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als PDF - Deutscher Fluglärmdienst eV

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Dispatch<br />

der flugleiter 2012/02<br />

sönliches Briefing. Dies kann telefonisch oder auch, bei Abflügen<br />

aus Frankfurt, persönlich stattfinden.<br />

10:30 Uhr:<br />

Beim Filen des Flugplans für Delhi kassiere ich einen SLOT<br />

mit einem Delay von fast 45 Minuten. Inklusive der Taxi Zeit<br />

ergibt sich daraus ein Delay von fast einer Stunde. Da wird<br />

die Crew gar nicht begeistert sein. Mal sehen, ob der SLOT-<br />

Koordinator, unsere Schnittstelle zu ATC, mir vielleicht einen<br />

guten Tip geben kann. Mit Hilfe des CHMI, unserer EDV<br />

Schnittstelle zu Eurocontrol verwaltet er die SLOTS aller von<br />

uns Dispatchern oder dem AOS bei ATC aufgegebenen Flüge.<br />

Auch alle Rückmeldungen zu den Flugplänen via CHMI oder<br />

AFTN (Aeronautic Fix Telecommunication Network) wie zum<br />

Beispiel FLS (Flight Suspension), REJ (Flight Rejection), FCM<br />

(Flow Control Message) oder auch jedes ACK (Acknowledge)<br />

gehen über seinen Tisch. Entweder bearbeitet er diese Messages<br />

gleich selbst, oder gibt die jeweilige Meldung an den<br />

für den Flug zuständigen Dispatcher weiter. Bei Flügen mit<br />

SLOT achtet er darauf, dass ETD (Estimated Departure) und<br />

CTOT (Calculated Take off Time) zueinander passen und koordiniert<br />

eventuelle Abweichungen. Durch sein permanentes<br />

Selbstbriefing über die aktuellen Kapazitäten in den Lufträumen<br />

hat er recht schnell einen Vorschlag für mich, wie ich<br />

für meinen Flug den SLOT vermeiden kann. Ich ändere das<br />

Routing, sende die Änderung an Eurocontrol und erhalte die<br />

gewünschte Nachricht: SLC (Slot cancelled).<br />

12:05 Uhr:<br />

Nach zwei weiteren Flügen über den Atlantik und einem innereuropäischen<br />

Flug steht noch ein weiterer Langstreckenflug<br />

nach Japan auf dem heutigen Programm. Ich stelle fest,<br />

dass bei LH714 von München nach Narita das Flugzeug auf<br />

Grund eines technischen Defekts gemäss den Anweisungen<br />

der MEL (Minimum Equipment List) einen höheren Spritverbrauch<br />

hat und ich ca. 800 kg mehr Fuel einplanen muss. Mit<br />

einem kurzen Remark im Flugplan und Angabe der Referenznummer<br />

in der MEL weise ich die Crew drauf hin, dass ich die<br />

technischen Einschränkungen bemerkt und mit dem Additional<br />

Fuel bei meiner Planung auch berücksichtigt habe.<br />

13:00 Uhr:<br />

Nach 7 Stunden durchgehender Arbeitsbelastung meldet<br />

sich nun mein Magen und signalisiert: Jetzt bin ich selbst<br />

,Low on Fuel‘. Zeit für eine kurze Mittagspause. Richtig enspannt<br />

lässt sich die Pause nie nehmen, denn der Betrieb<br />

läuft ja weiter und eventuelle Rückfragen zu meiner Planung<br />

seitens der Crew und alle Gewichtsänderungen und Aircraft<br />

Changes müssen nun von meinen Kollegen neben ihrem eigenen<br />

Pensum bearbeitet werden, weil die Situation meist<br />

keinen Aufschub duldet.<br />

13:30 Uhr:<br />

Zeit für den Endspurt. Die letzten beiden Flüge sind heute<br />

LH458 von München nach San Francisco und LH636 von<br />

Frankfurt nach Kuwait. Auf dem Kuwaitflug wird heute ein<br />

Notfallpatient in unserem PTC (Passenger Transport Compartment),<br />

der Lufthansa eigenen mobilen Krankenintensivstation,<br />

mitfliegen. Ich setze den Status des Fluges bei ATC<br />

auf STS/HOSP, damit der Flug von ATC eventuell bevorzugt<br />

wird, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Um die<br />

Schwere der Erkrankung oder Verletzung des Passagiers zu<br />

signalisieren, werden sogenannte NACA Scores vergeben.<br />

Der Patient heute wird mit NACA IV gemeldet. Erst ab NACA V<br />

ist STS/ATFMEXEMPTAPPROVED erlaubt und mit einer vollkommenen<br />

Befreiung jeglicher ATC Restrictions zu rechnen.<br />

Ohne dass ich es gemerkt habe, ist der Vormittag wie im Flug<br />

vergangen. Ich habe heute rund 500.000,- US Dollar Treibstoff<br />

und rund 70.000,- US Dollar Überfluggebühren verplant,<br />

durch geschickte Flugwegplanung ist es mir wieder<br />

einmal gelungen an nur einem Tag den Großteil meines Monatsgehaltes<br />

einzusparen. Ähnlich gelagert sind die Kosteneinsparungen<br />

auf der Arbeitsposition des Slotkoordinators,<br />

jährlich können wir Verspätungskosten von rund 20 Millionen<br />

US Dollar vermeiden.<br />

Noch ein schneller Blick auf die Übersicht von Morgen: Bin<br />

ich wieder <strong>als</strong> Dispatcher eingeteilt oder zur Abwechslung<br />

morgen mal auf der Position des Slotkoordinators, überwache<br />

ich auf der AOS Position die automatische Flugwegplanung<br />

oder bin ich vielleicht morgen <strong>als</strong> Customer Service<br />

Officer für Flugbereitschaft & Co zuständig? Ein Blick verrät,<br />

der Senior hat mich <strong>als</strong> Slotkoordinator eingeteilt, das freut<br />

mich, ich mag die Abwechslung und die verschiedenen Ansprüche,<br />

die die wechselnden Positionen an mich stellen.<br />

Nun übergebe ich an die Spätschicht und mache mich auf<br />

den Weg nach Hause. Auf dem Heimweg überfällt mich dann<br />

die Müdigkeit und mir wird wieder bewusst, wie anspruchsvoll<br />

der Beruf doch ist. Stundenlange Arbeit auf einem sehr<br />

hohem Konzentrationslevel und das im Schichtdienst bleiben<br />

nicht in den Kleidern hängen.<br />

Daniel Jacobi<br />

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