpfung des bestehenden<br />

Arbeitskräftepotenzials dienen. Es wird jedoch nicht ausreichen allein beste-


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Executive Summary<br />

5<br />

hendes Potenzial künftig besser zu nutzen. Zusätzliche Arbeitskräfte müssen gewonnen<br />

werden. Eine Möglichkeit zur Gewinnung neuer qualifizierter Arbeitskräfte bietet<br />

eine zielorientierte Zuwanderung aus dem Ausland. Dabei sollte von Integrationserfahrungen<br />

der Vergangenheit gelernt werden, d. h. es sollte sich vor allem auf die Personengruppen<br />

konzentriert werden, bei denen eine hohe Integrationswahrscheinlichkeit<br />

besteht. Daneben muss auch der überdurchschnittliche Bedarf Bayerns an Arbeitskräften<br />

mit Hochschulabschluss bei der gezielten Zuwanderung berücksichtigt werden.<br />

Mit diesem Wissen gilt es, künftig vor allem die Zuwanderung von Erwerbspersonen<br />

aus den Ländern der EU-27 zu forcieren. Sie verfügen über ein im Vergleich zu Zuwanderern<br />

aus anderen Regionen höheres Qualifikationsniveau und eine höhere Erwerbsbeteiligung<br />

– die Wahrscheinlichkeit für einen Integrationserfolg ist damit größer.<br />

Für eine Zuwanderung aus dem Mittleren und Nahen Osten spricht das überdurchschnittliche<br />

Qualifikationsniveau der in Deutschland lebenden Personen aus dieser<br />

Herkunftsregion, während die hohe Erwerbsbeteiligung der Personen aus Kroatien und<br />

Bosnien-Herzegowina für eine erfolgreiche Integration auf dem Arbeitsmarkt spricht.<br />

Daneben ist es wichtig solche Zuwanderer zu werben, die primär wegen einer Beschäftigungsaufnahme<br />

nach Deutschland kommen. Heute noch spielen familiäre Gründe die<br />

zentrale Rolle bei der Zuwanderung nach Deutschland. Unabdingbar hierfür ist die Erhöhung<br />

und verstärkte Kommunikation der Attraktivität Bayerns für ausländische Fachkräfte<br />

durch die Verbesserung der arbeitsmarktrelevanten und sonstigen Rahmenbedingungen.<br />

Vor allem mit einer Verbesserung der Einkommens- und Beschäftigungschancen<br />

kann es gelingen, qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und sie erfolgreich in<br />

den bayerischen Arbeitsmarkt zu integrieren.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Hintergrund und Einleitung<br />

6<br />

2 Hintergrund und Einleitung<br />

Eine Einführung in die Thematik<br />

Der demografische Wandel und der damit in engem Zusammenhang stehende zukünftige<br />

Fachkräftemangel in Deutschland stellen zentrale Herausforderungen für die<br />

kommenden Jahre dar. Mit der Arbeitslandschaft 2030 hat die <strong>vbw</strong> – Vereinigung der<br />

Bayerischen Wirtschaft e. V. bereits eine umfassende Analyse des drohenden Fachkräftemangels<br />

vorgelegt. Unter der Annahme unveränderter Rahmenbedingungen erwartet<br />

die Prognos AG als Autor der Studie eine Fachkräftelücke von über fünf Millionen<br />

Personen bis zum Jahr 2030. Vor diesem Hintergrund gilt es zum einen existierendes<br />

Arbeitskräftepotenzial bestmöglich auszuschöpfen und zum anderen neue<br />

Fachkräfte zu gewinnen.<br />

Derzeit leben rund 16 Millionen Personen mit Migrationshintergrund 1 in Deutschland.<br />

Diese Personengruppe unterscheidet sich sowohl hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung<br />

als auch hinsichtlich der Stellung im Beruf sowie der Zugehörigkeit zu den Wirtschaftsbereichen<br />

von der Gruppe der Personen ohne Migrationshintergrund. Eine umfassende<br />

Integration in den deutschen Arbeitsmarkt, im Sinne einer Annäherung an die einheimische<br />

Bevölkerung, ist damit bisher noch nicht gelungen.<br />

Ursächlich sind zum einen eine von der einheimischen Bevölkerung abweichende Qualifikationsstruktur<br />

und ein insgesamt geringeres Qualifikationsniveau. Zum anderen<br />

sehen sich Personen mit Migrationshintergrund mit spezifischen Problemen bei der<br />

Aufnahme einer Erwerbstätigkeit konfrontiert. So stellen die deutsche Sprache und die<br />

Nicht-Anerkennung von beruflichen Abschlüssen auch bei geeigneten Qualifikationen<br />

spürbare Hindernisse für die Beschäftigungsaufnahme dar. In der Summe bedeuten<br />

diese Erkenntnisse, dass rund 19 Prozent der deutschen Bevölkerung nicht optimal in<br />

den Arbeitsmarkt integriert und möglicherweise zum Teil nicht ihren Qualifikationen<br />

entsprechend beschäftigt sind. Ein inakzeptabler Zustand in einem Umfeld, in dem<br />

Fachkräfte Mangelware darstellen. Weder Deutschland insgesamt, noch jedes einzelne<br />

Land der Bundesrepublik Deutschland, können es sich leisten, auf die bestmögliche<br />

Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials der Personen mit Migrationshintergrund zu<br />

verzichten.<br />

Auch wenn die umfassende Integration von Personen mit Migrationshintergrund gelingt<br />

und damit das Potenzial dieser Bevölkerungsgruppe bestmöglich ausgeschöpft wird,<br />

wird die Zahl der zusätzlichen Arbeitskräfte nicht ausreichen, um die für das Jahr 2030<br />

1<br />

Im engeren Sinne, Definition nach dem Mikrozensus.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Hintergrund und Einleitung<br />

7<br />

drohende Arbeitskräftelücke in Höhe von 5,2 Millionen für Deutschland und<br />

1,1 Millionen für Bayern zu schließen. Neue, qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen ist<br />

demnach keine hinreichende, sondern eine notwendige Bedingung, soll dem künftigen<br />

Fachkräftemangel wirkungsvoll entgegengesteuert werden. Aus Perspektive Bayerns<br />

bietet sich hier sowohl die Gewinnung aus anderen Ländern der Bundesrepublik als<br />

auch aus dem Ausland an. Dabei kann versucht werden, in der Vergangenheit abgewanderte<br />

qualifizierte deutsche Arbeitskräfte wieder zurückzugewinnen und darüber<br />

hinaus gänzlich neue Fachkräfte zu binden.<br />

Im Zusammenhang mit der Integration von Personen mit Migrationshintergrund und der<br />

Zuwanderung / Migration lassen sich folgende vier separat zu betrachtende Maßnahmebereiche<br />

identifizieren:<br />

- Integration von Personen mit Migrationshintergrund verbessern<br />

- Abgewanderte Deutsche „zurückgewinnen“<br />

- Durch Binnenwanderung gewinnen<br />

- Ergänzend die Zuwanderung aus dem Ausland stärken<br />

Welche Chancen und welches Potenzial die einzelnen Bereiche bei Reduktion des<br />

Arbeitskräftemangels bieten, soll diese Studie quantifizieren, qualitativ einzuordnen<br />

und begründen.<br />

Darüber hinaus werden die zahlreichen Schwierigkeiten, die im Zusammenhang mit<br />

der Datenbeschaffung auftreten, thematisiert. Die Verfügbarkeit an geeigneten Daten<br />

ist für sämtliche, in dieser Untersuchung analysierten, Themengebiete stark begrenzt.<br />

So finden sich wenig vergleichbare Daten für das Feld der internationalen Wanderungsbewegungen.<br />

Insbesondere bei einer Differenzierung nach Qualifikationen zeigen<br />

sich bei der Migration und auch bei der Binnenwanderung schnell Grenzen. Noch<br />

mangelhafter ist die Dokumentation der in Deutschland bzw. Bayern lebenden Personen<br />

mit Migrationshintergrund. Auf Bundesebene können einige Fragstellungen gerade<br />

noch beantwortet werden, auf Ebene der Länder der Bundesrepublik Deutschland gibt<br />

es jedoch in vielen Fällen kein belastbares Datenmaterial mehr, so dass an der einen<br />

oder anderen Stelle diese Untersuchung auf Ergebnisse für Deutschland zurückgegriffen<br />

werden muss. Insgesamt stellt die stark eingeschränkte Datenverfügbarkeit eine<br />

gravierende Hürde bei der Quantifizierung des Arbeitskräftepotenzials in den verschiedenen<br />

Bereichen dar.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zu- und Abwanderung in Bayern<br />

8<br />

3 Zu- und Abwanderung in Bayern<br />

Bayern – ein Gewinner der Wanderungsbewegungen<br />

Einen geeigneten Einstieg in die Thematik bietet eine Analyse der Zu- und Abwanderungsgewinne<br />

bzw. -verluste Bayerns. Damit wird eine erste Einschätzung bezüglich<br />

der Bedeutung der internationalen Migration sowie der Binnenwanderung für Bayern<br />

möglich. Diese ist für die Einordnung der weiteren Ergebnisse relevant.<br />

Abbildung 1<br />

Außen- und Binnenwanderungssaldo Bayerns, 2000 bis 2030, in 1.000 Personen<br />

1.600<br />

1.400<br />

1.200<br />

Binnenwanderungssaldo Bayerns 2000 ‐ 2030<br />

Aussenwanderungssaldo Bayerns 2000 ‐ 2030<br />

1.000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

-200<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

2020<br />

2021<br />

2022<br />

2023<br />

2024<br />

2025<br />

2026<br />

2027<br />

2028<br />

2029<br />

2030<br />

Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, Berechnungen und Darstellung<br />

Prognos, 2011<br />

Die ex-post-Betrachtung der bayerischen Wanderungssalden zeigt, dass Bayern in der<br />

Vergangenheit in der Mehrheit der Jahre sowohl Wanderungsgewinne gegenüber anderen<br />

Ländern der Bundesrepublik Deutschland als auch über die Grenzen des Bundesgebiets<br />

verzeichnen konnte (Abbildung 1). Eine Ausnahme bilden lediglich die Jahre<br />

2008 und 2009, in denen die Abwanderung aus Bayern über die Grenze Deutschlands<br />

größer war als die Zuwanderung aus dem Ausland nach Bayern. Der Binnenwanderungssaldo<br />

war jedoch auch in diesen Jahren positiv. Bayern gehört damit zu<br />

denjenigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland, die in der Tendenz überdurchschnittlich<br />

sowohl von der Binnenwanderung als auch von der Migration profitieren.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zu- und Abwanderung in Bayern<br />

9<br />

Den Erfahrungen der vergangenen Jahre zufolge, wird auch für die Zukunft von jährlichen<br />

Wanderungsgewinnen ausgegangen. Die Bevölkerungsvorausrechnung des Statistischen<br />

Bundesamtes veranschlagt für Bayern bis zum Jahr 2030 positive Wanderungssalden.<br />

Die Außenwanderung bleibt dabei auf einem konstanten Niveau, während<br />

sich die Binnenwanderung rückläufig entwickelt und der Binnenwanderungssaldo<br />

im Jahr 2030 ausgeglichen sein wird. Diese Annahme ist darauf zurückzuführen, dass<br />

insgesamt mit einer rückläufigen Binnenwanderung gerechnet wird, da bei einem Fortbestehen<br />

der heutigen Wanderungsbewegungen und Trends einige Länder der Bundesrepublik<br />

Deutschland in der Zukunft schlicht bevölkerungsleer wären. Die Binnenwanderung<br />

wird 2030 nicht tatsächlich zum Erliegen kommen, allerdings muss davon<br />

ausgegangen werden, dass sich die Wanderungsrichtungen ändern. Eine solche<br />

grundlegende Veränderung der Trends ist jedoch nicht zu prognostizieren. Die rückläufige<br />

Binnenwanderung ist damit eine Annäherung an die Zukunft.<br />

Interessant sind diese Informationen dahingehend, dass allen Prognosen für Bayern,<br />

auch den Berechnungen der Arbeitslandschaft 2030, demnach Zuwanderungsgewinne<br />

zugrunde liegen. Gelingt es Bayern allerdings nicht, diese auch zu realisieren, so verschlechtert<br />

sich die prognostizierte Situation sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch für<br />

die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Bayerns deutlich. In die andere Richtung kann<br />

die Ausgangslage für Bayern auch deutlich besser aussehen, sofern der positive Binnenwanderungssaldo<br />

auf dem heutigen Niveau gehalten und / oder über das Jahr<br />

2030 beibehalten werden kann bzw. auch der Außenwanderungssaldo größer ausfällt<br />

als in der Bevölkerungsvorausrechnung angenommen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

10<br />

4 Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

Existierendes Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpfen<br />

Wie die vorherige Ausführung gezeigt hat, ist Bayern ein Profiteur der nationalen und<br />

internationalen Wanderungen und auch Deutschland gilt gemeinhin als Einwanderungsland.<br />

Diese Bezeichnung für Deutschland stammt allerdings mehr aus der Vergangenheit<br />

und ist weniger auf die Situation der letzten Jahre zurückzuführen. Während<br />

Deutschland in den 1990er Jahren einen enormen Wanderungsüberschuss erzielte,<br />

ist der Wanderungssaldo nunmehr seit zwei Jahren in Folge negativ. Die Bestandszahl<br />

der Personen mit Migrationshintergrund steigt in Deutschland demnach aktuell<br />

weniger stark an als in der Vergangenheit und die 15,6 Millionen in Deutschland lebenden<br />

Personen mit Migrationshintergrund leben größtenteils schon lange in Deutschland<br />

oder sind bereits hier geboren. 19 Prozent der Personen und 28 Prozent der Familien 2<br />

in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Konkret zählen folgende Personen<br />

zu der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund:<br />

- Die ausländische Bevölkerung, unabhängig davon, ob sie im Ausland oder in<br />

Deutschland geboren wurde,<br />

- alle Zugewanderten, d. h. im Ausland Geborene unabhängig von ihrer Nationalität,<br />

- die in Deutschland als Ausländer geborene Bevölkerung, die später eingebürgert<br />

wurde,<br />

- in Deutschland Geborene mit deutscher Staatsangehörigkeit, bei denen sich<br />

der Migrationshintergrund aus dem Migrationsstatus der Eltern ableitet und<br />

- seit 2000 die Kinder ausländischer Eltern, die mit einer deutschen und einer<br />

ausländischen Staatsangehörigkeit geboren wurden. 3<br />

Eine vollständige Integration dieser Personengruppe hat bisher allerdings nicht stattgefunden,<br />

obwohl mehr als die Hälfte (ca. 54 Prozent) deutsche Staatsbürger sind. So<br />

unterscheiden sich die Personen mit Migrationshintergrund unter anderem hinsichtlich<br />

der Erwerbsbeteiligung auch heute noch von der einheimischen Bevölkerung (Abbildung<br />

2). Das Potenzial dieser Personengruppe ist damit nicht bestmöglich ausgeschöpft.<br />

2<br />

Anteil der Familien mit Migrationshintergrund an allen Familien mit Kindern unter 18 Jahren.<br />

3<br />

Vgl. Familien mit Migrationshintergrund – Lebenssituationen, Erwerbsbeteiligung und Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf des BMFSFS, erstellt durch die Prognos AG, 2010.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

11<br />

Abbildung 2<br />

Erwerbsbeteiligung der Personen ohne und mit Migrationshintergrund in<br />

Deutschland, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

Erwerbsbeteiligung der Personen ohne Migrationshintergrund<br />

Erwerbsbeteiligung der Personen mit Migrationshintergrund<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65 und mehr<br />

Alter<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Darstellung Prognos 2011<br />

Wie die Zusammensetzung der Bevölkerung Bayerns konkret aussieht, welche Unterschiede<br />

hier zu Gesamtdeutschland bestehen und wie sich die Personen mit Migrationshintergrund<br />

im Detail von der einheimischen Bevölkerung unterscheiden, soll im<br />

Folgenden untersucht werden. Anschließend wird der Versuch unternommen, das Arbeitskräftepotenzial<br />

einer verbesserten Integration zu quantifizieren. Dafür wird unter<br />

anderem die Bedeutung der Maßnahmen „Sprachnachqualifikation“ und „Anerkennung<br />

ausländischer Bildungsabschlüsse“ analysiert.<br />

4.1 Struktur der Migration in Bayern<br />

In Bayern leben rund 2,4 Millionen. Personen mit Migrationshintergrund. Ebenso wie<br />

für Gesamtdeutschland liegt der Anteil dieser Personengruppe an der Bevölkerung in<br />

Bayern somit bei 19 Prozent. Bayern bewegt sich damit im Mittelfeld der Länder der<br />

Bundesrepublik Deutschland. Differenziert nach Altersgruppen zeigt sich, dass absolut<br />

betrachtet die meisten Personen mit Migrationshintergrund im Alter von 35 bis 44 Jahren<br />

sind, den größten Anteil haben Personen mit Migrationshintergrund mit 26 Prozent<br />

allerdings unter den 25- bis 34-Jährigen (Abbildung 3). Der für die bayerische Gesamtbevölkerung<br />

typische Altersaufbau, mit einer hohen Anzahl älterer Personen über 65<br />

Jahre, ist bei den Personen mit Migrationshintergrund nicht zu erkennen, vielmehr zeigt


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

12<br />

sich eine relative Gleichverteilung über die Altersgruppen. Die Personen mit Migrationshintergrund<br />

haben damit einen Verjüngungseffekt auf die Bevölkerung Bayerns.<br />

Dies gilt, obwohl die Personen mit Migrationshintergrund in Bayern älter sind als im<br />

Bundesdurchschnitt (Abbildung 4).<br />

Abbildung 3<br />

Bevölkerung in Bayern nach Alter und Migrationsstatus, 2008, in 1.000 Personen<br />

3.000<br />

2.500<br />

Bevölkerung Bayerns insgesamt<br />

Personen mit Migrationshintergrund in Bayern<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

500<br />

0<br />

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65 und mehr<br />

Alter<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

13<br />

Abbildung 4<br />

Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Bevölkerung Bayerns und<br />

Deutschlands nach Alter, 2008, in Prozent<br />

35%<br />

Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern<br />

30%<br />

Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65 und mehr<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Darstellung Prognos 2011<br />

Mit einem Anteil von 83 Prozent an allen in Bayern lebenden Personen mit Migrationshintergrund,<br />

stellen Europäer die mit Abstand größte Gruppe (Abbildung 5). Von den<br />

rund 1,4 Millionen Personen in Bayern, die über einen Migrationshintergrund eines<br />

europäischen Landes verfügen, kommen 700.000 aus einem der EU-27-Staaten und<br />

317.000 aus der Türkei. Sie stellen damit einen Anteil von 41 Prozent bzw. 19 Prozent<br />

an allen Personen mit Migrationshintergrund. Mit großem Abstand folgen 80.000 Personen<br />

mit Migrationshintergrund aus Kroatien und 75.000 aus Serbien und Montenegro.<br />

Neben Personen mit europäischem Migrationshintergrund leben in Bayern knapp<br />

180.000 Personen aus Asien, Australien und Ozeanien, 70.000 aus Amerika 4 und<br />

43.000 aus Afrika.<br />

4<br />

Umfasst Nord-, Mittel- und Südamerika.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

14<br />

Abbildung 5<br />

Staatsangehörigkeit 5 der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern, 2008, in<br />

1.000 Personen<br />

Europa<br />

EU-27<br />

Türkei<br />

Kroatien<br />

Serbien und<br />

Montenegro<br />

Russland<br />

Bosnien und<br />

Herzegowina<br />

Ukraine<br />

Asien, Australien<br />

und Ozeanien<br />

Amerika<br />

Afrika<br />

0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Darstellung Prognos 2011<br />

Die Struktur der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern weicht damit zum Teil<br />

von der Gesamtdeutschlands ab. So ist der Anteil der Personen mit einer (ehemaligen)<br />

Staatsbürgerschaft eines europäischen Landes mit 79 Prozent leicht geringer als in<br />

Bayern. Anders als in Bayern stammt die größte Gruppe unter ihnen aus der Türkei. 38<br />

Prozent der Personen mit einem europäischen Hintergrund in Deutschland kommen<br />

aus der Türkei und 35 Prozent aus einem der EU-27-Länder.<br />

5<br />

Enthält nur Personen, die eine von der deutschen abweichende Staatsbürgerschaft hatten oder haben, weshalb sich<br />

die Summe nicht auf alle 2,4 Millionen in Bayern lebenden Personen mit Migrationshintergrund beläuft.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

15<br />

Abbildung 6<br />

Anteil der Personen mit Migrationshintergrund nach Staatsangehörigkeit 6<br />

in Bayern und Deutschland, 2008, in Prozent<br />

Die hellere Farbe kennzeichnet jeweils Bayern, Europa ist eine aus den einzelnen Ländern / Regionen<br />

aggregierte Größe<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

Staatsangehörigkeit der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern<br />

Staatsangehörigkeit der Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Darstellung Prognos 2011<br />

Rund zwei Drittel der Personen mit Migrationshintergrund verfügen über eine eigene<br />

Migrationserfahrung, d. h. sind im Ausland geboren. 7 Unter ihnen lebt jedoch die überwiegende<br />

Zahl bereits seit mindestens 15 Jahren in der Bundesrepublik (Abbildung 7).<br />

Dies gilt sowohl für die Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland als auch für<br />

Bayern. Für Gesamtdeutschland liegt der Anteil der Personen, deren Einreisezeitpunkt<br />

mehr als 15 Jahre in der Vergangenheit liegt mit 58 Prozent rund zehn Prozentpunkte<br />

unter dem entsprechenden Anteil in Bayern, d. h. in Bayern leben überdurchschnittlich<br />

viele Personen mit Migrationshintergrund deren Zuwanderung nach Deutschland bereits<br />

lange in der Vergangenheit liegt.<br />

6<br />

Enthält nur Personen, die eine von der deutschen abweichende Staatsbürgerschaft hatten oder haben.<br />

7<br />

Vgl. Familien mit Migrationshintergrund – Lebenssituationen, Erwerbsbeteiligung und Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf des BMFSFS, erstellt durch die Prognos AG, 2010.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

16<br />

Nach Herkunftsländern zeigt sich, dass insbesondere Personen aus Europa schon vor<br />

mindestens 15 Jahren nach Deutschland gezogen sind (Abbildung 8). Unter den Nordund<br />

Westeuropäern liegt der Zuzug nach Deutschland bei 90 Prozent schon 15 Jahre<br />

oder länger zurück, bei den Südeuropäern ist dies bei 82 Prozent der Fall, bei den aus<br />

den osteuropäischen Ländern der Europäischen Union stammenden Personen bei 80<br />

Prozent und bei den aus der Türkei zugewanderten sind es 79 Prozent. Dagegen sind<br />

es primär Personen aus Asien sowie aus Mittel- und Südamerika deren Zuzug nach<br />

Deutschland weniger als fünf Jahre zurückliegt. Auch Einwanderer aus Afrika sowie<br />

dem Mittleren und Nahen Osten sind in der Mehrheit erst in den vergangenen zehn<br />

Jahren nach Deutschland gekommen.<br />

Abbildung 7<br />

Zeitpunkt des Zuzugs nach Deutschland der Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Bayern und Deutschland, 2008, in Prozent<br />

80%<br />

70%<br />

Zeitpunkt des Zuzugs nach Deutschland in Bayern<br />

Zeitpunkt des Zuzugs nach Deutschland bundesweit<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

bis vor 5 Jahren vor 5 bis 10 Jahren vor 10 bis 15 Jahren vor 15 und mehr Jahren<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnung und Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

17<br />

Abbildung 8<br />

Zeitpunkt des Zuzugs nach Deutschland der Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Bayern nach Herkunftsland, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

Zeitpunkt des Zuzuges<br />

nach Deutschland<br />

vor 15 und mehr Jahren<br />

vor 10 bis 15 Jahren<br />

vor 5 bis 10 Jahren<br />

bis vor 5 Jahren<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnung und Darstellung Prognos 2011<br />

Im Hinblick auf die Möglichkeit der besseren Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials<br />

der Personen mit Migrationshintergrund ist von besonderem Interesse über welche<br />

Qualifikationen diese Bevölkerungsgruppe verfügt und inwieweit hier gegebenenfalls<br />

noch Potenzial für eine verbesserte Integration besteht.<br />

Wird das Qualifikationsniveau der einheimischen Bevölkerung Bayerns mit dem der<br />

Personen mit Migrationshintergrund gegenübergestellt, so fällt auf, dass der Anteil der<br />

Personen ohne beruflichen Abschluss unter den Personen mit Migrationshintergrund<br />

über alle Altersgruppen hinweg höher ausfällt (Abbildung 9). Am höchsten ist er, ebenso<br />

wie bei der einheimischen Bevölkerung, bei den 60- bis 65-Jährigen. Jedoch auch in<br />

den jüngeren Altersgruppen können im Durchschnitt mehr als 40 Prozent der Personen<br />

mit Migrationshintergrund in Bayern keinen beruflichen Abschluss vorweisen. Bei der<br />

einheimischen Bevölkerung sind es im Durchschnitt über alle Altersgruppen lediglich<br />

16 Prozent. Entsprechend ist der Anteil der einheimischen Bevölkerung mit einem Berufsabschluss<br />

deutlich höher. In allen Altersgruppen liegt die Differenz zwischen beiden<br />

Personengruppen bei mindestens 20 Prozentpunkten und führt zu dem Ergebnis, dass<br />

die einheimische Bevölkerung in Bayern über ein deutlich höheres Qualifikationsniveau<br />

verfügt als die Personen mit Migrationshintergrund.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

18<br />

Keine gravierenden Abweichungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen finden<br />

sich hingegen bei den Hochschulabsolventen. Im Durchschnitt verfügen sowohl bei der<br />

einheimischen Bevölkerung als auch bei den Personen mit Migrationshintergrund rund<br />

13 Prozent über einen Hochschulabschluss. Während bei den unter 30-Jährigen der<br />

Anteil bei den Personen mit Migrationshintergrund höher ist, sind es bei den 30-bis 35-<br />

Jährigen die Einheimischen, die einen höheren Anteil an Hochqualifizierten haben.<br />

Jüngere Personen mit Migrationshintergrund verfügen damit in der Tendenz über eine<br />

höhere Qualifikation als ältere.<br />

Im Vergleich zu Deutschland haben in Bayern zwar relativ mehr Personen mit Migrationshintergrund<br />

einen Berufsabschluss, jedoch liegt der Anteil an Hochschulabsolventen<br />

unter dieser Personengruppe in Deutschland höher als in Bayern. In Kombination<br />

mit dem vergleichsweise hohen Anteil an Personen ohne beruflichen Abschluss sind<br />

die Personen mit Migrationshintergrund in Bayern unterdurchschnittlich qualifiziert.<br />

Abbildung 9<br />

Qualifikationen der bayerischen Bevölkerung nach Herkunft und Alter, 2005, in<br />

Prozent<br />

linker Balken = ohne Migrationshintergrund, rechter Balken = mit Migrationshintergrund<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

Ohne beruflichen<br />

Abschluss<br />

Berufsausbildung<br />

Hochschulabschluss<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65<br />

Quelle: Mikrozensus 2005, Berechnung und Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

19<br />

Abbildung 10<br />

Qualifikationen der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern und Deutschland,<br />

2008, in Prozent<br />

50%<br />

45%<br />

Qualifikationen der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern<br />

Qualifikationen der Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland<br />

40%<br />

35%<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

Ohne beruflichen Abschluss Mit beruflichem Abschluss Mit Hochschulabschluss<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Nach Herkunftsländern differenziert wird deutlich, dass Personen aus Nord- und West-<br />

Europa insgesamt am besten ausgebildet sind. Sowohl ihr Anteil an Hochschulabsolventen<br />

als auch an Personen mittlerer Qualifikationen sind am höchsten. Daneben<br />

verfügen auch Personen mit Herkunftsländern des Mittleren und Nahen Ostens sowie<br />

der osteuropäischen Staaten der Europäischen Union über einen vergleichsweise guten<br />

Ausbildungsstand. Unter den Personen mit türkischem Migrationshintergrund haben<br />

dagegen rund 75 Prozent keinerlei beruflichen Abschluss, zudem ist der Anteil an<br />

Hochschulabsolventen unter ihnen mit lediglich drei Prozent massiv unterdurchschnittlich.<br />

Bei den Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien liegt der Anteil an Hochqualifizierten<br />

bei null, gleichwohl ist das Qualifikationsniveau aufgrund der hohen Bedeutung<br />

beruflicher Abschlüsse nicht als schlecht zu bewerten.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

20<br />

Abbildung 11<br />

Qualifikationen der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern nach Herkunftsländern,<br />

2008, in Prozent 8<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

Ohne beruflichen<br />

Abschluss<br />

Mit Berufsabschluss<br />

Mit Hochschulabschluss<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Grundsätzlich gilt, dass mit steigender Qualifikation auch die Erwerbsbeteiligung steigt.<br />

So ist das geringere Qualifikationsniveau der Personen mit Migrationshintergrund auch<br />

eine Erklärung für die, über fast alle Altersklassen hinweg, niedrigeren Erwerbsquoten<br />

im Vergleich zur Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (Abbildung 2). Mit Ausnahme<br />

der 65 Jahre und älteren Personen liegt die Erwerbsbeteiligung der einheimischen Bevölkerung<br />

deutlich über der Bevölkerungsgruppe mit Migrationshintergrund. Die Differenz<br />

ist in der Altersgruppe 25 bis 34 Jahre mit über 15 Prozentpunkten am höchsten<br />

und reduziert sich mit steigendem Alter stetig.<br />

8<br />

Ehemaliges Jugoslawien einschließlich Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Serbien; Südeuropa einschließlich<br />

Portugal, Italien, Spanien, Griechenland; Nord- und West-Europa einschließlich Belgien, Dänemark, Finnland,<br />

Frankreich, Irland, Island, Liechtenstein, Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Österreich; Ost-EU27 einschließlich<br />

Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn; Ost-<br />

Europa einschließlich Russische Föderation, Ukraine, sonstiges Osteuropa.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

21<br />

Abbildung 12<br />

Erwerbsbeteiligung der 15 bis 64 Jahre alten Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Deutschland und Bayern, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

Erwerbsbeteiligung der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern<br />

Erwerbsbeteiligung der Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65 und mehr<br />

Alter<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Ein Vergleich der Erwerbsbeteiligung der Personen mit Migrationshintergrund in<br />

Deutschland und in Bayern zeigt allerdings, dass die in Bayern lebenden, trotz tendenziell<br />

niedrigeren Qualifikationsniveaus, eine deutlich höhere Erwerbsbeteiligung aufweisen<br />

als im Bundesdurchschnitt (Abbildung 12). Bayern ist es demnach vergleichsweise<br />

gut gelungen, die in Bayern lebenden Personen mit Migrationshintergrund in den<br />

Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />

Die Branchenbetrachtung zeigt, dass Personen mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich<br />

häufig im Handel und Gastgewerbe beschäftigt sind. Ihr Anteil liegt hier bei<br />

rund 26 Prozent währen lediglich 16 Prozent der Gesamtbevölkerung in dieser Branche<br />

tätig sind. Deutlich unterrepräsentiert sind sie dagegen in der öffentlichen Verwaltung<br />

sowie dem Bergbau und dem Verarbeitenden Gewerbe.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

22<br />

Abbildung 13<br />

Anteil der Erwerbstätigen nach Branchen in Bayern, gesamte Bevölkerung und<br />

Personen mit Migrationshintergrund<br />

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei<br />

Bergbau und Verarbeitendes Gewerbe<br />

Energie- und Wasserversorgung<br />

Baugewerbe<br />

Handel und Gastgewerbe<br />

Verkehr und Nachrichtenübermittlung<br />

Kredit- und Versicherungsgewerbe<br />

Grundstückswesen, Vermietung,<br />

Dienstleistungen für Unternehmen<br />

Erwerbstätige ohne Migrationshintergrund<br />

Erwerbstätige mit Migrationshintergrund<br />

Öffentliche Verwaltung u. ä.<br />

Öffentl. u. private Dienstleistungen<br />

0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%<br />

Quelle: Mikrozensus 2005, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Nach Herkunftsländern und Geschlecht zeigt sich, dass die Erwerbsbeteiligung der<br />

Männer durchweg über der der Frauen mit Migrationshintergrund liegt und dass Personen<br />

mit dem Migrationshintergrund eines der EU-27-Länder mit 69 Prozent die höchste<br />

Erwerbsbeteiligung aufweisen (Abbildung 14). Sie sind es auch, die in der Tendenz<br />

über eine höhere Qualifikation verfügen. Für aus Europa stammende Personen ist die<br />

Erwerbsbeteiligung dagegen bei Personen mit türkischem oder ukrainischem Migrationshintergrund<br />

unterdurchschnittlich (51 Prozent und 54 Prozent). Bei Personen mit<br />

türkischem Migrationshintergrund ist jedoch vor allem die unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung<br />

der Frauen ausschlaggebend für das schlechte Abschneiden bei Arbeitsmarktintegration,<br />

während die Geschlechterunterschiede hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung<br />

bei aus der Ukraine stammenden Personen mit Migrationshintergrund weniger<br />

stark ausgeprägt ist, gleiches gilt für Personen mit kroatischem Migrationshintergrund<br />

oder aus Bosnien-Herzegowina. Allerdings ist auch bei Personen mit afrikanischem<br />

Migrationshintergrund die vergleichsweise niedrige Erwerbsbeteiligung in Höhe<br />

von 51 Prozent primär auf das Erwerbsverhalten der Frauen zurückzuführen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

23<br />

Abbildung 14<br />

Erwerbsbeteiligung der 15 bis 64 Jahre alten Personen mit Migrationshintergrund<br />

9 nach Herkunftsland und Geschlecht in Deutschland, 2009, in Prozent<br />

Die hellere Farbe kennzeichnet jeweils die Erwerbsbeteiligung der Frauen, die dunklere Farbe, die<br />

Ewerbsbeteiligung der Männer<br />

80%<br />

70%<br />

Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Migrationshintergrund<br />

Erwerbsbeteiligung von Männern mit Migrationshintergrund<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Quelle: Mikrozensus 2009, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Zusammenfassend zeigt die differenzierte Analyse der Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Bayern, dass es sich im Vergleich zu dieser Gruppe in Deutschland um<br />

Personen handelt, die bereits sehr lange in Deutschland leben und sie daher in der<br />

Tendenz eher älter und schlechter qualifiziert sind als im Bundesdurchschnitt, gleichwohl<br />

eine relativ hohe Erwerbsbeteiligung zeigen.<br />

9<br />

Aufgrund der geringen Fallzahlen in Bayern und die dadurch eingeschränkte Aussagekraft der Ergebnisse wird an<br />

dieser Stelle auf Daten aus Deutschland zurückgegriffen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

24<br />

Im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung Bayerns, sind die Personen mit Migrationshintergrund<br />

jünger und weisen ein geringeres Qualifikationsniveau auf. Gelingt es,<br />

dieses anzuheben und insbesondere den Anteil an Personen ohne berufliche Ausbildung<br />

zu reduzieren, so könnten die Personen mit Migrationshintergrund, stärker noch<br />

als heute, in den bayerischen Arbeitsmarkt integriert werden. Nachqualifikation und<br />

Weiterbildung bieten damit noch Potenzial zur besseren Ausschöpfung der Arbeitskraft<br />

der Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund in Bayern.<br />

4.2 Integrationshürden<br />

Erfolgreiche Integration lässt sich unter anderem an dem realisierten Grad der Erwerbsbeteiligung<br />

festmachen. Inwieweit es Personen mit Migrationshintergrund jedoch<br />

gelingt, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, hängt nicht nur vom individuellen<br />

Willen der Person oder der Entscheidung des potenziellen Arbeitgebers ab, sondern<br />

wird maßgeblich von dem erreichten Qualifikationsniveau beeinflusst. In diesem Zusammenhang<br />

ist allerdings nicht allein die Höhe des Berufsabschlusses relevant, sondern<br />

auch, ob die deutschen Sprachkenntnisse eine dieser Qualifikation entsprechende<br />

Beschäftigung erlauben. Daneben kann es einen Unterschied machen, ob der Abschluss<br />

im Ausland oder in Deutschland gemacht wurde. Im ersten Fall entscheidet die<br />

Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses in Deutschland über die Erfolgsaussichten<br />

einer qualifikationsgerechten Beschäftigung.<br />

Vor diesem Hintergrund gelten Sprachprobleme sowie die Nicht-Anerkennung ausländischer<br />

Bildungsabschlüsse als zentrale Hemmnisse für eine erfolgreiche Integration<br />

der Personen mit Migrationshintergrund auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Wie groß die<br />

Bedeutung dieser Faktoren tatsächlich ist und welches Potenzial ein Abbau der Hürden<br />

hinsichtlich stärkerer Integration sowie einer Reduktion des bayerischen Arbeitskräftemangels<br />

bietet, wird im Folgenden nachgegangen.<br />

4.2.1 Sprachkenntnisse<br />

Ohne elementare Deutschkenntnisse kann eine erfolgreiche Integration nicht gelingen.<br />

Mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen neuen Zuwanderungsgesetz wurde<br />

diese Tatsache anerkannt und berücksichtigt. Erstmals wurden staatliche Integrationsangebote<br />

für Personen mit Migrationshintergrund gesetzlich geregelt. Zentrale Integrationsmaßnahmen<br />

sind dabei die sogenannten Integrationskurse, deren Ziel es ist, die<br />

deutsche Sprache, die Rechtsordnung und die Geschichte Deutschlands erfolgreich zu<br />

vermitteln. Die Verteilung des Gesamtstundenumfangs auf die verschiedenen Bereiche<br />

zeigt, dass die Vermittlung der deutschen Sprache oberste Priorität besitzt. So umfasst


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

25<br />

ein allgemeiner Integrationskurs 600 Unterrichtseinheiten Sprachkurs, mit der Option<br />

auf eine Verlängerung um weitere 300 Einheiten, und lediglich 45 Einheiten Orientierungskurs.<br />

Teilnahmeberechtigt bzw. -verpflichtet sind neben den Neuzuwanderern mit<br />

dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland auch Altzuwanderer bei denen von Integrationsbedürftigkeit<br />

auszugehen ist. Daneben gibt es einige Spezialangebote unter anderem<br />

Alphabetisierungs-, Jugendintegrations- oder Intensivkurse. 10<br />

Für die Durchführung der Integrationskurse verantwortlich ist das Bundesamt für Migration<br />

und Flüchtlinge als eine Einheit des Bundesministeriums des Inneren. Die Ausgaben<br />

für die Durchführung der Integrationskurse beliefen sich im Jahr 2010 auf rund<br />

220 Millionen Euro. Dies entspricht einem Anteil von knapp 55 Prozent an den Gesamtausgaben<br />

des Bundesamts. Die Ausgaben steigen jährlich an und lagen 2009<br />

noch bei 175 Millionen Euro 11 bei rund 71.000 erfolgreichen Kursabsolventen 12 .<br />

Rund 13 Prozent der Integrationskursteilnehmer des Jahres 2009 lebten in Bayern.<br />

Von den 15.000 Teilnehmern in Bayern schlossen mehr als 10.000 den Kurs erfolgreich<br />

ab. Die Erfolgsquote lag damit leicht über dem Bundesdurchschnitt. Den größten<br />

Teil der Teilnehmer in Bayern stellten zugelassene Altzuwanderer (9.124), gefolgt von<br />

verpflichteten Neuzuwanderern (5.564) und berechtigten Neuzuwanderern (1.545). 13<br />

Diese Zahlen belegen, dass Sprach- bzw. Integrationskurse durchaus auch ein geeignetes<br />

Instrument zur stärkeren Integration bereits in Deutschland lebender Personen<br />

mit Migrationshintergrund darstellen, die zudem aktiv von den Betroffenen genutzt<br />

werden.<br />

In Anbetracht der Tatsache, dass es dieses umfassende Angebot an öffentlich geregelter<br />

Sprachqualifikation erst seit fünf Jahren gibt und selbstverständlich nicht alle Personen<br />

erfasst, ist anzunehmen, dass Sprachprobleme auch heute noch eine verbreitete<br />

Hürde zur Aufnahme einer qualifikationsgerechten Beschäftigung darstellen. In Bayern<br />

halten es mehr als 280.000 Personen mit Migrationshintergrund 14 für notwendig,<br />

ihre deutschen Sprachkenntnisse zu verbessern, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu<br />

finden (Abbildung 155). Die meisten dieser Personen sind zwischen 45 und 54 Jahre<br />

alt, den höchsten Anteil haben Personen mit Sprachschwierigkeiten jedoch in der Altersklasse<br />

der 25- bis 30-Jährigen. Hier geben mehr als 50 Prozent an, nicht über ausreichend<br />

Deutschkenntnisse zu verfügen, unter den 55 bis 64 Jahre alten Personen<br />

sind es lediglich 22 Prozent.<br />

10<br />

Vgl. Das Integrationspanel – Ergebnisse einer Befragung von Teilnehmenden zu Beginn eines Alphabetisierungskurses,<br />

Working Paper 29 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.<br />

11<br />

Vgl. http://bund.offenerhaushalt.de/0633.html?reference_year=2010 (Stand 25.03.2011).<br />

12<br />

Vgl. Bericht zur Integrationskursstatistik für das Jahr 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.<br />

13<br />

Vgl. Integrationskursgeschäftsstatistik Bundesland Bayern für das Jahr 2009.<br />

14<br />

Befragt wurden hier nur Personen, die nicht in Deutschland geboren sind, deren Zuzug nicht weiter als zehn Jahre<br />

zurückliegt und die zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland älter als 15 Jahre alt waren.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

26<br />

Es sind demnach vor allem die jüngeren Personen, die Sprachhemmnisse als Hürde<br />

für den Einstieg in eine qualifikationsgerechte Beschäftigung sehen. Eine Evaluation<br />

der Integrationskurse brachte das Ergebnis, dass in der Tendenz jüngere Kursteilnehmer<br />

erfolgreicher sind und am Ende ein höheres Sprachniveau aufweisen als ältere<br />

Kursteilnehmer. Das Alter hat hier einen signifikanten Einfluss auf das Ergebnis. 15 Ein<br />

großes Integrationspotenzial für Bayern besteht demnach in der Nachqualifikation der<br />

Sprachkenntnisse von jüngeren Personen mit Migrationshintergrund.<br />

Abbildung 15<br />

Existenz von Sprachproblemen bei Personen mit Migrationshintergrund in<br />

Bayern nach Alter, 2008, in 1.000 Personen<br />

300<br />

250<br />

Personen mit Migrationshintergrund insgesamt<br />

Personen mit Migrationshintergrund mit Sprachproblem<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

25-34 35-44 45-54 55-64<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Eine weitere Differenzierung der Personen mit Sprachschwierigkeiten ist für Bayern<br />

aufgrund geringer Fallzahlen nicht möglich, weshalb hier auf Daten für Gesamtdeutschland<br />

zurückgegriffen wird. Die Differenzierung nach Qualifikationsniveau ist<br />

dabei von besonderem Interesse. Hier wird deutlich, dass die Sprachproblematik bei<br />

Personen ohne beruflichen Abschluss eine größere Rolle spielt als bei den übrigen<br />

15<br />

Vgl. Das Integrationspanel – Entwicklung von alltagsrelevanten Sprachfertigkeiten und Sprachkompetenzen der<br />

Integrationskursteilnehmer während des Kurses, Working Paper 23 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

27<br />

Qualifikationsniveaus (35 Prozent) (Abbildung 16). Keine gravierenden Unterschiede<br />

bestehen dagegen zwischen Personen mit Berufsabschluss (25 Prozent) und solchen<br />

mit Hochschulabschluss (27 Prozent).<br />

Abbildung 16<br />

Existenz von Sprachproblem bei Personen mit Migrationshintergrund in<br />

Deutschland nach Qualifikation, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

Personen mit<br />

Migrationshintergrund<br />

mit Sprachproblem<br />

Personen mit<br />

Migrationshintergrund<br />

ohne Sprachproblem<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Mit Hochschulabschluss Mit Berufsabschluss Ohne Berufsabschluss<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Ein Vergleich der Erwerbsbeteiligung von Personen ohne Sprachprobleme mit der von<br />

Personen mit Sprachschwierigkeiten verdeutlicht die hohe Bedeutung ausreichender<br />

Sprachkenntnisse für die erfolgreiche Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

(Abbildung 17). Über alle Qualifikationsniveaus hinweg fällt die Erwerbsbeteiligung<br />

bei denjenigen ohne Sprachschwierigkeiten deutlich höher aus. Am stärksten<br />

ausgeprägt ist diese Differenz bei den Personen mit Hochschulabschluss. Hochqualifizierte<br />

mit Migrationshintergrund ohne eine Sprachbarriere weisen eine Erwerbsbeteiligung<br />

von knapp 90 Prozent auf, unter der Existenz von Sprachhemmnissen reduziert<br />

sich diese auf unter 70 Prozent. Hierbei handelt es sich um qualifizierte Arbeitskräfte,<br />

die bereits heute zum Teil auf dem Arbeitsmarkt fehlen. Jedoch auch bei den Personen<br />

mit Berufsabschluss oder ohne berufliche Ausbildung reduzieren Sprachprobleme die<br />

Erwerbsbeteiligung spürbar. Insgesamt ist das Arbeitskräftepotenzial nicht optimal<br />

ausgenutzt und Sprachnachqualifikation bietet ein nicht zu unterschätzendes Integrationspotenzial.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

28<br />

Abbildung 17<br />

Erwerbsbeteiligung von Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland mit<br />

und ohne Sprachproblemen nach Qualifikation, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

Erwerbsbeteiligung bei Personen mit Sprachproblem<br />

Erwerbsbeteiligung bei Personen ohne Sprachproblem<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Mit Hochschulabschluss Mit Berufsabschluss Ohne Berufsabschluss<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

4.2.2 Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse<br />

Neben bestehenden Sprachbarrieren kann auch die Nicht-Anerkennung beruflicher<br />

Abschlüsse aus dem Ausland die Integration auf dem deutschen Arbeitsmarkt behindern<br />

bzw. eine der Qualifikation und den Kenntnissen entsprechende Beschäftigung<br />

verhindern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung geht von 2,9 Millionen<br />

in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund aus, die ihren höchsten<br />

beruflichen Abschluss im Ausland erworben haben. In Anbetracht dieser Zahl und dem<br />

dahinter stehenden Arbeitskräftepotenzial wurde im März dieses Jahres ein Entwurf für<br />

das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener<br />

Berufsabschlüsse“ verabschiedet. Durch dieses Gesetz soll erreicht werden,<br />

dass künftig nachvollziehbare und bundesweit möglichst einheitliche Bewertungen zu<br />

beruflichen Qualifikationen aus dem Ausland zur Verfügung stehen. Daneben weitet<br />

das Gesetz die Ansprüche auf Bewertungen beträchtlich aus und führt einen Rechts-


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

29<br />

anspruch für die rund 350 nicht reglementierten Berufe 16 ein. Die Regierung erwartet,<br />

dass durch diese gesetzliche Neuregelung bundesweit rund 300.000 Personen ein<br />

Anerkennungsverfahren anstreben könnten. 17<br />

Die bisherige Anerkennungspraxis ist geprägt von erheblichen Intransparenzen. So<br />

unterscheidet sich das jeweilige Verfahren je nach Berufsgruppe, Bundesland und sogar<br />

je nach bearbeitender Person zum Teil erheblich. Ursächlich hierfür ist das Fehlen<br />

von einheitlichen Regelungen und standardisierten Verfahren.<br />

Darüber welche Bedeutung die Nicht-Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen<br />

für Bayern hat und wie groß das zusätzliche Arbeitskräftepotenzial durch<br />

eine umfassende Anerkennung ausfallen würde, können auf Grundlage der zur Verfügung<br />

stehenden Daten nur annähernd Aussagen getroffen werden. In einer einmaligen<br />

Sonderbefragung der Europäischen Union im Rahmen des Mikrozensus 2008 wurde<br />

die freiwillig zu beantwortende Frage gestellt: „Haben Sie einen Antrag auf Anerkennung<br />

der Gleichwertigkeit Ihres höchsten Schulabschlusses bzw. beruflichen Ausbildungs-<br />

oder Hochschul- / Fachhochschulabschlusses mit einem deutschen Bildungsabschluss<br />

gestellt?“ Die Antworten auf diese Frage bieten zwar Anhaltspunkte auf die<br />

Relevanz, sind jedoch mit Interpretationsschwierigkeiten behaftet. Lediglich die „Ja-<br />

Antworten“ sind annähernd dahingehend einzuordnen, ob ein Problem mit der Anerkennung<br />

besteht oder nicht. Bei den Personen, die mit Nein geantwortet haben, d. h.<br />

die bisher keinen Antrag auf Anerkennung gestellt haben ist, trotz der Möglichkeit mit<br />

„Nein, da nicht notwendig“ und „Nein, aus anderen Gründen“ zu antworten, nicht klar,<br />

ob sie dies nicht getan haben, weil es aussichtslos erscheint, sie über anderweitige in<br />

Deutschland erworbene Abschlüsse verfügen, sie bereits erwerbstätig sind, keine Beschäftigung<br />

suchen oder andere Gründe dahinter verborgen sind. Inwieweit bei diesen<br />

Personen zusätzliches Potenzial zur Arbeitsmarktintegration besteht, kann damit nicht<br />

abgeschätzt werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass primär Arbeitslose<br />

oder unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigte Personen einen Antrag auf Anerkennung<br />

stellen und damit Arbeitskräftepotenzial darstellen.<br />

Die überwiegende Zahl der Befragten gehört zu der schwer zu interpretierenden Gruppe,<br />

der Personen, die mit Nein geantwortet haben (Abbildung 18). Mehr als 80 Prozent<br />

der Befragten gaben an, bisher keinen Antrag auf Anerkennung gestellt zu haben.<br />

Rund die Hälfte der insgesamt Befragten sah keine Notwendigkeit für die Einleitung<br />

eines Anerkennungsverfahrens. Eindeutig Potenzial für eine bessere Arbeitsmarktintegration<br />

besteht lediglich bei den rund 30.000 Personen, die einen Antrag gestellt haben<br />

und bei denen die Gleichwertigkeit nicht festgestellt wurde. Allerdings reduziert<br />

sich auch diese Zahl, da hier auch Personen enthalten sind, deren Verfahren noch<br />

16<br />

Ausbildungsberufe im dualen System nach dem Berufsbildungsgesetz und im Handwerk.<br />

17<br />

Vgl. http://www.bmbf.de/de/15644.php (Stand 01.04.2011).


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

30<br />

läuft. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass es sich hier um sehr wenige<br />

Personen handelt. Eine weitere Differenzierung dieser Personengruppe, beispielsweise<br />

hinsichtlich Alter oder Qualifikationsniveau, ist nicht möglich.<br />

Diese Zahlen weisen darauf hin, dass das Potenzial einer verbesserten Anerkennung<br />

nicht überschätzt werden sollte. Da das neue Gesetz jedoch nicht nur eine Erleichterung<br />

bzw. Standardisierung der Anerkennung beinhaltet, sondern zudem den Personenkreis,<br />

der einen Antrag stellen kann, ausweitet, kann angenommen werden, dass<br />

das Arbeitskräftepotenzial tendenziell höher als hier ausgewiesen ausfallen wird. Eine<br />

abschließende Quantifizierung des tatsächlichen Arbeitskräftepotenzials ist aufgrund<br />

fehlender Daten nicht möglich. Das Fehlen belastbarer Zahlen zu ausländischen Abschlüssen<br />

und den dahinter stehenden Personen mit Migrationshintergrund stellen<br />

schwerwiegende Hürden dar und verhindern eine Einschätzung darüber, inwieweit die<br />

Anerkennung von Berufsabschlüssen aus dem Ausland bei der Reduktion der Arbeitskräftelücke<br />

in Bayern beitragen kann.<br />

Abbildung 18<br />

Existenz von Schwierigkeiten bei der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse<br />

in Bayern, 2008, in 1.000 Personen<br />

Ja<br />

Ja,<br />

Gleichwertigkeit<br />

wurde festgestellt<br />

Ja,<br />

Gleichwertigkeit<br />

wurde (noch)<br />

nicht festgestellt<br />

Nein<br />

Nein, da nicht<br />

notwendig<br />

Nein, aus<br />

anderen Gründen<br />

0 200 400 600 800<br />

Quelle: Mikrozensus 2008, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

31<br />

4.3 Arbeitskräftepotenzial einer verbesserten Integration<br />

Die Ausführungen haben gezeigt, dass eine umfassende Integration der in Deutschland<br />

lebenden Personen mit Migrationshintergrund bis heute nicht gelungen ist. Die<br />

Erwerbsbeteiligung liegt deutlich unter der der einheimischen Bevölkerung. Die verbesserte<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund bietet damit eine Möglichkeit<br />

zur Erschließung zusätzlichen Arbeitskräftepotenzials.<br />

Das im Durchschnitt geringere Qualifikationsniveau der Personen mit Migrationshintergrund<br />

bietet eine zentrale Erklärung für die unzureichende Arbeitsmarktintegration.<br />

Insbesondere der hohe Anteil an Personen ohne beruflichen Abschluss gilt es zu reduzieren,<br />

soll die Erwerbsbeteiligung steigen und zusätzliches Arbeitskräftepotenzial gewonnen<br />

werden. Mit Hilfe von Weiterbildungsmaßnahmen bzw. der gezielten Unterstützung<br />

bei der Erreichung eines Berufsabschlusses, kann eine Nachqualifizierung<br />

gelingen und das Qualifikationsniveau der Personen mit Migrationshintergrund steigen.<br />

Eine vollständige Angleichung auf das Niveau der einheimischen Bevölkerung, brächte<br />

Bayern zusätzlich 260.000 Personen mit Berufsabschluss und würde die Zahl der Personen<br />

ohne beruflichen Abschluss entsprechend reduzieren. Gleichwohl handelt es<br />

sich hierbei um ein rein rechnerisches Potenzial. Die Nachqualifikation wird nie bei<br />

allen Personen gelingen.<br />

Weitere Erklärungen für die geringere Arbeitsmarktintegration liegen in der Existenz<br />

von Eintrittshürden für die Personen mit Migrationshintergrund, wie Sprachbarrieren<br />

oder die Nicht-Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Durch einen Abbau<br />

dieser Barrieren könnte eine Verbesserung der Integrationssituation erreicht und zusätzliche<br />

Arbeitskräfte gewonnen werden. Dieses zusätzliche Arbeitskräftepotenzial<br />

setzt sich hier zum einen aus den Personen zusammen, die bisher nicht erwerbstätig<br />

sind und zum anderen aus Personen, die bisher unterhalb ihrer Qualifikation beschäftigt<br />

sind. Während die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse Bayern schätzungsweise<br />

maximal rund 30.000 zusätzliche Personen mit einem Abschluss bringen<br />

würde, bei denen davon ausgegangen werden muss, dass sie heute gar nicht oder nur<br />

unterhalb ihrer tatsächlichen Qualifikation beschäftigt sind, ist das Potenzial durch eine<br />

Reduktion von Sprachschwierigkeiten deutlich größer. Darüber hinaus kann bei einer<br />

verbesserten Anerkennungspraxis aufgrund fehlender Daten nicht abgeschätzt werden,<br />

ob es sich hierbei um zukünftige Hochschulabsolventen oder Personen mit Berufsabschluss<br />

handelt und ob die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen das<br />

Potenzial noch vergrößern. Die Sprachnachqualifikation ist im Vergleich zur Vereinfachung<br />

der Anerkennung mit deutlich höheren Kosten verbunden, was die jährlichen<br />

Ausgaben für die Integrationskurse belegen. Diese Integrationsinvestitionen versprechen<br />

jedoch auch größeren Erfolg. 280.000 Personen mit Migrationshintergrund in<br />

Bayern geben an, dass ihre deutschen Sprachkenntnisse sie an der Ausübung einer<br />

qualifikationsgerechten Beschäftigung hindern. Dieses maximale Arbeitskräftepotenzial<br />

setzt sich demnach sowohl aus Personen zusammen, die bisher nicht erwerbstätig<br />

sind als auch aus denjenigen, die aufgrund von Sprachproblemen unterhalb ihrer Qualifikation<br />

tätig sind. Für Deutschland ist bekannt, wie stark die Erwerbsbeteiligung der<br />

Personen mit Sprachproblemen von der Erwerbsbeteiligung derer ohne Sprachproble-


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

verbessern<br />

32<br />

me abweichen. Auf Grundlage dieser Zahlen kann davon ausgegangen werden, dass<br />

rund ein Sechstel des zusätzlichen Arbeitskräftepotenzials Personen sind, die vorher<br />

nicht erwerbstätig waren, während die überwiegende Zahl einen Aufstieg im Qualifikationsniveau<br />

erfahren würde.<br />

Das maximale Arbeitskräftepotenzial einer umfassenden Integration der in Bayern lebenden<br />

Personen mit Migrationshintergrund beläuft sich damit auf 570.000 Personen.<br />

Hierbei handelt es sich aufgrund zahlreicher Einschränkungen, die Größtenteils der<br />

unzureichenden Datenverfügbarkeit geschuldet sind, Umsetzungsschwierigkeiten, die<br />

den Erfolg der Maßnahmen schmälern können und Überschneidungen der Personengruppen<br />

nur um ein theoretisches Potenzial, das es massiv nach unten zu korrigieren<br />

gilt. Die mangelhafte Datenlage erlaubt zudem grundsätzlich nur eine grobe Schätzung.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

33<br />

5 Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

Verlust an Arbeitskräften vermeiden und Abgewanderte zurückgewinnen<br />

Der demografische Wandel und die steigende Bedeutung Hochqualifizierter sind keine<br />

spezifisch deutschen Entwicklungen, sondern finden sich ähnlich auch in anderen Industriestaaten<br />

wieder. Mit einem generellen Arbeitskräftemangel sowie vor allem einem<br />

Mangel an hochqualifizierten Fachkräften in der Zukunft sehen sich die meisten<br />

entwickelten Volkswirtschaften konfrontiert. Bereits heute existiert daher ein internationaler<br />

Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Zudem ist die Mobilitätsbereitschaft<br />

der Arbeitnehmer gestiegen. Somit steigt die temporäre sowie dauerhafte Zu- und Abwanderung<br />

von Arbeitskräften an.<br />

Mit diesem Wissen ist es konsequent, nach der umfassenden Analyse des Arbeitskräftepotenzials<br />

durch Migration und (anschließende) Integration auch die in das Ausland<br />

abgewanderten Deutschen in die Betrachtung einzubeziehen. Neben der Zuwanderung<br />

von Fachkräften aus dem Ausland ist der Versuch ausgewanderte Deutsche zurückzugewinnen<br />

somit eine weitere Möglichkeit der Gewinnung zusätzlichen Arbeitskräftepotenzials.<br />

Darüber hinaus geben die Trends hinsichtlich der präferierten Auswanderungsländer<br />

Aufschluss darüber, welche Länder im internationalen Wettkampf um die Arbeitskräfte<br />

besser abschneiden als Deutschland. Diese Erkenntnisse bieten Anhaltspunkte darüber,<br />

wie durch eine Veränderung der wirtschaftspolitischen und sonstigen Rahmenbedingungen<br />

die Attraktivität Deutschlands gesteigert werden kann.<br />

Zahlreiche Deutsche verlassen Deutschland temporär oder auch dauerhaft. So wurden<br />

im Jahr 2009 154.988 Fortzüge von Deutschen registriert. Die Zahl der Fortzüge ist in<br />

dem Zeitraum 2001 bis 2008 stetig angestiegen und erst 2009 erstmals wieder um<br />

elf Prozent zurückgegangen. Der jährliche Wanderungssaldo der deutschen Staatsbürger<br />

d. h. die Differenz aus Zu- und Fortzügen, ist bereits seit den 1980er Jahren<br />

ausnahmslos negativ. Deutschland verzeichnet damit jährlich einen Wanderungsverlust<br />

an deutschen Staatsbürgern. Der Großteil der Auswanderer ist zwischen 25 und<br />

50 Jahre alt und damit im erwerbsfähigen Alter. Im Jahr 2009 lag ihr Anteil an allen<br />

fortgezogenen Deutschen bei 53,3 Prozent. Da die amtliche Wanderungsstatistik keine<br />

Informationen über das Qualifikationsniveau der deutschen Auswanderer enthält, wird


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

34<br />

bei dieser Betrachtung allerdings nicht klar, wie viele qualifizierte Arbeitskräfte<br />

Deutschland verlassen. 18<br />

Eine Differenzierung nach Qualifikationen ist zwar bei den Wanderungsströmen nicht<br />

möglich, kann jedoch bei den im Ausland lebenden Deutschen ermittelt werden. Diese<br />

Personengruppe bildet letztendlich auch das mögliche zusätzliche Arbeitskräftepotenzial,<br />

sollte es gelingen, sie für eine Rückkehr nach Deutschland zu gewinnen. Dafür<br />

wird im Folgenden auf unterschiedliche Datenquellen zurückgegriffen. Zudem werden<br />

für die Abschätzung des zusätzlichen Arbeitskräftepotenzials ausgewanderter Deutscher<br />

nicht alle im Ausland lebenden Deutschen berücksichtigt, sondern ausschließlich<br />

die Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 74 Jahren. Lediglich diese Personengruppe<br />

könnte tatsächlich (wieder) in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden<br />

und so zu einer Reduktion des deutschen und auch bayerischen Arbeitskräftemangels<br />

beitragen.<br />

Ein Großteil der deutschen Auswanderer zieht es in die Staaten der Europäischen Union.<br />

Von den 154.988 Fortzügen deutscher Staatsbürger im Jahr 2009 entfielen rund<br />

35 Prozent (rund 55.000) auf die alten EU-Staaten. Im Jahr 2008 lebten in den EU-27<br />

Staaten mehr als 580.000 19 Deutsche im erwerbsfähigen Alter. Jedoch auch die Vereinigten<br />

Staaten und die Schweiz gehören mit rund 515.000 20 und 230.000 21 deutschen<br />

Staatsbürgern dieser Altersgruppe zu beliebten Auswanderungsländern für Deutsche. 22<br />

So wanderten 2009 mehr als 13.000 Deutsche in die Vereinigten Staaten und fast<br />

25.000 in die Schweiz aus. Die Schweiz ist damit seit 2005 Hauptzielland deutscher<br />

Staatsangehöriger.<br />

5.1 Deutsche in der Europäischen Union<br />

Österreich (rund 115.000), Spanien (rund 105.000), Großbritannien (rund 88.000),<br />

Frankreich (rund 70.000) und die Niederlande (rund 56.000) sind mit jeweils mehr als<br />

50.000 deutschen Erwerbspersonen die beliebtesten Zielländer für deutsche Auswanderer<br />

in der Europäischen Union. In den übrigen ausgewählten Ländern ist die Zahl der<br />

deutschen Staatsbürger vergleichsweise gering, so dass hier kein nennenswertes Po-<br />

18<br />

Vgl. zu diesem Absatz sowie zu allen die Wanderungsströme betreffenden Daten den Migrationsbericht 2009 des<br />

Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung.<br />

19<br />

Die entsprechenden Daten stammen aus der europaweiten Sonderbefragung der Arbeitskräftestichprobe der Europäischen<br />

Union im Rahmen der jährlichen nationalen Befragungen 2008. Gesammelt finden sich die Daten mit ausreichender<br />

Fallzahl bei Eurostat. Konkret handelt es sich hierbei um eine Sonderauswertung von Eurostat für Prognos.<br />

20<br />

U.S. Census Bureau, Census 2000. Aktuellere Daten zur differenzierten Herkunft der ausländischen Bevölkerung der<br />

Vereinigten Staaten nach Ländern liegen leider nicht vor.<br />

21<br />

Bundesamt für Statistik Schweiz, 2009.<br />

22<br />

Es wurde hier auf unterschiedliche Quellen (Eurostat, U.S. Census Bureau, Bundesamt für Statistik Schweiz) zurückgegriffen<br />

und nicht gesammelte Daten der OECD verwendet, da die in der „Database on Immigrants in OECD Countries<br />

(DIOC)“ verfügbaren Daten unvollständig sind und zudem teilweise massiv von den nationalen Statistiken abweichen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

35<br />

tenzial für die Schließung der deutschen Arbeitskräftelücke besteht und sie im weiteren<br />

Verlauf der Analyse nicht weiter betrachtet werden.<br />

Abbildung 19<br />

Bestand an Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit in ausgewählten 23 Ländern<br />

der Europäischen Union, 2008, in 1.000 Personen<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Quelle: Eurostat, Darstellung Prognos 2011<br />

Für die Einordnung und Bewertung des Potenzials in den einzelnen Ländern reichen<br />

allerdings nicht allein die absoluten Zahlen, sondern ist eine möglichst detaillierte Analyse<br />

der Gruppe der deutschen Auswanderer notwendig. Die Datenlage lässt für die<br />

ausgewählten Länder eine Differenzierung nach Alter und Qualifikationsniveau zu, erlaubt<br />

jedoch für die Europäische Union keine Aussage darüber, inwieweit die Personen<br />

erwerbstätig sind oder nicht. Auch aus der Zu- und Fortzugsstatistik lässt sich nicht<br />

erkennen, zu welchem Zweck deutsche Staatsangehörige Deutschland verlassen und<br />

ob sie im Ausland eine Arbeit aufnehmen. 24<br />

23<br />

Es wurden lediglich die Länder ausgewählt, für die vollständige und plausible Daten vorlagen.<br />

24<br />

Siehe hierzu Migrationsbericht 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

36<br />

Von besonderem Interesse zur Bewertung des Arbeitskräftepotenzials ist die Qualifikationsstruktur<br />

der im Ausland lebenden Deutschen und inwieweit hier Unterschiede zwischen<br />

den Ländern bestehen (Abbildung 20).<br />

Abbildung 20<br />

Bestand an Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit in ausgewählten Ländern<br />

der Europäischen Union nach Qualifikationen, 2008, in 1.000 Personen<br />

140<br />

120<br />

100<br />

Qualifikation<br />

Hoch<br />

Mittel<br />

Niedrig<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Österreich Spanien Großbritannien Frankreich Niederlande<br />

Quelle: Eurostat, Darstellung Prognos 2011<br />

Auf den ersten Blick fällt in allen Ländern der geringe Anteil an Personen mit niedrigem<br />

Qualifikationsniveau, d. h. ohne beruflichen Abschluss auf. Gänzlich im Kontrast zu<br />

den Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland, deren Anteil an Personen<br />

ohne Berufsausbildung bei über 40 Prozent liegt. Über den Schulabschluss sagt diese<br />

Einteilung allerdings nichts aus, weshalb hier sowohl Geringqualifizierte als auch Studierende<br />

und Auszubildende ohne bisher abgeschlossenen Abschluss enthalten sind.<br />

Großbritannien hat mit einem Anteil von neun Prozent den geringsten, Spanien mit<br />

24 Prozent den höchsten Anteil an Deutschen ohne beruflichen Abschluss. Hinsichtlich<br />

der übrigen Qualifikationsniveaus sticht der, im Vergleich zur Qualifikationsstruktur der<br />

immobilen Deutschen, hohe Anteil an Hochqualifizierten heraus. Spanien und Großbri-


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

37<br />

tannien sind hier mit einem Anteil von rund 50 Prozent besonders hervorzuheben. In<br />

absoluten Zahlen leben rund 55.000 Hochqualifizierte in Spanien und 43.000 in Großbritannien.<br />

Den geringsten Anteil an Deutschen mit Hochschulabschluss hat Österreich<br />

mit 35 Prozent. Da in Österreich insgesamt jedoch, infolge eines starken Anstiegs der<br />

Zuzüge deutscher Staatsbürger zwischen 1991 und 2008 25 , die meisten Deutschen<br />

leben, beläuft sich die Zahl der hochqualifizierten Deutschen hier auf immerhin 40.000<br />

Personen. Entsprechend dem geringen Anteil Hochqualifizierter fällt der Anteil der<br />

Deutschen mittlerer Qualifikation in Österreich mit 55 Prozent überdurchschnittlich aus.<br />

Die Niederlande haben die stärkste Gleichverteilung, gleichwohl dominieren die Hochqualifizierten<br />

auch hier mit einem Anteil von 40 Prozent an allen deutschen Staatsbürgern.<br />

Zusammenfassend zeigt die Differenzierung der deutschen Staatsbürger nach Qualifikationen,<br />

dass in der Tendenz eher höher qualifizierte Deutsche in andere Länder der<br />

Europäischen Union auswandern. Gleichwohl zeigen sich hier spürbare Differenzen<br />

zwischen den einzelnen Ländern.<br />

Das Auswandern in ein anderes Land kann aus unterschiedlichen Motivationen erfolgen.<br />

So kann zwischen Ausbildungs-, Erwerbs-, Familien-, Alters- und Ruhestandswanderung<br />

unterschieden werden. Je nach Altersgruppe dominiert einer der Motivationsgründe,<br />

so dass in der Tendenz Aussagen darüber gemacht werden können, inwieweit<br />

die deutschen Staatsbürger im Ausland tatsächlich abgewanderte Arbeitskräfte<br />

darstellen.<br />

In Kombination mit den ausgewiesenen Altersgruppen (Abbildung 21) erfolgt die Ausbildungswanderung<br />

primär im Alter bis unter 25 Jahre, die Arbeitsplatz- oder Erwerbswanderung<br />

im Alter von 25 bis 54 Jahren, teilweise parallel jedoch auch die Familienwanderung<br />

im Alter zwischen 35 und 44 Jahren, die Alterwanderung ab 55 Jahre und<br />

ab 65 Jahre die Ruhestandswanderung. Es handelt sich hier nicht um eine strikte<br />

Trennung und insbesondere zwischen Erwerbs- und Familienwanderung kommt es zu<br />

Überschneidungen. Nichtsdestoweniger macht diese Einteilung deutlich, dass vor allem<br />

deutsche Staatsbürger im Ausland der Altersgruppe 25 bis 54 Jahre verlorene Arbeitskräfte<br />

darstellen.<br />

25<br />

Vgl. Migrationsbericht 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, im Auftrag der Bundesregierung.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

38<br />

Abbildung 21<br />

Bestand an Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit in ausgewählten<br />

Ländern der Europäischen Union nach Alter, 2008, in 1.000 Personen<br />

140<br />

120<br />

Alter 65-74 55-64 45-54 35-44 25-34 15-24<br />

100<br />

80<br />

16<br />

12<br />

16<br />

30 4<br />

6<br />

60<br />

40<br />

29<br />

10<br />

25<br />

17<br />

24<br />

8<br />

13<br />

16<br />

7<br />

8<br />

10<br />

20<br />

26<br />

22<br />

25<br />

19 15<br />

0<br />

10<br />

7 9<br />

14<br />

12<br />

7<br />

6 6<br />

Österreich Spanien UK Frankreich Niederlande<br />

Quelle: Eurostat, Darstellung Prognos 2011<br />

Die Differenzierung der deutschen Auswanderer in den ausgewählten Ländern der<br />

Europäischen Union nach Alter zeigt, dass der Anteil älterer Auswanderer in Spanien<br />

besonders hoch ist. Knapp 40 Prozent der über 100.000 Deutschen in Spanien sind 55<br />

Jahre oder älter. Zwar dominieren die Arbeitsplatzwanderer im Alter von 25 bis 54 Jahren<br />

mit insgesamt 55 Prozent, jedoch fällt auch innerhalb dieser Gruppe auf, dass es<br />

eher die älteren Personen sind, die Spanien als Zielland wählen. Diese Erkenntnis<br />

schmälert nicht nur das Arbeitskräftepotenzial deutscher Auswanderer in Spanien insgesamt,<br />

sondern relativiert auch den hohen Akademikeranteil (Abbildung 22). Im starken<br />

Kontrast dazu steht Großbritannien, hier fällt der hohe Anteil der jüngeren Altersgruppen<br />

25 bis 34 Jahre und 35 bis 44 Jahre mit jeweils knapp 30 Prozent auf. Im Jahr<br />

2009 waren zudem fast ein Viertel der Deutschen, die in das Vereinigte Königreich<br />

zogen, jünger als 18 Jahre. Demgegenüber ist der Anteil älterer Deutscher in Großbritannien<br />

vernachlässigbar. Während in Spanien der Ruhestand als Hauptmotivator für<br />

die Auswanderung fungiert, ist es in Großbritannien augenfällig die Erwerbstätigkeit<br />

bzw. ein bestimmter Arbeitsplatz. In absoluten Zahlen finden sich in Österreich ähnlich<br />

viele Deutsche mittleren Alters wie in Großbritannien, die Anteile an allen deutschen<br />

Auswanderern sind jedoch leicht geringer. In Frankreich und den Niederlanden leben<br />

primär deutsche Staatsbürger im Alter von 35 bis 54 Jahren.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

39<br />

Zusammenfassend machen der hohe Anteil vergleichsweise junger deutscher Akademiker<br />

in Großbritannien und mittleren Alters in Österreich diese Länder interessanter,<br />

wohingegen das hohe Alter der in Spanien lebenden deutschen Akademiker und Auswanderer<br />

insgesamt, das mögliche Arbeitskräftepotenzial deutscher Rückkehrer spürbar<br />

schmälert.<br />

Abbildung 22<br />

Anteil der Altersgruppen an den Hochqualifizierten in ausgewählten Ländern der<br />

Europäischen Union, 2008, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

Alter<br />

65-74<br />

55-64<br />

45-54<br />

35-44<br />

25-34<br />

15-24<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Spanien UK Österreich Frankreich Niederlande<br />

Quelle: Eurostat, Berechnung und Darstellung Prognos 2011<br />

5.2 Deutsche in der Schweiz<br />

Die Schweiz hat einen Anteil ausländischer Wohnbevölkerung von über 20 Prozent.<br />

Rund 230.000 Deutsche im erwerbsfähigen Alter leben temporär oder auch dauerhaft<br />

in der Schweiz. In den vergangenen 20 Jahren ist diese Zahl massiv gestiegen. So<br />

kamen im Jahr 2009 auf einen Zuzug eines deutschen Staatsbürgers aus der Schweiz


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

40<br />

2,6 Fortzüge, während dieses Verhältnis 1991 noch bei 1,3 lag. 26 Es sind vor allem<br />

deutsche Akademiker im Alter von 20 bis 39 Jahre, die in die Schweiz auswandern<br />

(Abbildung 23 und Abbildung 24). Der Anteil Hochqualifizierter unter den deutschen<br />

Erwerbstätigen in der Schweiz liegt bei 62 Prozent und damit noch deutlich über dem<br />

Anteil deutscher Hochqualifizierter in den Ländern der Europäischen Union. 27 2008<br />

wanderten 26.500 Deutsche mit Hochschulabschluss in die Schweiz aus, das entspricht<br />

einem Anteil an allen zugezogenen Deutschen von nahezu 70 Prozent. Fast<br />

110.000 deutsche Akademiker leben und arbeiten heute in der Schweiz. Daneben sind<br />

auch die mehr als 60.000 Deutschen mit einer mittleren Ausbildung in der Schweiz<br />

nicht zu vernachlässigen.<br />

Neben der zahlenmäßig am stärksten vertretenen Gruppe der 20- bis 39-Jährigen<br />

(115.000), leben weitere 93.000 Deutsche im erwerbsfähigen Alter (40 bis 64 Jahre) in<br />

der Schweiz. Die Erwerbsbeteiligung der in der Schweiz lebenden Deutschen liegt bei<br />

über 80 Prozent. Alters- und Ruhestandswanderung sind dagegen eher zu vernachlässigen.<br />

26<br />

Vgl. Migrationsbericht 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Bundesregierung.<br />

27<br />

Der hohe Anteil der jüngeren deutschen Staatsbürger in der Schweiz lässt erwarten, dass der Anteil der Hochqualifizierten<br />

in der Tendenz weiter steigt, da sich eine nicht zu vernachlässigende Zahl in der Schweiz lebender Deutscher<br />

noch in der Ausbildung befindet.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

41<br />

Abbildung 23<br />

Anteil der Erwerbstätigen in der Schweiz mit deutscher Staatsbürgerschaft an<br />

den Qualifikationsniveaus, 2010, in Prozent<br />

4%<br />

62%<br />

35%<br />

Qualifikation<br />

Sekundarstufe I<br />

Sekundarstufe II<br />

Tertiärstufe<br />

Quelle: Bundesamt für Statistik, Berechnung und Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

42<br />

Abbildung 24<br />

Deutsche Staatsbürger in der Schweiz 28 nach Alter, 2010, in 1.000 Personen<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

15-19 20-39 40-64 65-79 80+<br />

Quelle: Bundesamt für Statistik, Darstellung Prognos 2011<br />

5.3 Deutsche in den Vereinigten Staaten von Amerika<br />

Die Vereinigten Staaten sind ein klassisches Einwanderungsland, so verwundert es<br />

nicht, dass auch zahlreiche Deutsche hier leben. Mit rund 515.000 deutschen Staatsbürgern<br />

leben fast ebenso viele Deutsche im erwerbsfähigen Alter in den Vereinigten<br />

Staaten wie in der Europäischen Union. Der Vergleich der Altersstrukturen zeigt jedoch,<br />

dass in den Vereinigten Staaten in der Tendenz eher ältere Deutsche leben und<br />

im Durchschnitt der Länder der Europäischen Union die jüngeren Altersgruppen überwiegen<br />

(Abbildung 25). Insbesondere die Gruppe der 65- bis 74-jährigen Deutschen ist<br />

in den Vereinigten Staaten zahlenmäßig stark vertreten (117.000). Es kann davon ausgegangen<br />

werden, dass diese Deutschen schon sehr lange dort leben. Potenzial zur<br />

Reduktion der deutschen Arbeitskräftelücke bieten vor allem die rund 70.000 25-bis 34-<br />

28<br />

Hierbei handelt es sich um die Schweizer Wohnbevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit und nicht um die<br />

Erwerbspersonen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

43<br />

jährigen deutschen Staatsbürger sowie die knapp 100.000 Deutschen im Alter von 35<br />

bis 44 Jahren.<br />

Hinsichtlich des Qualifikationsniveaus der deutschen Auswanderer in den Vereinigten<br />

Staaten können aufgrund des stark vom europäischen System abweichenden Bildungssystems<br />

schwer Aussagen getroffen werden. In der Tendenz handelt es sich<br />

jedoch weniger um Hochqualifizierte als eher um Personen der mittleren Qualifikationsstufe.<br />

29 Wobei der Anteil der in die Vereinigten Staaten abgewanderter Deutscher<br />

mit Hochschulabschluss im Zeitablauf deutlich angestiegen ist. Im Jahr 1990 lag dieser<br />

bei „nur“ 45 Prozent während Hochqualifizierte im Jahr 2008 fast 70 Prozent der deutschen<br />

Auswanderer ausmachten. Zudem bevorzugt der größte Teil deutscher Wissenschaftler<br />

einen Forschungsaufenthalt in den Vereinigten Staaten. Hierbei handelt es<br />

sich allerdings in der Regel von vorne herein um einen zeitlich befristeten Aufenthalt. 30<br />

29<br />

Diese Aussagen kommen, wie die anderen Daten und Erkenntnisse zu den Vereinigten Staaten auch, aus dem Census<br />

2000 des U.S. Census Bureau.<br />

30<br />

Vgl. Migrationsbericht 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, im Auftrag der Bundesregierung.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

44<br />

Abbildung 25<br />

Deutsche Staatsbürger in den Vereinigten Staaten (2000) und der EU 27 (2008)<br />

nach Alter, in 1.000 Personen<br />

160<br />

140<br />

Deutsche Staatsbürger in den USA<br />

Deutsche Staatsbürger in der EU 27<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

15-24 25-34 35-44 45-54 55-64 65-74<br />

Quelle: Eurostat und U.S. Census Bureau, Darstellung Prognos 2011<br />

5.4 Gründe für die Auswanderung von qualifizierten Fachkräften<br />

Die vorangegangene Analyse der Personengruppe der ausgewanderten deutschen<br />

Staatsbürger macht deutlich, dass insbesondere zahlreiche qualifizierte Fachkräfte<br />

Deutschland zeitweise oder auch dauerhaft verlassen. Hierbei handelt es sich zudem<br />

um einen fortschreitenden Trend, d. h. die Abwanderung deutscher Fachkräfte steigt<br />

gegenwärtig weiter an. Die Studie der Prognos AG „Gründe für die Auswanderung von<br />

Fach- und Führungskräften aus Wirtschaft und Wissenschaft“ 31 beschäftigt sich mit den<br />

Auswanderungsmotiven genau dieser Personengruppe. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis,<br />

dass die Motive und Gründe für eine Auswanderung aus Deutschland eine<br />

Kombination aus Push- und Pull-Faktoren darstellen. Unter Push-Faktoren werden die<br />

Verhältnisse in Deutschland verstanden, die für die Auswanderung und den Verbleib<br />

31<br />

Vgl. Gründe für Auswanderung von Fach- und Führungskräften aus Wirtschaft und Wissenschaft, Prognos AG, im<br />

Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, 2007.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

45<br />

im Ausland maßgeblich verantwortlich gemacht werden (schlechte Wirtschaftslage,<br />

spezifische gesellschaftliche und soziale Rahmenbedingungen sowie strukturelle Gegebenheiten<br />

wie beispielsweise eine geringe Innovationsfähigkeit). Pull-Faktoren bezeichnen<br />

dagegen die Bedingungen im Zielland, die die deutschen Arbeitskräfte anziehen<br />

(bessere Arbeitsplatzausstattung und -gestaltung sowie höhere fachliche Reputation).<br />

Im Detail bringt die Studie hervor, dass insgesamt über die gesamte Gruppe der Fachund<br />

Führungskräfte in Wirtschaft und Wissenschaft die Pull-Faktoren, d. h. die Attraktivität<br />

beruflicher Möglichkeiten im Ausland das Hauptmotiv für die Auswanderung stellen.<br />

Während Fach- und Führungskräfte aus der Wirtschaft nach höheren verfügbaren<br />

Einkommen und verbesserten Lebensverhältnisse streben, dominieren bei der separaten<br />

Betrachtung der Wissenschaftler die Push-Faktoren. Deutsche Wissenschaftler<br />

werden in der Tendenz eher durch die schwierige Einkommens- und Beschäftigungssituation<br />

in Deutschland zur Auswanderung motiviert.<br />

Neben den Auswanderungsmotiven wurde auch die Rückkehrbereitschaft untersucht.<br />

Im Ergebnis zeigt sich, dass die Rückkehr nach Deutschland in absehbarer Zeit eine<br />

wichtige und realistische Option für die ausgewanderten Fach- und Führungskräfte<br />

darstellt. Dies gilt in besonderem Maße für akademisch qualifizierte und in der Wissenschaft<br />

und Forschung arbeitende Personen. Dagegen wirkt sich Selbstständigkeit negativ<br />

auf die Rückkehrbereitschaft aus und auch für Fach- und Führungskräfte fehlt,<br />

solange das Einkommen und der materielle Lebensstandard im Ausland höher sind,<br />

ein wichtiger Anreiz zur Rückkehr nach Deutschland.<br />

5.5 Zusammenfassung<br />

Zusammen leben in der Europäischen Union, der Schweiz und den Vereinigten Staaten<br />

rund 1,3 Millionen Deutsche im erwerbsfähigen Alter. Würde es gelingen sämtliche<br />

dieser ausgewanderten Deutschen sowohl wieder zurück nach Deutschland zu holen<br />

als auch erfolgreich in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren, so könnte mit ihnen<br />

ein Viertel der deutschen Arbeitskräftelücke in Höhe von 5,2 Millionen im Jahr 2030<br />

geschlossen werden und auch Bayern könnte spürbar von den Rückkehrern profitieren.<br />

Dieses Vorhaben liegt jedoch außerhalb jeglicher Möglichkeiten. Zwar ist die<br />

Rückkehrbereitschaft unter den Fach- und Führungskräften relativ hoch, jedoch müssen<br />

für eine tatsächliche Rückkehr nach Deutschland die Beschäftigungs- und Einkommensperspektiven<br />

deutlich verbessert werden. Gelingt dies, könnten insbesondere<br />

Hochqualifizierte zurückgewonnen werden.<br />

Unwahrscheinlicher ist eine Rückkehr allerdings bei Personen, die im Zusammenhang<br />

mit der Familienbildung ausgewandert sind, weshalb vor allem jüngere Arbeitsplatzwanderer<br />

ohne familiäre Verpflichtungen zusätzliches Arbeitskräftepotenzial darstellen.<br />

Von besonderem Interesse sind die deutschen Staatsbürger in der Schweiz. Bei ihnen<br />

handelt es sich primär um junge Hochqualifizierte, die in der Schweiz schlicht bessere<br />

Beschäftigungsverhältnisse und eine attraktivere Entlohnung finden. Jedoch nicht nur


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Abwanderung von Deutschen in das Ausland<br />

46<br />

die Schweiz liegt beim internationalen Wettkampf um die hochqualifizierten Arbeitskräfte<br />

vor Deutschland, auch Großbritannien zieht vor allem deutsche Akademiker an.<br />

Da der Fachkräftemangel in Deutschland jedoch nicht auf Akademiker beschränkt bleiben<br />

wird und nicht ausschließlich Akademiker Deutschland verlassen, muss auch die<br />

Attraktivität Deutschlands für Personen mittleren Qualifikationsniveaus verbessert werden.<br />

Heute gelingt es insbesondere Österreich, aber auch den anderen betrachteten<br />

Ländern, Deutsche mit mittlerer Qualifikation abzuwerben.<br />

Insgesamt zeigt diese Analyse zum einen, dass deutsche Auswanderer ein nicht zu<br />

unterschätzendes Arbeitskräftepotenzial darstellen, zum anderen jedoch auch, die viel<br />

wichtigere Erkenntnis, dass Arbeitskräfte in anderen Ländern bessere Rahmenbedingungen<br />

vorfinden als in Deutschland und sie aus diesem Grund bereit sind ihre Heimat<br />

zu verlassen. Gelingt es Deutschland nicht, seine Attraktivität zu steigern, wird die Zahl<br />

der Auswanderer weiter steigen und der Arbeitskräftemangel dadurch verstärkt werden.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

47<br />

6 Binnenwanderung als Chance<br />

Vorteile ausbauen und Arbeitskräfte halten<br />

Aus Perspektive der Länder der Bundesrepublik Deutschland stellt die Binnenwanderung<br />

eine weitere Möglichkeit zur Gewinnung von Arbeitskräften dar. Für Bayern ist es<br />

sekundär, ob es sich bei zusätzlichen Arbeitskräften um entsprechend ausgebildete<br />

Arbeitskräfte aus dem Ausland, aus dem Ausland zurückkehrende Deutsche oder<br />

Fachkräfte aus anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland handelt. Die Binnenwanderung<br />

kann allerdings auch, ebenso wie die Abwanderung Deutscher in das<br />

Ausland, ein Risiko darstellen. Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte herrscht<br />

auf nationaler Ebene zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland ebenso<br />

wie international zwischen Volkswirtschaften. Gelingt es einem Bundesland nicht, diesen<br />

Wettbewerb für sich zu gewinnen, so droht durch Abwanderung der Verlust von<br />

Arbeitskräften und damit die Verschärfung des Arbeitskräftemangels.<br />

Vor diesem Hintergrund bekommen die Binnenwanderung und deren gezielte Steuerung<br />

eine tragende Rolle bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels. Trends in den<br />

Binnenwanderungsbewegungen zeigen, welches zusätzliche Arbeitskräftepotenzial<br />

andere Länder der Bundesrepublik Deutschland bieten und inwieweit die Binnenwanderung<br />

eventuell bereits heute zur Deckung des zusätzlichen Fachkräftebedarfs dient.<br />

Binnenwanderungsbewegungen sind normale Prozesse und finden immer statt. Die<br />

Gründe für Wanderungen innerhalb Deutschlands zwischen Regionen und Ländern der<br />

Bundesrepublik Deutschland überschneiden sich mit denen der Außenwanderung.<br />

Zwar ist die Binnenwanderung mit geringeren Kosten, niedrigen psychologischen, sozialen<br />

und kulturellen Hürden sowie geringem administrativem Aufwand verbunden,<br />

gleichwohl fungieren ökonomische Überlegungen und familiäre Gründe auch hier als<br />

Hauptmotivatoren.<br />

6.1 Allgemeine Binnenwanderungstendenzen<br />

Die Binnenwanderung in Deutschland ist geprägt durch einen großen Trend; die Ost-<br />

West-Wanderung (Abbildung 26). Daneben finden Binnenwanderungsbewegungen<br />

häufig zwischen benachbarten Ländern der Bundesrepublik Deutschland statt. In den<br />

Binnenwanderungssalden der Länder der Bundesrepublik Deutschland zeigt sich die<br />

herausragende Bedeutung ökonomischer Wanderungsmotive. Wirtschaftlich gut aufgestellte<br />

Länder wie Bayern weisen einen positiven Saldo aus Ab- und Zuwanderung<br />

auf, wohingegen Länder mit besonders großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der<br />

Tendenz Bevölkerungsverluste und damit den Verlust an Arbeitskräften hinnehmen<br />

müssen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

48<br />

Abbildung 26<br />

Kumulierte Salden der Binnenwanderung zwischen Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland 1991 bis 2007, in 1.000 Personen 32 626<br />

Niedersachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Sachsen<br />

Thüringen<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Berlin<br />

Bremen<br />

Saarland<br />

Brandenburg<br />

Hamburg<br />

Schleswig-Holstein<br />

Hessen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Baden-Württemberg<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Bayern<br />

-460<br />

-279<br />

-275<br />

-186<br />

-164<br />

-126<br />

-23<br />

-18<br />

-4<br />

58<br />

76<br />

141<br />

190<br />

218<br />

227<br />

-700 -500 -300 -100 100 300 500 700<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Das breite Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen trägt damit entscheidend dazu<br />

bei, dass der Binnenwanderungssaldo Bayerns seit 20 Jahren stets positiv ist. Im Jahr<br />

2008 wurde die größte Zahl der Wanderungen zwischen Bayern und Baden-Württemberg<br />

(BW) verzeichnet. So kamen die meisten zugezogenen Personen aus BW und<br />

auch die meisten aus Bayern Fortgezogenen hatten Baden-Württemberg zum Ziel.<br />

Den höchsten Saldo hatte Bayern mit dem bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen,<br />

gefolgt von den Nachbarländern Sachsen und Thüringen.<br />

32<br />

Niedersachsen stark negativer Binnenwanderungssaldo hat seinen Ursprung in einem Sonderstatus im Zusammenhang<br />

mit dem Grenzdurchgangslager Friedland. Insbesondere Spätaussiedler erhalten hier erste Integrationskurse<br />

bevor sie in die, ihnen nach dem Wohnortzuweisungsgesetz zugewiesenen Bundesländer, weiter reisen. Statistisch<br />

handelt es sich dann um abgewanderte Niedersachsen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

49<br />

Abbildung 27<br />

Binnenwanderungssaldo Bayerns, 1991 bis 2008, in 1.000 Personen<br />

70000<br />

60000<br />

50000<br />

40000<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Auch die Differenzierung nach Altersgruppen unterstreicht Bayerns generelle Attraktivität<br />

gegenüber anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland. In jeder der aufgeführten<br />

Altersgruppen verzeichnete Bayern im Jahr 2008 einen positiven Wanderungssaldo<br />

(Abbildung 28). Besonders ausgeprägt ist dieser bei den 18- bis 25-Jährigen,<br />

was für einen hohen Anteil der Ausbildungswanderung spricht, jedoch auch bei den<br />

Personen zwischen 25 und 30 sowie 30 bis 50 Jahren zeigen sich mit Salden in Höhe<br />

von rund 5.900 und 7.200 deutliche Wanderungsgewinne.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

50<br />

Abbildung 28<br />

Zuzüge und Fortzüge Bayerns nach Altersgruppen, 2008, in 1.000 Personen<br />

45 000<br />

40 000<br />

35 000<br />

Zugezogene nach Bayern<br />

Fortgezogene aus Bayern<br />

Binnenwanderungssaldo Bayerns<br />

30 000<br />

25 000<br />

20 000<br />

15 000<br />

10 000<br />

5 000<br />

-<br />

unter 18 18 - 25 25 - 30 30 - 50 50 - 65 65 und mehr<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Der positive Binnenwanderungssaldo bei Personen im erwerbsfähigen Alter trägt entscheidend<br />

zur Verringerung der Arbeitskräftelücke Bayerns bei. Daneben hat die Tatsache,<br />

dass in erster Linie jüngere Personen nach Bayern zuwandern einen Verjüngungseffekt<br />

auf die Bevölkerung Bayerns. Gleichwohl kann die Zuwanderung die fortschreitende<br />

Alterung als Folge des demografischen Wandels nur geringfügig ausgleichen.<br />

Trotz der im Vergleich zu anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland positiven<br />

Ausgangslage hinsichtlich der Binnenwanderung werden auch in Bayern künftig zahlreiche<br />

Arbeitskräfte fehlen. Neben den bereits angesprochenen Maßnahmen gilt es,<br />

den positiven Binnenwanderungssaldo nicht nur zu erhalten, sondern auszubauen und<br />

die Attraktivität Bayerns für Erwerbspersonen weiter zu steigern. Dies gelingt mit einer<br />

Verbesserung derselben Standortfaktoren, die auch die Zuwanderung aus dem Ausland<br />

steigern kann. Dazu gehören unter anderem die Lebensqualität, das Wohnangebot,<br />

die Lebenshaltungskosten oder die Infrastruktur für Familien, die noch Potenzial<br />

zur Verbesserung bieten.<br />

Vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels ist neben der Differenzierung der Binnenwanderungsbewegungen<br />

nach Alter von besonderem Interesse welche Qualifikationsstruktur<br />

sowohl die nach Bayern Zugezogenen als auch die Fortgezogenen aufweisen.<br />

In der Arbeitslandschaft 2030 konnte gezeigt werden, dass künftig zwar auf allen


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

51<br />

Qualifikationsstufen Arbeitskräfte fehlen werden, der Mangel an Hochqualifizierten jedoch<br />

besonders ausgeprägt sein wird. Eine differenzierte Analyse der Binnenwanderung<br />

nach Qualifikationsstruktur ist jedoch aufgrund fehlender Daten nicht möglich.<br />

Weder die Wanderungsstatistik des Statistischen Bundesamts noch der Mikrozensus<br />

ermöglichen Aussagen zur Binnenwanderung nach Qualifikation. Ein alternatives Vorgehen<br />

wird im Folgenden vorgestellt.<br />

6.2 Binnenwanderung von Hochqualifizierten<br />

Die beschränkte Datenlage macht eine Differenzierung der Binnenwanderung nach<br />

Qualifikationsniveaus unmöglich. Vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels ist<br />

jedoch eine Einschätzung darüber, ob eher qualifizierte oder eher ungelernte Arbeitskräfte<br />

nach Bayern wandern, entscheidend. Daher nähern wir uns einer solchen Aussage<br />

mit einer Analyse der Mobilität von Hochschulabsolventen. 33 Diese Analyse ermöglicht<br />

nährungsweise Aussagen über die Wanderungstendenzen von Hochqualifizierten.<br />

Die Gruppe der hochqualifizierten Berufsanfänger ist zudem von besonderem<br />

Interesse, da vor ihnen noch eine lange Phase der Erwerbstätigkeit liegt. Gelingt es<br />

einem Bundesland diese Arbeitskräfte dauerhaft zu binden, kann die Fachkräftelücke<br />

langfristig reduziert werden.<br />

Ein allgemeiner Überblick zu den Wanderungsbewegungen von Hochschulabsolventen<br />

zeigt, dass der Großteil der Hochschulabsolventen eine Erwerbstätigkeit innerhalb der<br />

Region 34 aufnimmt, in der auch das Studium abgeschlossen wurde (Abbildung 29).<br />

Nichtsdestoweniger zeigen sich bereits hier Unterschiede zwischen den Regionen.<br />

Während im Süden 87 Prozent der Hochschulabsolventen eine Erwerbstätigkeit innerhalb<br />

der Region aufnehmen, sind es im Osten lediglich 66 Prozent. Der Norden liegt<br />

hier mit einem Anteil von 80 Prozent in der Mitte. Hochschulabsolventen aus den Regionen<br />

Nord und Ost nehmen demnach mit der höchsten Wahrscheinlichkeit eine Stelle<br />

in derselben Region an, am zweitwahrscheinlichsten ist bei beiden eine Beschäftigungsaufnahme<br />

im Süden. Hochschulabsolventen aus dem Süden, die diese Region<br />

verlassen, gehen dagegen mit einer größeren Wahrscheinlichkeit in den Norden als in<br />

den Osten. Eine Beschäftigungsaufnahme im Ausland ist für Absolventen aus dem<br />

Norden und aus dem Süden zudem wahrscheinlicher als eine im Osten. Für Gesamtdeutschland<br />

ergibt sich daraus eine Verteilung der Hochschulabsolventen unmittelbar<br />

nach dem Berufseinstieg von 45 Prozent im Süden, 33 Prozent im Norden, 17 Prozent<br />

im Osten und vier Prozent im Ausland. Diese Verteilung steht im Einklang mit den Ge-<br />

33<br />

Die Daten stammen von der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS). Konkret aus einer Sonderauswertung der<br />

HIS-Absolventenstudie für Prognos. Befragt wurde der Prüfungsjahrgang 2005 im Jahr 2006.<br />

34<br />

Die Regionen sind wie folgt aufgeteilt Nord (Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg, Niedersachen, Nordrhein-<br />

Westfalen), Süd (Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern) und Ost (Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen).


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

52<br />

samtwanderungssalden der Länder der Bundesrepublik Deutschland und unterstreicht<br />

die Tatsache, dass eine stabile und gute wirtschaftliche Situation sowie ausreichend<br />

Beschäftigungsmöglichkeiten qualifizierte Arbeitskräfte anziehen.<br />

Abbildung 29<br />

Wanderungsbewegung von Hochschulabsolventen, 2006, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

Aktuelle Stelle<br />

Ausland<br />

Ost<br />

Süd<br />

Nord<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Nord Süd Ost Deutschland<br />

Quelle: HIS-Absolventenstudie, Darstellung Prognos 2011<br />

Neben dem gemeinsamen guten Abschneiden der Region Süd ist allerdings auch von<br />

Interesse inwieweit sich Bayern von anderen südlichen Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland unterscheidet und wie das Mobilitätsverhalten der bayerischen Hochschulabsolventen<br />

von der gesamtdeutschen Mobilität abweicht.<br />

Die Ergebnisse einer bayernspezifischen Analyse unterstreichen zweifellos die Attraktivität<br />

Bayerns für Hochschulabsolventen. Knapp 75 Prozent der bayerischen Hochschulabsolventen<br />

sind immobil, d. h. nehmen eine Erwerbstätigkeit in Bayern auf (Abbildung<br />

30). In Baden-Württemberg sind 69 Prozent und im Bundesdurchschnitt lediglich<br />

65 Prozent der Hochschulabsolventen immobil. In Baden-Württemberg fällt dagegen<br />

der hohe Anteil an in der Region mobilen Hochschulabsolventen auf (17 Prozent).<br />

Es kann davon ausgegangen werden, dass unter diesen eine nicht unerhebliche Zahl<br />

an Absolventen eine Tätigkeit in Bayern aufgenommen hat.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

53<br />

Abbildung 30<br />

Mobilitätsverhalten von Hochschulabsolventen, 2006, in Prozent<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

Mobil im Ausland<br />

Mobil in Deutschland<br />

Mobil in der Region<br />

Immobil<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Bayern Baden-Würt. Deutschland<br />

Quelle: HIS-Absolventenstudie, Darstellung Prognos 2011


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

54<br />

Abbildung 31<br />

Mobilitätsverhalten von bayerischen Hochschulabsolventen, 2006, in Personen 35<br />

3500<br />

3000<br />

immobile bayerische Bochschulabsolventen<br />

mobile bayerische Bochschulabsolventen<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

WiWi<br />

E-Tech.,<br />

Maschinenbau<br />

Sozialwiss. Lehramt Informatik,<br />

Naturwiss.<br />

Sprach-,<br />

Kulturwiss.<br />

Jura<br />

Humanmedizin<br />

Quelle: HIS-Absolventenstudie, Berechnungen und Darstellung Prognos 2011<br />

Eine fachspezifische Betrachtung zeigt allerdings, dass es durchaus erhebliche Abweichungen<br />

hinsichtlich der Mobilität zwischen den Studienfächern gibt (Abbildung 31). In<br />

hohem Maße immobil sind, unabhängig von Studienort, die Juristen sowie Absolventen<br />

des Lehramtes. Wirtschaftswissenschaftler zeichnen sich dagegen durch eine hohe<br />

Mobilitätsbereitschaft aus und auch Absolventen der Humanmedizin sowie der Elektrotechnik<br />

und des Maschinenbaus sind überdurchschnittlich mobil. Besonders interessant<br />

ist hier allerdings die Beobachtung, dass sich bayerische Absolventen der Elektrotechnik<br />

und des Maschinenbaus, entgegen dem Bundestrend, als überaus immobil<br />

herausstellen. Knapp 90 Prozent der Absolventen dieses Fachbereiches einer Universität<br />

bleiben in Bayern. Bei den Fachhochschulabsolventen sind es 69 Prozent.<br />

35<br />

Die Fachrichtung Sozialwissenschaften beinhaltet Universitätsabsolventen der Politik, der Soziologie, der Pädagogik,<br />

der Psychologie sowie Fachhochschulabsolventen des Sozialwesens.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

55<br />

Abbildung 32<br />

Zugänge, Abgänge und Salden an Hochschulabsolventen in Bayern, 2006, in<br />

Personen<br />

6000<br />

4000<br />

Zugänge<br />

Abgänge<br />

Saldo<br />

2000<br />

0<br />

-2000<br />

-4000<br />

-6000<br />

-8000<br />

E-Technik, Maschinenbau (FH+Uni) WiWi insgesamt (FH+Uni) Insgesamt<br />

Quelle: HIS-Absolventenstudie, Berechnung und Darstellung Prognos 2011<br />

Eine direkte Gegenüberstellung der Zu- und Abgänge an Hochschulabsolventen insgesamt<br />

sowie der beiden am stärksten besetzten Studiengänge Elektrotechnik, Maschinenbau<br />

und Wirtschaftswissenschaften zeigt, dass es Bayern sehr gut gelingt, Absolventen<br />

der Elektrotechnik und des Maschinenbaus aus anderen Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland anzuziehen (Abbildung 32). Zusammen mit den relativ geringen<br />

Abwanderungszahlen dieser Absolventengruppe, ergab sich für Bayern für das Jahr<br />

2006 ein deutlich positiver Wanderungssaldo an Hochschulabsolventen in diesem Bereich<br />

(1.040 Personen). Auch bei den Informatikern und Naturwissenschaftlern zeigen<br />

sich in Bayern leichte Überschüsse an Zugezogenen gegenüber abgewanderten Absolventen<br />

und damit positive Wanderungssalden. Bei der überdurchschnittlich mobilen<br />

Gruppe der Absolventen der Wirtschaftswissenschaften ist die Situation hingegen deutlich<br />

anders. Bundesweit wandern nur wenige Wirtschaftswissenschaftler direkt nach<br />

dem Studium nach Bayern und zahlreiche bayerische Absolventen beginnen ihre Erwerbstätigkeit<br />

in einem anderen Bundesland. Die Kombination von beidem ergab für<br />

2006 einen negativen Wanderungssaldo an Absolventen der Wirtschaftswissenschafter<br />

von über 1600. Insgesamt überwiegt die Zahl der Studiengänge mit einem negativen<br />

Wanderungssaldo, so dass der Saldo aus Zu- und Abgängen der Hochschulabsolventen<br />

über alle Fachbereiche in Bayern nahezu ausgeglichen, im Jahr 2006 mit rund 600<br />

jedoch leicht negativ war.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

56<br />

Die Ergebnisse dürfen allerdings nicht dahingehend interpretiert werden, dass Bayern<br />

insgesamt einen negativen Wanderungssaldo an Hochqualifizierten hat. Es handelt<br />

sich hierbei lediglich um die vergleichsweise kleine Gruppe der Berufseinsteiger. Darüber,<br />

ob Bayern durch die Binnenwanderung tendenziell eher eine Verbesserung oder<br />

eine Verschlechterung der Qualifikationsstruktur erfährt, kann mangels entsprechender<br />

Daten keine Aussage getroffen werden. Das Qualifikationsniveau in Bayern ist jedoch<br />

im Vergleich mit anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland relativ hoch. Der<br />

Anteil an Hochschulabsolventen an der Bevölkerung ist ebenso wie der Anteil an Promovierten<br />

überdurchschnittlich.<br />

Eine Erklärung für das, im Vergleich zum Wanderungssaldo insgesamt, negative Ergebnis<br />

bei den Hochschulabsolventen könnte die hohe Zahl der Ausbildungszuwanderer<br />

in Bayern sein. Die Differenzierung der Zu- und Abwanderungen nach Altersgruppen<br />

brachte zum Vorschein, dass Bayern bei der Gruppe der 18- bis 25-jährigen Wanderer<br />

im Jahr 2006 einen positiven Saldo von knapp 8.000 Personen erzielt hat. Die<br />

Zahlen deuten darauf hin, dass ein Teil der zum Studium Zugewanderten, Bayern nach<br />

Studienabschluss wieder verlässt. Geht es darum, das Arbeitskräftepotenzial Bayerns<br />

besser auszuschöpfen, so gilt es, die zahlreichen in Bayern ausgebildeten Hochschulabsolventen<br />

auch zu halten. Derzeit profitieren in der Tendenz andere Länder der<br />

Bundesrepublik Deutschland von den an guten bayerischen Hochschulen ausgebildeten<br />

Absolventen. Gut gelingt dies heute schon bei den naturwissenschaftlichen und<br />

technischen Fachrichtungen. Wird auch für andere Bereiche eine Verbesserung der<br />

Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt erreicht und damit eine Erwerbsaufnahme<br />

in Bayern attraktiver und wahrscheinlicher, so kann der drohenden Fachkräftelücke<br />

noch stärker entgegengesteuert werden.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zuwanderung aus dem Ausland mit besten<br />

Integrationschancen<br />

57<br />

7 Zuwanderung aus dem Ausland mit besten<br />

Integrationschancen<br />

Neue Arbeitskräfte gewinnen<br />

Die Zahlen zu den Personen mit Migrationshintergrund in Deutschland und Bayern<br />

dürfen nicht mit Daten zur Migration, also zur Zu- und Abwanderung, gleichgesetzt<br />

werden. Während es sich bei ersteren um Bestandsgrößen handelt, stellen letztere<br />

sogenannte Bewegungsgrößen dar. 36 Die Zu- und Abwanderung nach bzw. von<br />

Deutschland und Bayern unterliegen zudem größeren Veränderungen wie die einleitende<br />

Ausführung zu Bayern deutlich gemacht hat. Hier wurde auch offensichtlich,<br />

dass Bayern grundsätzlich von der Außenwanderung profitiert, wenngleich Bayern e-<br />

benso wie Deutschland in den vergangenen zwei Jahren Wanderungsverluste hinnehmen<br />

musste.<br />

7.1 Aktuelle Zuwanderung<br />

Im Jahr 2009 kamen 36 Prozent der nach Deutschland Zugewanderten aus den zwölf<br />

neuen Staaten der Europäischen Union, 20 Prozent aus den alten EU-Staaten und 15<br />

Prozent aus dem übrigen Europa. Aus asiatischen Staaten zogen rund 15 Prozent der<br />

Zugewanderten nach Deutschland. Ihr Anteil an den Zugezogenen steigt damit im<br />

Zeitablauf weiter an, während der Anteil an Zugezogenen aus Amerika, Australien und<br />

Ozeanien im Vergleich zum Vorjahr leicht auf knapp unter neun Prozent gefallen ist.<br />

Zugezogene aus Afrika machen lediglich weniger als vier Prozent der grenzüberschreitenden<br />

Zuwanderung aus.<br />

Bei den jüngst aus dem Ausland Zugewanderten handelt es sich hauptsächlich um<br />

Personen im Alter von 18 bis 40 Jahren. So waren 2009 drei Viertel der Zugezogenen<br />

unter 40 Jahre alt, bei der Gesamtbevölkerung lag dieser Anteil dagegen nur bei 43<br />

Prozent. Die Zuwanderung hat damit, wie die bereits in Deutschland lebenden Personen<br />

mit Migrationshintergrund, einen Verjüngungseffekt auf die deutsche Bevölkerung.<br />

Seit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetztes im Jahr 2005 werden neben den<br />

absoluten Zahlen auch die Aufenthaltszwecke zugewanderter Drittstaatsangehöriger 37<br />

erfasst. Danach kamen 2009 etwa ein Viertel der Drittstaatsangehörigen aus familiären<br />

Gründen nach Deutschland. An zweiter Stelle steht mit 16 Prozent das Studium, ge-<br />

36<br />

Vgl. Ausländerzahlen 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.<br />

37<br />

Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Staates besitzen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zuwanderung aus dem Ausland mit besten<br />

Integrationschancen<br />

58<br />

folgt von einer Beschäftigung (13 Prozent). Hinsichtlich des Aufenthaltszweckes bestehen<br />

zum Teil massive Unterschiede zwischen den Herkunftsländern. Während mehr<br />

als 40 Prozent der Staatsangehörigen aus der Türkei aus familiären Gründen nach<br />

Deutschland kommen, überwog bei kroatischen mit 38 Prozent und indischen Staatsangehörigen<br />

mit 31 Prozent die Zuwanderung aufgrund einer Beschäftigung in<br />

Deutschland.<br />

Auf Ebene der Länder der Bundesrepublik Deutschland gehört Bayern, trotz des deutlich<br />

negativen Außenwanderungssaldos mit dem Bayern nach Berlin im Jahr 2009 den<br />

zweitgrößten Verlust hinnehmen musste, zu denjenigen Ländern der Bundesrepublik<br />

Deutschland mit den höchsten Zuzugszahlen. Mehr als 120.000 Personen zogen aus<br />

dem Ausland nach Bayern. 38<br />

Im Jahr 2009 machten ausländische Staatsbürger einen Anteil von 84,1 Prozent am<br />

Zuwanderungsgeschehen Deutschlands aus, vor diesem Hintergrund und auch grundsätzlich<br />

sind die Personen mit Migrationshintergrund und die Migration natürlich nicht<br />

unabhängig voneinander zu betrachten. So bietet der Bestand an Personen mit Migrationshintergrund<br />

Hinweise auf die Wanderungsströme der Vergangenheit. Erfahrungen<br />

mit den in Deutschland lebenden Personen mit Migrationshintergrund unterschiedlicher<br />

Herkunft, können zudem dahingehend genutzt werden, Lehren für die zukünftige Zuwanderung<br />

zu ziehen. Wer hat sich in der Vergangenheit als besonders integrationsfähig<br />

erwiesen? Das heißt, welche Personengruppe ist wie gut ausgebildet und in den<br />

deutschen Arbeitsmarkt integriert? Im Ergebnis können dann Handlungsempfehlungen<br />

ausgesprochen werden, welche Personengruppe besonders geeignet scheint, die Arbeitskräftelücke<br />

in Bayern zu schließen und es kann eingeschätzt werden, inwieweit<br />

die aktuelle Zuwanderung diesen Anforderungen entspricht.<br />

Interessant wäre zudem eine Einschätzung darüber, welche Bevölkerungsgruppe in<br />

der Tendenz stärker von Sprach- und / oder Anerkennungsproblemen betroffen ist.<br />

Aufgrund fehlender Differenzierung der Sprach- und Anerkennungsprobleme nach<br />

Herkunftsländern können hier allerdings keine Aussagen darüber gemacht werden, bei<br />

welchen Personengruppen mit den geringsten diesbezüglichen Integrationsschwierigkeiten<br />

gerechnet werden kann.<br />

7.2 Die Besonderheiten der Arbeitskräftelücke in Bayern<br />

Zum heutigen Zeitpunkt weist Bayern einen deutlich höheren Anteil des Verarbeitenden<br />

Gewerbes auf als Deutschland, Dienstleistungen sind entsprechend weniger aus-<br />

38<br />

Vgl. für diesen und die vorherigen zwei Abschnitte Migrationsbericht 2009 des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge<br />

im Auftrag der Bundesregierung.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zuwanderung aus dem Ausland mit besten<br />

Integrationschancen<br />

59<br />

geprägt. Als Folge dieser Wirtschaftsstruktur sind auch die Anteile an produktionsnahen<br />

und landwirtschaftlichen Tätigkeiten in Bayern höher als im gesamten Bundesgebiet.<br />

In den kommenden 20 Jahren werden allerdings, unter anderem in Folge des fortschreitenden<br />

Strukturwandels, rund 300.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor<br />

in Bayern entstehen. Zudem nimmt die Nachfrage nach Hochqualifizierten<br />

deutlich stärker zu als im Bundesdurchschnitt, während die Nachfrage nach Arbeitskräften<br />

ohne beruflichen Abschluss stark rückläufig ist. Insgesamt befindet sich Bayern<br />

auf dem direkten Weg in eine Wissensgesellschaft und wird Deutschland hier bis 2030<br />

überholen. Der Mangel an Hochqualifizierten trifft Bayern damit sowohl früher als auch<br />

stärker als Gesamtdeutschland. Konkret fehlen im Jahr 2030 bei gleichbleibenden<br />

Rahmenbedingungen insgesamt 1,1 Millionen Arbeitskräfte, davon rund 330.000 Personen<br />

mit Hochschulabschluss und 760.000 Personen mit beruflicher Bildung. Bei den<br />

Personen ohne beruflichen Abschluss wird 2030 dagegen ein Überschuss erwartet.<br />

Anders als für Deutschland kann in Bayern daher nicht von einem generellen Arbeitskräftemangel<br />

gesprochen werden. Diese Besonderheit gilt es, bei einer ziel- bzw. qualifikationsorientierten<br />

Zuwanderung zu berücksichtigen.<br />

7.3 Potenzial durch Zuwanderung<br />

Ein Blick auf die bereits vor Jahren zugewanderten Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Deutschland bzw. Bayern und deren Qualifikationsstruktur sowie deren Grad der<br />

Integration auf dem Arbeitsmarkt, kann Aufschluss darüber geben, welche Personengruppe<br />

besonders geeignet scheint, Bayerns Arbeitskräftelücke zu reduzieren.<br />

Zunächst fällt bei einer Gegenüberstellung der Personen mit Migrationshintergrund und<br />

dem Bedarf an Arbeitskräften eine erhebliche Diskrepanz auf. Bayern benötigt in Zukunft<br />

überdurchschnittlich viele Personen mit Hochschulabschluss, hat derzeit jedoch<br />

einen unterdurchschnittlichen Anteil an Hochqualifizierten unter den Personen mit Migrationshintergrund.<br />

Die in der Vergangenheit nach Bayern Zugewanderten sind im<br />

Durchschnitt schlechter ausgebildet als im Bundesdurchschnitt. Das Fehlen gut ausgebildeter<br />

Personen, könnte Bayerns Weg in eine Wissensgesellschaft hemmen, weshalb<br />

die Attraktivität Bayerns für Hochqualifizierte erhöht werden muss. Daneben sollte<br />

Bayern auch seine Attraktivität für jüngere Arbeitskräfte aus dem Ausland steigern.<br />

Derzeit leben im Vergleich zum Bundesdurchschnitt eher ältere Personen mit Migrationshintergrund<br />

in Bayern. Es sind jedoch vor allem die jüngeren Arbeitskräfte, die zu<br />

einer dauerhaften Vermeidung von Arbeitskräftemangel beitragen können. Insgesamt<br />

kann es nur durch gute Rahmenbedingungen gelingen, diese Personengruppen für<br />

einen Zuzug nach Bayern zu gewinnen.<br />

Die Anforderungen möglicher Zuwanderer an den Standort sind geprägt durch persönliche<br />

Präferenzen und subjektive Einschätzungen. Gleichwohl können einige zentrale<br />

Standortfaktoren benannt werden, die die Anwerbung und Bindung von Fach- und Führungskräften<br />

erleichtern. Dazu gehören stark subjektive Faktoren wie die Lebensqualität<br />

(Kriminalität, Sauberkeit, Natur etc.) oder das Image des jeweiligen Landes oder der<br />

Region (Weltoffenheit, Toleranz, Gastfreundlichkeit etc.), daneben jedoch auch stärker<br />

bewertbare Standortfaktoren, die zudem die Lebensqualität und das Image beeinflus-


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Zuwanderung aus dem Ausland mit besten<br />

Integrationschancen<br />

60<br />

sen. Hierbei handelt es sich unter anderem um das Wohnangebot, die Lebenshaltungskosten<br />

bzw. das Verhältnis des Einkommens zu den Lebenshaltungskosten, die<br />

Infrastruktur für Familien, die Verkehrsanbindungen oder das (hoch-) kulturelle Angebot.<br />

Neben einer Erhöhung der Standortattraktivität für bestimmte Personengruppen gehört<br />

zu einer zielorientierten Zuwanderung auch eine Einschätzung bezüglich der Integrationswahrscheinlichkeit.<br />

Sowohl das Qualifikationsniveau als auch der Grad der Erwerbsbeteiligung<br />

geben Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen<br />

Integration. Mit den Erkenntnissen aus dem vorherigen Abschnitt kann gezeigt werden,<br />

inwieweit die Integration je nach Herkunftsland erfolgversprechend ist oder nicht. Der<br />

Anteil an Hochschulabsolventen ist bei Personen aus Nord- und Westeuropa unter<br />

allen Herkunftsländergruppen am höchsten und auch insgesamt ist diese Personengruppe<br />

vergleichsweise gut ausgebildet. Zudem ist die Erwerbsbeteiligung von Personen<br />

mit Migrationshintergrund der EU-27-Länder überdurchschnittlich, was in der<br />

Kombination mit der Qualifikationsstruktur dafür spricht, die Zuwanderung nach Bayern<br />

aus diesen Ländern zu fördern. Einschränkend sollte allerdings bedacht werden, dass<br />

diese Personengruppe größtenteils bereits sehr lange in Deutschland lebt, was den<br />

Integrationserfolg zwar nicht schmälert, jedoch im Vergleich zu den anderen, weniger<br />

lange in Deutschland lebenden Gruppen, relativiert. Das hohe Qualifikationsniveau der<br />

Personen aus dem Mittleren und Nahen Osten spricht für eine Zuwanderung aus dieser<br />

Region, während die hohe Erwerbsbeteiligung der Personen aus Kroatien sowie<br />

Bosnien und Herzegowina für eine erfolgversprechende Integration dieser Zuwanderungsgruppe<br />

auf dem bayerischen Arbeitsmarkt spricht.<br />

Mit Blick auf die aktuelle Zuwanderung ist Deutschland insgesamt bereits auf dem richtigen<br />

Weg. Im Jahr 2009 kam die größte Zuwanderungsgruppe aus den neuen Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Union und auch aus den alten EU-Staaten wanderten<br />

zahlreiche Personen nach Deutschland. Die Voraussetzung zur Integration in den bayerischen<br />

Arbeitsmarkt ist gut. Gleichwohl sollte darauf geachtet werden, den Anteil der<br />

Personen zu erhöhen, die wegen einer Beschäftigungsaufnahme nach Deutschland<br />

kommen. Ihr Anteil an allen Zugewanderten ist heute noch vergleichsweise gering, die<br />

Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Integration jedoch sehr hoch. Mit einer Verbesserung<br />

der wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen<br />

könnte Bayern seine Attraktivität für diese Zuwanderer erhöhen und<br />

zusätzliche Arbeitskräfte gewinnen.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Fazit<br />

61<br />

8 Fazit<br />

Vier Handlungsfelder simultan verfolgen<br />

Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen werden Bayern im Jahr 2030 rund 760.000<br />

Personen mit Berufsabschluss und 330.000 Hochqualifizierte, d. h. in der Summe 1,1<br />

Millionen Arbeitskräfte fehlen. Zur Vermeidung des Arbeitskräftemangels gibt es zahlreiche<br />

Maßnahmen aus verschiedenen Handlungsfeldern. Ziel der Maßnahmen ist<br />

entweder die bessere Ausschöpfung existierenden Arbeitskräftepotenzials oder die<br />

Gewinnung von neuen Arbeitskräften. Im Zusammenhang mit nationalen und internationalen<br />

Wanderungen von Erwerbsfähigen bieten sich vier Handlungsfelder an, die<br />

Erfolg bei der Schließung der bayerischen Arbeitskräftelücke versprechen. Hinter jedem<br />

dieser Handlungsfelder steht auf der einen Seite ein Maßnahmenbündel, auf der<br />

anderen Seite zusätzliches Arbeitskräftepotenzial.<br />

8.1 Die Integration von Personen mit Migrationshintergrund<br />

Die rund 2,4 Millionen Personen mit Migrationshintergrund in Bayern sind zwar im Vergleich<br />

zu Gesamtdeutschland relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert, unterscheiden<br />

sich dennoch stark von der einheimischen Bevölkerung. Damit es gelingt, die Erwerbsbeteiligung<br />

der Personen mit Migrationshintergrund deutlich auf das Niveau der einheimischen<br />

Bevölkerung anzuheben und damit ihr Potenzial besser auszuschöpfen,<br />

müssen Qualifikationsunterschiede und Integrationshürden abgebaut werden. In der<br />

Summe bringen eine Anhebung an das Qualifikationsniveau der einheimischen Bevölkerung<br />

(260.000), eine Beseitigung von Sprachbarrieren (280.000) sowie eine umfassende<br />

Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse (30.000) ein maximales, lediglich<br />

theoretisch zu erreichendes, Arbeitskräftepotenzial für Bayern von 570.000 Personen.<br />

8.2 Zuwanderung aus dem Ausland<br />

Allein durch eine bessere Ausschöpfung des Arbeitskräftepotenzials der Personen mit<br />

Migrationshintergrund wird der Mangel an Arbeitskräften in Bayern nicht zu verhindern<br />

sein. Eine Möglichkeit zur Gewinnung zusätzlicher Arbeitskräfte bietet die internationale<br />

Zuwanderung. Für eine zielorientierte Zuwanderung ist es zwingend die Integrationswahrscheinlichkeit<br />

der Zuwanderer mit zu berücksichtigen. Hierbei spielen sowohl<br />

das Qualifikationsniveau als auch die Erfahrungen mit in der Vergangenheit zugewanderten<br />

Personen eine Rolle. Mit diesem Wissen sollte versucht werden, vermehrt junge<br />

Personen sowie auf Grund des hohen Qualifikationsniveaus und Integrationserfolgs vor<br />

allem Zuwanderer aus den EU-27-Staaten zu gewinnen. Zusätzlich ist es anzustreben,<br />

den heute noch vergleichsweise geringen Anteil der Personen zu erhöhen, die wegen<br />

einer Beschäftigungsaufnahme nach Deutschland bzw. Bayern kommen. Insgesamt<br />

bietet internationale Zuwanderung, bei einer Erhöhung der Attraktivität des bayerischen


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Fazit<br />

62<br />

Arbeitsmarktes und sonstiger Rahmenbedingungen, großes Arbeitskräftepotenzial. In<br />

welchem Umfang Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben werden und welche<br />

Struktur die Zuwanderung im Detail aufweisen soll, gilt es gezielt zu steuern.<br />

8.3 Abgewanderte Deutsche „zurückgewinnen“<br />

Zahlreiche qualifizierte Deutsche verlassen Deutschland temporär oder auch dauerhaft.<br />

Die Tendenz ist steigend. Hauptzielländer sind neben den Ländern der Europäischen<br />

Union (580.000 Deutsche), die Schweiz (230.000 Deutsche) und die Vereinigten<br />

Staaten (515.000 Deutsche). Insgesamt leben hier rund 1,3 Millionen Deutsche im erwerbsfähigen<br />

Alter. Es handelt sich dabei zum großen Teil um im Vergleich zur einheimischen<br />

Bevölkerung junge und gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte, die im<br />

Ausland bessere Einkommens- und Lebensbedingungen vorfinden. Der Anteil an<br />

Hochqualifizierten unter den Auswanderern ist im Zeitablauf steigend. So handelt es<br />

sich bei 62 Prozent der in der Schweiz erwerbstätigen Deutschen um Personen mit<br />

Hochschulabschluss und auch das Qualifikationsniveau der Deutschen in der Europäischen<br />

Union und den Vereinigten Staaten von Amerika liegt deutlich über dem heimischen<br />

Niveau. Die Rückkehrbereitschaft der ausgewanderten deutschen Staatsbürger<br />

ist insgesamt hoch und unter den Akademikern besonders ausgeprägt, weshalb eine<br />

Verbesserung der Berufs- und Einkommenssituation der betroffenen Gruppen sowie<br />

der sonstigen Rahmenbedingungen erfolgversprechend ist. Gelingt es Deutschland<br />

oder auch nur Bayern, durch eine Steigerung der Attraktivität, im internationalen Wettbewerb<br />

um gut ausgebildete Fachkräfte künftig besser abzuschneiden, bieten die im<br />

Ausland lebenden Deutschen ein nicht zu unterschätzendes Arbeitskräftepotenzial.<br />

Darüber hinaus wird vermieden, dass künftig noch mehr Arbeitskräfte abwandern und<br />

sich die Mangelsituation weiter verschärft.<br />

8.4 Binnenwanderung<br />

Bayern gehört grundsätzlich zu denjenigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland,<br />

die von der Binnenwanderung profitieren. Die stabile wirtschaftliche Lage hat zufolge,<br />

dass der Binnenwanderungssaldo Bayerns in den vergangen 20 Jahren durchweg positiv<br />

ausfiel. Die hohen Wanderungsgewinne bei Personen im erwerbsfähigen Alter<br />

tragen maßgeblich zu einer Reduktion des Arbeitskräftemangels in Bayern bei. Neben<br />

Erwerbswanderern zieht Bayern allerdings auch zahlreiche Ausbildungswanderer an,<br />

was die hohe Zahl der 18-bis 25-Jährigen belegt. Zwar bleiben viele der bayerischen<br />

Hochschulabsolventen auch in Bayern, der Saldo aus zu- und abgewanderten Hochschulabsolventen<br />

fällt für das Jahr 2006 jedoch leicht negativ aus (-600 Hochschulabsolventen).<br />

39 Im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich gelingt es Bayern<br />

bereits sehr gut, die Absolventen auch zu halten; der Wanderungssaldo war hier im<br />

39<br />

Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Fazit<br />

63<br />

Jahr 2006 mit 1.040 deutlich positiv. In den übrigen Fachgebieten, vor allem im Bereich<br />

der Wirtschaftswissenschaften (Wanderungssaldo von -1.600 im Jahr 2006), gilt es, die<br />

Attraktivität noch zu steigern, so dass eine Beschäftigungsaufnahme in Bayern wahrscheinlicher<br />

wird. Heute noch deuten die Zahlen darauf hin, dass ein Teil der zum Studium<br />

nach Bayern Zugewanderten, Bayern nach Studienabschluss wieder verlässt.<br />

Insgesamt können durch eine Verbesserung der Berufsaussichten für Berufseinsteiger<br />

weitere Arbeitskräfte aus anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland angezogen<br />

und die Abwanderung aus Bayern reduziert werden.<br />

Die in dieser Untersuchung behandelten vier Handlungsfelder bieten demnach, jedes<br />

für sich, Potenzial zur Verringerung der Fachkräftelücke in Bayern. Gleichwohl gilt es,<br />

sie nicht als Komplement zu behandeln, sondern simultan zu verfolgen. Nur durch die<br />

Kombination aus diesen und weiteren Handlungsfeldern 40 kann der Arbeitskräftemangel<br />

in Bayern verhindert werden. Der Fokus liegt auf einer Erhöhung der Attraktivität<br />

Bayerns gegenüber anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland sowie anderen<br />

Volkswirtschaften. Mit attraktiven Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten<br />

sowie einer stärkeren Kommunikation und Vermarktung der hohen Lebensqualität kann<br />

es Bayern gelingen, zusätzliche Arbeitskräfte zu gewinnen. Die umfassende Integration<br />

der Personen mit Migrationshintergrund bietet zusätzliche Chancen.<br />

Die zentralen Handlungsoptionen<br />

Vorhandenes Arbeitskräftepotenzial besser ausschöpfen durch Integration<br />

- Beseitigung der Sprachbarrieren von Personen mit Migrationshintergrund<br />

durch gezielte und ggf. verpflichtende Sprachschulung.<br />

- Anhebung des Qualifikationsniveaus der Personen mit Migrationshintergrund<br />

auf das Niveau der einheimischen Bevölkerung durch Verbesserung der<br />

Möglichkeiten zur beruflichen Nachqualifizierung und Weiterbildung.<br />

- Verstärkte Integration der Frauen mit (türkischem und afrikanischem)<br />

Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt.<br />

- Umfassende Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.<br />

Neue Fachkräfte gewinnen durch Zuwanderung aus dem Ausland, aus anderen Ländern<br />

der Bundesrepublik Deutschland und von ausgewanderten Deutschen<br />

- Verbesserung der Beschäftigungs- und Einkommenssituation für Fach- und<br />

Führungskräfte insgesamt.<br />

- Verbesserte Möglichkeiten des Berufseinstiegs für Hochschulabsolventen vor<br />

allem im Bereich der Wirtschaftswissenschaften.<br />

40<br />

Siehe hierzu Arbeitslandschaft 2030.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern:<br />

Migration und Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Fazit<br />

64<br />

- Stärkere Kommunikation und Vermarktung der hohen Lebensqualität in<br />

Bayern.<br />

- Weitere Steigerung der Attraktivität / Lebensqualität / Rahmenbedingungen<br />

Bayerns gegenüber anderen Volkswirtschaften sowie anderen Ländern der<br />

Bundesrepublik Deutschland.


Information – Fachkräftesicherung in Bayern<br />

Binnenwanderung als Chance<br />

<strong>vbw</strong> – Juli 2011<br />

Migration und<br />

Ansprechpartner / Impressum 65<br />

Ansprechpartner <strong>vbw</strong><br />

Ingo Schömmel<br />

Sozial- und Gesellschaftspolitik<br />

Telefon 089-551 78-215<br />

Telefax 089-551 78-214<br />

ingo.schoemmel@<strong>vbw</strong>-bayern.de<br />

Ansprechpartner Prognos AG<br />

Kai Gramke<br />

Dominik Fischer<br />

Telefon +41-61-327-3341 Telefon +41-61-327-3455<br />

Telefax +41-61-327-3300 Telefax +41-61-327-3300<br />

kai.gramke@prognos.com<br />

dominik.fischer@prognos.com<br />

Anna-Marleen Plume<br />

Telefon +41-61-327-3458<br />

Telefax +41-61-327-3300<br />

anna-marleen.plume@prognos.com<br />

Impressum<br />

Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl<br />

auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren<br />

Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher<br />

Form verzichtet.<br />

Herausgeber:<br />

<strong>vbw</strong><br />

Vereinigung der<br />

Bayerischen Wirtschaft e. V.<br />

Max-Joseph-Straße 5<br />

80333 München<br />

Weiterer Beteiligter:<br />

Prognos AG, Basel<br />

www.<strong>vbw</strong>-bayern.de<br />

© <strong>vbw</strong> Juli 2011

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!