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PDF-Download - Bayerische Staatsoper

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BmW<br />

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freude am fahren<br />

<strong>Bayerische</strong><br />

staatsoper<br />

Münchner<br />

Opernfestspiele<br />

23.6.–31.7.<br />

Harmonie im einklang.<br />

2012<br />

Sie faszinieren Tausende von Menschen aus aller Welt und sind für viele der Höhepunkt des Jahres: die Münchner Opernfestspiele.<br />

Mit 30 Opernaufführungen, Liederabenden und zahlreichen Konzerten auf höchstem Niveau erfreut das traditionsreiche Festival<br />

Jahr für Jahr sein Publikum – und das schon seit 1875. Ein Hochgenuss in Harmonie – das fördert BMW gern. Deshalb ist die BMW<br />

Niederlassung München Partner der Opernfestspiele. Tauchen Sie ein in eine Welt voller Glanz und Festlichkeit.<br />

Für glänzende Augenblicke auf der Straße, erleben Sie die perfekte Kombination von Sportlichkeit und Ästhetik – mit dem neuen<br />

BMW 6er Coupé. Mit Ausstattungsmöglichkeiten wie dem Bang & Olufsen High End Surround Sound System, dem intelligenten<br />

Allradsystem BMW xDrive und einem Design, das bewegt.<br />

BmW ist Partner der<br />

müncHner oPernfestsPiele.<br />

Das Magazin der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Partner der Münchner Opernfestspiele<br />

BmW münchen<br />

Kraftstoffverbrauch kombiniert: 11,3–5,4 l/100 km, CO 2<br />

-Emission kombiniert: 263–143 g/km.<br />

Als Basis für die Verbrauchsermittlung gilt der ECE-Fahrzyklus.<br />

Cover: © Paul J. Milette/Palm Beach Post/ZUMAPRESS.com<br />

MAX JOSEPH 4 Festspielausgabe 2011 – 2012<br />

Dank an<br />

Gesellschaft zur<br />

Förderung der Münchner<br />

Opernfestspiele.


Editorial9<br />

Geoffrey H. Short, towards another (big bang) theory, 2009, courtesy of Diemar/Noble Photography Gallery, London, and Galerie Florence Moll, Paris<br />

„Wagner und der Ring“ – das wäre die kurze Antwort auf die Frage, was die<br />

<strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong> in der Spielzeit 2011/12 am meisten beschäftigt hat. Rund<br />

sechs Monate betrug allein die Probenzeit für die Neuinszenierung von Richard<br />

Wagners Der Ring des Nibelungen. Die lange Antwort durchmisst einen weiten<br />

Bogen, wie es Richard Wagners Werk jenen, die sich ihm stellen, abverlangt. Beschäftigung<br />

mit Wagner bedeutet Auseinandersetzung, Konfrontation, Eintauchen<br />

in einen extremen, reichen Kosmos. Welch vielgestaltige Brücken sich von dort zu<br />

unserem eigenen Kosmos schlagen lassen, das spiegelt das Programm der diesjährigen<br />

Opernfestspiele wider.<br />

Die Erzählung, die Andreas Kriegenburg und sein Team in der Neuinszenierung<br />

des Ring zu Jahresbeginn entfachten, findet mit Götterdämmerung ihren Abschluss.<br />

Das gemeinschaftliche Ausagieren des Mythos mit den Sängern, Musikern,<br />

Statisten und die Teilhabe des Publikums haben den Mythos Stück für Stück<br />

ins Hier und Jetzt transportiert. Die letzte Premiere markiert aber zugleich auch<br />

einen Auftakt: für die Eröffnung der Münchner Opernfestspiele und die Premieren<br />

der Projekte Rund um den Ring, mit denen wir den Ring diesen Sommer in<br />

die Stadt – die Wagnerstadt München – tragen möchten.<br />

Die Polaritäten, mit denen Wagner uns konfrontiert, waren auch Ausgangspunkt<br />

für diese Festspielausgabe von MAX JOSEPH, die dankenswerterweise von<br />

der Gesellschaft zur Förderung der Münchner Opernfestspiele großzügig unterstützt<br />

wird. Andreas Kriegenburg formuliert seinen persönlichen Stand in der<br />

Arbeit am Ring. In gleißend helles Feuer hat das Fotografenteam Porträts der<br />

Ring-Künstler gelegt, während Wolfgang Koch, der den Alberich singt, sich für<br />

unsere Bildstrecke ins Zwielicht begeben hat.<br />

In den Gesprächen mit den Künstlern der Rund um den Ring-Projekte<br />

rückt auch die Person Wagner selbst in den Fokus. Wagner, der Frauenheld, der<br />

Antisemit, der Größenwahnsinnige, das unnachahmliche Genie? Zwei Projekte im<br />

Haus der Kunst setzen sich dies als Thema: Der Berliner Regisseur Sven Holm<br />

stellt in seinem Musiktheater-Happening Wagnerin die Schicksale der Frauenfiguren<br />

im Ring neben die Strategien einer weiblichen Erbfolge in der Dynastie Wagner.<br />

Die israelische Choreographin Saar Magal verfolgt in Hacking Wagner Spuren<br />

des Wagner-Banns in Israel. Für die Frage nach der Dimension, oder schlicht:<br />

Unfassbarkeit des von Wagner in seinem Opus magnum formulierten Weltendes<br />

findet Romeo Castellucci in seiner installativen Arbeit Dämmerung im Raum der<br />

Allerheiligen Hofkirche konkrete Bilder. Und Elfriede Jelinek legt in ihrem hier in<br />

Auszügen abgedruckten Bühnenessay REIN GOLD eine feinsinnige wie brutale<br />

Phänomenologie dieses Endes, dem Ende der Götterherrschaft und dem Ende<br />

ihrer Protagonisten, vor und fragt: Was bleibt?<br />

Zu einer Suche nach der Antwort laden auch die Arbeiten im öffentlichen<br />

Stadtraum ein. Der Installationskünstler Spencer Tunick wird Hunderte von<br />

Menschen zu szenischen Motiven aus dem Ring formieren. Und Oper für alle<br />

wird, dank unseres langjährigen Partners BMW München bei freiem Eintritt,<br />

einmal mehr zeigen, dass Oper durch ihr gemeinschaftliches Erleben lebendig<br />

wird – und bleibt.<br />

Nikolaus Bachler, Staatsintendant


KULTUR<br />

VERBINDET.<br />

Als eines der weltweit führenden Gase- und Engineeringunternehmen wissen<br />

wir: Technik, Erfahrung und Präzision sind die Voraussetzung für höchste<br />

Qualität. So auch in der Musik. Wir freuen uns, die <strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong><br />

als Spielzeitpartner zu begleiten. Wir teilen den Anspruch, kontinuierlich<br />

neue Maßstäbe zu setzen. Ob musikalisch oder technologisch – hinter jeder<br />

hervorragenden Leistung stehen Menschen mit Ambition.


INHALTSVERZEICHNIS<br />

MAX JOSEPH 4<br />

Festspielausgabe Spielzeit 2011–2012<br />

Cover<br />

Das Coverfoto zeigt den Jahrgang 2005 des Indian River<br />

Community College in Florida, USA, Studienfach Brandschutz.<br />

Die Studenten legten den Brand in dem drei -<br />

s töckigen Wohnhaus selbst und übten anschließend, ihn zu<br />

löschen.<br />

2<br />

EXPLOSIONEN<br />

Fotoserie von Geoffrey H. Short, für die der neuseeländische<br />

Fotograf Spezialisten für filmische Special<br />

Effects engagierte.<br />

9<br />

EDITORIAL<br />

Von Nikolaus Bachler<br />

18<br />

CONTRIBUTORS / IMPRESSUM<br />

20<br />

REIN GOLD<br />

Ein Bühnenessay von Elfriede Jelinek (Auszug)<br />

28<br />

GÖTTERMACHT UND MENSCHENWERK<br />

Essay von Karsten Fischer<br />

36<br />

DER SONNENSTRAHL IN DER BRANDWOLKE<br />

Andreas Kriegenburg über Götterdämmerung<br />

Foto: Tanja Kernweiss<br />

40<br />

WAGNERINNEN – GWYNETH JONES UND NINA STEMME<br />

Eine Begegnung mit den beiden großen Wagner-<br />

Sängerinnen. Von Pascal Morché<br />

Inhalt MAX JOSEPH 4<br />

48<br />

ZWISCHENWELTEN<br />

Alberich-Darsteller Wolfgang Koch,<br />

fotografiert im Zwielicht<br />

Foto: Michael Dürr<br />

56<br />

FÜR MEIN EMPFINDEN JEDENFALLS<br />

Ein Porträt der Ring-Choreographin<br />

Zenta Haerter.<br />

Von Dorion Weickmann<br />

62<br />

OPER FÜR ALLE<br />

64<br />

PORTFOLIO<br />

Rachell Sumpter & Abdelkader Benchamma<br />

74<br />

EIN TRAUM, WAS SONST<br />

Hausbesuch bei Hans-Jürgen Syberberg in Nossendorf.<br />

Von Peter von Becker<br />

Bild Schwan: Yvonne Gebauer Foto: Tanja Kernweiss<br />

82<br />

„SCHÖNER IST DIE RUINE EINER SCHÖNEN SACHE“<br />

Ein Gespräch zwischen den Festspielkünstlern<br />

Philine Rinnert, Wiebke Matyschok und Sven Holm<br />

91<br />

Mach’s einer nach und breche nicht den Hals<br />

Graphic novel. Von Patrick Widmer<br />

104<br />

IDEOLOGISCHER SPRENGSTOFF<br />

Richard Wagners Musik in Israel.<br />

Von Na’ama Sheffi<br />

110<br />

HACKING WAGNER<br />

Saar Magal über die Motive ihrer Performance<br />

114<br />

DER MENSCHEN RING<br />

Spencer Tunick an den künftigen Orten seiner<br />

Münchner Installation<br />

Foto: Till Janz<br />

Foto: Patrick Desbrosses<br />

Inhalt<br />

Festspielausgabe<br />

122<br />

„DAS LIED IST KEINE MINIOPER“<br />

Ein Gespräch mit Christian Gerhaher.<br />

Von Bernhard Neuhoff<br />

128<br />

VON EINER EMOTIONALEN GEHIRN-ERSCHÜTTERUNG<br />

Das Theater des Romeo Castellucci.<br />

Von Piersandra Di Matteo<br />

Foto: Luca Del Pia<br />

136<br />

STIRB UND KOMM WIEDER<br />

Träumerei zu Themen von Die Walküre<br />

Eine Erzählung von Brigitte Paulino-Neto<br />

145<br />

RINGORDNER<br />

153 AGENDA<br />

154 PLAKATE DER SPIELZEIT 2011/12<br />

166 KÜNSTLER DER MÜNCHNER<br />

OPERNFESTSPIELE 2012<br />

186 DIE PRODUKTIONEN DER MÜNCHNER<br />

OPERNFEStSPIELE 2012<br />

209 SPIELPLAN<br />

218 UM DIE FESTSPIELE VERDIENT GEMACHT<br />

Der Festspielpreis der Gesellschaft zur Förderung<br />

der Münchner Opernfestspiele<br />

223 ENGLISH EXCERPTS<br />

232 SCHÖNE FERIEN!<br />

Urlaubstipps von Festspielkünstlern


Die Bürgerinnen und<br />

Bürger des Freistaates Bayern<br />

Spielzeitpartner<br />

Hauptsponsoren<br />

BMW Niederlassung München – Opernfestspiele<br />

Dr. h. c. Irène Lejeune – <strong>Bayerische</strong>s Staatsballett<br />

Sal. Oppenheim – <strong>Bayerische</strong>s Staatsorchester<br />

Projektsponsoren<br />

AUDI AG<br />

Roland Berger Strategy Consultants<br />

BMW Niederlassung München<br />

Linde AG<br />

Loyalty Partner GmbH<br />

Siemens AG<br />

UBS Deutschland AG<br />

UniCredit Group<br />

Rudolf Wöhrl AG<br />

Premium Circle Atlantik Networxx AG, AUDI AG,<br />

BayernLB, BayWa AG, Ludwig Beck AG, Roland Berger<br />

Strategy Consultants, LA BIOSTHETIQUE PARIS,<br />

BMW Group, BR-KLASSIK, Clifford Chance, EADS<br />

Deutschland GmbH, GE Central Europe, HERMES<br />

ARZNEIMITTEL GmbH, Knorr-Bremse AG, Linde AG,<br />

Linklaters LLP, Loyalty Partner GmbH, Merck Finck & Co,<br />

Privatbankiers, Munich Re, Rudolf und Rosemarie Schels,<br />

Siemens AG, St.Galler Kantonalbank Deutschland AG,<br />

Stadtsparkasse München, Süddeutsche Zeitung,<br />

UBS Deutschland AG, UniCredit Group, Oliver Wyman<br />

Partner<br />

Classic Circle Anjuta Aigner-Dünnwald, Axis Re Europe,<br />

Benoist & Company GmbH, Böhmler Einrichtungshaus<br />

GmbH, Chris und Veronika Brenninkmeyer, Peter Graf<br />

von Brühl, Hotel Cristal GmbH, Stephanie und Constantin<br />

von Dziembowski, Konsul Otto Eckart, Field Fischer<br />

Waterhouse LLP, Günter Fleischmann, Hans-Peter und<br />

Marian ne Frericks, Katja und Matthias Geier, Goodrich,<br />

gr_consult gmbh, Dr. h. c. Rudolf und Angelika Gröger,<br />

Christa B. Güntermann, Hannover Leasing GmbH & Co. KG,<br />

Herrenbach Apotheke, Hofbräu München, Dorothea und<br />

Hans Huber, Dirk und Marlene Ippen, Sir Peter Jonas,<br />

Feinkost Käfer Verwaltungs- und Beteiligungs KG<br />

Michael Käfer, Wolf-Otto und Renate Kranzbühler,<br />

Jutta und Bernd Kraus, Klaus Josef und Martina Lutz,<br />

Dr. Joachim und Annedore Maiwald, Prof. Dipl.-Ing. Georg<br />

und Ingrid Nemetschek, nova reisen GmbH, Oberbank AG,<br />

Dr. Leonhard und Gertrud Obermeyer, Oligomo<br />

Management GmbH, Orpheus Opernreisen, Franz und<br />

Katharina von Perfall, Peters, Schönberger & Partner,<br />

Dr. Helmut Röschinger, Schaeffler Holding GmbH & Co. KG,<br />

Dr. Bernhard und Jacqueline Schaub, Christian<br />

Schottenhamel, Dr. Stefan Schulz-Dornburg, Dr. Jürgen<br />

und Dr. Elisabeth Staude, Juana und Otto Steinmetz,<br />

Dr. Martin und Eva Steinmeyer, Süd-Chemie AG, Umzüge<br />

Braun, Prof. Dr. Dr. h. c. Klaus Volk, Wacker Chemie AG,<br />

Marianne Waldenmaier, Juwelier Wempe, Familie<br />

Wickenhäuser, Wirsing Hass Meinhold, Xenium AG<br />

Campus Circle Dieter und Elisabeth Boeck Stiftung,<br />

Erika Kaufmann u. Rolf und Caroli Dienst, Vera und<br />

Volker Doppelfeld-Stiftung, Dr. Joachim Feldges,<br />

Wilhelm von Finck Stiftung, Iris und Kurt Hegerich,<br />

Marco Janezic, Silke und Klaus Murmann, nova reisen<br />

GmbH, Eugénie Rohde, Dr. Helmut Röschinger, Dr. Kurt<br />

und Chiona Schwarz, Dr. Jürgen und Dr. Elisabeth<br />

Staude, Dr. Martin und Eva Steinmeyer, Dr. James Swift,<br />

Susanne Wamsler, Georg und Swantje von Werz<br />

EINZIGARTIG WIE IHRE LIEBE<br />

Patron Circle ALR Treuhand GmbH<br />

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Baker & McKenzie,<br />

Bank Julius Bär Europe AG, Beck et al. Services GmbH,<br />

Willy Bogner, Bürklin OHG, CLEVIS Group, Rolf und<br />

Caroli Dienst, EVISCO AG, Herbert und Claudia Graus,<br />

Marianne E. Haas, Dr. Peter und Iris Haller, Iris und<br />

Kurt Hegerich, Nikolaus und Ingrid Knauf, leasing.de AG,<br />

Gisela und Ulfried Maiborn, Zubin und Nancy Mehta,<br />

Nachmann Rechtsanwälte, Riedel Holding GmbH & Co. KG,<br />

PD Dr. Dr. Hans und Monika Rinecker, Dr. Schnell<br />

Chemie GmbH, Dr. Susanne und Dr. Karl Heinz Weiss<br />

Inner Circle Marlene Ippen, Eugénie Rohde, Marion<br />

Schieferdecker, Susanne Wamsler, Swantje von Werz,<br />

Adelhaid Winterstein<br />

Ballet Circle Dr. Peter und Iris Haller,<br />

Michaela Heilbronner, Integra Treuhandgesellschaft mbH,<br />

Dr. h. c. Irène und Erich J. Lejeune<br />

Förderer<br />

Campus Freunde<br />

Freunde des Nationaltheaters München e. V.<br />

Freunde und Förderer der Musika lischen Akademie<br />

des <strong>Bayerische</strong>n Staatsorchesters e. V.<br />

Freundeskreis des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Gesellschaft zur Förderung der Münchner<br />

Opernfestspiele e. V.<br />

Die <strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong> bedankt sich bei ihren Partnern<br />

für die großzügige finanzielle Unterstützung.<br />

Werden Sie Partner!<br />

Informieren Sie sich unter:<br />

Development – Prof. Maurice Lausberg, Melanie Firley<br />

T 089 – 21 85 10 16, F 089 – 21 85 16 40<br />

development@staatsoper.de<br />

UHREN SCHMUCK JUWELEN<br />

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Brillant allerhöchster Kategorie, ab 1 Karat,<br />

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Gesellschaft zur<br />

Förderung der<br />

Münchner Opernfestspiele<br />

Die Geschichte der Gesellschaft zur Förderung der Münchner<br />

Opernfestspiele reicht zurück bis ins Jahr 1958. Damals<br />

begann der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Münchner<br />

Nationaltheaters. Im gleichen Jahr, am 11. April 1958,<br />

gründeten mehrere Einzelpersönlichkeiten und Unternehmen<br />

die Gesellschaft. Sie vereint derzeit 425 Opernfreunde in dem<br />

Gedanken, dass die Münchner Opernfestspiele nicht nur ein<br />

hochkultureller „Event“ für wenige sind, sondern auch vom<br />

Bewusstsein der Allgemeinheit getragen werden sollen. Dafür<br />

setzt sich die Gesellschaft sowohl ideell wie gesellschaftlich,<br />

publizistisch und, nicht zuletzt, finanziell ein. In ihren<br />

Gremien sind Persönlichkeiten des politischen, wirtschaftlichen<br />

und kulturellen Lebens vertreten, die beispielgebend<br />

die mäzenatische Grundeinstellung der Gesellschaft verkörpern<br />

und aktiv nach außen tragen. Mit den gesammelten<br />

Spenden und Mitgliedsbeiträgen (steuerlich absetzbar) fördert<br />

die Gesellschaft gezielt Neuproduktionen und andere<br />

künstlerische Projekte der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>.<br />

Gesellschaftlicher Höhepunkt des Vereinslebens ist<br />

der Staats empfang zur Eröffnung der Opernfestspiele. Die<br />

Gesellschaft zur Förderung der Münchner Opernfestspiele<br />

ist zusammen mit dem <strong>Bayerische</strong>n Ministerpräsidenten<br />

Gast geber dieses glanzvollen Ereignisses in den Räumen der<br />

Münchner Residenz. Eine weitere Möglichkeit zu Information<br />

und freundschaftlichem Miteinander bietet die jährliche<br />

Mitgliederversammlung, bei der die Mitglieder vom Inten -<br />

danten der <strong>Staatsoper</strong> persönlich über Programm und Pläne<br />

seines Hauses informiert werden.<br />

1965 wurde erstmals der Festspielpreis verliehen. Die<br />

Ge sellschaft will damit Persönlichkeiten des Münchner<br />

Opern lebens auf und hinter der Bühne auszeichnen, die<br />

sich besonders um die Festspiele verdient gemacht haben.<br />

Der Preis war 2011 mit 26.000 Euro dotiert und ist zu einer<br />

Tradition geworden. Eine lange Tradition hat auch die<br />

jährlich herausgegebene Festspielpublikation.<br />

Nähere Infos erhältlich über die Geschäftsstelle der<br />

Gesellschaft (T 089 – 37 82 46 47) oder unter<br />

www.opernfestspielgesellschaft-muenchen.de.<br />

Schirmherr<br />

Der <strong>Bayerische</strong> Ministerpräsident<br />

Ehrenpräsidium<br />

Der <strong>Bayerische</strong> Staatsminister für Wissenschaft,<br />

Forschung und Kunst<br />

Der <strong>Bayerische</strong> Staatsminister der Finanzen<br />

Der <strong>Bayerische</strong> Staatsminister für Wirtschaft,<br />

Infrastruktur, Verkehr und Technologie<br />

Der ehemalige Vorsitzende der Gesellschaft,<br />

Dr. Ing. Dieter Soltmann<br />

Ehrenvorsitzender<br />

Erhardt D. Stiebner<br />

Vorstand<br />

Dieter Rampl, 1. Vorsitzender<br />

Nikolaus Bachler<br />

Axel Bartelt<br />

Friedgard Halter, Schriftführerin und<br />

gesch.führendes Vorstandsmitglied<br />

Dr. Ingo Riedel<br />

Toni Schmid<br />

Dr. Wolfgang Sprißler, Schatzmeister<br />

Dr. Jörg D. Stiebner<br />

Gregor Vogelsang, 2. Vorsitzender<br />

Kuratorium<br />

Prof. Dr. Clemens Börsig, Vorsitzender<br />

Dr. Karl-Hermann Baumann<br />

Karin Berger<br />

Dr. Laurenz Dominik Czempiel<br />

Hanns-Jörg Dürrmeier<br />

Dr. Kurt Faltlhauser<br />

Olga Haindl<br />

Franz Haniel<br />

Dr. Walter Hohlefelder<br />

Marlene Ippen<br />

Dr. Klaus von Lindeiner-Wildau<br />

Dr. Stefan Lippe<br />

Dr. Helmut Röschinger<br />

Maria-Elisabeth Schaeffler<br />

Dr. jur. Georg Graf von Schall-Riaucour<br />

Michael Schneider<br />

Jeanette Scholz<br />

Dr. Henning Schulte-Noelle<br />

Prof. Dr. Wilhelm Simson<br />

Manfred Wutzlhofer<br />

Nachstehende Persönlichkeiten und Firmen<br />

unterstützen als fördernde Mitglieder die Arbeit der<br />

Gesellschaft in besonderem Maße:<br />

Christian Bahner Erben<br />

Joachim Bringfried Brunckhorst und<br />

Frau I. Julia Brunckhorst<br />

Rosemarie Dieterich<br />

Jan Geldmacher<br />

Dr. Konrad Göttsberger<br />

Dr. Altrud Ute Gottauf<br />

Olga Haindl<br />

Ulrike Hübner<br />

Marlene Ippen<br />

Helga Kreitmair<br />

Doris Kuffler<br />

Traudi Kustermann<br />

Dr. Klaus von Lindeiner-Wildau<br />

Dagmar Lipp<br />

Dr. Traudl Schäffer-Lissmann<br />

Dr. Jörg Mittelsten Scheid<br />

Dr. med. Margret Rembold<br />

Dr. Christine Reuschel-Czermak<br />

Dr. Helmut Röschinger<br />

Marianne Schaefer<br />

Dr. Friedrich K. Schieferdecker<br />

Rosalie Schlemmer und Jakob Schlemmer<br />

Dr. Dr. h. c. Albrecht Schmidt<br />

Dr. Roland Schulz<br />

Dr. Matthias Schüppen<br />

Prof. Dr. Wilhelm Simson<br />

Walter Singer und Dr. Peter Anton<br />

Dr. Ing. Dieter Soltmann<br />

Ursula Soltmann<br />

Andrea M. Spielmann<br />

Ursula Steiner-Riepl<br />

Bernhard Tewaag<br />

Stefan Vilsmeier<br />

Gregor Vogelsang<br />

Christine Volkmann<br />

Swantje von Werz<br />

Reinhilde Wilhelm<br />

Allianz SE<br />

<strong>Bayerische</strong> Landesbank<br />

<strong>Bayerische</strong> Landesbausparkasse<br />

Burda Creative Group GmbH<br />

Commerzbank AG<br />

Deutsche Bank AG<br />

Donner & Reuschel AG<br />

EADS Deutschland GmbH<br />

Fürst Fugger Privatbank KG<br />

Kunert Holding GmbH & Co.KG<br />

LfA Förderbank Bayern<br />

LHI Leasing GmbH<br />

Molkerei Meggle Wasserburg GmbH & Co. KG<br />

Messe München GmbH<br />

Riedel Holding GmbH & Co. KG<br />

SKF GmbH<br />

Swiss Re Europe S. A.<br />

UniCredit Bank AG<br />

Wacker-Chemie AG<br />

17


Impressum<br />

Contributors<br />

Magazin der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

www.staatsoper.de/maxjoseph<br />

Max-Joseph-Platz 2 / 80539 München<br />

T 089 – 21 85 10 20<br />

F 089 – 21 85 10 23<br />

www.staatsoper.de<br />

Na’ama Sheffi<br />

Seite 104<br />

Piersandra Di Matteo<br />

Seite 128<br />

Philipp Fürhofer<br />

Seite 28<br />

Foto Fürhofer: Marcus Höhn<br />

München<br />

Residenzstrasse 6<br />

089 238 88 50 00<br />

Wien<br />

Am Kohlmarkt 4<br />

01 535 30 53<br />

www.akris.ch<br />

E-Mail<br />

maxjoseph@staatsoper.de<br />

Herausgeber<br />

Staatsintendant Nikolaus Bachler<br />

(V.i.S.d.P.)<br />

Redaktionsleitung<br />

Maria März<br />

Gesamtkoordination<br />

Christoph Koch<br />

Redaktion<br />

Miron Hakenbeck, Rainer Karlitschek,<br />

Olaf A. Schmitt, Benedikt I. Stampfli,<br />

Martina Stütz<br />

Bildredaktion<br />

Yvonne Gebauer, Julia Schmitt<br />

Gestaltung<br />

Bureau Mirko Borsche<br />

Mirko Borsche, Johannes von Gross,<br />

Max Prediger, Judith Schröder<br />

Autoren<br />

Jennifer Becker, Peter von Becker,<br />

Daniel Ender, Karsten Fischer,<br />

Elfriede Jelinek, Simon Keenlyside,<br />

Saar Magal, Piersandra Di Matteo,<br />

Wiebke Matyschok, Nadja Michael,<br />

Pascal Morché, Bernhard Neuhoff, Brigitte<br />

Paulino-Neto, Na’ama Sheffi, Harald B. Thor,<br />

Dorion Weickmann<br />

Fotografen & Illustratoren<br />

Abdelkader Benchamma, Sydney<br />

Couldridge, Patrick Desbrosses, Michael<br />

Dürr, Martin Fengel, Philipp Fürhofer,<br />

Yvonne Gebauer, Gian Gisiger,<br />

Martin Haake, Wilfried Hösl, Till Janz,<br />

Tanja Kernweiss, Benjamin Krieg,<br />

Paul J. Milette (Palm Beach Post/<br />

ZUMAPRESS.com), Jindrich Novotny,<br />

Geoffrey H. Short (mit bestem Dank an die<br />

Diemar/Noble Photography Gallery, London,<br />

und die Galerie Florence Moll, Paris),<br />

Sebastian Stadler, Rachell Sumpter,<br />

Patrick Widmer<br />

Übersetzungen<br />

Ed Einsiedler, Fränk Heller,<br />

Raffaella Marini, Laura Schieferle,<br />

Adina Stern, Dawn Stinson<br />

Marketing<br />

Laura Schieferle<br />

T 089 – 21 85 10 27 / F 089 – 21 85 10 33<br />

marketing@staatsoper.de<br />

Schlussredaktion<br />

Christiane Fritsche<br />

Anzeigenleitung<br />

<strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong>:<br />

Imogen Lenhart<br />

T 089 – 21 85 10 06 / anzeigen@staatsoper.de<br />

Verlag:<br />

Doris Bielstein<br />

T 040 – 27 17 20 95 / doris.bielstein@jalag.de<br />

Lithografie<br />

MXM Digital Service, München<br />

Druck<br />

Gotteswinter, München<br />

ISSN<br />

1867-3260<br />

Nachdruck nur nach vorheriger Einwilligung<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

Na’ama Sheffi ist promovierte<br />

Historikerin und Leiterin<br />

der School of Communication<br />

am Sapir College in<br />

Sderot, Israel. Die Autorin<br />

von mehreren Büchern hat<br />

den Stellenwert Richard<br />

Wagners in Israel intensiv<br />

untersucht, u. a. in Der Ring<br />

der Mythen. Die Wagner-<br />

Kontroverse in Israel (2002).<br />

In dieser MAX JOSEPH-<br />

Ausgabe zeichnet sie die<br />

Geschichte dieses Konflikts<br />

nach und spricht auch von<br />

ihrer persönlichen Begegnung<br />

mit Wagners Musik.<br />

Ab S. 104.<br />

Till Janz<br />

Seite 74<br />

Dem Zauber eines besonderen<br />

Tages ist es geschuldet,<br />

dass die Bilder zur MAX<br />

JOSEPH-Geschichte über<br />

den Filmregisseur Hans-<br />

Jürgen Syberberg nicht nur<br />

in eine, sondern in zwei<br />

Richtungen veröffentlicht<br />

wurden. Aus dem Wagnis des<br />

Besuchs des Berliner<br />

Fotografen, der in London<br />

lebt, wurde ein Spiel, und<br />

Syberberg, ganz Meisterregisseur,<br />

setzte das Fotografenteam<br />

selbst in Szene.<br />

Die Fotografien sind zu<br />

sehen ab S. 74 und unter<br />

www.syberberg.de<br />

Piersandra Di Matteo<br />

veröffentlicht und verwirklicht<br />

ihre Gedanken über<br />

Theater als Dramaturgin und<br />

freie Kuratorin, als Forscherin<br />

der Universität von<br />

Bologna und als Mitbegründerin<br />

der Plattform Mont<br />

Analogue. Seit 2008 arbeitet<br />

sie mit dem italienischen<br />

Regisseur Romeo Castellucci<br />

zusammen, der zu den<br />

Opernfestspielen seine<br />

Installation Dämmerung<br />

zeigen wird. Für MAX<br />

JOSEPH formuliert sie das<br />

Innere seines faszinierenden<br />

Theaters. Ab S. 128.<br />

Tanja Kernweiss und<br />

Patrick Desbrosses<br />

Seiten 36, 56, 84, 130<br />

Die Fotografen Tanja Kernweiss<br />

und Patrick Desbrosses<br />

haben für diese Ausgabe<br />

ihre Porträts von Festspielkünstlern<br />

in Feuer gelegt –<br />

nicht im übertragenen Sinn,<br />

nicht digital, sondern material:<br />

Feuerzeugflammen und<br />

Feuer werkskörper flogen für<br />

die Dauer der Langzeitbelichtung<br />

über ihre Bilder. Das<br />

Handwerk zur Experimentierfreude<br />

haben beide Foto grafen<br />

während des Fotodesign-<br />

Studiums in München und des<br />

Meisterkurses 2009 an der<br />

Ostkreuzschule Berlin erlernt.<br />

Die Leuchtkästen von Philipp<br />

Fürhofer, die den Essay dieser<br />

Ausgabe bebildern, kann man<br />

wie Guckkästen betrachten:<br />

von vorne ein räumliches<br />

Motiv, von der Seite die<br />

Illusion sichtbar machend.<br />

Die Nähe zum Bühnenbild ist<br />

nicht zufällig. Fürhofer, der<br />

2008 die Meisterklasse der<br />

Berliner Akademie der Künste<br />

abschloss, hat 2011 mit<br />

Regisseur Stefan Herheim<br />

das Bühnenbild für Parsifal in<br />

Amsterdam entworfen.<br />

Welches Thema die Leuchtkästen<br />

haben? Den Ring des<br />

Nibelungen. Ab S. 28.<br />

Peter von Becker<br />

Seite 74<br />

Peter von Becker lebt als<br />

Schriftsteller und Kulturautor<br />

des Tagesspiegel in Berlin,<br />

dessen Kulturredaktion er bis<br />

2005 leitete. Seine Texte und<br />

Bücher erschienen seit den<br />

1970er Jahren in den führenden<br />

Zeitungen und Verlagen.<br />

Er gehört dem Direktorium<br />

des Forum du Théâtre<br />

Européen an und hat für die<br />

Berliner Universität der<br />

Künste weltweit über Theater<br />

und Literatur gelesen. Sein<br />

Text über die Begegnung<br />

mit dem Filmregisseur<br />

Hans-Jürgen Syberberg ist zu<br />

genießen ab S. 74.<br />

Foto von Becker: DER TAGESSPIEGEL/Mike Wolff Foto Kernweiss: Lena Alger<br />

Akris steht für selbstverständlich wirkende<br />

Mode, die den Bedürfnissen der Frau von<br />

heute entspricht. Für eine Mode, die genuine<br />

Kreativität und technische Innovation mit<br />

Tragbarkeit verbindet und dank ihrer klaren,<br />

architektonisch anmutenden Linienführung<br />

über den Tag hinaus Gültigkeit besitzt.


Elfriede Jelinek<br />

Auszug21<br />

REIN GOLD<br />

Ein Bühnenessay<br />

Bild Yvonne Gebauer, Seite 24–25<br />

B: Brünnhilde<br />

W: Wotan, der Wanderer<br />

[…]<br />

W: […] Du auch, Kind. Du wirst auch brennen, und du wirst<br />

das auch wollen. Alle wollen es, alle brennen darauf zu brennen.<br />

Es wird uns Götter, die wir uns sind, die wir für uns sind,<br />

und heute gehört uns Walhall und morgen nichts mehr, denn es<br />

wird uns nicht mehr geben. Es wird besser sein. So. Wenn die<br />

Menschen sich in Lügen und Widersprüche verwickeln, wie der<br />

Staat sich verwickelt, wenn alle mehr sein wollen, als sie sein<br />

können, dann sind wir überflüssig. Der Leviathan, der Staat in<br />

kurzen Ärmeln, dafür mit vielen Armen, will sich für die Ewigkeit<br />

setzen, wie wir Götter, und wir alle sind tot, bevor wir<br />

gelebt haben. Wir verstehen nichts mehr, jetzt schon. Ich zum<br />

Beispiel verstehe das mit dem rosa Panther nicht mehr, das<br />

schnall ich nicht, ich habe den Film nicht gesehen (oder es ist<br />

zu lang her, daß ich ihn sah), den hätte ich vielleicht noch verstanden,<br />

aber ich verstehe nicht, was aus dem Panther geworden<br />

ist. Das verstehe ich nicht mehr. Daß diese Menschen mit<br />

ihrer Pistole den Staat zum Einstürzen bringen wollten. Das<br />

verstehe ich nicht. Sie hätten sich auf uns, die Götter, verlassen<br />

können. Wir machen das schon. Wir wollen ja auch nichts anderes,<br />

na ja, vielleicht nicht alle von uns, aber ich jedenfalls<br />

will, daß alles zusammenbricht, was ich gebaut habe, ich will<br />

mein Werk aufgeben, ich will es beim Wandern nicht mitnehmen<br />

müssen, und auch wenn ich dann zu Hause sein werde, will<br />

ich mit meinem Werk zusammen untergehen, das haben die<br />

Deutschen schon immer gewollt, und so wird es auch gemacht,<br />

so ist es ausgemacht, ich will das Ende, nur eins noch, und das<br />

ist auch: das Ende. Und noch eins: das Ende. Mehr fällt mir<br />

nicht ein, das Ende heißt ja, daß es danach nicht weitergeht,<br />

doch eins geht und geht immer noch, das Ende, und danach<br />

noch einmal: das Ende. Aber das Ende ist noch nicht das Ende,<br />

bevor man nicht auch das Gedächtnis gelöscht hat. Dann erst<br />

Ende. Ich sehe, daß das Gedächtnis bereits sorgfältig gelöscht<br />

wurde. Wo wir etwas zu sehen glaubten, ist es leer. Da muß<br />

einer irrtümlich den Ring berührt haben, und jetzt kann er<br />

nicht mehr davon lassen. Der Wohnwagen fliegt in die Luft, die<br />

Wohnung brennt, die Katzen vorher ausgelagert, damit ihnen<br />

nichts passiert, das arme Pferd aber darf ins Feuer springen.<br />

Die Katzen gerettet, das Pferd nicht. Das Selbstopfer ist beschlossen,<br />

aber die Pistole werden sie noch finden, mehrere<br />

Pistolen und andre Metallwaren werden sie finden, nachdem<br />

das Opfer gebracht worden ist, die Selbstverbrennung, der<br />

Sprung in die Flammen, die Walküre hätte sich retten können,<br />

du, Kind, hättest eine Ausnahme sein können, aber du willst ja<br />

nicht, und wir sind jetzt auch alle tot. Größer im Entsagen sind<br />

wir, als wir je Morde, Tote begehrten. Zehn Menschen erschossen,<br />

aber am größten sind wir, wenn wir uns opfern wie Wotan,<br />

wie ich, das Selbstopfer ist also beschlossen, größer im Entsa-


REIN GOLD 23<br />

gen, ja, wir sagten es schon und entsagen uns jetzt, daß wir<br />

noch leben sollen. Wir entsagen dem, was wir begehrten, und<br />

das ist immer das Leben, doch wir haben den Tod gebracht,<br />

und jetzt ist das unser Ende, es darf unser Ende sein, wir opfern<br />

uns wie Wotan, wie ich, wir haben kein Kind, für das wir<br />

uns opfern, na, opfern wir uns halt einfach so, denn wir fühlen<br />

uns jetzt allmächtig und fähig, uns zu opfern. Der Wille wird<br />

zur Tat, die wir bereits zehnmal ausgeführt haben, jetzt gegen<br />

uns, warum sollte das schwieriger sein, nun ja, es ist schwieriger,<br />

sich selbst zu opfern als andre zu opfern. Das Feuer. Das<br />

Ende. Wir haben da keine Furcht mehr, wir haben auch keine<br />

Vorurteile gegen das Ende mehr, es kann kommen, wir haben<br />

es ursprünglich abgelehnt, wenn auch nur für uns, nicht für<br />

andre, für die haben wir es herbeigeführt, aber jetzt können<br />

wir das Ende auch für uns herzlich begrüßen, bitte Ende, komm<br />

doch herein, du bist willkommen! Keine Furcht, kein Bangen<br />

können uns mehr fesseln, keine Angst vor dem Tod. Mit derselben<br />

Leidenschaft, mit der wir früher das Leben begehrten, indem<br />

wir es anderen nahmen, ganzen zehn Personen genommen<br />

haben, nehmen wir es jetzt uns selbst. Gibt es einen, der sich<br />

freiwillig meldet, der für uns weiterleben will und in dem wir<br />

weiterleben können? Noch mehr Helden? Meldet sich keiner?<br />

Nicht wenigstens einer? Kein Freiwilliger? Dann ist es eben<br />

nur für uns das Ende, und die Walküre darf zünden und gehen.<br />

Dem Fremden sind feindlich wir, aber er ist uns doch das<br />

Liebste, denn er darf fallen, durch uns. Klingt komisch, ist aber<br />

wahr. So wie Wotan vom Ring total angefixt war, obwohl man<br />

ihm ja gesagt hatte, der wird sein Ende sein, die Selbstvernichtung,<br />

indem man etwas will. Gut, wir gehen jetzt in die Flammen.<br />

Wir erschießen uns, einer den andern, dann der letzte<br />

sich selbst, und Abmarsch in die Flammen. Was bleibt? Was<br />

bleibt von uns? Diese lustige Figur, dieser Panther, der ist die<br />

eine Münze zuviel, daß dem Onkel Dagobert der Speicher einstürzt.<br />

Eigentlich ist er ein Edelstein gewesen, einmal ein echter<br />

Edelstein, etwas Kostbares, den Namen verdankt er einer<br />

seltsamen Einsprengung, einer pantherförmigen Rune, so habe<br />

ich es verstanden. So lebt er fort, außer, man zündet ihn an.<br />

Egal. Das Schwert ist geschmiedet, von Helden gemacht, nur<br />

der eine oder der andre kann es, das Schmieden aus Eisenfeilspänen,<br />

und er benutzt es auch, dieses Können. Während du,<br />

Kind, sorglos schläfst, hüpft der nette Panther also ums Feuer<br />

herum. Bis zum Ende. Daß ihm das nicht langweilig wird! Nein,<br />

er kann jetzt aufhören, das ist schon das Ende. Man endet<br />

selbst, sonst ist es kein richtiges Ende. Nur dieses Ende, daß<br />

man selbst endet, ist auch eins. Du siehst ihn nicht, aber er ist<br />

da, er ist immer da, bis er zu Ende ist. Er will nicht mehr weiter,<br />

er kann nicht mehr weiter, er will und bekommt das Ende.<br />

Wo die Denker am Ende sind, fangen die Tiere an zu denken,<br />

und dann fangen sogar die Künstler damit an. Du merkst es<br />

gar nicht. Dich stört er nicht, Kind. Nichts stört dich mehr.<br />

Mich auch nicht, aber ich verstehe ihn nicht. Ein Plüschtier, ein<br />

bloßes Zeichen, dazu auch noch gezeichnet, gezeichnet wie wir<br />

vom Tod, gezeichnet wie das Leben von Zerstörung, überzeichnet<br />

wie eine Aktie, die begehrt ist, gleich nach der Ausgabe,<br />

man kriegt gar keine mehr, gleich überzeichnet, auch in Plüsch<br />

erhältlich, eine Trickfigur wie die lustige Geldvermehrung, in<br />

der alles gipfelt, was es nicht bis auf den Gipfel schafft! Der<br />

Ehrgeiz bringt diese Leute dorthin. Die bringen Leute um, die<br />

Germanen, die aber auch enden, wie wir, ihre Götter, wie alles,<br />

wie der Göttervater im Führerbunker, wie seine Gattin, die<br />

nicht immer dasselbe wollte wie er, aber dasselbe bekommen<br />

hat, den Tod, alle wollen enden, das ist das Ende von allen, von<br />

uns haben sie es schließlich gelernt, wie man Schluß macht.<br />

Macht viel Arbeit, ist aber befriedigend bis genügend. Ausreichend.<br />

Alle im Feuer verbrannte Arbeit ist vergangene Arbeit.<br />

Alle ans Töten verwendete Arbeit ist vergangene Arbeit, bevor<br />

sie noch beginnt. Sie wurde bereits zehnmal eingesetzt, mindestens!,<br />

und verbraucht. Ende der Arbeit und aus. Was bleibt?<br />

Gegenstände. Sonst nichts. Der Schatz wieder im Rhein, das<br />

Schätzchen in seiner Zelle, alle lieb zueinander und zu einem<br />

oder mehreren andren zu Lebzeiten, wenn auch nicht zu uns,<br />

wenn auch nicht zu zehn Personen, sonst zu vielen, vielleicht zu<br />

allen, lieb, sie waren trotzdem da, sie waren da, und jetzt haben<br />

sie geendet. Alle tot, was nicht heißt, daß sie auch alle geendet<br />

hätten, aber alle tot jetzt. Was bleibt? Gegenstände, Schutt,<br />

Müll. Ich mache mir nicht die Mühe, mir auf sie einen Reim zu<br />

machen, gereimt ist hier alles, doch darauf kann ich mir keinen<br />

Reim machen, eigentlich schade, alle tot, alle tot, was bleibt:<br />

Autogrammkarte Cindy aus Marzahn, 3D-Brille, Katzenimpfpass,<br />

Gutschein Zähnebleaching, Halstuch mit Panther-, nein,<br />

Leopardenmuster, Lederschnürstiefel, Bügeleisen Microstar,<br />

rote Weihnachtsmannmütze in Übergröße, Socken rot-weißblau-braun<br />

geringelt, Aschenbecher mit acht Kippen, fast verbrannt,<br />

doch nicht ganz, Nintendo-Spiel, das Buch „1000 – Die<br />

besten Backrezepte“. Das könnte auch in andren Wohnungen<br />

sein, allein oder mit anderen. Schon seltsam, was alles ein Feuer<br />

übersteht! Zu früh gelöscht vielleicht die Lohe. Bloß die<br />

Zwerge hämmern immer noch drauf, obwohl da nichts mehr<br />

liegt, das sich noch formen ließe. Zu Ende. Es bleibt allein übrig,<br />

was es auch ist. Kind, du bist jetzt auch allein. Die sind alle<br />

tot, wir werden alle enden, falls sie es noch nicht getan haben,<br />

ich werde wissen, daß nichts geblieben ist, nichts von mir, meine<br />

Kinder alle tot, aber wenn ich untergehen muß, dann richtig,<br />

dann will ich meine Welt nicht solchen Leuten überlassen.<br />

Ich weiß jetzt aber nicht einmal, wer diese Leute überhaupt<br />

sind. Mein Fehler. Ich weiß nur, daß ich ihnen nichts lassen<br />

möchte. Entschuldige, Kind. Du hast viel aushalten müssen mit<br />

mir, weil ich so streng war. Du hast deinen Vater ertragen, du<br />

hast ihm folgen müssen. Jetzt darfst du schlafen. Ruh dich aus,<br />

Kind! Schlaf auf dem Felsen, schlaf weiter, schlaf, wenn ich es<br />

dir doch sage, Kind! Du jammerst zwar ununterbrochen, als<br />

wärst du nicht meine Tochter: Papa liebt mich nicht, er hat<br />

mich nie geliebt, er muß immer was Neues lieben, aber nie<br />

mich!, so geht das in einem fort. Nicht die Tochter. Alle anderen,<br />

bloß nicht die eigene Tochter! Aber die Liebe ist kein<br />

Selbstzweck. Wenn du sie nicht kriegst, dann hast du sie eben


REIN GOLD 27<br />

nicht. Dann hat sie ein andrer, oder es gibt sie gar nicht. Die<br />

Katzen wurden gerettet, die Männer sind tot und entflammt<br />

von sich selbst. Die paar Gegenstände übrig, nichts wert. Nichts<br />

wert, für niemanden etwas wert. Nur der Wert selbst ist ewig.<br />

Der Wert ist meins. Ich bin für die Werte zuständig, auch wenn<br />

sie von jemand anderem kommen, auch wenn sie mir aufgezwungen<br />

werden von der Gattin, sie sind und bleiben doch<br />

Werte. Viele sterben für sie. Auch ich könnte für sie sterben.<br />

Die Werte sind meine Kinder. Meine Kinder sterben auch, und<br />

ich sterbe für sie und wegen ihnen. Alles tot. Alles, was ist,<br />

endet. Die Liebe der Zweck, aber auch sie verrate ich ja. Nur<br />

das Geld ist ewig. Das Geld bleibt, nur hat es ein andrer. Dem<br />

bleibt das Geld dann, auf ewig, oder es bleibt ihm eben nicht.<br />

Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist Selbstzweck, was<br />

meine Liebe zu euch nicht ist, obwohl ihr dann alle tot seid, nur<br />

das Geld als Kapital, geschaffen unschuldig von Zwergen, später<br />

riesig, Kapital, angewachsen zu einem gigantischen Haufen<br />

(schade, daß die Riesen das nicht mehr sehen!), den Menschen<br />

nicht mehr übersehen, umschließen, forttragen, schaffen, wieder<br />

ausgeben, vergeuden, dem Menschen nichts mehr antun<br />

können, denn das Geld ist unzerstörbar, und die Verwertung<br />

des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung<br />

der Zirkulation, die einfach, nein, nicht einfach, aber<br />

doch: Natur ist. Alles, was Natur ist, endet. Dies aber nicht.<br />

Dies ist das einzige, das nicht endet, das nie endet. Wir springen<br />

ins Feuer, andre verbrennen, wir verbrennen wieder andre,<br />

aber dies endet nie! Alles, was wird, stirbt, das aber nicht. Der<br />

Wohnwagen brennt, die Wohnung ist entflammt, alles steht in<br />

Flammen, doch keiner ist für uns entflammt. Nur eines lebt.<br />

Da regt sich was und vermehrt sich! Wir könnens nicht sein,<br />

aber da bewegt sich noch was. Die Bewegung des Kapitals ist<br />

ja maßlos. Die hört nicht auf. Aber du, Kind, jammerst, weil<br />

dich der Papa nicht liebt! Schau dir das Geld an, das muß nicht<br />

geliebt werden, obwohl selbstverständlich alle es tun. Vom Kapitalisten<br />

geht das Geld aus, zu ihm kehrt es wieder zurück,<br />

immer mehr, als es war. Er ist der Ausgangspunkt, und er ist<br />

die Brust, zu der es zurückkehrt, das Geld. Schmatz! Sogar ich,<br />

ein Gott, bin tot, typisch, Gott ist für euch gestorben, aber das<br />

Geld lebt. Da lebt noch was, Gott sei Dank, oh, Entschuldigung,<br />

keiner mehr da, dem wir dafür danken können! Nur das<br />

Geld als Sein, als Selbst, als Zweck, als Ich ist noch da. Die<br />

Verwertung des Werts, der objektive Inhalt seines Wanderns,<br />

wie meines Wanderns früher, als ich noch konnte, als ich noch<br />

gehen konnte, als ich meine liebe Lanze noch hatte, bevor ein<br />

Idiot sie mir zerbrochen hat, das waren noch Zeiten! So, aber<br />

das Geld wandert, ohne daß es gehen könnte, das ist sein<br />

Zweck, und nur die immer mehr zunehmende Anhäufung und<br />

die immer fortwährende Aneignung von Reichtum ist das Motiv<br />

seiner Verrichtungen und meiner Vernichtung. Schau nur,<br />

Kind, wie brav das Geld es macht! Nimm dir ein Beispiel! Es<br />

wird nie müde. Es geht und kommt wieder, mehr als es war.<br />

Aber du jammerst, willst schlafen, mußt einschlafen, der Papa<br />

will es. Du zirkulierst nicht mehr, bist nicht mehr in Umlauf,<br />

man sieht dich nirgends mehr, daher verlierst du deinen Wert.<br />

Der Held wird dich vergessen, weil du dich nicht bewegst, um<br />

mehr zu werden, was bedeutet: sein zu bleiben. Du hättest<br />

schon auch selber was dazu tun müssen, daß der Held dir bleibt.<br />

Aber es macht nichts. Der Kapitalist, nicht als Person, da ist er<br />

völlig uninteressant, sondern personifiziertes, mit Willen und<br />

Bewußtsein begabtes Kapital! Das begabte Kind ist nichts dagegen!<br />

Nicht einmal der Gewinn ist etwas, das zählt! Nicht einmal<br />

der Gewinn ist wichtig, nichts ist wichtig, nur das rastlose<br />

Gewinnen, die rastlose Bewegung des Gewinnens, die Rastlosigkeit,<br />

nicht die, zu wandern, sondern die, mehr zu werden.<br />

Der Kapitalist wird zum Geld. Der Besitzer wird zu seinem<br />

Schatz. Diese leidenschaftliche Jagd! Schau, wie dein Papa es<br />

macht: So ist es recht. So ist es gut. Soll ich es dir am Beispiel<br />

des Schatzes erläutern? Nein, ich werde es dir nicht am Beispiel<br />

des Schatzes erläutern, aber ich könnte es tun, weil die<br />

blöden Riesen und die depperten Zwerge und noch mindestens<br />

zweihundert Personen, die gar keine richtigen Personen sind,<br />

manche sind nur Geschöpfe, Wesenheiten, Waldgeschöpfe, die<br />

packen und fassen mögen, nichts andres können sie, weil die<br />

alle, nein, nicht alle, aber ein paar von ihnen dermaßen hinter<br />

diesem Schatz her sind. Das ist schon ein Thema, finde ich, wir<br />

könnten es in unserer nächsten Sendung behandeln, die nie abgeschickt<br />

und auch keiner Behandlung bedürfen wird. Mein<br />

Börsenberater sagt immer: kein Thema. Aber es ist eins. Es ist<br />

ein großes Thema. […]<br />

Der Text ist dem Bühnenessay<br />

REIN GOLD von<br />

Elfriede Jelinek entnommen.<br />

Copyright ©<br />

Elfriede Jelinek, 2012<br />

Aufführungsrechte:<br />

Rowohlt Theater Verlag,<br />

Reinbek bei Hamburg<br />

REIN GOLD –<br />

Ein Bühnenessay<br />

Urlesung am Sonntag,<br />

1. Juli 2012,<br />

Prinzregententheater<br />

Elfriede Jelinek ist Autorin eines<br />

umfangreichen Werks von Romanen,<br />

Theaterstücken, Hörspielen<br />

und Essays. Zuletzt wurden das<br />

„Begleitstück“ FaustIn and out<br />

(2012) und Kein Licht (2011) in<br />

Zürich und Köln uraufgeführt. Für<br />

ihre wortgewaltigen Texte erhielt<br />

die Österreicherin 2004 den Nobelpreis<br />

für Literatur und zählt zu<br />

den wichtigsten literarischen<br />

Stimmen der Gegenwart. Sie lebt<br />

in Wien und München.


28<br />

Göttermacht und<br />

Menschenwerk<br />

29<br />

Von der Entwicklung der<br />

Demokratie dank Selbstbewusstsein<br />

und Selbstbeschränkung<br />

Essay Karsten Fischer<br />

Bilder Philipp Fürhofer<br />

Siegfried II, 2012<br />

Acryl und Öl auf Acrylglas, Haushaltsschwämme, Lappen<br />

und Fotodruck, 124 x 122 x 10 cm<br />

Politischer Wandel<br />

als Frage der Perspektive<br />

Bis weit in die europäische Neuzeit hinein<br />

haben Gesellschaften politische<br />

Machtwechsel mit geradezu apokalyptischen<br />

Befürchtungen verbunden.<br />

Denn gleich, ob man an eine für Götter<br />

wie Menschen verbindliche Weltordnung<br />

glaubte, wie sie die Ma’at im<br />

alten Ägypten bezeichnete, oder an<br />

eine vom souveränen Schöpfergott<br />

gewünschte Ordnung des weltlichen<br />

Geschehens – stets musste eine Änderung<br />

in dieser Ordnung als Frevel<br />

empfunden werden und begleitete<br />

sie also der im Vorspiel zu Wagners<br />

Götterdämmerung von den Nornen<br />

geäußerte Weltuntergangsverdacht:<br />

„Der ewigen Götter Ende dämmert<br />

ewig da auf.“<br />

Dies weiß man heute ideologiekritisch<br />

als Wirkung repressiver Herrschaftsmythen<br />

aufzuklären, die zur Stabilität<br />

autoritärer Regime beitragen. Doch<br />

die auf Aristoteles zurückgehende<br />

Idee, dass politisch-soziale Ordnung<br />

der natürlichen Bestimmung des Menschen<br />

entspricht und deren Gegenteil<br />

nichts weiter als einen widernatürlichen<br />

Aufruhr bedeutet, hat nicht<br />

bloß eine über zwei Jahrtausende<br />

währende Wirkungsgeschichte. Bis<br />

heute ist sie außerhalb der westlichen<br />

Welt in Teilen noch virulent, und in<br />

Form der immer wieder aufflackernden<br />

Skepsis gegenüber Parteien und<br />

Interessengruppen sogar in westlichen<br />

Demokratien. Die Sehnsucht nach einer<br />

harmonischen oder gar homogenen<br />

Gesellschaft anstelle eines individualistischen<br />

Pluralismus lässt dabei<br />

gerne übersehen, dass Konflikte ein<br />

Lebenselixier von Gesellschaften sind,<br />

und politischer Wandel eine Form der<br />

Konfliktbearbeitung ist.<br />

Eine Änderung der traditionellen<br />

Herrschaftsauffassung ergab sich erst<br />

in der europäischen Neuzeit, als sich<br />

die Vorstellung, Ordnung sei natürlich<br />

und Unordnung widernatürlich, ins Gegenteil<br />

verkehrte. Unter dem Eindruck<br />

jahrzehntelanger (Bürger-)Kriege sah<br />

man Unordnung infolge von Aufruhr<br />

als natürliche Neigung des Menschen<br />

und Ordnung als künstliche und also<br />

fragile, vertragliche Vereinbarung, die<br />

von der rationalen Erkenntnis der<br />

eigenen (Überlebens-)Interessen abhängt.<br />

Die Ordnung wurde dabei aber<br />

lediglich anders gedacht und begründet;<br />

ihre unbedingte, alternativlose<br />

Geltung blieb hiervon unberührt, wie<br />

sich exemplarisch und wirkungsmächtig<br />

ab Mitte des 17. Jahrhunderts bei<br />

Thomas Hobbes zeigte.<br />

Doch war einmal die Künstlichkeit<br />

von Ordnung zum Gemeingut<br />

geworden, konnten in der Moderne<br />

bewusste Alternativen zur bestehenden<br />

Ordnung zum positiven Ziel politischen<br />

Handelns erklärt werden. Nicht<br />

umsonst ist die Moderne das Zeitalter<br />

der Revolutionen, die mit dem Sturz<br />

überkommener Ordnungen regelrechte<br />

Heilserwartungen zu verbinden begannen.<br />

Auch politischer Umsturz, oder<br />

kurz und neutral: politischer Wandel,<br />

ist also eine Frage der Perspektive.<br />

Doch um zu erfassen, was unsere heutige,<br />

demokratische Sicht der Dinge<br />

auszeichnet, müssen wir zurück zum<br />

historischen Ursprung der Politik, wie<br />

wir sie verstehen, nämlich zu dem, was<br />

der Althistoriker Christian Meier mit<br />

dem Titel seines berühmten Buches<br />

Die Entstehung des Politischen bei den<br />

Griechen genannt hat.


31<br />

Walküre II, beleuchtet, 2012<br />

Acryl und Öl auf Spionspiegelleuchtkasten, Leuchtstoffröhren, Buntstifte<br />

und Plastikfolien, 124 x 122 x 10 cm<br />

Walküre II, unbeleuchtet, 2012, 124 x 122 x 10 cm<br />

Am Anfang war eine<br />

Götterdämmerung<br />

Wie bereits angedeutet, war die politisch-soziale<br />

Ordnung in den Hochkulturen<br />

des alten Orients ebenso wie<br />

im antiken Judentum (und hernach<br />

wieder im mittelalterlichen Christentum)<br />

als übernatürlich bestimmt und<br />

der menschlichen Verfügbarkeit entzogen<br />

gedacht worden. Doch in der<br />

griechischen Antike, genauer gesagt<br />

im Zuge der Entwicklung der freiheitlichen<br />

und demokratischen Stadtstaaten<br />

(póleis) seit dem 8. Jahrhundert v.<br />

Chr., verstand man das Politische als<br />

Angelegenheit, die ausschließlich den<br />

Entscheidungen freier Bürger unterworfen<br />

war, und verzichtete also auf<br />

Essay<br />

jegliche, fortan als unpolitisch verstandene<br />

Bezugnahme auf außerweltliche,<br />

übernatürliche Größen. Damit ist es<br />

möglich geworden, das Problem der<br />

Herrschaft konsequent von der Freiheit<br />

her zu denken – nicht mehr bloß,<br />

wie im alttestamentarischen Israel, als<br />

dem Exodus zu verdankende Freiheit<br />

zum Leben unter dem Gesetz Gottes,<br />

sondern als umfassende Freiheit, deren<br />

einzige Begrenzungen durch die<br />

politische Entscheidung der Bürgerschaft<br />

gezogen werden, durch Selbstgesetzgebung,<br />

Autonomie also. Diese<br />

„Entstehung des Politischen bei den<br />

Griechen“ ist folglich auch mit einem<br />

neuen Rechtsdenken verbunden, das<br />

eine Emanzipation von vermeintlichen<br />

Forderungen und Befindlichkeiten der<br />

Gottheiten und damit die Überwindung<br />

archaischer Praktiken wie der<br />

Blutrache bedeutet. Verdichtet findet<br />

sich dies in der Orestie des Dichters<br />

Aischylos, deren Uraufführung 458 v.<br />

Chr., drei Jahre nach der Entmachtung<br />

des Areopags, des athenischen Adelsrates,<br />

stattfand. Diese Tragödie erzählt<br />

von der Opferung der Iphigenie durch<br />

ihren Vater Agamemnon, der hiermit<br />

die ihn am Auslaufen seiner Flotte<br />

hindernde Flaute beenden will, nach<br />

seiner siegreichen Heimkehr aus dem<br />

Trojanischen Krieg aber von seiner<br />

Gattin Klytaimnestra ob der Tötung<br />

der gemeinsamen Tochter erschlagen<br />

wird. Diese Tat wiederum wird von<br />

In Aischylos’ Orestie sind beileibe<br />

nicht alle Götter damit einverstanden,<br />

das Urteil über Orest<br />

den Bürgern zu überantworten und<br />

die Erinyen, die Rachegöttinnen,<br />

gewissermaßen zu Schutzgöttinnen<br />

der Stadt umzuschulen. Das ist<br />

etwa so, als ob die Walküren<br />

zu Kindergärtnerinnen des noch<br />

ungeborenen Siegfried bestimmt<br />

worden wären.<br />

Orest mit dem Muttermord an Klytaimnestra<br />

vergolten, woraufhin ihn<br />

die Rachegöttinnen, die Erinyen, unerbittlich<br />

verfolgen. In dieser Situation<br />

greift die Göttin Athene ein und wirft<br />

den Erinyen vor, deren Wahrung des<br />

traditionellen, gnadenlosen Rechts sei<br />

zerstörerisch. Die Göttin der Weisheit<br />

erklärt Orests Vergehen zur Rechtsfrage,<br />

die ein ergebnisoffenes Gerichtsverfahren<br />

auf der Basis von Beweiserhebung,<br />

Gerechtigkeitskriterien und Urteilsfolgenabschätzung<br />

erfordert. Diese<br />

erste, rudimentäre Erscheinungsform<br />

säkularer Rechtsstaatlichkeit soll nun<br />

der pólis, also der demokratischen<br />

Selbstregierung der freien Bürger im<br />

Stadtstaat, überantwortet werden. Mit


33<br />

Rheingold III, beleuchtet, 2012<br />

Acryl und Öl auf Spionspiegelleuchtkasten, Buntstifte, Wasserpistolen<br />

und Leuchtstoffröhren, 124 x 122 x 10 cm<br />

Rheingold III, unbeleuchtet, 2012, 124 x 122 x 10 cm<br />

dieser Lösung sind beileibe nicht alle<br />

Götter einverstanden, und die Erinyen<br />

verlieren gar ihre angestammte<br />

Aufgabe und müssen gewissermaßen<br />

einer Umschulung zu Schutzgöttinnen<br />

der Stadt, sogenannten Eumeniden,<br />

zustimmen. Das ist, scherzhaft wagnerianisch<br />

illustriert, als wären die Walküren<br />

im dritten Akt der Walküre zu<br />

Kindergärtnerinnen des noch ungeborenen<br />

Siegfried bestimmt worden.<br />

Wie dann erst wieder in den neuzeitlichen<br />

Demokratien wird im Zuge<br />

der „Entstehung des Politischen bei<br />

den Griechen“ das Recht als legitimes<br />

Ergebnis politischer Entscheidung und<br />

das heißt: menschlicher Verfügung verstanden.<br />

Gemessen an der Tradition<br />

Essay<br />

ist dies fürwahr eine Götterdämmerung,<br />

nicht nur für die Erinyen. Denn<br />

Politik wird nun als eigengesetzlicher,<br />

menschlicher Handlungsbereich unter<br />

Bedingungen der Freiheit verstanden,<br />

in dem nur Argumente und Mehrheitsentscheidungen<br />

gelten, nicht aber die<br />

Berufung auf göttliches Geheiß, und<br />

auch nicht, wie Richard Wagner es<br />

sich erträumt hat, auf Wahrheit und<br />

Liebe. Freiheitliche und demokratische<br />

Politik bedeutet, unter Bedingungen<br />

unvollständigen Wissens eine<br />

Entscheidung treffen zu müssen und<br />

sie gerade deshalb fehlerfreundlich<br />

und möglichst revidierbar vorzunehmen.<br />

Wäre man im Besitz der Wahrheit<br />

oder lebten alle Gesellschaftsmitglieder<br />

in Liebe zueinander, bedürfte<br />

es demokratischer Politik nicht. Doch<br />

in der gegebenen Wirklichkeit gibt es<br />

keine humane Alternative zum Eingeständnis<br />

der Fehleranfälligkeit<br />

menschlichen Handelns und zu der<br />

Lösung, deswegen auf breiter Basis<br />

immer wieder neu zu entscheiden.<br />

Daher ist es politisch problematisch,<br />

dass Richard Wagner mit Wotans<br />

Scheitern im Ring des Nibelungen<br />

die Herrschaft durch Verträge denunzieren<br />

wollte. Dementgegen müssten<br />

die Bürgerinnen und Bürger in einer<br />

Demokratie Wotans Klage über die<br />

vertraglichen „Bande, die mich binden“<br />

im zweiten Akt der Walküre<br />

gänzlich anders bewerten, nämlich als<br />

zutiefst bejahenswerte, rechtsstaatliche<br />

Selbstbeschränkung der Politik,<br />

wie sie die liberalen Gesellschafts- und<br />

Herrschaftsvertragslehren im neuzeitlichen<br />

politischen Denken vorgesehen<br />

haben.<br />

Die demokratische Normalität<br />

der Unterscheidung<br />

von Person und System<br />

Doch bis zu dieser neuzeitlichen Entwicklung<br />

war es, vom antiken Griechenland<br />

aus betrachtet, noch ein weiter<br />

Weg. Denn der beschriebene, erste<br />

politische Säkularisierungsschritt der<br />

Geschichte geriet mit dem spätantiken<br />

Siegeszug des Christentums und seiner<br />

„Politischen Theologie“ zunächst<br />

wieder für lange Zeit in Vergessenheit.<br />

Es gibt keine humane Alternative<br />

dazu, sich die Fehleranfälligkeit<br />

men schlichen Handelns einzugestehen<br />

und deswegen auf breiter Basis<br />

immer wieder neu zu entscheiden.<br />

Daher ist es politisch problematisch,<br />

dass Richard Wagner mit Wotans<br />

Scheitern die Herrschaft durch Verträge<br />

denunzieren wollte.


Anstelle dessen entwickelte sich eine<br />

eigentümliche Besessenheit von der<br />

Furcht vor dem Verfall der gesamten<br />

Kultur aufgrund staatszersetzender<br />

Raffgier, selbstsüchtigen Konsums, luxuriösen<br />

Müßiggangs und geschmackloser<br />

Vergnügungen: Dekadenz wurde<br />

zum Dauerfaszinosum, und diese „Verfall-Sucht“<br />

war schon im alten Rom ein<br />

politischer Faktor ersten Ranges und<br />

ist es bis heute geblieben. Dies zeigt die<br />

in den USA in Form eines Buchtitels<br />

von Cullen Murphy verbreitete, besorgte<br />

Frage Are We Rome? Auch die<br />

Propaganda islamischer Fundamentalisten<br />

gegen die sittliche Verkommenheit<br />

des dekadenten Westens macht<br />

die Präsenz dieser politischen Größe<br />

deutlich, ebenso wie der Versuch<br />

Guido Westerwelles, seine sozialpolitischen<br />

Vorstellungen mit der Warnung<br />

vor „spätrömischer Dekadenz“<br />

zu verbinden.<br />

Dabei funktioniert das Dekadenzmotiv<br />

politisch gerade dank seiner inhaltlichen<br />

Offenheit und Instrumentalisierbarkeit.<br />

Einerseits dient es nämlich<br />

von jeher der republikanischen Selbstkritik<br />

an sozio-moralisch bedenklichen<br />

Entwicklungen. Andererseits eignet es<br />

sich immer wieder als Polemik gegen<br />

politische Gegner, wie Kaiser Augustus<br />

beispielhaft vorgemacht hat, als<br />

er die Skandalisierung des angeblich<br />

dekadenten Lotterlebens seines Rivalen<br />

Marcus Antonius mit Kleopatra<br />

in Ägypten zur Festigung seiner<br />

römischen Machtposition zu nutzen<br />

verstand, indem er sich als schlachterprobter,<br />

aber friedliebender, asketischer<br />

Landesvater zu präsentieren<br />

vermochte.<br />

Doch das opferbereite Heldentum<br />

als Gegenmodell zum vergnüglichen<br />

Lebensgenuss hat auch seine ganz<br />

eigenen Probleme. Denn kein Held<br />

bleibt verschont von seinem Sturz, der<br />

bestenfalls ein tragisches Ende ist, wie<br />

dasjenige Siegmunds in Wagners Ring,<br />

und schlimmstenfalls ein schmähliches<br />

Scheitern, wie die in Homers Ilias erdichtete<br />

Raserei des Ajax im Trojanischen<br />

Krieg. Siegfried liegt im Ring gewissermaßen<br />

zwischen diesen Alternativen:<br />

Zwar ist seine ausgebliebene Sozialisation<br />

durch Mime ebenso tragisch<br />

wie seine schließliche Verstrickung in<br />

Essay<br />

die Intrigen der Gibichungen, aber er<br />

ist und bleibt auch ein gewaltbereiter,<br />

gedankenloser Tor.<br />

So nimmt es auch nicht Wunder,<br />

dass Brünnhildes Entfesselung des<br />

Weltenbrandes am Ende der Götterdämmerung<br />

eine alle konstruktiveren<br />

Handlungsalternativen verleugnende<br />

Radikalität besitzt. Diese kann man,<br />

wie Nike Wagner es anlässlich der<br />

Ring-Inszenierung David Aldens in<br />

der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> 2003 getan<br />

hat, auf die apokalyptische Logik fundamentalistischer<br />

Selbstmordattentate<br />

in unserer Zeit reimen. Mindestens<br />

aber folgt Brünnhildes Radikalität<br />

einer schon von Nietzsche in Der Fall<br />

Wagner angedeuteten resignativ-nihilistischen<br />

Logik, deren Absurdität man<br />

mit einer Songzeile Bob Dylans beschreiben<br />

kann: „She knows there’s no<br />

success like failure, and that failure’s<br />

no success at all.“<br />

Gerade weil diese Form von Verfall-<br />

Sucht in der Politik unserer Tage leider<br />

so wenig überwunden ist wie das kulturkritische<br />

Dekadenzlamento, muss<br />

man darauf aufmerksam machen, welche<br />

Verheißung die moderne Demokratie<br />

bietet. Mit der Glorious Revolution<br />

in England Ende des 17. Jahrhunderts<br />

ist sie nach fast 2.000 Jahren wieder erstarkt<br />

und durch die Idee eines fiktiven<br />

Gesellschafts- und Herrschaftsvertrages<br />

zwischen den Menschen mit einer<br />

zeitgemäßen Begründung ausgestattet<br />

worden. Als solche ist die neuzeitliche<br />

Demokratie mit einer die Verfallsfurcht<br />

entspannenden, gesellschaftlichen<br />

Differenzierung verbunden: Vormoderne<br />

Gesellschaften unterschieden<br />

noch nicht zwischen gesellschaftlichen<br />

Funktionssystemen; es waren überschaubare<br />

Gesellschaften mit einem<br />

hohen Grad wechselseitiger persönlicher<br />

Bekanntschaften, Verflechtungen<br />

und Verpflichtungen. Moderne Gesellschaften<br />

hingegen unterscheiden Politik,<br />

Wirtschaft, Recht, Wissenschaft,<br />

Religion und Kunst und richten Ämter<br />

und Organisationen zur Erfüllung<br />

ihrer Funktionen ein. So lehrt es die<br />

soziologische Systemtheorie Niklas<br />

Luhmanns. An die Stelle der Vertrautheit<br />

persönlicher Bekanntschaften<br />

und des Vertrauens auf die Intentionen<br />

von Bekannten treten damit komplexe<br />

Institutionen, die ohne Ansehung<br />

von Personen arbeiten (sollten), weil<br />

zwischen Person und Rolle differenziert<br />

wird. Daher ist eine Demokratie<br />

als System stabil, auch wenn einzelne<br />

Politiker oder ganze Parteien stürzen.<br />

Solche Stürze gehören sogar zur demokratischen<br />

Normalität und beweisen<br />

ihre Stabilität und Vitalität, weil sich<br />

Änderungsbedarf an austauschbaren<br />

Personen abarbeiten kann und so die<br />

Systemfrage nicht gestellt werden<br />

muss. Nur in Autokratien, also Selbstbeziehungsweise<br />

Alleinherrschaften, in<br />

denen politische Macht nicht verliehen,<br />

sondern erbeutet worden ist, muss man<br />

gleich das ganze politische System stürzen,<br />

um einzelne Personen loszuwerden<br />

und, umgekehrt, Personen stürzen, um<br />

das politische System zu ändern.<br />

Hierfür haben die sogenannten<br />

friedlichen Revolutionen in Mittelund<br />

Osteuropa 1989/90 einen schönen<br />

Beweis erbracht. Und obwohl sich die<br />

Brüchigkeit politischen Fortschritts<br />

darin zeigt, dass wir seither etliche<br />

autokratische Regressionen erleben<br />

mussten, gibt es, wie jüngst mit den<br />

Erhebungen in Nordafrika und der<br />

arabischen Welt, doch auch weitere<br />

Hoffnungsschimmer des universellen<br />

Strebens nach Freiheit und Demokratie.<br />

Immer wieder gilt also für undemokratische<br />

Gewaltherrscher, was Loge<br />

am Ende des Rheingold den in Walhall<br />

einziehenden Göttern prophezeit: „Ihrem<br />

Ende eilen sie zu, die so stark im<br />

Bestehen sich wähnen.“<br />

Karsten Fischer ist Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Politische Theorie an<br />

der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München.<br />

Die Leuchtkästen von Philipp Fürhofer<br />

sind inspiriert von den Bühnenbildentwürfen<br />

Josef Anton Hoffmanns<br />

zum ersten Ring in Bayreuth 1876.<br />

Sie machen Richard Wagners Themen<br />

wie auf kleinster Bühne für die zeitgenössische<br />

Wahrnehmung zugänglich.<br />

Licht an, Licht aus. Wer Augen<br />

hat, der sehe …<br />

Mehr über den Künstler auf S. 18<br />

Fürhofers Leuchtkästen wurden fotografiert<br />

von Henning Moser.<br />

Embrace an incredible world<br />

Die einzige Manufaktur, deren Uhren zu 100% mit dem Poinçon de Genève zertifiziert sind. Der anspruchvollste<br />

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Creative Center RD, Creative Director Alvaro Maggini


37<br />

Der<br />

Sonnenstrahl<br />

in der<br />

Brandwolke<br />

Regisseur Andreas Kriegenburg<br />

über Götterdämmerung<br />

Fotografie Tanja Kernweiss


Die Premiere von Götterdämmerung,<br />

und<br />

damit der Abschluss<br />

der Neuinszenierung von<br />

Wagners Der Ring<br />

des Nibelungen, steht<br />

im Mittelpunkt der<br />

Opernfestspiele. Eine<br />

Momentaufnahme<br />

mit Regisseur Andreas<br />

Kriegenburg.<br />

Andreas Kriegenburg<br />

Das Ende von Siegfried erzählt von einer<br />

utopisch aufgeladenen Liebe. Götterdämmerung hingegen<br />

steuert unaufhaltsam in die Katastrophe. Wo endet diese<br />

Reise des Ring für Sie?<br />

Die Bitterkeit in der Götterdämmerung<br />

entsteht durch den Perspektivwechsel. Wenn wir die<br />

Beziehung von Siegfried und Brünnhilde, aber auch von<br />

Siegmund und Sieglinde anschauen, dann liegen darin alle<br />

Möglichkeiten zur Liebe, zur Freude, zur Utopie. In Götterdämmerung<br />

zoomen wir auf und zeigen auch die Gesellschaft.<br />

Dann verliert man sofort die Utopie und sieht fast<br />

eine Schicksalhaftigkeit der Katastrophe. Die Menschen<br />

als einzelne, als wünschende Wesen hätten die Möglichkeit<br />

zur Schönheit, zur Liebe, aber dennoch reihen wir eine Katastrophe<br />

an die andere, weil wir uns – durch Wotan initiiert<br />

– von der Natur entfernt und versucht haben, die Natur uns<br />

unterzuordnen. Sie schlägt aber immer wieder zurück. Für<br />

uns als Team ist der Bezug zu Fukushima wichtig, nicht nur<br />

der Tsunami, sondern auch in der Miniatur: das Atom, das<br />

nicht kontrollierbar ist, das sich wehrt – für uns das Synonym<br />

für das Feuer, das die Gesellschaft verbrennt. Zwischen diesen<br />

beiden Polen bewegt man sich immer: der Utopie, und der<br />

Folge von Katastrophen, an der die Nornen entlanggehen.<br />

Gibt es für Sie in Götterdämmerung noch Momente<br />

von Schönheit, von Liebe, oder fährt alles von Anfang<br />

an auf die Katastrophe zu?<br />

Das Schlimme ist ja, dass es diesen Moment in jedem<br />

zweiten Schritt gibt, die Möglichkeit, in die andere<br />

Richtung abzubiegen; zum Beispiel als Hagen<br />

vorschlägt, Siegfrieds Wesen zu manipulieren, könnte<br />

Gutrune sagen: „Nein, da bin ich dagegen!“ Es gibt<br />

immer wieder Momente der freien Entscheidung, nur<br />

ist die gesellschaftliche Konditionierung der Figuren<br />

so, dass sie egoman und rücksichtslos reagieren. Insofern<br />

werden all diese Möglichkeiten ausgeschlagen<br />

und die Katastrophen damit folgerichtig, als Folge<br />

dessen, was ich gewählt habe zu tun.<br />

Fukushima , Tokio – ganz gegenwärtige Bilder spielen für<br />

Sie bei der Inszenierung eine große Rolle. Wie gegenwärtig<br />

erachten Sie den Verlauf der Geschichte, wie zeitgenössisch<br />

ist Wagner?<br />

Er war schon sehr weitsichtig, wobei ein Teil der Bitterkeit<br />

sich darin ausdrückt, dass der Zug hin zur Katastrophe<br />

der schlimmste Faden ist, der die Menschheitsgeschichte<br />

durchzieht. Man muss gar nicht einmal die Reihe der großen<br />

Kriege der Geschichte durchgehen, sondern der Umgang<br />

des Menschen mit der Natur nimmt immer größere Rücksichtslosigkeit<br />

an. Insofern ist Wagner sehr modern, aber ist<br />

es vielleicht in 50 Jahren immer noch, wenn das bestehende<br />

System sich völlig auslöscht. Wir versuchen, in einem Ursprungsmythos<br />

zu starten und in einer fatalerweise nicht<br />

mehr allzu fernen Zukunft anzukommen. Fukushima ist für<br />

uns nur ein Vehikel. Irgendwo passiert demnächst wieder<br />

eine Katastrophe, die das Ende einleitet.<br />

Wie prägt es Sie persönlich, wenn Sie sich nun<br />

monatelang mit einer Geschichte beschäftigen, deren<br />

katastrophaler Ausgang von Anfang an klar ist?<br />

Der Sonnenstrahl in der Brandwolke<br />

Ich spüre in mir – weniger durch die Anstrengungen<br />

der Arbeit und die immer größer werdende Erschöpfung<br />

– einen Fluchtimpuls. Ich bemerke, wie<br />

mich die Unausweichlichkeit der Katastrophe, auch<br />

des Endes der Liebe zwischen Siegfried und Brünnhilde,<br />

immer stärker bedrängt. Das hat auch damit zu<br />

tun, dass Wagner nicht nur durch die Dimension des<br />

Ganzen, sondern auch durch die inhaltliche Zuspitzung<br />

mir als Mensch zusetzt. Wagner und dem Kompositionsvorgang<br />

folgend, igle ich mich immer mehr<br />

ein, ich werde immer abgewandter, asozialer. Ich gehe<br />

tatsächlich Gesprächen und Menschen aus dem Weg,<br />

vermeide Abendgesellschaften, sitze nach der Probe<br />

nicht mehr in der Kantine. Das kommt natürlich auch<br />

aus einer vernunftgesteuerten Kräfteökonomie heraus,<br />

aber auch weil mich die Geschichte nicht im romantischen,<br />

sondern im körperlichen Sinne gefangen<br />

nimmt. Als wäre man wochenlang von einer dünnen<br />

Schicht Schweiß bedeckt, die man nicht weggewaschen<br />

kriegt.<br />

Die Katastrophe bietet auch die Möglichkeit für einen<br />

Neuanfang. Über die letzte Melodie der Götterdämmerung,<br />

die Sieglindes Worte vom „hehrsten Wunder“ aus der Walküre<br />

wieder aufgreift, ist viel geschrieben worden. Welche Möglichkeiten<br />

sehen Sie in dieser Zerstörung?<br />

Für mich bietet auch hier die Natur die ideale Metapher:<br />

Es gibt viele Nadelbäume, die den Waldbrand brauchen, damit<br />

die Tannenzapfen überhaupt neu wachsen können. Als<br />

Regieteam behaupten wir mit fast starrsinnigem Optimismus,<br />

die Geschichte aus der Perspektive von danach zu<br />

erzählen. Wir versuchen eine Situation auf der Bühne zu<br />

imaginieren, wo die Individualität nicht mehr so wichtig ist.<br />

Das meint nicht, gesichtslos zu sein, sondern dass man einem<br />

Gemeinsam-sein dienen kann. Jeder dient jedem. Man<br />

findet wieder zu einem anderen Umgang mit der Natur. Für<br />

Wagner reicht es, in diese Brandwolke einen einzigen Sonnenstrahl<br />

zu schicken, um zu zeigen, dass danach etwas<br />

kommen könnte. Natürlich kommt etwas. Der fatalistische<br />

Gedanke wäre, wenn auch das wieder nur der Beginn von<br />

etwas Zyklischem, vom Ablauf der nächsten Katastrophen<br />

ist. Aber man muss sich dem wohl verweigern und sagen:<br />

„Wir kriegen das hin.“<br />

Ganz individualistisch gefragt: Was macht Andreas<br />

Kriegenburg, wenn dieser Probenprozess vorbei<br />

ist?<br />

Ich kehre zu meiner Familie zurück. Es gibt<br />

tatsächlich zwei gleichberechtigt nebeneinanderstehende<br />

Ziele: Zum einen meinen ersten Ring zu<br />

vollenden. Das ist auch für mich überraschend, wenn<br />

ich trotz all der Anstrengung nun sage, da blieb so<br />

viel auf der Strecke, das Werk ist so reichhaltig, dem<br />

könnte ich mich irgendwann nochmals stellen. Und<br />

zum anderen: Ich kehre zu meiner Familie zurück, zu<br />

meinen Kindern, meiner Frau, ich baue mich wieder<br />

zusammen als sozialen Menschen.<br />

<br />

Das Gespräch führte Olaf A. Schmitt.


Wagner innen<br />

Die Sopranistin Nina<br />

Stemme wird in<br />

Götterdämmerung die<br />

Partie der Brünnhilde<br />

singen. Dame Gwyneth<br />

Jones wird für das<br />

Projekt Wagnerin an die<br />

<strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong><br />

zurückkehren.<br />

Eine Begegnung mit<br />

den beiden<br />

Wagner-Sängerinnen,<br />

und mit Wagners Frauen.<br />

41<br />

Text Pascal Morché Illustrationen Sydney Couldridge<br />

„Gleichwohl geht der Prozeß der Emanzipation des Weibes<br />

nur unter ekstatischen Zuckungen vor sich.“ Was für ein<br />

Satz, und noch dazu im 19. Jahrhundert. Es ist der letzte<br />

Satz, den Richard Wagner schreibt. Die Worte „Liebe – Tragik“<br />

fügt er noch hinzu, dann fällt ihm die Feder aus der<br />

Hand, und er stirbt. Es ist früher Nachmittag, am 13. Februar<br />

1883 in Venedig, im Palazzo Vendramin – dort, wo heute in<br />

der Spielbank einarmige Banditen einen Krach wie in Nibelheim<br />

machen. Cosima, vom Hausmädchen gerufen, springt<br />

von der Mittagstafel auf und stürmt aus dem Esszimmer zu<br />

Wagner: „Eine Gewalt leidenschaftlichen Schmerzes drückte<br />

sich darin aus; dabei stieß sie sich so stark an dem halbgeöffneten<br />

Türflügel, daß dieser fast zerbrach“, erinnerte sich<br />

Sohn Siegfried später. So sind Wagner-Frauen: Ekstase, Emphase<br />

und in der „Gewalt leidenschaftlichen Schmerzes“ zerbrechen<br />

sie schon einmal einen Türflügel. Eben immer<br />

der gewisse touch too much: 25 Stunden lang sitzt Cosima<br />

starr und stumm neben Richards Leiche. In Worten: fünfundzwanzig<br />

Stunden! So sind Wagners Frauen. Wagner-<br />

Frauen. Sind sie so? Von Senta bis Kundry – nicht nur<br />

dramatisch, sondern immer „hoch“-dramatisch, „unter ekstatischen<br />

Zuckungen“ emanzipiert und bereit, den Mann<br />

oder gleich die ganze durch männliche Macht und Libido aus<br />

den Fugen geratene Welt zu erlösen – selbstverständlich<br />

durch nichts Geringeres als durch ihren eigenen Tod. Und so<br />

gibt es sie eben, die Wagner-Heldin, verklärt auch „Wagner-<br />

Heroine“ genannt. Mit den Namen anderer Opernkomponisten<br />

will sich das Wort „Heroine“ nicht wirklich verbinden.<br />

Gwyneth Jones und Nina Stemme: zwei Frauen, zwei<br />

Generationen Wagner-Heroinen. Beide berühmte Darstellerinnen<br />

der Brünnhilde im Ring des Nibelungen, beide weltweit<br />

geübt in der Darstellung „leidenschaftlichen Schmerzes“<br />

und in dem, was Richard Wagner sich als Frau der<br />

Zukunft erträumte: „Ein Weib, das sich aus Liebe opfert.“<br />

Dieses Weib sollte aber, so Wagner, nicht mehr „die heimatlich<br />

sorgende, vor Zeiten gefreite Penelope des Odysseus“<br />

sein. Nein, Frauen am Herd waren dem Gesamtkunstwerker<br />

ein Gräuel: „Dem herrischen Manne gehorcht sie fortan, am<br />

Herde sitzt sie und spinnt, aller Spottenden Ziel und Spiel!“<br />

Soweit Wotan, wenn er Brünnhilde bestraft, soweit Wagner,<br />

wenn er die erbärmlichste Situation einer Frau beschreibt.<br />

Er, Richard Wagner, wollte die emanzipierte, selbstbestimmte<br />

und selbstbestimmende Frau; wollte „das Weib überhaupt,<br />

aber das noch unvorhandene, ersehnte, geahnte, unendlich<br />

weibliche Weib, – ...: das Weib der Zukunft“.<br />

Konfrontiert mit der Wucht solcher Wagner-Worte<br />

vom „ersehnten weiblichen Weib“ muss die schwedische Sopranistin<br />

Nina Stemme herzlich lachen: „Diese Zukunft sollte<br />

inzwischen Gegenwart sein, für Wagners Frauenfiguren<br />

auf der Bühne ebenso wie für die Frauen im Leben überhaupt.“<br />

Auch Gwyneth Jones, zur „Dame“ geadelt („manche,<br />

die den Verdienstorden des British Empire nicht<br />

kennen, fragen: Wollen Sie eine Dame sein?“), hat am


Wagner’schen Idealbild der modernen, emanzipierten Frau<br />

auf allen Bühnen gearbeitet. Akribisch wie Leporello die<br />

Liebschaften seines Herrn notierte Dame Gwyneth diese Arbeit<br />

in ihren Ring-Klavierauszügen. Nun wandert ihr Zeigefinger<br />

über das Vorsatzpapier: „106 Mal habe ich die<br />

Brünnhilde in der Walküre gesungen. 45 Mal die Siegfried-<br />

Brünnhilde und 57 Mal die Brünnhilde in der Götterdämmerung,<br />

darunter auch im Chéreau-Boulez-Ring in Bayreuth<br />

von 1976 bis 1980.“ Mit dabei im Schlussbild, in dem die durch<br />

Brünnhildes Tod von göttlichen Verstrickungen befreiten<br />

Menschen an die Bühnenrampe treten und ins Publikum<br />

schauen, war damals auch ein Kind, ein kleines Mädchen:<br />

Dame Gwyneth’ Tochter. Heute ist Susanne selbst Sängerin,<br />

„damals hatte sie Angst, dass ihre Mutter auf der Bühne<br />

verbrannt wird“, erzählt Gwyneth Jones. Auch Nina Stemme<br />

hat Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Darin sind die<br />

beiden hochdramatischen Sängerinnen also gar keine Wagner-Frauen:<br />

Mit der Ausnahme Sieglindes bekommt keine<br />

von Wagners Frauenfiguren ein Kind, weshalb schon Nietzsche<br />

spottete: „Sie können’s nicht ... Siegfried ‚emancipirt<br />

das Weib‘ – doch ohne Hoffnung auf Nachkommenschaft. –<br />

Eine Thatsache, die uns fassungslos lässt: Parsifal ist der<br />

Vater Lohengrin’s! Wie hat er das gemacht?“ Ja, wie? Zwar<br />

wird Mutternot von Wagner häufig bedichtet (Erda oder Parsifals<br />

Herzeleide), doch gibt es in Wagners Musikdramen an<br />

Schwangeren nur eine (Sieglinde). Der Töchter aber gibt es<br />

viele und in maßloser Leidenschaft liebende Frauen jede<br />

Menge. Brünnhilde, Wotans Lieblingswalküre, die ihm die<br />

allwissende Erda gebar und die sich seinem Willen, Siegmund<br />

zu vernichten, widersetzt, ist dabei sicher die (neben<br />

Kundry) tiefgründigste und tiefenpsychologisch facettenreichste<br />

Frauengestalt und Bühnenfigur in Wagners Werk.<br />

„Allein schon die gewaltige Entwicklung dieser Figur von<br />

der jungen, liebenden Tochter zur reifen, starken, mutigen<br />

Dame Gwyneth Jones<br />

Foto Seite 42<br />

„Man muss kaltblütig<br />

mit diesen Wagner-Partien<br />

umgehen: kaltes Blut.<br />

Kühle Luft. Heißes Herz.“<br />

— Nina Stemme<br />

Die Waliserin Dame Gwyneth Jones gehört seit Jahrzehnten zu<br />

den vielseitigsten Sängerinnen der Welt. Ausgebildet in London<br />

sowie in Siena, Zürich und Genf, ist sie seit den 1960er Jahren vor<br />

allem als Verdi-, Strauss-, Puccini- und Wagner-Sängerin, aber<br />

auch in Werken von Bellini, Cherubini und Weill aufgetreten. Sie<br />

ist seit ihrem Debüt am Royal Opera House in London weltweit an<br />

allen großen Bühnen und Festspielen zu sehen gewesen. Bei den<br />

Bayreuther Festspielen war sie nicht nur Venus und Elisabeth in<br />

Götz Friedrichs Tannhäuser, sondern auch die Brünnhilde in Chéreaus<br />

„Jahrhundert-Ring“. 1986 wurde sie in den Adelsstand erhoben.<br />

Sie ist Wiener und <strong>Bayerische</strong> Kammersängerin und Commandeur<br />

de l’Ordre des Arts et des Lettres. An der <strong>Bayerische</strong>n<br />

<strong>Staatsoper</strong> debütierte sie bereits 1966 als Leonore (Il trovatore)<br />

und war darüber hinaus u. a. als Elektra, Salome, Marschallin (Der<br />

Rosenkavalier), Helena (Die ägyptische Helena), Cio-Cio-San (Madama<br />

Butterfly), Turandot und zuletzt 2007 als Herzkönigin in<br />

Unsuk Chins Alice in Wonderland zu hören. Zu den Münchner<br />

Opernfestspielen 2012 kehrt sie für das Projekt Wagnerin zurück.<br />

Gwyneth Jones und Nina Stemme<br />

Frau ist absolut einzigartig“, sagt Nina Stemme von dieser<br />

Partie beeindruckt wie von kaum einer anderen. Und Dame<br />

Gwyneth meint: „Brünnhilde beginnt als Walküre, kommt<br />

als ‚kühnes herrliches Kind‘ wie ein Teenager auf die Bühne,<br />

singt 14 Mal, ‚Hojotoho‘. Wenn man dann aber diese anfängliche<br />

Unbekümmertheit mit jener Frau aus dem Finale der<br />

Götterdämmerung vergleicht, so ist das schon ein enormer<br />

Unterschied.“ Ach, Walküren! „Mädchen, die erst dann Beziehungen<br />

zu Männern haben, wenn diese Männer tot sind“,<br />

sagte damals Patrice Chéreau. „Stimmt, wir schlafen ja nicht<br />

mit den Toten. Wir bringen sie nur nach Walhall“, sagt Dame<br />

Gwyneth und ist ebenfalls beeindruckt von der „unendlich<br />

reichen Entwicklung“, die Richard Wagners Brünnhilde<br />

über drei Werke auf der Bühne erlebt. Sie sei zweifellos „die“<br />

beherrschende Figur im Ring!<br />

Die Zeiten ändern sich, die Gesellschaftssysteme, die<br />

Frauenbilder – doch Brünnhilde? Ist sie ein Archetyp, über<br />

alle Zeiten erhaben, oder wird sie heute anders gesehen, anders<br />

interpretiert als vor 30 oder 40 Jahren? Die Frau der<br />

Zukunft „in“ einer Zukunft, die längst begonnen hat und die<br />

doch gegenwärtig Begriffe wie „Frauenquote“ oder „Herdprämie“<br />

nicht zu überwinden vermag? „Jede Generation<br />

muss Wagners Frauenfiguren neu lernen und neu verstehen“,<br />

sagt Stemme, „auf der Bühne ebenso wie im Publikum“.<br />

Eine Tosca oder auch Marschallin, die sie gerade in<br />

Wien probe, seien da weniger komplex. „Ich habe nicht viel<br />

darüber gelesen, wie Brünnhilde früher interpretiert wurde,<br />

und ich glaube auch, diese starken Frauenfiguren von Wagner<br />

kann man sehr unterschiedlich gestalten. Aber Brünnhilde<br />

war zweifellos schon immer eine moderne Frau“, da ist<br />

sich Nina Stemme sicher. Sie selbst habe diese Figur erst seit<br />

vergangenem Jahr richtig kennengelernt innerhalb ihres ersten<br />

kompletten Ring-Zyklus in San Francisco. Nun hat<br />

Stemme alle drei Brünnhilden „drauf“ und fügt mit der<br />

Opernsängern eigenen Sportlichkeit hinzu: „Ich bin noch<br />

frisch!“ Dame Gwyneth ergänzt: „Brünnhilde weiß als Tochter<br />

von Erda einfach alles. Es ist ja ihre Idee, dass Vater<br />

Wotan zu ihrem Schutz am Ende der Walküre ein Feuer um<br />

sie lodern lässt. Damit sie eben nicht zur Beute eines ‚herrischen<br />

Mannes‘ wird, dem sie am Herde sitzend gehorcht.<br />

Brünnhilde selbst inszeniert das ja alles“, erklärt Gwyneth<br />

Jones, „ihr wird schließlich auch das Siegfried-Motiv zuerst<br />

in den Mund gelegt“. Das sieht auch Nina Stemme so:<br />

Nina Stemme<br />

Foto Seite 43<br />

Nina Stemme stammt aus Schweden, ist Mitglied der Königlich<br />

Schwedischen Musikakademie. Sie wurde u. a. als Königlich<br />

Schwedische Hofsängerin ausgezeichnet, jüngst, im April 2012,<br />

auch als Österreichische Kammersängerin. Sie sang an allen großen<br />

Opernhäusern der Welt, u. a. in Göteborg, Wien, Genf, Zürich,<br />

Barcelona, München, New York sowie bei den Festivals von Bayreuth,<br />

Salzburg und Glyndebourne. Ihr Repertoire umfasst Partien<br />

wie Katerina (Lady Macbeth von Mzensk), Gräfin (Le nozze di<br />

Figaro), Marschallin (Der Rosenkavalier), Elisabeth (Tannhäuser),<br />

Sieglinde (Die Walküre), Senta (Der fliegende Holländer), Leonora<br />

(La forza del destino), Isolde (Tristan und Isolde) sowie die Titelpartien<br />

in Arabella und Salome. In der Festspielpremiere der Götterdämmerung,<br />

in der Neuinszenierung des Ring-Zyklus von Andreas<br />

Kriegenburg, wird sie die Brünnhilde singen.<br />

45<br />

Es war Thomas Mann,<br />

der über Richard Wagners<br />

„Heldinnen“ sagte, sie<br />

kennzeichne „ein Zug<br />

von Edelhysterie, etwas<br />

Somnambules, Verzücktes<br />

und Seherisches, das<br />

ihre romantische Heroik<br />

mit eigentümlicher und<br />

bedenklicher Modernität<br />

durchsetzt“.<br />

„Brünnhilde ist selbstständig. Sie ist stark. Sie stellt sich<br />

Problemen ohne Angst. Vor allem aber ist sie emanzipiert<br />

und klug genug, Erfahrungen, die sie gewonnen hat, zu nutzen.<br />

Lieben heißt verstehen, und Brünnhilde versteht den<br />

liebenden Siegmund. Das ist ihre wesentliche, ihre neue Erfahrung.“<br />

Und was macht sie aus dieser Erfahrung? Zunächst<br />

Befehlsverweigerung ihrem Vater Wotan gegenüber. Dann<br />

aber, so Dame Gwyneth, „bringt Brünnhilde die Welt wieder<br />

in Ordnung, indem sie den Ring den Rheintöchtern zurückgibt“.<br />

Damit begleiche sie schließlich auch jenen Naturfrevel,<br />

den zwei Männer einst begangen haben: „Alberich hat das<br />

Gold geraubt und Wotan analog den Speer aus der Weltesche<br />

gebrochen. Beide hatten sie so auf jeweils ihre eigene<br />

Weise die Natur versehrt.“<br />

Die „Welt wieder in Ordnung“ zu bringen, das könnte<br />

nun auch eine politische Tat sein? Doch dieser Interpretation<br />

widersetzen sich die beiden Brünnhilden-Darstellerinnen<br />

gleichermaßen entschieden. „Eine denkende, eine kluge, eine<br />

liebende Frau ist diese Brünnhilde. Eine politische aber ist<br />

sie gewiss nicht!“, tönt es im Duett. Zumal Wagner das „politische<br />

Weib“ sein Leben lang zutiefst verhasst war. Die Figur<br />

der Ortrud im Lohengrin nennt er 1852 in einem Brief an<br />

Franz Liszt ein solches „politisches Weib“ und Wagner<br />

schreibt sich dabei in Rage: „Ein politischer Mann ist widerlich,<br />

ein politisches Weib aber grauenhaft.“ Nein, Brünnhildes<br />

Entscheidungen rein politisch zu motivieren, kommt<br />

auch Nina Stemme nicht in den Sinn. Gleichwohl auch sie<br />

Brünnhilde unbedingt als eine Frau verstanden wissen will,<br />

die aus dem rein Privaten heraustritt, „weil sie eben mehr zu<br />

tun hat als eine Isolde, deren Programm es ist, ‚der Liebe nur<br />

zu leben‘“, sagt Stemme, „Siegfried besteht doch hauptsächlich<br />

aus Hormonen, während Brünnhilde ahnt, dass da schon<br />

noch etwas größere Taten vor ihr liegen“. Brünnhilde sehe zu<br />

Beginn der Götterdämmerung die Zukunft viel differenzierter<br />

als Siegfried. Und unsicherer: „Schließlich weiß sie ja<br />

nicht, was es heißt, ein liebendes Weib zu sein“, sagt Nina<br />

Stemme. Und auch Dame Gwyneth scheint zu zweifeln an<br />

einem nur oberflächlichen Liebesrausch zu Beginn der Götterdämmerung.<br />

Dass Brünnhilde Siegfried „zu neuen Taten“<br />

so einfach ziehen lässt, das wäre dann doch ein wenig blauäugig:<br />

„Weil man als Frau eben glaubt, wenn man einen Mann<br />

freilässt, dann kommt er auch zurück.“ Doch wie kommt<br />

Siegfried zurück? In der Maske Gunthers. „Was könntest du<br />

wehren, elendes Weib!“, sagt Brünnhilde zu sich und erkennt<br />

dabei: Ich bin keine Göttertochter mehr. Ich bin eine Frau.<br />

Es war Thomas Mann, der über Richard Wagners<br />

„Heldinnen“ sagte, sie kennzeichne „ein Zug von Edelhysterie,<br />

etwas Somnambules, Verzücktes und Seherisches, das<br />

ihre romantische Heroik mit eigentümlicher und bedenklicher<br />

Modernität durchsetzt“. Elegant streicht sich Dame<br />

Gwyneth eine ihrer weißblonden Strähnen aus dem Gesicht:<br />

„Ich hoffe doch sehr, dass ich edel bin; aber nicht hysterisch!“<br />

Denn, wirklich: „Um nur hysterisch zu sein, dafür denken<br />

Wagners Frauenfiguren viel zu sehr und viel zu entschieden.<br />

Das gilt besonders für Brünnhilde.“ Es könne zwar sein, dass<br />

die Liebe Emotionen vervielfache und dass „under the influence<br />

of drinks“ der Verstand wie in Tristan und Isolde schon<br />

mal ausgeschaltet wird, gibt Gwyneth Jones zu bedenken,<br />

„aber grundsätzlich sind die Frauen bei Wagner viel aufgeräumter<br />

im Kopf und ihre Handlungen viel logischer als jene<br />

der Männer“. Auch deshalb entfernen sich Wagners Frauenfiguren<br />

deutlich von der klassischen Rollenverteilung der<br />

Frau in der Männergesellschaft des 19. Jahrhunderts. Dem<br />

noch weit bis ins vergangene 20. Jahrhundert tradierten Postulat,<br />

das sie in erster Linie Kinder, Küche, Kirche zuordnete,<br />

wird von Senta, Elisabeth, Elsa, Sieglinde, Brünnhilde,<br />

Isolde, Eva, Kundry entschieden widersprochen. Sie alle stehen<br />

einer Hedda Gabler gleich für ein neues, ein modernes,<br />

emanzipiertes Frauenbild. Vielleicht ist das Frauenbild, das<br />

Wagner für die Bühne entwarf, so stringent, so eindeutig<br />

emanzipiert, weil es in seinem eigenen Leben so widersprüchlich<br />

war? Da ist seine erste Ehefrau, die Schauspielerin<br />

Minna Planer, die ihren Richard lieber bürgerlich als Kapellmeister<br />

denn als revolutionären Komponisten sah; da ist<br />

die zu Minna so gegensätzliche, leidenschaftliche Beziehung<br />

mit der unbürgerlichen Züricher Seidenhändlersgattin Mathilde<br />

Wesendonck, die ihn regelmäßig „in Tristanstimmung“<br />

brachte; da sind die Affären mit diversen Sängerinnen<br />

und schließlich die Ehe mit der männlichen und doch<br />

sich demütig aufopfernden Cosima, der er morgens ironisch<br />

zum Frühstück vorsang: „Stolzes Frauchen freue dich, dein<br />

Richard komponiert für dich.“ Wagner kannte persönlich<br />

sehr genau die Zwänge, die Mann und Frau zwingen. Der<br />

Inhalt jenes Textes, den er zwei Tage vor seinem Tod beginnt<br />

und der Über das Weibliche im Menschlichen heißt, ist dafür<br />

bezeichnend: Emanzipation als Freiheit von Zwängen. Grund<br />

für den „Verfall der menschlichen Racen“ seien schließlich<br />

die „auf Eigenthum und Besitz berechneten Konventions-<br />

Heirathen“, schreibt Wagner und erkennt zum wiederholten<br />

Male in seinem Leben die Ehe als eine zivilisatorische Idee<br />

gegen die Natur.<br />

Für Nina Stemmes hochdramatischen Sopran gibt es<br />

auch in puncto Wagner-Gesang nichts „Hysterisches“ an


„Es ist Brünnhildes Idee,<br />

dass Wotan zu ihrem<br />

Schutz ein Feuer um sie<br />

lodern lässt. Damit sie<br />

eben nicht zur Beute eines<br />

‚herrischen Mannes‘ wird,<br />

dem sie am Herde sitzend<br />

gehorcht. Brünnhilde<br />

selbst inszeniert das ja<br />

alles.“<br />

— Dame Gwyneth Jones<br />

Wagnerinnen<br />

Brünnhilde zu entdecken. „Im Gegenteil! Man muss kaltblütig<br />

mit diesen Partien umgehen: kaltes Blut. Kühle Luft.<br />

Heißes Herz.“ Bietet Skandinavien Idealbedingungen für<br />

den Wagner-Gesang? Diese Frage hört Stemme oft – ja,<br />

„kühle Luft“ sei sicher gut für Stimmbänder und Lungenflügel.<br />

„Doch vor allem ist es die Ruhe und die Weite der Natur“,<br />

von der sie glaube, dass die Stimmen großer Brünnhilden<br />

vom Schlage einer Kirsten Flagstad, Astrid Varnay,<br />

Ingrid Bjoner, Birgit Nilsson oder Catarina Ligendza geprägt<br />

wurden. „Wir sind sehr bodenständig.“ Auch die Stimme der<br />

Britin Gwyneth Jones aus Wales dürfte von der Ruhe der<br />

Natur geprägt sein und – von der Klugheit ihrer Besitzerin:<br />

„Es macht mir große Sorgen, wenn ich sehe, wie früh heute<br />

viele Sängerinnen hochdramatische Partien singen.“ Mit 28<br />

Jahren sang Jones erstmals die Sieglinde. „Ich habe diese<br />

Rolle damals in München bei Hans Hotter im Wohnzimmer<br />

am Esstisch erarbeitet! Improvisiert wurde daraus Hundings<br />

Esstisch.“ Und obschon Dirigenten wie Rudolf Kempe oder<br />

Sir Georg Solti sie früh zu großen Partien drängten, „habe<br />

ich immer ‚nein‘ gesagt. Und genau das traut sich heute doch<br />

keine junge Sängerin mehr“, ist es Dame Gwyneth schmerzlich<br />

bewusst. „Ich durfte kleine Rollen im Ring an der Seite<br />

von Josef Greindl, Gottlob Frick, Wolfgang Windgassen und<br />

Birgit Nilsson singen und habe dabei unendlich viel gelernt.“<br />

1972, Marschallin in München im legendären Carlos-Kleiber-<br />

Rosenkavalier, „da war ich 35 Jahre alt, und erst zwei Jahre<br />

später habe ich mich dann an alle drei Brünnhilden in Bayreuth<br />

gewagt“. Vor allem aber: „Wagner sollte man stets wie<br />

große italienische Oper singen. Das hält die Stimme biegsam,<br />

elastisch.“ Gwyneth Jones hat das immer getan und ist mit<br />

ihren Kräften klug ökonomisch umgegangen. Um den Umgang<br />

mit ihren Kräften zu beschreiben, benutzen Opernsänger<br />

und -sängerinnen stets ihr Lieblingswort „haushalten“.<br />

Lange Karrieren und Opernabende stehen für kluges Haushalten.<br />

So klingen in jeder Sängerinnen-Generation die Vorbilder<br />

nach. Nina Stemme: „Ich wiederum habe viel von<br />

Gwyneth Jones und Hildegard Behrens gelernt. Von dramatischen<br />

Stimmen, als ich noch Mimi und Pamina sang.“ Ja, es<br />

sei Wahnsinn, wie früh heute Stimmen buchstäblich verschlissen<br />

würden. „Viele scheinen ein wenig Angst vor der<br />

Mittellage zu haben, um in die Höhe zu kommen“, diagnostiziert<br />

Nina Stemme die Krise des Wagner-Gesangs. Diese sei,<br />

so Jones, auch der Tatsache geschuldet, dass „heute jedes<br />

Stadttheater und jedes kleine Festival meint, hochdramatische<br />

Werke und möglichst den Ring spielen zu müssen“.<br />

Denn wo im Wagner-Jahr Opernhaus draufsteht, da ist auch<br />

ein Ring drin. Weltweit.<br />

„Mein Erbe nun nehm ich zu eigen. – Verfluchter Reif!<br />

Furchtbarer Ring!“, singt Brünnhilde am Ende der Götterdämmerung.<br />

Auch das scheint ein Leitmotiv im weiblichen<br />

Kosmos Richard Wagners zu sein: Mit dem klassisch dynastischen<br />

Modell, nach dem der Stammhalter und Thronfolger<br />

stets männlichen Geschlechts zu sein hat, wird in der Wagner-Welt<br />

gründlich gebrochen. Nicht der Held erbt, sondern<br />

die Heldin. Im Leben wie auf der Bühne: Das Wagner’sche<br />

Erbe treten Frauen an. Trotz der langen Regentschaft von<br />

Wolfgang (und der zuvor kurzen seines Bruders Wieland)<br />

waren es doch Cosima und Winifred und sind es heute Katharina<br />

und Eva, die das Bayreuther Erbe pflegten und pflegen<br />

„grad recht nach ihrer Art“ (Meistersinger). Im Werk<br />

aber ist dieses Motiv noch auffälliger: Ob Elsa im Lohengrin<br />

oder Brünnhilde in der Götterdämmerung – Frauen gehen<br />

mit ihrem Erbe verantwortungsvoll um. Nina Stemme:<br />

„Erbe ist eine Verantwortung; es ist immer eine Erfahrung.<br />

Auch das weiß Brünnhilde.“ Und die Männer? Egal, ob sie<br />

nun erben oder vererben – verantwortungslos kümmert sie<br />

das wenig: „All mein Hab und Gut vererb ich noch heute“, so<br />

Tristan („jauchzend“, so die Regieanweisung!). Mehr noch<br />

Siegfried: „Einzig erbt ich den eig’nen Leib – lebend zehrt ich<br />

den auf.“ Die Frauen, die bei Wagner Macht erben, sie aber<br />

tun damit Kluges. Wie sagte doch Dame Gwyneth? „Brünnhilde<br />

bringt die Welt wieder in Ordnung.“ Die Welt braucht<br />

Frauen wie Brünnhilde! Nicht nur auf der Bühne: liebend<br />

und emanzipiert. Emanzipiert liebend wen und wie „sie“<br />

wollen. Und wenn diese Emanzipation nur unter „ekstatischen<br />

Zuckungen“ möglich ist – nun denn.<br />

Pascal Morché lebt als Journalist und Texter in München und<br />

schreibt für führende Tageszeitungen und Magazine. In Buchform<br />

veröffentlichte er u. a. den Roman Fernwärme sowie die<br />

Anthologien Venedig im Gedicht und Rom im Gedicht. In weiteren<br />

Publikationen beschäftigt er sich mit dem Thema Mode und<br />

Gesellschaft.<br />

Götterdämmerung<br />

Dritter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen<br />

von Richard Wagner<br />

Festspielpremiere am Samstag, 30. Juni 2012,<br />

Nationaltheater<br />

Weitere Termine im Spielplan ab S. 209<br />

Wagnerin. Ein Haus der Kunstmusik<br />

Ein Abend ohne Götter und Helden, für Cosima, Winifred, Gudrun<br />

und Katharina Wagner, viele Blaue Mädchen, Herrenensemble<br />

und übrig gebliebene Posaunisten des Festspielorchesters<br />

von Sven Holm<br />

Sonntag, 24. Juni 2012, und Montag, 25. Juni 2012,<br />

Haus der Kunst, Westflügel<br />

Es sind die Details, die den<br />

Unterschied machen<br />

Als Mitglied des<br />

Classic Circle unterstützt<br />

PSP seit 2005 die<br />

<strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong>.<br />

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48<br />

Zwischenwelten<br />

Fotografie Michael Dürr<br />

Der Bariton Wolfgang<br />

Koch ist als Alberich<br />

in der Münchner<br />

Neuinszenierung im<br />

gesamten Ring präsent.<br />

Für MAX JOSEPH<br />

hat er sich vor der<br />

Premiere der<br />

Götterdämmerung<br />

ins Zwielicht begeben.<br />

Eine fotografische Erzählung


Bevor Wolfgang Koch sich<br />

in die, wenn auch nur<br />

fotografische, Zwischenwelt<br />

des Pötzleinsdorfer Schlossparks<br />

begab, sprach er<br />

mit MAX JOSEPH-Autor<br />

Daniel Ender über die Figur<br />

des Alberich und über<br />

seinen Umgang mit Erfolgsdruck.<br />

Interview Daniel Ender<br />

53<br />

MAX JOSEPH Alberich in Wagners Ring ist weit mehr<br />

als eine Nebenfigur, sondern im Grunde die zentrale Triebkraft<br />

des Ganzen. Ohne ihn würde die gesamte Handlung<br />

nicht passieren. Wie verstehen Sie diesen komischen Kauz,<br />

der am Anfang des Ganzen steht, das Drama auslöst und<br />

dann meist im Hintergrund bleibt?<br />

WOLFGANG KOCH Eigentlich ist er ja, wenn man so will,<br />

die Titelfigur. Wagners Titel lautet nicht Der Ring der Nibelungen,<br />

sondern Der Ring des Nibelungen. Und damit ist<br />

Alberich gemeint. Er ist der Auslöser des Ganzen, er fungiert<br />

als Medium der Triebkräfte, die das Drama letztendlich<br />

auslösen. Alberich ist der von Gier Getriebene, der ewig<br />

zu kurz Gekommene, der ständig abgewiesen wurde. Er ist<br />

der, der die Drecksarbeit macht. Dann schwingt er sich zum<br />

Gegenspieler Wotans auf und macht eigentlich das, was Wotan<br />

vielleicht gerne täte. Der ist aber immer an Verträge gebunden<br />

und muss darauf achten, dass er durch seine Tricks<br />

keine Rechtsbrüche begeht. Alberich ist das alles egal.<br />

MJ Er arbeitet ja an einem totalitären System und er<br />

hätte als Gegenspieler von Wotan das Potenzial und<br />

vor allem den Ehrgeiz, den Gott auch zu besiegen.<br />

WK Absolut. Wenn er nicht so überdrehen und in<br />

seiner Großmacht und Selbstgefälligkeit aufgehen<br />

würde, würde er sich auch nicht hereinlegen lassen.<br />

Das ist ja ein Faszinosum, dass jemand, der so talentiert<br />

ist und diese Potenz hat, alles an sich zu reißen,<br />

sich seinen Erfolg oft kurz vor dem Ziel kaputt macht.<br />

Man sieht das auch bei manchen Politikern, ohne<br />

jetzt Namen zu nennen, die irrsinnige populistische<br />

Erfolge einfahren. Und wenn es dann darauf ankommt,<br />

verlieren sie kurz vor der Ziellinie alles durch<br />

einen dummen Lapsus, den sie in ihrer Überheblichkeit<br />

begehen. Das ist vielleicht nicht so extrem wie<br />

bei Alberich, der dann wirklich alles verliert, er ist<br />

hierfür aber ein sehr drastisches, plakatives Beispiel.<br />

MJ Alberich ist ja auch eine Karikatur, wie so oft bei Wagner,<br />

mit mehreren Witzen und Drehungen. Dieser größte<br />

Egomane tritt ausgerechnet als Zwerg in Erscheinung und<br />

wird dann in eine Kröte verwandelt. Wichtiger ist vielleicht<br />

noch der psychologische Kniff, dass er eigentlich das<br />

Menschsein und die Liebe verleugnen muss, um überhaupt<br />

in Aktion treten zu können. Damit ist er eine psychologisch<br />

sehr ambivalente Figur.<br />

WK Im Prinzip sind ja an allem die Rheintöchter schuld<br />

(lacht). Alberich kommt zu Beginn in eine Welt, die er<br />

nicht kennt. Da liegen plötzlich diese schönen Damen, vergnügen<br />

sich, und er kennt bisher nur die verwachsenen,<br />

hässlichen Zwerge aus der Unterwelt, diese Arbeiter, dieses<br />

unsinnliche Leben bar jeder Ästhetik. Dann kommt er<br />

dort hin und ist völlig überrascht, stellt sich aber fürchterlich<br />

ungeschickt an: „Hehe! Ihr Nicker!“, musikalisch noch<br />

dazu mit diesen Dissonanzen, ich glaube, so ist man nicht<br />

besonders erfolgreich. Außerdem lässt er durchblicken,<br />

dass es ihm eigentlich völlig egal ist, welche er bekommt,<br />

er will nur eine, irgendeine. Wenn Sie drei Damen zur Auswahl<br />

haben und sagen, es ist Ihnen wurscht, welche, dann<br />

sind sicher alle drei nicht sonderlich amused.<br />

MJ Die Unterwelt, aus der Alberich kommt, symbolisiert<br />

auch das Destruktive, Ziellose, Maßlose. Was<br />

sind für Sie die interessanten Facetten der ganzen<br />

Geschichte?<br />

WK Die interessanten Facetten sind natürlich, wie<br />

sehr schnelle Veränderungen der Umwelt und der<br />

Umgebung und Attribute wie plötzlicher, schneller<br />

Reichtum, Macht oder auch Unterdrücktsein Menschen<br />

verändern, welche Energien und Triebe plötzlich<br />

zutage treten. Dieses völlige Abgehobensein:<br />

Ich kann alles, mich kriegt keiner, und wenn ich etwas<br />

will, schnipse ich mit dem Finger, und alles<br />

wird genauso, wie ich mir das vorstelle – das ist unglaublich<br />

faszinierend. Ich glaube, das ist zeitlos.<br />

MJ Gerade in der heutigen Zeit ist die Eigendynamik des<br />

Erfolgs, aber auch der Erfolgsdruck auf extreme Weise<br />

ausgeprägt. Wie gehen Sie selbst damit um?<br />

WK Es ist nicht einfach, damit umzugehen, wenn man es<br />

noch nicht so gewöhnt ist. Mit der Zeit pendelt es sich ein.<br />

Man ist aus seiner gewohnten Umgebung herausgerissen,<br />

ist irgendwo, völlig anonym und erlebt diese Einsamkeit,<br />

den Probenprozess, den Entstehungsprozess. Dann geht es<br />

hin zur Premiere, man ist plötzlich ausgestellt, und damit<br />

wächst natürlich auch der Druck. Und dann geht man da<br />

hinein, ist fokussiert, Tage vorher kümmert man sich schon<br />

nicht mehr um irgendwelche banalen Dinge des Lebens.<br />

Und plötzlich fällt dieser Druck ab wie ein Ventil, das sich<br />

öffnet. Es gibt Kollegen, die unglaublich professionell mit<br />

diesem Druck umgehen können.<br />

MJ Und wenn eine Karriere an Dynamik gewinnt<br />

und sich zu einem Höhenflug entwickelt, ist natürlich<br />

auch immer der Abgrund sichtbar.<br />

WK Ja, dann kommt fast immer diese Angst dazu:<br />

Jetzt stürze ich ab, jetzt wird alles eine Katastrophe,<br />

und alles, was aufgebaut wurde, ist plötzlich durch<br />

eine Vorstellung vernichtet, was natürlich Unsinn


„Wie sehr schnelle Veränderungen<br />

und Attribute<br />

wie plötzlicher, schneller<br />

Reichtum, Macht<br />

oder auch Unterdrücktsein<br />

Menschen verändern –<br />

das ist für mich eine der<br />

interessantesten Facetten<br />

im Ring.“<br />

ist. Aber solche Gedanken sind einem nicht fremd.<br />

Man versucht manchmal, diesen Druck zu kanalisieren,<br />

das ist keine Frage. Da man sich als Sänger<br />

übermäßigen Alkoholkonsum nicht leisten kann –<br />

ich meine nicht finanziell – oder zumindest auf Dauer<br />

nicht, versucht man das halt zu kompensieren,<br />

indem man sich etwas Schönes gönnt oder sich einmal<br />

eine Auszeit nimmt. Das ist sehr wichtig und<br />

schützt auch vor Burnout-Symptomen. Diese Gefahr<br />

besteht natürlich schon.<br />

MJ Gehen Ihnen eigentlich manche Figuren über die Proben-<br />

und Aufführungsphase hinaus nahe?<br />

WK Bei manchen wenigen Rollen ist das schon einmal vorgekommen,<br />

aber meistens eher nicht, weil vor allem Wagners<br />

Rollen eher Archetypen von menschlichen Handlungen<br />

und Emotionen, Verfehlungen und Irrwegen darstellen.<br />

MJ Bei Alberich sind Sie sicher, dass das nicht passieren<br />

wird? Oder was müsste dazu passieren?<br />

WK Das weiß ich nicht, aber das ist eben das Schöne,<br />

dass man immer wieder überrascht wird im Probenprozess,<br />

von der musikalischen Seite, von der szenischen<br />

Seite. Diese Überraschungen sind das Salz, das<br />

die ganze Arbeit so besonders macht. Wenn es einfach<br />

nur Routine wäre, dann könnte man einpacken.<br />

Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich keine<br />

meiner Rollen sehr oft gesungen habe und viele verschiedene<br />

Partien übernommen habe, was mir manchmal<br />

sehr zugesetzt hat. Aber solche Phasen gibt es im<br />

Leben, dass manchmal ganz viel passiert und man<br />

einfach nicht Nein sagen kann, weil man etwas unbedingt<br />

machen möchte. Da muss man halt durch.<br />

Daniel Ender ist Chefredakteur der Österreichischen Musikzeitschrift<br />

und ständiger freier Mitarbeiter des Standard (Wien)<br />

und der Neuen Zürcher Zeitung. Der promovierte Musikwissenschaftler<br />

lehrt an der Musikuniversität Wien sowie an<br />

den Universitäten Wien, Salzburg und Klagenfurt.


Für mein Empfinden<br />

jedenfalls<br />

Die Neuinszenierung des Ring sähe<br />

anders aus ohne die Arbeit der Schweizer<br />

Choreographin Zenta Haerter, seit<br />

Jahren eine der engsten Mitarbeiterinnen<br />

von Andreas Kriegenburg. Ein Porträt.<br />

57<br />

Text Dorion Weickmann<br />

Fotografie Tanja Kernweiss


Ein wollweißes, weiches Gewebe,<br />

hauchzart gestrickt, liegt auf dem<br />

Tisch. Der Faden ist so fein, jede Masche<br />

so filigran, als wäre eine Handarbeitsmeisterin<br />

zugange. Aber dieses<br />

Wunderwerk wächst ganz nebenbei,<br />

ist Muntermacher und Beruhigungsmittel<br />

zugleich. Morgens um halb<br />

sieben, wenn die übrige Theaterwelt<br />

noch im Schlummer liegt, um sich<br />

den Proben- oder Premierenkater aus<br />

Haupt und Gliedern zu schlafen, sitzt<br />

Zenta Haerter schon am Küchentisch.<br />

Der kann daheim in Zürich stehen, in<br />

Dresden oder Berlin, wo sie gerade mit<br />

Andreas Kriegenburg die Vollendung<br />

der Münchner Ring-Tetralogie vorbereitet.<br />

Da sitzt sie also, trinkt Kaffee<br />

und strickt sich in den Tag. Und was<br />

in aller Herrgottsfrüh entsteht – asymmetrische<br />

Pullis, extravagante Kleider<br />

oder eine farbenfroh schillernde<br />

Stola –, das wandert in die Schränke<br />

von Freunden und Freundesfreunden.<br />

Nie käme Zenta Haerter auf die Idee,<br />

mit der Textilkunst schnöde Geschäfte<br />

zu machen oder eigene Schubladen<br />

zu füllen. Überhaupt geht es nicht ums<br />

formschöne Resultat der Nadelarbeit,<br />

sondern einzig und allein: „ums Tun“.<br />

Wer Zenta Haerter treffen will und<br />

vorab ein paar Informationen braucht,<br />

sollte einen Detektiv engagieren. Die<br />

üblichen Quellen anzuzapfen, ist vergebliche<br />

Liebesmüh: Das Internet<br />

spuckt nur ein paar dürre Sätze aus –<br />

„Schauspiel- und Opernchoreographin,<br />

ausgebildet an der Juilliard School in<br />

New York“ –, eine Homepage gibt es<br />

nicht, auch keine Facebook-Seite und<br />

schon gar keinen Twitter-Account.<br />

„Meine Person ist nicht wichtig, sondern<br />

das, was ich tue. Außerdem mag<br />

ich mich nicht festlegen und festlegen<br />

lassen. Was vor 20 Jahren war, hat im<br />

Netz nichts zu suchen – das ist doch<br />

eine Horrorvorstellung!“, erklärt eine<br />

feste Stimme am Telefon, um gleich danach<br />

vorsichtig anzufragen, ob eine Verabredung<br />

um zehn Uhr morgens wohl<br />

zumutbar wäre. Zenta Haerter ist keine,<br />

die ihre Spielregeln für allgemein<br />

verbindlich hält: „Für mein Empfinden<br />

jedenfalls“, lautet die leitmotivische<br />

Wendung, die viele ihrer Sätze abrundet.<br />

Aber zugleich ist sie geradeheraus<br />

und entschieden, mit Lösungen schnell<br />

Für mein Empfinden jedenfalls<br />

Ein Porträt<br />

bei der Hand und keine Freundin von<br />

Umstandskrämereien: „Kommen Sie<br />

am besten in die Wohnung unserer<br />

Kostümbildnerin, dann haben wir’s<br />

ruhig.“ So findet sich die Journalistin<br />

mitten in Kreuzberg wieder, auf einem<br />

Gründerzeitbalkon, über dem bleigraue<br />

Frühlingswolken vor sich hin dunsten.<br />

Zenta Haerter will geschwind noch<br />

eine rauchen. Kein Allerwelts-Glimmstängel,<br />

sondern ein schmales Zigarettchen<br />

schaukelt zwischen ihren Fingern,<br />

gewissermaßen eine Tabak-Doublette<br />

ihrer eigenen, zierlichen Proportionen.<br />

Murmelgroße blaugraue Augen tanzen<br />

in Haerters Gesicht, während sie über<br />

die Dächer hinweg in Richtung Osten<br />

zeigt: „Da hinten, da werde ich bald<br />

hinziehen, kennen Sie die Gegend?“<br />

Nichts deutet darauf hin, dass die Zürcherin<br />

im Berliner Kreativboden erst<br />

noch Wurzeln schlagen muss. Nur ein<br />

Anflug von Schwyzerdütsch federt<br />

durch ihr temperamentvolles Erzählen,<br />

während die lässig gefaltete Strickjacke<br />

und das rastalockige, von Seidenbändern<br />

gehaltene Haar an präraffaelitische<br />

Madonnen erinnern. Oder an jene<br />

Ikonen der Belle Époque, die Moden<br />

und Manierismen links liegen ließen,<br />

um nichts und niemandem außer der<br />

Stimme des eigenen Stilgewissens zu<br />

folgen. Lou Andreas-Salomé gehörte<br />

ebenso zu ihnen wie Franziska zu Reventlow,<br />

und wenn Zenta Haerter gesprächsweise<br />

nach den Stationen ihres<br />

Lebens tastet, schimmern zwischen den<br />

Zeilen die Züge dieser notorischen Rebellinnen<br />

auf. Nicht der Hang zu Sensation<br />

und Skandal stiftet hier wahlverwandtschaftliche<br />

Nähe, sondern<br />

das fortwährende Ringen um Neues, die<br />

unzähligen Häutungen, durch die diese<br />

zarte Person – oft zufällig – gegangen<br />

ist, eben darin den aufsässigen Jahrhundertwende-Töchtern<br />

verbunden.<br />

Am Anfang stand eine frühe, felsenfeste<br />

Entscheidung: „Ich werde<br />

Tänzerin, das wusste ich mit elf, zwölf<br />

Jahren.“ Der Vater, Ingenieur mit eigenem<br />

Büro, reagiert verschnupft.<br />

Dass die Tochter von Kindesbeinen an<br />

Ballettunterricht bei Vera Pasztor hat,<br />

einer renommierten ungarischen Ex-<br />

Ballerina – „Ausdruck war ihr mindestens<br />

so wichtig wie Technik“ –, ändert<br />

nichts an seiner Ablehnung. Immerhin<br />

hat die Kleine seinen lebhaften Sinn für<br />

Mathematik geerbt und könnte ohne<br />

Weiteres der Familientradition folgen.<br />

Die einschlägige Prägung begleitet sie<br />

jedenfalls bis heute: „Für mich hat jede<br />

Zahl eine Farbe, schon immer gehabt.<br />

Und weil die Welt voller Zahlen ist, ist<br />

meine Welt total bunt!“ Wie bitte, Drei<br />

ist also anders als Fünf, und Fünf anders<br />

als Sieben? „Ja, die Drei ist rot,<br />

die Fünf ist gelb, und die Sieben ist<br />

braun – ich hatte nie Probleme, mir<br />

Telefonnummern zu merken, weil alles<br />

Zenta Haerter Nicht der Hang<br />

59<br />

zu Sensation und<br />

Skandal stiftet<br />

bei Zenta Haerter<br />

Nähe zu Ikonen<br />

der Belle Époque,<br />

sondern das fortwährende<br />

Ringen<br />

um Neues, die<br />

unzähligen Häutungen,<br />

durch die<br />

diese zarte Person<br />

gegangen ist.<br />

über Farben geht.“ Kurze Pause, leichtes<br />

Zögern: „Vielleicht gehe ich deshalb<br />

auch nie ins Kino, obwohl das schrecklich<br />

peinlich ist – um mich herum sind<br />

lauter Cineasten, lauter Schauspieler,<br />

die damit ihr Geld verdienen. Aber ich<br />

bade halt den ganzen Tag in Farben,<br />

also brauche ich das Kino nicht.“<br />

Der Milchkaffee wird kalt, während<br />

Zenta Haerters Blicke über das eigene<br />

Lebenspanorama schweifen, mal hierhin<br />

abzweigen, mal dort verweilen, die<br />

Höhen vermessen und die Täler nicht<br />

aussparen. Der Vater also bleibt störrisch,<br />

bis eine Parisreise mit Abstecher<br />

ins choreographische Atelier von Carolyn<br />

Carlson die Wende bringt. Von<br />

deren Hand stammen minimalistischabstrakte<br />

Geniestreiche, die den Papa<br />

am Ende bekehren: „Wenn du das<br />

machen willst – na gut! Aber dann suchen<br />

wir das Beste.“ Das Beste ist New<br />

York. Dort hat Martha Graham ihr<br />

Hauptquartier, die Doyenne des Modern<br />

Dance, mit dem die halbwüchsige<br />

Zenta schon Bekanntschaft gemacht<br />

und dabei „totale Seligkeit“ erfahren<br />

hat: „Das strikte Korsett des Balletts<br />

zu verlassen, war eine Wohltat.“<br />

Die Kaderschmiede schlechthin jedoch<br />

ist die Juilliard School, nur kann<br />

sich dort niemand ohne Highschool-<br />

Abschluss einschreiben. Das Zürcher<br />

Mädel ist die Ausnahme: „Ich bin zum<br />

Aufnahmetest und wollte nur sehen, ob<br />

ich Chancen habe – und dann haben die<br />

mich zugelassen!“ So zieht die 15-Jährige<br />

in den Big Apple, wohnt zur Untermiete<br />

bei einer Schauspielerin, paukt<br />

binnen eines Jahres den Schulabschluss<br />

durch – und wechselt das Fach:<br />

„Die Tänzerkonkurrenz war irre, also<br />

habe ich bei der Leitung vorgesprochen<br />

und gesagt, dass ich gerne ins Kostümwesen<br />

möchte.“ Kein Einspruch, auch<br />

nicht von den Eltern. Denen nämlich<br />

verschweigt das vorzeitig flügge gewordene<br />

Kind seinen Entschluss. Wenn<br />

es eine Konstante in Zenta Haerters<br />

Leben gibt, dann ist es diese Radikalität:<br />

Was beschlossen ist, wird durchgesetzt,<br />

Punktum. Kein Blick zurück,<br />

schon gar keiner im Zorn: „Ich kann<br />

mich sehr gut verabschieden, jeden<br />

Ballast abwerfen, weil nur so etwas<br />

Neues beginnt.“ Nicht umsonst wird<br />

das Gepäck im Lauf der Jahre und<br />

Jahrzehnte immer leichter, gerät jeder<br />

Umzug zur Entschlackungskur. Briefe,<br />

Andenken, den ganzen Krimskrams,<br />

den andere Leute als Allerheiligstes<br />

hüten, mustert das Trennungstalent<br />

leichthändig aus. Von Haerters frühen<br />

Arbeiten gibt es weder Fotos noch Videos,<br />

ja nicht einmal Besetzungszettel.<br />

Wer wie sie mit zwei Luftzeichen<br />

durchs Leben tänzelt – „Sternzeichen<br />

Zwilling, Aszendent Wassermann“ –,<br />

den erdrückt schon der bloße Gedanke<br />

an Klarsichthüllen und Aktenordner.<br />

Wohl auch deshalb nimmt Zenta Haerter<br />

lieber eine Karriere mit Sprüngen,<br />

Stockungen und Mäandern in Kauf, als<br />

sich dem Normallauf der Dinge anzubequemen.<br />

Auf die Juilliard-Gewandmeisterei<br />

folgt ein Zürcher Interim samt Salto<br />

rückwärts in den Tanz, der wenig später<br />

am Stadttheater Hagen aufsetzt.<br />

Dort ist Janez Samec Ballettchef und<br />

braucht ein best girl für „die Barfußund<br />

Wallehaar-Rollen“, das ihm nebenbei<br />

assistieren kann. Zenta Haerter ist<br />

als Rundum-Sorglos-Artistin bestens<br />

geeignet, denn sie erwärmt sich sogar<br />

für jenes Pflichtprogramm, das Tänzer<br />

üblicherweise naserümpfend abspulen:<br />

„Ob Oper, Operette oder Musical-Einsätze,<br />

ich fand alles toll, es gab immer<br />

was zu lernen.“ Samec treibt die Mittzwanzigerin<br />

an, sich choreographisch<br />

auszuprobieren, und so entsteht in der<br />

sauerländischen Provinz ein Erstling<br />

mit dem wolkigen Titel Hinter dem Perlenvorhang.<br />

Ein Schauspieler, zwei Musikanten<br />

und ein betagtes Tänzerpaar<br />

bestreiten den lyrischen Abend: „Alte<br />

Leute haben mich immer interessiert,<br />

und wenn es ein Projekt gibt, das ich<br />

unbedingt machen möchte, dann ist es<br />

eine Choreographie mit älteren Tänzern.<br />

Nur fehlen mir Zeit und Zähigkeit,<br />

das zu organisieren.“<br />

An Durchhaltewillen mangelt es<br />

Zenta Haerter nicht, aber ihre Schicksalsdisziplin<br />

ist eher der Sprint. Denn<br />

in ihrem Leben biegt fast alles so unverhofft<br />

um die Ecke, dass es nicht<br />

lohnt, langfristige Pläne zu schmieden.<br />

Die Liebe beispielsweise stellt sich bei<br />

einem Zwischenhalt in Klagenfurt ein,<br />

in Gestalt eines Opernsängers. Es folgen<br />

Ehe, zwei Söhne und eine Tochter,<br />

dann Umzug mit Kind und Kegel an<br />

den Zürichsee, also Rückkehr in den<br />

Schoß der Herkunftsfamilie. Zunächst<br />

trübt kein Schatten das Traumidyll:<br />

„Nach jeder Geburt dachte ich – das<br />

war’s, jetzt machst du nicht weiter.<br />

Jetzt bist du glücklich.“ Pustekuchen.<br />

Nach ein, zwei Jahren Schürzendasein<br />

hat die Mutter jeweils die Nase voll,<br />

gastiert mal hier, mal da als Tänzerin,<br />

legt sich mit Preisjuroren an – „Diesem<br />

Mist gebt ihr den ersten Preis? Dann<br />

will ich den zweiten nicht haben!“ –<br />

und verzweifelt an der Doppelbödigkeit<br />

des Theaters: „Ich hatte immer einen<br />

Reinheitsanspruch, eine gehörige Portion<br />

Idealismus, wenn da etwas nicht<br />

stimmt, rebelliert mein Körper und<br />

bremst mich aus.“ Denn dieser Körper<br />

behauptet sich als unbestechlicher<br />

Seismograf, der kleinste Erschütterungen<br />

registriert und dabei vollkommen<br />

offenporig bleibt: „Ob ich gehe, stehe<br />

oder liege, es fühlt sich ganz durchlässig<br />

an. Mein Körper endet nicht an der<br />

Haut, ich spüre jede Emotion als physische<br />

Reaktion.“<br />

Auf die Dauer hinterlässt die Querfeldein-Tingelei<br />

jedoch Leere, Einsamkeit<br />

und anfallsweise Schwermut. „Was<br />

ich will, gibt es nicht auf der Welt – ich


in allein mit meiner Suche“, grübelt<br />

die Lebensnomadin, die schwarze Galle<br />

wird zur Dauerkrise. Einmal mehr<br />

sehnt sie sich nach Aufbruch und Ausstieg,<br />

einmal mehr macht sie Tabula<br />

rasa. Verabschiedet sich aus der Ehe,<br />

leiert eine Umschulung zur Webdesignerin<br />

an. Kaum hat sie die Anmeldung<br />

in der Hand, klingelt das Telefon: Ob<br />

sie in einer Inszenierung von Andreas<br />

Kriegenburg am Schauspielhaus Zürich<br />

mitwirken will? Es ist der Beginn einer<br />

engen, fast symbiotischen Arbeitsbeziehung,<br />

die beide schließlich zur ersten<br />

Operninszenierung nach Magdeburg<br />

führt. Zwischen dem gelernten Tischler<br />

und der gelernten Tänzerin spannt sich<br />

eine Bilderwelt auf, die auf wortlosem<br />

Einverständnis gründet, auf Empathie.<br />

„Wenn Andreas im Raum ist, nehme<br />

ich seine Sichtweise auf, ich umarme<br />

das, nehme es in mich hinein, weil<br />

ich gar nicht anders kann.“ Einerseits<br />

bringt diese Einfühlungsgabe den<br />

Ego-Bauchnabel zum Verschwinden,<br />

andererseits löscht sie die Nahtstelle<br />

von Gesang, Sprache und Tanz aus.<br />

Die tänzerische Inszenierungsdreingabe<br />

als solche fällt gar nicht mehr<br />

auf, und eben darin besteht die Kunst.<br />

Sein persönliches Steckenpferd kann<br />

schließlich jedermann, auch jeder Choreograph,<br />

mehr oder weniger passabel<br />

reiten. Aber fremde Ideen und Visionen<br />

aufzusaugen, um ihnen en passant<br />

ein Glanzlicht aufzusetzen, das verlangt<br />

nach Bescheidenheit, nach Enthaltsamkeit<br />

jenseits aller Monomanie.<br />

Zudem gehorcht die Opern- und<br />

Schauspielchoreographie anderen Gesetzen<br />

als das Metier der Profipirouetten:<br />

„Ich kann nicht von mir selbst<br />

ausgehen, sondern ich schaue – wo<br />

will der Körper hin, den ich da vor mir<br />

habe? Jeder Mensch hat eine natürliche<br />

Eigendynamik, und die muss ich<br />

herauskitzeln.“ Was dicke Fallstricke<br />

birgt, fürchten doch die meisten Sänger<br />

beim kleinsten Bewegungsmanöver<br />

um ihren empfindlichen Stimmapparat,<br />

während Schauspieler vor lauter Textmasse<br />

zu kopflastigem Agieren neigen<br />

und „gar nicht wissen, was halsabwärts<br />

passiert“. Zenta Haerters Mission ist<br />

die Befreiung von solchen Handicaps,<br />

und sie zielt nicht unbedingt auf den<br />

Premierentermin. Der innigste, der<br />

Zenta Haerter<br />

„Wenn Andreas im<br />

Raum ist, nehme<br />

ich seine Sichtweise<br />

auf, ich umarme<br />

das, nehme es in<br />

mich hinein, weil<br />

ich gar nicht anders<br />

kann.“ – Zenta<br />

Haerter<br />

fruchtbarste Moment ist ein anderer,<br />

ist „die vollkommene Selbstvergessenheit“,<br />

das Eintauchen und Aufgehen im<br />

Akt der Schöpfung.<br />

Dieser Augenblick stellt sich regelmäßig<br />

auch in der Arbeit mit Statisten<br />

ein, nur bedarf es dafür eines längeren<br />

Anlaufs – zumal sich Zenta Haerter in<br />

der Münchner Ring-Inszenierung einer<br />

100-köpfigen Komparserie gegenübersah,<br />

die eine Art Natur- und Gesellschaftspassepartout<br />

bildet. Für sie hat<br />

Zenta Haerter eigens Workshops gegeben<br />

– „bis Probenbeginn mussten alle<br />

auf Zack sein.“ In dieser Anfangsphase<br />

stehen freilich weder Bewegungstechnik<br />

noch schieres Training im Vordergrund.<br />

Vielmehr geht es um die Erkundung<br />

dessen, was – mit Amateuren –<br />

möglich ist und was der Vision des Regisseurs<br />

entspricht. So wird zunächst<br />

die „atmosphärische Färbung“ angelegt,<br />

und sobald Andreas Kriegenburg<br />

diesem Raster sein Plazet gibt, arbeiten<br />

beide Hand in Hand weiter. Trotzdem<br />

kann es auf den letzten Metern passieren,<br />

dass seine Gegenwart zum Hemmschuh<br />

wird: „Wenn ich bei Proben wirklich<br />

etwas tun möchte, dann muss er<br />

gehen, weil ich seinen Blickwinkel nicht<br />

wegdenken kann.“ Was aber, wenn er<br />

das Ergebnis besichtigt und womöglich<br />

verwirft? „Dann lege ich es halt zur Seite<br />

und fang was Neues an.“<br />

Selbst Enttäuschungen können<br />

dieser Künstlerin des Abschieds und<br />

Neubeginns nichts anhaben. Als kürzlich<br />

Kriegenburgs Münchner Walküre<br />

ihren Debütritt absolvierte und dem<br />

Fortissimo im Orchestergraben ein<br />

Haerter’scher Prolog voraneilte, war<br />

das Publikum not amused. Dabei verlängert<br />

der klanglose Walküren-Aufmarsch<br />

den Schauder der Vorlust und<br />

lässt Wagners orgiastischen Gewitterdonner<br />

danach umso heftiger krachen.<br />

Die Ausgebuhte nimmt es nonchalant:<br />

„Auch so etwas muss man ablegen,<br />

wegbuchen, halt sein lassen, wie es<br />

war.“ Trotzdem bleibt das geschmähte<br />

Vorspiel eine aufwendig kalligraphierte<br />

Visitenkarte aus der Haerter-Werkstatt:<br />

Nichts wird im Namen der Wirkung<br />

plastiziert, nichts in abgegriffene<br />

Formeln gestanzt. Betörend zittert die<br />

Luft, wenn die Walküren-Tänzerinnen<br />

am Ende um den Felsen schwingen,<br />

sich an ihn schmiegen, zuletzt Schulter<br />

an Schulter beieinander kauern wie auf<br />

einem Jugendstil-Fries. Bei aller Fragilität<br />

im Detail sind es bestechend<br />

wuchtige Bildkompositionen, die einer<br />

wohldosierten Mischung von Experiment<br />

und Ekstase entspringen.<br />

Eine Zeitlang hat Zenta Haerter ihrer<br />

exzessiven Probenleidenschaft im<br />

Verborgenen gefrönt. Schauplatz war<br />

ein eigens angemietetes Studio, in das<br />

sie sich einschloss, mutterseelenallein<br />

für zwei, drei Stunden am Tag. Sie dokumentierte<br />

ihre Sessions auf Videobändern<br />

und nahm sogar irgendwann<br />

Ecstasy, „weil ich wissen wollte, ob<br />

man im Drogenrausch tatsächlich was<br />

Besseres produziert“. Das Resultat war<br />

niederschmetternd. Stricken erwies<br />

sich als prima Alternative zu jedem herkömmlichen<br />

Dope. Für das Empfinden<br />

von Zenta Haerter jedenfalls. <br />

Dorion Weickmann ist Tanzkritikerin<br />

und Autorin u. a. für die Süddeutsche<br />

Zeitung, die ZEIT und Tanz.<br />

Die Historikerin promovierte über die<br />

Kulturgeschichte des Balletts, mit<br />

ihrer Studie Der dressierte Leib. Sie<br />

lebt in Berlin.<br />

Mehr über die Fotografin auf S. 18<br />

Der Ring des Nibelungen<br />

Bühnenfestspiel für drei Tage und<br />

einen Vorabend von Richard Wagner<br />

— Das Rheingold<br />

Vorstellungen am Dienstag,<br />

3. und Dienstag, 10. Juli 2012<br />

— Die Walküre<br />

Vorstellungen am Mittwoch,<br />

4. und Mittwoch, 11. Juli 2012<br />

— Siegfried<br />

Vorstellungen am Freitag,<br />

6. und Freitag, 13. Juli 2012<br />

— Götterdämmerung<br />

Premiere am Samstag, 30. Juni 2012<br />

Weitere Termine im Spielplan<br />

ab S. 209<br />

klenzestraße 41 // 80469 münchen // www.talbotrunhof.com


„Das diesjährige Programm verspricht wieder ein rauschvolles<br />

Musikfest. Das wahre Herzstück der Oper für alle ist allerdings das<br />

großartige Publikum. Erst die Begeisterung der Menschen<br />

auf dem Platz lässt die Abende zu unverwechselbaren Erlebnissen<br />

werden. Ich freue mich schon jetzt wieder auf ein<br />

be sonders festliches Wochenende im Zeichen von Oper und Konzert.“<br />

Michael Rahe, Leiter der BMW Niederlassung München<br />

„Wie könnte man 15 Jahre Oper für alle und die intensive und<br />

erfolgreiche Zusammen arbeit zwischen der <strong>Bayerische</strong>n<br />

<strong>Staatsoper</strong> und BMW besser begehen als mit dem Giganten<br />

Richard Wagner?“ Nikolaus Bachler, Staatsintendant<br />

Oper für allE<br />

In diesem Jahr feiert Oper für alle sein 15. Jubiläum.<br />

Wieder werden der Max-Joseph-Platz und die Straßen<br />

rund um das Nationaltheater auf eine be törende Weise<br />

erfüllt sein von Musik, wenn auf dem Platz vor der Oper<br />

außen zu innen, und innen zu außen wird: Beim Festspielkonzert<br />

am 14. Juli wird das <strong>Bayerische</strong> Staatsorchester<br />

unter der Leitung von Kent Nagano Ausschnitte<br />

aus dem Ring des Nibelungen spielen und das Jugendorchester<br />

ATTACCA Teile aus Howard Shores Filmmusik<br />

zu The Lord of the Rings. Am 15. Juli werden die<br />

Zuschauer die Live-Übertragung der Götterdämmerung<br />

mit erleben können, die den neuen Ring-Zyklus in der<br />

Inszenierung von Andreas Kriegenburg beschließt.<br />

OPER FÜR ALLE<br />

Götterdämmerung<br />

Dritter Tag des Bühnenfestspiels<br />

Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner<br />

Audiovisuelle Live-Übertragung aus dem<br />

Nationaltheater<br />

Sonntag, 15. Juli 2012, Max-Joseph-Platz<br />

Eintritt frei<br />

Festspiel-Konzert Oper für alle<br />

Samstag, 14. Juli 2012, Marstallplatz<br />

Howard Shore – Orchestersuite aus<br />

The Lord of the Rings<br />

ATTACCA-Jugendorchester des <strong>Bayerische</strong>n<br />

Staatsorchesters<br />

Richard Wagner – Der Ring – ein Abenteuer<br />

für Orchester (arr. von Henk de Vlieger)<br />

<strong>Bayerische</strong>s Staatsorchester<br />

Eintritt frei<br />

Weitere Informationen im Spielplan ab S. 209<br />

Illustration Martin Haake<br />

63<br />

Mit Howard Shores Filmmusik an der Seite des Ring des Nibelungen<br />

klingt an, welch epochale Wirkung das Werk Richard<br />

Wagners bis zum heutigen Tag entfaltet. So darf Wagner<br />

als der Künstler gelten, der die Kunstform des Films<br />

antizipiert hat. Zielte doch seine Vision des Gesamtkunstwerks<br />

darauf, das Publikum zu überwältigen und die einzelnen<br />

Bestandteile der Aufführung für die Sinne nicht mehr<br />

unterscheidbar zu machen. Offensichtliches Beispiel hierfür<br />

ist der berühmte abgedeckte Orchestergraben im Bayreuther<br />

Festspielhaus. Und beinahe sprichwörtlich geworden ist<br />

Wagners Aussage, nachdem er das unsichtbare Orchester erfunden<br />

habe, müsse er nun noch das unsichtbare Theater erfinden.<br />

Nichts anderes passiert, wenn der Kinozuschauer in<br />

seinem Sessel versinkt, und die Filmtechnik auf immer ausgefeiltere<br />

Weise, mit THX Dolby Surround System und 3-D-Technik,<br />

Mittel für das unmittelbare Erleben bildlicher Erzählung<br />

sucht. Der Projektor befindet sich in einem anderen Raum und<br />

ist: unsichtbar. Und natürlich, ähnlich geeignet für manipulative<br />

Zwecke, ist es kein Zufall, dass die Nationalsozialisten sowohl<br />

den Film als auch Wagners Werk instrumentalisierten –<br />

und beides die gewünschte Wirkung auf grausamste Weise<br />

auch erzielte.<br />

Noch deutlicher als die Kunstform aber ist die Filmmusik<br />

ein direkter Nachfahre Richard Wagners. Bis in fast jede<br />

Einzelheit basiert sie bis heute auf den kompositorischen<br />

Prinzipien Wagners, seiner Leitmotivtechnik, den breiten Orchesterklängen<br />

und der illustrativ konkreten Sprache (Siegfrieds<br />

Kampf mit dem Drachen ist aus heutiger Perspektive<br />

Filmmusik). J. R. R. Tolkiens Roman The Lord of the Rings, die<br />

literarische Vorlage für das Filmepos und heute anerkannt<br />

als grundlegendes Werk der Fantasy-Literatur, hält eine weitere<br />

Volte bereit: Um einen Ring, mit dessen Vernichtung die<br />

böse Macht untergeht, geht es dort – wie hier, möchte man sagen,<br />

und doch hat Tolkien jeglichen Einfluss Wagners vehement<br />

verneint: „Beide Ringe waren rund, und da hören die Gemeinsamkeiten<br />

auch schon auf.“ Diesen Beteuerungen zum<br />

Trotz lässt sich nach Auffassung einer breiten Forschungsgemeinde<br />

hierzu nicht leugnen, dass Tolkiens Werk von Wagners<br />

Ring beeinflusst sein muss, wenn etwa seine Figuren Sätze<br />

sprechen wie „Ride to ruin and the world’s ending“ – Brünnhilde<br />

verdichtet auf acht Worte, wie Alex Ross im New Yorker in<br />

unschlagbarer Logik anmerkte.<br />

Wie auch immer man jede einzelne Verästelung wahrnehmen<br />

mag – Fakt ist, dass Wagners Ring ein nicht wegzudenkender<br />

Teil unserer kulturellen Überlieferung ist, der bis<br />

heute jeden Zuhörer, jeden Rezipienten und vor allem jeden<br />

Künstler zu Höchstleistungen herausfordert. Und Teil dieser<br />

Herausforderung mag sein, immer wieder neu zu denken, wie<br />

Kunst gemeinsam erlebt werden kann, wie die Oper sich neuem<br />

Publikum öffnen und in welchen Räumen Wagners Musik<br />

uns rauschhaft überwältigen kann. In dieser Hinsicht darf<br />

Oper für alle, in der Dimension, in der es seit 15 Jahren mit<br />

BMW ermöglicht wird, doch auf ein Augenzwinkern des Meisters<br />

hoffen. <br />

~ MM/OAS


Polaritäten <br />

Portfolio<br />

Rachell Sumpter<br />

Abdelkader Benchamma


Rachell Sumpter<br />

Abdelkader Benchamma<br />

In der diesjährigen<br />

Festspielausgabe<br />

versammeln wir uns<br />

noch einmal im<br />

Blick auf Richard<br />

Wagner. Sein Werk<br />

umspannt die ganze<br />

Welt, changiert<br />

zwischen hell und<br />

dunkel, laut und<br />

leise, Hoffnung und<br />

Utopie auf der einen<br />

Seite, Verzweiflung<br />

und Depression auf<br />

der anderen Seite.<br />

Die Widersprüche<br />

werden nicht<br />

vermittelt, Wagner<br />

interessiert sich<br />

für die Extreme. In<br />

unserem Portfolio<br />

haben wir versucht,<br />

den Spannungen<br />

nachzukommen und<br />

Bilder für diese<br />

Gefühlswelten zu<br />

finden. Dabei sind<br />

wir auf die beiden<br />

Zeichner Abdelkader<br />

Benchamma<br />

(*1975) und<br />

Rachell Sumpter<br />

(*1972) gestoßen,<br />

deren Arbeiten auf<br />

ganz unterschiedliche<br />

Weise ins Kosmologische<br />

drängen.<br />

Ihre Bilder<br />

sind von unzählbaren<br />

namenlosen<br />

Einzelnen bevölkert,<br />

von Menschenansammlungen,<br />

die<br />

sich im unendlichen<br />

Weltenraum behaupten<br />

müssen. Abdelkader<br />

Benchamma,<br />

Sohn algerischer<br />

Eltern, lebt und<br />

arbeitet in Montpellier.<br />

In seinem<br />

schwarz-weißen<br />

Universum, das von<br />

Winden gepeitscht<br />

und von Explosionen<br />

heimgesucht<br />

wird, scheinen die<br />

winzigen Kreaturen<br />

gänzlich verloren<br />

und haltlos zu sein.<br />

Rachell Sumpter,<br />

in Los Angeles<br />

geboren, hat sich<br />

auf die hellere<br />

Seite der Welt<br />

gestellt. Ihre Arbeiten<br />

feiern den<br />

cosmic dance und<br />

beschwören das<br />

Abenteuer. Die<br />

Menschengruppen,<br />

die sie porträtiert,<br />

bewegen sich<br />

in schwerelosen<br />

Traumwelten. Wir<br />

sehen Lagerfeuer,<br />

Geister, Gräber<br />

und Zeichen aus<br />

uralter Zeit. Es ist<br />

das Vermächtnis<br />

von Generationen,<br />

an das sie appelliert.<br />

Und wir<br />

werden Zeuge des<br />

Wunders. – YG<br />

SIE GEHÖREN ZU DEN MENSCHEN, DIE MEHR<br />

ERWARTEN?<br />

SOLLTEN SIE ES DANN NICHT AUCH BEKOMMEN?<br />

Das seit 1841 privat geführte Hotel <strong>Bayerische</strong>r Hof ist mit seinen 345 Zimmern inklusive 60 Suiten, seinen 5 Restaurants und 6<br />

Bars eine Institution unter internationalen Luxushotels. Ein neues Highlight ist die einzigartige astor@Cinema Lounge, das erste<br />

astor-Premiumkino in München, ausgestattet mit neuester Technik. Für die gelungene Gestaltung konnten wir den renommierten<br />

Interior Designer Axel Vervoordt gewinnen, der bereits die Restaurants Atelier und Garden mit seinem Stil prägte. Küchenchef<br />

Steffen Mezger (Restaurant Atelier) wurde mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Reservieren Sie im Atelier unter +49.89.21 20-734<br />

oder im Garden +49.89.21 20-993. Ideal für Ihr "après Opera": die langen Öffnungszeiten unserer Restaurants Garden (24 Uhr), Palais<br />

Keller (2 Uhr), Trader Vic's (3 Uhr) sowie der falk's Bar (3 Uhr) und unseres Night Clubs (3 Uhr). Relaxen Sie nach Spannung und Kultur<br />

in unserem Blue Spa, designt von Andrée Putman, mit erstklassigen Treatments und Wellness-Küche.<br />

Kulturarrangement Zwei Übernachtungen inklusive Champagner-Frühstück, Petit-Four zur Begrüßung und einem<br />

Fünf-Gänge-Menü im Gourmetrestaurant Atelier für 395,00 Euro<br />

pro Nacht im Doppelzimmer. Gültig bis 30. Dezember 2012.<br />

Weitere Details unter 089.21 20-900 oder www.bayerischerhof.de<br />

Promenadeplatz 2- 6<br />

D-80333 München<br />

Phone +49 89.21 20 - 0<br />

Fax +49 89.21 20 - 906<br />

www.bayerischerhof.de<br />

info@bayerischerhof.de


75<br />

Ein Traum, was<br />

sonst<br />

Fotograf Till Janz,<br />

fotografiert von H.-J. Syberberg<br />

Ein Besuch im<br />

Gesamtkunstwerk<br />

Nossendorf.<br />

Als genialer Außenseiter<br />

des deutschen Films hat<br />

Hans-Jürgen Syberberg<br />

einst Kleist, Hölderlin,<br />

Wagner, Hitler, Ludwig II.<br />

umkreist. Heute belebt<br />

der Autor und Regisseur<br />

auf zauberhafte Weise das<br />

Landgut seiner Kindheit<br />

in Vorpommern wieder.


Auf nach Nossendorf zu Syberberg!<br />

Nach Nossendorf im Pommernland!<br />

Das klingt sehr fern, so nördlich, so östlich, wie einst ein<br />

preußisches Rittergut in den Masuren. Aber wir reisen mit<br />

der Regionalbahn von Berlin nur zwei Stunden: Richtung<br />

Greifswald und Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Fahren zu dem heute 76-jährigen Filmregisseur und Autor<br />

Hans-Jürgen Syberberg in das Reich seiner wiedergefundenen<br />

Kindheit. Erfahren einen zu neuem Leben erweckten<br />

Traum.<br />

Ausgerechnet hier? Die Bahn hält in der Kreisstadt<br />

Demmin, 20 Autominuten entfernt von dem ins flache Land<br />

gestreuten Nest Nossendorf. Noch vor Demmin trägt zwischen<br />

Wäldern, sanften Hügeln, ein paar Windrädern<br />

und den im Mai gerade gelb lodernden Rapsfeldern ein Ort<br />

den schönen Namen Sternfeld. Der kleine Backsteinbahnhof<br />

dort ist aufgelassen, die Fenster in Scherben, eine Schrift an<br />

der Wand verkündet „Nix da!“. Aber das könnte sich auch<br />

auf die Antinazi- oder Anti-AKW-Graffiti beziehen.<br />

In Demmin hält der Zug dann neben überwachsenen,<br />

stillgelegten Gleisen, die Funktion des gleichfalls geschlossenen<br />

Bahnhofs hat ein Fahrkartenautomat übernommen.<br />

Ein davor geparkter Lieferwagen wirbt für einen<br />

Sexclub in Greifswald.<br />

Hans-Jürgen Syberberg holt uns ab. Ein leicht gebeugter<br />

Herr in hellem Cord und Leinen, mit einer leichten<br />

Wolljoppe, die graublonde Mähne zaust der Wind, und aus<br />

dem wettergebräunten Gesicht lächelt ein freundlicher<br />

Landlord. Einst war er der geniale Außenseiter des deutschen<br />

Films, umstritten, kämpferisch, hat mit höchst ungewöhnlichen<br />

Dokumentationen über den aus der Emigration<br />

zurückgekehrten Theaterheros Fritz Kortner oder den<br />

jungen Filmstar Romy Schneider begonnen, hat Kleist und<br />

Hölderlin, hat Wagner, Hitler, den bayerischen Märchenkönig<br />

Ludwig II. und Karl May umkreist. Eigentlich war er<br />

nur mit Rainer Werner Fassbinder vergleichbar, aber bürgerlicher.<br />

Ein konservativer Anarchist.<br />

Über die Hauptstraße von Demmin trottet ein kahlgeschorener<br />

Mann in Ballonseide, tätowiert und mit Kampfhund,<br />

er sieht aus wie sein leibhaftiges Klischee. Demmin<br />

gilt als Deutschlands Hartz IV-Hochburg, jeder Fünfte ist<br />

arbeitslos. Hans-Jürgen Syberberg nennt die Kleinstadt<br />

mit fast stoischer Heiterkeit den „Anus der Republik“. Auf<br />

der Fahrt in seinem betagten Peugeot fügt er freilich hinzu,<br />

dass auch hier einige Leute zu beträchtlichem Wohlstand<br />

gelangt seien: „Das sind die ehemaligen LPG-Funktionäre.<br />

Denen gehören jetzt das meiste Land und die Wälder, und<br />

mit den Agrarsubventionen der EU kann man einen schönen<br />

Sack Geld verdienen.“ Einer von ihnen ist heute Mecklenburg-Vorpommerns<br />

Bauernpräsident.<br />

Als wir bei Demmin über die Peene fahren, erzählt<br />

Syberberg, dass er erst kürzlich hinter der Flussbrücke<br />

kehrtgemacht habe und diesem Bauernpräsidenten sehr<br />

schnell hinterhergefahren sei. Die Geschichte dazu erzählen<br />

wir später noch, denn sie hat damit zu tun, dass Syberbergs<br />

zäher Kampf um sein Gut Nossendorf keineswegs zu<br />

Ende ist. Dieser Ort, der ihm nach Weltkrieg, Kaltem<br />

Fotografie Till Janz Text Peter von Becker<br />

Krieg und deutscher Teilung zwischen 1947 und 1989 verschlossen<br />

war und bis zur Wende für immer verloren<br />

schien, der nur noch in seinem Kopf existierte, er hat ihn<br />

so ganz in Bann geschlagen.<br />

Buchstäblich: eine Heimsuchung. Hans-Jürgen Syberberg<br />

war lange in München zu Hause. Inzwischen sucht<br />

er sein hübsches, bequemes Haus am Englischen Garten in<br />

Schwabing jedoch nur noch alle Jubeltage auf, zum Beispiel<br />

über Weihnachten, weil seiner Frau, einer charmant<br />

resoluten Wienerin, und der Familie der Winter oben in<br />

der Pampa von Meck-Pomm einfach zu kalt ist. In diesem<br />

Landgutshaus Nossendorf, das keine Zentralheizung hat,<br />

nur Kohleöfen und zugige Türen und Fenster. Wo im Frühjahr<br />

gleich die ersten Schwalben einfliegen und sich im<br />

Kronleuchter Nester bauen.<br />

Von hier stammt Syberberg, hier lebt er nun wieder<br />

und schläft im Erdgeschoss in dem Zimmer, in dem er 1935<br />

geboren wurde. Ein niedriges breites Bett, darüber zwei<br />

religiös-mystische Bilder, die Vogelnester in den Vorhangstangen<br />

sind, um der freien Natur etwas menschliche Stille<br />

abzuringen, mit Zeitungspapier verstopft. Oben im ersten<br />

Stock, wo sein Kinderzimmer war und die Syberbergs für<br />

ihre gelegentlich anreisenden Freunde ein paar karge charmante<br />

Gästezimmer eingerichtet haben, mit Kerzenlicht<br />

und hingetupften Minifresken von Ölzweigen, dort oben<br />

zwitschern die Schwalben derweil ein heftiges Konzert.<br />

Syberbergs Nossendorf, dieses Haus und den großen<br />

Garten drumherum, besuchen inzwischen täglich mindestens<br />

3.000 Menschen, vor Kurzem sind es an einem Wochenende<br />

sogar über 10.000 gewesen, sagt Syberberg. Trotzdem<br />

bleibt es, in Deutschlands dünn besiedeltem<br />

Nord osten, ein einsamer Ort. Denn die Besuche aus der<br />

ganzen Welt sind virtuell, die Neugierigen kommen durchs<br />

Netz. In Hans-Jürgen Syberbergs Geburtshaus, in dem er<br />

auch einmal sterben möchte, laufen Tag und Nacht vier Kameras,<br />

zwei sind ins Hausinnere gerichtet, zwei in die Wiesen<br />

und Weiten bis zum niedrigen Horizont, hinter dessen<br />

Wolken eine knappe Autostunde entfernt die Ostsee liegt.<br />

Das gehört zum „Nossendorf-Projekt“. Wer im Internet<br />

www.syberberg.de eingibt, landet in Syberbergs<br />

Welt. Zu ihr gehören auch die Links zu den Filmen, die<br />

Syberberg einst weltberühmt gemacht haben: Ludwig, das<br />

Requiem für einen jungfräulichen König von 1972, das den<br />

unendlich teureren, eleganteren Ludwig II.-Film von Luchino<br />

Visconti weit übertraf. Voller Wucht, Witz und tiefgründiger<br />

Wehmut. Oder Hitler – ein Film aus Deutschland,<br />

jenes siebenstündige Opus, das die amerikanische<br />

Schriftstellerin Susan Sontag 1980 anlässlich der New Yorker<br />

Premiere zu einem der ewigen Meisterwerke der Filmgeschichte<br />

erhob und das der französische Filmtheoretiker<br />

Jean-Pierre Faye in der Zeitung Le Monde einen „Faust<br />

III“ nannte. Oder Syberbergs Parsifal, sein Opernfilm, der<br />

1982 in und auf Wagners riesiger, berg- und höhlengleicher<br />

Totenmaske spielte und das Bühnendrama mit einer sensationell<br />

emphatischen Edith Clever als Darstellerin der<br />

Kundry (zur Singstimme von Yvonne Minton) in ein filmisches<br />

Musiktheater sondergleichen verwandelte.


Nossendorf<br />

Nach Bayreuth ins Festspielhaus<br />

durfte er nach<br />

seinem Winifred-Film<br />

(unsinnigerweise) nicht<br />

mehr. Doch gerade hat ihn<br />

die Berliner Akademie der<br />

Künste um ein Konzept<br />

zum 200. Geburtstag des<br />

Komponisten angefragt.<br />

Diese Großwerke, auch Syberbergs zugewandt enthüllender<br />

Film über Winifred Wagner (die unerschütterliche<br />

Hitler-Verehrerin) oder über den genialisch romantischen<br />

Hochstapler Karl May, sie bleiben. Und bedeuten doch<br />

auch Vergangenheit. Syberbergs letztes Projekt, das er den<br />

„Film nach dem Film“ nennt, heißt Nossendorf. Seit ein<br />

paar Jahren gibt es den Livestream der vier Webcams, die<br />

24 Stunden nachttäglich Haus und Hof dokumentieren,<br />

alle 20 Minuten wandern daraus, von einem Berliner Büro<br />

gesteuert, aktualisierte Bilder ins Netz, zu denen Syberberg<br />

selber ein eigenes Fototagebuch allmorgendlich hinzustellt.<br />

Es ist das Zeugnis einer persönlichen Besessenheit,<br />

die zugleich ein Abenteuer aus den wilden Jahren der<br />

Nachwendezeit spiegelt, voller Wunder und einem Stück<br />

deutsch-deutscher Dorf- und Weltgeschichte. Syberberg<br />

ist auch Cyberberg, und Nossendorf sein Zauberwerk.<br />

Rein rational lässt sich diese reale wie auch romantische<br />

Heimsuchung und Heimatfindung wohl nicht erklären.<br />

Als Syberbergs Wagen von der Überlandstraße in<br />

den noch mit DDR-Betonplatten belegten Dorfweg abbiegt,<br />

steht nach wenigen Metern rechter Hand das Gartentor<br />

offen, dahinter die Wiese mit blühendem Löwenzahn<br />

und weiß das Haus. Der Schwalbenhort. Uns begrüßt<br />

ein aus der Einfahrt hüpfender Storch. Um ihn anzulocken,<br />

hat Syberberg vor zwei Jahren auf der Scheune links<br />

vom Haus ein Storchennest gebaut. Zusammen mit „Kippe“,<br />

einem jungen Mann aus dem Dorf, der viel raucht und<br />

HJS als arbeitsloser Arbeitsmann gerne zur Hand geht.<br />

„Nun brütet im Nest eine Ente“, lacht der Hausherr, und<br />

der Storch muss sehen, wo er bleibt.<br />

Das Haus ist von schlichter Anmut. Nur Erdgeschoss<br />

und erster Stock unterm hohen Dach, preußischer Spätklassizismus<br />

im angedeuteten Schinkel-Stil aus der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im weißen Putz sind nur<br />

noch Feinspuren der nach 1947 abgeschlagenen oder verwitterten<br />

Fassadenprofile zu erkennen. Feinspuren ist<br />

überhaupt das Wort, das hier zutrifft, für Nossendorf heute.<br />

Syberbergs Vater hatte das Gut 1925 gekauft und<br />

dort Viehzucht, Waldwirtschaft und Ackerbau betrieben.<br />

1945 besetzten es die Russen, dann durften die Syberbergs<br />

noch für knapp zwei Jahre zurückkehren, bis zur Enteignung.<br />

Die Familie zog 1947 nach Rostock, wo Syberberg<br />

auf dieselbe Goethe-Schule ging wie der etwas jüngere<br />

heutige Bundespräsident Joachim Gauck. Später wechselte<br />

Hans-Jürgen Syberberg zum Studium erst nach Berlin,<br />

wo er mit einer Schmalfilmkamera 1953 als 18- Jähriger<br />

Bertolt Brecht bei Proben des Berliner Ensembles beobachtete,<br />

dann zog er weiter in die Bundesrepublik, und<br />

seine Eltern betrieben später ein Hotel im österreichischen<br />

Altaussee. Syberberg wurde für viele Jahre ein<br />

preußischer Münchner. Bis die Mauer fiel.<br />

Da ist er gleich im Dezember 1989 mit Edith Clever<br />

erstmals wieder nach Nossendorf gefahren. Allein, sagt<br />

er, hätte er sich das gar nicht getraut, aber die Clever<br />

„wollte es unbedingt“. Es gibt ein Foto von dem Besuch:<br />

Die Schauspielerin schreitet in langem schwarzem Mantel<br />

durch Schneepfützen auf ein düster verwittertes Anwesen<br />

zu, gesäumt von Baracken und schwarzkahlen Baumstrünken.<br />

Es könnte auch ein Ruß- und Ruinenbild sein,<br />

vom Kriegsende.<br />

Als die DDR am Ende war, wohnten acht Familien<br />

auf dem von einer maroden LPG bewirtschafteten Gut. Ein<br />

hoffnungsloser Fall, und Syberberg reiste ab und dachte,<br />

das war’s. Zehn Jahre später hörte er dann durch Zufall,<br />

dass das Haus mittlerweile leer und zum Verkauf stehe.<br />

Doch im Jahr 2000 lief eine neue deutsche Grenze mitten<br />

durch das Gebäude. „Die eine Hälfte vom Haus gehörte<br />

dem ehemaligen LPG-Vorsitzenden, der heute einer der<br />

Immobilienkönige des Landkreises ist.“ Der wollte 160.000<br />

Mark für seinen Teil, als Kompensation für die erhoffte<br />

Abrissprämie. Alles war verrottet, das Dach teilweise offen,<br />

und der Besitzer ließ die Regenrinnen eigens nach innen<br />

laufen. Allerdings gehörte die andere Hälfte des Gebäudes<br />

der Treuhand. Darin sah Syberberg seine unverhoffte<br />

Chance. Die Treuhänder waren überrascht, als plötzlich<br />

der berühmte, auch in der Berliner Zentrale bekannte<br />

Filmkünstler auftrat – und Nossendorf zu einem Stück<br />

gesamtdeut schen Kulturerbes erhob. Worauf er die Ämter<br />

gleich mit Eingaben, Anzeigen, Skandaldrohungen und<br />

sei nen tollkühnen Plänen zur „Rekultivierung“ überzog.<br />

Noch während der Verhandlungen ließ Syberberg<br />

nachts die Zugänge zum Haus vermauern, um es vor Vandalismus<br />

zu schützen. Syberbergs tollste Tat: Mit Tricks<br />

und Verführungskunst bekam er sein Elternhaus vor zehn<br />

Jahren endlich: „für null“. Weil er das marode Gebäude<br />

samt eingestürztem Dach seitdem renovieren musste und<br />

sich das bei der entschädigungslosen Bodenreform von<br />

1947 enteignete Land wenigstens vor und hinterm Haus<br />

zurückzukaufen begann, kamen vor die Null bis heute allerdings<br />

noch einige Ziffern.<br />

Innen besteht das Gut Nossendorf aus den klösterlich<br />

kargen Zimmern im Obergeschoss und parterre dem<br />

ungeheizten Salon sowie diversen Wohn- und Arbeitsräumen,<br />

die mit ein paar Erbstücken und Trödelmöbeln mit<br />

ehemaligen Requisiten aus Syberbergs Filmefundus (in einem<br />

Gartenhaus: Kundrys Bett aus dem Parsifal) eine luftige<br />

Mischung aus Biedermeier und Bohème darstellen.<br />

Heute ist die Tür vom Salon, in dem noch die Winterluft<br />

Hans-Jürgen Syberberg 79<br />

steckt, hinaus zum sonnigen Garten weit offen. Doch für<br />

jeden Besucher gilt der erste Blick einem Seitenraum, in<br />

dem lebensgroß die beiden Prinzessinnen Luise (später die<br />

„schöne Luise“, Preußens populärste Königin) und Friederike<br />

stehen – eine Kopie der Marmorgruppe von Johann<br />

Gottfried Schadow, die Syberberg vor drei Jahrzehnten für<br />

eine Kleist-Inszenierung mit Edith Clever anfertigen ließ.<br />

Zu Füßen der Prinzessinnen steht eine Vase mit einem<br />

weißen Fliederzweig. Frische Blumen für die beiden holden<br />

Damen gibt es das ganze Jahr: „Das halten wir durch.“<br />

Bereits 2003 hatte das Pariser Centre Pompidou<br />

eine von Syberberg inszenierte multimediale Ausstellung<br />

„Paris – Nossendorf“ gezeigt. Fünf Jahre später präsentierten<br />

die Wiener Ursula Blickle Stiftung und die Kunsthalle<br />

Wien Syberbergs Wagner Box und Syberbergs Nacht,<br />

die sechsstündige erst theatralische, dann filmische Reise<br />

allein mit Syberbergs Protagonistin und Muse Edith<br />

Clever: durch Tiefen und Untiefen der deutschen und<br />

euro pä ischen Seele, mit Texten, Wortmusiken von Hölderlin,<br />

Kleist, Nietzsche und Mörike – bis hin zu Beckett.<br />

Mit viel Musik auch aus Bachs Wohltemperiertem Klavier<br />

oder Wagners Tristan. Durch diese große Nacht der Erinnerung<br />

geisterte Mitte der 1980er Jahre freilich schon<br />

Syberbergs eigene, schattenhafte Erinnerung an Nossendorf.<br />

Zu seinem 75. Geburtstag zeigte das Berliner Filmmu<br />

seum Ende 2010 dann Das Nossendorf-Projekt in einer<br />

Mischung aus Filmen, Fotos und Modellen. Damals, im<br />

Herbst, waren wir das erste Mal auch in seinem Haus.<br />

Jetzt blühen neben dem Flieder und den Wiesenblumen<br />

noch Äpfel und die Dolden der Traubenkirschen.<br />

Syberberg ist hier 2003 wieder eingezogen, hat in der Einfahrt<br />

einen DDR-Konsum und die LPG-Baracken ab gerissen,<br />

Bäume und Büsche neu gepflanzt, Wassergräben<br />

saniert, Findlingssteine wie zu Urzeiten rund um das<br />

Grundstück gelegt und zur Straße hin eine Backsteinmauer<br />

mit kleinen Säulen aufgemauert. Wer die Restaurierung<br />

unterstützt, bekommt eine Messingplatte mit seinem Namen<br />

an einer der Säulen. Der erste dort war der jüngst<br />

verstorbene Bernd Eichinger („mein alter Münchner Kumpel“),<br />

der schon Syberbergs Hitler, Parsifal und Karl May<br />

produziert hatte.<br />

Vor dem Mittagessen, bei dem Helga Syberberg eine<br />

selbst gemachte Terrine aus geräucherten Forellenfilets im<br />

Garten serviert, trinkt HJS zur Kreislaufanregung, wie seine<br />

Frau, einen trockenen Rotkäppchen Sekt mit einem<br />

Schuss eigenem Holundersirup. Eben haben wir noch eine<br />

gerade zugekaufte Wiese mit Holzbrücke über den angrenzenden<br />

Feldbach besichtigt – und das letztes Jahr neu angelegte<br />

Spargelbeet. Dort steht der Spargel nun grün und<br />

halbmeterhoch, weil er nach der Pflanzung erst im dritten<br />

Jahr gestochen und gegessen werden darf.<br />

Syberberg erzählt: „Als 1945 die Rote Armee zunächst<br />

das Haus und den Hühnerstall besetzte, lebten wir<br />

bei Nachbarn. Die Russen nahmen sich alles, aber sie kann-<br />

ten keinen Spargel. Deshalb ist mein Vater in den Mainächten<br />

auf unser Spargelfeld geschlichen und hat dort<br />

den Spargel gestochen. Als ihn die Russen entdeckten, haben<br />

sie natürlich das ganze Feld durchwühlt. Sie dachten,<br />

mein Vater hätte dort unsere Wertsachen vergraben.“ Später<br />

wurde das Spargelfeld dann ohnehin umgepflügt, weil<br />

Spargel in der DDR als „bourgeoises Gemüse“ galt. Die<br />

Russen allerdings fanden einen Teil des Syberberg’schen<br />

Tafelsilbers im Garten, „und was sie nicht fanden, davon<br />

essen wir jetzt“. Wichtiger aber war, dass Syberbergs Vater,<br />

der sich selber früh für Fotografie und Filme interessierte,<br />

Alben und Schmalfilme als Dokumente des Hauses<br />

und der Kindheit seines Sohnes damals in einem Versteck<br />

retten konnte.<br />

Es sind seitdem Hans-Jürgen Syberbergs Vorbilder<br />

und Erinnerungsstücke, die ihm auch beim Restaurieren<br />

und Rekonstruieren helfen. Als Schätze werden sie, wie<br />

Großteile des eigenen Filmarchivs, freilich noch immer aus<br />

Sicherheitsgründen in München verwahrt. Erst war Syberbergs<br />

Losung die Wendung Kleists „Ein Traum, was<br />

sonst“, jetzt in der neuen Nossendorfer Realität wird daraus<br />

wieder ein Lebens- und Arbeitswerk. Sein Gesamtkunstwerk.<br />

Foto: Hans-Jürgen Syberberg<br />

Über vier Webcams zeigt Hans-Jürgen Syberberg sein<br />

Gut Nossendorf im Netz (www.syberberg.de). Im dortigen Tagebucheintrag<br />

des 6. Mai 2012 finden sich weitere Bilder vom<br />

Besuch des MAX JOSEPH-Fotografen Till Janz, die auf ganz<br />

beiläufige Weise auch die Requisiten aus Syberbergs früheren<br />

Produktionen zeigen.


Derzeit sammelt Syberberg<br />

für die Wiederer richtung<br />

des Kirchturms. „Die<br />

Leute sind ja seit DDR-<br />

Zeiten reine Atheisten.<br />

Aber das Wetter für Saat<br />

und Ernte kommt auch<br />

für sie immer noch vom<br />

Himmel. Also“, lacht der<br />

einstige Meisterregisseur<br />

sein sanftes, unabweisbares<br />

Lächeln, „also geben<br />

sie doch ein bisschen<br />

was für den lieben Gott.<br />

Für alle Fälle.“<br />

Mit diesem Wort sind wir bei Wagner. Nach Bayreuth ins<br />

Festspielhaus durfte er als Persona non grata nach seinem<br />

Winifred-Film (unsinnigerweise) nicht mehr. Doch gerade<br />

hat ihn die Berliner Akademie der Künste um ein Konzept<br />

für eine Präsentation 2013 zum 200. Geburtstag des Komponisten<br />

angefragt. Syberberg, laut Susan Sontag „der<br />

größte Wagnerianer seit Thomas Mann“ (was er selbstironisch<br />

zitiert), hat der Akademie daraufhin ein paar Vorschläge<br />

geschickt.<br />

Seine beiden originellsten Anregungen sind sicher<br />

diese: den utopischen Wagner zu zeigen, in Dokumenten<br />

der großen nicht realisierten Wagner-Inszenierungen, von<br />

Adolphe Appias abstrakten Lichträumen und Lichtträumen<br />

der 1920er Jahre, die später Wieland Wagners oder<br />

auch Robert Wilsons Vorbilder wurden, bis zu Lars von<br />

Triers aufgekündigtem Bayreuther Ring. Und dazu schlägt<br />

Syberberg noch vor, Wagners immer skandalisierte, „aber<br />

von kaum jemandem gekannte“ Schmähschrift Das Judenthum<br />

in der Musik von einem Schauspieler lesen zu lassen.<br />

„So, wie Romuald Karmakar den Schauspieler Manfred<br />

Zapatka beim Vorlesen der Posener Geheimrede Heinrich<br />

Himmlers gefilmt hat.“ Syberberg glaubt, man könne die<br />

deutschen Geister und Ungeister nicht bannen, indem man<br />

sie nur verdränge. Auch der jüdische Literaturwissenschaftler<br />

und brillante Wagner-Exeget (und Wagner-Liebhaber)<br />

Hans Mayer habe in diesem Sinne immer für eine<br />

offene Auseinandersetzung mit Wagners Abgründen plädiert.<br />

Syberberg: „Ich bin gespannt, wie die Berliner Akademie<br />

darauf reagiert.“<br />

Hatte er nie Lust, selber Wagner auf der Bühne zu<br />

inszenieren? „Nein. Ich bekam dazu in Deutschland nie ein<br />

Angebot, nur einmal von Mortier nach Brüssel und vom<br />

81<br />

früheren französischen Kulturminister Michel Guy. Aber<br />

was ich zu Wagner zu sagen habe, steckt im Ludwig, in<br />

Hitler und dann als Summe, als Wagners eigene Summe,<br />

im Parsifal. Der Film überlebt für mich zutreffender als<br />

eine vergängliche Theateraufführung.“<br />

Eher will er das Vergangene, das Verlorene wieder<br />

neu erschaffen. Darum gehört zu seinem lebenden Gesamtkunstwerk<br />

auch der Wiederaufbau des Kirchturms von<br />

Nossendorf. Auf den Turm mit hohem spitzem Giebel hat<br />

er als Kind geschaut, später, zu Ulbrichts Zeiten, hat die<br />

DDR ihn abgerissen, die Religion sollte niedergehalten<br />

werden, und so trägt die kleine Nossendorfer Feldsteinkirche,<br />

einen guten Steinwurf von Syberbergs Hoftor entfernt,<br />

bloß noch einen geduckten Hut, keinen stolzen Helm. HJS<br />

kämpft seit Jahren um den Turm, 2010 in seiner Berliner<br />

Ausstellung machte er ein Modell des Turms zum Blickfang.<br />

Danach hat ihm der mäzenatische Industrielle Hans<br />

Wall 40.000 Euro gespendet, aber normalerweise würde die<br />

Rekonstruktion mindestens eine Viertelmillion kosten.<br />

Syberberg sammelt weiter und hat mit Berliner<br />

Theater-, Architekten- und Ingenieursfreunden ein Team<br />

gebildet, das den Turm nun für rund 100.000 Euro wiedererrichten<br />

will. Mehrmals hat er deswegen auch den Bauernpräsidenten<br />

(und ehemaligen LPG-Oberen) angeschrieben,<br />

der Land auch aus dem früheren Syberberg-Eigentum in<br />

Nossendorf besitzt. Ohne Antwort. Neulich traf er ihn im<br />

Auto auf der schon erwähnten Brücke über die Peene. Der<br />

Mann fuhr in der Gegenrichtung. Woraufhin Syberberg<br />

wendete und dem Bauernpräsidenten stracks hinterherfuhr<br />

und ihn schließlich in dessen Büro stellte. Syberberg<br />

zauberte, und am Ende der Vorstellung hatte er den Handschlag,<br />

dass er für einen Vorzugspreis eine frühere Syberberg’sche<br />

Pferdekoppel am Rand von Nossendorf rückkaufen<br />

könne. Und der Verkäufer spendet das Geld für<br />

den Kirchturmbau.<br />

Ähnlich hat Syberberg auch aus nahen Wäldern das<br />

Holz für den Turm aufgetrieben. „Die Leute sind ja seit<br />

DDR-Zeiten reine Atheisten. Aber das Wetter für Saat<br />

und Ernte kommt auch für sie immer noch vom Himmel.<br />

Also“, lacht der einstige Meisterregisseur sein sanftes, unabweisbares<br />

Lächeln, „also geben sie doch ein bisschen was<br />

für den lieben Gott. Für alle Fälle.“ Das Unheile soll wieder<br />

heil werden, wenigstens im Kleinen. Das ist Syberbergs<br />

großer Plan. „Im Übrigen“, sagt der 76-Jährige, „ist<br />

mein Land jetzt in den Lüften.“ Damit meint er nun nicht<br />

den Himmel, sondern das Internet. So kehrt er immer wieder<br />

heim zu seinem Computer, der in seines Vaters ehemaligem<br />

Arbeitszimmer steht, unter einem Bild von Edith<br />

Clever in der Nacht und neben dem Modell des einstigen,<br />

künftigen Kirchturms draußen vor der Tür.<br />

Mehr über den Autor und über den Fotografen auf S. 18


»Schöner ist die Ruine<br />

einer schönen Sache«<br />

Im Festspielprogramm<br />

Rund um den Ring<br />

arbeiten sich drei Künstler<br />

an Richard Wagner ab.<br />

Text und Moderation Wiebke Matyschok<br />

Ein Gespräch zwischen<br />

den Festspielkünstlern Philine<br />

Rinnert, Wiebke Matyschok<br />

und Sven Holm.<br />

Seine Frauen, seine Wege, seine Orte. Im Festspielprogramm<br />

Rund um den Ring nähern sich drei Projekte dem Phänomen<br />

und Mythos Wagner auf jeweils ganz eigene Weise.<br />

In Wagnerin holt Regisseur Sven Holm Wahnfried ins<br />

Münchner Haus der Kunst und lässt auf surreale Weise<br />

Frauen der Dynastie Wagner aus vier Generationen aufeinandertreffen.<br />

Bühnenbildnerin Philine Rinnert stellt mit der<br />

Installation Relikt das Bruchstück einer imaginären Wagner-Szenografie<br />

in den öffentlichen Raum. Hörfunkautorin<br />

und Regisseurin Wiebke Matyschok schickt uns auf einen<br />

Hörparcours in acht Stationen durch die Münchner Innenstadt.<br />

Vor Beginn der Festspiele haben sich die drei in Berlin<br />

getroffen. Ein Gespräch über das Ganze und Zertrümmerte,<br />

Bilder eines widersprüchlichen Komponisten, seine Orte<br />

und andere Wagner-Assoziationen.<br />

Wagner – am Anfang war ein Reiz<br />

Im Hörparcours Herr Richard W. in<br />

M. Ein Komponist macht Station beschäftige ich mich mit<br />

Wagners Verortung in München, der, gerufen von König<br />

Ludwig II., in die Stadt kam, um den Ring des Nibelungen zu<br />

beenden. Wo war bei euch der Ausgangspunkt? Was bedeutet<br />

„Wagnerin“?<br />

Wagner hat ein merkwürdiges Verhältnis zu<br />

Frauen. Das zeigt sich auch im Ring des Nibelungen. Da gibt<br />

es Brünnhilde, die auf dem Felsen den Helden erwartet, da<br />

sind aber auch andere Frauengestalten, die immer dem Bild<br />

einer Erlösung dienen, die aber letztlich nie aufgeht. Wagners<br />

Frauengestalten existieren einerseits nur als Utopie,<br />

andererseits sind sie schon im Absterben begriffen – ein<br />

Widerspruch, der sehr stark ist. In unserem Abend Wagnerin<br />

geht es um die Frauen in der Familie Wagner, die nach<br />

dem Ableben Wagners, teils freiwillig, teils aus der Not heraus,<br />

den Grünen Hügel beherrscht haben: Cosima, nachdem<br />

Richard gestorben ist; Winifred, weil Richards Sohn Siegfried<br />

früh gestorben ist; dann Gudrun, die Frau im Hintergrund,<br />

an der Seite ihres Mannes, Richard Wagners Enkel<br />

Wolfgang, und jetzt beider Tochter Katharina. Was uns daran<br />

reizt, ist, dass Richard Wagner sich so wahnsinnig auf<br />

seinen einzigen Sohn konzentriert hat – Siegfried. Cosima<br />

schreibt in ihren Tagebüchern immer wieder über die Bedeutung<br />

dieses Erben. Aber Siegfried hat bekanntlich nicht<br />

die gewünschte Erlösung gebracht. Es sind immer die starken<br />

Frauen gewesen, die in Bayreuth regiert und sich teilweise<br />

des Erbes wegen bekriegt haben. In unserem Projekt<br />

geht es um die Absurdität, dass Wagner im Grunde die Konflikte<br />

seiner Nachfahren im Ring des Nibelungen vorweggenommen<br />

hat, nur eben im männlichen Kosmos beim Kampf<br />

um das Gold. Deshalb wollen wir Wagner-Frauen verschiedener<br />

Generationen in München versammeln, sie einer<br />

Analyse unterziehen und sie von ihrem Fluch befreien.<br />

Du hast eben Brünnhilde erwähnt, die Frau, die auf<br />

dem Felsen wartet. Siehst du einen ganz bestimmten Typus<br />

vor dir?<br />

Für Wagnerin konnte Gwyneth Jones engagiert werden.<br />

Die Idee war, eine Frau zu besetzen, die in dem Alter ist, in<br />

dem man sich die ehrwürdige Cosima Wagner zumeist vorstellt.<br />

Zugleich haben wir uns eine Sängerin gewünscht,<br />

die den Part der Brünnhilde vorwärts und rückwärts singen<br />

kann und diese Rolle im Körper hat. Gwyneth Jones ist dafür<br />

die Idelabesetzung, weil sie uns natürlich übervorteilt<br />

ist, denn sie hat sich ihr ganzes Leben mit Wagner auseinandergesetzt.<br />

Bei Brünnhilde auf dem Felsen denke ich auch an Philine<br />

Rinnerts Installation Relikt. Philine, du bist Bühnenbildnerin<br />

und beschäftigst dich auch mit Landschaften,<br />

mit Topografien. Besteht Wagner für dich vor allem aus Bildern?<br />

Landschaften sind ja das, was man<br />

beim Zurücklegen einer Distanz sieht. Ich habe mich Wagner<br />

daher zunächst über die Biografie genähert. Er ist unglaublich<br />

viel gereist, ist nur selten mehr als ein paar Jahre<br />

Fotografie Patrick Desbrosses<br />

83<br />

an einem Ort geblieben. Wie hat ihn beeinflusst, was er da<br />

gesehen hat? Deutschland, Frankreich, Italien, Schweiz. Er<br />

überquerte immer wieder die Alpen. Felsengebirge. Er ist<br />

sehr viel zu Fuß unterwegs gewesen. Vielleicht war dieses<br />

Unterwegs-sein auch eine Art von Zuhause für Wagner,<br />

eine Art des Bei-sich-selbst-sein. Wo waren die Momente,<br />

in denen er die Inspiration zu seiner Musik bezogen hat?<br />

Ich sehe zwei Seiten. Die eine ist die Zurückgezogenheit,<br />

etwas, was ich auch von mir selber kenne – der Moment, wo<br />

du im Atelier sitzt und arbeitest. Das andere ist dieses extreme<br />

Leben nach außen. Dann die Frauen. Wagner als politische<br />

Person. Seine Utopien, die Feinde. Er hat gerne geglänzt<br />

in der Öffentlichkeit.<br />

„Ein Abend ohne Götter und Helden, für Cosima, Winifred,<br />

Gudrun und Katharina Wagner, viele Blaue Mädchen,<br />

Herrenensemble und übrig gebliebene Posaunisten<br />

des Festspielorchesters.“ Was bedeutet dieser Titel?<br />

Der Abend kreist zwar um den Ring. Auch die Götterdämmerung<br />

mit dem Untergang von Walhall spielt eine zentrale<br />

Rolle. Zusätzlich spielen wir ganz fiktiv mit einem<br />

Untergang der Bayreuther Festspiele in naher Zukunft.<br />

Das Orchester und die Helden sind abgereist, nur die Posaunen<br />

bleiben. Im Haus Wahnfried sitzen vier Wagner-<br />

Frauen und versuchen, die Wagner’sche Idee zu retten und<br />

drehen Wagner-Schauen.<br />

Alle Frauen zusammen?<br />

Das Ganze ist eine surreale Szenerie, in der Katharina<br />

Wagner die Frauenfiguren aus den Gräbern zieht und versucht,<br />

den Mythos wieder interessant zu machen: die Geschichten<br />

der Frauengestalten aus der Familie Wagner sowie<br />

die Frauengestalten aus dem Ring. Es geht immer um die Dialektik<br />

zwischen einer Cosima und einer Brünnhilde oder<br />

einer Katharina und einer Sieglinde. Das zutiefst einsame<br />

Gefühl, in dieser selbstbezogenen Atmosphäre der Wagner-<br />

Familie aufzuwachsen und nicht mehr heraus zufinden.<br />

Bruchstück eines ganzen Gebirges<br />

Bei der Ring-Tagung in der Evangelischen Akademie<br />

Tutzing im Januar dieses Jahres hat jeder Teilnehmer etwas<br />

anderes in diese Figur Wagner oder den Ring hineinprojiziert.<br />

Ich hatte das Gefühl, jeder steigt in seinen ganz eigenen<br />

Kosmos ein. Man hat dabei sehr viel über die einzelnen<br />

Redner erfahren, weil man an Wagner selbst einfach nicht<br />

herankommt.<br />

Das geht fast in Richtung Fragment. In euren Anordnungen<br />

wirkt es so, als hätte sich das Ganze schon zerlegt,<br />

als ob von dem großen Wagner’schen Plan, dem ganzen Gebäude<br />

nur noch Reste übrig bleiben, obwohl alle Opernhäuser<br />

der Welt und auch Bayreuth behaupten, dass der<br />

Ring immer noch als Gesamtkunstwerk wirkt. Was heißt Relikt?<br />

Ist es nötig, dieses Riesending Ring zu zertrümmern,<br />

um überhaupt einen Einstieg zu finden? Oder erzählt das<br />

Ganze ohnehin nur noch von einer Verfallsgeschichte?


Rund um den Ring 87<br />

Relikt heißt ja Überbleibsel, und ich lebe nicht in einer<br />

ganzheitlichen Wagner-Kultur. Ich kann nur versuchen,<br />

mich einem Teil zu nähern, und möchte mir auch gar nicht<br />

anmaßen, Wagner im Ganzen zu erklären. Ich möchte nur<br />

wie ein Archäologe den Spuren Wagners folgen. Ich nehme<br />

ein Teil einer möglichen Kulisse und stelle es in einen neuen<br />

Kontext. Ich stelle es im öffentlichen Raum an einen neuen<br />

Ort, als Bruchstück eines einst großen Ganzen, das aber<br />

zu riesig ist, um es zu überschauen. Bruchstück einer großen<br />

Inszenierung oder Bruchstück eines ganzen Gebirges.<br />

Ja, das ist in meinem mobilen Feature ähnlich. Ich greife<br />

acht Orte auf, die Wagner in München gestreift hat, angefangen<br />

von der Residenz, wo er vom König empfangen wurde, bis<br />

zum Bahnhof, wo er abgereist ist – bei Nacht und Nebel. Das<br />

sind in erster Linie nicht nur Orte, es sind vor allem Geschichten,<br />

die sich nur noch in der Fantasie abspielen, Bilder wie:<br />

Dort war Wagner am Starnberger See mit Cosima, in der<br />

Ferne Ludwig II. Aber es ist nicht mehr greifbar, nur noch<br />

eine Erinnerung. Ich erzähle Geschichten, die sich von einem<br />

Ort ausgehend frei entspinnen. Relikt wird auf einem<br />

Platz in München verortet, der Abend Wagnerin findet im<br />

Haus der Kunst statt. Welche Bedeutung haben Orte in diesem<br />

Kontext?<br />

Wir haben in erster Linie nach einem zentralen Ort gesucht.<br />

Aber wir wollten den Spielort nicht eigens thematisieren,<br />

auch wenn das Gebäude natürlich aufgeladen ist.<br />

München ist eine wichtige Stadt gewesen für Wagner aber<br />

eben auch für Hitler. Mir gefällt am Haus der Kunst besonders<br />

die Terrasse, die den Blick auf den Englischen Garten<br />

freigibt. Ganz entfernt erinnert das an Bayreuth. Man geht<br />

durchs Grüne. Die Blechbläser musizieren im Freien und laden<br />

die Menschen ein, an ihrer Idee teilzuhaben. Es geht<br />

um Aufladung. Und dafür ist das Haus der Kunst gut geeignet.<br />

Relikt steht auf dem Max-Joseph-Platz. Es ist die Skulptur<br />

eines Felsens. Er durchläuft vier Phasen und liegt am<br />

Ende in Scherben. Es ist gut, dass er jetzt an einem Ort aufgestellt<br />

wird, der mit der Oper in Zusammenhang steht. Deine<br />

Orte liegen etwas versteckter. Wie hast du sie gefunden?<br />

Ich wollte zunächst sehen, wo sich noch Spuren von<br />

Wagner finden. Wo haben sich wichtige Dinge abgespielt?<br />

Ich beginne mit einer Erzählung aus Wagners Autobiografie<br />

Mein Leben. 1864 ist er auf der Flucht aus Wien vor seinen<br />

Gläubigern und erholt sich zwei Tage im Hotel „<strong>Bayerische</strong>r<br />

Hof“. Er steht vor einem Schaufenster und sieht eine<br />

Fotografie des jungen Königs. Das ist natürlich eine tolle<br />

Legende, weil Pfistermeier, der Sekretär des Königs, da<br />

schon hinter ihm her ist, um ihn zu suchen. Wagner wähnt<br />

sich in einer ausweglosen Lage, reimt noch einen Nachruf<br />

auf sich selbst, reist weiter, wird schließlich aufgespürt. In<br />

der Residenz findet dann die entscheidende Begegnung<br />

mit dem König statt, von der es keine Augenzeugenberichte<br />

gibt. Man weiß nicht, was erfunden ist.<br />

Zwischen Scharlatan und Schnorrer,<br />

genialem Künstler und Frauenheld<br />

Wagner hat sich immer herumgetrieben, irgendwo zwischen<br />

Scharlatan und Schnorrer, genialem Künstler und<br />

Frauenheld. Alles mündete dann in die Bayreuther Idee.<br />

Dieser Ort ist ganz stark als Autorität, und diesen Ort einmal<br />

als Überbleibsel, als Ruine zu betrachten, ist reizvoll.<br />

Es gibt diesen Satz von Rodin: „Schöner als eine schöne<br />

Sache ist eine Ruine einer schönen Sache.“ Das war für uns<br />

ein Prinzip. Es passiert etwas ganz anderes, als der Zuschauer<br />

glaubt, und der Abend führt woandershin, als man<br />

bei Wagner erwartet. Es ist auch ein Abend über Oper<br />

schlechthin. Oper wird immer als ein geschlossenes Kunstwerk<br />

betrachtet und in seiner formalen Struktur nicht angetastet.<br />

Wir möchten den Jazz-Posaunisten Nils Wogram und<br />

sein Vertigo Trombone Quartett einladen, die Wagner’sche<br />

Musik improvisierend weiterzuentwickeln. Eine Analyse<br />

der Paralyse mit offenem Ende.<br />

Dekonstruktion ist bei mir sehr bildlich. Der Fels ist<br />

nur ein Fragment und dann zerfällt er auch noch. In dem<br />

Moment, wo man etwas auseinandernimmt, entsteht etwas<br />

Neues. Ich möchte nichts zertrümmern, ich möchte vielmehr<br />

ein neues Bild entstehen lassen.<br />

Warum eignet sich Wagner so gut, historisch sezierend<br />

zu arbeiten? Was reizt euch daran, zu fabulieren und neu<br />

inszenierte Formen zu finden?<br />

Für mich ist es an erster Stelle das Übergriffige in seinem<br />

Werk. Wagner war größenwahnsinnig. Wenn er nach<br />

Italien fährt, dann braucht er 20 Räume, wenn er eine Oper<br />

schreibt, fordert er 100 Musiker. Und er war widersprüchlich,<br />

was seine Nachfahren immer wieder zu negieren wussten.<br />

Man kann immer etwas in sein Werk hineinprojizieren.<br />

Man konnte in der DDR etwas in Wagner finden – da war er<br />

Revolutionär –, ebenso aber auch im Nationalsozialismus<br />

oder auch in der Bundesrepublik der 1970er Jahre. Es ist<br />

möglich, sich an das Werk heranzuzoomen und einen Aspekt<br />

groß zu machen. Hinzu kommt auch noch die Rezeptionsgeschichte.<br />

Es ist einzigartig, dass eine Familie ein<br />

Werk und eine öffentliche Position als ihren Besitz erklärt.<br />

Eine meiner Hörstationen heißt Wagner in der Brienner<br />

Straße, es ist eine surreale Montage. Wagner fantasiert im<br />

Gespräch mit sich selbst. Wagner übt Kritik an der Macht<br />

des Geldes. Gold regiert die Welt! Das Rheingold, zum Ring<br />

geschmiedet, das ist der Fluch von allem. Wagner ist immer<br />

wieder selbst in Geldnot und auf der Flucht. Und plötzlich<br />

findet er sich unverhofft in München wieder, ausgestattet<br />

mit einem Gehalt des Königs und dem Auftrag, den Ring zu<br />

vollenden. Er zieht sich immer wieder in sein „Atlas-Zimmer“<br />

zurück – ein luxuriöses Kabinett mit gedämpftem Licht,<br />

Seidentapeten, Brokatvorhängen. In Briefen an die Putzmacherin<br />

bestellt er Stoffe, Seidendecken, Hosen, Hausmäntel.<br />

Darin schreibt er: „Verwechseln Sie das dunkle Rosa nicht<br />

mit dem früheren Violett-Rosa, welches ich nicht meine,


sondern wirkliches Rosa, aber nur sehr dunkel und feurig.“<br />

Das ist unglaublich widersprüchlich. Einerseits dieser Luxus,<br />

andererseits die Kritik an der Macht des Goldes.<br />

Mich interessiert aber gerade, die Last der Geschichte<br />

und jede Wertung wegzulassen und etwas in einen neutralen<br />

Kontext zu stellen. Ich wollte mich diesem Werk mit einem<br />

naiven Blick nähern. Ich hatte das Gefühl, dass ich<br />

mich ihm ohne Vorwissen gar nicht mehr nähern kann oder<br />

darf. Genau das aber zu versuchen, ist der Reiz daran.<br />

Es gibt diese Bilder und Assoziationen, doch ich denke,<br />

keiner von uns will die Dinge umfassend erklären. Wenn<br />

ich alte Bilder von Wagner-Inszenierungen betrachte, frage<br />

ich mich: Was bleibt übrig? Was für Überreste würde<br />

man auf einer imaginären Bühne wiederfinden? Schwerter,<br />

Helme, Schrott und vielleicht eben auch einen Felsblock …<br />

Zu Wagner gibt es viele Meinungen, die sich als Klischee<br />

entpuppen. Dieses hat mit ihm eigentlich nichts zu tun.<br />

Wagner war viel zu widersprüchlich in seinen unterschiedlichen<br />

Lebensphasen und die Geschlossenheit seiner Werke<br />

ist in seiner Persönlichkeit nicht zu finden. Für diesen Heiligkeitszirkus<br />

sind vor allem seine Nachfahren verantwortlich,<br />

allen voran Cosima. Es ist immer Überforderung mit im<br />

Spiel. Wenn man diese einmal hypothetisch weglässt, dann<br />

landet man vielleicht bei vier Posaunen und bei Wagner als<br />

Dramenschreiber und Philosophen, und nicht bei dem Magier,<br />

für den ihn viele halten. Ich muss nach einer Stunde<br />

Partiturlesen die Noten weglegen, weil es mir zuviel wird.<br />

Das ist Reizüberflutung – oder?<br />

Mit dem Bayreuther Festspielhaus hat Wagner auch genau<br />

das gewollt. Wegen der Bauweise von Zuschauerhaus<br />

und Bühne taucht der Besucher durch den sogenannten<br />

Illusionstrichter in die Geschichte ein wie im Kino. Vielleicht<br />

wehrt man sich gegen diese Überwältigung und reibt<br />

sich deshalb so stark daran. Die Konstruktion des Bayreuther<br />

Festspielhauses wurde aus Holz gebaut – es ist fast<br />

wie ein Hörkörper, eine Hörmuschel. Mein „Felsen“ lädt<br />

dazu ein hineinzuhorchen. Er ist offen. Er ist wie ein Vakuum,<br />

denn er ist innen hohl.<br />

Nur noch das Vorspiel. 136 Takte in Es-Dur. Der Bogen<br />

bis zur Götterdämmerung entfällt. Was passiert mit dem<br />

Felsblock auf dem Max-Joseph-Platz?<br />

Ich wünsche mir, dass sich jeder seine eigenen Gedanken<br />

dazu macht. Ich schreibe nichts daneben – auch nicht<br />

Rheingold, Walküre, Siegfried, Götterdämmerung als Untertitel<br />

von vier Phasen eines Zerfalls. Ich werde bestimmt einige<br />

Male dorthin kommen und beobachten, wie die Leute<br />

reagieren. <br />

Philine Rinnert<br />

Foto Seite 84<br />

Wiebke Matyschok<br />

Foto Seite 86<br />

Sven Holm<br />

Foto Seite 85<br />

Philine Rinnert studierte Bühnenbild an der Universität der Künste Berlin<br />

und in Sankt Petersburg. Als freie Bühnen- und Kostümbildnerin gestaltete<br />

sie in den letzten Jahren Produktionen u. a. bei Theaterfestivals<br />

in Graz, Warschau, Berlin und Athen. Sie leitete interkulturelle Theaterprojekte<br />

in der Ukraine und im Kongo. Sie beschäftigt sich mit Wahrnehmungsstrukturen<br />

im öffentlichen Raum und den Spuren sozialer Transformationsprozesse<br />

und entwickelt daraus ortsspezifische Interventionen<br />

und Installationen. Zu den diesjährigen Festspielen wird sie, nach<br />

Murano & 32 Ölbilder im Jahr 2010, erneut eine Installation zeigen – ein<br />

Relikt auf dem Max-Joseph-Platz.<br />

Wiebke Matyschok ist Hörfunkautorin und -regisseurin. Sie studierte<br />

Neuere Geschichte und Musikwissenschaften in Berlin. Seit 2004 arbeitet<br />

sie für die Hörfunkprogramme des <strong>Bayerische</strong>n Rundfunks BAYERN 2<br />

und BR-KLASSIK. An der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> erarbeitete sie bereits<br />

2009 für den Berg-Pfitzner-Abend Neue Klänge mehrere Hörstationen<br />

und eine Soundcollage. Seit 2010 gehört sie zum Team des Klangspuren-<br />

Festivals für zeitgenössische Musik in Schwaz/Tirol. Zu den Opernfestspielen<br />

2012 ist von ihr das mobile Audiofeature Herr Richard W. in M. zu<br />

erleben.<br />

Sven Holm entwickelt vor allem mit der von ihm mitbegründeten Berliner<br />

Opernkompanie NOVOFLOT unterschiedliche Formate experimentellen<br />

Musiktheaters. Nach eigenen Versionen von Ernst Kreneks Glockenturm<br />

und Tommaso Traettas Antigone entstanden mit der Opernsaga Kommander<br />

Kobayashi zehn zeitgenössische Opern, die jeweils in Koproduktion<br />

in Hamburg, Berlin, Luxemburg, Warschau und Budapest aufgeführt wurden.<br />

Nach dem dreiteiligen Projekt WAS WIR FÜHLEN an den Berliner<br />

Sophiensælen zeigte NOVOFLOT im Berliner Radialsystem V eine szenische<br />

Erforschung von Bachs Weihnachtsoratorium sowie von Offenbachs<br />

Pariser Leben. Sven Holm inszenierte Uraufführungen zeitgenössischen<br />

Musiktheaters an der <strong>Staatsoper</strong> Hannover, der Oper Stuttgart, der Oper<br />

Kiel und am Theaterhaus Gessnerallee in Zürich sowie Beethovens Fidelio<br />

am Theater Heidelberg. Im Rahmen der diesjährigen Festspiele führt<br />

er Regie beim Abend Wagnerin im Haus der Kunst.<br />

www.LUXHAUS.de<br />

Das Ende. Und klar, wieder der Anfang<br />

Im Ring geht die Welt am Ende unter. Meine Serie von<br />

Hörstücken endet ganz banal. Wagner reist aus München ab,<br />

weil König Ludwig ihn aufgefordert hat, die Stadt zu verlassen,<br />

nachdem das Volk auf die Straße gegangen ist und das<br />

Kabinett mit Rücktritt gedroht hat.<br />

Bei Wagnerin haben wir die Idee, dass Das Rheingold<br />

sich noch einmal wiederholt und Alberich sich diesmal für<br />

die Liebe und gegen das Geld entscheidet.<br />

Dann hat Alberich endlich gelernt?<br />

Alberich hat gelernt. Wir erzählen von Alberich allerdings<br />

im Verlauf des ganzen Abends nichts. Insofern erzählen<br />

wir von dem Wunsch, die Möglichkeit zu ergreifen,<br />

eine Geschichte anders abrollen zu lassen, einen Fluch<br />

aufzulösen. Vielleicht auch den Fluch des Wagner-Clans.<br />

Wir bleiben bei Es-Dur. Und eigentlich müsste dann der<br />

ganze Ring auch gar nicht mehr gespielt werden.<br />

Rund um den Ring<br />

Wagnerin. Ein Haus der Kunstmusik<br />

Ein Abend ohne Götter und Helden, für Cosima, Winifred, Gudrun<br />

und Katharina Wagner, viele Blaue Mädchen, Herrenensemble und<br />

übrig gebliebene Posaunisten des Festspielorchesters<br />

von Sven Holm<br />

Sonntag, 24. Juni 2012, und Montag, 25. Juni 2012,<br />

Haus der Kunst, Westflügel<br />

—<br />

Relikt<br />

Installation von Philine Rinnert<br />

ab Dienstag, 19. Juni 2012,<br />

Max-Joseph-Platz<br />

—<br />

Herr Richard W. in M. Ein Komponist macht Station<br />

Mobiles Audiofeature in acht Teilen<br />

von Wiebke Matyschok<br />

Koproduktion mit dem <strong>Bayerische</strong>n Rundfunk<br />

Weitere Informationen im Spielplan auf S. 209


dOCUMENTA (13) in Kassel<br />

9/6 —16/9 —2012<br />

Das Buch der Bücher<br />

ISBN 978-3-7757-2950-5, € 68,–<br />

Alle Publikationen im Hatje Cantz Verlag<br />

www.hatjecantz.de<br />

Das Begleitbuch<br />

ISBN 978-3-7757-2954-3, € 24,–<br />

Das Logbuch<br />

ISBN 978-3-7757-2952-9, € 30,–


Ideologischer Sprengstoff<br />

105<br />

Richard Wagners Musik<br />

in Israel<br />

Das Werk Richard Wagners unterliegt bis heute in Israel<br />

einem gesellschaftlichen Bann. Die Historikerin<br />

Na’ama Sheffi erklärt, wie Richard Wagner für die<br />

israelische Gesellschaft zu einem Symbol geworden ist.<br />

Text Na’ama Sheffi<br />

Fotografie Benjamin Krieg


Obwohl in meinem Elternhaus fast ausschließlich klassische<br />

Musik gehört wurde, lernte ich die Musik von Richard<br />

Wagner erst im Erwachsenenalter kennen. Ich entdeckte sie<br />

Ende 1981 im Zuge eines Skandals in der Philharmonie Tel<br />

Aviv. Zubin Mehta wollte als Zugabe eines Konzerts mit dem<br />

Israel Philharmonic Orchestra den „Liebestod“ aus Tristan<br />

und Isolde spielen, doch ein Teil des Publikums reagierte<br />

ausgesprochen erbost. Einer der Platzanweiser, ein Holocaust-Überlebender,<br />

der im Unabhängigkeitskrieg 1948 verwundet<br />

worden war, stellte sich an den Rand der Bühne und<br />

entblößte seinen mit Narben übersäten Oberkörper. Diese<br />

Affäre, die die Medien noch geschlagene vier Wochen beschäftigte,<br />

zog auch meine Aufmerksamkeit auf sich.<br />

Einige Jahre später, mittlerweile war ich Studentin<br />

der Geschichtswissenschaft, kam ich der Lösung des Rätsels<br />

langsam näher. Im Rahmen eines Seminars zum Thema<br />

„Mythen in der nationalsozialistischen Gesellschaft“ untersuchte<br />

ich die Rolle des mythologischen Helden Siegfried in<br />

der nationalsozialistischen Weltanschauung. Nachdem ich<br />

ein Seminar zu Wagner im Fachbereich Musikwissenschaft<br />

belegt hatte und kurze Zeit später während eines einjährigen<br />

Aufenthalts an der Ludwig-Maximilians-Universität in<br />

München den Ring des Nibelungen hatte sehen und hören<br />

können, erweiterte ich meine Forschungsarbeit um eine<br />

Diskussion des gesamten Ring, immer mit dem Schwerpunkt<br />

seines Einflusses auf die Nationalsozialisten.<br />

Doch die Beschäftigung mit dem Thema, das mich eigentlich<br />

umtrieb – weshalb Wagner heftige Ressentiments<br />

bei derart vielen Israelis hervorrief –, musste ich auf die Zeit<br />

nach meinem Studium verschieben. Erst dann begann ich,<br />

diese merkwürdige, scheinbar endlose Kontroverse zu untersuchen,<br />

die mindestens einmal in jedem Jahrzehnt zu einem<br />

öffentlichen Skandal führt und sich bisweilen auch zwischendurch,<br />

wenn auch etwas zurückhaltender, meldet. So<br />

etwa erst jüngst, im April 2012: Die Choreographin Jasmin<br />

Vardimon wurde von der Leitung der Israeli Opera gebeten,<br />

einen Teil der musikalischen Begleitung zu ihrem Stück, das<br />

in der Oper aufgeführt werden soll, auszutauschen. Ursprünglich<br />

wollte sie Auszüge aus Wagners Tannhäuser einspielen.<br />

Die Bitte um Änderung wurde mit der Begründung<br />

ausgesprochen, auf die Gefühle der Öffentlichkeit Rücksicht<br />

zu nehmen.<br />

Die Gefühle der Öffentlichkeit sind der Kernpunkt der<br />

Diskussion, wann immer der Name Wagner in der israelischen<br />

Öffentlichkeit ausgesprochen wird. Eigentlich kann<br />

gar nicht von Diskussionen, sondern eher von emotionalen<br />

Wortgefechten die Rede sein, für die auch immer wieder rationale<br />

Begründungen herangezogen werden, die aber zumeist<br />

nur bedingt zum Thema passen. Die Fronten verlaufen<br />

quer durch alle politischen Parteien, die Argumente entfachen<br />

Kontroversen unter den Holocaust-Überlebenden über<br />

das korrekte Verhalten, und auch die Angehörigen der jüngeren<br />

Generationen sind sich bei Weitem nicht einig, welcher<br />

Weg eingeschlagen werden solle.<br />

Die Wagner-Affäre entbrannte noch vor der Staatsgründung<br />

Israels. Im November 1938 stand das Vorspiel zu<br />

Wagners Meistersinger von Nürnberg auf dem Programm des<br />

Richard Wagners Musik in Israel<br />

Manchmal sind es gerade<br />

die rationalen Bemerkungen,<br />

die unter die Haut<br />

gehen. So schlug eine<br />

Holocaust-Überlebende im<br />

Jahre 2001 vor: „Wartet<br />

bitte, bis wir nicht mehr<br />

sind, dann könnt ihr doch<br />

tun und lassen, was ihr<br />

wollt.“<br />

Für mich symbolisiert die<br />

Musik Wagners ein Leitmotiv<br />

für die Gesellschaft,<br />

in der ich lebe. Wagner ist<br />

in Israel vor allem ein<br />

Symbol und meines Erachtens<br />

das falsche.<br />

ersten Konzerts der dritten Spielzeit des Palestine Symphony<br />

Orchestra, das später zum Israel Philharmonic Orchestra<br />

werden sollte. Die „Reichskristallnacht“, die drei Tage zuvor<br />

in Deutschland gewütet hatte, löste in Palästina tiefstes<br />

Entsetzen aus, sodass der Gründer des Orchesters,<br />

Bronisław Huberman, den Dirigenten Eugen Szenkar bat,<br />

das Wagner-Stück nicht zu spielen. Paradoxerweise wurde<br />

als Ersatz die Oberon-Ouvertüre Carl Maria von Webers gewählt,<br />

einer der von Wagner am meisten geschätzten Komponisten.<br />

Sowohl Huberman als auch Eugen Szenkar und Arturo<br />

Toscanini, der das erste Konzert des Orchesters im Jahre<br />

1936 dirigierte, waren Persönlichkeiten mit ausgeprägtem<br />

politischen Bewusstsein. So lehnte etwa der polnisch-jüdische<br />

Geiger Huberman schon 1933 – noch bevor er das Orchester<br />

in Tel Aviv gründen sollte – die Einladung Kurt Furtwänglers<br />

zu einem Konzert in das nationalsozialistische<br />

Berlin ab und reagierte stattdessen mit scharfen Briefen,<br />

weil er erkannte, dass der wachsende Antisemitismus die<br />

Juden aus Europa vertrieb. Nach Inkrafttreten der „Rassengesetze“<br />

veröffentlichte er im Februar 1936 einen kritischen<br />

Brief an die deutschen Intellektuellen im Manchester Guardian.<br />

Das Orchester, das er in Palästina gründete, wurde zu<br />

einem Zuhause für zahlreiche Musiker, die zuvor in renommierten<br />

europäischen Orchestern gespielt hatten und die<br />

aus ihren Heimatländern aufgrund des wachsenden Antisemitismus<br />

und der in Deutschland geltenden „Rassengesetze“<br />

flüchten mussten.<br />

Das erste Konzert des Palestine Symphony Orches tra<br />

wurde von Arturo Toscanini dirigiert. Nachdem dieser sehr<br />

schnell verstanden hatte, in welche Richtung Mussolinis<br />

faschistisches Regime strebte, weigerte er sich, in seiner<br />

Heimat Italien Konzerte zu geben. Er lehnte auch eine Einladung<br />

in die Wagnerstadt Bayreuth ab, die schon ab Ende der<br />

1920er Jahre als eine der ersten Städte zu einer Bastion der<br />

Nazis geworden war.<br />

Das Konzert schließlich, aus dessen Programm<br />

Wagners Meistersinger-Vorspiel 1938 gestrichen wurde,<br />

dirigierte Eugen Szenkar, einer der 108 Künstler, die auf Joseph<br />

Goebbels offizieller Boykottliste standen. Einige Monate<br />

später übrigens dirigierte Szenkar auf einer Tournee<br />

des Orchesters in Kairo und Alexandria mehrere Werke von<br />

Wagner.<br />

Diese politischen Gründe für die Entfernung von<br />

Wagners Musik aus einem bestimmten Konzert sowie der<br />

politische Geist, der die drei Hauptakteure des Orchesters in<br />

seinen ersten Jahren umtrieb, prägten vornehmlich die Einstellung<br />

der Israelis gegenüber Wagner. Ab den 1950er Jahren<br />

entbrannte jedes Mal eine scharfe Kontroverse, wenn<br />

Wagners Name in Zusammenhang mit einem geplanten öffentlichen<br />

Konzert fiel, vor allem bei einem der größten und<br />

wichtigsten Orchester Israels, dem Israel Philharmonic Orchestra.<br />

Die einzige Größe, die stets konstant in allen Disputen<br />

blieb, über all die Jahre hinweg, war die staatliche Reaktion:<br />

Sowohl sämtliche Bildungsminister als auch das Amtsgericht<br />

Tel Aviv beharrten auf dem Standpunkt, dass dies<br />

grundsätzlich ein musikalisches Problem sei, in das sich<br />

staatliche Institutionen nicht einmischen sollten. 2001 allerdings<br />

wurde in einer Sondersitzung des Bildungsausschusses<br />

der Knesset „aus vollem Herzen“ die offizielle Bitte<br />

geäußert, dass kulturelle Einrichtungen es unterlassen<br />

mögen, Werke antisemitischer Komponisten aufzuführen,<br />

da dies die Gefühle der Öffentlichkeit verletzen könnte.<br />

Die Öffentlichkeit, von der die Rede ist, ist die Öffentlichkeit<br />

der Holocaust-Überlebenden. Im Laufe der Jahre<br />

schien es in der Tat so zu sein, dass zahlreiche Holocaust-<br />

Überlebende öffentliche Darbietungen aus Wagners Werken<br />

als eine Verletzung des Gedenkens an den Holocaust betrachteten.<br />

Die Töne Wagners, einer der beliebtesten Opernkomponisten<br />

der Weimarer Zeit, wurden für sie zu einem integralen<br />

Bestandteil ihrer Erfahrung der untergehenden Republik und<br />

der Zerstörung ihres bisherigen Lebens durch SA-Schergen<br />

und das gesamte Naziregime. Es gab auch jene, die behaupteten,<br />

Wagners Kompositionen wären in den Konzentrationslagern<br />

gespielt worden, doch konnte das bis heute von der Forschung<br />

nicht bewiesen werden.<br />

Die vehementen Reaktionen einiger Überlebender<br />

unterstreichen nur den Umstand, dass es sich um emotionale<br />

Erinnerungen handelt, die in sich die Gräueltaten der<br />

Nazis bergen. Bisweilen erhitzen sich die Gemüter derart,<br />

dass es unmöglich ist, überhaupt eine Diskussion zu führen.<br />

Manchmal allerdings sind es gerade die rationalen<br />

Bemerkungen, die unter die Haut gehen. So schlug eine<br />

107<br />

Holocaust-Überlebende während eines Symposiums an<br />

der Universität Tel Aviv im Jahre 2001 vor: „Wartet bitte,<br />

bis wir nicht mehr sind, dann könnt ihr doch tun und lassen,<br />

was ihr wollt. Bitte respektiert unseren Wunsch, solange<br />

wir noch unter euch leben.“ Als Teilnehmerin der<br />

Podiumsdiskussion konnte ich mich nicht zurückhalten<br />

und bat sie meinerseits, diesen Wunsch doch besser nicht<br />

zu äußern, denn er führe letztendlich dazu, dass diejenigen,<br />

die Wagner hören möchten, den Tod der Überlebenden<br />

herbeisehnten. In einer Situation wie dieser sei es<br />

besser, man würde gemeinsam zu dem Entschluss kommen,<br />

keine öffentlichen Aufführungen mit Wagners Musik<br />

zu veranstalten.<br />

Im selben Jahr entbrannte auch der berühmte Streit<br />

um Wagner und Daniel Barenboim, an dem auch Angehörige<br />

meiner Generation und Jüngere beteiligt waren. Das Israel<br />

Festival 2001 hatte ein Gastspiel der Berliner Staatskapelle<br />

unter Barenboims Leitung im Programm, das den ersten Akt<br />

der Walküre aufführen sollte. Barenboim wurde 1991 vom Israel<br />

Philharmonic Orchestra eingeladen, das Dirigat zu<br />

übernehmen, nachdem Mehta zehn Jahre zuvor persönlich<br />

wegen seiner Herkunft und seines Glaubens beschimpft<br />

worden war, als er den eingangs erwähnten Versuch unternahm,<br />

ein Werk Wagners zu spielen. Aber auch Barenboim<br />

wurde letztendlich vorgehalten, für die Veranstaltung zu<br />

jung zu sein und den Holocaust nicht erlebt zu haben.<br />

2001 also wurde Barenboim zu -<br />

sammen mit der Festivalleitung vom<br />

Bildungsausschuss der Knesset gebeten,<br />

von der Wagner-Aufführung Abstand<br />

zu nehmen. Beide erklärten sich<br />

schließlich einverstanden. Trotzdem spielte das Orchester<br />

nach Ende des Konzertes das Vorspiel zu Tristan und Isolde.<br />

Im Saal ereignete sich Folgendes: Einerseits wurde eine relative<br />

Ruhe bewahrt, und das Orchester konnte ungestört<br />

spielen. Andererseits befanden sich unter denjenigen, die<br />

den Saal verließen, auch 30- und 40-Jährige, also Personen,<br />

die den Holocaust nicht miterlebt hatten und die teilweise<br />

auch keine Kinder von Überlebenden waren. Der Wagner-<br />

Boykott war also schon längst zu einem Symbol für jüngere<br />

Generationen geworden, darunter auch für Menschen, die<br />

keinerlei persönliche Berührungspunkte mit dem Holocaust<br />

haben, und auch für solche, die überhaupt keine Liebhaber<br />

der klassischen Musik sind.<br />

Inhaltliche Diskussionen über Wagners Werk, beispielsweise<br />

über die Gefühle, die es auslöst, oder über seine<br />

Aufführungspraxis, werden in der israelischen Gesellschaft<br />

nicht geführt. Allein die Erwähnung seines Namens reicht<br />

für ein Aufleben der Kontroverse. In den Augen der meisten<br />

Israelis ist Wagner ein Symbol unter vielen für den Nationalsozialismus<br />

und den Holocaust. Durch seine Hetzschrift<br />

Das Judenthum in der Musik, den Tatsachen, dass der Führer<br />

des nationalsozialistischen Deutschland ihn verehrte<br />

und dass seine Werke in den Konzentrations- und Vernich-


Bereits 1933 lehnte der<br />

spätere Gründer des<br />

heutigen Israel Philharmonic<br />

Orchestra Bronisław<br />

Huberman eine Einladung<br />

Furtwänglers in das<br />

nationalsozialistische Berlin<br />

aus politischem Protest<br />

ab. Auch Toscanini, der<br />

das erste Konzert des<br />

Orchesters dirigierte, verweigerte<br />

einen Besuch<br />

in der Wagnerstadt<br />

Bayreuth, seit Ende der<br />

1920er Jahre eine der<br />

ersten Bastionen der Nazis.<br />

wandt werden, um Verachtung auszudrücken. Auf jeden Fall<br />

sollte vermieden werden, sie zum Andenken an den Holocaust<br />

zu instrumentalisieren.<br />

Aus dem Hebräischen von Adina Stern<br />

Mehr über die Autorin auf S. 18<br />

tungslagern gespielt wurden, wie Überlebende jahrelang<br />

behaupteten, steht Wagner für die Gräueltaten, derer die Israelis<br />

gedenken wollen.<br />

Somit war ich ausgesprochen überrascht, als ich von<br />

MAX JOSEPH gebeten wurde, mich zu der Frage zu äußern,<br />

was die Musik Wagners in mir auslösen würde. Seine Musik<br />

an sich ist in Israel kaum bekannt, außer wenn sie von der<br />

globalen Populärkultur unter die Massen gebracht wird, wie<br />

etwa durch den „Walkürenritt“, der die Bombenexplosionen<br />

des verrückten Lieutenants Bill Kilgore in Apocalypse Now<br />

begleitet, durch Klingeltöne oder diverse bekannte Kinound<br />

Fernsehwerbungen. Auch wenn ich mich persönlich viel<br />

mit Wagners Musik beschäftige, sie schätze und auch genieße,<br />

kann ich mich dennoch von dem ideologischen Impakt,<br />

den Wagners Musik in Israel darstellt, kaum frei machen,<br />

weder zu Hause noch in ausländischen Opernhäusern.<br />

Für mich symbolisiert die Musik Wagners ein Leitmotiv für<br />

die Gesellschaft, in der ich lebe.<br />

Wagner ist in Israel vor allem ein Symbol und meines<br />

Erachtens das falsche. Des Holocausts muss gedacht werden,<br />

weil er ein Abschied von sämtlichen demokratischen<br />

und liberalen Werten war. Er war eine Katastrophe, deren Ursprung<br />

in sinnlosem Hass lag. Des Holocausts muss als<br />

furchtbarste Grausamkeit gedacht werden, die jemals von<br />

der Menschheit erdacht und in Todesfabriken ausgeführt<br />

wurde. Es muss daran erinnert werden, dass das Boykottieren<br />

von Menschen und die Annullierung ihrer Freiheiten die<br />

ersten Schritte waren, die letztendlich zu ihrer Ermordung<br />

führten. Meiner Meinung nach dürfen genau diese Instrumente<br />

– Boykott und Freiheitsbeschneidung – nicht ange-<br />

Richard Wagners Musik in Israel<br />

Die Bilder des Videokünstlers Benjamin Krieg<br />

entstanden während seiner Recherchen für Saar<br />

Magals Projekt Hacking Wagner in Tel Aviv.<br />

ERFOLG<br />

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Hacking Wagner<br />

111<br />

In der Performance<br />

Hacking Wagner<br />

wird sich die<br />

israelische Choreographin<br />

Saar Magal<br />

mit der Person<br />

Richard Wagners<br />

und besonders<br />

seinem Ring des<br />

Nibelungen auseinandersetzen<br />

und<br />

die kulturell<br />

überlieferten Codes,<br />

die mit Wagner<br />

in Israel, aber auch<br />

in Deutschland<br />

verbunden sind,<br />

de chiffrieren –<br />

„hacken“. Hier<br />

schreibt sie über die<br />

Motive ihrer<br />

Arbeit, die bei den<br />

Münchner<br />

Opernfestspielen<br />

Premiere haben<br />

wird.<br />

Text Saar Magal<br />

Die Metapher, die in der Geschichte von Slavoj Žižek steckt,<br />

genauso wie das Stück selbst, sind Teil einer Diskussion, die<br />

über die Frage des Wagner-Banns hinausgeht, über den Einspruch<br />

gegen den Bann und über den Einspruch gegen den<br />

Einspruch. Die Tatsache, dass Holocaust-Überlebende in dem<br />

Club auftauchten, und zwar arglos gegenüber der beabsichtigten<br />

Ironie, ist sehr viel komplexer und vielschichtiger als die<br />

einfache Frage, ob Wagner verboten gehört oder nicht.<br />

Zu oft wird im Namen von Überlebenden des Holocaust<br />

das Wort ergriffen, vorgeblich, um sie davor zu „schützen“,<br />

Wagners Musik hören zu müssen. Aber nur sie tragen<br />

den Holocaust wirklich in sich und nur sie verkörpern gleichermaßen<br />

das Leben danach in Israel und die fortbestehende<br />

Verbindung zur deutschen Kultur, der sie entstammen, in<br />

der sie aufgewachsen sind und aus der sie gewaltsam vertrieben<br />

wurden, verletzt und verwaist.<br />

Die Auseinandersetzung mit Holocaust-Überlebenden, deren<br />

Bedürfnissen und deren Sicht auf Wagner ist aus dem<br />

öffentlichen Bewusstsein Israels größtenteils verschwunden.<br />

Für mich wurde immer deutlicher, dass der „Wagner-Bann“<br />

nicht so sehr mit den Holocaust-Überlebenden zu tun hat,<br />

sondern eine Art soziale Norm ist, die von der Öffentlichkeit<br />

impulsiv und unreflektiert ausgeübt wird. Es scheint „evident“,<br />

dass Wagner nicht gespielt werden darf, aber es wird<br />

nicht gefragt, warum das so ist oder ob man sich nicht noch<br />

einmal Gedanken darüber machen sollte, ganz davon abgesehen,<br />

ob es das Verbot jemals hätte geben sollen. Die Norm<br />

wurde zur Gewohnheit, und Gewohnheiten nehmen wir unbedacht<br />

hin.<br />

Mit dem Ausdruck „hacken“ ist das Aufbrechen eines<br />

Codes gemeint: etwas entschlüsseln und eigenwillig neu zusammensetzen,<br />

eine Art reverse engineering, um den ursprüng-


lichen Zweck zu entkräften. In der heutigen Internetwelt sind<br />

Hacker oftmals Einzelpersonen, die zwar dem Einfluss der<br />

großen Unternehmen und Industrien, die unsere Welt formen,<br />

scheinbar machtlos gegenüberstehen, die aber ihre Möglichkeiten<br />

nutzen, um den üblichen Betrieb zu durchkreuzen und<br />

die von oben implementierte soziale Ordnung infrage zu stellen.<br />

Das „Hacken“ und die „Piraterie“ stehen für die Fähigkeit,<br />

einen mächtigen kulturellen Kodex aufzubrechen, seine<br />

Mechanismen zu infiltrieren und sie von innen heraus zu beeinflussen<br />

und zu verändern.<br />

In diesem Stück, Hacking Wagner, übernehmen wir es<br />

– die Darsteller und das Produktionsteam aus israelischen<br />

und deutschen Künstlern –, bestimmte Bilder, Symbole, Phänomene,<br />

Ideen, soziale Grundsätze, heilige Kühe und all die<br />

„evidenten“ Dinge zu hacken, jene geistigen Gewohnheiten,<br />

die wir der Willkür einzelner und generationenlanger institutioneller<br />

Trägheit verdanken.<br />

Das Hacken ist keine Opposition um ihrer selbst<br />

willen. Es ist der Anspruch auf ein Recht, für sich selbst<br />

he rauszufinden, was diese Leerstelle bedeutet: dieses eklatante<br />

Nichtvorhandensein von Wagner in unserer Kultur;<br />

genauso wie die beinahe Heiligsprechung Wagners in der<br />

deutschen Kultur.<br />

Wir suchen die Auseinandersetzung mit dem Wagner’schen<br />

Monumentalismus sowohl von der deutschen Seite<br />

her, wo er verdächtig präsent ist, als auch von der israelischen<br />

Seite her, von der er verdächtig ferngehalten wird.<br />

Für uns ist „hacken“ eine Art und Weise, „kulturelle Rebellen“<br />

zu werden; Gesetzesbrecher der angehäuften Normen.<br />

Diese Vorgehensweise entspricht der asymmetrischen<br />

Kriegsführung einer ohnmächtigen Gruppe gegen eine<br />

überwältigend mächtigere Gruppe. So bäumen sich die Unterdrückten<br />

gegen Imperien auf. So greifen die Schwachen<br />

die sensiblen Stellen der Mächtigen an. Dieser „kulturelle<br />

Aufstand“ will auf das Recht pochen, zu diskutieren und<br />

selbstverständliche, „evidente“ Einstellungen zu Wagner<br />

und seiner Musik zur Seite zu legen.<br />

Wir beanspruchen für uns selbst das Recht auf eine<br />

solche Aktion und nehmen uns die Freiheit, die Gedanken<br />

und Gefühle, die in Bezug auf Wagner aufkommen, zu ergründen<br />

– ebenso wie die Bedeutsamkeit seiner selbst und die Assoziationen<br />

mit ihm, ohne dass wir das Gefühl haben, diese<br />

rechtfertigen zu müssen. Unser Anliegen ist es nicht, jemanden<br />

freizusprechen oder zu verteidigen, wir wollen Wagner<br />

auch nicht verurteilen oder anklagen. Genauso wenig wollen<br />

wir dem Publikum eine bestimmte Sichtweise vorgeben.<br />

Das Stück vereint unterschiedliche persönliche Assoziationen.<br />

Es verbindet einzelne Aspekte des kollektiven Unterbewusstseins<br />

in Bezug auf die Wagner-Frage und diese merkwürdige<br />

jüdisch-deutsche Liebesbeziehung, die es vor dem<br />

Krieg, vor den Zeiten des Holocaust und bevor diese Höllenfahrt<br />

losging, gab; eine angespannte Affäre, die sich aus Liebe<br />

und Hass nährt und die bis zum heutigen Tag Bestand hat.<br />

Aus dem Englischen von<br />

Laura Schieferle<br />

Hacking Wagner<br />

Saar Magal, geboren in<br />

Tel Aviv, studierte<br />

Tanz an der Thelma<br />

Yellin High School of<br />

the Art in Tel Aviv sowie<br />

am Laban Centre<br />

for Movement and<br />

Dance in London. Sie<br />

entwickelte zahlreiche Tanzperformances,<br />

etwa in Tel Aviv für das Suzanne<br />

Dellal Centre und die Bat-Dor<br />

Dance Company sowie für das Peridance<br />

Capezio Center New York,<br />

die Harvard University und das<br />

MXAT in Moskau. Seit 1997 arbeitet<br />

Saar Magal regelmäßig mit dem Regisseur<br />

Krzysztof Warlikowski zusammen.<br />

Gemeinsam gastierten sie<br />

am Piccolo Teatro in Mailand, am<br />

Teatr Rozmaitości in Warschau, am<br />

Staatstheater Stuttgart, am HAU<br />

Berlin, am Schauspiel Hannover, an<br />

La Monnaie in Brüssel (Médée, Macbeth)<br />

sowie an der Opéra National de<br />

Paris (Parsifal, Król Roger) und der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> (Eugen Onegin).<br />

2010 entwickelte sie mit Jochen<br />

Roller die Performance Basically I<br />

don’t but actually I do. Das Werk<br />

wurde auf Kampnagel in Hamburg,<br />

in den Sophiensælen Berlin, der<br />

Muffathalle München sowie in Tel<br />

Aviv, Melbourne und Bern aufgeführt.<br />

Saar Magal unterrichtet darüber<br />

hinaus Tanz, Improvisation<br />

und Choreographie in Israel.<br />

Hacking Wagner<br />

Eine Performance<br />

von Saar Magal und Moritz Gagern<br />

Premiere am Freitag,<br />

27. Juli 2012, Haus der Kunst,<br />

Westflügel<br />

Weitere Termine im Spielplan<br />

ab S. 209<br />

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114<br />

Der<br />

Menschen<br />

Ring<br />

115<br />

Der Installationskünstler<br />

Spencer Tunick<br />

bringt den Ring auf<br />

Münchens Plätze.<br />

Spencer Tunick wird mithilfe<br />

Hunderter nackter Menschen<br />

Bilder aus Wagners Ring des<br />

Nibelungen inszenieren.<br />

Vor dem Ereignis hat der<br />

Künstler die Orte der Installation<br />

in der Einsamkeit der<br />

Morgenstunden besucht.<br />

Fotos Martin Fengel


116


118


Es gibt eine schöne Theorie, die besagt, Ludwig I. habe die<br />

Ludwigstraße nach theaterarchitektonischen Gesetzen mit<br />

seitlichen Aufgängen als Bühne des Lebens erbaut. Zu den<br />

Münchner Opernfestspielen 2012 wird der amerikanische<br />

Installationskünstler Spencer Tunick sie bespielen: Er<br />

wird auf dem Max-Joseph-Platz und anderen Herzstücken<br />

der Münchner Innenstadt mithilfe Hunderter nackter Menschen<br />

Bilder aus Wagners Ring des Nibelungen inszenieren.<br />

Tunicks Installationen sind logistische Kraftakte. Dutzende<br />

Helfer und Fotografen begleiten die weit über 1.000<br />

freiwilligen Teilnehmer, die schon in den frühen Morgenstunden<br />

auf den Moment harren, in dem sie sich ihrer Kleidung<br />

entledigen und Teil eines Bildes werden. Die Menge<br />

der zu koordinierenden Individuen und die sich rasant verändernden<br />

natürlichen Lichtverhältnisse machen Tunicks<br />

Choreographien zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Jeder<br />

Moment und jedes Bild sind nicht zu wiederholen und einzigartig.<br />

Mit einem Megafon dirigiert Tunick die nackten Körper<br />

wie Pinselstriche von Szene zu Szene auf der Leinwand<br />

des öffentlichen Raums. In mehreren von Wagners Ring inspirierten<br />

Szenen werden Gold und Wasser, Macht und<br />

Lust, Leben und Tod als thematische Gegensatzpaare<br />

durchgespielt.<br />

Wer an der Installation in München<br />

teilnehmen möchte, kann sich<br />

auf der Website der <strong>Staatsoper</strong> unter<br />

www.staatsoper.de/tunick<br />

bis 22. Juni bewerben.<br />

Der Ring mit Spencer Tunick<br />

Eine Installation nach Szenen aus<br />

dem Ring<br />

Samstag, 23. Juni und<br />

Sonntag, 24. Juni 2012<br />

Text und Interview Jennifer Becker<br />

Spencer Tunick äußerte sich im Interview zu seinen<br />

Beweggründen:<br />

Welche Bedeutung hat Wagners Ring<br />

des Nibelungen für Sie persönlich, welche Bedeutung<br />

hat das Gold und welche das Wasser des Flusses?<br />

Wagners Werk ist eine Geschichte<br />

über das Göttliche und das Niedere, darüber wie<br />

sich Götter, mythische Gestalten und Menschen in<br />

ihrem Verlangen nach Macht, Liebe und Lust ähneln.<br />

Das Gold in Wagners Werk steht für die Essenz<br />

des Menschlichen in allem – für das Verlangen nach<br />

Macht und das Verlangen nach Liebe. Das Wasser<br />

und der Fluss hingegen symbolisieren die Quelle allen<br />

Lebens. Gold und Wasser sind verschlungen in<br />

einem ewigen Reigen, das eine gebiert das andere,<br />

um dann wieder zu zerfallen für die nächste Wiedergeburt<br />

und Erneuerung.<br />

Haben Andreas Kriegenburg und Ihre Arbeit sich gegenseitig<br />

inspiriert?<br />

Vor meiner ersten Erkundungsreise nach München und an<br />

die <strong>Staatsoper</strong> wusste ich noch nicht viel Konkretes von Andreas<br />

Kriegenburgs Ideen und seiner Entscheidung, bei seiner<br />

Inszenierung des Ring auch mit Menschenmengen und vielen<br />

Körpern zu arbeiten. In München habe ich mich eingehend<br />

mit Andreas Kriegenburgs Konzeption beschäftigit und<br />

mich sehr gefreut über diese wunderbare Verbindung zu meiner<br />

Arbeit.<br />

In welcher Beziehung werden Ihre Bilder zu den<br />

Szenen der Oper stehen?<br />

Für mich ist wichtig, dass die Menschen in den Installationen<br />

den öffentlichen Raum mit ihrem Leben<br />

füllen und mit ihm interagieren. Ihre Körper formen dabei<br />

die Symbole meiner Bilder – das Gold des Rings,<br />

die Wasser des Flusses, die Flamme des Drachen. Auf<br />

diese Weise erschaffen sie eine neuartige, visuelle und<br />

experimentelle Version von Wagners Ring.<br />

Jennifer Becker ist Herausgeberin des<br />

KUNST Magazins (www.kunstmagazin.de).<br />

Sie hat selbst an Installationen von<br />

Spencer Tunick teilgenommen.<br />

Spencer Tunick, geboren in Middletown,<br />

New York, erwarb 1988 den Bachelor of<br />

Arts am Emerson College. 1992 begann er,<br />

in den Straßen von New York nackte<br />

Menschen zu fotografieren, und erlangte<br />

damit in den USA Bekanntheit. Schon<br />

bald inszenierte er weltweit seine Installationen<br />

mit Tausenden von Freiwilligen,<br />

wie zum Beispiel am Opernhaus in Sydney,<br />

auf dem schweizerischen Aletschgletscher<br />

in Zusammenarbeit mit Greenpeace<br />

oder auch am Toten Meer in Israel.<br />

Er lebt und ar beitet derzeit in New York.<br />

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»Das Lied ist keine<br />

Minioper «<br />

Christian Gerhaher<br />

im Gespräch<br />

Zu den Münchner<br />

Opernfestspielen 2012<br />

wird Christian Gerhaher<br />

für einen Liederabend<br />

zu Gast sein. Ein Gespräch<br />

über Lehrer-Schüler-<br />

Verhältnisse, die Kunstform<br />

Lied und seine<br />

Bewunderung für Dietrich<br />

Fischer-Dieskau.<br />

123<br />

Herr Gerhaher, im Programm Ihres<br />

Liederabends spiegeln sich zwei spannende Lehrer-<br />

Schüler-Verhältnisse: Beethoven hatte Unterricht<br />

bei Haydn, Alban Berg bei Arnold Schönberg. Berg<br />

hat sich zeitlebens untergeordnet, Beethoven hat<br />

sich nach kurzer Zeit entschlossen abgenabelt … gen, dass er das, was er tut, vollkommen beherrscht, wenn<br />

Dass Beethoven sich nicht er es vormacht? Aus meiner eigenen Erfahrung muss ich<br />

unterordnen wollte, ist nicht so überraschend, wenn aber auch sagen, dass man immer dann am meisten lernt,<br />

man seine späteren Werke betrachtet. Aber das wenn einem der Lehrer Freiräume lässt. Auf den ersten<br />

Verhältnis zwischen Berg und Schönberg finde ich Blick scheint das bei Schönberg nicht der Fall gewesen zu<br />

sehr interessant. Berg hat ihm sein Leben lang gehuldigt,<br />

ihn geradezu heiliggesprochen, obwohl er deshalb zu ihm gekommen, weil sie gespürt haben, dass die<br />

sein. Vielleicht sind die begabten jungen Musiker einfach<br />

von Schönberg wohl eher gepiesackt wurde. Da ging Zeit für ganz neue Dinge reif war. Schönberg war eine<br />

es ja nicht nur um Musik, auch um persönliche Dinge faszinierende Persönlichkeit, umfassend begabt. Er war ja<br />

und Finanzen. Und schließlich wurde er, fast könnte auch zeitweise ein fantastischer Maler und ein interessanter<br />

Schriftsteller. Was mich allerdings immer wieder rätseln<br />

man sagen: gequält mit der Zwölftonmusik. Berg hat<br />

das alles auf sich genommen, aber auf geniale Weise lässt, ist die seltsame Auswahl vieler Texte, die er vertont<br />

unterlaufen. An dem Punkt habe ich ein Problem mit hat. Diese mindere Fin de Siècle-Lyrik à la Richard Dehmel<br />

Schönberg. Seine frühen Stücke mit ihrem spätromantischen<br />

Bombast interessieren mich wenig. Das<br />

George hatte allerdings noch andere Gründe als<br />

– Stefan George nannte das Dreckspoesie.<br />

ist so überreizt und aufgeblasen, fast schon pervers,<br />

die zweifelhafte Qualität von Dehmels Gedichten. Die<br />

dass es wirklich nötig war, etwas ganz anderes zu<br />

Frau, die er geliebt und in seinem Buch der hängenden<br />

Gärten bedichtet hat, hat später ausgerechnet<br />

machen. Und auch der späte Schönberg ist für mich<br />

schwer zugänglich. Ich kann und will doch als<br />

den von ihm verachteten Richard Dehmel geheiratet.<br />

Sänger keine Reihen abzählen. Aber den mittleren<br />

Ja, Ida Coblenz. Verrückt, wie das alles verflochten<br />

ist! Im Umgang mit Georges Buch der hängenden<br />

Schönberg während der Phase der freien Atonalität,<br />

bevor es zur Idee der Zwölftonmusik kam, den finde<br />

Gärten war Schönberg dann aber unglaublich gut.<br />

ich einfach hinreißend. Berg hat sich am mittleren<br />

Wie er aus diesen 31 Gedichten die Gruppe herauslöst,<br />

die er vertont hat, finde ich fantastisch. Und wie<br />

Schönberg orientiert, aber dessen Klanglichkeit mit<br />

Erinnerungen an die Harmonik der Romantik verschmolzen.<br />

Selbst später, wenn Berg Zwölftonmusik<br />

hat er intuitiv verstanden, dass George in diesem<br />

tief er in diese Texte eingedrungen ist! Offenbar<br />

schreibt – und es gibt ja schon in den Altenberg Liedern<br />

Reihen –, hört man immer wieder Dreiklänge<br />

verarbeitet hat. George war ja bekanntlich nicht nur<br />

Gedichtzyklus ein biografisches Schlüsselerlebnis<br />

und tonal Anmutendes. Aber er hat das nie groß proklamiert,<br />

weil er sich nach außen hin immer dem<br />

telpunkt seines Kreises. In den 1890er Jahren war er<br />

der poetische, sondern auch der homoerotische Mit-<br />

Übervater Schönberg untergeordnet hat.<br />

sich vielleicht schon relativ klar über seine sexuelle<br />

Identität. Trotzdem hat er sich in Ida Coblenz<br />

Man wundert sich, dass ausgerechnet Schönberg, der<br />

seine Schüler so geknechtet hat, diese Erfolge als Lehrer<br />

verliebt. Und dieses komplizierte, zusätzlich verunsichernde<br />

Zusammentreffen von homosexueller Ori-<br />

hatte. Moderne Pädagogen schlagen bei solchen Methoden<br />

die Hände über dem Kopf zusammen. Trotzdem hat er<br />

entierung und der Liebe zu einer Frau hat in diesen<br />

mit Berg und Webern zwei große Komponisten ausgebildet.<br />

Gedichten zu einer enormen emotionalen Fallhöhe<br />

Hatte er Glück, dass er geniale Schüler hatte, oder muss er<br />

geführt. Wie Schönberg das in Musik übersetzt,<br />

eben doch ein guter Lehrer gewesen sein?<br />

nicht nur als Auf- und Ab-Bewegung, sondern am<br />

Ich würde auch Hanns Eisler noch dazuzählen. Also sind<br />

Schluss dann auch als Rückwendung nach innen,<br />

mindestens drei große Komponisten unter seinen Schülern.<br />

das zeugt von einer ungeheuren Einfühlungskraft.<br />

Vielleicht verstehe ich zu wenig von Pädagogik. Aber wenn<br />

Wie passt diese Sensibilität mit Schönbergs schroffer<br />

ich höre, wie man didaktisch lege artis vorzugehen hat, Persönlichkeit zusammen?<br />

dann kann ich nur sagen: Es kommt mir eher auf andere<br />

Ich glaube, dass er ein enormer Künstler war, der sich<br />

Dinge an. Ein ehernes Gesetz in der Musikpädagogik ist mit seiner abweisenden, manchmal fast gespalten erscheinenden<br />

Persönlichkeit eine Art ehernes Korsett ge-<br />

zum Beispiel, dass man einem Schüler nie etwas Fehlerhaftes<br />

nachmachen darf, um ihm vor Augen zu führen, was er schaffen hat. Auch die Zwölftontechnik ist so ein Korsett.<br />

falsch macht. Stattdessen soll man immer nur das Richtige Er brauchte offenbar etwas, was er den anderen gewissermaßen<br />

um die Ohren schlagen konnte. Ein weiteres Bei-<br />

vormachen. Das stimmt aber gar nicht. Erstens habe ich<br />

selber sehr oft etwas gelernt, wenn mir ein Lehrer meine spiel ist, wie scharf er Thomas Mann angegriffen hat, der<br />

eigenen Fehler demonstriert hat. Und zweitens: Wer sagt ihm im Doktor Faustus mit der Figur des Zwölftonkomponisten<br />

Adrian Leverkühn doch eigentlich ein wunderbares<br />

denn, dass die positiven Beispiele, die der Lehrer vorgibt,<br />

für mich das Richtige sind? Und welcher Lehrer kann sa- Denkmal geschaffen hat.<br />

Illustration Jindrich Novotny Interview Bernhard Neuhoff


„Berg hat Schönberg<br />

sein Leben lang gehuldigt,<br />

obwohl er von Schönberg<br />

wohl eher gepiesackt wurde.<br />

Da ging es nicht nur um<br />

Musik, auch um persönliche<br />

Dinge und Finanzen.<br />

Und schließlich wurde er,<br />

fast könnte man sagen: gequält<br />

mit der Zwölftonmusik.<br />

Berg hat das alles auf sich<br />

genommen, aber auf<br />

geniale Weise unterlaufen.“<br />

Adorno, der Thomas Mann ja bei seinem Doktor<br />

Faustus geholfen hat, meinte, dass das düstere Klaviernachspiel<br />

von Schönbergs George-Lieder die „jubelnde<br />

Coda“ von Beethovens Liederzyklus An die<br />

ferne Geliebte widerruft, den Sie ja ebenfalls singen.<br />

Hat Schönberg die positive Utopie von Beethoven<br />

zurückgenommen?<br />

Ich sehe das nicht so. Obwohl es durchaus Parallelen<br />

gibt zwischen den Schlüssen dieser beiden<br />

Liederzyklen. Beide haben ein relativ langes Klaviernachspiel.<br />

Aber ich finde den Schluss der George-Lieder<br />

gar nicht so düster. Der Held taucht aus<br />

seiner emotionalen Trance auf. Es ist eigentlich ein<br />

fast abgeklärter Schluss: „Nun ist wahr, dass sie für<br />

immer geht.“ Ein toller Satz, so klar, und rhythmisch<br />

so einprägsam. Aus dieser ernüchterten Erkenntnis<br />

heraus wird noch einmal Rückschau gehalten. Und<br />

dass bei Beethovens Ferner Geliebter der Schluss<br />

so jubelnd ist, weist nicht darauf hin, dass die Geschichte<br />

gut ausginge. Die Liebenden kommen ja<br />

nicht zusammen. Meiner Meinung nach ist dieser<br />

Schluss rein musikalisch motiviert: Jubel darüber,<br />

dass dieser Zyklus gelungen ist, dass er sich wirklich<br />

rundet. Beethoven kommt ja im letzten Lied<br />

auch thematisch wieder auf den Beginn zurück. Und<br />

es ist nicht nur der erste Liederzyklus überhaupt,<br />

sondern auch derjenige, der am perfektesten durchgestaltet<br />

ist. Dass so etwas gelingt, bevor das Lied<br />

als Genre überhaupt etabliert ist, empfinde ich immer<br />

wieder als etwas Ungeheuerliches, als etwas<br />

wahnsinnig Bewunderungswürdiges. Ich glaube, es<br />

ist auch Beethoven selbst aufgegangen, dass er<br />

hier etwas ganz Besonderes geschaffen hat. Von daher<br />

verstehe ich diese Euphorie. Die Geliebte ist<br />

und bleibt fern.<br />

Lied und Lyrik<br />

Singen richtet sich an Hörer in einer mittleren Distanz,<br />

oder? Wenn man singend jemanden erreichen will, dann<br />

darf er nicht zu weit weg sein, aber auch nicht zu nah.<br />

Stimmt. Der Gedanke ist mir allerdings noch nicht gekommen.<br />

Vielleicht weil ich das Singen nicht als Medium<br />

von Kommunikation verstehe, die sich von einem Absender<br />

an einen bestimmten Adressaten richtet, sondern als Medium<br />

von Ausdruck. Und wenn ich mich mit jemandem unterhalte,<br />

dann möchte ich mich nicht ausdrücken, sondern<br />

mich über ein Thema austauschen.<br />

Es gibt ja Sänger, die bitten einen vertrauten<br />

Menschen, sich ins Publikum zu setzen, damit sie<br />

sich an jemanden richten können, den sie kennen.<br />

Ich finde es auch sehr schön, wenn meine Frau<br />

im Publikum sitzt. Aber nicht, weil ich eine Botschaft<br />

an sie übermitteln würde, sondern weil ich<br />

dann jemanden habe, der diese Situation mit mir<br />

teilt. Mir ist generell die Kammermusik am liebsten<br />

– in meinem Fall als Sänger das Klavierlied. Bei einem<br />

Streichquartett haben Sie ja auch eine konzentrierte<br />

Runde, die sich eigentlich selbst genügt. Die<br />

vier Musiker spielen aufeinander zu, sind aber zugleich<br />

offen für Zuhörer, die an diesem Prozess teilhaben.<br />

Jeder bringt andere Empfindungen ein. Es<br />

mag ein Ideal sein, dass alle Musiker dasselbe fühlen,<br />

aber das stellt sich nie ein. Und genauso ist es<br />

für mich beim Singen. Wenn ich einen Liederzyklus<br />

gestalte, dann ist dieses Werk das Zentrum der Aufmerksamkeit.<br />

Das Werk steht im Raum – wie ein Kristall,<br />

der Klänge, Emotionen und Gedanken in verschiedene<br />

Richtungen reflektiert. Jeder kann daran<br />

teilhaben, aber jeder sieht etwas anderes. Eine Kommunikation,<br />

die nur in eine Richtung geht, interessiert<br />

mich nicht. Dass einer vorne steht und eine<br />

Geschichte erzählt oder ein Drama sich ereignen<br />

lässt, das alle packt – das ist nicht die Situation der<br />

Kammermusik, um die es mir geht. Ich möchte keine<br />

Wahrheiten verbreiten oder den Leuten konkret erklären,<br />

was das Werk nun eigentlich bedeutet, sondern<br />

ich möchte versuchen, mögliche Perspektiven<br />

zu zeigen, die jeder anders annehmen kann und soll.<br />

Das gilt ganz besonders für Schönbergs Lieder aus<br />

dem Buch der hängenden Gärten. Gerade diese beginnende,<br />

noch frei schwebende Atonalität setzt so<br />

viele Farben frei! Immer wieder gibt es Anklänge an<br />

die gerade überwundene Tonalität. Aber keiner dieser<br />

Akkorde ist eindeutig. Das hat etwas Surreales.<br />

Man hat Kristallisationspunkte, die einem bekannt<br />

vorkommen, aber der Zusammenhang bleibt ungeklärt.<br />

Und genau das ist für mich das Idealbild eines<br />

Kunstlieds. Ich halte das Lied letztlich für eine abstrakte<br />

Kunstform. Darin ist es genau das Gegenteil<br />

zum dramatischen Singen in der Oper. Es geht beim<br />

Lied um Dinge, die man nicht auf bekannte, eindeutig<br />

identifizierbare Gegenstände und Ereignisse zurückführen<br />

kann. Das Lied schafft eigene Wirklichkeiten,<br />

es bildet nichts ab.<br />

Liederabend Christian Gerhaher 125<br />

Wie ist das bei der Ballade? Da wird doch eine Geschichte<br />

erzählt?<br />

Ja, aber Balladen haben ja auch einen dramatischen<br />

und einen erzählenden, epischen Aspekt. Lyrik ist etwas<br />

anderes. Man muss bei einem Gedicht und auch bei einem<br />

wirklich kammermusikalischen Lied einfach akzeptieren,<br />

dass man nicht alles verstehen kann. Deshalb braucht man<br />

für Lieder so viel Geduld. Schon viele Gedichte enthalten<br />

mehr, als man in den durchschnittlich drei Minuten, die so<br />

ein Gebilde für sich in Anspruch nimmt, überhaupt aufnehmen<br />

kann. Und dann kommt ja noch die Musik dazu – und<br />

die Beziehung zwischen Wort und Ton. Ich glaube nicht,<br />

dass ein Lied seinen Sinn dann erfüllt hat, wenn man es so<br />

gut kennt, dass man meint, man könne alles oder wenigstens<br />

relativ viel davon erklären. Ich glaube, es muss sofort<br />

wirken können – ohne dass man alles versteht. Und das verbindet<br />

das Genre Lied mit abstrakter Kunst.<br />

Gibt es aber in der Oper nicht auch diese Vieldeutigkeit?<br />

Die ganze Situation ist anders. Man ist nicht in<br />

einem gemeinsamen Raum mit dem Publikum. Der<br />

Musiker ist von den Zuschauern getrennt, durch den<br />

Graben und das Proszenium. Und der Zuschauer ist<br />

nur Empfänger, Rezipient. Er ist so gut wie gar nicht<br />

an der gemeinsamen Annäherung an das Werk beteiligt,<br />

um die es bei der vokalen Kammermusik geht.<br />

Bei der Oper geht alles von der Bühne aus. Es wird<br />

nur in eine Richtung kommuniziert. Die Bühne ist<br />

ein Spiegel der Illusion, der, für alle bewusst, vorne<br />

aufgerichtet wird. Da spielt sich alles ab. Der Zuschauer<br />

bleibt viel passiver als bei einem Liederabend.<br />

Auch zwischen den Musikern gibt es weniger<br />

Gemeinsamkeit. Als Sänger fühlt man sich schon<br />

deshalb einsamer, weil man das Orchester auf der<br />

Bühne nicht so gut hört. Und es gibt in der Oper fast<br />

immer eine lineare Handlung. Natürlich gibt es die<br />

Notwendigkeit, das Drama immer wieder anders zu<br />

beleuchten. Das sieht man am Regietheater, das uns<br />

nicht loslässt. Aber trotz aller Ablenkungsmanöver<br />

oder Gegenaktionen, die das Bedeutungsfeld erweitern,<br />

wird in letzter Instanz doch eine konkrete Geschichte<br />

erzählt. Das ist der große Unterschied zum<br />

Lied. Die Oper hat es nicht nötig, dass man das betont,<br />

aber für das Lied ist es wichtig. Es geht beim<br />

Lied eben nicht darum, eine Geschichte zu erzählen.<br />

Es ist wichtig, dass man Lieder nicht dramatisiert,<br />

dass man sie als lyrische Kunst begreift. Ein Lied ist<br />

keine Minioper. Das ist ein weitverbreitetes Missverständnis.<br />

Und wenn jemand sagt, die Schwierigkeit<br />

bei einem Liederabend bestünde darin, sich ständig<br />

von einer Drei-Minuten-Oper auf die nächste<br />

umzustellen und in diese vielen verschiedenen Rollen<br />

zu schlüpfen, dann geht das prinzipiell am Lied<br />

vorbei. Das ist die wichtigste Errungenschaft von<br />

Dietrich Fischer-Dieskau gewesen: dass er das Lied<br />

als aufgeklärte Kunstform etabliert hat, die sich<br />

nicht im Geschichtenerzählen erschöpft und in Sentimentalitäten<br />

ergeht, denn darauf läuft das hinaus.<br />

Stattdessen geht es beim Lied um einen klaren Blick<br />

auf Dinge, die letztlich unklar bleiben. Das verstehe<br />

ich unter Lyrik.<br />

Wir haben ja schon über Lehrer-Schüler-Verhältnisse<br />

gesprochen. Wie wichtig war Dietrich Fischer-Dieskau als<br />

Lehrer für Sie?<br />

Ich war mit Gerold Huber mehr mals bei ihm und wir<br />

haben ihm vorgesungen. Aber ich habe dabei eigentlich<br />

nicht viel Neues erfahren, was ich nicht schon erwartet<br />

hätte. Einfach deswegen, weil ich seine Platten schon als<br />

Student gehört und glühend bewundert habe. Er war natürlich<br />

kein normaler Gesangslehrer für mich. Dafür hatte weder<br />

er die Zeit noch ich. Ich habe ja damals auch noch Medizin<br />

studiert. Aber auf jeden Fall sehe ich mich als sein<br />

Epigone.<br />

Das Wort klingt so negativ ...<br />

Ich meine das in dem Sinn, dass ich seine Kunst<br />

immer nur bewundernd werde anstarren können.<br />

Und trotzdem klingt es bei Ihnen so völlig anders!<br />

Auf dem Konzertpodium muss ich natürlich meine eigene<br />

Identität als Liedsänger haben. Und ich würde auch<br />

nicht sagen, dass man nach Fischer-Dieskau keine begeisternden<br />

Liederabende mehr gestalten kann. Es gab natürlich<br />

auch vor Dieskau wunderbare Interpretationen. Aber<br />

trotzdem: Er hat das Genre der vokalen Kammermusik erfunden.<br />

Das ist in meinen Augen sein größtes Verdienst.<br />

Nicht dass ich einen Komplex hätte, weil ich auf der Bühne<br />

nicht so gut bin wie er. Das muss man nicht vergleichen.<br />

Ich bin auch gar nicht so unzufrieden mit mir, wie manche<br />

meinen. Aber was er insgesamt geleistet hat, kann keiner<br />

mehr leisten.<br />

Wenn ich Sie richtig verstehe, dann hat er zum<br />

ersten Mal, soweit wir das durch Aufnahmen nachvollziehen<br />

können, den hohen Anspruch eingelöst,<br />

den die Komponisten mit der Gattung Lied verbunden<br />

haben.<br />

Ja – vielleicht sogar noch einen höheren, obwohl<br />

er immer vom Dienst am Komponisten sprach.<br />

Wobei es sein kann, dass mich andere Sänger, sei<br />

es Fritz Wunderlich oder Hermann Prey, manchmal<br />

mehr rühren als seine Interpretationen. Singulär war<br />

nicht seine Fähigkeit, einen Abend zu gestalten,<br />

„Ein klarer Blick auf Dinge,<br />

die letztlich unklar<br />

bleiben. Das verstehe ich<br />

unter Lyrik.“


sondern seine Arbeitsweise, sein Verständnis des<br />

Genres Lied, dem er eine neue Gestalt gegeben hat.<br />

Darin ist er unerreicht und wird er unerreichbar bleiben.<br />

Und dass er sich als Opernsänger an Rollen gewagt<br />

hat, die für ihn nicht so glücklich waren, ändert<br />

nichts daran, dass er auch in diesem Bereich<br />

Erstaunliches geleistet hat.<br />

Sie persönlich setzen sich da ja sehr viel engere Grenzen.<br />

Welche Rollen kommen denn auf der Opernbühne für<br />

Sie in den nächsten Jahren dazu?<br />

Im Augenblick freue ich mich auf den Pelléas, demnächst<br />

in Frankfurt. Ich werde immer wieder gefragt, ob ich<br />

nicht den Amfortas oder den Beckmesser singen möchte.<br />

Aber das werde ich zumindest in der nächsten Zeit nicht<br />

tun. Vielleicht entwickelt sich die Stimme dorthin. Ich<br />

glaube das aber eher nicht.<br />

Jetzt haben wir viel über Ausdruck und Vieldeutigkeit<br />

gesprochen. „Glück und Unglück wird Gesang“,<br />

heißt es bei Goethe. Aber meistens ist es doch<br />

eher Unglück, oder? Für die Kunst, egal ob Oper oder<br />

Lied, gibt das einfach mehr her.<br />

Ganz sicher. Kunst geht für mein Begreifen immer<br />

davon aus, dass jemand ein Defizit verspürt. Im<br />

zweiten Akt des Tristan ist das Liebesduett doch nur<br />

deswegen so ekstatisch, weil die ganze Geschichte<br />

ständig aufzufliegen droht. Die Ekstase ist letztlich<br />

nur eine Projektion der Unmöglichkeit dieser Liebe.<br />

Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny – es muss<br />

zum Fall kommen. Ich habe einmal drei vom Programm<br />

her ziemlich düstere Abende mit Heinz Holliger zusammen<br />

gestaltet. Da sagte irgendwann der Chef<br />

des Festivals: „Na, Herr Gerhaher, jetzt reicht’s aber<br />

mal mit diesem depressiven Zeug, oder?“ Darauf<br />

meinte Holliger lachend: „Aber Sie wissen doch: Nur<br />

Gruftmusik macht Spaß!“ Gerade als Liedsänger<br />

identifiziert man sich ja nicht so sehr mit dem Gesungenen.<br />

Wenn man ein trauriges Lied singt, muss<br />

man deswegen noch lange nicht traurig sein.<br />

Wer andere rühren will, sagt Denis Diderot im Paradox<br />

über den Schauspieler, darf selbst nicht gerührt sein.<br />

Darf schon – und es rührt einen ja auch. Die eigene<br />

Rührung darf eben nur nicht Mittel oder Bedingung des<br />

Ausdrucks sein. Aber das lernt man erst, wenn man jenseits<br />

der 30 ist.<br />

„Ich werde die Kunst<br />

von Fischer-Dieskau<br />

immer nur bewundernd<br />

anstarren können.“<br />

Christian Gerhaher studierte u. a. bei Dietrich Fischer-Dieskau, Elisabeth<br />

Schwarzkopf und Friedemann Berger sowie an der Münchner Hochschule<br />

für Musik und Theater. Sein umfangreiches Konzert- und Liedrepertoire<br />

führt ihn zu weltweiten Auftritten. Er ist regelmäßig auf der<br />

Opernbühne zu erleben, u. a. an der Oper Frankfurt, der Wiener <strong>Staatsoper</strong>,<br />

am Theater an der Wien, am Teatro Real in Madrid, am Royal Opera<br />

House Covent Garden in London sowie bei den Salzburger Festspielen.<br />

Sein Repertoire umfasst Partien wie Eisenstein (Die Fledermaus), Papageno<br />

(Die Zauberflöte), Wolfram (Tannhäuser) oder die Titelrolle von<br />

Henzes Prinz von Homburg. Daneben ist er als Honorarprofessor an der<br />

Münchner Musikhochschule tätig. In der Saison 2011/12 war er an der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> als Papageno (Die Zauberflöte) zu erleben und<br />

kehrt nun mit einem Festspiel-Liederabend zurück.<br />

Bernhard Neuhoff ist Programmredakteur bei BR-KLASSIK.<br />

Für die Münchner Stadtbibliothek moderiert er die Gesprächsreihe<br />

„Theaterforum“.<br />

Festspiel-Liederabend Christian Gerhaher<br />

Ludwig van Beethoven<br />

An die ferne Geliebte op. 98<br />

Lied und Lyrik<br />

Arnold Schönberg<br />

Buch der hängenden Gärten op. 15<br />

Joseph Haydn<br />

Lieder<br />

Alban Berg<br />

Fünf Lieder nach Ansichtskartentexten op. 4<br />

Ludwig van Beethoven<br />

Adelaide op. 46<br />

Klavier – Gerold Huber<br />

Bariton – Christian Gerhaher<br />

Samstag, 7. Juli 2012, Prinzregententheater<br />

Bogner Haus MÜnCHen residenzstraße 14 - 15 bogner.com


128<br />

VON EINER<br />

EMOTIONALEN<br />

GEHIRN-<br />

ERSCHÜTTERUNG<br />

– Das Theater des<br />

Romeo Castellucci<br />

Der italienische Regisseur<br />

Romeo Castellucci stellt<br />

mit radikaler Geste und<br />

hochsensiblem Gespür<br />

immer wieder abendländische<br />

Mythen und Bilder<br />

in frage. Fern von Realismus<br />

und eindeutigen Botschaften<br />

kreiert er ein Theateruniversum,<br />

das auf alle Sinne<br />

zielt und in Unruhe versetzt.<br />

Mit seiner Installation<br />

Dämme rung in der Allerheiligen<br />

Hofkirche lenkt er<br />

unseren Blick auf das<br />

Untergangsszenario, mit<br />

dem Wagner seinem<br />

Ring-Zyklus ein ambivalentes<br />

Ende setzte.<br />

„Die Materie ist die letzte Realität. Sie ist die endgültige<br />

Realität, die sich zwischen dem ersten Atemzug<br />

des Neugeborenen und dem Fleisch des Toten<br />

erstreckt. Es ist eine Pilgerreise durch die Materie,<br />

die wir antreten. Und damit ein Theater der Elemente.<br />

Dabei sind die Elemente als das rein Kommunizierbare<br />

zu verstehen, als die unterste mögliche<br />

Kommunikationsstufe. So wenig wie möglich zu<br />

kommunizieren – genau das interessiert mich. Und<br />

dieser kleinstmögliche Grad an Kommunikation besteht<br />

aus der Oberfläche von Materie. In diesem Sinne<br />

handelt es sich paradoxerweise um oberflächliches<br />

Theater, aus Oberfläche gemacht, weil es ein<br />

Theater ist, das Erschütterung sucht.“<br />

R. Castellucci, Der Pilger der Materie<br />

Diese Seite: Romeo Castellucci in der<br />

Eingangsszene von Inferno, dem ersten Teil<br />

der von Dantes La Divina Commedia<br />

inspirierten Trilogie Inferno-Purgatorio-<br />

Paradiso, Festival d’Avignon 2008.<br />

Linke Seite: C.#11 CESENA, die elfte<br />

Episode des 2002–2004 in zehn europäischen<br />

Städten entwickelten Zyklus Tragedia<br />

Endogonidia, Cesena 2004.<br />

Fotos Luca Del Pia<br />

Text Piersandra Di Matteo<br />

Romeo Castelluccis Theater ist mitreißend. Immer wieder<br />

lässt es ein Zeitintervall entstehen, in dem die Naturgesetze<br />

außer Kraft gesetzt sind. Es gleicht dem Fall in einen<br />

anderen Raum, der zum Zeitraum wird. Seine Kunst<br />

sprüht vor visueller Spannung, Bildgewalt und einer Beharrlichkeit,<br />

die Mythen schaffen kann; sie vermag es, das<br />

Bild dem Herrschaftsbereich der Kommunikation zu entziehen<br />

und dadurch die Gesetze der Darstellbarkeit in die<br />

Krise zu bringen. Es ist die Macht der Kunst, die dem Realitätsprinzip<br />

das Reale entreißt. Darum weigert sie sich,<br />

sich auf einen Kompromiss mit dem gewaltsamen Extremismus<br />

der Schönheit einzulassen, und deckt deren Kompromittierung<br />

mit dem Obszönen auf.<br />

Castelluccis Werke lassen intensive physische Bilder<br />

aufsteigen, die durch die enge Beziehung zwischen Visuellem<br />

und Akustischem definiert sind. Körper-in-Figuren, Bewegungen<br />

abstrakter Objekte, Geometrien, Licht-, Musik-,<br />

Geräuschspektrografien und elektronische Tonsynthesen<br />

schaffen, völlig unhierarchisch, eine Intensität, die die Form<br />

vorgibt und sie in lebendige, begehbare Schwingung versetzt.<br />

Darum ist man bei seinem Theater nicht mit Farb-,<br />

Licht- und Formgestaltung von Figuren konfrontiert, die<br />

einem mimetischen Regime unterworfen sind. Sein Wirkungsfeld<br />

ist frei von Fiktion und Psychologie. Es gibt keinen<br />

Raum für stereotypes Mitgefühl und Nachsicht. Es ist<br />

vielmehr Emotion, in ihrer Qualität als Bewegung des Gemüts,<br />

die durch die Szene weht. Wir sehen sie, mit einer<br />

unendlichen Sehnsucht verwoben, in Inferno (2008), dem ersten<br />

Akt von Romeo Castelluccis Dantischer Trilogie, frei<br />

nach der Göttlichen Komödie. Wir berühren sie in der Affektszene,<br />

die der sanfte, mitleidsvolle Blick des Salvator<br />

Mundi des Antonello da Messina in Über das Konzept des<br />

Angesichts bei Gottes Sohn (2010) hervorruft, einem Stück, in<br />

dessen Zentrum der Mensch und seine Vergänglichkeit stehen.<br />

Als wahrer Philosoph der Bühne hat Castellucci –<br />

Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner, Licht- und Tondesigner<br />

– einer neuen Art, in unserer Zeit Theater zu denken,<br />

buchstäblich einen Körper gegeben. Seit der Gründung der<br />

Socìetas Raffaello Sanzio Anfang der 1980er Jahre beansprucht<br />

er das Recht, den gewöhnlichen Sinngehalt von<br />

Sprache aufzugeben. Seit seinen ersten Bühnenexperimenten<br />

entschärft er jegliche Praxis der Illustrierung von Text.<br />

Er durchdringt ihn allenfalls durch obsessive Lektüre, um<br />

den kritischen Punkt zu treffen, wo sich Sinn niederschlägt,<br />

wo das Wort, zerfasert vom philologischen Seziermesser,<br />

von der Bühne abtritt, um sich einen Weg durch die Wahrheit<br />

des Körpers zu bahnen. Ein Artaud’scher Körper. Der<br />

sich umstülpt und immer wieder neu zu gestalten ist. In<br />

seiner Kunst handelt Castellucci immerzu, im etymologischen<br />

Sinn, „radikal“. Er berührt die Wurzel der Dinge, um<br />

mit Tradition zu brechen und Gewohnheit abzulehnen. Das<br />

zeigt sich im weitläufigen Labyrinth seiner mythenerforschenden<br />

Epen. Man erkennt es auch schon in seinen ikonoklastischen,<br />

also auf die Zerstörung von Bildern gerichteten<br />

Anfängen, in seiner Feindseligkeit gegenüber Perspektive,<br />

die er, darin dem russischen Religionsphilosophen Floren-


Die Menschen – wenn auch nur Randfiguren<br />

der komplexen Ereignisse im Ring – sind die wahren<br />

Überlebenden der Katastrophe. Castellucci<br />

zieht diese sublime Opferliturgie durch und gibt sich<br />

schließlich dem Rausch des Falls hin.<br />

Fotografie Tanja Kernweiss Licht Benjamin Roeder<br />

131<br />

ski ähnlich, als „Untertänigkeit vor dem Existierenden“ versteht.<br />

Und schließlich wird seine Radikalität im programmatischen<br />

Verdacht gegenüber der verhängnisvollen<br />

Unausweichlichkeit des Schicksals deutlich, wie sie die attische<br />

Tragödie uns zeigt.<br />

Die erste wahre Umwälzung dieses Theaters ist gegen<br />

die Hierarchie gerichtet, die die Rationalität der Verknüpfung<br />

bevorzugt, und dies zum Nachteil der Wirkung des<br />

sinnlich Wahrnehmbaren einer Aufführung. Castellucci interessiert<br />

sich in der Tat für ein Theater, das in den Köpfen<br />

der Zuschauer Satori entstehen lässt, jenen Zustand der Erleuchtung<br />

oder Erkenntnis, von dem der Zenbuddhismus<br />

spricht. Es ist eine emotionale Gehirn-Erschütterung, die<br />

sich auf das Errichten von Theater gründet – entstanden<br />

durch eine spontan gebildete Gemeinschaft von Unbekannten,<br />

die vor einer ihnen unbekannten Welt sitzen, die sie<br />

etwas angeht.<br />

Am Anfang waren die Griechen<br />

Für Castellucci ist der Klang der kürzeste Weg zur Wahrnehmung.<br />

Klang ist. Manifestiert sich. Er trifft und berührt.<br />

Er tritt ein und räumt aus, noch bevor eine kritische Barriere<br />

aufgestellt oder eine Verteidigung aufgebaut werden<br />

kann. Der in seinem Theater vorherrschende Klangkörper<br />

bewegt sich zwischen dem gregorianischen Gesang und den<br />

physiologischen Krümmungen, die die elektronischen Prozessierungen<br />

und das organische Tonmaterial hervorrufen.<br />

Grundlegend wichtig ist der Dialog mit dem amerikanischen<br />

Komponisten Scott Gibbons, mit dem er seit Genesis<br />

(1999) zusammenarbeitet. Für Castellucci bildet der Klang<br />

die Handlung, da der Ursprung aller Klänge eng mit Materie<br />

verbunden ist. In seinen Stücken verändern die Klangwellen<br />

und die Frequenzmassen, die im szenischen Raum<br />

schwirren und ihn mit Strahlungen und Vibrationen erfüllen,<br />

die Luftspannung, setzen das Szenenbild zusammen,<br />

stellen eine Geste, ein Objekt oder eine Figur ins Licht oder<br />

in den Schatten. Wenn der Schauspieler, der in sich die<br />

Hinterlassenschaft einer Figur versammelt, eine stumme<br />

Rolle spielt, dann ist es der Klang, der bei Castellucci zur<br />

eigenen Figur wird.<br />

Der Keim der tief empfundenen Faszination Castelluccis<br />

für die Welt von Richard Wagner hat genau darin seinen<br />

Ursprung. Castellucci findet Zugang zu ihr, indem er<br />

sich auf einer musikalischen Bahn aus wahrem akustischem<br />

Genuss bewegt. In seiner Parsifal-Inszenierung am Brüsseler<br />

Opernhaus La Monnaie 2011 wird der einschmeichelnde<br />

und giftige Charakter der „unendlichen Melodie“ und der<br />

leitmotivischen Handlung des Bühnenweihfestspiels zur<br />

Arena, in der die philologischen Schürfarbeiten am Textmaterial<br />

und die philosophische Durchdringung des Meisterwerks<br />

ausgetragen werden können. Die ununterbrochene<br />

Abfolge von Motiven ist für Castellucci der unumstößliche<br />

Fixpunkt, der die Konstruktion des Bildes nach sich zieht.


Nur von diesem Ausgangspunkt her kann man die literarischen<br />

und theoretischen Quellen der letzten Wagner’schen<br />

Vision verarbeiten, nämlich Christentum, Buddhismus, die<br />

profane Legendenwelt des Grals und die Gedankenwelt<br />

Schopenhauers. Dann erst kann man sich auf eine synergetische<br />

Komposition zubewegen, die an die zeitlose Feierlichkeit<br />

der archetypischen Matrix der Gralsgeschichten heranreicht,<br />

unter der Voraussetzung, dass eine Neutralisierung<br />

ihrer anerkannten Symbole stattfindet.<br />

Was Castellucci an Wagners Opern am meisten anzieht,<br />

ist die Bildgewalt, die von einer mythischen Grundmasse<br />

ausstrahlt – zeitlos, aber von einem archaischen Gefühl<br />

durchströmt – und die in ständiger Verbindung mit der<br />

griechischen Welt steht, mit dem Mythos, der die Gemeinschaft<br />

gründet, mit der attischen Tragödie und mit ihrer<br />

Fähigkeit, die Zukunft in sich aufzunehmen. Das ist der<br />

unanfechtbare Dreh- und Angelpunkt, auf dem das<br />

Wagner’sche Werk basiert, auch wenn es auf alte skandinavische<br />

Lieder der Edda zurückgreift, auf die Sage der Nibelungen<br />

und die keltischen Erzählungen, wie die Legende<br />

des Grals und des König Arthur. Es ist das Bewusstsein,<br />

dass das westliche Theater auf der attischen Tragödie basiert<br />

und dass es unmöglich ist, ein eigenes Werk zu beginnen,<br />

wenn man keine Verbindung zur griechischen Kunst<br />

hat, die – wenigstens für den revolutionären Wagner der<br />

Traktate aus den Jahren 1849–51 – damit beginnt, dass sich<br />

die pólis in der Vision der Athener Bevölkerung durchsetzt.<br />

In Castelluccis Theater findet sich das Universalmerkmal<br />

des Mythos als materielle Ausarbeitung des ansonsten<br />

Unsagbaren, dessen, was die Apologie des Ursprungs<br />

verweigert, das aber im Gegenzug den Hinweis auf einen Ort<br />

liefert, der einem Ursprung entstammt. In diesem Sinne<br />

setzt sein Theater einen dynamischen Prozess in Gang, der<br />

unerbittlich ein mythisches Potenzial neu erschafft, das in<br />

den Körpern und in der sensiblen Bühnenwelt steckt. Es<br />

schafft nämlich einen Rahmen für das, was nie geschehen<br />

und doch immer ist.<br />

Dämmerung mit Zuschauer<br />

Romeo Castellucci<br />

Im Inneren der Allerheiligen<br />

Hofkirche erscheint<br />

ein kreisrunder Hohlraum<br />

auf einer weißen Wand.<br />

Er scheint auf die makellos<br />

weiße Oberfläche<br />

aufgesetzt, wie Druckfarbe<br />

auf einem Blatt Papier,<br />

beinahe schwerelos.<br />

In Dämmerung greift Romeo Castellucci auf das Motiv des<br />

als Kreis schematisierten Auges zurück. Die Handlung entwickelt<br />

sich innerhalb eines direkten und eindeutigen Bezugs<br />

zum letzten Bild des Wagner’schen Zyklus Der Ring<br />

des Nibelungen. Das Armageddon der nordischen Mythologie<br />

geht unter auf dem Scheiterhaufen aus Welteschenzweigen,<br />

Walhall brennt, das Ende wird durch die<br />

Rückführung des Rings auf den Grund des Rheins besiegelt.<br />

In der Götterdämmerung, dem wirkungsvollen Schlussteil<br />

der Tetralogie, wird gleichzeitig der Untergang der einen<br />

Welt und das Entstehen einer neuen gezeigt. Der Verfall<br />

des nordischen Pantheon und seiner hierarchisierten Gesellschaft,<br />

die in Brünnhilde eine leuchtende Märtyrerin<br />

gefunden hat, prägt die Schlussszene der totalen Zerstörung,<br />

in der jedoch eine Chance steckt: Die Menschen –<br />

wenn auch nur Randfiguren der komplexen Ereignisse<br />

– sind die wahren Überlebenden der Katastrophe. Castellucci<br />

zieht diese sublime Opferliturgie mit ihrem apokalyptischen<br />

Charakter durch und gibt sich schließlich dem<br />

Rausch des Falls hin. Eine totale Unterwerfung, unumgänglich,<br />

objektiv zur Logik der Schwerkraft.<br />

Im Inneren der Allerheiligen Hofkirche erscheint<br />

ein kreisrunder Hohlraum auf einer weißen Wand, die die<br />

Apsis vom Mittelschiff trennt. Sein Profil ist verschwommen,<br />

fast unsichtbar. Er scheint auf die makellos weiße<br />

Oberfläche aufgesetzt, wie Druckfarbe auf einem Blatt Papier,<br />

beinahe schwerelos. Man hat den Eindruck einer<br />

Wand, die durch die Kirchenfassade bricht, wobei gleichzeitig<br />

die Rosette nach innen gedrückt zu werden scheint.<br />

Dieses Loch also sprengt die Architektur und löst sie auf.<br />

Die Rosette, Auge der Erkenntnis, transzendentale Lichtquelle,<br />

Symbol des menschlichen Lebenszyklus, ist in ein<br />

neues radiozentrisches Schema kopiert, wo sie zweidimensional<br />

erscheint, ohne Tiefenschärfe, in ihrer Eigenschaft<br />

als tragendes Grundgerüst der Konstruktion entwertet.<br />

Aber was fixiert dieses Riesenauge, in seiner Ent-<br />

Rückung? Der Kreis nimmt, von Zeit zu Zeit oder in einer<br />

Art heftigen Kontraktion, die schnellen Flugbahnen menschlicher,<br />

von oben herunterfallender „Geschosse“ auf. Das<br />

kreisrunde Profil fixiert also das Schreckbild eines plötzlich<br />

unterbrochenen Sturzflugs kurz vor dem Aufprall – ein<br />

Goldregen von Körpern, die eine Bewegung aufnehmen, die<br />

die Vorstellung einer unendlichen Auflösung in den Vordergrund<br />

rückt. Eine Auflösung, die Fragen aufwirft und das<br />

Auge des Betrachters alarmiert.<br />

Dieser Zwangseinzug von Schreckgespenstern auf ihrer<br />

vertikalen Flugbahn nach unten beschwört die aufwärts<br />

gerichtete Bewegung zu Gott herauf – wozu die Kirche einlädt<br />

–, um ihr Gegenteil aufzufangen, nämlich den Absturz<br />

in den menschlichen Zustand. Doch dieser Opferweg, der<br />

der Opfergesinnung vieler Wagner-Figuren ähnelt wie auch<br />

der Schopenhauer’schen Auflösung der Verbundenheit mit<br />

dem Leben, dieser Opferflug hebt die Vernichtung auf und<br />

behält nur ihre vitale Intensität zurück. Es entsteht die<br />

Figur eines Ende ohne Ende im Sinne eines Telos ohne Telos,<br />

die nicht erklärt werden will, sondern der reine katastrophale<br />

Kollaps ist. So wird das allmähliche Dahinschwinden<br />

einer Sinnkatastrophe fassbar und unabwendbar.<br />

Rätselhafte Tiefe einer bildstarken Figur, in der höchste<br />

Brutalität und höchste Zurückhaltung zusammentreffen.<br />

Dieses optische Diaphragma zeigt eine weitere subversive<br />

Kraft. Es hält den Zuschauer in einem Spiel der Blicke,<br />

wo er schon-immer war, gefangen. Er ist ein Gesehener,<br />

bevor er zum Seher wird. Das beinhaltet, dass man sich<br />

einem äußeren, objektivierten Blick ohne Betrachter aussetzt.<br />

Vor dem Hintergrund des Schlussbildes der Götterdämmerung<br />

kommen einem die Worte des Lukrez in den<br />

Sinn, als er in De Rerum Natura feststellt: „Süß ist’s, anderer<br />

Not bei tobendem Kampfe der Winde auf hoch wogigem<br />

Meer vom fernen Ufer zu schauen; nicht als könnte<br />

man sich am Unfall andrer ergötzen, sondern dieweil man<br />

es sieht, von welcher Bedrängnis man frei ist“ (II,1-4). Irgendetwas<br />

hier verstärkt die Unruhe.<br />

Castellucci stellt also mit Dämmerung eine Vorrichtung<br />

für das Auge her, die eine emotionale Verbindung mit<br />

dem Zuschauer knüpft, der sich im Sehfeld befindet. Es handelt<br />

sich um eine poetische Vision von einem Gegenstand<br />

für den Sinneseindruck, die eine Begegnung mit dem Realen<br />

ermöglicht, d. h. mit etwas, was in seiner Irreduzierbarkeit<br />

auf einen Sinn in Schwindel versetzt.<br />

Nothung/Nothing<br />

„Nothung“ ist der Name, den Richard Wagner im Ring des<br />

Nibelungen dem Schwert gegeben hat, das Wotan Siegmund<br />

bei Sieglinde in Hundings Hütte finden lässt. Durch den<br />

Speer mit den heiligen Runen wurde es, als Strafe für die<br />

Schande des Inzests, zerbrochen und kann nur von einem<br />

„furchtlosen Helden“ neu geschmiedet werden. Mit ihm<br />

durchbohrt Siegfried das Herz des Drachen Fafner, holt das<br />

Rheingold zurück und, indem er Wotans Speer zerstört, signalisiert<br />

er die bevorstehende Umwälzung der Weltordnung,<br />

was durch den Scheiterhaufen der Götter am Schluss<br />

besiegelt wird. „Nothung“ bedeutet „Notwendigkeit“.<br />

Romeo Castellucci entnimmt dieses Waffensymbol<br />

der Wagner’schen Szene, überführt es in den Titel seines<br />

eigenen Kunstwerks und komponiert sein eigenes „Schwertmotiv“.<br />

In der Installation Nothung wird einer der emblematischsten<br />

Gegenstände des ganzen Nibelungen-Zyklus<br />

sinnentleert. Er wird wortwörtlich von dem Schwarm genealogischer<br />

Beziehungen, die die nordischen Sagen mit den<br />

Wagner’schen Neudichtungen verbinden, abgelöst. Diese<br />

Herausnahme hat zunächst den Wert einer Geste, die den<br />

symbolischen Wert des Objekts gleichzeitig erweitert und<br />

entmachtet, Nothung schläft hier auf einem Totenbett. Es<br />

ist dem Abschied nahe. Die plastische Wucht seines schweren<br />

Marmorsockels wandelt die Würde einer Tribüne in die<br />

Zurschaustellung einer Reliquie. Die Geste eines Angebotes<br />

an den Blick schließt paradoxerweise den Eindruck eines<br />

prekären Ortes ein.<br />

Dieses als Schwert für mittelalterliche Turniere geschmiedete<br />

Stück Metall, das in seinen rhetorischen Sockel<br />

zurückgefallen ist, ist kein konfliktfreier Gegenstand. Denn<br />

hier nimmt tatsächlich die Falle einer funktionalen Perversion<br />

Gestalt an. Es glüht. Kaum wahrnehmbar. Es entfesselt<br />

sich eine unsichtbare Energie. Es ist ein Bild, das die<br />

133<br />

Romeo Castellucci gründete 1981 mit Gleichgesinnten die in Cesena<br />

beheimatete Socìetas Raffaello Sanzio. Mit dem von ihm geleiteten<br />

Theaterkollektiv realisierte er fast all seine künstlerischen<br />

Arbeiten, bild- und klangmächtige Aufführungen im Grenzgebiet<br />

von Theater, Performance und Installation, die seit vielen<br />

Jahren immer wieder auf allen wichtigen Theaterfestivals zu sehen<br />

sind. Im Herbst 2011 wurde im Rahmen des Festivals Spielart die<br />

umstrittene Produktion Sul Concetto di volto nel Figlio di Dio<br />

(Über das Konzept des Angesichts bei Gottes Sohn) in den Münchner<br />

Kammerspielen präsentiert. The Four Seasons Restaurant<br />

nach Nathaniel Hawthornes The Minister’s Black Veil wird diesen<br />

Sommer beim Festival d’Avignon Premiere haben. Ende August<br />

kommt in Duisburg das für die Ruhrtriennale 2012–2014 entstehende<br />

FOLK zur Aufführung. 2011 inszenierte Castellucci am<br />

Brüsseler Opernhaus La Monnaie Richard Wagners Parsifal.<br />

Purgatorio, Festival d’Avignon 2008.<br />

Foto Luca Del Pia


Kraft des Aufwallens in sich hat, eines „grimmigen Zorns“,<br />

das den scharfen Geruch von Gewalt kondensiert, das Verbranntes-Land<br />

macht. Darüber hinaus stellt es die absolute<br />

Nicht-Eignung der Waffe heraus und kompromittiert<br />

ihre ratio agendi: Es wird ihr die Schnittfähigkeit abgesprochen,<br />

die Körper vervielfacht; und zwar die Schnittfähigkeit,<br />

die sogar einen Amboss entzweien kann.<br />

Das Objekt steckt also in einer Pose fest. Es ist unverrückbar<br />

in jenen, wegen des Wiedererkennungswerts<br />

emblematischen, Schlund gesteckt, in dem Siegfried die<br />

zwei Metallstücke zusammenschmilzt, die der Zwerg Mime<br />

vergeblich versucht hatte zusammenzufügen.<br />

Ein derartiges „Feststecken“ bedeutet, dass es sich um ein<br />

Schwert handelt, das niemand zücken kann. Es ist machtlos.<br />

Es ist nichts. „NOTHING“ ist der auf dem Marmor eingravierte<br />

Name.<br />

Die ursprüngliche Entsprechung zwischen dem Namen<br />

und dem Ding ist verflogen. Sie ist durch ein atomares<br />

Sprachteilchen auf anderes verschoben: „I“ ersetzt „U“. Diese<br />

interne Grenzverletzung des Worts aktiviert einen Widerstand,<br />

eine Differenzialenergie, die das Schreckgespenst<br />

aufnimmt. Das Fetischobjekt des Ring, das mit mythologischen<br />

Verweisen schon übersättigt ist, wird trüb, wegen des<br />

Durchbruchs eines Sinns unter dem Sinn, weil es von einer<br />

Negation bedrängt wird.<br />

Der Raum, der zwischen den Buchstaben frei wird,<br />

und ebenso der zwischen „Nichts“ und „Schwert“ ist kein<br />

Topos, noch ist beider Beziehung dialektisch. Wir stehen<br />

nicht vor einer (rhetorischen) Figur der Ersetzung. Der<br />

Kurzschluss der zwei Begriffe lebt von den Brechungen eines<br />

inneren Nachhalls. Es ist wie das Ingangsetzen einer<br />

Klangfolge, die unvorhersehbare, unbewusste Beziehungen<br />

zwischen der Geschichte des in die Begebenheiten der Nibelungen<br />

verstrickten Schwerts, der Wiederbestätigung des<br />

symbolischen Wertes des Schwerts tout court und seiner Negierung<br />

mit ins Spiel bringt.<br />

Die semiotische Kontraktion bringt das der Wagner-<br />

Welt entnommene Objekt an die Oberfläche und, indem es<br />

darübergestellt wird, löst es ein Nehmen aus. Aber dieses<br />

Nehmen geht mit dem Gezeigt-werden einher und beweist die<br />

Erwartung eines definitiven Widerrufs. So wie ein in einem<br />

Schaufenster ausgestellter Gegenstand evoziert, dass er dort<br />

ist, weil er wieder-herausgenommen werden soll, dort, um<br />

nicht mehr dort zu sein. Hier stellt sich die Negation wie ein<br />

nicht entfernbares Residuum eines Daseins ein – das, was<br />

übrig bleibt, wenn alles verschwunden ist, da im Abgrund<br />

des Nichts irgendetwas in anonymer Form weitermurmelt.<br />

Das, was Castellucci in Nothung realisiert, ist die intentionale<br />

Konstruktion eines geistigen Objekts, das einen<br />

Mangel als Antrieb für mögliche Sinnzuschreibungen bewahrt,<br />

sozusagen als Bedingung für Schöpfung.<br />

Aus dem Italienischen von Raffaella Marini<br />

Mehr über die Autorin und die Fotografin auf S. 18<br />

Dämmerung<br />

Szenische Installation von Romeo Castellucci<br />

Mittwoch, 27. Juni, bis Sonntag, 1. Juli 2012,<br />

Allerheiligen Hofkirche<br />

Weitere Informationen im Spielplan ab S. 209<br />

„Nothung! Nothung!<br />

Neidliches Schwert!<br />

Nun schmolz deines Stahles Spreu!<br />

Im eignen Schweiße<br />

Schwimmst du nun.“<br />

Romeo Castellucci<br />

A.#02 AVIGNON, zweite Episode der<br />

Tragedia Endogonidia, Festival d’Avignon<br />

2002.<br />

Foto Luca Del Pia<br />

Exklusive Haarpflege und Kosmetik.<br />

In ausgesuchten Friseur – Salons: www.labiosthetique.de


STIRB UND KOMM WIEDER<br />

Träumerei zu Themen von Die Walküre<br />

Von Brigitte Paulino-Neto<br />

1<br />

Am Steuer seines roten Mercedes, desselben, den seinerzeit Betty Freeman in Paris an den<br />

Jardins de l’Observatoire fotografierte, hat Pierre nicht mehr dieses Lächeln.<br />

Da, wo er den Wagen nämlich heute manövriert, behält er den bleiernen Himmel im Blick,<br />

das langsame Aufkommen des Sturms, ganz wie ein Flugkapitän, der das Auftreten einer<br />

Turbulenz voraussieht, die Größe der Luftlöcher einschätzt, die Angstreaktionen der Fluggäste<br />

im Griff hat und Mittel und Wege kennt, sie zu beruhigen.<br />

Auf so schmaler Landstraße, in gebirgiger und wilder Gegend, nimmt auch Patrice, der rechts<br />

neben ihm sitzt, das ansteigende Adrenalin dieses Frühlingssturms wahr. Sein Körper hat<br />

längst genug Elektrizität aufgenommen, um jedem, der ihn jetzt mit dem Finger berühren<br />

würde, einen tödlichen Stromschlag zu versetzen.<br />

Hingesunken, auf der Rückbank fläzend – dabei ganz die Odaliske, die sich ihrer Sonderstellung,<br />

wie sie einem Idol gebührt, stets bewusst ist –, gibt Richard seltsame Laute von<br />

sich: mal wie ein Waldhorn, mal heiser, mal mit Kopfstimme, wobei das gehetzte Schnarchen<br />

natürlich zu Missklängen führt.<br />

Nun hat Pierre nichts gegen Missklänge. Wer allerdings mit dem Fluch belegt ist, den man das<br />

„absolute Gehör“ nennt, der vermag durchaus in Richards Schlaf wie in einer Partitur zu lesen.<br />

So sucht er darin nach einer Linie, einem Leitmotiv, und bis jetzt findet er dergleichen nicht.<br />

Unter diesen besonderen Umständen, nämlich denen eines Maisturms – und Maistürme sind<br />

die heftigsten! –, erachtet Pierre seinen schläfrigen Passagier im Fond für vernachlässigbar.<br />

Mit der Linken hält er entschlossen das Steuer. Mit der Rechten dirigiert er mühelos den<br />

Sturm, versucht, die Aufregung der Hörner zu bändigen, das unpassende Seufzen der Streicher,<br />

die zu unkontrollierter Explosion neigenden Zimbeln. Die Hand bemüht sich, Ordnung<br />

in das Getöse zu bringen, das Schlagzeug zu beruhigen, die Bläser zu befrieden und die hysterischen<br />

Gegenwinde dazu zu bringen, sich in einem kristallinen Niederschlag aufzulösen.<br />

Will sagen, er gibt den Takt vor.<br />

Das plötzliche Vorpreschen solch gegensätzlicher Töne; nur das ist es, was ihn wirklich interessiert.<br />

Solcher Töne nämlich, die dem Fallbeil der Windschutzscheibe entrinnen und dem,<br />

was dort, von den Wischerblättern hingespien, zerschellt und stirbt. Dem Staub zerfetzter<br />

Insektenflügel treibt er jedes Pathos aus. Man braucht den Sturm nicht zu interpretieren,<br />

braucht ihn nichts anderes sagen zu lassen, als was man hört: eine schallende Explosion.<br />

Kakofonie. Lärm.<br />

Zwischen dem Mond links, den der Sturm manchmal verschwinden lässt, und dem Wald<br />

rechts, Sturm und Drang, sieht sich Patrice von tiefer innerer Not ergriffen, wie ein Schwert<br />

in seiner Seite.<br />

Ohne die Kontrolle über seinen roten Mercedes und den aufziehenden Frühlingssturm zu<br />

verlieren, gibt Pierre ihm mit bewusst ausdrucksloser Stimme zu bedenken, dass das Wort<br />

„Mond“ auf Deutsch eigenartigerweise männlich, aber weiblich in fast allen anderen westlichen<br />

Sprachen ist.<br />

Als die Mondsichel wieder einmal im Sturm verschwindet, erwähnt Pierre zudem den<br />

„schwarzen Mond“ und dessen androgynen Charakter, seine zugleich männliche und weibliche<br />

Natur. Und während er weiter den Sturm dirigiert, nicht um ihn freundlich zu stimmen,<br />

sondern um ihm seine kosmische Kohärenz wiederzugeben, äußert Pierre noch den Gedanken,<br />

dass das überschäumende Begehren der Sonne und des Mondes seinen Höhepunkt im<br />

Inzest erreicht.<br />

„Der Veränderlichkeit seiner Erscheinung wegen gilt der Mond als unbeständig, mit dem<br />

Stempel des Provisorischen versehen … So betrachtet, bezeichnet der Inzest die Stufe unmittelbar<br />

vor der Vereinigung der Gegensätze“, fügt er hinzu, während auf der Rückbank<br />

Richard, der sich von seiner Kurtisanen-Schläfrigkeit zu befreien versucht, tatsächlich Anzeichen<br />

halluzinierenden Wachwerdens zeigt.<br />

„Deshalb“, schließt Pierre, „gibt es eine Philosophie des Mondes, die ihren Ausdruck in der<br />

Maxime ‚Stirb und komm wieder‘ findet.“<br />

„Stirb und komm wieder“: Diese Formulierung lässt Patrice mit Tagträumen zurück.<br />

„Was den ‚finsteren Wald‘ angeht – und das ist ja beinah ein Pleonasmus –“, fährt Pierre fort,<br />

und zwar zum ersten Mal wieder mit jenem Lächeln, das er, viele Jahre zuvor, Betty Freeman<br />

schenkte, als sie ihn für die Ewigkeit ans Steuer seines roten Mercedes bannte, „so ist dieser<br />

Wald, ganz im Gegensatz zu jener simplistischen Vorstellung, die in den Hochwäldern eine<br />

riesige Ansammlung phallischer Totems sehen will, der eigentliche Ort eines Orientierungsverlusts.<br />

Der Mann zögert, in diesen Bereich des Unbewussten vorzudringen.“<br />

Und trotz allem, was im Lot zu halten Pierre sich selbst verpflichtet hat – nämlich das Steuer<br />

zu halten inmitten der Bö, die chaotische Manifestation eines Sturms zu ordnen, die Passagiere<br />

zu beruhigen –, findet er noch die Gelegenheit, dem auf dem Beifahrersitz festgefrorenen<br />

Patrice einen wohlwollenden Blick zu schenken, bevor er schließt: „Der Wald ist das Symbol<br />

einer beunruhigenden Weiblichkeit; wir sind auf uns selbst gestellt, wenn wir ihn erkunden.“<br />

„Wir sind auf dem richtigen Weg!“, ruft Richard von hinten, plötzlich geräuschvoll sich<br />

schüttelnd.<br />

„Welch ein Glück“, sagt Patrice, „nämlich, wir sind verloren!“<br />

„Genau das wollte ich damit sagen“, versetzt Richard. „Verloren zu sein bedeutet, dass man<br />

auf dem rechten Weg ist; damit ist es der Spiegel der menschlichen Not selbst.“<br />

Unvermittelt stößt Patrice, der seine Benommenheit überwunden hat, ganz erschrocken einen<br />

Finger gegen die Windschutzscheibe: „Pierre, Vorsicht! Ein Tier, ein Wolf, ein Mensch<br />

mitten auf der Fahrbahn …!“ Und ohne, dass es ihm bewusst wäre, sind diese Worte denen<br />

nicht unähnlich, die Brangäne Tristan und Isolde zuruft:<br />

„Habet acht! Habet acht! Bald entweicht die Nacht!“<br />

2<br />

Pierre bremst ab. Die Kreatur steht tropfend im Regen, mitten auf der Fahrbahn. Erstarrt,<br />

krumm, die Haltung eines Tieres oder eines Menschen in äußerster Bedrängnis. In diesem<br />

Moment fällt der Regen so dicht, dass Patrice, als der Wagen auf Höhe des Mannes ist, ohne<br />

ein Wort die Beifahrertür öffnet. Der Mann stürzt herein. Auf einen Schlag verändert sich<br />

die Luftfeuchtigkeit des Innenraums; die Innentemperatur fällt ab, Dunst lässt alle Scheiben<br />

erblinden und bringt die ultraperfekte Klimaanlage von Pierres rotem Mercedes ins Straucheln.<br />

Seine Ankunft hat die wohlige Atmosphäre in sich zusammenbrechen lassen: Dieser<br />

Mann ist ein Eisblock – geeignet, sich daran einen Schnupfen zu holen.<br />

Nachdem er den Wagen zum Stehen gebracht hat, schaltet Pierre mit besonnener Geste die<br />

Belüftung ein und schiebt den Heizungsregler auf maximale Leistung. Dabei beugt er sich<br />

vor, wobei er dem Mann ins Gesicht schaut, im Rückspiegel Richards Blick erfasst, Patrice<br />

ansieht. Mit anderen Worten, jeder schaut jeden an, und alle mit Ausnahme des Eindringlings<br />

sind sprachlos ob der unglaublichen Ähnlichkeit des Unbekannten mit Patrice: ein<br />

Doppelgänger, würde er nicht so elend aussehen. Doch über das Erstaunen hinaus, in das<br />

diese Ähnlichkeit Pierre und Richard versetzt, empfindet Patrice augenblicklich ein tiefes<br />

Mitgefühl mit dem Fremden, und er denkt: Da ist sehr viel mehr als nur das – ein Zwilling.<br />

Eineiig oder zweieiig? In der gleichen Fruchtblase entstanden oder in einer anderen?<br />

Gleicher Genus oder verschiedene Geschlechter? Siamesisch oder dyadisch? – Und in seiner<br />

Verstörtheit fällt ihm nicht etwa ein Vers von Marivaux ein, wie man es erwartet hätte, auch<br />

keine Worttirade von Bernard-Marie Koltès; nicht einmal eine Passage aus dem Totenhaus,<br />

sondern dieser Vers von Tagore:<br />

Hier ist dein Schemel, dort ruhn deine Füße, wo die Ärmsten und Niedersten, wo die Verlorenen<br />

leben. *<br />

„Willkommen, du Erwählter des Unglücks – wie kaum zu übersehen ist“, poltert Richard.<br />

„Und wohin führt uns jetzt dein Elend?“<br />

Doch die Antwort des Landstreichers ist kaum vernehmbar, so sehr klappert er mit den<br />

Zähnen, während Pierre die Fahrt durch den Sturm wieder aufnimmt.<br />

136 137<br />

* Erste Verse des 10. Gesangs des Gitanjali von dem bengalischen Dichter Rabindranath Tagore.


Lange noch fahren sie durch die Nacht, ohne auf eine lebende Seele zu stoßen, weder auf<br />

einen Weiler noch auf ein Dorf. Da es spät geworden ist, haben alle den gleichen Gedanken:<br />

dass man auf eine Herberge kaum noch hoffen kann; alle außer dem Unbekannten, der sich<br />

nichts zu fragen scheint und nichts erhofft.<br />

Da ist dieses Gefühl von Patrice, dass der Mann, der sich auf dem Beifahrersitz eng an<br />

ihn schmiegt, sein Bruder ist, seine Schwester – oder ein anderes Ich? Die überwältigende<br />

Jugend und Schönheit dieses Mannes, eben die Art von Schönheit, die ohne Ansehen des<br />

Geschlechts zu einem sehr jungen Mann wie auch zu einem sehr jungen Mädchen passt, ruft<br />

ihm eine Szene aus Wie es euch gefällt in Erinnerung.<br />

Orlando, liebestoll nach Rosalinde entflammt, wird in die Wälder verbannt, in eben jene<br />

Wälder zu unserer Rechten, aus denen der Unbekannte aufgetaucht ist gleich einem Wolf.<br />

In diesen Wäldern aber finden sich Orlando und Rosalinde, Patrice kennt die Stelle auswendig.<br />

Ebenso weiß er, dass Rosalinde in diesen Wäldern, als Junge verkleidet, Orlando<br />

verführt, der wiederum ihr von seiner Liebe zu Rosalinde erzählt, eben einem Mädchen …<br />

Trotz des Fahrkomforts im vorderen Teil des Mercedes, in dem zwei Beifahrer, ohne sich<br />

gegenseitig zu beengen, alle Manöver des Fahrers bequem ertragen, sind die fest an Patrice<br />

gepressten Klamotten des Unbekannten so sehr mit Regen, mit Schweiß, mit Angst gesättigt,<br />

dass die feine Textur des weißen Leinens, aus dem, tadellos passend zur Saison, Patrices<br />

bequeme und leichte Kleidung geschnitten ist, schließlich einen Teil dieses Wassers, dieses<br />

Regens, dieser Angst aufgesogen hat, und zwar so viel davon, dass man das Ganze wie ein<br />

Papiertaschentuch nach einem Nervenzusammenbruch entsorgen möchte. Die Affinität zwischen<br />

den beiden wächst dabei in gleichem Maße: Sie zittern gemeinsam; sie empfinden die<br />

Kälte zusammen und ebenso die Wohltat einer – mittels der perfekten Technik von Pierres<br />

tadellosem roten Mercedes – kontrolliert verteilten Wärme.<br />

Hinten, auf seiner Ottomane, radebrecht Richard weiterhin sein Kauderwelsch aus unverständlichen<br />

Satzfetzen, unter denen einzig vielleicht eine Bemerkung Sinn macht, die er auch<br />

aus Patrices Gedanken hätte herauslesen können: „Was Die Schule der Liebenden uns lehrt,<br />

ist dieses: dem Wunsch der Jugend nach unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung zu entsagen.“<br />

Lässt es wirken, um sich gleich danach mit boshafter Andeutung darüber zu empören, dass<br />

man den Untertitel von Così fan tutte ja nur allzu oft vergisst.<br />

3<br />

Endlich taucht links der schmalen Landstraße ein Gemäuer auf, und augenblicklich biegt<br />

Pierre ab, um direkt neben einer Esche zu parken.<br />

Esche? – „Eine konsequente Wahl“, so Richards Kommentar, während er langsam aus seiner<br />

Lethargie herausfindet – und gar nicht daran denkt, sich für den Aberwitz zu entschuldigen,<br />

dass während der ganzen Herumfahrerei einzig ihm die Bequemlichkeit der gesamten Rückbank<br />

des Mercedes zugutekam.<br />

Eine grellrote Leuchtreklame, wie die eines Stundenhotels, blinkt am Giebel des Etablissements.<br />

Zu lesen ist Walhall, doch das liegt daran, dass die Schrift beschädigt ist: Wegen eines<br />

blank liegenden Kabels beschränkt sich das abschließende „a“ darauf, mit Unterbrechungen<br />

vor sich hin zu knistern. Keiner der vier Reisenden hat sich dem Gemäuer bisher genähert;<br />

keiner von ihnen weiß, ob ihnen wie auf den Pilgerfahrten vergangener Zeiten Unterkunft<br />

und Verpflegung zugesichert werden können.<br />

Ungeachtet der sie alle quälenden Ungewissheit hinsichtlich des sehnlichst empfundenen<br />

Wunsches nach einer warmen Bleibe, nach halbwegs sauberem Bettzeug, nach einer dieser<br />

Suppen, in denen der Löffel aufrecht stehen bleibt, tut Richard sehr empört und will jetzt<br />

alle als Zeugen einer Dissymmetrie in der hohen Fassade in die Pflicht nehmen.<br />

„Ein unverzeihlicher architektonischer Fehler“, versteigt er sich, wobei er kindisch mit dem<br />

Fuß aufstampft.<br />

„Wenn man dieses Walhall oder Walhalla so weit oben anbringt, lässt das doch wohl einzig<br />

die Vermutung zu, dass es eben nur die Dachböden sind, die als Herberge dienen. Oder als<br />

Bumslokal, winstub, Bordell, was weiß ich, Schmutzzeug einer gewissen Art – oder was es an<br />

Verruchtem noch so darstellen könnte; und dass wir erst ein bürgerliches Privathaus im Stile<br />

‚gepflegt und anständig‘ durchqueren müssten, um dann über eine schmale Wendeltreppe<br />

zu jener halbseidenen Mansarde zu gelangen, in der man sich vielleicht dazu herabließe, uns<br />

einen schlechten Wein zu überhöhtem Preis anzubieten!“<br />

„Einmal ganz abgesehen von dem Risiko“, fährt er fort, „dass wir uns dort plötzlich mit einem<br />

Kruzifix zwischen den Schulterblättern wiederfinden könnten, aufgespießt einzig wegen<br />

der drei Eurocent in unseren Hosentaschen oder als Dank für unsere goldenen Kreditkarten.“<br />

„Nehmt mir die letzte Bemerkung nicht übel!“, meint er unvermittelt hinzufügen zu müssen,<br />

offenbar bezogen auf den armen Schlucker, den sie unterwegs aufgelesen haben und der<br />

ganz offensichtlich nicht einmal ein gültiges U-Bahn-Ticket besitzt, oder auch nur ein Taschentuch,<br />

sein Elend aufzuwischen.<br />

4<br />

„Wir haben Sie erwartet“, stößt der Mann hervor, welcher jetzt den Verirrten dieser Sturmnacht<br />

seine Tür aufsperrt. Er fügt hinzu, in seiner Eigenschaft als Herr dieser Örtlichkeiten<br />

sei er dazu da, seinen Gästen jeden Dienst zu erweisen.<br />

„Was meinen Sie damit: Sie haben uns erwartet?“, fragt Pierre ohne übertriebene Verwunderung.<br />

„Nur um zu wissen.“<br />

„Bei uns hier draußen“, beginnt der Mann, welcher deutlich besser angezogen scheint, als<br />

man es an solchem Ort erwarten würde (einem Ort, um es vorsichtig zu sagen, der nichts von<br />

alledem aufzuweisen hat, womit sich ein beliebiges Urlaubsziel sonst schmücken würde). „Bei<br />

uns hier draußen“, fährt er fort, „kennt man ein untrügliches Omen.“<br />

Und während er die vier Männer ins Haus bittet, nicht ohne jeden Einzelnen dabei mit dem<br />

argwöhnischen Blick eines Blockwarts, der jemanden in flagranti ertappen will, von oben bis<br />

unten zu mustern, berichtet er davon, wie sich vorhin, als er sich mit seiner jungen Gattin zu<br />

Tisch gesetzt und gerade den Wein eingeschenkt habe – zuerst sich selbst, dann seiner Frau,<br />

wie er betont, um die Rangfolge klarzumachen, die er in diesem Haus respektiert sehen will<br />

–, im Flaschenhals auf einmal ein Ring gebildet habe; ein Ring, der lang genug Bestand hatte,<br />

um unmissverständlich einen Besuch anzukündigen. „Guter oder schlechter Besuch, das ging<br />

nun aus dem Omen nicht hervor“, schiebt er mit zweideutigem Lächeln hinterher.<br />

„Aber nehmen Sie doch Platz“, beeilt er sich hinzuzufügen, indem er sie an eine Tafel bittet,<br />

wo sich bereits andere Besucher – Fremde? Stammgäste? Vertraute? – niedergelassen haben.<br />

Wie man es stets bei Neuankömmlingen beobachten kann – hier sind es jetzt also vier –,<br />

drängt es sie ganz unwiderstehlich zu der- oder demjenigen hin, welcher von den Anwesenden<br />

tatsächlich auf einen Unbekannten gewartet oder Unbekanntes ersehnt hat. Eine<br />

Ausnahme machen da nur Ankömmlinge vom Schlage der Misanthropen, die natürlich schon<br />

ihren Alkoven ausgemacht haben, in den sie sich hinein ducken können – um anwesend zu<br />

sein, ohne da zu sein.<br />

Pierre, der den anderen vorangeht, nimmt sogleich an der Seite eines wunderbaren alten<br />

Mannes Platz – eines Greises vom Schlage „Patriarch“ oder „Gott“, aber wo ist da der Unterschied?<br />

–, und als der sich erhebt, um ihn zu begrüßen, kann Pierre erkennen, dass dem Alten<br />

einseitig das Augenlicht fehlt. Warum gefällt Pierre ein solches Detail? Ein Zeichen von Weisheit:<br />

Bei einem Einäugigen stehen die Chancen gar nicht so schlecht, dass er ein Seher ist.<br />

Eine Viertelsekunde hatte Patrice gezögert; die Haltung des Greises, neben dem sich Pierre<br />

niedergelassen hat, fand auch er anziehend. Doch sah er sich zugleich einer noch größeren<br />

Anziehungskraft ausgesetzt, und die ging nicht allein nur von dem auf der Landstraße aufgelesenen<br />

Habenichts aus und war ihrem heimlichen Einverständnis geschuldet; gleichermaßen<br />

nämlich fühlte er sich zu der so jungen Frau hingezogen, die der Gastgeber als seine Gattin<br />

bezeichnet hatte; was übrigens Patrice, auch wenn er dafür nicht den geringsten Beweis<br />

hätte anführen können, unter der Rubrik „unglückliche Verbindungen“ zu verbuchen geneigt<br />

war. Ihm schien diese junge Frau, die mit einem feengleichen Vornamen ausgestattet war,<br />

nichts anderes als die weibliche Ausführung seines Leidensgefährten. Alle drei, Patrice, der<br />

Wolfsmensch und die sehr junge Gattin ihres Gastgebers, schienen wie Varianten ein und<br />

desselben Porträts mit unsicherem Genus: Die junge Gattin ihres Gastgebers wäre als ein<br />

als Mädchen verkleideter Junge durchgegangen; der Landstreicher hätte auch ein in Lumpen<br />

gehülltes Mädchen sein können. Bei Patrice selbst trafen ja Sanftmut, Hilflosigkeit, Verwegenheit<br />

und Schamhaftigkeit auf eine innere Neigung, die unwiderstehlich zum Umgang mit<br />

den Reinen oder den Mördern drängt.<br />

So kam es, dass sich nun Patrice, gefolgt vom Wolfsmenschen, zu der jungen Gattin des Gastgebers<br />

begab, als seien sie zu ihrer Eskorte bestellt; beide ahnten längst, dass sie die Geisel<br />

dieses Rüpels war, der die Männer empfangen hatte.<br />

138 139


* „Como es mejor el verso aquel que no podemos recordar“ aus dem Lied Vete de mi der Brüder Virgilio und Homero Expósito.<br />

Richard seinerseits bezog am Ende des Tisches Quartier, abseits der anderen. Kaum hatte<br />

er aus der Gesäßtasche einen Füller hervorgebracht, hörte man ihn nicht mehr vor sich hin<br />

schimpfen – darauf bedacht, einen Wust an Zetteln zu ordnen, die bereits mit einer unleserlichen<br />

Schrift bedeckt waren. Was er vorhatte? Sich Notizen zu machen.<br />

5<br />

„Zwei Morgen von hier, in einer benachbarten Gegend“, kommentierte der prächtig gekleidete<br />

Gastgeber, „ist es Sitte, aus den Tischschubläden zu essen. Dem Besucher, der sich vorstellt:<br />

dem Armen, dem Bedrückten“ – und dabei lastete sein Blick auf dem Wolfsmenschen, dem<br />

Tramper, den die Unbekannten mitgebracht hatten – „dem Entmutigten wird gesagt: ‚Welch<br />

ein Pech, mein tapferer Freund! Hätten Sie sich früher eingefunden, wir hätten Sie, wenn<br />

auch nur kärglich, da wir nun einmal arm sind, mit etwas Stärkendem begrüßen können; nunmehr<br />

aber findet sich, wie Sie sehen, nicht eine einzige Brotkrume mehr auf unserem Tisch.‘“<br />

„Ich gehöre jedoch nicht zu diesen hinterhältigen Schurken!“, meinte nach einer Pause diese<br />

prunkhafte Erscheinung mit dem Fuchsschwanzkragen am überaus feinen Zwirn, das Bild<br />

eines Machthabers auf der Hut. „Im Übrigen“, fuhr er fort, „welches sind denn die Gebote der<br />

Gastfreundschaft für einen Mann wie mich?“ Er fragte es in die Runde und wandte sich dann<br />

vor allem an Patrice: „Gewürzter Wein für die, die starr vor Kälte sind?“<br />

Und sein Blick glitt zurück auf den Unbekannten, der mit Patrice, ohne es zu wollen, ein<br />

auffälliges Duo bildete, das sich bei der Frau – seiner Frau! – zusammengefunden hatte, alle<br />

drei zusammengeschweißt wie Brüder und Schwestern einer gleichen Bruderschaft.<br />

„Ich für meinen Teil“, fuhr der Gastgeber fort, „ich denke, dass wahre und ehrliche Gastfreundschaft<br />

auch gebietet, die eigene Frau dem Gast hinzugeben; nicht anders als die heiße<br />

Pastete, die frisch zubereitet aus meiner Küche kommt.“<br />

(Der Fluch des absoluten Gehörs, der auf Pierres Ohren lastete, erfasste das Unbehagen, das<br />

in seiner Fistelstimme mitschwang.)<br />

„Möge es aber ausreichen, diese meine Frau, wie mein Eigen, bewundernd anschauen zu<br />

können“, fuhr der Gastgeber fort, „denn diese Frau habe ich gekauft, auch wenn sie gar nicht<br />

zum Verkauf stand. Möge es reichen, ihre Jugend und Schönheit mit jener des – soweit ich<br />

weiß – namenlosen Fremden dort zu vergleichen; oder sie zu vergleichen mit diesem anderen<br />

– er zumindest nannte einen Namen: Patrice – so war es doch? –, und schon erkennt man<br />

deutlich die Spannung zwischen dem Schönen und …“<br />

6<br />

Das letzte Wort blieb ein Geheimnis, da der Rest des Satzes von einem teuflischen Lärm geschluckt<br />

worden war: von einem rasenden Herumgerenne, von einem irren, wilden Wettlauf<br />

entfesselter Kreaturen, von aus allen Richtungen gegen den Boden des Dachstuhls hämmernden<br />

Absätzen und durchdringenden Schreien.<br />

Mit einer reflexhaften Bewegung hebt Pierre sogleich die Hand, um das Getöse zu dirigieren<br />

und ihm einen Sinn zu verleihen. Den Patriarchen zu seiner Linken täuscht diese Geste, offenbar<br />

glaubt er, sie wolle Ruhe gebieten, während Pierre ganz im Gegenteil dieses prächtige<br />

und angsteinflößende Tohuwabohu noch zu steigern anstrebt und das erregte Stimmengewirr<br />

seinem hysterischen Höhepunkt entgegen führen will.<br />

„Keine Angst“, versucht ihn der Patriarch zu beruhigen, unwissend, dass Pierre gar keine<br />

Angst vor etwas hat; „diese ganze Hektik ist lediglich der Sippe meiner acht Furien von<br />

Töchtern geschuldet: Gerhilde, Ortlinde, Waltraute, Schwertleite, Helmwige, Siegrune, Grimgerde,<br />

Rossweiße …“<br />

„Jene, die du gerade genannt hast, sind meine Töchter!“, spricht eine verärgerte Frauenstimme<br />

aus dem Halbdunkel. „Sie sind aus einem Bett hervorgegangen, das durch ein Sakrament<br />

gesegnet war. Eine fehlt. Wie kommt das? Kann es sein, dass du die Frucht deines<br />

Verrats vergessen hast?“<br />

„Es stimmt“, erwidert der Patriarch. „Diese habe ich alle mit Namen genannt – aus Respekt<br />

vor dir, meiner Frau, deren Eroberung mich ein Auge gekostet hat, ohne das ich nur noch die<br />

Hälfte der Welt sehe. Meine andere Tochter jedoch, auch das ist wahr, habe ich nicht genannt,<br />

denn mit diesem Mädchen verhält es sich wie mit jenen Gedichten, in denen der Vers, den wir<br />

vergessen haben, stets der schönste ist …* Ich habe ebenso wenig die Zwillinge genannt, die<br />

mir eine Frau geschenkt hat, die heute nicht mehr am Leben ist.“<br />

7<br />

Am anderen Tischende ist die Hand des armen Schluckers, den sie auf der Straße aufgegabelt<br />

haben, unmerklich in nächste Nähe derjenigen der jungen Frau des Gastgebers gerückt.<br />

Gleiche Beschaffenheit der Haut, gleiche Hautfarbe, gleiche Größe, gleiche Sanftheit und<br />

Zartheit, gleiche Empfindsamkeit des Epiderms, und auf diese Utopie zweier perfekt gleicher<br />

Wesen legt Patrice nun seine eigene breite und mächtige Hand, und hindurch empfindet er<br />

das Glück, die beiden anderen, zierlicheren, verletzlicheren Hände im Gleichklang pulsieren<br />

zu fühlen; die undefinierten Hände von Schauspielern, wie er sie über alles liebt, ob männlich<br />

oder weiblich, denn ein jeder Schauspieler ist das eine wie das andere. Und die Gefahr, die<br />

eine solche Geste und Schutzgebärde vonseiten des Gastgebers heraufbeschwören könnte,<br />

ist so lebhaft präsent in diesem Augenblick, dass Patrice jetzt weder Marivaux noch Koltès<br />

oder Janáček in den Sinn kommen, sondern etwas, das sich ohne Stimme abspielt und auf<br />

das Pierres Fluch des absoluten Gehörs nicht den Zugriff hat, es zum Schweigen zu bringen:<br />

Osther kommt eine Mär: Die apokalyptischen Reiter<br />

Hatten ihr Feuer geworfen, es brannten Dörfer und Städte<br />

Und sie kamen zur oder bei Nachtfall. Unten im Flussgries<br />

Schickten die Blutigen sich, die ermatteten Gäule zu<br />

tränken.<br />

(Älteren Zeiten verschrieben, ritten sie selber noch Gäule.)<br />

Aber die Tiere bogen die Hälse weg: allzu viel Totes<br />

Schwamm da herunter. Fluchend standen sie, da, von der<br />

Böschung<br />

Winkte ein Weiblein ihnen und führte sie schwankenden<br />

Ganges<br />

Ob von Feuer verwirrt, ob schwach in den Knien von<br />

verjährtem<br />

Hunger, schwankenden Ganges, sag ich, führte sie, sag ich<br />

Zwischen zerschossene Hütten des einstigen Dorfes zu<br />

ihrer<br />

Eignen zerschossenen Hütte. Schweigend wies sie den<br />

Brunnen.<br />

Winzig stand sie im wechselnden Schein des geröteten<br />

Himmels<br />

Saufen sah sie die Gäule das frische und reinliche Wasser.<br />

Erst, als die Blutigen wieder im Sattel, tat sie den Mund<br />

auf:<br />

„Vorwärts!“ sagte sie laut mit des Alters dünnerer<br />

Stimme<br />

„Vorwärts!“ sagte sie drängend. „Reitet weiter, ihr<br />

Lieben!“ *<br />

Der Gastgeber, vor nur einer Sekunde noch selbstsicher und hochmütig, schwankt auf einmal,<br />

als habe ihn ein starkes Schlafmittel aus dem Stand gebracht oder als knicke er unter<br />

dem Joch seiner eigenen Niedertracht ein. Er zerfließt gleichsam an seiner Tischecke, ohne<br />

sich noch in irgendeiner Weise darum zu scheren, welchen Eindruck das wohl auf die anderen<br />

macht; auf einmal offenbart seine so prunkvoll wirkende Kleidung, wie sehr diese Pelze,<br />

diese Borten, diese Seidenstickereien, diese subtil aufeinander abgestimmten Farben aus<br />

nichts bestehen: Prunk aus Talmi, wie man ihn an den Theatern antrifft, mottenzerfressene,<br />

gestopfte Lumpen, aufgehängt an den Kleiderbügeln der Schauspielerlogen, die ohne das<br />

Licht der Bühnenscheinwerfer, die alles in Gold verwandeln, immer Fetzen bleiben. Von dem<br />

Gastgeber, der plötzlich „abwesend“ ist, von der Bühne abgegangen, entschwunden, bleibt<br />

nichts als der für alle sichtbare Betrug, den seine äußere Erscheinung darstellte.<br />

140 141<br />

* Aus dem 4. Gesang des Fragments Lehrgedicht von der Natur des Menschen von Bertolt Brecht.


Da sein Schwiegersohn in Ohnmacht gesunken ist, spricht jetzt der Patriarch: „Da Ihnen<br />

diese Örtlichkeiten nicht vertraut sind, könnte es sein, dass Sie der Stelle vor dem Haus<br />

keine Beachtung geschenkt haben, an der Sie ihren prächtigen roten Mercedes abgestellt<br />

haben – von dem ich mich übrigens zu erinnern glaube, dass Betty Freeman ihn ganz in der<br />

Nähe der Jardins de l’Observatoire in Paris fotografiert hat. Diese Anekdote liegt für Sie<br />

Jahre zurück. Jedem sein Fluch. Der Ihre: jener des absoluten Gehörs. Der meine: dass die<br />

Zeit nicht vergeht.<br />

Sicher, diese Esche wirkt ganz gewöhnlich: ein in den Wäldern weitverbreiteter Baum von<br />

hellem Holz, ohne alle Vorteile exotischerer Hölzer. Allerdings – und verzeihen Sie, wenn<br />

ich es Ihnen in Erinnerung rufe: Die Esche symbolisiert Fruchtbarkeit. Sie verbindet alle<br />

Ebenen des Universums. Mit ihren drei Wurzeln, von denen eine in das Reich der Götter<br />

hineinragt! Daher bildet dieser so unscheinbare Baum die Gesamtheit des vorstellbaren<br />

Universums ab; er umfasst alle in sich gegensätzlichen Paare: Adler und Drache oder,<br />

um es anders auszudrücken, Himmel und Erde, oben und unten, das Männliche und das<br />

Weibliche …<br />

Ich will keinesfalls meinen armen Schwiegersohn kränken, der dort zusammengesackt an<br />

seiner Tischecke hockt, wenn ich nahelege, dass beim Anblick des derben Stammes und<br />

seiner hundertjährigen Äste sein eigenes Schwert – womit ich ganz ohne Beschönigung eben<br />

jenes Schwert meines Schwiegersohns meine, das jeder Mann zwischen den Beinen trägt und<br />

dessen Bedienung ihm durch sein Mannsein diktiert wird – in seinem Falle nicht ‚in seiner<br />

Scheide‘ steckt. Keine Kinder, die aus der erzwungenen Verbindung meiner Tochter mit ihm<br />

hervorgegangen wären. Möge sie mir verzeihen, wenn ich die Dinge beim Namen nenne: kein<br />

fleischlicher Verkehr; der ‚Liebe furchtbares Leid‘ hat sie nicht kennengelernt.<br />

Mit meinem einen gesunden Auge sehe ich das zärtliche Geleit zweier Fremder, die meine<br />

Tochter umrahmen. Zwei Fremde, die ich voneinander nicht unterscheiden könnte, und noch<br />

nicht einmal meine Tochter von einem der beiden, und dieses für einen Vater so unglückselige<br />

Wunder lehrt mich, dass die Sehkraft meines einen gesunden Auges, die bislang höher<br />

einzuschätzen war als die zweier träger Augen, ihre Hellsichtigkeit eingebüßt hat.<br />

Es gab im Französischen einen altüberlieferten Sprachgebrauch, mit dem Rolle und Stellung<br />

eines jeden in der Familie festgelegt waren. Die alten Wörter – fillastre, filsâtre, marastre<br />

oder maraître, padraste oder pâtrate – sind aber anzüglich geworden, weil sie den Hass auf<br />

jede Verbindung mit jemandem von außerhalb der Familie verrieten. Also verfiel man auf<br />

einen Trick, um über den familiären Hexenkessel hinwegzutäuschen – Schmelztiegel allen<br />

Abscheus, und die Sprache dazu berufen, die Gewalt dieser Konflikte zu mildern, des Hasses,<br />

der Morde, der falsch eingesetzten Begierden … Die Schwiegertochter wurde zur bellefille,<br />

zur ‚schönen‘ Tochter; die Schwiegermutter zur belle-mère, zur ‚schönen‘ Mutter … Dabei<br />

weiß man doch, dass Schwiegermutter und Schwiegertochter sich nur unter einer Bedingung<br />

miteinander vertragen, unter der Bedingung einer bestialischen Allianz nämlich, zusammengeschweißt,<br />

um den Sohn, den Ehemann zu erniedrigen – hier sind letztlich alle nur lästige<br />

Anhängsel!<br />

Wenn also Bruder und Schwester einander in die Arme gefallen sind, so bin ich weit davon<br />

entfernt, schockiert zu sein; ich habe darin eine Liebe erkannt. Selbst wenn ich mir Fragen<br />

stelle über die Natur einer solchen Liebe, die das eigene Spiegelbild umarmt, die nur sich<br />

selbst umarmt, die sich jedem anderen gegenüber blind macht.<br />

Was die Götter angeht: Sie berührt es in keiner Weise. Es verunsichert sie nicht und regt<br />

sie nicht auf. Ehebruch, Verrat, Inzest und Totschlag sind ihnen gleichgültig. Ein Patriarch<br />

– oder, wenn Sie so wollen, ein Gott – lässt sich durch solcherlei kaum berühren. Einzig die<br />

Menschen haben Zweifel, sind verunsichert, regen sich auf und sagen nein, wo sie ja denken.<br />

Sie glauben an die Kraft des Willens, unbedarfter Aberglaube der Menschen, und nicht, wie<br />

es einzig ein Patriarch oder ein Gott tut, an das unentrinnbare Schicksal.“<br />

Inzwischen gab es am Tisch nur noch wenige, die nicht längst eingeschlafen waren, den Kopf<br />

an die Schulter des Nachbarn gelehnt oder vornüber gesunken auf der Tischplatte liegend,<br />

denn schon dämmerte der Morgen eines neuen Frühlingstags. Dessen ungeachtet fuhr der<br />

Patriarch in seiner Rede fort.<br />

„Der Fluch, der auf unserer Familie lastet – ich wage zu behaupten: auf jeder Familie, und<br />

der ein zur Gänze von Generation zu Generation vererbter Fluch ist –, hat weniger mit Verrat,<br />

mit Ehebruch, mit Ressentiments und Groll, mit Erniedrigung, mit Lügen, mit Inzest,<br />

mit Hass zu tun als vielmehr mit dem, was die Menschen Liebe nennen, ohne davon überhaupt<br />

eine Ahnung zu haben: Denn es gibt nichts, was ihr Verständnis mehr übersteigt.<br />

Die Macht der Liebe, die einem Gott ganz unverständlich ist, denn der Gott muss nicht<br />

verstehen sondern sein: Ich habe sie im gleichen Augenblick gehasst, als ich sie bei meiner<br />

Tochter endlich als solche zu bestimmen vermochte, und ich hasste sie noch kurz bevor ich<br />

dann erkannte, dass ich wie meine Tochter durch eben das verunsichert war, was Menschen<br />

verunsichert und die Götter kalt lässt. Das ist der Grund, weshalb ich meine Waffen niedergelegt<br />

habe, und meine Macht und meine Krone.<br />

Unser Fluch ist folgender: Jeden Abend erscheinen Besucher an unserer Tafel, Besucher wie<br />

ihr, Pierre, Patrice, Richard. Und jeden Abend geben wir diese Vorstellung, Tag für Tag ohne<br />

größere Änderung. Manchmal, je nach Laune und momentaner Verfügbarkeit, gibt es ein<br />

paar Darsteller mehr, ein paar Darsteller weniger. Manchmal passieren Fehler, das Timing<br />

ist falsch, die Repliken kommen nicht auf Anschluss, das Licht stimmt nicht, mal korkt der<br />

Wein, die Pastete wurde zweimal aufgewärmt, aber im Wesentlichen passiert immer das<br />

Gleiche. Je nachdem, was das für ein Abend ist, sind einige von uns besser, andere schlechter.<br />

Um ehrlich zu sein: je nach der Qualität unserer Gäste auch, von denen wir stets, wenn mein<br />

Schwiegersohn die Tür aufmacht, gleich Shakespeare hoffen, dass sie einem Publikum von<br />

Königen entstammen.<br />

Einzige Regieanweisung während der Vorstellungen: Meine Lieblingstochter taucht nicht auf.<br />

Nicht einmal ihr Name wird genannt. Sie brennt in meinem Herzen eines gescheiterten Gottes.<br />

Und stets, allabendlich, erwarten wir die ungewisse Ankunft eines Unerschrockenen:<br />

den Staatsfeind Nummer eins, aus irgendeinem Hochsicherheitstrakt entflohen oder strafverschont<br />

wegen einer psychischen Störung (was in meinen Augen eine nebensächliche Unterscheidung<br />

darstellt), wobei der eine wie der andere durch sein Wüten in der Lage wäre,<br />

meine Tochter aus dem Feuerkerker zu befreien, den ich in meinem eigenen Wahn um sie<br />

herum errichtet habe.<br />

Wir spielen das an allen Abenden. Mit Misstönen bisweilen. Bisweilen mit erhabenen Momenten,<br />

die aus der Hoffnung auf etwas Unerwartetes entstehen. Am Morgen dann, wenn unsere<br />

Besucher wieder aufbrechen, stelle ich fest, dass sie sich an nichts erinnern können. So wird<br />

es euch dreien auch ergehen, wenn ihr erneut in eurem prächtigen roten Mercedes losfahrt,<br />

den Betty Freeman einst an den Jardins de l’Observatoire fotografiert hat. Ihr werdet dann<br />

erschöpft sein, vergesslich, eilig bemüht, in die Gesellschaft gewöhnlicher Menschen zurückzufinden.<br />

Dennoch werdet ihr, ohne dass irgendeiner von euch es sich erklären könnte, weder<br />

Pierre am Steuer noch Patrice auf dem Beifahrersitz noch Richard, der auf der Rückbank<br />

döst, das unbestimmte Gefühl haben, ich weiß es genau: etwas vergessen zu haben. Eben so<br />

wie in jenen Gedichten, in denen der Vers, der uns plötzlich abhanden gekommen ist, stets<br />

der schönste ist.<br />

Bis ihr euch beim ersten Aufstrahlen eines Frühlings nach dem Sturm an nichts mehr als<br />

nur an jenen Vormittag selbst erinnern könnt, hatte ein jeder von euch – mittels aller erdenklichen<br />

List – tatsächlich noch vor, jener einen, deren Namen auszusprechen ich mir<br />

für die Zukunft verboten habe, aus ihrer feurigen Einzäunung, in die ich sie gesperrt habe,<br />

herauszuhelfen.<br />

Egal. Sodann fällt der Abend. Die Sympathie, die ich für euch hätte empfinden können,<br />

verblasst. Ich höre bereits neue Besucher sich vorstellen. Sowohl ihr als auch ich: was uns<br />

verbindet, werden wir morgen vergessen haben.“ <br />

Aus dem Französischen von Fränk Heller<br />

8<br />

Brigitte Paulino-Neto ist Autorin von Romanen,<br />

zuletzt ausgezeichnet mit den Missions Stendhal 2012<br />

am Institut francais. Zuvor war sie langjährige<br />

Theater- und Tanz kritikerin der Libération (Paris),<br />

Kulturchefin der französischenVogue und<br />

Dramaturgin an der Opéra National de Paris.<br />

142 143


Photo © Wilfried Hösl<br />

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Nr. 25.1<br />

WA<br />

Ringordner


Agenda<br />

154 Plakate der Spielzeit 2011/12<br />

Auch in dieser Saison entstanden die Plakate in Zusammenarbeit mit internationalen bildenden Künstlern.<br />

Ausgehend vom spielzeitübergreifenden Ansatz einer neuen Lektüre des 19. Jahrhunderts lag die Serie des<br />

Ring in den Händen des Berliner Künstlers Dennis Rudolph, der sich dem historischen Kosmos Wagner mit<br />

heutigem Stil und Denken näherte. Die Serie der Akademiekonzerte wurde von den Werken des Amerikaners<br />

Chad Wys getragen.<br />

Les Contes d’Hoffmann – Marianna Gartner<br />

Turandot – Chu Uroz / La Fura dels Baus<br />

Der Ring des Nibelungen – Dennis Rudolph<br />

Akademiekonzerte – Chad Wys<br />

Das schlaue Füchslein – Markus Vater<br />

166 Künstler der Münchner<br />

Opernfestspiele 2012<br />

186 Die Produktionen der Münchner<br />

Opernfestspiele 2012<br />

209 Spielplan<br />

218 Der Festspielpreis der<br />

Gesellschaft zur Förderung<br />

der Münchner Opernfestspiele<br />

223 English Excerpts<br />

232 Schöne Ferien! Urlaubstipps<br />

von Festspielkünstlern


hallo andreas,<br />

hier müssen wir leider den beschnitt oben dranstricken.<br />

über die gesamte länge


ulthaup b3<br />

Folgt keinen schnellen Trends.<br />

Sondern Überzeugungen.<br />

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Künstler der<br />

Münchner<br />

Opernfestspiele<br />

2012<br />

<strong>Bayerische</strong>s Staatsorchester<br />

166<br />

Wolfgang Ablinger-<br />

Sperrhacke<br />

Siegfried Mime<br />

Marco Armiliato<br />

Tosca<br />

Musikalische Leitung<br />

Anja-Nina Bahrmann<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Aspasia<br />

Antonello Allemandi<br />

La Cenerentola<br />

Musikalische Leitung<br />

Frederick Ashton<br />

La Fille mal gardée,<br />

Scènes de ballet, Frühlingsstimmen,<br />

Five Brahms<br />

Waltzes in the Manner of<br />

Isadora Duncan<br />

Choreographie<br />

Barry Banks<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Mitridate<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 167<br />

Javier Amo Gonzalez<br />

Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staats ballett<br />

ATTACCA<br />

Oper für alle<br />

ATTACCA- Konzert<br />

Orchester<br />

Patrick Bannwart<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Bühne<br />

Ain Anger<br />

Die Walküre<br />

Hunding<br />

Karen Azatyan<br />

Halbsolist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett


Emma Barrowman<br />

Halbsolistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Bernhard Berchtold<br />

Das Lied von der Erde<br />

Tenor<br />

Stefan Bolliger<br />

Der Ring des Nibelungen<br />

Licht<br />

Jamie Barton<br />

Götterdämmerung<br />

2. Norn<br />

Allan Bergius<br />

Konzert der Orchesterakademie<br />

Musikalische<br />

leitung<br />

Ivor Bolton<br />

Medea in Corinto<br />

Musikalische Leitung<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 168<br />

Michael Bauer<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik, Medea in<br />

Corinto, Tosca Licht<br />

Thomas Blondelle<br />

Das Rheingold<br />

Froh<br />

Luc Bondy<br />

Tosca<br />

Inszenierung<br />

Clive Bayley<br />

Wozzeck<br />

Doktor<br />

Lisa Böffgen<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Video<br />

Anna Bonitatibus<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Sifare<br />

Lawrence Brownlee<br />

La Cenerentola<br />

Don Ramiro<br />

Maxim Chashchegorov<br />

Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

staatsballett<br />

Nikolay Borchev<br />

La Cenerentola<br />

Dandini<br />

Joseph Calleja<br />

La bohème<br />

Rodolfo<br />

Kevin Conners<br />

Turandot Pang<br />

Wozzeck Andres<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

cochenille / Pitichinaccio /<br />

Frantz<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 169<br />

David Bösch<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Inszenierung<br />

Constantinos Carydis<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Musikalische Leitung<br />

Alessandro Corbelli<br />

La Cenerentola<br />

Don Magnifico<br />

Angela Brower<br />

Das Rheingold, Götterdämmerung<br />

Wellgunde<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

La Muse / Nicklausse<br />

Romeo Castellucci<br />

Dämmerung<br />

Konzept


Beatrice Cordua<br />

Gasttänzerin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Joyce DiDonato<br />

La Cenerentola Angelina<br />

Liederabend<br />

Tara Erraught<br />

La traviata<br />

Annina<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Sifare<br />

Katarina Dalayman<br />

Die Walküre<br />

Brünnhilde<br />

Marlon Dino<br />

Erster Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Alex Esposito<br />

La Cenerentola<br />

Alidoro<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 170<br />

Diana Damrau<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Olympia / Antonia /<br />

Giulietta / Stella<br />

Nachtkonzert<br />

Amit Drori<br />

Hacking Wagner<br />

Raum und Objekte<br />

Dan Ettinger<br />

La bohème, Turandot<br />

Musikalische Leitung<br />

Carlo Diappi<br />

La traviata<br />

Kostüme<br />

Phillip Ens<br />

Das Rheingold<br />

Fafner<br />

Ulrike Etzold<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Renée Fleming<br />

Der Rosenkavalier<br />

Die Feldmarschallin<br />

Paola Gardina<br />

La Cenerentola<br />

Tisbe<br />

Wlademir Faccioni<br />

Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

staatsballett<br />

Moritz Gagern<br />

Hacking Wagner<br />

Komposition<br />

Christian Gerhaher<br />

Liederabend<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 171<br />

Roberta Fernandes<br />

Erste Solistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Martin Gantner<br />

Der Rosenkavalier<br />

Herr von Faninal<br />

Angela Gheorghiu<br />

La bohème<br />

Mimì<br />

Séverine Ferrolier<br />

Solistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Elīna Garanča<br />

Liederabend


Massimo Giordano<br />

Tosca<br />

Mario Cavaradossi<br />

Jill Grove<br />

Siegfried Erda<br />

Götterdämmerung<br />

1. Norn<br />

Franz Hawlata<br />

Der Rosenkavalier<br />

Der Baron Ochs auf<br />

lerchenau<br />

Stephen Gould<br />

Götterdämmerung<br />

Siegfried<br />

Zenta Haerter<br />

Der Ring des Nibelungen<br />

Choreographie<br />

Rudolf Heinrich<br />

La bohème<br />

Bühne, Kostüme<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 172<br />

Daniel Grossmann<br />

Überwältigung. Ein Konzert<br />

Musikalische Leitung<br />

Danielle Halbwachs<br />

Die Walküre<br />

Gerhilde<br />

Alan Held<br />

Siegfried<br />

Der Wanderer<br />

Heike Grötzinger<br />

Der Rosenkavalier Annina<br />

La traviata Flora Bervoix<br />

Die Walküre Waltraute<br />

Wozzeck Margret<br />

Das Lied von der Erde<br />

Mezzosopran<br />

Anja Harteros<br />

La traviata<br />

Violetta Valéry<br />

Falko Herold<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Kostüme<br />

Renate Jett<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Schauspiel<br />

Schorsch Kamerun<br />

München Komplett<br />

Konzept<br />

Sven Holm<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Regie<br />

Richard Jones<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Inszenierung<br />

Anja Kampe<br />

Die Walküre<br />

Sieglinde<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 173<br />

Gerold Huber<br />

Liederabend Christian<br />

Gerhaher Klavier<br />

Dame Gwyneth Jones<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Gesang<br />

Jonas Kaufmann<br />

Liederabend<br />

Elfriede Jelinek<br />

REIN GOLD<br />

Autorin<br />

Goran Jurić<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Gesang<br />

La bohème Colline<br />

Tosca Cesare Angelotti


Simon Keenlyside<br />

Liederabend,<br />

Wozzeck Wozzeck<br />

La traviata Giorgio<br />

Germont<br />

Lothar Koenigs<br />

Wozzeck<br />

Musikalische Leitung<br />

Benjamin Krieg<br />

Hacking Wagner<br />

Video<br />

Takesha Meshé Kizart<br />

Tosca<br />

Floria Tosca<br />

Hans-Peter König<br />

Götterdämmerung<br />

Hagen<br />

Andreas Kriegenburg<br />

Der Ring des Nibelungen,<br />

Wozzeck Regie<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 174<br />

Sophie Koch<br />

Das Rheingold,<br />

Die Walküre Fricka<br />

Der Rosenkavalier<br />

Octavian<br />

Nikita Korotkov<br />

Gruppentänzer <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Alfred Kuhn<br />

La bohème<br />

Benoît<br />

Wolfgang Koch<br />

Das Rheingold, Siegfried,<br />

Götterdämmerung<br />

Alberich<br />

Günter Krämer<br />

La traviata<br />

Inszenierung<br />

Jiří Kylián<br />

Gods and Dogs<br />

Choreographie<br />

Saar Magal<br />

Hacking Wagner<br />

Konzept, Choreographie<br />

Katherina Markowskaja<br />

Gastsolistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Lucia Lacarra<br />

Erste Solistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Russell Maliphant<br />

AfterLight<br />

Choreographie<br />

Malcolm Martineau<br />

Liederabend Simon<br />

Keenlyside Klavier<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 175<br />

Elisa Limberg<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Ausstattung<br />

Dor Mamalia<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Wiebke Matyschok<br />

Herr Richard W. in M.<br />

Konzept<br />

Kenneth MacMillan<br />

Las Hermanas, Das Lied<br />

von der Erde<br />

choreographie<br />

Stefan Margita<br />

Das Rheingold<br />

Loge


Thomas J. Mayer<br />

Die Walküre Wotan<br />

Siegfried Der Wanderer<br />

Andreas Merk<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Alastair Miles<br />

Medea in Corinto<br />

Creonte<br />

Avi Mazli<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Nadja Michael<br />

Medea in Corinto<br />

Medea<br />

Levente Molnár<br />

Turandot Un mandarino<br />

La bohème Marcello<br />

Das Rheingold Donner<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 176<br />

Waltraud Meier<br />

Festspiel-Galakonzert,<br />

Wozzeck Marie<br />

Tigran Mikayelyan<br />

Erster Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Anaϊk Morel<br />

Die Walküre<br />

Schwertleite<br />

Lee Meir<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Aga Mikolaj<br />

Das Rheingold<br />

Freia<br />

Roswitha C. Müller<br />

Die Walküre<br />

Siegrune<br />

Hans Neuenfels<br />

Medea in Corinto<br />

Inszenierung<br />

Opernstudio 2011/12 der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Diverse Partien<br />

Konzert des Opernstudios<br />

Kent Nagano<br />

Das Rheingold, Die<br />

Wal küre, Siegfried, Götterdämmerung,<br />

Festspiel-<br />

Gala konzert, Festspiel-<br />

Gottesdienst, Oper für alle<br />

Musikalische Leitung<br />

Ryusuke Numajiri<br />

Steps & Times<br />

Musikalische Leitung<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 177<br />

Catherine Naglestad<br />

Siegfried<br />

Brünnhilde<br />

Roland Olbeter<br />

Turandot<br />

Bühne<br />

Orchesterakademie<br />

Konzert der Orchesterakademie<br />

Eri Nakamura<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Arbate<br />

Das Rheingold, Götterdämmerung<br />

Woglinde<br />

La Cenerentola Clorinda<br />

OperaBrass<br />

Nachtkonzert


Lisette Oropesa<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Ismene<br />

Ekaterina Petina<br />

Solistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Fabio Previati<br />

Turandot<br />

Ping<br />

Carlus Padrissa – La Fura<br />

dels Baus<br />

Turandot Inszenierung<br />

Francesco Petrozzi<br />

Der Rosenkavalier<br />

Haushofmeister bei<br />

Faninal / Ein Wirt<br />

Medea in Corinto Tideo<br />

Wozzeck 2. Handwerksbursche<br />

La traviata Gaston<br />

Tosca Spoletta<br />

Daniel Proietto<br />

AfterLight Solist<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 178<br />

Iain Paterson<br />

Götterdämmerung<br />

Gunther<br />

Cyril Pierre<br />

Erster Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Andreas Reinhardt<br />

La traviata<br />

Bühne<br />

Alexandra Petersamer<br />

Die Walküre<br />

Roßweiße<br />

Jean-Pierre Ponnelle<br />

La Cenerentola<br />

Inszenierung, Bühne,<br />

Kostüme<br />

John Relyea<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Lindorf / Coppélius /<br />

Dapertutto / Miracle<br />

Philine Rinnert<br />

Relikt<br />

Installation<br />

Jürgen Rose<br />

Der Rosenkavalier<br />

Bühne, Kostüme<br />

Ulrich Reß<br />

Wagnerin. Ein Haus<br />

der Kunstmusik Gesang<br />

Das Rheingold Mime<br />

Der Rosenkavalier<br />

Valzacchi<br />

Turandot L’imperatore<br />

altoum Les Contes<br />

d’Hoffmann Spalanzani<br />

Jerome Robbins<br />

Goldberg-Variationen<br />

Choreographie<br />

Lance Ryan<br />

Siegfried<br />

Siegfried<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 179<br />

Johan Reuter<br />

Das Rheingold<br />

Wotan<br />

Kenneth Roberson<br />

Medea in Corinto Evandro<br />

Wozzeck Der Narr<br />

Der Rosenkavalier<br />

Haushofmeister bei der<br />

Feldmarschallin<br />

Roman Sadnik<br />

Wozzeck<br />

Tambourmajor<br />

Christian Rieger<br />

Der Rosenkavalier Ein Notar<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Schlémil Tosca Sciarrone<br />

La traviata Baron Douphol<br />

La bohème Schaunard<br />

Myron Romanul<br />

La Fille mal gardée<br />

Musikalische Leitung


Simone Sandroni<br />

Das Mädchen und der<br />

Messerwerfer<br />

Choreographie<br />

Wolfgang Schmidt<br />

Wozzeck<br />

Hauptmann<br />

Buki Shiff<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Kostüme<br />

Ilia Sarkisov<br />

Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

staatsballett<br />

Elina Schnizler<br />

Medea in Corinto<br />

Kostüme<br />

Zufit Simon<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 180<br />

Otto Schenk<br />

La bohème,<br />

Der Rosenkavalier<br />

Inszenierung<br />

Andrea Schraad<br />

Der Ring des Nibelungen,<br />

Wozzeck Kostüme<br />

Rafal Siwek<br />

Siegfried<br />

Fafner<br />

Ekaterina Scherbachenko<br />

Turandot<br />

Liù<br />

Michaela Schuster<br />

Götterdämmerung<br />

Waltraute<br />

Lukáš Slavický<br />

Erster Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Hanna Dóra Sturludóttir<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Gesang<br />

Harald B. Thor<br />

Der Ring des Nibelungen,<br />

Wozzeck<br />

Bühne<br />

Nicolas Stemann<br />

REIN GOLD<br />

Inszenierung<br />

Eva Svaneblom<br />

Hacking Wagner<br />

Tanz<br />

Camilla Tilling<br />

Der Rosenkavalier<br />

Sophie<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 181<br />

Nina Stemme<br />

Götterdämmerung<br />

Brünnhilde<br />

Laura Tatulescu<br />

Medea in Corinto<br />

Creusa<br />

Constantin Trinks<br />

Der Rosenkavalier<br />

Musikalische Leitung<br />

Christoph Stephinger<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Gesang<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Crespel / Luther<br />

Tosca Der Mesner Wozzeck<br />

1. Handwerks bursche<br />

La traviata Doktor Grenvil<br />

Bryn Terfel<br />

Tosca<br />

Baron Scarpia


Alexander Tsymbalyuk<br />

Turandot<br />

Timur<br />

Anna Viebrock<br />

Medea in Corinto<br />

Bühne<br />

Anna Virovlansky<br />

Siegfried Stimme eines<br />

Waldvogels<br />

La bohème Musetta<br />

Spencer Tunick<br />

Der Ring mit Spencer<br />

Tunick Installation<br />

Roger Vignoles<br />

Liederabend Elīna<br />

Garanča Klavier<br />

Klaus Florian Vogt<br />

Die Walküre<br />

Siegmund<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 182<br />

Matej Urban<br />

Solist <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Rolando Villazón<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Hoffmann<br />

Michael Volle<br />

Nachtkonzert<br />

Ramón Vargas<br />

Medea in Corinto Giasone<br />

La traviata Alfredo<br />

Germont<br />

Irmgard Vilsmaier<br />

Götterdämmerung<br />

3. Norn, Jungfer<br />

Der Rosenkavalier<br />

Marianne Leitmetzerin<br />

Okka von der Damerau<br />

Das Rheingold, Götterdämmerung<br />

Floßhilde<br />

Die Walküre Grimgerde<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

La Voix de la Tombe<br />

Mark Wigglesworth<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Musikalische Leitung<br />

Catherine Wyn-Rogers<br />

Das Rheingold<br />

Erda<br />

Omer Meir Wellber<br />

La traviata<br />

Musikalische Leitung<br />

Ceri Williams<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Gesang<br />

Zuzana Zahradníková<br />

Solistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 183<br />

Ilana Werner<br />

Halbsolistin <strong>Bayerische</strong>s<br />

Staatsballett
<br />

Jennifer Wilson<br />

Turandot<br />

La principessa Turandot<br />

Lawrence Zazzo<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Farnace<br />

Richard Whilds<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Musikalische<br />

Leitung, Arrangements<br />

Erika Wueschner<br />

Die Walküre Helmwige<br />

Götterdämmerung Gutrune


David Zobel<br />

Liederabend Joyce<br />

DiDonato Klavier<br />

Orchester Jakobsplatz<br />

München<br />

Überwältigung. Ein<br />

Konzert Orchester<br />

Vertigo Trombone<br />

Quartett<br />

Wagnerin. Ein Haus der<br />

Kunstmusik Orchester<br />

Fotos: Felix Broede, Koen Broos, Anthony Chrickmay, Heribert<br />

Corn, Ben Ealovega, Decca Andrew Eccles, Alexander Paul<br />

englert, Fabrizio Fenucci, Palma Fiacco, Paul Forster-Williams,<br />

Simon Fowler, Jesse Gerstein, Erol Gurian, Lenka Hatasova,<br />

Udo Hesse, Michael Hörnschemeyer, Wilfried Hösl, Anna Hult,<br />

Stephan Joachim, Hanns Joosten, Matthias Jung, Sascha Kletzsch,<br />

Curtis Knapp, tommaso lepera, Stefano Massimo, Angus<br />

McBean, Hans Jörg Michel, Tanja niemann, Patrick Nin, Katharina<br />

Nußbaum, Johan Persson, Monika Rittershaus, Karin Rocholl,<br />

Sheila Rock, christine Schneider, lioba Schöneck, Christian<br />

Steiner, Gunar Streu, Miklos Szabo, Sabine Toepffer, Marty<br />

umans, Uli Webber, Tilbert Weigl, christoph Wolf, Alvaro Yanez,<br />

Foto Schenk<br />

Informationen zusammengetragen von: Maria Gaul,<br />

Dominique-Lea Kappl, Katharina Kleiter, Marina Then<br />

und Melanie lechmann<br />

Künstler der Münchner Opernfestspiele 2012 184<br />

Premium<br />

Alles<br />

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* Flex-Preis (limitiertes Kontingent) p. P. bei 2er-Belegung einer Innenkabine ab/bis Dubai.


Die Produktionen der Münchner Opernfestspiele 2012<br />

Fotografiert von Wilfried Hösl<br />

Statisterie der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Der Ring des Nibelungen – Das Rheingold


Joseph Calleja (Rodolfo) La bohème<br />

Tosca


Stephanie Hancox Steps & Times – Five Brahms Waltzes<br />

in the Manner of Isadora Duncan<br />

Diana Damrau (Olympia, Giulietta, Antonia, Stella) Les Contes d’Hoffmann


Angela Brower (La Muse / Niklausse), Rolando Villazón (Hoffmann),<br />

Chor der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> Les Contes d’Hoffmann<br />

Nadja Michael (Medea) Medea in Corinto


Thomas J. Mayer (Der Wanderer), Statisterie der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Der Ring des Nibelungen – Siegfried


Renée Fleming (Feldmarschallin) Der Rosenkavalier<br />

Barry Banks (Mitridate), Anna Bonitatibus (Sifare),<br />

Lawrence Zazzo (Farnace) Mitridate, rè di Ponto


Johan Reuter (Wotan), Sophie Koch (Fricka), Statisterie der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Der Ring des Nibelungen – Das Rheingold<br />

Thomas J. Mayer (Wotan), Katarina Dalayman (Brünnhilde), Statisterie der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> Der Ring des Nibelungen – Die Walküre


Ensemble des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Goldberg-Variationen<br />

Zuzana Zahradníková, Lukáš Slavický<br />

Gods and Dogs


Ramón Vargas (Alfredo Germont), Anja Harteros (Violetta Valéry)<br />

La traviata<br />

Wozzeck


Jennifer Wilson (La principessa Turandot), Statisterie der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> Turandot<br />

Ekaterina Scherbachenko (Liù), Marco Berti (Calaf),<br />

Chor und Statisterie der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> Turandot


Anja Kampe (Sieglinde), Klaus Florian Vogt (Siegmund), Statisterie der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> Der Ring des Nibelungen – Die Walküre


Matteo Dilaghi (Jugendlicher), Matej Urban (Der Clown), Emma Barrowman<br />

(Das Mädchen) Das Mädchen und der Messerwerfer<br />

Spielplan<br />

Münchner OpernfestSPiele<br />

23.6.12<br />

bis<br />

31.7.12<br />

Soweit nicht anders angegeben, finden alle Veranstaltungen im Nationaltheater statt.<br />

Karten<br />

Tageskasse der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Marstallplatz 5<br />

80539 München<br />

tickets@staatsoper.de<br />

T 089 – 21 85 19 20<br />

www.staatsoper.de


Partner der OPERNFestspiele<br />

Richard Wagner<br />

Jacques Offenbach<br />

Giacomo Puccini<br />

Die Walküre<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Turandot<br />

OPER<br />

Richard Wagner<br />

Götterdämmerung<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Inszenierung Andreas Kriegenburg<br />

Stephen Gould, Iain Paterson, Hans-Peter König, Wolfgang Koch,<br />

Nina Stemme, Erika Wueschner, Michaela Schuster, Eri Nakamura,<br />

Angela Brower, Okka von der Damerau, Jill Grove, Jamie Barton,<br />

Irmgard Vilsmaier<br />

Sa 30.06.12 16:00 Uhr<br />

So 08.07.12 16:00 Uhr<br />

So 15.07.12 17:00 Uhr<br />

sponsored by<br />

Festspielpremiere<br />

Partner der Opernfestspiele<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Inszenierung Andreas Kriegenburg<br />

Klaus Florian Vogt, Ain Anger, Thomas J. Mayer, Anja Kampe,<br />

Katarina Dalayman, Sophie Koch, Erika Wueschner, Danielle Halbwachs,<br />

Golda Schultz, Heike Grötzinger, Roswitha C. Müller,<br />

Okka von der Damerau, Alexandra Petersamer, Anaïk Morel<br />

Mi 04.07.12 17:00 Uhr<br />

Mi 11.07.12 17:00 Uhr<br />

sponsored by<br />

Richard Wagner<br />

Siegfried<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Inszenierung Andreas Kriegenburg<br />

Lance Ryan, Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Alan Held 06.07.,<br />

Thomas J. Mayer 13.07., Wolfgang Koch, Rafal Siwek, Jill Grove,<br />

Catherine Naglestad, Anna Virovlansky<br />

Fr 06.07.12 17:00 Uhr<br />

Fr 13.07.12 17:00 Uhr<br />

Musikalische Leitung Constantinos Carydis<br />

Inszenierung Richard Jones<br />

Diana Damrau, Kevin Conners, John Relyea, Angela Brower,<br />

Okka von der Damerau, Rolando Villazón, Ulrich Reß, Dean Power,<br />

Andrew Owens, Tim Kuypers, Christian Rieger, Christoph Stephinger<br />

Do 19.07.12 19:00 Uhr<br />

Mo 23.07.12 19:00 Uhr<br />

Wolfgang Amadeus Mozart<br />

Mitridate, rè di Ponto<br />

Musikalische Leitung Mark Wigglesworth<br />

Inszenierung David Bösch<br />

Barry Banks, Anja-Nina Bahrmann, Anna Bonitatibus 20./23./27./30.07.,<br />

Tara Erraught 25.07., Lawrence Zazzo, Lisette Oropesa, Alexey Kudrya,<br />

Eri Nakamura<br />

Fr 20.07.12 18:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Mo 23.07.12 18:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Mi 25.07.12 18:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Fr 27.07.12 18:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Mo 30.07.12 18:30 Uhr Prinzregententheater<br />

sponsored by<br />

Musikalische Leitung Dan Ettinger<br />

Inszenierung Carlus Padrissa – La Fura dels Baus<br />

Jennifer Wilson, Ulrich Reß, Alexander Tsymbalyuk, Marco Berti,<br />

Ekaterina Scherbachenko, Fabio Previati, Kevin Conners,<br />

Emanuele D’Aguanno, Levente Molnár, Francesco Petrozzi<br />

Do 26.07.12 19:00 Uhr<br />

So 29.07.12 19:00 Uhr<br />

gefördert durch<br />

Giuseppe Verdi<br />

La traviata<br />

Musikalische Leitung Omer Meir Wellber<br />

Inszenierung Günter Krämer<br />

Anja Harteros, Heike Grötzinger, Tara Erraught, Ramón Vargas,<br />

Simon Keenlyside, Francesco Petrozzi, Christian Rieger, Tareq Nazmi,<br />

Christoph Stephinger, Dean Power, Tim Kuypers, Peter Mazalán, Demet Gül<br />

Fr 27.07.12 19:00 Uhr<br />

Mo 30.07.12 19:00 Uhr<br />

Giovanni Simone Mayr<br />

sponsored by<br />

Richard Strauss<br />

Medea in Corinto<br />

Musikalische Leitung Ivor Bolton<br />

Inszenierung Hans Neuenfels<br />

Alastair Miles, Emanuele D’Aguanno, Nadja Michael, Ramón Vargas,<br />

Laura Tatulescu, Kenneth Roberson, Francesco Petrozzi, Golda Schultz<br />

So 01.07.12 19:00 Uhr<br />

Do 05.07.12 19:00 Uhr<br />

sponsored by<br />

Gioachino Rossini<br />

La Cenerentola<br />

Musikalische Leitung Antonello Allemandi<br />

Inszenierung Jean-Pierre Ponnelle<br />

Lawrence Brownlee, Nikolay Borchev, Alessandro Corbelli,<br />

Eri Nakamura, Paola Gardina, Joyce DiDonato, Alex Esposito<br />

Mo 09.07.12 19:00 Uhr<br />

Do 12.07.12 19:00 Uhr<br />

Giacomo Puccini<br />

Tosca<br />

Musikalische Leitung Marco Armiliato<br />

Inszenierung Luc Bondy<br />

Takesha Meshé Kizart, Massimo Giordano, Bryn Terfel,<br />

Goran Jurić, Christoph Stephinger, Francesco Petrozzi,<br />

Christian Rieger, Rüdiger Trebes<br />

Sa 21.07.12 19:00 Uhr<br />

Di 24.07.12 19:00 Uhr<br />

gefördert durch den<br />

Der Rosenkavalier<br />

Musikalische Leitung Constantin Trinks<br />

Inszenierung Otto Schenk<br />

Renée Fleming, Franz Hawlata, Sophie Koch, Martin Gantner,<br />

Camilla Tilling, Irmgard Vilsmaier, Ulrich Reß, Heike Grötzinger,<br />

Christoph Stephinger, Kenneth Roberson, Francesco Petrozzi,<br />

Christian Rieger, Emanuele D’Aguanno, Evgeniya Sotnikova,<br />

Iulia Maria Dan, Silvia Hauer, Golda Schultz, Dean Power<br />

Sa 28.07.12 18:00 Uhr<br />

Di 31.07.12 17:00 Uhr<br />

Partner der Opernfestspiele<br />

Richard Wagner<br />

Das Rheingold<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Inszenierung Andreas Kriegenburg<br />

Johan Reuter, Levente Molnár, Thomas Blondelle, Stefan Margita,<br />

Wolfgang Koch, Ulrich Reß, Thorsten Grümbel, Phillip Ens,<br />

Sophie Koch, Aga Mikolaj, Catherine Wyn-Rogers, Eri Nakamura,<br />

Angela Brower, Okka von der Damerau<br />

Di 03.07.12 19:30 Uhr<br />

Di 10.07.12 19:30 Uhr<br />

Giacomo Puccini<br />

La bohème<br />

Musikalische Leitung Dan Ettinger<br />

Inszenierung Otto Schenk<br />

Angela Gheorghiu, Laura Tatulescu, Joseph Calleja, Levente Molnár,<br />

Christian Rieger, Goran Jurić, Dean Power, Alfred Kuhn,<br />

Rüdiger Trebes, Tareq Nazmi, Peter Mazalán<br />

Di 17.07.12 19:00 Uhr<br />

Fr 20.07.12 19:00 Uhr<br />

Alban Berg<br />

Wozzeck<br />

Musikalische Leitung Lothar Koenigs<br />

Inszenierung Andreas Kriegenburg<br />

Simon Keenlyside, Roman Sadnik, Kevin Conners,<br />

Wolfgang Schmidt, Clive Bayley, Christoph Stephinger, Francesco Petrozzi,<br />

Kenneth Roberson, Waltraud Meier, Heike Grötzinger<br />

sponsored by<br />

So 22.07.12 19:00 Uhr<br />

AGENDA 210<br />

AGENDA 211


Ballett<br />

Simone Sandroni / Russell Maliphant / Kenneth MacMillan<br />

Das Mädchen und der<br />

Messerwerfer / AfterLight /<br />

Las Hermanas<br />

KONZERTE<br />

Partner des <strong>Bayerische</strong>n Staatsorchesters<br />

3. Kammerkonzert<br />

Max Reger, Camille Saint-Saëns, Ludwig van Beethoven<br />

Flöte Paolo Taballione<br />

Violine Markus Wolf<br />

Viola Tilo Widenmeyer<br />

Harfe Gaël Gandino<br />

Musik 48nord, Eric Satie, Frank Martin<br />

Di 24.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

Jiří Kylián / Jerome Robbins<br />

Goldberg -Variationen /<br />

Gods and Dogs<br />

Musik Johann Sebastian Bach, Jiří Kylián (Konzept),<br />

Dirk Haubrich, Ludwig van Beethoven<br />

Solisten und Ensemble des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Solisten und Ensemble des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Mo 09.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Di 10.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Galakonzert<br />

Richard Wagner, Johannes Brahms<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Solistin Waltraud Meier<br />

Fr 29.06.12 19:00 Uhr<br />

4. Kammerkonzert<br />

Ludwig van Beethoven, Peter I. Tschaikowsky<br />

Schumann Quartett<br />

Violine Barbara Burgdorf, Traudi Pauer<br />

Viola Stephan Finkentey<br />

Violoncello Oliver Göske<br />

Mo 02.07.12 19:30 Uhr<br />

Nachtkonzert<br />

Do 26.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

Frederick Ashton<br />

La Fille mal gardée<br />

Musik Ferdinand Hérold, John Lanchbery<br />

Solisten und Ensemble des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Münchner Symphoniker<br />

Musikalische Leitung Myron Romanul<br />

Do 05.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Fr 06.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

So 08.07.12 15:00 Uhr Prinzregententheater<br />

So 08.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Mi 11.07.12 19:30 Uhr Prinzregententheater<br />

Frederick Ashton / Kenneth MacMillan<br />

Steps & Times<br />

Scènes de ballet / Five Brahms Waltzes in the Manner of<br />

Isadora Duncan / Frühlingsstimmen / Das Lied von der Erde<br />

Werke um Richard Wagners Der Ring des Nibelungen<br />

OperaBrass – Die Blechbläser der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

Special Guests Diana Damrau, Michael Volle<br />

Mo 16.07.12 21:00 Uhr<br />

Konzert der<br />

Münchner Hofkantorei<br />

Frank Martin<br />

Münchner Hofkantorei<br />

Leitung und Einstudierung Wolfgang Antesberger<br />

Violine David Schultheiß<br />

Klavier Sophie Raynaud<br />

Mi 18.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

5. Kammerkonzert<br />

Jean Françaix, Wolfgang Amadeus Mozart, Heitor Villa-Lobos<br />

Flöte Paolo Taballione<br />

Oboe Giorgi Gvantseladze<br />

Klarinette Andreas Schablas<br />

Horn Johannes Dengler<br />

Fagott Holger Schinköthe<br />

Sa 28.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

6. Kammerkonzert<br />

Anton Bruckner, Max Bruch, Johannes Brahms<br />

LazArt-Quartett<br />

Violine Adrian Lazar, Isolde Lehrmann<br />

Viola Johannes Zahlten<br />

Violoncello Benedikt Don Strohmeier<br />

Viola Adrian Mustea<br />

Violoncello Rupert Buchner<br />

Mo 30.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

Musik Igor Strawinsky, Johannes Brahms, Johann Strauß,<br />

Gustav Mahler<br />

Solisten und Ensemble des <strong>Bayerische</strong>n Staatsballetts<br />

Musikalische Leitung Ryusuke Numajiri<br />

Mezzosopran Heike Grötzinger<br />

Tenor Bernhard Berchtold<br />

Sa 07.07.12 19:30 Uhr<br />

1. Kammerkonzert<br />

Max Bruch, Dmitri Schostakowitsch, Felix Mendelssohn Bartholdy<br />

Violine David Schultheiß, Janis Olsson, Immanuel Drißner,<br />

Sylvia Eisermann<br />

Viola Dietrich Cramer, Daniel Schmitt<br />

Violoncello Yves Savary, Benedikt Don Strohmeier<br />

Kontrabass Florian Gmelin<br />

Sa 21.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

2. Kammerkonzert<br />

Alban Berg, Franz Schubert<br />

Odeon-Quartett<br />

Violine Felix Gargerle, Michael Durner<br />

Viola Christiane Arnold<br />

Violoncello Anja Fabricius<br />

So 22.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

AGENDA 212<br />

AGENDA 213


RUND UM DEN RING –<br />

DAS BEGLEITPROGRAMM<br />

philine rinnert: relikt<br />

Eine Installation auf dem Max-Joseph-Platz<br />

ab Di 19.06.12<br />

—<br />

Sven Holm: Wagnerin. Ein Haus der Kunstmusik<br />

Ein Abend ohne Götter und Helden, für Cosima, Winifred,<br />

Gudrun und Katharina Wagner, viele Blaue Mädchen, Herrenensemble<br />

und übrig gebliebene Posaunisten des Festspielorchesters<br />

Regie Sven Holm<br />

Musikalische Leitung und Arrangements Richard Whilds<br />

Dame Gwyneth Jones, Hanna Dóra SturludÓttir, Ceri Williams,<br />

Goran Jurić, Ulrich Reß, Christoph Stephinger und dem<br />

Vertigo Trombone Quartett (Nils Wogram, Bernhard Bamert,<br />

Jan Schreiner, Andreas Tschopp)<br />

Elfriede Jelinek: Rein Gold<br />

– Urlesung – eine Aktion von Nicolas Stemann und der Schnellen<br />

Theatralen Eingreiftruppe (S.T.E)<br />

Mit Birgit Minichmayr, Hildegard Schmahl, Sebastian Rudolph,<br />

Josef Ostendorf, Mitgliedern des Opernstudios der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong><br />

So 01.07.12 20:00 Uhr Prinzregententheater<br />

—<br />

ÜBERWÄLTIGUNG. EIN KONZERT<br />

Werke von Richard Wagner, Mauricio Kagel, Alexander Skrjabin,<br />

Philip Glass u. a.<br />

Orchester Jakobsplatz München<br />

Musikalische Leitung Daniel Grossmann<br />

Mi 04.07.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

—<br />

Schorsch Kamerun: München komplett<br />

Eine Theatertournee für die Mitgestaltung des Stadtbildes<br />

Fr 06.07.12 20:00 Uhr Hofbräuhaus<br />

Sa 07.07.12 20:00 Uhr Hofbräuhaus<br />

So 08.07.12 20:00 Uhr Hofbräuhaus<br />

Campus<br />

Konzert der<br />

Orchesterakademie<br />

Claude Debussy, Igor Strawinsky, Darius Milhaud<br />

Sa 07.07.12 20:00 Uhr Allerheiligen Hofkirche<br />

Hauptsponsor<br />

der Orchesterakademie<br />

ATTACCA-Konzert<br />

Bedřich Smetana, Leonard Bernstein, Aram Khatschaturjan<br />

Musikalische Leitung Allan Bergius<br />

Flöte Julia Habenschuss<br />

So 22.07.12 11:00 Uhr Prinzregententheater<br />

Liederabende<br />

Liederabend<br />

Christian Gerhaher<br />

Lieder von Ludwig van Beethoven, Arnold Schönberg, Joseph Haydn,<br />

Alban Berg<br />

Klavier Gerold Huber<br />

Sa 07.07.12 20:00 Uhr Prinzregententheater<br />

Liederabend<br />

Joyce DiDonato<br />

Lieder von Antonio Vivaldi, Gabriel Fauré, Gioachino Rossini, Franz<br />

Schubert, Robert Schumann, Michael Head, Reynaldo Hahn<br />

Klavier David Zobel<br />

Sa 14.07.12 20:00 Uhr Prinzregententheater<br />

So 24.06.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

Mo 25.06.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

—<br />

Romeo Castellucci: Dämmerung<br />

Szenische Installation<br />

Mi 27.06.12 bis Sa 30.06.12 19:00 bis 22:00 Uhr<br />

Allerheiligen Hofkirche<br />

So 01.07.12 14:00 bis 17:00 Uhr<br />

Allerheiligen Hofkirche<br />

—<br />

Ring-Seminar: Götterdämmerung<br />

Sa 30.06.12 10:00 bis 14:00 Uhr Capriccio-Saal<br />

So 01.07.12 18:00 bis 22:00 Uhr Capriccio-Saal<br />

—<br />

Premiere<br />

—<br />

Ring-Seminar: Der Ring des Nibelungen (Zyklus)<br />

Di 10.07.12 11:00 bis 14:00 Uhr Capriccio-Saal<br />

Do 12.07.12 11:00 bis 15:00 Uhr Capriccio-Saal<br />

Mo 16.07.12 11:00 bis 14:00 Uhr Capriccio-Saal<br />

—<br />

Saar Magal: Hacking Wagner<br />

Eine Performance<br />

Konzept und Choreographie Saar Magal<br />

Komposition Moritz Gagern<br />

Mit Ulrike Etzold, Lee Meir, Zufit Simon, Eva Svaneblom; Dor Mamalia,<br />

Avi Mazli, Andreas Merk<br />

Fr 27.07.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

Sa 28.07.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

So 29.07.12 20:00 Uhr Haus der Kunst, Westflügel<br />

Premiere<br />

Konzert des Opernstudios<br />

Gioachino Rossini, Friedrich von Flotow<br />

Mi 25.07.12 20:00 Uhr Cuvilliés-Theater<br />

Extra<br />

SEHEND HÖREN – GÖTTERDÄMMERUNG<br />

So 08.07.12 11:00 Uhr Pinakothek der Moderne<br />

Liederabend<br />

Simon Keenlyside<br />

Lieder von Robert Schumann, Hugo Wolf, Franz Schubert<br />

Klavier Malcolm Martineau<br />

Mo 16.07.12 20:00 Uhr Prinzregententheater<br />

Liederabend<br />

Jonas Kaufmann<br />

Lieder von Franz Schubert<br />

Klavier Helmut Deutsch<br />

herr richard w. in m.:<br />

Hörstationen von Wiebke Matyschok<br />

ab Sa 30.06.12<br />

Bitte bringen Sie einen Ausweis oder 100 € als Pfand für den MP3-<br />

Player mit. Ausleihmöglichkeit im Opernshop in der Tageskasse am<br />

Marstallplatz 5 (Mo bis Sa, 10:00 bis 19:00 Uhr).<br />

—<br />

„Der Ring“ mit Spencer Tunick<br />

Eine Installation nach Szenen aus dem Ring<br />

23.06.12 und 24.06.12<br />

Anmeldung und Information: www.staatsoper.de/tunick<br />

—<br />

Ring-Matinee 7: Dämmerung<br />

So 29.07.12 11:00 Uhr Nationaltheater<br />

—<br />

dennis rudolph: tympanon<br />

Kunstwerk an der Fassade des Nationaltheaters<br />

—<br />

Weltenbrand<br />

Projektion auf die Fassade des Nationaltheaters<br />

Während der Ring-Premierenserien allabendlich ab 20 Minuten nach<br />

Ende der Vorstellung<br />

von 30.06.12 bis 13.07.12<br />

Mi 18.07.12 20:00 Uhr Nationaltheater<br />

Liederabend<br />

Elīna Garanča<br />

Lieder von Robert Schumann, Richard Strauss<br />

Klavier Roger Vignoles<br />

Mi 25.07.12 20:00 Uhr Nationaltheater<br />

Partner des Rund-um-den-Ring-Programms<br />

AGENDA 215


Oper für alle<br />

Eintritt frei dank des<br />

Partners der Opernfestspiele<br />

Richard Wagner<br />

Götterdämmerung<br />

Audiovisuelle Live-Übertragung aus dem Nationaltheater<br />

So 15.07.12 17:00 Uhr Max-Joseph-Platz – Open Air<br />

Einführungen vor<br />

den Vorstellungen<br />

Das Rheingold<br />

Di 03.07.12 18:30 Uhr<br />

Di 10.07.12 18:30 Uhr<br />

Die Walküre<br />

Mi 04.07.12 16:00 Uhr<br />

Mi 11.07.12 16:00 Uhr<br />

klassik inspiriert *<br />

Festspiel-Konzert<br />

Howard Shore<br />

ATTACCA-Jugendorchester des <strong>Bayerische</strong>n Staatsorchesters<br />

Einstudierung Allan Bergius<br />

Richard Wagner<br />

<strong>Bayerische</strong>s Staatsorchester<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

Sa 14.07.12 20:00 Uhr Marstallplatz<br />

Siegfried<br />

Fr 06.07.12 16:00 Uhr<br />

Fr 13.07.12 16:00 Uhr<br />

Götterdämmerung<br />

So 08.07.12 15:00 Uhr<br />

So 15.07.12 16:00 Uhr<br />

Les Contes d’Hoffmann<br />

Do 19.07.12 18:00 Uhr<br />

Mo 23.07.12 18:00 Uhr<br />

UniCredit Festspiel-Nacht<br />

Bei der UniCredit Festspiel-Nacht bieten Festspiel-Künstler bereits zum<br />

elften Mal auf mehreren Bühnen Höhepunkte aus Oper, Konzert, Tanz,<br />

Lied und Literatur.<br />

Fünf Höfe, HVB Forum, Filiale Altstadt der HypoVereinsbank,<br />

Kardinal-Faulhaber-Straße<br />

Sa 23.06.12 20:00 Uhr<br />

Eintritt frei<br />

Turandot<br />

Do 26.07.12 18:00 Uhr<br />

So 29.07.12 18:00 Uhr<br />

Alle Einführungen finden im Capriccio Saal statt.<br />

Festspiel-Gottesdienst<br />

Joseph Haydn<br />

Nelson-Messe Hob. XXII:11<br />

Mitglieder und Solisten der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> und des <strong>Bayerische</strong>n<br />

Staatsorchesters<br />

Musikalische Leitung Kent Nagano<br />

So 24.06.12 10:00 Uhr St. Michael, Neuhauser Straße<br />

* Vlado Milunić & Frank Gehry: „Das tanzende Haus“<br />

www.br-klassik.de<br />

Foto: Wikimedia Creative Commons, 2008 Dino Quinzani<br />

AGENDA 216


Um die Festspiele verdient<br />

gemacht – der Festspielpreis<br />

der Gesellschaft zur<br />

Förderung der Münchner<br />

Opernfestspiele<br />

219<br />

Mit dem Ziel, die Attraktivität der Opernfestspiele durch<br />

Spenden zu erhalten und zu steigern, wurde 1958 die Gesellschaft<br />

zur Förderung der Münchner Opernfestspiele gegründet.<br />

Künstlern, Persönlichkeiten oder Arbeitsgruppen, die<br />

sich um die Festspiele besonders verdient gemacht haben,<br />

verleiht die Gesellschaft seit 1965 den Festspielpreis.<br />

Zu den Preisträgern zählen unter anderem die Kammersängerinnen<br />

Júlia Várady und Anja Harteros, Tenor Ian<br />

Bostridge, Dirigent Ivor Bolton oder etwa der Chor der<br />

<strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>, einzelne Instrumentengruppen<br />

des <strong>Bayerische</strong>n Staatsorchesters sowie junge Solisten. In<br />

den letzten beiden Jahren wurden die Sänger Pavol Breslik<br />

und Christian Gerhaher, Tara Erraught und Laura Tatulescu<br />

sowie ATTACCA – das Jugendorchester des <strong>Bayerische</strong>n<br />

Staatsorchesters geehrt.<br />

Christian Gerhaher sorgte mit seinem Porträt des<br />

Wolfram von Eschenbach in Richard Wagners Tannhäuser<br />

laut Dieter Rampl, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft,<br />

für „einen der Höhepunkte der Opernfestspiele 2010“. Pavol<br />

Breslik wurde der Preis für sein erfolgreiches Einspringen<br />

anstelle von Rolando Villazón in Donizettis L’Elisir<br />

d’amore verliehen. Die junge Irin Tara Erraught übernahm<br />

als Ensemblemitglied kurzfristig die Partie des Romeo in<br />

der Premiere von I Capuleti e i Montecchi und feierte damit<br />

einen fulminanten Erfolg. Laura Tatulescu ist seit der Spielzeit<br />

2009/10 Ensemblemitglied der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>.<br />

In den letztjährigen Opernfestspielen war sie als Hanna in<br />

Miroslav Srnkas Uraufführung Make No Noise mit dem<br />

Ensemble Modern zu erleben. In der Neuproduktion von<br />

Beethovens Fidelio bejubelte sie das Publikum im Dezember<br />

2010 in der Rolle der Marzelline. Das von der Musikalischen<br />

Akademie des <strong>Bayerische</strong>n Staatsorchesters getragene<br />

Jugendorchester ATTACCA wurde 2007 gegründet<br />

und entwickelte sich seitdem zu einem einzigartigen Jugendprojekt,<br />

das sich an musizierende Jugendliche zwischen<br />

12 und 18 Jahren richtet. Im letzten Jahr wurde der Musikalischen<br />

Akademie für ATTACCA sogar der ECHO Klassik<br />

für musikalische Nachwuchsförderung verliehen. Festspielbesucher<br />

können das Jugendorchester unter anderem im<br />

Rahmen des Oper für alle-Konzertes auf dem Marstallplatz<br />

erleben.


Festspielempfang der Förderergesellschaft<br />

Münchner Opernfestspiele 2011<br />

ORTHOPÄDISCHE CHIRURGIE<br />

AUF HÖCHSTEM NIVEAU.<br />

Spitzenmedizin durch das Leistungs- und<br />

Kompetenz-Zentrum der Orthopädischen<br />

Chirurgie – die OCM München.<br />

Viele Patienten aus dem In- und Ausland<br />

finden in der OCM Gemeinschaftspraxis nicht<br />

nur eine herausragende medizinische Qualität,<br />

sondern darüber hinaus auch die Sicherheit,<br />

dass durch modernste Diagnoseverfahren,<br />

OP-Techniken (minimal-invasiv) und durch ein<br />

breites Erfahrungspotenzial ein Maximum an<br />

Erfolgsaussichten garantiert werden kann.<br />

Modernste Präzisions– und<br />

Computertechnologien, z.B. computerassistierte<br />

Operationsverfahren in der Knie- und<br />

Hüftendoprothetik oder auch langjährige<br />

Erfahrungen in der Hüftarthroskopie erhöhen<br />

die Heilungschancen und minimieren<br />

Nebenwirkungen.<br />

Medizinische Schwerpunkte:<br />

Aufnahmeantrag<br />

Ich/wir möchte(n) der Gesellschaft zur Förderung der<br />

Münchner Opernfestspiele e.V. beitreten als:<br />

Einzelmitglied (250 €) Firmenmitglied (1.000 €)<br />

Fördermitglied (1.500 €) Förderndes Firmenmitglied (3.000 €)<br />

Name<br />

Straße und Hausnummer<br />

Postleitzahl und Stadt<br />

· Arthroskopische Operationen aller Gelenke<br />

· Sporttraumatologie<br />

· Knie- und Sprunggelenkchirurgie<br />

· Schulter und Ellenbogenchirurgie<br />

· Hand- und Fußchirurgie<br />

· Endoprothetik Hüfte, Knie,<br />

Lendenwirbelsäule, Halswirbelsäule,<br />

Schulter<br />

· Kleine und große Wirbelsäulenchirurgie<br />

· Rheuma-Chirurgie<br />

Den ersten Beitrag werde(n) ich/wir nach der Mitteilung<br />

über die Aufnahme auf eines Ihrer Konten zahlen.<br />

Telefon-Nummer<br />

Fax-Nummer<br />

Bitte füllen Sie diesen Aufnahmeantrag aus und schicken<br />

diesen in einem Briefumschlag an folgende Adresse:<br />

E-Mail<br />

Gesellschaft zur Förderung der Münchner Opernfestspiele e.V.<br />

Maffeistraße 14, 80333 München<br />

Datum<br />

Unterschrift<br />

OCM Gemeinschaftspraxis | OCM Klinik GmbH | Steinerstraße 6 | 81369 München | Telefon: +49 (0)89-20 60 82-0<br />

Fax: +49 (0)89-20 60 82-333 | E-Mail: info@ocm-muenchen.de | www.ocm-muenchen.de


Schlafen für Augenmenschen<br />

Sightseeing beginnt in Bayern bereits beim Einchecken,<br />

beim Aufwachen, beim Frühstück …<br />

Augenmenschen logieren in Burganlagen,<br />

Schlössern oder in Hotels mit sehenswerter Architektur<br />

und zeitgenössischem Design.<br />

Augen auf: die Sightsleeping ® -Hotels in Bayern!<br />

Informationen zu den<br />

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*aus dem dt. Festnetz, Mobilfunktarife max. 0,42 e/Min.<br />

Page 28 – 34<br />

Divine power<br />

and the work of<br />

man<br />

Essay Karsten Fischer<br />

Images Philipp Fürhofer<br />

On the development of democracy<br />

thanks to self-awareness<br />

and self- restraint<br />

In the beginning was a Twilight<br />

of the Gods<br />

As already suggested, the socio-poli t-<br />

ical order in the high cultures of both<br />

the ancient Orient and ancient Judaism<br />

(and after that in mediaeval Christianity)<br />

was thought of as being determined<br />

by higher beings and inaccessible<br />

to humankind. Yet in Greek antiquity,<br />

more specifically during the development<br />

of the free and democratic<br />

city states (póleis) from the 8 th century<br />

B. C. onwards, the political was understood<br />

as a matter subject exclusively<br />

to the decisions of free citizens<br />

and therefore renounced all references<br />

to otherworldly supernatural powers,<br />

which were from then on understood<br />

as apolitical. This made it possible to<br />

consider the problem of power consistently<br />

in terms of freedom – not just as<br />

the freedom to live under the law of<br />

God granted by the exodus, as in Old-<br />

Testament Israel, but as a comprehensive<br />

freedom, the only limitations of<br />

which were taken from the political<br />

decision of the citizens through selflegislation,<br />

i. e. autonomy. Consequently,<br />

this Die Entstehung des Politischen<br />

bei den Griechen (The Emergence of the<br />

Political with the Greeks) is also associated<br />

with a new legal thinking which<br />

means emancipation from the supposed<br />

demands and sensitivities of the<br />

deities and thus overcoming archaic<br />

practices such as blood vengeance.<br />

This is condensed in the Oresteia by<br />

the playwright Aeschylus, which was<br />

first performed in 458 B. C., three years<br />

after the disempowerment of the Areopagus,<br />

the Athenian council of elders.<br />

English Excerpts 223<br />

This tragedy tells of the sacrifice of Iphigenia<br />

by her father, Agamemnon,<br />

who hopes that this will bring an end<br />

to the calm period preventing his fleet<br />

from sailing after his victorious return<br />

from the Trojan war, but who is struck<br />

dead by his wife Clytemnestra for killing<br />

their daughter. This act in turn is<br />

avenged by Orestes with the matricide<br />

of Clytemnestra, whereupon he is pursued<br />

mercilessly by the vengeful goddesses,<br />

the Erinyes. The goddess Athena<br />

intervenes and reproaches the Erinyes,<br />

stating that their upholding of<br />

the traditional, merciless law is destructive.<br />

The goddess of wisdom declares<br />

Orestes’ crime a legal matter,<br />

which requires open and unbiased legal<br />

proceedings on the basis of taking<br />

evidence, criteria of justice and assessing<br />

the consequences of the judgement.<br />

This initial rudimentary manifestation<br />

of the secular rule of law is<br />

now handed over to the pólis, the democratic<br />

self-government of the free citizens<br />

in the city state. By no means all<br />

the gods agree with this solution and<br />

the Erinyes even lose their hereditary<br />

duty and are forced to accept a new vocation<br />

as protective goddesses of the<br />

city, known as the Eumenides. You<br />

could say, with Wagnerian humour,<br />

that it were as if the Valkyries had<br />

been appointed as nursery teachers for<br />

the unborn Siegfried in the third act of<br />

the Valkyries.<br />

As is not seen again until modern<br />

democracies, law is understood during<br />

the course of Die Entstehung des<br />

Politischen bei den Griechen (The<br />

Emergence of the Political with the<br />

Greeks) as the legitimate result of political<br />

decisions and that means: human<br />

decree. Measured against tradition,<br />

this truly is a Twilight of the<br />

Gods, not just for the Erinyes. For<br />

politics is now regarded as a human<br />

sphere of action governed by its own<br />

laws under the conditions of freedom,<br />

in which only arguments and majority<br />

decisions apply, not appeals to divine<br />

commands, nor, as Richard Wagner<br />

imagined, to truth and love. Free<br />

and democratic politics means having<br />

to make a decision under conditions<br />

of incomplete knowledge and, as such,<br />

allowing for errors and making it reversible<br />

as far as possible. If we possessed<br />

the truth or if all members of<br />

society loved one another, there would<br />

be no need for democratic politics. In<br />

reality, however, there is no humane<br />

alternative to admitting that human<br />

actions are susceptible to error and to<br />

the solution of therefore reaching a<br />

new decision on a broad basis in each<br />

case. As such, it is politically problematic<br />

that Richard Wagner wanted to<br />

denounce rule by contracts with Wotan’s<br />

failure in the Ring of the Nibelung.<br />

In contrast, the citizens in a democracy<br />

would have to assess Wotan’s<br />

complaint about the contractual “ties<br />

that bind me” in the second act of Die<br />

Walküre completely differently, namely<br />

as a profoundly commendable, constitutional<br />

self-restraint of politics as<br />

prescribed by the liberal theories of social<br />

and sovereign contracts in modern<br />

political thinking.<br />

Page 40 – 46<br />

Wagneresses<br />

Text Pascal Morché<br />

Illustrations Sydney Couldridge<br />

Soprano Nina Stemme will sing<br />

the part of Brünnhilde in the<br />

premiere of The Twilight of the<br />

Gods. Dame Gwyneth Jones will<br />

return to the Bavarian State<br />

Opera for the Wagnerin project.<br />

A meeting with the two Wagner<br />

singers, and with Wagner’s<br />

women.<br />

Gwyneth Jones and Nina Stemme:<br />

two women, two generations of Wagner<br />

heroines. Both have famously<br />

played Brünnhilde in the Ring of the<br />

Nibelung, both have worldwide experience<br />

of portraying “passionate pain”<br />

and what Richard Wagner imagined to<br />

be the woman of the future: “a woman<br />

who sacrifices herself for love”. According<br />

to Wagner however, this woman<br />

should no longer be “the domestic<br />

homebody, the long-ago freed Penelope<br />

of Odysseus”. No, women at the<br />

stove were a horror for the artistic all-<br />

www.sightsleeping.by


ounder: “her husband will rule her<br />

and she will obey; beside the hearth<br />

she will spin, to all mockers a mark for<br />

scorn!”. Such are the words of Wotan<br />

when he punishes Brünnhilde, and<br />

such are the words of Wagner when he<br />

describes the most wretched situa -<br />

tion of a woman. He, Richard Wagner,<br />

wanted an emancipated, autonomous<br />

and self-determining woman; he wanted<br />

“the absolute woman, but the as yet<br />

unavailable, longed-for, anticipated,<br />

unendingly feminine woman, – …: the<br />

woman of the future.”<br />

Confronted with the weight of such<br />

words from Wagner telling of the<br />

“longed-for feminine woman”, Swedish<br />

soprano Nina Stemme can’t help<br />

but laugh heartily: “This future should<br />

now be present reality for Wagner’s female<br />

characters on the stage and for<br />

real-life women, too.” Gwyneth Jones,<br />

who has been conferred the title of<br />

“Dame” (“some people who are unfamiliar<br />

with the orders of merit of the<br />

British Empire ask: Do you want to be<br />

a lady?”), has worked on the Wagnerian<br />

ideal of the modern emancipated<br />

woman on all stages. Just as meticulously<br />

as Leporello kept notes on the<br />

affairs of his master, Dame Gwyneth<br />

noted this work in her Ring piano<br />

scores. Her index finger now wanders<br />

over the endpaper: “I have sung Brünnhilde<br />

in the The Valkyrie 106 times,<br />

Siegfried’s Brünn hilde 45 times and<br />

Brünnhilde in The Twilight of the Gods<br />

57 times, including in the Chéreau/<br />

Boulez Ring in Bayreuth from 1976 to<br />

1980.” Making up part of the final<br />

scene, in which the people freed from<br />

entrapment by the gods by Brünnhilde’s<br />

death step onto the stage ramp<br />

and look to the audience, was a child,<br />

a small girl: Dame Gwyneth’s daughter.<br />

Today, Susanne is a singer her self,<br />

“back then she was scared that her<br />

mother would be burnt on the stage”,<br />

explains Gwyneth Jones. Nina Stemme<br />

also has children, two daughters<br />

and a son. In this respect, the two highly<br />

dramatic singers are by no means<br />

Wagner women. With the exception of<br />

Sieglinde, none of Wag ner’s female<br />

characters bears a child, which is why<br />

even Nietzsche mocked: “They can’t …<br />

Siegfried ‘emancipates the woman’ –<br />

English Excerpts 224<br />

but with no hope of descendents. – A<br />

fact which leaves us bewildered: Parsifal<br />

is the father of Lohengrin! How<br />

did he manage that?” How, indeed?<br />

Although Wagner often writes about a<br />

mother’s troubles (Erda or Parsifal’s<br />

Herzeloyde), there is only one pregnant<br />

woman in Wagner’s music dramas<br />

(Sieglinde). However, there are many<br />

daughters and any number of women<br />

who love with boundless passion.<br />

Brünnhilde, Wotan’s favourite valky rie,<br />

who bore him the all-knowing Erda<br />

and opposed his intention to destroy<br />

Siegmund, is certainly (along with<br />

Kundry) the most profound and, in<br />

terms of depth psychology, most multifaceted<br />

female figure and stage character<br />

in Wagner’s work. “Just the tremendous<br />

development of this figure<br />

from the young, loving daughter to the<br />

mature, strong, courageous woman is<br />

absolutely extraordinary”, says Nina<br />

Stemme, who is impressed by this part<br />

as by hardly any other. And Dame<br />

Gwyneth says: “Brünnhilde begins as<br />

a valkyrie, enters onto the stage like a<br />

teenager as a ‘bold, marvellous child’<br />

and sings ‘hojotoho’ 14 times. Yet when<br />

one compares this initial carefree attitude<br />

to the woman from the finale of<br />

The Twilight of the Gods, there really<br />

is an enormous difference.” Oh, valkyries!<br />

“Girls who only have relationships<br />

with men once those men are<br />

dead”, said Patrice Chéreau back in<br />

the day. “That’s right, we don’t sleep<br />

with the dead. We just take them to<br />

Valhalla”, says Dame Gwyneth, who is<br />

also impressed by the “immeasurably<br />

rich development” that Richard Wagner’s<br />

Brünnhilde experiences through<br />

the three works on the stage. She is<br />

undoubtedly “the” leading character<br />

in the Ring!<br />

Page 48 – 54<br />

The initiator<br />

of it all<br />

Interview Daniel Ender<br />

Photography Michael Dürr<br />

Before Wolfgang Koch enters<br />

the intermediate world of the<br />

castle park in Pötzleinsdorf<br />

(even if only in a photographic<br />

sense), author Daniel Ender met<br />

him to speak about the role of<br />

Alberich and the way he deals<br />

with the pressure to succeed.<br />

MAX JOSEPH Alberich in Wagner’s<br />

Ring is much more than just a minor<br />

role. Actually Alberich is the driving<br />

force of it all. If he wasn’t there, the<br />

whole plot would be a different one.<br />

What’s your take on this strange<br />

oddball who initiates the drama but<br />

stays mainly in the background form<br />

then on?<br />

WOLFGANG KOCH He is, you could<br />

say, actually the title role. Wagner<br />

didn’t call his work The Ring of the Nibelungs,<br />

but The Ring of the Nibelung.<br />

And that refers to Alberich. He’s the<br />

initiator, the medium through whom<br />

the driving forces that finally unleash<br />

the drama operate. Alberich is the one<br />

driven by greed, the one who always<br />

misses out, who is always refused. He’s<br />

the one who does the dirty jobs. Then<br />

he becomes Wotan’s opponent and<br />

does what Wotan might actually want<br />

to do himself. However, Wotan has to<br />

take care of contracts and needs to<br />

make sure that he doesn’t break the<br />

law with any of his tricks. Alberich,<br />

though, doesn’t give it a second<br />

thought.<br />

MJ He is working towards a totalitarian<br />

system and as Wotan’s antagonist<br />

he has the potential and the ambition<br />

to win over this God, too.<br />

WK Absolutely. If he didn’t overdo it<br />

and wasn’t so absorbed by his great<br />

power and complacency, he wouldn’t<br />

allow himself to be tricked. It’s actually<br />

quite fascinating: A person who is<br />

talented enough to take it all – shortly<br />

before they reach their aim – is destroyed<br />

by their own success. The<br />

same thing happens with politicians<br />

from time to time. They achieve<br />

incredi ble success and then, when it<br />

comes to the crucial point, they lose<br />

everything through a lapse in judgement<br />

caused by their arrogance.<br />

MJ The Underworld, where Albe rich<br />

comes from, also symbolises destruction,<br />

aimlessness, self-indulgence.<br />

Looking at it from today’s perspective,<br />

what are the interesting aspects<br />

of the whole story?<br />

WK What is certainly very interesting<br />

is the way in which very swift changes<br />

in the environment and surroundings,<br />

how sudden wealth, power or oppression<br />

changes people; the energies and<br />

passions that suddenly rear their<br />

heads. I think that’s timeless.<br />

MJ Nowadays, the momentum of<br />

success, but also the pressure to succeed<br />

is very intense. How do you deal<br />

with it?<br />

WK It’s not easy, if you’re not used to<br />

it. As time goes by it becomes more<br />

natural. You’re taken from your natural<br />

habitat, become suddenly anonymous<br />

and you experience a loneliness,<br />

the rehearsal process, see a work gradually<br />

take shape. The premiere comes<br />

nearer and suddenly you’re on display.<br />

That’s when the pressure starts to increase.<br />

You focus on your work, stop<br />

caring about unimportant things in<br />

life. Then, suddenly, all the pressure is<br />

gone as if a valve was opened. There<br />

are colleagues who are extremely professional<br />

in dealing with this pressure.<br />

MJ Of course, as soon as a career<br />

starts to gain momentum and you begin<br />

to soar, the deep chasm below is an<br />

ever present threat.<br />

WK Yes, in most cases the fear of it all<br />

going wrong, losing everything because<br />

of one bad performance comes<br />

along with it. Of course, that’s ridiculous.<br />

Obviously, sometimes you try to<br />

channel those fears. As a singer you<br />

can’t afford to drink too much alcohol<br />

(and I am not talking about not having<br />

enough money), so instead you<br />

treat yourself to something nice or<br />

take some time off. That’s very important<br />

and stops you from burning out –<br />

because, yes, it is risky. <br />

Page 56 – 60<br />

“Well, that’s how<br />

I see it”<br />

Text Dorion Weickmann<br />

Photography Tanja Kernweiss<br />

The new production of the Ring<br />

would look very different<br />

with out the work of Swiss<br />

choreographer Zenta Haerter,<br />

for many years a key member<br />

of Andreas Kriegenburg’s team.<br />

A portrait.<br />

A delicately woven, soft white fabric<br />

covers the table. A marvel created<br />

along the way, a pick-me-up and tranquiliser<br />

at the same time. At half past<br />

six in the morning, when the rest of the<br />

theatre world is still fast asleep, trying<br />

to rid itself of the rehearsal and premiere<br />

hang-over, Zenta Haerter sits at<br />

the kitchen table. This table may be at<br />

home in Zurich, or in Dresden or Berlin,<br />

where she is currently preparing<br />

the finale of Munich’s Ring tetralogy<br />

together with Andreas Kriegenburg.<br />

Anyone wishing for an audience with<br />

Zenta Haerter and requiring information<br />

beforehand, had better call a private<br />

investigator. Conventional sources<br />

give away very little. The web offers<br />

only a couple of brief sentences: “Theatre<br />

and opera choreographer, degree<br />

from Juilliard School in New York” –<br />

there is no website, nor a facebook<br />

profile, let alone a twitter account.<br />

“My person is of no importance, what<br />

is important is my work. Apart from<br />

that I do not like to define myself or be<br />

defined by others.” “There is no reason,<br />

why things that happened twenty<br />

years ago should be online – this idea<br />

horrifies me!”, explains a voice on the<br />

phone, full of conviction. Only a short<br />

time later the same voice shyly asks if<br />

it would be ok to meet at ten o’clock in<br />

the morning. Zenta Haerter is certainly<br />

not of the opinion that her rules<br />

should be accepted by everybody else.<br />

“Well, that’s how I see it anyway,“ is a<br />

leitmotif with which she chooses to<br />

end many of her statements.<br />

It all started with an early, determined<br />

decision. “When I was only<br />

eleven or twelve years old I already<br />

knew I wanted to become a dancer.”<br />

Her father, an engineer who runs his<br />

own business, reacted less than positively.<br />

Zenta Haerter inherited her father’s<br />

gift for mathematics. “I have<br />

always seen numbers in certain colours.<br />

And as the whole world is full of<br />

numbers, my world is extremely colourful!”<br />

So you mean three has a different<br />

colour to five and five looks different<br />

from seven? “Yes, three is red,<br />

five is yellow and seven is brown – I<br />

have never had problems memori sing<br />

telephone numbers, because I can al-<br />

Photo: Michael Dürr


Photo: Tanja Kernweiss<br />

English Excerpts<br />

ways associate them with colours.”<br />

Short pause. “That may also be the<br />

reason why I never go the cinema, but<br />

that’s a shame as I’m surrounded by<br />

cineasts. But I bathe in colours all day<br />

long, so I don’t need the movies.”<br />

Her father remained stubborn, until<br />

a trip to Paris and a visit to the atelier<br />

of Carolyn Carlson. Her minimalistic,<br />

abstract strokes of genius finally<br />

won her father over. “If that’s what<br />

you want to do, so be it, but you must<br />

learn from the best.” The best are in<br />

New York, the stomping ground of<br />

Martha Graham. As a girl, Zenta had<br />

become familiar with Modern Dance<br />

before and experienced “total blessedness”.<br />

“It was such a relief to strip off<br />

the strict corset of ballet.” At the age<br />

of 15 she moved to the Big Apple,<br />

shared a flat with an actress, studied<br />

hard to get her college degree within<br />

one year – and changed her mind:<br />

“The competition between the dancers<br />

was incredible, so I went to see the directors<br />

and told them I wanted to join<br />

the costume department.” No objection<br />

to this decision – not from her<br />

parents either (as she simply didn’t tell<br />

them). Her radical streak is the one ever-present<br />

thing in Zenta Haerter’s<br />

life. Decisions taken are seen through.<br />

No looking back, especially not in anger:<br />

“I am very good at saying goodbye.<br />

I know how to jettison unnecessary<br />

ballast, because it’s the only way<br />

to start something new.”<br />

She left her husband and children<br />

in Zurich and was just about to start a<br />

course in web design when the telephone<br />

rang and she was asked to be<br />

the choreographer in a new production<br />

by Andreas Kriegenburg at the Schauspielhaus<br />

in Zürich. This is the start of<br />

a close, almost symbiotic working relationship<br />

which eventually led to their<br />

first opera production together in<br />

Magdeburg. Between the trained cabinet<br />

maker and the trained dancer, a<br />

world of images emerged, based on<br />

wordless agreement, on empathy.<br />

“When Andreas is in the room I kind<br />

of embrace his ideas and take on the<br />

same point of view. It’s almost automatic.”<br />

That is how the lines between<br />

singing, language and dance blur. The<br />

choreography added to the production<br />

doesn’t appear as a separate art form<br />

– and that’s just what art is: to absorb<br />

the ideas and visions of others and<br />

make them shine without making a big<br />

fuss about it. What is needed here is<br />

modesty and austerity apart from any<br />

kind of monomania.<br />

Even frustration has no place in<br />

Zenta Haerter’s life. During the premiere<br />

of Andreas Kriegenburg’s Die<br />

Wal küre in Munich a couple of months<br />

ago, when the Ride of the Val ky ries<br />

was set in motion by a choreographed<br />

prologue, the audiences were “not<br />

amused”. “You have to forget such reactions,<br />

accept it the way it is.” Nevertheless,<br />

this spurned performance<br />

remains a finely designed business<br />

card from the Zenta Haerter workshop.<br />

Nothing is plasticized just to<br />

make it impressive, nothing choreographed<br />

according to well-known formulae.<br />

Although very fragile when it<br />

comes to details, she presents powerful<br />

compositions of images, which<br />

emerge from a healthy mix of experimental<br />

and ecstatic moments.<br />

There even was a time when Zenta<br />

Haerter indulged in her passion for<br />

excessive rehearsal by locking herself<br />

into a rented studio for two to three<br />

hours a day and recording her sessions<br />

on video, once even taking ecstasy,<br />

“be cause I wanted to know if<br />

you really can produce better work on<br />

drugs”. The result was bitterly disappointing.<br />

Knitting proved to be the<br />

better alternative to any kind of dope.<br />

Well, at least that’s how Zenta Haerter<br />

sees it.<br />

Page 74 – 81<br />

A dream, what<br />

else<br />

Text Peter von Becker<br />

Photography Till Janz<br />

As German cinema’s ingenious<br />

out sider, Hans-Jürgen Syberberg’s<br />

films have tackled Kleist,<br />

Hölderlin, Wagner, Hitler and<br />

Ludwig II. Today, the author<br />

and director is reviving his<br />

childhood estate in Western<br />

Pomerania in quite intriguing<br />

style. We visited the gesamtkunstwerk<br />

that is Nossendorf.<br />

The word gesamtkunstwerk leads us<br />

straight to Wagner. Due to his film<br />

Winifred, Syberberg was (incomprehensibly)<br />

branded a persona non grata<br />

and banished from the Festspielhaus<br />

in Bayreuth. But the Berlin<br />

Academy of Arts invited him to submit<br />

a concept for a presentation in 2013 to<br />

mark the composer’s 200 th birthday.<br />

Syberberg, “The greatest Wagnerian<br />

since Thomas Mann”, according to Susan<br />

Sontag (who he self-deprecatingly<br />

quotes), was happy to send the Academy<br />

a few suggestions.<br />

His two most original proposals<br />

are certainly these: to show the utopian<br />

Wagner in a presentation of the<br />

greatest Wagner productions never realised,<br />

from Adolphe Appia’s abstract<br />

light spaces and light dreams of the<br />

1920s, that later inspired Wieland<br />

Wagner and Robert Wilson, to Lars<br />

von Trier’s cancelled Bayreuth Ring.<br />

And Syberberg goes on to suggest getting<br />

an actor to read Wagner’s always<br />

scandalised, “but barely known” inflammatory<br />

essay, Das Judenthum in<br />

der Musik (Judaism in Music). “Just<br />

like when Romuald Karmakar filmed<br />

the actor Manfred Zapatka as he read<br />

Heinrich Himmler’s secret Posen<br />

speeches.” Syberberg believes the German<br />

demons cannot be banished by<br />

simply ignoring them. According to<br />

Syberberg, the Jewish literary scholar<br />

and brilliant Wagner commentator<br />

(as well as Wagner lover), Hans Mayer<br />

always advocated dealing with Wagner’s<br />

dark side openly. Syberberg: “I’m<br />

looking forward to the Berlin Academy’s<br />

reaction.”<br />

Had he never been tempted to<br />

bring Wagner to the stage himself?<br />

“No, nobody has ever offered it to me<br />

in Germany. I had one offer from Mortier<br />

in Brussels and one from the former<br />

French Culture Minister, Michel<br />

Guy. But what I have to say about<br />

Wagner I’ve already said in Ludwig,<br />

Hitler and then as a summation, Wagner’s<br />

own summation in Parsifal. For<br />

me, film maintains its relevance longer<br />

than a transient theatre performance.”<br />

Instead, he would rather recreate<br />

the past, the lost. For this reason, the<br />

rebuilding of Nossendorf’s church<br />

tower is also a vital part of his gesamtkunstwerk.<br />

As a child he would look<br />

up at the tower with its high, pointed<br />

spire. Later, during the time of<br />

Ulbricht, the GDR tore it down. Religion<br />

was to be suppressed. And so,<br />

the small Feldsteinkirche of Nossendorf,<br />

a stone’s throw away from the<br />

gate to the Syberberg estate, was left<br />

with a mo dest hat, rather than a majestic<br />

helmet. HJS has been fighting<br />

for the tower for years. In 2010 he used<br />

a mo del of the tower as an attention<br />

grabber at his Berlin exhibition. This<br />

led to the philanthropic industrialist,<br />

Hans Wall donating 40,000 euros. A<br />

good start, but a long way from the<br />

quarter of a million quoted for the reconstruction.<br />

Syberberg is still collecting and<br />

has brought together a team of friends<br />

from Berlin made up of theatre people,<br />

architects and engineers that now<br />

want to rebuild the tower for around<br />

100,000 euros. He wrote several times<br />

to the president of the farmers’ union,<br />

who owns land in Nossendorf that also<br />

formerly belonged to the Syberberg<br />

estate. No response. Some time later<br />

English Excerpts 227<br />

he bumped into the man as they were<br />

driving in opposite directions over a<br />

bridge. Syberberg made a u-turn, followed<br />

the president back to his office<br />

and subsequently confronted him.<br />

Syberberg worked his magic and, at<br />

the end of the meeting, had the assurance<br />

that he could, for a special price,<br />

buy back a formerly Syberberg-owned<br />

paddock on the edge of Nossendorf.<br />

And the seller would donate the money<br />

to the church tower fund.<br />

Syberberg managed to acquire the<br />

wood for the tower from local woods<br />

in a similar way. “Since the GDR era<br />

the people are pretty godless, but the<br />

weather they need for sowing and<br />

reaping still comes from the sky,”<br />

laughs the master director gently, “so,<br />

they give a little bit of money to God,<br />

just in case.” What is broken shall<br />

once again be made whole – at least on<br />

a small scale. That is Syberberg’s master<br />

plan. “Incidentally”, says the seventy-six<br />

year-old, “my home is now in<br />

space.” By this he doesn’t mean heaven,<br />

but rather syberspace – the Internet.<br />

So, at regular intervals, he returns<br />

“home” to the computer in his father’s<br />

former study, taking pride of place underneath<br />

a picture of Edith Clever<br />

from the film Nacht and next to the<br />

model of the former-future church<br />

tower in front of the gate.


Page 104 – 108<br />

Ideological dynamite<br />

– Richard<br />

Wagner’s music<br />

in Israel<br />

Text Na’ama Sheffi<br />

At present the work of Richard<br />

Wagner is unofficially banned<br />

throughout Israel. Historian<br />

Na’ama Sheffi explains how<br />

Richard Wagner has become a<br />

symbol in Israeli society.<br />

English Excerpts<br />

The Wagner controversy emerged<br />

even before the foundation of the state<br />

of Israel. In November 1938 the prelude<br />

to Wagner’s Meistersinger von<br />

Nürnberg featured in the programme<br />

for the Palestine Symphony Or chestra’s<br />

(that later became the Israel Philharmonic<br />

Orchestra) first concert of<br />

the third season. The Kristallnacht,<br />

that had raged in Germany only three<br />

days previously, horrified the Jewish<br />

populace in Palestine, leading to<br />

Bronisłav Huberman, the founder of<br />

the orchestra, asking the conductor,<br />

Eugen Szenkar not to play the Wagner<br />

piece. Paradoxically, its replacement<br />

was the Oberon overture by Carl<br />

Maria von Weber, one of the composers<br />

Wagner held in high regard.<br />

Both Huberman as well as Eugen<br />

Szenkar and Arturo Toscanini, who<br />

conducted the orchestra’s first con cert<br />

in 1936, were personalities with a<br />

strong ly developed political consciousness.<br />

In 1933, before he formed the Orchestra<br />

in Tel Aviv, Huberman, the<br />

polish-born violinist, turned down an<br />

request from Kurt Furtwängler to attend<br />

a concert in Nazi-governed Berlin.<br />

He responded to the invitation<br />

with a series of scalding letters decrying<br />

the ever-increasing anti-Semitism<br />

that was forcing Jews out of Europe.<br />

In February 1936, after the so-called<br />

“race laws” had been passed, he wrote<br />

a critical letter to German intellectuals,<br />

published in the Manchester Guardian.<br />

The orchestra he founded in Palestine<br />

became a home for many musicians<br />

who had previously played in the<br />

renowned orchestras of Europe, but<br />

had been forced to flee their countries<br />

of origin due to growing anti-Semitism<br />

and German race laws.<br />

The Palestine Symphony Orchestra’s<br />

debut concert was conducted by<br />

Arturo Toscanini. After he had quickly<br />

understood the direction in which<br />

Mussolini’s fascist regime was heading<br />

he refused to hold concerts in his home<br />

country of Italy. He also turned down<br />

an invitation to Wagner’s city of Bayreuth<br />

which had become one of the<br />

first bastions of the Nazi movement in<br />

the 1920s.<br />

These political grounds for the<br />

removal of Wagner’s music from one<br />

specific concert, as well as the political<br />

spirit that drove the orchestra’s<br />

three leading personalities in its early<br />

years were largely responsible for<br />

the attitude of the Israelis towards<br />

Wagner. From the 1950s, a fierce controversy<br />

flared every time Wagner’s<br />

name was mentioned in connection<br />

with a planned public performance –<br />

in particular when the orchestra in<br />

question was one of the largest and<br />

most important orchestras in Israel,<br />

the Israel Philharmonic.<br />

In 2001, an official request was<br />

made at a special meeting of the Knesset’s<br />

Board of Education that cultural<br />

establishments refrain from allowing<br />

performances of works by anti-Semitic<br />

composers, as this could cause “public<br />

offence”.<br />

The “public” referred to here are<br />

the Jewish Holocaust survivors. As the<br />

years have passed it seems that many<br />

survivors see public performan ces of<br />

Wagner’s works as a stain on the memory<br />

of the Holocaust. Wagner, one of<br />

the most popular opera com po sers of<br />

the Weimar era, provided the soundtrack<br />

to their experience of the Republic’s<br />

downfall and the destruction of<br />

their former life by SA henchmen and<br />

the whole Nazi regime. Some even<br />

claimed that Wagner’s compositions<br />

were played at the concentration<br />

camps, though investigations have, so<br />

far, not been able to confirm this.<br />

In 2001 Daniel Barenboim, conductor<br />

of the Israel Philharmonic, and the<br />

organisers of the Israel Festival were<br />

therefore asked by the Board of Education<br />

to distance themselves from<br />

Wagner, to which they agreed. Nevertheless,<br />

the orchestra played the prelude<br />

to Tristan und Isolde at the end of<br />

the concert. The reaction in the auditorium<br />

was as follows: on the one<br />

hand, there was relative calm and the<br />

orchestra was able to play without interruption.<br />

On the other hand, among<br />

those who walked out, there were also<br />

thirty and forty year-olds – people who<br />

had not experienced the Holocaust,<br />

nor were they necessarily children of<br />

Holocaust survivors. The Wagner boycott<br />

had obviously already become a<br />

symbol for the younger generation, including<br />

those with no personal connection<br />

to the Holocaust and even those<br />

with absolutely no interest in classical<br />

music.<br />

In the eyes of most Israelis Wagner<br />

is one symbol among many for National<br />

Socialism and the Holocaust.<br />

Due to his inflammatory essay Das<br />

Juden thum in der Musik (Judaism in<br />

Music), as well as the fact that Hitler<br />

was one of his biggest fans, Wagner<br />

stands for the acts of cruelty the Israelis<br />

want to remember.<br />

Although I have a lot to do with<br />

Wagner’s music (I both admire and enjoy<br />

it), I still cannot free myself of the<br />

ideological impact, neither at home,<br />

nor in foreign opera houses. For me,<br />

the music is a leitmotif for the society<br />

in which I live.<br />

In Israel, Wagner is predominantly<br />

a symbol and, in my opinion, the<br />

wrong one. The Holocaust must be remembered,<br />

for it was a shocking departure<br />

from democratic and liberal<br />

values. It was a catastrophe the origins<br />

of which were grounded in pointless<br />

hatred. The Holocaust must be remembered<br />

as the worst kind of cruelty to<br />

ever have been devised by man and<br />

carried out in factories of death. We<br />

must, however, never forget that the<br />

denial of civil liberties was the first<br />

step on a journey that eventually led to<br />

murder. In my opinion, the curtailing<br />

of freedoms must never be used as an<br />

expression of contempt. It most certainly<br />

should never be used as a cynical<br />

means of thrusting the memory of<br />

the Holocaust into the public eye. <br />

Page 110 – 112<br />

Hacking Wagner<br />

Text Saar Magal<br />

In her performance Hacking<br />

Wagner, Israel choreographer<br />

Saar Magal gets to grips with<br />

Richard Wagner’s persona and<br />

especially his Ring of the<br />

Nibelung. She has undertaken<br />

to crack the cultural codes that<br />

are linked to Wagner in Israel,<br />

but also in Germany. Here, she<br />

writes about her motives behind<br />

the work that will premiere at<br />

the 2012 Munich Opera Festival.<br />

“My Israeli friend Udi Aloni told me<br />

a story of an incident which demonstrates<br />

better than anything else the<br />

partial character of Wagner’s anti-<br />

Semitism. A couple of decades ago, he<br />

belonged to a group of radical cultural<br />

provocateurs who, in order to defy<br />

the prohibition on publicly performing<br />

Wagner’s music in Israel, announced<br />

in the daily newspapers that<br />

they would show the full video of<br />

Wagner’s Ring in their club. They, of<br />

course, planned the evening as a<br />

drinking party with wild dancing, but<br />

something strange happened that prevented<br />

this. As the hour of the performance<br />

approached, increasing numbers<br />

of old Jews, both men and women,<br />

dressed in the ridiculously<br />

old-fashioned, solemn way of pre-<br />

Hitler Germany, appeared in the club:<br />

for them, a public performance of<br />

Wagner was, more fundamentally<br />

than the Nazi misuse of his music, a<br />

reminder of the good old Weimar Germany<br />

where Wagner’s operas had<br />

once been a crucial part of their cultural<br />

experience. It goes without saying<br />

that, out of respect for these unexpected<br />

guests, the provocateurs renounces<br />

their wild partying and allowed<br />

the event to turn into an evening<br />

of restrained musical appreciation.”<br />

Slavoj Žižek, philosopher<br />

The metaphor embedded in this<br />

story, as well as the piece itself, are<br />

part of a discussion that goes beyond<br />

the Wagner ban, beyond an objection<br />

to the ban, and beyond objecting to the<br />

objection. The actions of the Holocaust<br />

survivors showing up at the club, innocent<br />

of the intended irony, has far<br />

greater complexity and more layers to<br />

it than a simple question of whether<br />

there should be a ban on Wagner.<br />

Too many people purport to speak<br />

on behalf of Holocaust survivors, to<br />

“protect them” from having to listen<br />

to Wagner. But it is they who carry the<br />

Holocaust inside them, and it is they<br />

who embody both the life in Israel after<br />

it and yet the lingering connection<br />

to the German culture from which they<br />

came, in which they were raised, and<br />

from which they were violently cast<br />

out, injured and orphaned.<br />

The discourse about Holocaust<br />

survivors, their needs and their views<br />

regarding Wagner is largely absent<br />

from the public’s consciousness in Israel.<br />

It has become increasingly clear<br />

to me that the “Wagner ban” is not<br />

quite about Holocaust survivors, but a<br />

kind of social norm which the public<br />

enforces unreflectively and without<br />

giving it second thought. It has become<br />

“obvious” that Wagner must not be<br />

played; but the question is not asked,<br />

why this is the case, or whether it is<br />

time to revisit the question, let alone<br />

whether there should have been such a<br />

ban to begin with. The norm became a<br />

habit, and habits slip by us unnoticed.<br />

The term “hacking” refers to breaking<br />

a code: dismantling and recomposing,<br />

reverse-engineering to defeat the<br />

original purpose. In today’s internet<br />

world, hackers are often individuals<br />

who, although apparently have no power<br />

against the domination of the large<br />

corporations and industries which<br />

shape our world, use their hacking<br />

skills to interfere with the standard<br />

course of events and the social order<br />

imposed from above. Hacking and “piracy”<br />

represent the ability to break<br />

into a powerful cultural code, to infiltrate<br />

its mechanisms, influence and alter<br />

it from within.<br />

In this piece, Hacking Wagner, we<br />

– the cast and the creative team, comprised<br />

of both Israeli and German performers<br />

and artists – take it on ourselves<br />

to hack icons, symbols, phenom-<br />

English Excerpts 229<br />

ena, ideas, social axioms, sacred cows,<br />

and all those “obvious” things which<br />

have become mental habits, dictated by<br />

the powerful and by generations of institutional<br />

inertia.<br />

Hacking is not opposition for its<br />

own sake, but rather a demand for the<br />

right to find out, for ourselves, what<br />

this empty space means: this glaring<br />

absence of Wagner from our culture; as<br />

well as the significance of Wagner, and<br />

the chords of sanctity and holiness<br />

which it strikes in German culture.<br />

We aim to interact with the Wagnerian<br />

monumentalism on both the<br />

German side, in which it is conspicuously<br />

present, and the Israeli side, in<br />

which it is conspicuously kept absent.<br />

We take it on ourselves to use “hacking”<br />

to become “cultural insurgents”,<br />

outlaws to the accumulated norms.<br />

This is the kind of action appropriate<br />

to an asymmetric fight of a powerless<br />

group against an overwhelmingly more<br />

powerful group: it is how the repressed<br />

fight against empires. It is how the<br />

weak attack the vulnerabilities of the<br />

strong. This “cultural insurgency” intends<br />

to demand our right to have this<br />

discussion, to withdraw the “obviousness”<br />

and self-evidence of attitudes towards<br />

Wagner and his music.<br />

The legitimacy for such actions we<br />

take for ourselves as a team of Israeli<br />

and German artists, in the name of the<br />

freedom of exploring thoughts and<br />

feelings towards Wagner and the significance<br />

and connotations associated<br />

with him, without feeling the need to<br />

justify this. It is not our intent to either<br />

acquit or vindicate, nor to condemn<br />

or incriminate Wagner. It is not<br />

our intent to pass judgement nor to<br />

impose any opinion on our audience.<br />

The piece is a field of personal associations,<br />

a strain of a collective subconsciousness<br />

as regards to the Wagner<br />

issue and the peculiar Jewish –<br />

German cultural love affair which took<br />

place before the war, before the Holocaust<br />

and before all hell broke loose; a<br />

tense affair of love and hate that persists<br />

to this day.


Page 114 – 120<br />

The Human Ring<br />

Text Jennifer Becker<br />

Photography Martin Fengel<br />

Installation artist Spencer<br />

Tunick brings the Ring to the<br />

public squares of Munich.<br />

There’s a nice theory that Ludwig I<br />

had Ludwigstraße built as the “stage<br />

of life”, according to the laws of theatrical<br />

architecture, complete with side<br />

entrances. During the 2012 Munich Opera<br />

Festival the American installation<br />

artist Spencer Tunick will be bringing<br />

this stage to life. In Ludwigstraße,<br />

Max-Joseph-Platz, Odeonsplatz and<br />

other key locations associated with the<br />

world of theatre in this former royal<br />

city he will be constructing scenes<br />

from Wagner’s The Ring of the Nibelung<br />

with the help of hundreds of naked<br />

people. Tunick’s installations are<br />

huge logistical undertakings. Dozens<br />

of assistants and photographers accompany<br />

the well over a thousand volunteers<br />

who have been waiting since<br />

dawn to finally shed their garments<br />

and become part of a work of art. The<br />

sheer number of individuals requiring<br />

direction and the ever-changing position<br />

of the sun turn Tunick’s choreography<br />

into a race against time. Each<br />

moment and every picture is unique,<br />

never again to be repeated.<br />

Using a megaphone, Tunick directs<br />

the naked bodies from scene to scene.<br />

In a total of five scenes inspired by<br />

Wagner’s Ring, gold and water, power<br />

and lust, life and death are presented<br />

as antonymous pairs.<br />

MJ How will your pictures relate to<br />

the scenes from the opera?<br />

ST For me it’s important that the people<br />

in the installations fill the public<br />

space with their life and interact with<br />

it. Their bodies form the symbols within<br />

my pictures – the gold of the ring,<br />

the water of the river, the flames of the<br />

dragon. In this way they create an original,<br />

visual and experimental version<br />

of Wagner’s Ring.<br />

English Excerpts 230<br />

English excerpts by Ed Einsiedler,<br />

Laura Schieferle and Dawn Stinson<br />

Photo: Martin Fengel<br />

<strong>Bayerische</strong><br />

staatsoper<br />

plätze schaffen!<br />

Stuhlpatenschaften im Nationaltheater<br />

www.staatsoper.de/stuhlpatenschaften<br />

T 089.21 85 10 54 stuhlpatenschaften@staatsoper.de


URLAUBSTIPPS<br />

Im August geht die<br />

<strong>Bayerische</strong> <strong>Staatsoper</strong><br />

in Theaterferien. Hier<br />

erzählen drei Künstler<br />

der Münchner Opernfestspiele,<br />

wie sie<br />

ihre Ferien verbringen<br />

und welche Orte sie<br />

inspirieren. Das letzte<br />

Wort dieser Spielzeit<br />

hat ein gewisser Herr<br />

Richard W.<br />

HARALD B. THOR<br />

Bühnen- und Kostümbildner<br />

Harald B. Thor hat das Bühnenbild der Ring-Neuinszenierung<br />

der Spielzeit 2011/12 geschaffen.<br />

Man muss es nicht unbedingt August Engelhardt, dem Helden<br />

aus Christian Krachts neuem Roman Imperium, gleichtun und<br />

zum zivilisationsverachtenden Bartträger, Fruktivoren und<br />

Nudisten werden, um dessen Sehnsucht nach dem Leben auf<br />

einer Südseeinsel nachvollziehen zu können.<br />

Für mich hatte die Karibik immer schon den Klang<br />

von Abenteuer und Fernweh – und da sich meine karibischen<br />

Erfahrungen auf die kubanische Insel, insbesondere<br />

auf deren Hauptstadt Havanna, beschränken, erweckt<br />

das Wort „Karibik“ in mir nicht nur Bilder von sandigen Palmenstränden,<br />

sondern auch das Bild eines gewissen Lebensgefühls,<br />

das irgendwo zwischen spielerisch-ausgelassener<br />

Daseinsbejahung und dem leicht wehmütigen<br />

Rückblick auf längst vergangene, goldene Zeiten liegt. Der<br />

Weg ins morbide Herz dieser wunderbar aufregenden und<br />

geschichtsträchtigen Stadt ist anstrengend, aber man<br />

wird nicht nur durch deren ursprüngliche architektonische<br />

Schönheit belohnt, sondern vor allem auch durch das Kennenlernen<br />

der kubanischen Seele, deren süße Lethargie<br />

ansteckend ist.<br />

Urlaubstipps<br />

Wenn man nicht in dem sehr mondänen Hotel „Nacional“<br />

absteigt, sondern wie ich in einer kleineren Herberge in der<br />

Altstadt (Habana Vieja) wohnt, erwacht man nicht selten<br />

durch einen Hahnenschrei – die Menschen dieser Millionenstadt<br />

halten ihre Hühner praktischerweise auf den<br />

Hausdächern. Nach dem frischen Ei vom Dach schlendere<br />

ich über den schattigen Prado zum Museo de la Revolución,<br />

wo die berühmte Granma, das Revolutionsschiff, gestrandet<br />

ist. Ein wenig Revolutionsromantik leiste ich mir hier,<br />

an einem der letzten Außenposten des Sozialismus. Wenngleich<br />

auch hier der politische Wandel hin zu einer allmählichen<br />

Öffnung spürbar ist, vollzieht er sich in einer langsamen<br />

Gelassenheit – aber was die Zukunft nach der Ära der<br />

Castros bringt, kann wohl niemand so recht sagen.<br />

Vollkommen unpolitisch genieße ich dann in der am<br />

Parque Central gelegenen Patisserie „Francese“ meinen<br />

kubanischen Kaffee. Hier warte ich auf den relativ modernen<br />

Strandbus, der bei meinem ersten Besuch 2001 noch<br />

ein sogenannter guagua war: ein zum Personenbus umgebauter<br />

Lastkraftwagen.<br />

233<br />

Am Playa del Este bekommt man einen kleinen Einblick in<br />

das Naturparadies dieser Insel: kristallklares, türkisgrünes<br />

Wasser, weißer Sandstrand und schattige Kokospalmen.<br />

Hier wird der Saft der Cocos nucifera, die – wie uns Krachts<br />

besagter Romanheld belehrt – die heilige Frucht des „Weltenbaums<br />

Yggdrasil“ ist, mit etwas kubanischem Rum verdünnt,<br />

als kühlendes Getränk angeboten: Das muss dann<br />

wohl doch so etwas wie das Paradies sein!<br />

Nach einem fantastischen Abendessen im Paladar „La Guarida“<br />

überlege ich mir, ob ich zu einer Schauspielaufführung<br />

in einer alten Villa gehe, dort werden Klaras Verhältnisse<br />

von Dea Loher gespielt, oder ob ich mir im Gran Teatro ein<br />

Tanztheater mit Alicia Alonsos absoluten Weltklassetänzern<br />

ansehe. In meinen Theaterferien entscheide ich mich<br />

für eines der vielen 1950er Jahre-Kinos, das Cine Charles<br />

Chaplin. Die Fahrt dorthin unternehme ich mit einem Oldtimer<br />

vom Typ Buick, der mich auf eine echte Zeitreise schickt.<br />

Im Vorbeifahren sehe ich das „La Coppelia“ und – wie im<br />

Film Erdbeer und Schokolade – eine endlose Schlange von<br />

geduldig auf ihr Eis wartenden, gut gelaunten, flirtenden<br />

Kubanern. Als Abschluss dieses Tages nehme ich in Hemingways<br />

Lieblingsbar „El Floridita“ – der Wiege des Daiquiri<br />

– ein Glas und ziehe dann weiter in meine eigene, das<br />

„Monserrate“. In dieser Bar gibt es immer großartige kubanische<br />

Livemusik, und vor allem hoffe ich, dass ich meinen Zigarrenhändler<br />

hier treffe. „Hola Felipe“, sage ich. Da zeigt<br />

mir der 80-Jährige mit einem breiten Grinsen seinen letzten<br />

verbliebenen Zahn und fragt: „Mein Freund, willst du eine<br />

Kiste voll feinster Partagas No 4 gegen dein schönes Hemd<br />

tauschen?“ Ich stimme zu und freue mich, dass er diesmal<br />

nicht meine neuen Lederschuhe ins Auge gefasst hat.<br />

Wunderbar, die Kubaner. Für ihre Insel fühle ich mich<br />

immer reif.<br />

NADJA MICHAEL<br />

Sopranistin<br />

Nadja Michael kehrt für die Titelpartie von<br />

Medea in Corinto nach München zurück.<br />

Es ist neun Uhr am Abend, die blaue Stunde zwischen Tag<br />

und Nachtdämmerung. Mit dem Computer habe ich mich<br />

aus meinem Tagesgeschehen herausgezogen, an den Tisch<br />

des besten Restaurants am Platz gesetzt, ein Glas Wein bestellt<br />

und lasse die Gedanken tanzen. Zunächst muss ich<br />

Poppea abstreifen, Monteverdis Tonkaskaden aus dem Ohr<br />

tropfen lassen und langsam zu mir selbst finden. Sie sollten<br />

unbedingt erfahren, dass ich während des Schreibens<br />

dieses Textes auf der Plaza de Oriente im Herzen Madrids<br />

sitze – ein warmer Sommertag neigt sich dem Ende zu, die<br />

Vögel zwitschern Sonne, und die Luft schmeichelt Seide.<br />

Wie dankbar ich für diese Momente bin. Sie sind Inseln inmitten<br />

des sehr oft anstrengenden, auch aufreibenden<br />

Opernsängerinnendaseins. Ein wenig Urlaub zwischen den<br />

Proben sozusagen.<br />

OstseeKuba<br />

Ich bin eigentlich ein lausiger Urlauber. In den letzten zwölf<br />

Jahren, vielleicht auch länger, habe ich keinen expliziten<br />

Urlaub gehabt. Zu groß die Forderungen, der Druck zur Arbeit.<br />

Etwas abmildernd aber sollte geltend gemacht werden,<br />

dass ich neun Monate im Jahr rund um den Erdball unterwegs<br />

bin und die wenige „Zuhausezeit“ auch genau als solche<br />

genieße.<br />

„Zuhausezeit“ – diese jedoch ist untrennbar mit einem<br />

Urlaubsritual verbunden. Meine Kinder bezeichnen<br />

den Ort, dem mein Geist sich im Moment zuwendet, als unser<br />

zweites Zuhause. Für mich bedeutet die Fahrt dahin immer<br />

sofort ein Eintauchen in meine Kindheit. Geliebter,<br />

stets heiß ersehnter Ort. Die Ostsee. Mit ihren Kiefernwäldern,<br />

deren Geruch betrunken macht, dem weißen Strand,<br />

einer nach wie vor gewissen Unberührtheit. Der Darß mit<br />

den Fahrradwegen, dem Zeltkino, in welchem man so herrlich<br />

Bratwurst beim Schauen der Filme essen kann. Während<br />

der Ton des Filmes über den gesamten Zeltplatz<br />

schallt und für Wirbel hinter den Planen sorgt. Dierhagen<br />

– unser geliebtes Dierhagen, ein Ort weit entfernt von jedem<br />

Chi-chi und Cha-cha. Hier haben wir Lagerfeuer am<br />

Strand, schauen über das Meer, welches für mich vor noch<br />

nicht so langer Zeit eine unüberwindbare Grenze barg.<br />

Kontemplation und Strandvolleyball mit dem Gefühl der<br />

Weite. Die Welt hinter, neben, über uns – während der Ball<br />

über das Netz flitzt.<br />

Inzwischen treffen wir inmitten der Halb-FKKler schon<br />

einmal auf Wolfgang Joop oder das eine oder andere bekannte<br />

Gesicht aus Berlin – entspanntes Lächeln und Springen<br />

auf dem Strandtrampolin. Was sonst?<br />

Bücher, Bücher, Bücher neben den Dünen und Wein<br />

zur Strandwanderung nach Ahrenshoop. Pausen im Strandcafé<br />

mit der weltbesten roten Grütze und noch besserer Vanillesoße.<br />

Bei mir darf die Sahne dazu nicht fehlen, aber das<br />

ist wahrscheinlich schon etwas dekadent – auf jeden Fall<br />

nicht sehr gesund. Der Blick vom Strandkorb oder der Bank<br />

auf dem Dünenkamm zum Sonnenauf- oder -untergang ist<br />

simpel unbeschreiblich. Zum rtttssrraa der Grillen rauscht<br />

das Meer, der Blick weitet sich und gibt die Rundung der<br />

Erde frei. Ja, es gibt sie auch, die Museen. Das Museum der<br />

Schifffahrt, der Geschichte und und und ... Ich, die ich Museen<br />

leidenschaftlich gern besuche und in Gemäldegalerien oft<br />

Stunden für zwei Räume brauche, bin hier an solchen Institutionen<br />

kaum interessiert. Ich bin sogar ignorant den einheimischen<br />

Menschen gegenüber. Für mich geht es hier um die<br />

Begegnung mit der Natur, deren Geräuschen, Gerüchen und<br />

der Unendlichkeit. Freunde oder Familie sind zugelassen. Für<br />

uns funktioniert das sogar an nur einem Tag – Sonne oder<br />

zumindest keinen Regen vorausgesetzt. Die Nähe Berlins<br />

macht diese kleinen Fluchten möglich. Noch intensiver auf<br />

Fahrrädern zu erleben. Freiheit und Glücklichsein – ohne etwas<br />

zu wollen – von Freunden oder Familie umgeben.<br />

Das alles sind zwei, drei Tage Urlaub, inmitten unserer<br />

Zuhausezeit. Sehr zu empfehlen.


SIMON KEENLYSIDE<br />

Bariton<br />

Simon Keenlyside wird dieses Jahr mit einem<br />

Festspiel-Liederabend zu Gast sein und in La<br />

traviata und Wozzeck singen.<br />

In meinen Ferien fahre ich nach Hause, in den westlichen<br />

Teil von Wales – so lange ich jedenfalls meine Frau überzeugen<br />

kann, in eine Region zu fahren, in der nicht immer<br />

allzu viel Sonne ist. Ich habe dort eine kleine Farm und etwas<br />

Land. Ich hätte sehr gern auch Tiere dort, aber bei dem<br />

„Zigeunerleben“ eines Opernsängers würden wir uns einfach<br />

nicht ausreichend um sie kümmern können. Allerdings<br />

lassen ein paar Nachbarn ihre Schafe auf meinen Wiesen<br />

weiden, was mir hilft, das Gras niedrig zu halten.<br />

Jedes Jahr beginne ich auf dem Land ein neues<br />

Projekt. Das Problem ist natürlich, dass keines davon je<br />

ein Ende findet – „Land-Projekte“ hören niemals auf, sie<br />

wachsen einfach! Und damit wächst natürlich auch die<br />

Zahl der Dinge, die ich Jahr für Jahr dort tun will, während<br />

meine Möglichkeiten, das alles zu vollenden, natürlich<br />

schrumpfen.<br />

Jedes Jahr pflanzen wir auch Tausende von Blumen,<br />

Büschen und Bäumen. Manche wegen der Farben, andere<br />

für die Vögel oder Insekten. Mir schwebt vor, eine kleine<br />

Naturoase zu schaffen, und das geht ganz gut voran. Ich<br />

habe herausgefunden, dass man nur die richtigen Bedingungen<br />

für Pflanzen und Tiere schaffen muss, und dann<br />

kommen sie früher oder später von allein. Woher und wie?<br />

Ich habe keine Ahnung. Es ist eines dieser kleinen Wunder.<br />

Zum Beispiel gab es in den letzten 100 Jahren immer Schafe<br />

auf meinem Land – und daher keine Blumen dort. Mit<br />

meiner Zeit jedoch und dem Verschwinden der Schafe auf<br />

den Feldern steckten plötzlich Zehntausende Glockenblumen<br />

ihre Knospen aus der Wiese. Sie hatten dort gewartet,<br />

die ganze Zeit über. Ihre Zeit dort abgesessen, bis die Bedingungen<br />

richtig waren. Ein kleines Wunder eben.<br />

Das Projekt des letzten Jahres war, 15 japanische<br />

Ahornbäume zu pflanzen. Sie sind klein und unbeschreiblich<br />

schön. Jeder hat eine unterschiedliche Blattform und<br />

-farbe, im Sommer und im Herbst. Ich hatte einen einzigen<br />

Baum gepflanzt, als ich 20 war, und die Freude, die er mir in<br />

seiner Struktur und Farbe bereitet, ist mehr, als ich in Worte<br />

fassen kann. Auf meinen vielen Gastauftritten in Japan<br />

(auch mit der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong>) hatte ich das Farbspektakel<br />

der japanischen Ahornbäume im Herbst gesehen<br />

und wollte etwas davon spiegeln. Ich freue mich auf den<br />

Tag, an dem ich mit Freunden an Holztischen unter den<br />

Zweigen dieser Bäume sitze … mit einem guten (deutschen)<br />

Bier … und inmitten von lauter Radau.<br />

Dieses Jahr habe ich gelernt, Hecken zu trimmen,<br />

sie auf diese ganz altmodische Art niedrig zu halten. Das<br />

heißt, sie und ihr Raum für die Wildnis sind immer noch am<br />

Leben, und ich habe gleichzeitig eine ordentliche und traditionelle<br />

Feldgrenze. Mir ist klar, wie langweilig das alles<br />

klingen muss, aber es ist für mich wirklich faszinierend, in<br />

Illustrationen Gian Gisiger natur<br />

meinen Händen die Eigenschaften der verschiedenen Hölzer<br />

zu fühlen. Wie manche junge Bäume ganz brüchig sind<br />

und bei der kleinsten Biegung brechen, während andere<br />

sich drehen und wenden können, fast wie ein Stück Stoff.<br />

Diese ganzen Dinge, Gedanken und Pläne, sie beschäftigen<br />

mich all die Zeit über, wenn ich auf Tour bin. Ich würde<br />

sonst wohl einigermaßen verrückt werden in den Hotelzimmern<br />

rund um die Welt. Ich könnte mir vorstellen, dass viele<br />

Sänger, genau wie ich, „in ihren Köpfen leben“ in solchen<br />

Zeiten.<br />

Und nächstes Jahr? Ich werde, denke ich, einen<br />

Teich graben und Binsen und Schilf drum herum pflanzen<br />

… um zwei ganz bestimmte Singvögel anzulocken. Ich werde<br />

jetzt nicht anfangen, die Namen aufzuzählen, sonst<br />

schlafen Sie noch ein, und dafür wäre mir die Opernleitung<br />

sicher nicht besonders dankbar!<br />

235<br />

RICHARD WAGNER<br />

Komponist<br />

Seine Tetralogie Der Ring des Nibelungen wurde in der<br />

Spielzeit 2011/12 an der <strong>Bayerische</strong>n <strong>Staatsoper</strong> neu<br />

inszeniert.<br />

„Selig gilt dir mein Gruß!“ – Die seligste Wonne schwebt<br />

über dem aufbrausenden und lohenden Brand. Atemraubende<br />

Stille. – Es ist vollendet. Ich habe es vollbracht. Nach<br />

mehr als 26 Jahren konnte ich endlich meine hergerichteten<br />

Holzbauwerke zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügen.<br />

Ich habe der Welt das Kunstwerk der Zukunft angekündigt,<br />

und nun wird es wahr: das Kunstwerk der Gegenwart. Die<br />

Ehre erwiesen mir sogar Kaiser und Fürsten, die nicht mich<br />

riefen, sondern zu mir reisten. Nun bin ich leer und suche<br />

nach neuer Nahrung. Ich spüre die Sehnsucht nach Weite,<br />

ewiger Freiheit und Erlösung.<br />

Ich werde mit dem Zug über Paris nach Marseille<br />

fahren und dort werde ich meine junge mitleidige Freundin<br />

treffen. Zusammen, nur mit ihr, durchqueren wir die schmalen<br />

Gässchen, und ich kann endlich meine Gefühle für sie<br />

frei offenbaren. Ein paar Tage später will ich dann nach<br />

Malta segeln und dort durch die prächtige und pittoreske<br />

Altstadt von Valletta flanieren. Natürlich werde ich das<br />

schmucke Manoel Theater nicht außer Betracht lassen.<br />

Das nächste Schiff soll uns dann weiter nach Griechenland<br />

bringen; doch ich erhoffe mir eine ruhigere Überfahrt<br />

als damals in den nordischen Gewässern, wo die Seefahrt<br />

kein Ende finden wollte. Wenn es uns gefällt, so bleiben<br />

wir, sonst reisen wir weiter in den Osten und werden unseren<br />

Platz in Kleinasien suchen.<br />

Dann werde ich mich den Sternen des Horizonts<br />

hingeben und neue Pläne schmieden, die mich als wahren<br />

Künstler der Gegenwart zurückrufen werden. Ich brauche<br />

Urlaub! <br />

Mit Fantasie aufgezeichnet von Benedikt I. Stampfli


Schöne Ferien!<br />

Foto: Sebastian Stadler<br />

Maximilianstrasse 32, 80539 München, Tel. +49 89 2919110


ZEIT IST EIN GESCHENK<br />

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