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OK KID im Interview: - Gießener Allgemeine

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RAMPENLICHT<br />

Schön, dass ihr euch Zeit genommen habt,<br />

obwohl ihr momentan intensiv für eure Tour<br />

mit dem »Fourabend«, der Newcomer-<br />

Konzertreihe eures Labels Four Music, probt.<br />

Ist bei Proben eigentlich jemand von der<br />

Plattenfirma dabei?<br />

Kühle: Nein, nie.<br />

Wie zeigt ihr dem Label<br />

dann, dass ihr vorankommt?<br />

Schubert: Für viele Leute<br />

klingt Major-Label nach<br />

kompletter Kontrolle, man<br />

macht nur das, was die Plattenfirma sagt. Wir<br />

haben das Album selbst aufgenommen, mit<br />

unseren Produzenten Robert Koch und Sven<br />

Ludwig und haben uns die beiden ausgesucht.<br />

Wir haben die Platte aufgenommen<br />

und abgegeben. Es wurde uns bei keinem<br />

Song reingeredet. Wir hätten die Platte auch<br />

so gemacht, wenn wir kein Major gehabt<br />

hätten. Natürlich mit weniger Geld. Aber<br />

vom musikalischen Ansatz her hat das Label<br />

keinen Einfluss genommen.<br />

Die Plattenfirma hat euch einfach einen<br />

Betrag gegeben und darauf vertraut, dass ihr<br />

gute Musik abliefert?<br />

Kühle: Im Prinzip, ja. Natürlich sind die<br />

daran interessiert, zu wissen, was mit dem<br />

Geld passiert. Deshalb kommen sie ab und<br />

zu vorbei und fragen: »Habt ihr neue Demos,<br />

die wir uns anhören können?« Dann gibt<br />

man ihnen Demos, und die sagen: »Ja, das<br />

ist geil.« Es gibt aber best<strong>im</strong>mt auch Verhältnisse,<br />

wo das anders abläuft.<br />

Schubert: Unser Label ist sehr künstlerfreundlich.<br />

Die haben uns unter Vertrag genommen,<br />

weil sie glauben, dass wir es gut machen,<br />

und nicht, weil sie einen Künstler prägen und<br />

für den Markt formen wollen. Die suchen<br />

sich Bands aus, von denen sie glauben,<br />

dass schon viel vorhanden ist und dass die<br />

logische Konsequenz ist, dass sie so weitermachen.<br />

Was anderes wäre für uns auch<br />

nicht infrage gekommen. Es wird auch auf<br />

jeden Fall ein zweites Album geben.<br />

Natürlich müssen wir jetzt verkaufen, aber<br />

der Druck ist ziemlich gering.<br />

Kühle: Wir wussten ja auch, wo wir hinwollten.<br />

Es gibt Künstler, die sagen: »Hauptsache<br />

Plattenvertrag«, ohne ein eigenes Profil zu<br />

haben. Bei uns war klar, in welche Richtung<br />

es gehen soll.<br />

Wenn das Angebot nicht gekommen<br />

wäre, hättet ihr die Platte mit selbst aufgetriebenem<br />

Geld gemacht?<br />

Schubert: Es gab mehrere Optionen. Wir<br />

hatten noch ein weiteres Angebot von einem<br />

Major-Label, das finanziell sogar besser war.<br />

»Es wurde bei keinem<br />

Song reingeredet«<br />

Das Bauchgefühl war aber bei Four besser.<br />

Gemacht hätten wir die Platte so oder so,<br />

aber das Label hilft uns natürlich, eine<br />

größere Öffentlichkeit zu erreichen. Wenn<br />

man die Öffentlichkeit schon hat, kann man<br />

eine Platte auch alleine machen. Das<br />

machen, gerade <strong>im</strong> Rap-Bereich, ja viele<br />

Künstler so. Man darf aber nicht denken, dass<br />

man sich nur einen<br />

Plattenvertrag sichern<br />

muss und dann alles von<br />

selbst läuft. Ein Vertrag ist<br />

kein Selbstzweck. Wir<br />

kennen viele Bands, die<br />

einen Vertrag hatten, aus denen aber nichts<br />

geworden ist. Danach waren die so demotiviert,<br />

dass sie nichts mehr herausgebracht<br />

haben.<br />

Apropos Charts: Deutscher Rap ist momentan<br />

extrem erfolgreich. Was haltet ihr zum<br />

Beispiel von Cro?<br />

Schubert: Respekt dafür, dass er mit solcher<br />

Musik so viele Leute erreicht. Das ist auf<br />

jeden Fall positiv für den deutschsprachigen<br />

Rap, auch wenn das nicht die Ästhetik<br />

unserer Musik ist. Vielleicht sind wir auch<br />

schon zu alt dafür. Aber er hat auf jeden Fall<br />

dazu beigetragen, das Image der Rap-Szene<br />

zu erweitern, die eben nicht nur aus schlecht<br />

gemachtem Straßenrap besteht, wie er zuletzt<br />

oft zu hören war.<br />

Cro ist ein Teil der Wiederauferstehung Stuttgarts<br />

als Hip-Hop-Stadt. Warum ist es bei<br />

euch Köln geworden?<br />

Kühle: Wir hätten auch nach Berlin oder<br />

Hamburg gehen können, aber Jonas wohnt ja<br />

schon seit einiger Zeit hier in der Gegend.<br />

Die Hauptsache war, dass wir endlich in<br />

einer Stadt wohnen. Wir waren fünf Musiker<br />

in fünf verschiedenen Städten und man kriegt<br />

einen Aggro, wenn du proben musst. Das<br />

wird logistisch alles irgendwann so scheiße,<br />

dass es der nächste zwangsläufieg Schritt war,<br />

alle in eine Stadt zu ziehen.<br />

Rech: Vor dem Umzug waren wir Proberaumnomaden<br />

und sind von Proberaum zu<br />

Proberaum getingelt. Wir<br />

hatten nie eine feste Base.<br />

Jetzt sind wir zum ersten<br />

Mal alle in einer Stadt.<br />

Wenn wir proben, müssen<br />

wir nicht erst alles aufbauen,<br />

sondern können direkt loslegen.<br />

Kühle: Im Nachhinein betrachtet war<br />

Köln der beste Schritt. Wir sind in einer<br />

Großstadt und haben das volle Angebot, aber<br />

es ist trotzdem klein genug, dass man Leute<br />

auch mal wiedertrifft, wenn man abends<br />

weggeht. Köln ist nicht so überladen wie<br />

Berlin.<br />

»Wir sind Wahl-Kölner<br />

und Exil-<strong>Gießener</strong>«<br />

Fühlt ihr euch schon in Köln zu Hause?<br />

Rech: Auf jeden Fall.<br />

Schubert: Wir sind eine Band aus Gießen,<br />

die in Köln wohnt. Zu Hause fühlen definitiv,<br />

aber es ist nicht unsere He<strong>im</strong>at.<br />

Was sagt ihr bei Konzerten: »Wir sind <strong>OK</strong><br />

<strong>KID</strong> aus Gießen« oder »Wir sind <strong>OK</strong> <strong>KID</strong><br />

aus Köln«?<br />

Schubert: Wir sagen gar nichts mehr<br />

(alle lachen).<br />

Warum?<br />

Schubert: Dass wir die Fahne für Gießen<br />

überall hochhalten, ist eh klar. Weil wir da<br />

groß geworden sind und da die erste Fanbase<br />

hatten, ist das unsere wichtigste Stadt. Aber<br />

die Platte ist komplett in Köln entstanden,<br />

und wir sind in Gießen nicht mehr <strong>im</strong> Alltag<br />

drin, da wäre es komisch, zu sagen:<br />

»Wir sind <strong>OK</strong> <strong>KID</strong> aus Gießen.« Auf der<br />

anderen Seite würde es uns auch komisch<br />

vorkommen, Köln zu sagen. Deswegen sagen<br />

wir gerade gar nichts.<br />

Rech: Wir haben es uns ausgesucht, in Köln<br />

zu wohnen, also sind wir Wahl-Kölner. Und<br />

Exil-<strong>Gießener</strong> (lacht).<br />

Wahl-<strong>Gießener</strong> wiederum erkennen <strong>im</strong><br />

Radio an der Postleitzahl »35398«,<br />

dass euer Song »Stadt ohne Meer« von<br />

Gießen handelt.<br />

Schubert: Genau. In dem Song geht es<br />

darum, wo wir herkommen. Die Stadt, aber<br />

auch die pulsierende Szene, die es damals <strong>im</strong><br />

Holzpalast-Umfeld gab, mit Zwohandbreit,<br />

der Kellercrew, Scid da Beat. Ein Grund, den<br />

Song zu machen, war auch, dass es noch<br />

keinen coolen Song über Gießen gibt.<br />

Kühle: Doch, »35398« von der Kellercrew<br />

(lacht).<br />

Schubert: Klar, st<strong>im</strong>mt. Von deiner alten<br />

Band.<br />

»Stadt ohne Meer« klingt für mich von allen<br />

Songs auf dem Album am meisten nach<br />

Jona:S. Ist das Absicht?<br />

Schubert: (zitiert aus dem Songtext) »Du<br />

riechst <strong>im</strong>mer noch nach<br />

gestern«, ja (lacht).<br />

Nein, es ist keine Absicht,<br />

aber es ist eben schon<br />

ein älterer Song, den die<br />

Leute von Konzerten<br />

auch schon länger kennen.<br />

»Stadt ohne Meer« sticht auf der Platte<br />

etwas raus. Der Rest ist ja schon eher ruhig.<br />

Kühle: Das st<strong>im</strong>mt. Es ist auf jeden Fall der<br />

gitarrenlastigste Song.<br />

Schubert: Uns hat mal ein Fan auf Facebook<br />

geschrieben: »Früher war eure Musik zum<br />

4/2013 streifzug 21

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