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Gefördert vom:<br />
Medienvielfalt macht Lese-Spaß!<br />
Wege zur Förderung des Freizeitlesens
Einleitung<br />
Diese Handreichung fasst die Ergebnisse von zwei Seminaren der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> im November 2010 unter<br />
dem Titel „Entwicklungsimpulse für die Leseförderung in Deutschland“ zusammen, die im Rahmen des<br />
Kinder- und Jugendplans (KJP) vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert<br />
wurden. Die Seminare, die in Stein bei Nürnberg und in Hannover stattfanden, schlugen eine Brücke<br />
zwischen einer wissenschaftlichen Systematisierung von Leseförderungsansätzen in Bezug auf verschiedene<br />
Ziel- und Altersgruppen und praktischen Anregungen, die sich aus Workshops und den Erfahrungen der<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer speisten.<br />
Die Seminare standen unter folgenden inhaltlichen Schwerpunkten:<br />
Stein bei Nürnberg (18./19.11.2010), Hauptreferat:<br />
„Leseförderung im Medienumfeld: Wie lassen sich Kinder und Jugendliche in ihrer von Medien<br />
geprägten Alltagswelt zum <strong>Lesen</strong> animieren?“<br />
Referent: Prof. Dr. Dieter Spanhel (Erziehungswissenschaftler und Medienpädagoge; Vorstandsmitglied<br />
des JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München).<br />
Hannover (29./30.11.2010), Hauptreferat:<br />
„Echte Kerle lesen doch! Wie können Jungen systematisch im Erwerb von Lesemotivation und<br />
Lesekompetenzen gefördert werden?“<br />
Referentin: Prof. Dr. Christine Garbe (Universität Köln, Lehrstuhl für Deutsche Literatur und ihre<br />
Didaktik, Schwerpunkt Lese- und Mediensozialisation).<br />
Diese Publikation möchte die Tagungsergebnisse aufbereiten und einem größeren Publikum zur Verfügung<br />
stellen. Der Schwerpunkt dieser Broschüre liegt auf der Frage, wie Kinder und Jugendliche – und hierbei<br />
vor allem sogenannte Risikogruppen – in ihrem Freizeitleseverhalten gestärkt werden können. Die hier vorgestellten<br />
Anregungen sind vor allem auf den außerunterrichtlichen Bereich bezogen. Ziel ist es, theoretische<br />
und praktische Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die Leseentwicklung in einen nachhaltigen<br />
„Lebenslauf des <strong>Lesen</strong>s“ verwandelt werden kann (siehe dazu auch den 19. Tätigkeitsbericht der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Lesen</strong>, „Lesekosmos“, Mainz 2010). Dieses kann nur, wie Prof. Dr. Christine Garbe betont, über ein „stabiles<br />
Selbstkonzept als Leser(in)“ gelingen. Ansatzpunkt muss daher eine Leseförderung sein, die ihren Fokus<br />
vom Erlernen und von der Überprüfung der Lesekompetenz auf die Steigerung der subjektiven Lesemotivation<br />
verschiebt.<br />
Als Risikogruppen sind vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien bzw. mit Migrationshintergrund sowie<br />
Jungen einzustufen. Zudem ist die Nutzung anderer Medien bei Kindern und Jugendlichen in der Freizeit<br />
– z.B. Fernsehen und Computer – sehr populär. Jedoch ist auch das Internet ein Lese-Medium, und<br />
(textbasierte) Medien waren noch nie so leicht verfügbar wie heute. Außerdem lässt sich die hohe Attraktivität<br />
anderer Medien für die Leseförderung nutzen, wie die Beispiele mit digitalen Medien im Praxisteil<br />
zeigen. Verbindungen zu anderen medialen Aktivitäten können das <strong>Lesen</strong> noch attraktiver und vielseitiger<br />
machen. Der mediale Wandel bedeutet weder das Ende des <strong>Lesen</strong>s noch das Ende des Buches – vielmehr<br />
bringt er eine Erweiterung der Lesemöglichkeiten und -kontexte mit sich. Lesemotivation und Lesekompetenz<br />
sind dabei die Grundlage von Medienkompetenz. Die Leseförderung hat auf die Veränderung von<br />
Lese- und Textmustern zu reagieren, will sie erfolgreich sein. Im Folgenden möchten wir Ihnen fundierte<br />
Hintergrundinformationen und viele praktische Anregungen für abwechslungsreiche Aktionen rund ums<br />
<strong>Lesen</strong> liefern!<br />
Ihre <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong><br />
2
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Wege zur Förderung des Freizeitlesens – Wissenschaftliche Grundlagen 4<br />
1.1 Leselust erzeugen durch die Schaffung offener Handlungsrahmen nach 4<br />
Prof. Dr. Dieter Spanhel<br />
1.2 Wege zu einer entwicklungsorientierten Leseförderung nach 6<br />
Prof. Dr. Christine Garbe<br />
2. Praxistipps aus den Workshops 8<br />
2.1 Thema Buch: Tipps aus der Akademie für Leseförderung, Hannover 8<br />
2.2 Thema Zeitung: Tipps aus der Akademie für Leseförderung, Hannover 11<br />
2.3 Thema Hörbuch: Tipps aus dem Medienzentrum Parabol, Nürnberg 13<br />
2.4 Thema Foto und Film: Tipps aus dem Medienzentrum Parabol, Nürnberg 14<br />
3. Die Lese-Medien-Clubs der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> 17<br />
3.1 Konzept 17<br />
3.2 Best-Practice-Beispiele 20<br />
4. Service 24<br />
Der Lehrerclub der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> –<br />
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Werden Sie kostenlos Mitglied und genießen Sie die Vorzüge einer einzigartigen Gemeinschaft:<br />
• Sie erhalten regelmäßig und persönlich die kostenfreien Materialien zu den Leseförderungskampagnen der <strong>Stiftung</strong><br />
<strong>Lesen</strong>.<br />
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Ergebnissen aus der Leseforschung sowie interessanten Veranstaltungen und Wettbewerben per E-Mail zu erhalten.<br />
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Schule sinnvoll ergänzen und erleichtern.<br />
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Wir freuen uns auf Sie!<br />
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3
1. Wege zur Förderung des Freizeitlesens –<br />
Wissenschaftliche Grundlagen<br />
1.1 Leselust erzeugen durch die Schaffung offener Handlungsrahmen<br />
nach Prof. Dr. Dieter Spanhel<br />
Die Herbeiführung einer stabilen individuellen Leseentwicklung<br />
ist Ziel nachhaltiger Leseförderungsmaßnahmen.<br />
Bildungspolitische Ansätze in der Leseförderung betonen<br />
vor allem den Aspekt der Lesekompetenz. Grundlegende<br />
Lesefähigkeiten sind Bedingung, um an der modernen Gesellschaft<br />
teilhaben zu können. In der Sicherstellung dieser<br />
kognitiven Basiskompetenzen sieht besonders die Schule<br />
ihre Rolle. Eine umfassende Lesekompetenz kann jedoch<br />
nur erzeugt werden, wenn das <strong>Lesen</strong> zu einer permanent<br />
und mit eigener Motivation ausgeübten Tätigkeit wird – und<br />
damit auch andere Aspekte des <strong>Lesen</strong>s neben dem Kognitiven<br />
gefördert werden. Eine konstante Lesekompetenz<br />
lässt sich nur erreichen, wenn dem eine subjektive, positive<br />
Bedeutungszuweisung an das <strong>Lesen</strong> zugrunde liegt.<br />
Nur mit Hilfe einer entsprechenden individuellen Motivation<br />
können sich die erforderlichen Lesemuster, die eine<br />
Stabilität und Ausdifferenzierung von Lesegewohnheiten<br />
ermöglichen, verankern. Die Schule kann die Aufgabe, jeweils<br />
individuell Leselust zu erzeugen, nicht alleine erfüllen.<br />
Zudem ist Notendruck häufig kontraproduktiv für die Entstehung<br />
von Lesespaß. Daraus folgt, dass eine systematische<br />
Förderung der Lesemotivation vor allem im außerunterrichtlichen<br />
Bereich ansetzen muss.<br />
Aus der Präsentation zum Vortrag „Leseförderung im Medienumfeld“ von Prof. Dr. Dieter Spanhel am 18.11.10<br />
in Stein.<br />
Besonders in der Ansprache sogenannter Risikogruppen<br />
sind niederschwellige Angebote notwendig, die auf spielund<br />
freizeitorientierte Weise Kinder und Jugendliche nachhaltig<br />
an das <strong>Lesen</strong> heranführen. Als Schlüssel dazu benötigt<br />
die Leseförderung sogenannte „offene Hand lungs rahmen“,<br />
um das Ziel einer selbstgesteuerten Leseent -<br />
wicklung zu erreichen. Offenheit bedeutet hierbei, dass<br />
subjektive Kontexte ermöglicht werden: Die Leserinnen<br />
und Leser sollen Lese-Medien im Dienste eigener Vorlieben<br />
und Interessen nutzen und eine eigene Herangehensweise<br />
entwickeln. Eigenes Vorwissen, Bedürfnisse und Erlebnisdimensionen<br />
müssen in leseförderliche Aktivitäten eingebracht<br />
werden können. Leseförderung sollte einerseits<br />
systematisch und andererseits so individuell wie möglich<br />
sein. Die Individualisierung vergrößert den Umfang der<br />
Fördermaßnahmen, ist jedoch die Basis einer zielgruppenorientierten<br />
und damit wirksamen Leseförderung.<br />
4
Prof. Dr. Dieter Spanhel definiert fünf leseförderliche Handlungsrahmen, welche die verschiedenen Dimensionen des<br />
<strong>Lesen</strong>s berücksichtigen:<br />
• Spielorientierung: Eine spielerische Herangehensweise<br />
ermöglicht die Herauslösung des <strong>Lesen</strong>s aus die Lesesozialisation<br />
eventuell hemmenden Kontexten, wie z. B.<br />
dem weitgehend festgelegten Ablauf des Schulunterrichts.<br />
Spielorientierung erlaubt eine auf individuelle<br />
Vorlieben abgestimmte Herangehensweise und eine<br />
Selbstbestimmung des eigenen Lernprozesses. Der<br />
spielorientierte Aspekt des <strong>Lesen</strong>s bedeutet nach Spanhel<br />
„Selbsterleben, Selbstdarstellung, Selbstfindung und<br />
Sicherung der Identität“. Konkrete Beispiele: Ein Vorlesewettbewerb,<br />
eine Bastelaktion zu einem Buch.<br />
• Medienorientierung: Medienorientierung setzt das <strong>Lesen</strong><br />
in Zusammenhang zu anderen Medien. Durch die<br />
zunehmende Parallelität medialen Handelns bzw. durch<br />
die Durchdringung verschiedener Medien, z. B. am<br />
Computer, findet <strong>Lesen</strong> heute häufig im Medienverbund<br />
statt. Medienorientierung hat durch die Interaktivität<br />
heutiger Leitmedien, wie Computer und Handy,<br />
enorm an Attraktivität gewonnen und steht dadurch<br />
auch in engem Zusammenhang mit Spielorientierung.<br />
Beide Aspekte sind besonders in Bezug auf die Zielgruppe<br />
Jungen von Bedeutung. Ein konkretes Beispiel:<br />
Aufnahme eines kleinen Hörspiels.<br />
• Wissensorientierung: <strong>Lesen</strong> erschließt Welten. Auch<br />
das Informationslesen kann so gesteuert werden, dass<br />
es Spaß macht. Individuelle Wissensgebiete sind ein<br />
entscheidender Schlüssel zur Etablierung eigener Wege<br />
der Mediennutzung. Das <strong>Lesen</strong> hilft Kindern in entscheidender<br />
Weise, persönliche Interessensgebiete zu<br />
erschließen und zu vertiefen. Ein konkretes Beispiel: Erkundung<br />
einer Internet-Suchmaschine oder eines Lexikons<br />
unter einer bestimmten Fragestellung.<br />
Aus der Präsentation zum Vortrag „Leseförderung im Medienumfeld“ von<br />
Prof. Dr. Dieter Spanhel am 18.11.10 in Stein.<br />
• Erlebnisorientierung: Lesefördernde Maßnahmen sollten<br />
mit besonderen Erlebnissen und Erfahrungen verknüpft<br />
sein, da emotionale Bezüge eine selbstständige<br />
Hinwendung zum <strong>Lesen</strong> unterstützen. Erlebnisorientierung<br />
steht in diesem Zusammenhang nicht für Spektakel,<br />
sondern für einen persönlichen Bezug, der über<br />
den jeweiligen Medieninhalt hinausgeht bzw. sich damit<br />
verbinden lässt (z. B. über bestimmte Themen oder<br />
über das Teilen von Erfahrungen mit Freunden oder der<br />
Familie). Ein konkretes Beispiel: Die Veranstaltung einer<br />
<strong>Lesen</strong>acht an einem spannenden Ort (z. B. in einer Bibliothek).<br />
• Kommunikationsorientierung: <strong>Lesen</strong> ist kein Rückzug<br />
in die Isolation, sondern immer kommunikationsorientiert<br />
und Teil sozialen Handelns. Leseförderliche<br />
Handlungsrahmen sollten diesen Aspekt betonen und<br />
gemeinsame Aktivitäten mit anderen vorsehen. Auch<br />
bieten multifunktionale Medien wie Computer oder<br />
Handy die Möglichkeit, <strong>Lesen</strong> und Kommunizieren direkt<br />
miteinander zu verknüpfen. Ein konkretes Beispiel:<br />
Zwei Kinder schließen eine Lesepartnerschaft,<br />
lesen ggf. Bücher gemeinsam oder berichten sich gegenseitig<br />
von ihren Leserlebnissen.<br />
5
1.2 Wege zu einer entwicklungsorientierten Leseförderung<br />
nach Prof. Dr. Christine Garbe<br />
Die Arbeiten von Prof. Dr. Garbe spielen eine wichtige Rolle in der Bildungsforschung und untersuchen insbesondere<br />
die Lesesozialisation. Sie lassen sich in diesem Kontext unter anderem dazu nutzen, um die von Prof. Dr. Spanhel vorgeschlagene<br />
Systematisierung nach Dimensionen, welche Leseaktivitäten attraktiv machen, auf bestimmte Zielgruppen<br />
zu beziehen. Hierfür ist eine Analyse des Leselernprozesses notwendig: Welche Schritte vollziehen Kinder und Jugendliche<br />
in ihrer Lesesozialisation? Wie lassen diese sich anhand von Altersgruppen schematisieren?<br />
Garbe unterscheidet drei Phasen der Leseentwicklung:<br />
• Vorschulische Entwicklung (0-6 Jahre): In diesem Zeitraum<br />
(einschließlich des ersten Schuljahres) findet der<br />
Übergang von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit statt.<br />
Vor allem Familie sowie Kindergarten und Schule spielen<br />
hier die zentralen unterstützenden und vermittelnden<br />
Rollen. Über situationsunabhängiges Erzählen entdecken<br />
Kinder das alphabetische Prinzip („erwachende<br />
Literalität“), wobei im Kindergarten lediglich im spielerischen<br />
Sinne auf die Alphabetisierung vorbereitet<br />
werden sollte. (Schrift-)Sprache wird als Medium zum<br />
Spielen, Fantasieren und Symbolisieren von Emotionen<br />
entdeckt („interpersonale Literarität“). Die Kinder<br />
können noch nicht lesen, machen aber in Vorlese- und<br />
Erzählsituationen relevante Erfahrungen mit schriftlichen<br />
Texten und erlernen das <strong>Lesen</strong> im schulischen<br />
Erstunterricht. Kennzeichnend für die vorschulische Entwicklung<br />
ist, dass die ersten Leseerfahrungen nur zusammen<br />
mit „kompetenten Anderen“ (z. B. mit dem<br />
Kindergartenpersonal oder den Eltern) gemacht werden<br />
können und nur in spielerischer Form möglich sind.<br />
• Grundschule bis Vorpubertät (7-12 Jahre): Dieser<br />
etwa das 1.-6. Schuljahr umfassende Zeitraum ist gekennzeichnet<br />
durch den Übergang vom Dekodieren zur<br />
Leseflüssigkeit. Dies ist für die junge Leserin bzw. den<br />
jungen Leser eine der schwierigsten Aufgaben in der Lesesozialisation.<br />
Als wichtiger Anker für die Lesemotivation<br />
tritt hier neben Familie und Schule die sogenannte<br />
Peer-Group hinzu. Diese Phase steht idea ler -<br />
weise im Zeichen extensiver Kinderlektüre – es ist die<br />
Zeit der Entdeckung des selbstbestimmten <strong>Lesen</strong>s. Das<br />
<strong>Lesen</strong> lernen an sich tritt mit zunehmender Automatisierung<br />
allmählich in den Hintergrund zugunsten eines<br />
Lernens mit Hilfe des <strong>Lesen</strong>s („heuristische Literalität“).<br />
Nach Garbe werden in dieser Phase die Grundlagen<br />
für ein stabiles Selbstkonzept als Leser(in) und für<br />
eine lebenslange Lust am <strong>Lesen</strong> als Freizeitbeschäftigung<br />
gelegt: Erstmals erlangt das <strong>Lesen</strong> Erlebnisqualität, da<br />
die Kinder auf Basis ihrer stabilen Dekodierungsfähigkeiten<br />
sich nun stärker auf sich selbst und ihre eigenen<br />
Gedanken konzentrieren können („autonome Literarität“).<br />
Es bilden sich Lesepräferenzen heraus, die i. d. R.<br />
auch eine bei vielen Menschen auftretende Phase des<br />
Wenig- bzw. Nicht-<strong>Lesen</strong>s in der Pubertät überdauern.<br />
• Pubertät und Adoleszenz (13-18 Jahre): Dieser etwa<br />
das 7.-13. Schuljahr umfassende Zeitraum sorgt für eine<br />
Weiterentwicklung der Lesekompetenz im Sinne der<br />
Weltaneignung und Identitätsbildung Heranwachsender.<br />
Die hierbei anstehenden Entwicklungsaufgaben des<br />
<strong>Lesen</strong>s begleiten und unterstützen Jugendliche beim<br />
Übergang ins Erwachsenenalter. Das <strong>Lesen</strong> verlagert erneut<br />
seinen Schwerpunkt – vom flüssig-adaptiven Charakter<br />
der vorpubertären Phase hin zu einem strategischen<br />
<strong>Lesen</strong> im Dienste von Lernaufgaben, beruflicher<br />
Entwicklung und Persönlichkeitsbildung („funktionale<br />
Literalität“). Kognitive Lesestrategien erlangen ab diesem<br />
Zeitpunkt eine hohe Bedeutung. Literarität steht<br />
zunehmend in der Funktion der Orientierung in und<br />
Teilhabe an der Gesellschaft („diskursive Literarität“).<br />
6
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Aus der Präsentation zum Vortrag<br />
„Echte Kerle lesen doch!“ von<br />
Prof. Dr. Garbe am 29.11.10 in<br />
Hannover.<br />
Fazit<br />
Garbe betont, dass für eine gelingende und umfassende Lesesozialisation ein stabiles Zielbild von sich selbst als Leser(in)<br />
notwendig ist – dies gelte für Mädchen wie für Jungen: „Die zentralen Ziele einer nachhaltigen Leseförderung sind prinzipiell<br />
gender-übergreifend: Verbesserung der Lesekompetenz durch Leseflüssigkeit und strategisches Lesetraining, Entwicklung<br />
von Engagement (Motivation) für das <strong>Lesen</strong> und Aufbau eines stabilen Lese-Selbstkonzeptes. Die Mittel und<br />
Wege dahin sind jedoch teilweise gender-spezifisch: hinsichtlich der Lesestoffe wie auch der „authentischen Leseanlässe“,<br />
<br />
die die Schule bereitstellen muss“ (aus der Präsentation zum Vortrag „Echte Kerle lesen doch!“ von Prof. Dr. Garbe<br />
am 29.11.10 in Hannover).<br />
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Garbe schlägt vor, die entscheidenden Einzelschritte des Leseerwerbs systematisch zu fördern. Folgendes Diagramm visualisiert<br />
2 diese 3 auf 4 5 einen 6 Blick 7 8 und 9 kann 10 11 – 12 auch 13 für 14 die 15 außerunterrichtliche 16 17 18 19 20 21 Leseförderung 22 Jahre – eine sehr sinnvolle Hilfestellung<br />
für die Aktiven darstellen:<br />
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Prof. Dr. Garbe am 29.11.10 in<br />
Hannover.<br />
7
2. Praxistipps aus den Workshops<br />
2.1 Thema Buch: Tipps aus der Akademie für Leseförderung, Hannover<br />
Die hier vorgestellten Anregungen richten sich an die Altersgruppe ab ca. 8 Jahren bis zum Jugendalter und können jeweils<br />
individuell an die jeweilige Gruppe angepasst werden.<br />
Lesebarometer<br />
Dieses Spiel ist ideal zum Beginn einer Veranstaltung und zum Einstieg in das Thema <strong>Lesen</strong>. Alle Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer stellen sich in einem Kreis auf. Der Spielleiter sagt einen Satz (z. B. „Ich lese am liebsten Krimis.“). Alle Spieler<br />
machen so viele Schritte in den Innenkreis wie diese Aussage auf sie zutrifft. Mit diesem Spiel erhält man Informationen<br />
über Lesegewohnheiten, Leseinteressen und die Lesesozialisation. Die Aussagen können beliebig an die Gruppe<br />
und das, was man über sie erfahren möchte, angepasst werden.<br />
Leseinteressen:<br />
Ich lese am liebsten spannende Geschichten.<br />
Ich lese am liebsten Liebesgeschichten.<br />
Ich schaue am liebsten Bilderbücher an.<br />
Ich lese am liebsten Geschichten über Fußball.<br />
Ich lese am liebsten Zeitschriften.<br />
Ich lese am liebsten Märchen.<br />
Ich lese am liebsten im Internet.<br />
Ich lese am liebsten Comics.<br />
Ich lese am liebsten Fantasy.<br />
Lesegewohnheiten:<br />
Ich lese sehr gerne.<br />
Ich chatte lieber im Internet, als dass ich lese.<br />
Ich lese am liebsten abends im Bett.<br />
Ich lese am meisten in den Ferien.<br />
Ich lese mehrere Bücher gleichzeitig.<br />
Wenn ich ein Buch nicht mag, lese ich es nicht ganz durch.<br />
Manchmal lese ich beim Fernsehen.<br />
Ich höre häufig Hörbücher.<br />
Ich rede gerne mit Freunden über Bücher, die ich gelesen habe.<br />
Ich schreibe gerne Geschichten.<br />
Lesesozialisation:<br />
Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter, Großmutter etc. mir früher<br />
vorgelesen hat.<br />
Als ich im Kindergarten war, haben die Erzieherinnen mir häufig Bilderbücher<br />
vorgelesen.<br />
Als ich in der Grundschule war, haben die Lehrerinnen uns häufig vorgelesen.<br />
Die meisten Lesetipps bekomme ich von Freunden und Freundinnen.<br />
Ich gehe häufig in die Bibliothek, um mir Bücher auszuleihen.<br />
Bücher, die wir im Unterricht lesen, würde ich nie freiwillig in meiner<br />
Freizeit lesen.<br />
8
Book Slam – die Drei-Minuten-Kür für Bücher<br />
Ein Book Slam – vorgestellt von Anke Märk-Bürmann (Akademie für Leseförderung) nach Methode von Dr. Stephanie<br />
Jentgens (Akademie für musische Bildung und Medienerziehung, Remscheid) ist eine Methode, um Bücher zu präsentieren.<br />
Für die Vorstellung der Titel stehen jeweils nur drei Minuten Zeit zur Verfügung. Nach jeder „Kür“ wird von einer<br />
Jury (z. B. die Schulklasse) die Wertung – wie beim Eiskunstlauf – vorgenommen. Werden die drei Minuten überzogen,<br />
kann die Jury durch den Einsatz einer Trillerpfeife die Vorstellung abbrechen. Book Slam ist eine schnelle, lebendige<br />
und spannende Darstellungsform. Durch den Wettstreit werden alle mit einbezogen und haben so ein deutlicheres Interesse<br />
an dem, was vorgestellt wird.<br />
Diese Form des Bücherwettstreits wird in Bibliotheken und Schulen entweder durch die Bibliothekare bzw. Lehrkräfte<br />
eingesetzt oder die Schülerinnen und Schüler erarbeiten selbst einzelne Book Slams.<br />
Möglichkeiten für die Drei-Minuten-Kür:<br />
• Auszug vorlesen<br />
• kurze Geschichte frei erzählen<br />
• Selbstporträt der Hauptfigur<br />
• Vortrag zu zweit (z.B. Dialog der Hauptfiguren)<br />
• Interview mit der Hauptfigur oder dem Autor<br />
• Dialog über das zentrale Thema des Buches<br />
• Rollenspiel<br />
• Werbespot<br />
• „Anti-Werbung“ bzw. Verriss<br />
• Multiple-Choice-Quiz zum Thema des Buches<br />
• Musikalische Inszenierung (z.B. Rap)<br />
• Vorstellung von Gegenständen aus dem Buch<br />
…<br />
Zielgruppe: Jugendliche ab 12 Jahren<br />
Material:<br />
• Stoppuhr<br />
• Trillerpfeife<br />
• Jurykarten mit den Zahlen von eins bis zehn<br />
• Flipchart / Tafel<br />
• ca. 10 Bücher<br />
9
Buchstabenrätsel<br />
Dieses Spiel eignet sich besonders gut für Sachbilderbücher<br />
oder Sachbücher. Es geht darum, einen Buchtitel zu erraten.<br />
Vorab wird den Kindern der Themenbereich des Buches<br />
genannt, z. B. „Bauernhof“. Jedes Kind erhält dann einen<br />
Zettel mit einem Buchstaben, welche dem Titel des zu<br />
erratenden Buches entstammen. Die Kinder nennen ein<br />
Wort, das sie bereits aus dem Bereich „Bauernhof“ kennen<br />
und das mit dem jeweiligen Buchstaben beginnt. So<br />
können sie ihr Vorwissen einbringen. Die Wörter werden<br />
gesammelt und auf einer Tafel untereinander geschrieben:<br />
Laubsauger<br />
Igel<br />
Egge<br />
Stroh<br />
....<br />
Unbekannte Wörter werden erklärt. Dann müssen die<br />
Kinder raten, wie der Titel des Buches lautet. Der Titel ergibt<br />
sich aus den Anfangsbuchstaben der Wörter. Das<br />
Spiel hat das Ziel, auf das Buch neugierig zu machen. Besonders<br />
Jungen lieben es, Rätsel zu lösen. Im Anschluss<br />
wird das Buch gemeinsam angesehen.<br />
Fehlerlesen einmal anders<br />
Es werden Kindersachbücher in der Gruppe verteilt. In<br />
Partnerarbeit sehen sich die Teilnehmer diese Bücher an,<br />
wählen eine Stelle (ca. 3-4 Sätze) aus, in die sie einen<br />
sachlichen Fehler einbauen. Im Anschluss werden in der<br />
Gruppe die Bücher kurz vorgestellt. Die ausgewählte Stelle<br />
wird zusammen mit dem sachlichen Fehler vorgelesen.<br />
Die anderen müssen raten, worin der Fehler besteht bzw.<br />
welche Textstelle erfunden ist. Das Spiel fördert das genaue<br />
Zuhören. Die Teilnehmer werden motiviert, das<br />
„Fehlerrätsel“ zu lösen und lernen nebenbei viele Sachbücher<br />
kennen.<br />
Partnerlesen – „Paired Reading“<br />
„Paired Reading“ nach Keith Topping – vorgestellt von Karola<br />
Penz (Akademie für Leseförderung) – ist ein Lautleseverfahren<br />
zur Steigerung der Leseflüssigkeit und somit<br />
auch des Leseverstehens. Zwei Personen bilden ein Tandem<br />
– darunter jeweils ein guter Leser (Tutor) und ein<br />
schwächerer Leser (Tutand) – und lesen zusammen halblaut<br />
einen Text. Sie sollten dicht nebeneinander sitzen und<br />
synchron lesen. Macht der Tutand einen Fehler, wird vom<br />
Tutor erst nach einer Selbstkorrekturfrist von ca. vier Sekunden<br />
eingegriffen. Erfolgt keine Selbstkorrektur, sollte<br />
der Tutor auf das falsch gelesene Wort deuten und bei der<br />
korrekten Aussprache und ggf. auch bei der Klärung der<br />
Bedeutung des Wortes behilflich sein. Einer der beiden<br />
Partner sollte den ausgewählten Text möglichst fehlerfrei<br />
lesen und der anderen Person entsprechend helfen können.<br />
Falls der Tutand längere Zeit fehlerfrei liest und sich<br />
sicher fühlt, kann er dem Tutor auch ein Zeichen geben,<br />
damit dieser nur noch leise mitliest. Beim „Paired Reading“<br />
geht es neben der Dekodierung von Buchstaben, Wörtern<br />
und Sätzen auch um den Textzusammenhang, d. h. um die<br />
Verbesserung der Fähigkeit der sinngemäßen Betonung eines<br />
Satzes. Auch wenn beim Paired Reading die Steigerung<br />
von grundlegenden Lesekompetenzen im Vordergrund<br />
steht, ist das Verfahren doch direkt dem Freizeitlesen<br />
dienlich: Eine größere Sicherheit beim <strong>Lesen</strong> und ein besseres<br />
Textverständnis führen zu mehr Lesespaß.<br />
10
2.2 Thema Zeitung: Tipps aus der Akademie für Leseförderung, Hannover<br />
<strong>Lesen</strong> mit der Schere … und der Tageszeitung<br />
Die von Dr. Andreas Müller (Akademie für Leseförderung)<br />
vorgestellte Methode arbeitet auf originelle Weise<br />
mit dem Gebrauchswert einer Zeitung: Das Buch ist wertvoll<br />
und teuer – und deshalb liest man es oder auch nicht,<br />
aber man geht sorgfältig damit um. Die Zeitung ist ein Verbrauchsartikel<br />
– und am nächsten Tag kann man damit<br />
nasse Schuhe ausstopfen. Das ist ein Vorteil für die Leseförderung:<br />
Niemand hat etwas dagegen, wenn man eine<br />
Zeitung mit der Schere in appetitliche Häppchen zerschneidet<br />
und den Rest entsorgt. Ausschneiden heißt aktives<br />
Tun mit Kopf und Hand, es heißt auch auswählen dürfen,<br />
und das tut jeder gern.<br />
Da liegt der zweite Vorzug der Zeitung: Sie ist inhaltlich<br />
eine Art Supermarkt der Themen, denn jeder Zeitungsleser<br />
soll etwas für sich darin finden. Dank Zerlegbarkeit und<br />
Themenbreite eignet sich die Zeitung vorzüglich zur Leseförderung,<br />
beim „<strong>Lesen</strong> mit der Schere“. Im schulischen<br />
Rahmen kann man an den meisten Orten ein Zeitungsprojekt<br />
mit der Lokalpresse nutzen bzw. neu verabreden,<br />
bei dem alle Schüler einer Klasse über einen begrenzten<br />
Zeitraum täglich ihr persönliches Exemplar der Zeitung kostenlos<br />
erhalten. „<strong>Lesen</strong> mit der Schere“ kann man in vielfältigen<br />
Zusammenhängen durchführen – sowohl in der<br />
Schule als auch im außerschulischen bzw. außerunterrichtlichen<br />
Rahmen. Auch hierbei handelt es um ein einfach<br />
in verschiedenen Zusammenhängen wie Büchereigruppe,<br />
Jugendarbeit oder im Leseclub umzusetzendes Angebot.<br />
Variante 1: Meine Zeitung – deine Zeitung –<br />
seine/ihre Zeitung<br />
Auch für den größten Lesemuffel gibt es ein paar Häppchen<br />
in der Tageszeitung: Artikel, Bilder, Tabellen, Werbung.<br />
Er (oder sie) schneidet sie sauber aus, klebt sie auf<br />
ein großes Plakat und gestaltet so seine eigene Zeitung; die<br />
Zeitung, die er von vorn bis hinten lesen würde – und „aus<br />
Versehen“ zum Auswählen der Artikel ja auch bereits gelesen<br />
hat: „meine Zeitung“.<br />
„Deine Zeitung“ ist das Gegenstück dazu, eine leichte<br />
Weiterentwicklung: Man versetzt sich in einen Freund<br />
oder eine Freundin und stellt ihm oder ihr aus Zeitungsausschnitten<br />
das zusammen, von dem man annimmt, es interessiere<br />
ihn bzw. sie: die Zeitung als Geschenk. „Seine/<br />
ihre Zeitung“ ist eine Variante für die Gruppenarbeit. Der<br />
Adressat kann auch eine fremde Person sein, z. B. ein bekannter<br />
Medienstar, ein Politiker usw. Alternativ kann man<br />
auch die Gruppe den Adressaten anhand der Auswahl<br />
der Artikel für „seine/ihre Zeitung“ erraten lassen.<br />
Ein Beispiel für eine individuelle Zeitung.<br />
Beim Workshop „<strong>Lesen</strong> mit der Schere“ in Hannover.<br />
11
Variante 2: Rechercheplakat<br />
Hierbei wählt eine Jugendliche oder ein Jugendlicher einen<br />
kurzen Artikel nach inhaltlichem Interesse und klebt diesen<br />
auf die Mitte eines leeren Blattes. Das Blatt um den Artikel<br />
herum wird dann in vier gleich große Felder geteilt, die<br />
nacheinander im Uhrzeigersinn ausgefüllt werden. In das<br />
linke obere Feld werden nun stichwortartig die wichtigsten<br />
Informationen aus dem Artikel (Textwissen) geschrieben,<br />
in das rechte obere Feld alles, was der Person sonst noch<br />
zu dem Thema einfällt (Vorwissen). In das rechte untere<br />
Feld kommen die Begriffe aus den oberen Feldern, die inhaltlich<br />
weiter verfolgt werden sollen, um mehr darüber zu<br />
erfahren (Suchwörter). Und im linken unteren Feld notieren<br />
die Jugendlichen, auf welche Fragen zum Thema sie<br />
gerne noch eine Antwort hätten (Recherchefragen). Dieses<br />
Blatt erhält dann eine andere beteiligte Person zum Gegenlesen,<br />
Kommentieren und Ergänzen. Danach macht<br />
sich die Gruppe gemeinsam auf die Suche nach Antworten<br />
auf die offenen Fragen zum Thema.<br />
Variante 3: Chatten auf Papier<br />
Hierfür ist eine kleine Gruppe (2-4 Personen) ideal. Die Beteiligten<br />
schneiden für sie persönlich interessante Artikel<br />
aus der Zeitung aus. Dann klebt jeder einen Artikel z. B.<br />
auf eine Seite eines Hefts und versieht ihn mit einem Kommentar.<br />
Das Heft wandert von Teilnehmer zu Teilnehmer,<br />
diese lesen die Artikel und die Kommentare und<br />
schreiben selbst etwas hinzu. Auch Pfeile, Zeichnungen<br />
usw. sind erlaubt. Wichtig ist nur: Der Austausch findet<br />
schriftlich statt und nicht im Gespräch, d. h. wie beim<br />
Chatten im Internet. Dadurch werden nicht nur die Artikel<br />
selbst gelesen, sondern auch die Kommentare. Das<br />
Schreiben wird ebenfalls in einer unaufdringlichen Weise<br />
geübt. Es entsteht schließlich eine Art „Gesamtkunstwerk“<br />
der Gruppe.<br />
12
2.3 Thema Hörbuch: Tipps aus dem Medienzentrum Parabol, Nürnberg<br />
Ein Hörspiel aufnehmen<br />
Kassettenrekorder und CD-Player sind häufig die ersten Medien, die Kinder selbstständig nutzen. Nicht selten steuern<br />
Kinder in der Bücherei zuerst das Regal mit den Hörkassetten oder Hör-CDs an. Diese Freude am Anhören von Geschichten<br />
kann man aufgreifen und selbst mit Kindern kleine Hörbücher produzieren. Zunächst gilt es, geeignete Texte<br />
auszusuchen und diese zu reflektieren, um sie anschließend mit verteilten Stimmen einzusprechen. Hierfür eignen sich<br />
Texte mit viel wörtlicher Rede besonders gut – so lassen sich einfach die verschiedenen Rollen verteilen. Zudem wird<br />
i. d. R. eine Erzählerin oder ein Erzähler benötigt, um die restlichen Textpassagen zu sprechen und dem Hörspiel somit<br />
den Zusammenhalt zu geben (ein beliebter Vorschlag: „Die kleine Hexe“ von Ottfried Preussler). In einem weiteren<br />
Schritt unterlegt man den Text mit Musik oder Geräuschen, welche man gesondert aufnimmt und bei der Bearbeitung<br />
am Computer unter den gesprochenen Text „legt“. Das fertige Hörspiel wird auf CD gebrannt und kann verschenkt<br />
sowie gemeinsam angehört werden. Auch hier handelt es sich um ein technisch niederschwelliges und leicht umzusetzendes<br />
Angebot (ausführlichere praktische Tipps enthält u .a. das Buch „Mit Kamera, Maus und Mikro“ von Günther<br />
Anfang, Kathrin Demmler und Klaus Lutz, siehe Literaturliste im Serviceteil).<br />
Technikempfehlungen:<br />
Computer: Der Computer kann grundsätzlich als Aufnahmegerät fungieren, insofern man eine Audioschnittsoftware<br />
installiert hat. Kostenfrei aus dem Internet heruntergeladen werden können die Programme Audacity und Kristal.<br />
Ein entsprechendes Programm des Anbieters Magix ist kostenpflichtig.<br />
Aufnahmetechnik: Die einfachste und günstigste Lösung, einen Text störungsfrei auf dem Computer einzusprechen,<br />
bietet das Headset.<br />
Möchte man jedoch bestimmte Geräusche aus der Umgebung aufnehmen und für das Hörspiel verwenden, benötigt<br />
man ein zusätzliches, transportables Aufnahmegerät. Hierfür sind folgende digitale Geräte zu empfehlen: SwissSonic<br />
MDR-2 und SwissSonic MDR-4, etwas aufwändigere Podcastgeräte sind Zoom H1, Zoom H2 und Zoom H4 N.<br />
13
2.4 Thema Foto und Film: Tipps aus dem Medienzentrum Parabol,<br />
Nürnberg<br />
Einen kleinen Trickfilm erstellen<br />
Kinder sind von bewegten Bildern fasziniert, was sich auch für die Leseförderung hervorragend nutzen lässt. Mit Hilfe<br />
einer Digitalkamera und eines einfachen Schnittprogramms werden Buchstaben durch den Film zum Leben zu erweckt.<br />
Trickfilme entstehen durch die Aneinanderreihung mehrerer Einzelbilder. Warum also nicht einmal einen Trickfilm aus<br />
vielen Fotos machen? In kurzen Trickfilmen können Kinder die Buchstaben fliegen lassen, sie neu anordnen, Wörter und<br />
Bilder formen. Es entsteht dabei eine mediale und spielerische Form der konkreten Poesie.<br />
Es handelt sich um ein niederschwelliges Angebot, dass technisch leicht umzusetzen ist. Man benötigt lediglich eine Digitalkamera<br />
sowie einen Computer und das Programm Windows Movie Maker.<br />
Anleitung:<br />
1. Wiederholt ein Objekt fotografieren, dabei jeweils die Position etwas verändern, so dass im Trickfilm eine Bewegungsänderung<br />
visualisiert werden kann.<br />
2. Fotos in einen Ordner auf den Computer übertragen (mittels USB-Kabel oder Speicherkarte).<br />
3. Windows Movie Maker öffnen, hier zunächst notwendige Voreinstellungen treffen:<br />
• Unter „Extras“, „Optionen...“ die Karte „Erweitert“ anwählen. Dort bei „Dauer für Bilder“ 0,250 eingeben.<br />
• Dann die Fotos zu einem Film zusammensetzen: unter „Bilder importieren“ die Fotos für den Film aussuchen<br />
und diese nacheinander in das Schnittfenster (zu finden im unteren Drittel des Bildschirms) hineinziehen.<br />
• Abschließend den Film fertigstellen und speichern: unter „Film auf Computer speichern“ einen Speicherort<br />
auswählen. Dabei „Optimale Qualität zur Wiedergabe auf eigenem Computer“ einstellen. Der Film ist nun<br />
als wmv-Datei gespeichert und kann angesehen werden.<br />
Kreative Anregungen für kleine Trickfilme – Buchstaben und Bilder<br />
Wilhelm Buschs Gedicht „Naturgeschichtliches Alphabet“ bietet sich für einen Trickfilm an, der das ABC und das Thema<br />
Tiere aufgreift. Man kann die einzelnen Buchstaben, um die es in den verschiedenen Strophen geht, entlang einer Kette<br />
oder Schnur legen, sie malen oder ausschneiden. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zusätzlich kann man Zeichnungen<br />
oder Bilder der Tiere einfügen, um die es in der jeweiligen Strophe geht. An der Umsetzung dieses langen Gedichts<br />
kann man gut in Kleingruppen arbeiten.<br />
Im Ameishaufen wimmelt es,<br />
Der Aff' frisst nie Verschimmeltes.<br />
Die Biene ist ein fleißig Tier,<br />
Dem Bären kommt das g'spaßig für.<br />
Die Ceder ist ein hoher Baum,<br />
Oft schmeckt man die Citrone kaum.<br />
[…]<br />
(Das ganze Gedicht finden Sie z. B. in Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 56-68.)<br />
Beispielfotos aus einem kleinen Trickfilm über das ABC aus dem Seminar in Stein.<br />
14
Ein Bild entsteht zum Text<br />
Parallel zu einem gesprochenen Text kann ein passender Film aus kleinen gemalten oder aus Gegenständen gelegten<br />
Bildern erstellt werden.<br />
Folgender volkstümlicher Sprechgesang eines unbekannten Verfassers bietet sich hierfür an:<br />
Punkt, Punkt, Komma, Strich,<br />
fertig ist das Mondgesicht.<br />
Langer Käse, runde Butter,<br />
fertig ist die Schwiegermutter!<br />
Arme wie `ne Acht,<br />
ist das nicht `ne Pracht?<br />
Füße wie `ne Sechs,<br />
ist das nicht `ne Hex?<br />
Haare wie ein Stachelschwein,<br />
das ist des Königs Töchterlein!<br />
Beispielfotos aus einem kleinen Trickfilm über das ABC aus dem Seminar in Stein.<br />
15
Spiel mit Buchstaben<br />
Ein Reimwort wird aus einzelnen Buchstaben gelegt, z. B. aus farbigem Papier. Wenn der Reim bei der Animation im<br />
„Off“ vorgelesen wird, tauschen sich parallel einzelne Buchstaben aus, so dass das Wort entsteht, auf das sich das erste<br />
Wort reimt (so wird z.B. durch Wegnehmen und Hinzufügen von Buchstaben; aus „Ball“ wird „Nachtigall“).<br />
Ein Beispiel anhand des populären Kindergedichts „Ball der Tiere“ (unbekannter Verfasser):<br />
Mich dünkt, wir geben einen Ball!<br />
Sprach Frau Nachtigall.<br />
So?<br />
Sprach der Floh.<br />
Was werden wir trinken?<br />
Sprachen die Finken.<br />
Limonade!<br />
Sprach die Zikade.<br />
Oh fein!<br />
Sprach das Schwein.<br />
Wo werden wir tanzen?<br />
Sprachen die Wanzen.<br />
Im Haus!<br />
Sprach die Maus.<br />
Beispielfotos aus dem Seminar in Stein bei Nürnberg.<br />
16
3. Die Lese-Medien-Clubs der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong><br />
3.1 Konzept<br />
Alle beschriebenen Tipps und Anregungen eignen sich ganz besonders zum Einsatz in einem Lese- bzw. Lese-Medien-<br />
Club. Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> verfügt über ein Netzwerk von ca. 500 Clubs in ganz Deutschland, die zumeist im schulischen<br />
Raum bzw. im freizeitorientierten Bereich des schulischen Raums angesiedelt sind. Die Clubangebote binden eine große<br />
Zahl von Kindern und Jugendlichen und tragen in selbstbestimmter und interessengeleiteter Weise zur Entwicklung einer<br />
gelingenden Lesesozialisation und auch zur Integration bei.<br />
Zielsetzung:<br />
Die Methode „Lese-Medien-Club“ basiert auf der Idee, für<br />
Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien eine<br />
Umgebung zu schaffen, die es ihnen ermöglicht, sich fern<br />
von äußeren Zwängen aktiv und kreativ an der Gestaltung<br />
eines eigenen sozialen Handlungsspielraums zu beteiligen,<br />
in dem Chancengleichheit Prinzip ist.<br />
Die wesentlichen Ziele der Lese-Medien-Clubs sind<br />
• Lese- und Sprachförderung für Kinder an sozialen<br />
Brennpunkten<br />
• Vermittlung von Medienkompetenz<br />
• Förderung von sozialer Integration und Toleranz sowie<br />
Verbesserung der Sozialkompetenz<br />
• Herstellung von Chancengleichheit in punkto Bildung für<br />
Kinder aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen<br />
• Entwicklungschancen für Kinder im Hinblick auf die<br />
Entfaltung ihrer kreativen Kräfte zu bieten<br />
• die soziale Integration zu fördern und zum Abbau von<br />
Vorurteilen beizutragen.<br />
Freizeit, non-formelles Konzept, Peer-Group<br />
und soziale Integration:<br />
Lese-Medien-Clubs sind ein Freizeitangebot besonders für<br />
Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Milieus. In gemütlicher<br />
Atmosphäre werden vielfältige Beschäftigungsangebote<br />
mit allen Formen von Medien geboten. Das Prinzip<br />
der Freiwilligkeit, die Peer-Group und die Identifikation<br />
stiftende Clubform unterstützen die Entwicklung von Eigeninitiative<br />
und Verantwortung. Die Besucherinnen und<br />
Besucher werden von den Clubbetreuern (Lehrkräfte, Ehrenamtliche,<br />
Bibliotheksmitarbeiter, Sozialarbeiter u. a.) angeleitet,<br />
die regelmäßigen Treffen und die dort stattfindenden<br />
Aktivitäten nach ihren Interessen weitgehend<br />
selbstbestimmt zu gestalten.<br />
Kinder unterschiedlicher geografischer und sozialer Herkunft<br />
werden in ihrem Umfeld vor allem über Ganztagsangebote<br />
in den Schulen angesprochen. Die Lese-Medien-<br />
Clubs können aber auch in Bibliotheken oder anderen<br />
Gemeindeeinrichtungen Platz finden. Bücher, Zeitschriften,<br />
Spiele, audiovisuelle und digitale Medien regen die gemeinsame<br />
Beschäftigung mit aktuellen Themen und auch<br />
die Vermittlung zwischen unterschiedlichen Kulturen und<br />
Lebensweisen an.<br />
Durch die Aktivitäten innerhalb des Clubs, aber auch im öffentlichen<br />
Raum, werden soziale Verhaltensweisen eingeübt<br />
und die Kommunikationskompetenz gestärkt.<br />
Der aktive und zielgerichtete Umgang mit unterschiedlichen<br />
Medien fördert die Medienkompetenz und führt eine<br />
verbesserte Akzeptanz von <strong>Lesen</strong> und Lernen herbei.<br />
Dies ist grundlegend für die eigene Bildungsmotivation, das<br />
schulische und berufliche Fortkommen sowie die Partizipation<br />
am kulturellen und gesellschaftlichen Leben.<br />
17
Was benötigt man zur Umsetzung?<br />
Die wichtigsten Voraussetzungen zur<br />
Gründung eines Lese-Medien-Clubs<br />
sind Engagement, Motivation und ein<br />
Raum. Denn der Leseclub ist sowohl<br />
inhaltliches Angebot als auch eine<br />
Räumlichkeit, die dem Angebot das<br />
passende Ambiente verleiht. Auch Eltern<br />
oder sonstige Engagierte können<br />
die Arbeit im Lese-Medien-Club unterstützen,<br />
z. B. bei der Betreuung<br />
der Clubstunden.<br />
Projektverlauf:<br />
Um Mitglieder zu „werben“ kann die Zielgruppe – Schülerinnen und Schüler<br />
– im Unterricht von allen Lehrkräften direkt angesprochen und auf den Club<br />
hingewiesen werden. Zusätzlich kann ein Aushang am „Schwarzen Brett“ das<br />
Angebot ankündigen und im weiteren Verlauf auf die jeweiligen Aktionen im<br />
Lese-Medien-Club hinweisen. Darüber hinaus können die Clubbetreuer Unterrichtsbesuche<br />
machen und z. B. mit Medienkoffer und Bücherrucksack auf<br />
das Angebot neugierig machen.<br />
Der Lese-Medien-Club sollte einen witzigen, interessanten, ausgefallenen, geheimnisvollen<br />
Namen erhalten, der die Interessen der Kinder und Jugendlichen<br />
in ihrem Club widerspiegelt. Die zukünftigen Mitglieder sind sicher auch mit ihrer<br />
ganzen Fantasie bei der Namensgebung mit dabei! Die Clubbesucher gestalten<br />
die Treffen und Aktivitäten nach ihren Interessen weitgehend selbst und<br />
sind auch für den Raum und die vorhandene Ausstattung mitverantwortlich. Die<br />
Clubbetreuer geben dabei Anregungen und Hilfestellungen.<br />
Betreuer und Mitglieder sollten gemeinsam besprechen, wie der Clubraum zu<br />
einem Wohlfühl-Ort werden kann. Der Raum sollte vielfältige gemischte Lesesituationen<br />
ermöglichen, eine Medienecke haben, aber auch die Möglichkeit<br />
bieten, sich zurückzuziehen und still zu lesen oder Austausch mit anderen über<br />
das Gelesene anregen.<br />
Sowohl das <strong>Lesen</strong>, wie auch die Mediennutzung können durch handlungs- und<br />
produktionsorientierte Aktivitäten und kreative Verarbeitungsformen positiv<br />
im Sinne der Motivation verstärkt werden. Hierzu gehören z. B. das Malen, Basteln,<br />
szenische Darstellen, Weiterschreiben eines Textes, das Erstellen eigener<br />
medialer Produkte und vielfältige weitere Möglichkeiten, durch deren Einsatz<br />
Literatur und Medien ganzheitlich behandelt werden sowie die subjektive Rezeption<br />
der Leser bzw. der Mediennutzer berücksichtigt wird.<br />
18
Darüber hinaus:<br />
Vielfältige spannenden Aktionen sind zur Anregung der Lesemotivation denkbar: eine gruselige <strong>Lesen</strong>acht, Ausflüge in<br />
die Bücherei oder zu literarischen Schauplätzen in der Region, <strong>Lesen</strong>, Malen und Basteln zu jahreszeitlichen Festen und<br />
Feiertagen, Literaturverfilmungen ansehen, eigene Filme und Fotostorys, eine Internetgeschichte schreiben, gemeinsam<br />
über andere Länder lesen und deren Gerichte kochen, ein Theaterstück für die Eltern und Familien aufführen, Lese scouts<br />
für die Mitschülerinnen und Mitschüler sein, Eltern und Verwandte zu ihren Lesevorlieben befragen, eigene Comics und<br />
Trickfilme machen, beim Schulfest eine literarische Rallye veranstalten, eine Schreibwerkstatt durchführen und ein eigenes<br />
Buch machen, eigene Lieder oder Raps texten und aufnehmen, SMS-Lyrik dichten und vieles, vieles mehr.<br />
Das Clubmodell:<br />
• Das non-formelle Konzept ermöglicht Kindern und Jugendlichen, sich aktiv<br />
und kreativ an der Gestaltung eines eigenen sozialen Handlungsspielraums<br />
zu beteiligen.<br />
• Die Peer-Group bietet die Möglichkeit, auf der Basis prinzipieller Gleichartigkeit<br />
und Gleichwertigkeit, sich durch eine offene Auseinandersetzung eigene<br />
Regeln für ein Miteinander unter gemeinsamen Zielsetzungen zu schaffen.<br />
• Die vorhandenen Medien ermöglichen den kollektiven Austausch in spielerischer<br />
Form und das individuelle „Sich-Ausprobieren“ an Bekanntem und<br />
Unbekanntem.<br />
Die spielerische, kreative und produktive Auseinandersetzung mit Büchern und<br />
Medien in einer Gruppe von Gleichaltrigen führt zu Kompetenzsteigerungen,<br />
die sich auch über den Lese-Medien-Club hinaus bemerkbar machen. Sie können<br />
insofern als sozialpädagogische Maßnahmen wirken, indem sie<br />
• zur Verbesserung sozialer Verhaltensweisen beitragen, d. h. die Sozialkompetenz<br />
fördern,<br />
• in der Lage sind, das gegenseitige Verständnis zwischen deutschen sowie ausländischen<br />
Kindern und Jugendlichen zu verbessern, d. h. die Kommunikationskompetenz<br />
fördern,<br />
• Kreativität, Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein fördern,<br />
• den aktiven und zielgerichteten Umgang mit unterschiedlichen Medien verbessern,<br />
also die Medienkompetenz fördern,<br />
• eine verbesserte Akzeptanz von Buch und <strong>Lesen</strong> herbeiführen und damit einen<br />
grundlegenden Beitrag für schulisches und berufliches Fortkommen leisten.<br />
19
3.2. Best-Practice-Beispiele<br />
Ein Tag im Lese-Medien-Club der Elly-Heuss-Knapp-Schule, Köln<br />
Erste große Pause, auf dem Weg zum Lehrerzimmer:<br />
„Frau Iwannek, ist heute Leseclub?“<br />
„Ja, klar! Kommst du?“<br />
„Ja!!! Ich habe auch das Buch dabei!“<br />
„Und? Hat es dir gefallen?“<br />
„Ja, es war spannend!“<br />
Mittwoch, 13.40 Uhr<br />
Vor dem Leseclub, einem ca. 16 qm großen Raum im Erdgeschoss<br />
der Schule, liegt schon ein Berg von Ranzen und<br />
Jacken. Einige Schülerinnen und Schüler warten verteilt auf<br />
dem Gang. Annika, die Lesepatin, ist auch schon da, als ich,<br />
bepackt mit Laptop, Kursbuch und den neuesten Buchanschaffungen<br />
für den Lese-Medien-Club der EHK, die<br />
Treppe herunterkomme. Ich schließe die Tür auf. 12 Schüler<br />
und Schülerinnen (eigentlich sind es 15, aber es ist immer<br />
jemand krank oder kann nicht kommen) ziehen sich<br />
ihre Schuhe aus und stellen sie mehr oder weniger ordentlich<br />
vor der Tür ab. Wir haben den einzigen Raum der<br />
Schule mit Teppichboden und der soll möglichst lange<br />
sau ber bleiben und zum gemütlichen Sitzen, <strong>Lesen</strong> und<br />
Spielen auf dem Boden einladen.<br />
Der Raum, von der Tür aus im Uhrzeigersinn beschrieben:<br />
links Bücherregale, daneben ein Schreibtisch, vor<br />
dem Fenster ein gemütlicher Sessel. Ein Korb mit Zeitschriften,<br />
auf der rechten Seite Computertisch, Sofa und<br />
Schrank. Im Schrank sind CDs, Spiele, Puzzle, Drucker,<br />
Kamera, Diktiergerät, CD-Player sowie Schreib- und Bastelmaterial<br />
untergebracht. Vor dem Schrank stapeln sich<br />
Sitzkissen. Unsere rollende Bücherkiste steht in der Mitte,<br />
sie wird, wenn Leseclubzeit ist, als Tisch gebraucht.<br />
Die Bücherregale sind gefüllt mit mittlerweile weit über<br />
200 Büchern.<br />
Das Konzept<br />
Der Lese-Medien-Club der Elly-Heuss-Knapp-Realschule<br />
hat sich zum Ziel gesetzt, die Lesemotivation und -kompetenz<br />
der Schüler und Schülerinnen zu fördern. Viele<br />
Schüler und Schülerinnen der EHK stammen aus familiären<br />
Kontexten, in denen das <strong>Lesen</strong> als Freizeitbeschäftigung<br />
keine Rolle spielt, sondern das Fernsehen das vorherrschende<br />
Medium darstellt. Besonders Kinder aus Migrantenfamilien<br />
haben laut der PISA-Studie aufgrund defizitärer<br />
Sprach- und Lesekenntnisse Schwierigkeiten, Bildungsund<br />
Arbeitsmarktchancen in unserer Gesellschaft wahrzunehmen.<br />
Aber auch in vielen deutschsprachigen Familien<br />
spielt das <strong>Lesen</strong> nur noch eine untergeordnete Rolle.<br />
In einem Zeitalter, in dem das Buch nur noch eines von vielen<br />
Medien ist, benötigen Heranwachsende Lesekompetenz,<br />
um diese Medien selbstbestimmt und bedürfnisgerecht<br />
nutzen zu können. Das bedeutet, dass <strong>Lesen</strong> nicht<br />
von anderen Medien abzugrenzen ist, sondern eine Schlüsselqualifikation<br />
darstellt.<br />
Das Modell eines Lese-Medien-Clubs ist besonders geeignet,<br />
um Leseinteresse bei den Schülern zu wecken. Im Club<br />
bekommen Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit, zu<br />
einem festen wöchentlichen Termin außerhalb des Unterrichtes<br />
in einem eigens dafür gestalteten Leseraum zu lesen,<br />
vorzulesen und sich vorlesen zu lassen, über Gelesenes<br />
zu sprechen, Bücher auszuleihen und<br />
weiteren Aktivitäten „rund ums <strong>Lesen</strong>“ nachzugehen.<br />
Die Kinder können dort auch Bücher<br />
ausleihen. In einen Lesepass sollen<br />
die Kinder kurze Informationen zu<br />
dem gelesenen Buch eintragen<br />
und die Lektüre bewerten.<br />
Falls es ihnen gefällt, stellen<br />
sie das Gelesene<br />
im Club vor, um in<br />
einen Austausch<br />
mit anderen darüber<br />
zu kommen.<br />
20
Die Mitglieder<br />
Maximal 15 Schüler (mehr fasst der Raum einfach nicht!)<br />
melden sich seit März 2009 jeweils für ein halbes Schuljahr<br />
an und besuchen den Leseclub. Es sind sowohl Mädchen als<br />
auch Jungen. Die Nationalitäten bzw. Herkunftsländer der<br />
Eltern sind bunt gemischt: Viele kommen aus Deutschland<br />
und der Türkei, aber auch Marokko, der Kongo und<br />
das Kosovo sind vertreten.<br />
Da es im Alter von ca. 12 Jahren auch bei vielen Kindern,<br />
die vorher gern gelesen haben, einen „Leseknick“ gibt,<br />
wird der Lese-Medien-Club zurzeit für die Klassen 5 und<br />
6 angeboten (in Ausnahmefällen auch für Schüler und<br />
Schülerinnen der Klasse 7).<br />
Viele haben Schwierigkeiten mit dem <strong>Lesen</strong>, manche lesen<br />
fast nie (außer gezwungenermaßen in der Schule). Wie wenig<br />
Bezug sie zu Büchern haben, erkennt man zum Beispiel<br />
daran, dass sie beim Einräumen des Bücherregales die Bücher<br />
mit der offenen Seite ins Regal stellen. Auch „starken“<br />
Lesern und Leserinnen steht der Lese-Medien-Club offen,<br />
um sie in ihrer Lesekompetenz zu fördern und ihnen die<br />
Freude am <strong>Lesen</strong> zu erhalten.<br />
Die Schüler haben die Bücher nach Schlagworten sortiert<br />
und jedes einzelne Buch katalogisiert. Dies geschah handschriftlich<br />
auf Karteikarten, was etwas altmodisch, aber für<br />
die Kinder sinnlicher, anschaulicher und leichter zu handhaben<br />
ist als eine PC-Datenbank.<br />
13.45 Uhr<br />
Die Kinder lassen sich auf dem Sessel, den Sitzkissen und<br />
dem Sofa nieder. Bücher werden zurückgegeben, der Lesepass<br />
wird ausgefüllt. Der Lesepass ist ein wichtiges Instrument<br />
der Leseförderung im Leseclub. Jedes Mal, wenn<br />
ein Clubmitglied ein Buch gelesen hat, füllt es eine Karte<br />
aus, auf der es den Inhalt des Buches beschreibt und das<br />
Buch bewertet. Wer am Ende des Halbjahres die meisten<br />
Bücher gelesen hat, bekommt einen Preis: Natürlich ein<br />
Buch!<br />
14.00 Uhr<br />
Einige Schüler erzählen, wie ihnen das gelesene<br />
Buch gefallen hat. Denn von großer Bedeutung<br />
für das Leseverstehen und die Herausbildung<br />
von Lesemotivation ist das Sprechen über<br />
das Gelesene.<br />
14.15 Uhr<br />
Nachdem die Lesepässe ausgefüllt sind, die Bücher besprochen,<br />
zurückgegeben und eingeordnet wurden, stelle<br />
ich einige Bücher vor, die ich, zum Teil auf Wunsch der<br />
Schüler, gekauft habe.<br />
Zurzeit stellen Jungen zwei Drittel der Clubmitglieder.<br />
Dies ist ungewöhnlich und macht es notwendig, auch auf<br />
die speziellen Leseinteressen der Jungen einzugehen. Am<br />
Samstag werde ich mich in der Stadt auf die Suche nach Büchern<br />
machen, die in erster Linie die Jungen ansprechen.<br />
Abenteuerbücher, z. B. „Ein Fall für dich und das Tiger-<br />
Team“ von Thomas Brezina. Der Leser muss in den Büchern<br />
selbst mit raten, was durch Bilder unterstützt wird.<br />
Emre liest nicht so gern, in einem halben Jahr Leseclub-<br />
Mitgliedschaft hat er es nur auf zwei Bücher gebracht.<br />
„Das Buch gefällt mir nicht.“<br />
„Wie viele Seiten hast du denn gelesen?“<br />
„Zwei Seiten?“<br />
„Das reicht nicht. Du musst dem Buch die Zehn-Seiten-Chance<br />
geben.“<br />
„Gib dem Buch die Zehn-Seiten-Chance!“ ist Bestandteil<br />
des Konzeptes „<strong>Lesen</strong> macht schlau“, das neue Zugänge<br />
zum <strong>Lesen</strong> an weiterführenden Schulen schaffen will. Dazu<br />
gehört, den Schülern zu helfen, herauszufinden, was sie<br />
gern lesen, ihnen als kompetente Beraterin zur Verfügung<br />
zu stehen und die eigenen Erlebnisse und Vorlieben beim<br />
<strong>Lesen</strong> zu erklären.<br />
Neulich habe ich in einem Buchladen „Gregs Tagebuch:<br />
Von Idioten umzingelt!“ von Collin McMahon und Jeff Kinney<br />
gefunden. Es geht darum, dass ein Junge ein Tagebuch<br />
schreibt und seine Eintragungen auf jeder Doppelseite<br />
durch eine witzige Comic-Zeichnung ergänzt. Ich habe<br />
dieses Buch mit dem Hintergedanken gekauft, es könnte<br />
doch eine Möglichkeit darstellen, Wenigleser wie Emre,<br />
Tim und einige andere zu motivieren. Ich berichte in der<br />
Runde, dass ich das Buch selbst gelesen und mich köstlich<br />
amüsiert hätte. Emre „beißt an“, nimmt es und<br />
vergräbt sich im Lesesessel.<br />
Eray schreibt an einem Artikel für die geplante<br />
Clubzeitung. Tim weiß nicht, was er machen<br />
soll und ärgert die Mädchen. Schließlich<br />
nimmt er sich das Puzzle und arbeitet weiter<br />
an der Kölner Altstadt.<br />
21
14.15 Uhr<br />
Annika, unsere ehrenamtliche Lesepatin, sammelt ein paar<br />
Kinder um sich und liest ihnen Geschichten vor. Ihr Einsatz<br />
hilft, den freiwilligen Charakter des <strong>Lesen</strong>s zu unterstreichen.<br />
Dabei wird über das Gelesene gelacht, gesprochen,<br />
Wörter werden erklärt.<br />
Eray und Muhammed verfassen eine Buchempfehlung.<br />
Nassim probiert das PC-Spiel „Willi will‘s wissen“ aus – ein<br />
Spiel, das von der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> prämiert wurde. Furkan<br />
geht in den Flur und übt seine Buchbesprechung, um sie für<br />
unsere Homepage auf Video aufzunehmen. Tim ist langweilig.<br />
Er ärgert Furkan, bis er sich schließlich das Puzzle<br />
nimmt und die Kölner Altstadt weiter vervollständigt.<br />
Zehra, Mirand und Nancy üben im benachbarten Klassenraum,<br />
Kölner Sagen vorzulesen, die sie dann wiederum<br />
Bewohnern eines benachbarten Altenheims vorlesen wollen.<br />
Dilara katalogisiert die Neuanschaffungen und zwei Tüten<br />
voll mit Büchern, die von Lehrern, Eltern oder älteren<br />
Schülern gespendet wurden. Nina liest eine Abenteuergeschichte<br />
auf unserem elektronischen Lesegerät.<br />
Weitere Aktivitäten im Lese-Medien-Club<br />
Im Club werden ausdrücklich auch andere Medien wie<br />
PC, Digitalkamera, Diktiergerät, CD-Player und elektronische<br />
Lese geräte mit einbezogen. So kann ein Hörspiel<br />
oder ein Kurz film zu einem Buch erstellt werden. Mit der<br />
Webcam neh men wir Buchempfehlungen auf. Die erste (zu<br />
dem Buch „Piratenfluch“) ist auf der Homepage der EHK zu<br />
sehen.<br />
Dies spricht besonders Jungen an, die ja erwiesenermaßen<br />
die größeren „Lesemuffel“ sind und ermöglicht ihnen, auf<br />
Umwegen einen Zugang zum <strong>Lesen</strong> zu bekommen. Eine<br />
geplante Aktivität des Lese-Medien-Clubs ist das Vorlesen<br />
im nahegelegenen Altenheim, das sowohl bei den Kindern<br />
als auch den Altenheimbewohnern und -bewohnerinnen<br />
auf großes Interesse stößt. Die Leseclub-Mitglieder sind im<br />
Internet-Leseportal Lepion angemeldet, in dem Fragen zu<br />
Büchern beantwortet werden können. Vor vierzehn Tagen<br />
haben wir mit unserer Bücherkiste Bücher in der Klasse 5c<br />
vorgestellt, die die Schülerinnen und Schüler ausleihen<br />
konnten. Das Interesse war sehr groß. Etwa die Hälfte der<br />
Klasse hat ein Buch ausgeliehen. Viele wollen unbedingt<br />
auch am Leseclub teilnehmen.<br />
15.15 Uhr<br />
Wir räumen auf, Bücher werden ausgeliehen, die Namen<br />
der Entleiher in Karteikarten eingetragen, der Laptop eingepackt.<br />
Ich frage Emre: „Na, wie viel hast du gelesen?“.<br />
„Zwanzig Seiten“, sagt Emre fast verschämt und steckt das<br />
Buch ein, um zu Hause weiter zu lesen. Annika und ich<br />
schließen die Tür ab und gehen hochzufrieden nach Hause.<br />
22
Leseclub „goes Social“<br />
... am Beispiel der Stadtbibliothek Warin<br />
Roswitha Auert leitet die Stadtbibliothek in Warin in Mecklenburg<br />
und begeistert die Kinder seit vielen Jahren mit ausgefallenen<br />
Leseförderungsideen. Im Jahr 2007 war der<br />
Geschichten-Erfinder-Bastel-Wettbewerb der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong>,<br />
„Tesalino und Tesalina“, Anlass für eine ganz besondere<br />
Begegnung: Sieben Kinder aus dem Leseclub erarbeiteten<br />
mit zehn Schülerinnen und Schülern der Schule für<br />
Blinde und Sehbehinderte im benachbarten Neukloster ein<br />
Theaterstück. Dafür lud der Wariner Leseclub die Schülerinnen<br />
und Schüler aus Neukloster an einem Nachmittag<br />
in den Leseclub ein, um gemeinsam die Geschichte für den<br />
Wettbewerb zu schreiben. Abschluss des gelungenen Projekts<br />
war die Aufführung der Geschichte als Theaterstück<br />
– hierfür besuchte der Leseclub die Schule in Neukloster.<br />
Durch das Projekt entstanden neue Freundschaften, und<br />
die Wariner Leseclubmitglieder erhielten einen ganz persönlichen<br />
Eindruck davon, was es bedeutet, lesebehindert<br />
oder blind zu sein. Sie lernten aber auch, dass die Kinder<br />
aus Neukloster dennoch begeisterte Leserinnen und Leser<br />
sind: Von der zusammen ausgedachten „Tesalino und Tesalina“-Geschichte<br />
gibt es auch eine Version in Blindenschrift.<br />
Bei der Lesung des Bad Sobernheimer Leseclubs in der Felke-Seniorenresidenz.<br />
Die Frühlingskarte der Schülerinnen und Schüler.<br />
... am Beispiel des Emanuel-Felke-Gymnasiums<br />
Bad Sobernheim<br />
Im Dezember 2010 setzte der von Kristina Friebis-Kau bereits<br />
2007 ins Leben gerufene Leseclub seine Idee, sich<br />
auch sozial vor Ort zu engagieren, in die Tat um. Die<br />
Club mitglieder führten eine vorweihnachtliche Lesung in<br />
der Seniorenresidenz Felkebad in Bad Sobernheim durch.<br />
Hierfür wurden im Vorfeld Gedichte und Erzählungen gemeinsam<br />
mit den Schülerinnen und Schülern ausgewählt<br />
und eingeübt.<br />
Im Frühjahr 2011 gab es eine weitere, etwa einstündige Lesung<br />
zum Thema „Ein bunter Strauß voll Frühlingsgeschichten“.<br />
Neben Erzählungen und Gedichten u. a. von<br />
Rosamunde Pilcher, Wolfdietrich Schnurre und Eduard<br />
Mörike wurde die Lesung der insgesamt zehn Schülerinnen<br />
und Schüler auch mit eigenen Darbietungen klassischer Musik<br />
aufgelockert. Eine andere Neigungsgruppe des G8-<br />
Ganztagsgymnasiums bastelte im Vorfeld eine kleine Überraschung<br />
für die Bewohnerinnen und Bewohner des<br />
Heims: Eine Frühlingskarte – darauf war jeweils ein in der<br />
Lesung vorgetragenes Gedicht sowie ein Gruß in altdeutscher<br />
Schrift. Auch dadurch werden sich die älteren Menschen<br />
noch lange an den gemeinsam verbrachten, schönen<br />
Nachmittag erinnern!<br />
Es sind weitere regelmäßige Treffen in der Seniorenresidenz<br />
geplant und auch die Ausweitung der Kooperation auf<br />
andere, z. B. künstlerische und musikalische Neigungsgruppen.<br />
Die Leseclubteilnehmerinnen und - teilnehmer haben<br />
von sich aus angeregt, mit den Senioren ins Gespräch<br />
zu kommen: Viele möchten mehr über das Leben in früheren<br />
Zeiten erfahren.<br />
Die Motivation der Schülerinnen und Schüler für diese soziale<br />
Aktion ergibt sich vor allem aus dem Gemeinschaftserlebnis,<br />
zusammen im Leseclub ein Projekt zu planen<br />
und durchzuführen. Aber auch das Feedback der Senioren<br />
ist sehr wichtig: Diese freuen sich sehr über den Besuch der<br />
jüngeren Generation und sind dankbar für die Abwechslung<br />
in ihrem Alltag.<br />
Besonders spannend ist es zu beobachten, wie Jugendliche<br />
während eines solchen Projekts auch geschlechterrollenspezifisches<br />
Verhalten überwinden können: So spielte z. B.<br />
in einem Sketch ein Junge eine Mädchenrolle. Im Schulalltag<br />
leistungsschwächere bzw. verhaltensauffällige Kindern<br />
sorgen in der Atmosphäre des Leseclubs häufig für ausnehmend<br />
positiv überraschende Resultate. Die Motivation,<br />
die sie dadurch erhalten, können sie in den normalen<br />
Schulalltag mitnehmen und davon profitieren.<br />
Die Kooperation unseres Leseclubs mit der Seniorenresidenz<br />
ist ein Projekt, von dem beide Seiten sehr profitieren!<br />
23
5. Service<br />
Literatur<br />
Thema Lesesozialisation<br />
Christine Garbe<br />
<strong>Lesen</strong> – Sozialisation –<br />
Geschlecht. Geschlechter -<br />
differenzierende Leseforschung<br />
und -förderung<br />
In: Andrea Bertschi-Kaufmann (Hg.):<br />
Lesekompetenz – Leseleistung –<br />
Leseförderung. Grundlagen, Modelle<br />
und Materialien<br />
Klett und Balmer Verlag, Zug / Kallmeyer<br />
Verlag, Seelze 2007, 280 S., € 25,95<br />
Christine Garbe<br />
Echte Kerle lesen nicht!? –<br />
Was man für eine erfolgreiche<br />
Leseförderung von Jungen<br />
beachten muss<br />
In: Michael Matzner / Wolfgang Tischner<br />
(Hg.): Handbuch Jungen-Pädagogik<br />
Beltz Verlag, Weinheim / Basel 2008, 413 S.,<br />
€ 39,90<br />
Werner Graf<br />
Lesegenese in Kindheit und<br />
Jugend. Einführung in die<br />
literarische Sozialisation<br />
Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler<br />
2010, 201 S., € 19,80<br />
Annette Kliewer / Anita Schilcher<br />
(Hg.)<br />
Neue Leser braucht das Land!<br />
Zum geschlechterdifferenzierenden<br />
Unterricht mit Kinderund<br />
Jugendliteratur<br />
Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler<br />
2004, 213 S., € 19,80<br />
Katrin Müller-Walde<br />
Warum Jungen nicht mehr<br />
lesen und wie wir das ändern<br />
können<br />
Campus Verlag, Frankfurt am Main /<br />
New York 2010, 285 S., € 16,90<br />
Maik Philipp<br />
<strong>Lesen</strong>, wenn anderes und<br />
andere wichtiger werden.<br />
Empirische Erkundungen zur<br />
Leseorientierung in der peer<br />
group bei Kindern aus fünften<br />
Klassen<br />
Lit Verlag, Münster 2008, 152 S., € 19,90<br />
Karin Richter / Monika Plath<br />
Lesemotivation in der Grundschule.<br />
Empirische Befunde<br />
und Modelle für den Unterricht<br />
Juventa Verlag, Weinheim 2005, 231 S.,<br />
€ 19,50<br />
Cornelia Rosebrock / Daniel Nix<br />
Grundlagen der Lesedidaktik<br />
und der systematischen schulischen<br />
Leseförderung<br />
Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler<br />
2010, 142 S., € 14,-<br />
Maryanne Wolf<br />
Das lesende Gehirn. Wie der<br />
Mensch zum <strong>Lesen</strong> kam und<br />
was es in unseren Köpfen<br />
bewirkt<br />
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg<br />
2009, 350 S., € 14,95<br />
Thema Medienpädagogik<br />
Günther Anfang / Kathrin Demmler /<br />
Klaus Lutz (Hg.)<br />
Mit Kamera, Maus und Mikro.<br />
Medienarbeit mit Kindern<br />
Kopäd Verlag, München 2005, 190 S.,<br />
€ 14,50<br />
Klaus Lutz / Kati Struckmeyer (Hg.)<br />
erzählkultur. Sprachkompetenzförderung<br />
durch aktive<br />
Medienarbeit<br />
Kopäd Verlag, München 2010, 134 S.,<br />
€ 15,-<br />
Dieter Spanhel<br />
Medienerziehung. Handbuch<br />
Medienpädagogik. Band 3<br />
Kopäd Verlag, München 2009, 336 S.,<br />
€ 19,80<br />
Edelgard Moers<br />
Informierendes <strong>Lesen</strong>. Mit<br />
Informationen aktiv umgehen,<br />
Lesekompetenz stärken,<br />
Beispiele aus der Praxis<br />
Cornelsen Scriptor Verlag, Berlin 2004,<br />
112 S., € 14,50<br />
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Adressen rund um<br />
Leseförderung und<br />
Medienpädagogik<br />
Akademie für Leseförderung<br />
der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> an der<br />
Gottfried Wilhelm Leibniz<br />
Bibliothek<br />
www.alf-hannover.de<br />
Die Akademie für Leseförderung<br />
bietet insbesondere für Lehrer ein<br />
reichhaltiges Programm, um das <strong>Lesen</strong><br />
in Niedersachsen auf vielfältige<br />
Weise zu unterstützen.<br />
Akademie Remscheid für<br />
musische Bildung und Medienerziehung<br />
www.akademieremscheid.de<br />
Die Akademie Remscheid verfügt<br />
über ein umfangreiches Kursangebot<br />
zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen<br />
in den Bereichen Literatur, Musik,<br />
Theater und Bildende Kunst.<br />
Arbeitskreis für Jugendliteratur<br />
(AKJ)<br />
www.jugendliteratur.org<br />
Der AKJ vergibt den Deutschen Jugendliteraturpreis<br />
und publiziert auf<br />
vielfältige Weise Informationen und<br />
Leseempfehlungen zur Kinder- und<br />
Jugendliteratur.<br />
Bundesverband der Friedrich-<br />
Bödecker-Kreise e. V.<br />
www.boedecker-kreis.de<br />
Der Bödecker-Kreis unterstützt Autorenlesungen<br />
an Schulen in organisatorischer<br />
und finanzieller Hinsicht.<br />
Eine Autorendatenbank gibt Auskunft<br />
über zur Verfügung stehende<br />
Schriftstellerinnen und Schriftsteller.<br />
Deutscher Bibliotheksverband<br />
www.bibliotheksverband.de<br />
Der DBV ist das Dachorgan der Bibliotheken<br />
in Deutschland und betreibt<br />
u. a. das Fachportal für Schulbibliotheken<br />
www.schulmediothek.de.<br />
JFF - Institut für Medienpädagogik<br />
in Forschung und Praxis<br />
www.jff.de<br />
Das in München ansässige Institut<br />
befasst sich in Forschung und pädagogischer<br />
Praxis mit dem Medien -<br />
umgang von Jugendlichen.<br />
<strong>Lesen</strong> in Deutschland<br />
www.lesen-in-deutschland.de<br />
Die Seite gibt einen breiten Überblick<br />
über die Leseförderung und<br />
enthält einen Veranstaltungskalender.<br />
<strong>Lesen</strong> Weltweit<br />
www.lesen-weltweit.de<br />
Portal der <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> und des<br />
Deutschen Instituts für Internationale<br />
Pädagogische Forschung zur<br />
Dokumentation weltweiter Leseförderungsinitiativen<br />
und -projekte.<br />
Medienzentrum Parabol e. V.<br />
www.parabol.de<br />
Medienzentrum für Nürnberg und<br />
Mittelfranken, vielfältiges Angebot<br />
an Workshops und Aktivitäten.<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Verleger:<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong>, Römerwall 40, 55131 Mainz · www.stiftunglesen.de<br />
Verantwortlich: Dr. Jörg F. Maas · Programme und Projekte: Sabine Uehlein<br />
Redaktion: Wolf Borchers · Bildnachweis: Yuri Arcurs@Fotolia (S. 1, 17); Prof. Dr. Dieter Spanhel (S. 4, 5); Monkey Business - Fotolia.com (S. 6);<br />
Prof. Dr. Christine Garbe (S. 7); pressmaster - Fotolia.com (S. 8); <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong>/Katrin Hage (S. 9, 15, 18); Kristian Sekulic - Fotolia.com (S. 10);<br />
<strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong> (S. 11); Fernando Battista (S. 12); Jin - Fotolia.com (S. 13); Medienzentrum Parabol (S. 14, 15, 16); picsfive - Fotolia.com (S. 19);<br />
Andy Dean - Fotolia.com (S. 20); Andrey Kiselev - Fotolia.com (S. 21); Anatoly Tiplyashin - Fotolia.com (S. 22, 24); Kristina Friebis-Kau (S. 23);<br />
utemov - Fotolia.com (S. 25) · Gestaltung: Plugin Design, Harald Walitzek, Undenheim<br />
© <strong>Stiftung</strong> <strong>Lesen</strong>, Mainz 2011<br />
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