Erzählvorschlag zu Matthäus 4,1-11 Jesus in der Wüste - GJW
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<strong>Erzählvorschlag</strong> <strong>zu</strong> <strong>Matthäus</strong> 4,1-<strong>11</strong><br />
<strong>Jesus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong><br />
Der Mann war müde, erschöpft und hungrig. Und se<strong>in</strong>e Kehle war wie ausgedörrt. 40 Tage und 40 Nächte<br />
hatte er <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong> verbracht. 40 Tage und Nächte, ohne etwas <strong>zu</strong> essen o<strong>der</strong> <strong>zu</strong> tr<strong>in</strong>ken, ohne Schutz vor<br />
<strong>der</strong> Hitze des Tages und <strong>der</strong> Kälte <strong>der</strong> Nacht.<br />
Er hatte sich so vorbereiten wollen auf das, was vor ihm lag: e<strong>in</strong> anstrengen<strong>der</strong> Weg, e<strong>in</strong>e große<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung! Er sollte se<strong>in</strong>em Volk e<strong>in</strong>e Nachricht überbr<strong>in</strong>gen. Und diese Nachricht – davon war er<br />
überzeugt – kam direkt von Gott!<br />
Für die e<strong>in</strong>en würde es e<strong>in</strong>e gute Nachricht se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> „Evangelium“: „Freut euch! Das Reich Gottes steht vor<br />
<strong>der</strong> Tür, ja, es ist schon mitten unter euch! All euer Leid, alle Krankheit, Armut und Unterdrückung werden<br />
e<strong>in</strong> Ende haben! Gott selbst besucht se<strong>in</strong> Volk und richtet se<strong>in</strong>e gute Herrschaft auf!“<br />
Für die an<strong>der</strong>en – für die, die auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Unterdrücker standen, für die, die das Volk knechteten und<br />
mit immer neuen For<strong>der</strong>ungen belasteten – würde die Botschaft e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Klang haben: „Kehrt um! Tut<br />
Buße! Än<strong>der</strong>t euer Leben, euer Denken und Tun, damit auch ihr dabei se<strong>in</strong> könnt, wenn Gott se<strong>in</strong>e Herrschaft<br />
aufrichtet!“<br />
Doch se<strong>in</strong>e Zeit war noch nicht gekommen. Noch war er nicht so weit. Noch brauchte er diese Zeit <strong>der</strong> Stille<br />
und <strong>der</strong> E<strong>in</strong>samkeit, diese Zeit des Alle<strong>in</strong>se<strong>in</strong>s mit Gott. Wie se<strong>in</strong> Volk am Anfang se<strong>in</strong>er Geschichte mit<br />
diesem Gott 40 Jahre <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong> verbracht hatte, so hatte er sich dort 40 Tage lang aufgehalten. Und 40<br />
Nächte. Er hatte gefastet und gebetet.<br />
Er ganz alle<strong>in</strong> unter dem weiten <strong>Wüste</strong>nhimmel.<br />
Doch plötzlich hatte er das Gefühl, nicht mehr alle<strong>in</strong> <strong>zu</strong> se<strong>in</strong>. Jemand war <strong>zu</strong> ihm getreten, stand ganz nah<br />
h<strong>in</strong>ter ihm, und e<strong>in</strong>e leise Stimme flüsterte ihm <strong>in</strong>s Ohr: „Du hast Hunger, nicht!? Du hast 40 Tage nichts<br />
gegessen und getrunken! Du sehnst dich nach e<strong>in</strong>em Stück Brot, nach e<strong>in</strong>em Schluck Wasser!“<br />
Oh, diese Stimme war so verführerisch! Warum quälte sie ihn? Was wollte sie von ihm?<br />
„Wenn du wirklich <strong>der</strong> bist, <strong>der</strong> du <strong>zu</strong> se<strong>in</strong> glaubst“, flüsterte die Stimme weiter, „wenn du wirklich <strong>der</strong> Sohn<br />
Gottes bist, dann kannst du die Ste<strong>in</strong>e unter de<strong>in</strong>en Füßen <strong>in</strong> Brot verwandeln und de<strong>in</strong>en Hunger stillen. Tu<br />
es! Du hast die Macht da<strong>zu</strong>! Gott hat sie dir gegeben! Nutze sie!“<br />
Oh, welche Versuchung! Doch <strong>der</strong> Mann wusste: Es war falsch! E<strong>in</strong> Wort aus <strong>der</strong> heiligen Schrift se<strong>in</strong>es<br />
Volkes fiel ihm e<strong>in</strong>: „Der Mensch lebt nicht vom Brot alle<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n von jedem Wort, das aus Gottes Mund<br />
kommt!“ Er nahm dieses Wort und hielt es dem Versucher entgegen. „Ne<strong>in</strong>“, dachte er, „ich werde me<strong>in</strong>e<br />
Macht nicht missbrauchen, um mir me<strong>in</strong>e eigenen Wünsche <strong>zu</strong> erfüllen. Diese Macht ist mir von Gott<br />
geschenkt worden, damit ich mit ihr den Menschen diene.<br />
So ist es recht! So soll es se<strong>in</strong>!“<br />
Da, plötzlich, fühlte es sich an, als würde er emporgehoben – und im nächsten Augenblick war er nicht mehr<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong>, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Jerusalem, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>st König David regiert hatte. Hoch über <strong>der</strong> Stadt<br />
fand er sich wie<strong>der</strong>, auf e<strong>in</strong>er Z<strong>in</strong>ne des Tempels!<br />
Und da war auch wie<strong>der</strong> diese Stimme! Lauter jetzt, e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glicher. „Wenn du wirklich Gottes Sohn bist“,<br />
sagte sie, „dann sorge dafür, dass alle Welt das erkennt: Stürze dich von <strong>der</strong> Tempelmauer h<strong>in</strong>ab <strong>in</strong> die Tiefe!<br />
Hat Gott nicht versprochen, dass er se<strong>in</strong>e Engel senden wird, um dich <strong>zu</strong> retten!? Das wäre e<strong>in</strong>e<br />
Demonstration de<strong>in</strong>er Macht! Alle würden sehen, dass du Gottes Sohn bist. Alle würden de<strong>in</strong>er Botschaft<br />
glauben! Das ist es doch, was du willst, o<strong>der</strong>!?“
Der Mann auf <strong>der</strong> Z<strong>in</strong>ne schüttelte den Kopf. „Ne<strong>in</strong>, sagte er, das ist nicht, was ich will. Damit würde ich den<br />
Menschen ihre Freiheit rauben. Solch e<strong>in</strong> Glaube wäre ke<strong>in</strong> wirklicher Glaube. Du verdrehst die Worte <strong>der</strong><br />
Schrift und wendest sie gegen Gott! Es steht auch geschrieben: ‚Du sollst den Herrn, de<strong>in</strong>en Gott, nicht<br />
versuchen.’ Geh weg! Fort mit dir! Ich will nichts mit dir <strong>zu</strong> tun haben!“<br />
Doch <strong>der</strong> Versucher gab sich nicht so schnell geschlagen. Noch e<strong>in</strong>mal riss er den Mann aus <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong> mit<br />
sich. Diesmal g<strong>in</strong>g es auf e<strong>in</strong>en sehr hohen Berg. W<strong>in</strong>d umtoste die beiden Gestalten. Und mit lauter Stimme<br />
rief <strong>der</strong> Versucher: „Schau dich um! Siehst du, was ich sehe? Alle Reiche <strong>der</strong> Welt und ihre Herrlichkeit! Das<br />
alles will ich dir geben, wenn du nie<strong>der</strong>fällst und mich anbetest!“<br />
Kaum waren se<strong>in</strong>e Worte verklungen, war es plötzlich totenstill – als hielte selbst die Natur den Atem an, um<br />
<strong>zu</strong> hören, welche Antwort <strong>der</strong> Mann aus <strong>der</strong> <strong>Wüste</strong> darauf geben würde. Und se<strong>in</strong>e Antwort kam schnell und<br />
klar und unmissverständlich: „Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: ‚Du sollst den Herrn, de<strong>in</strong>en<br />
Gott, anbeten und ihm alle<strong>in</strong> dienen.’“<br />
Da wusste <strong>der</strong> Versucher, dass er geschlagen war. Und ohne e<strong>in</strong> weiteres Wort, machte er sich davon ...<br />
Volkmar Hamp