PDF-Download - Bayerische Staatsoper
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„Es ist Brünnhildes Idee,<br />
dass Wotan zu ihrem<br />
Schutz ein Feuer um sie<br />
lodern lässt. Damit sie<br />
eben nicht zur Beute eines<br />
‚herrischen Mannes‘ wird,<br />
dem sie am Herde sitzend<br />
gehorcht. Brünnhilde<br />
selbst inszeniert das ja<br />
alles.“<br />
— Dame Gwyneth Jones<br />
Wagnerinnen<br />
Brünnhilde zu entdecken. „Im Gegenteil! Man muss kaltblütig<br />
mit diesen Partien umgehen: kaltes Blut. Kühle Luft.<br />
Heißes Herz.“ Bietet Skandinavien Idealbedingungen für<br />
den Wagner-Gesang? Diese Frage hört Stemme oft – ja,<br />
„kühle Luft“ sei sicher gut für Stimmbänder und Lungenflügel.<br />
„Doch vor allem ist es die Ruhe und die Weite der Natur“,<br />
von der sie glaube, dass die Stimmen großer Brünnhilden<br />
vom Schlage einer Kirsten Flagstad, Astrid Varnay,<br />
Ingrid Bjoner, Birgit Nilsson oder Catarina Ligendza geprägt<br />
wurden. „Wir sind sehr bodenständig.“ Auch die Stimme der<br />
Britin Gwyneth Jones aus Wales dürfte von der Ruhe der<br />
Natur geprägt sein und – von der Klugheit ihrer Besitzerin:<br />
„Es macht mir große Sorgen, wenn ich sehe, wie früh heute<br />
viele Sängerinnen hochdramatische Partien singen.“ Mit 28<br />
Jahren sang Jones erstmals die Sieglinde. „Ich habe diese<br />
Rolle damals in München bei Hans Hotter im Wohnzimmer<br />
am Esstisch erarbeitet! Improvisiert wurde daraus Hundings<br />
Esstisch.“ Und obschon Dirigenten wie Rudolf Kempe oder<br />
Sir Georg Solti sie früh zu großen Partien drängten, „habe<br />
ich immer ‚nein‘ gesagt. Und genau das traut sich heute doch<br />
keine junge Sängerin mehr“, ist es Dame Gwyneth schmerzlich<br />
bewusst. „Ich durfte kleine Rollen im Ring an der Seite<br />
von Josef Greindl, Gottlob Frick, Wolfgang Windgassen und<br />
Birgit Nilsson singen und habe dabei unendlich viel gelernt.“<br />
1972, Marschallin in München im legendären Carlos-Kleiber-<br />
Rosenkavalier, „da war ich 35 Jahre alt, und erst zwei Jahre<br />
später habe ich mich dann an alle drei Brünnhilden in Bayreuth<br />
gewagt“. Vor allem aber: „Wagner sollte man stets wie<br />
große italienische Oper singen. Das hält die Stimme biegsam,<br />
elastisch.“ Gwyneth Jones hat das immer getan und ist mit<br />
ihren Kräften klug ökonomisch umgegangen. Um den Umgang<br />
mit ihren Kräften zu beschreiben, benutzen Opernsänger<br />
und -sängerinnen stets ihr Lieblingswort „haushalten“.<br />
Lange Karrieren und Opernabende stehen für kluges Haushalten.<br />
So klingen in jeder Sängerinnen-Generation die Vorbilder<br />
nach. Nina Stemme: „Ich wiederum habe viel von<br />
Gwyneth Jones und Hildegard Behrens gelernt. Von dramatischen<br />
Stimmen, als ich noch Mimi und Pamina sang.“ Ja, es<br />
sei Wahnsinn, wie früh heute Stimmen buchstäblich verschlissen<br />
würden. „Viele scheinen ein wenig Angst vor der<br />
Mittellage zu haben, um in die Höhe zu kommen“, diagnostiziert<br />
Nina Stemme die Krise des Wagner-Gesangs. Diese sei,<br />
so Jones, auch der Tatsache geschuldet, dass „heute jedes<br />
Stadttheater und jedes kleine Festival meint, hochdramatische<br />
Werke und möglichst den Ring spielen zu müssen“.<br />
Denn wo im Wagner-Jahr Opernhaus draufsteht, da ist auch<br />
ein Ring drin. Weltweit.<br />
„Mein Erbe nun nehm ich zu eigen. – Verfluchter Reif!<br />
Furchtbarer Ring!“, singt Brünnhilde am Ende der Götterdämmerung.<br />
Auch das scheint ein Leitmotiv im weiblichen<br />
Kosmos Richard Wagners zu sein: Mit dem klassisch dynastischen<br />
Modell, nach dem der Stammhalter und Thronfolger<br />
stets männlichen Geschlechts zu sein hat, wird in der Wagner-Welt<br />
gründlich gebrochen. Nicht der Held erbt, sondern<br />
die Heldin. Im Leben wie auf der Bühne: Das Wagner’sche<br />
Erbe treten Frauen an. Trotz der langen Regentschaft von<br />
Wolfgang (und der zuvor kurzen seines Bruders Wieland)<br />
waren es doch Cosima und Winifred und sind es heute Katharina<br />
und Eva, die das Bayreuther Erbe pflegten und pflegen<br />
„grad recht nach ihrer Art“ (Meistersinger). Im Werk<br />
aber ist dieses Motiv noch auffälliger: Ob Elsa im Lohengrin<br />
oder Brünnhilde in der Götterdämmerung – Frauen gehen<br />
mit ihrem Erbe verantwortungsvoll um. Nina Stemme:<br />
„Erbe ist eine Verantwortung; es ist immer eine Erfahrung.<br />
Auch das weiß Brünnhilde.“ Und die Männer? Egal, ob sie<br />
nun erben oder vererben – verantwortungslos kümmert sie<br />
das wenig: „All mein Hab und Gut vererb ich noch heute“, so<br />
Tristan („jauchzend“, so die Regieanweisung!). Mehr noch<br />
Siegfried: „Einzig erbt ich den eig’nen Leib – lebend zehrt ich<br />
den auf.“ Die Frauen, die bei Wagner Macht erben, sie aber<br />
tun damit Kluges. Wie sagte doch Dame Gwyneth? „Brünnhilde<br />
bringt die Welt wieder in Ordnung.“ Die Welt braucht<br />
Frauen wie Brünnhilde! Nicht nur auf der Bühne: liebend<br />
und emanzipiert. Emanzipiert liebend wen und wie „sie“<br />
wollen. Und wenn diese Emanzipation nur unter „ekstatischen<br />
Zuckungen“ möglich ist – nun denn.<br />
Pascal Morché lebt als Journalist und Texter in München und<br />
schreibt für führende Tageszeitungen und Magazine. In Buchform<br />
veröffentlichte er u. a. den Roman Fernwärme sowie die<br />
Anthologien Venedig im Gedicht und Rom im Gedicht. In weiteren<br />
Publikationen beschäftigt er sich mit dem Thema Mode und<br />
Gesellschaft.<br />
Götterdämmerung<br />
Dritter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen<br />
von Richard Wagner<br />
Festspielpremiere am Samstag, 30. Juni 2012,<br />
Nationaltheater<br />
Weitere Termine im Spielplan ab S. 209<br />
Wagnerin. Ein Haus der Kunstmusik<br />
Ein Abend ohne Götter und Helden, für Cosima, Winifred, Gudrun<br />
und Katharina Wagner, viele Blaue Mädchen, Herrenensemble<br />
und übrig gebliebene Posaunisten des Festspielorchesters<br />
von Sven Holm<br />
Sonntag, 24. Juni 2012, und Montag, 25. Juni 2012,<br />
Haus der Kunst, Westflügel<br />
Es sind die Details, die den<br />
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