Das Handwerk 2010 - Gmünder Tagespost
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DAS HANDWERK <strong>2010</strong> Dienstag, 30. November <strong>2010</strong> 4<br />
„Wir brauchen Mutmacher, keine Panikmacher!“<br />
Interview mit Anton Gindele, Präsident der <strong>Handwerk</strong>skammer Ulm<br />
Mit knapp 18 000 Betrieben<br />
und 120 000 Beschäftigten<br />
und einem Kammergebiet<br />
von Aalen bis zum Bodensee<br />
gilt die <strong>Handwerk</strong>skammer<br />
Ulm als eine der flächenmäßig<br />
größten im gesamten<br />
Bundesgebiet. Deren Präsident<br />
Anton Gindele ist stolz<br />
auf seine <strong>Handwerk</strong>skollegen.<br />
„Was wir hier schaffen,<br />
das macht mir Mut für die Zukunft“,<br />
sagt Gindele im Interview.<br />
Denn in der Region zwischen<br />
Donau und Schwäbischer<br />
Alb, Jagst und Bodensee<br />
gilt der Bezirk mit seiner<br />
prosperierenden Wirtschaft<br />
auch für <strong>Handwerk</strong>sbetriebe<br />
als gutes Terrain.<br />
Wie muss das <strong>Handwerk</strong> aufgestellt<br />
sein, um erfolgreich zu sein?<br />
Anton Gindele: Zunächst einmal<br />
brauchen wir Mutmacher, keine<br />
Panikmacher, dann haben wir alle<br />
Chancen. Mit Zuversicht und Vertrauen<br />
in die eigenen Fähigkeiten<br />
können wir in die Zukunft blicken.<br />
Und da wüsste ich nicht,<br />
welche Berufsgruppe besser geeignet<br />
wäre als wir <strong>Handwerk</strong>er.<br />
Denn der wirtschaftliche Erfolg<br />
gründet allein auf Bildung,<br />
Qualifikation und fachlichen<br />
Fertigkeiten. Ressourcen, mit<br />
denen ich die Wesensmerkmale<br />
des <strong>Handwerk</strong>s verbinde.<br />
Was bedeutet dabei gute<br />
Ausbildung?<br />
Anton Gindele:<br />
Sie ist das Rüstzeug<br />
für den<br />
Beruf und der<br />
Start in ein gutes<br />
und auskömmliches<br />
Berufsleben. Die Ausbildung ist<br />
dabei kein Crashkurs für den<br />
schnellen Weg ins Glück, sondern<br />
sie basiert auf Wissen und Kompetenz<br />
und erfordert von den Auszubildenden<br />
wie den Meisterschülern<br />
einen großen persönlichen<br />
Einsatz. Dann ist man aber gut gerüstet,<br />
um im Berufsleben gut bestehen<br />
zu können.<br />
Wie lässt sich auf eine gute Ausbildung<br />
aufbauen?<br />
Anton Gindele: <strong>Das</strong> ist ja gerade<br />
Anton Gindele: Es finden immer<br />
weniger Übergaben innerhalb der<br />
Familie statt. <strong>Das</strong> eröffnet Chandie<br />
Stärke des <strong>Handwerk</strong>s. Den<br />
jungen Menschen stehen alle<br />
Möglichkeiten der Weiterbildung<br />
offen. Wir haben erreicht, dass der<br />
Meisterbrief auch als Zulassung<br />
für eine Hochschule gilt. Es muss<br />
in allen Schularten noch besser bekannt<br />
werden, dass es im <strong>Handwerk</strong><br />
hervorragende persönliche<br />
Entwicklungsstufen gibt.<br />
Wird bei der Ausbildung das<br />
duale System unterschätzt?<br />
Anton Gindele: <strong>Das</strong> stimmt absolut.<br />
<strong>Das</strong> Duale System mit<br />
Berufsschule und<br />
Ausbildung im Betrieb ist das beste<br />
der Welt. Dafür werden wir rund<br />
um den Globus beneidet. Nicht<br />
umsonst sind oftmals Besuchergruppen<br />
– jüngst aus Brasilien – in<br />
unseren beiden Bildungsakademien<br />
in Ulm und Friedrichshafen<br />
zu Gast, um sich über das Duale<br />
System zu informieren und es<br />
wenn möglich zu übernehmen.<br />
Wenn Politiker von Bildung sprechen,<br />
ist meist die schulische oder<br />
akademische Bildung gemeint.<br />
Wir brauchen aber Menschen, die<br />
nicht nur mit dem Kopf arbeiten,<br />
Anton Gindele: Der Beitragssatz<br />
der Krankenkassen wird ab 1. Jasondern<br />
auch mit den Händen.<br />
Aufgrund des Technologiefortschritts<br />
im <strong>Handwerk</strong> steigt der<br />
Bedarf an Menschen mit guter Bildung<br />
ständig an. Bildung geht also<br />
durch alle Schulformen und unsere<br />
berufliche Bildung ist Bildung<br />
nah am echten Leben.<br />
Wie läuft die Übernahme der Betriebe<br />
durch die nächste Generation?<br />
Gibt es hier Potenzial?<br />
cen für alle interessierten Nachfolger.<br />
Es ist eine tolle Herausforderung,<br />
sein Wissen und seine Kreativität<br />
einzusetzen, um am Markt<br />
mit dem eigenen Betrieb Erfolg zu<br />
haben. Nur im <strong>Handwerk</strong> kann<br />
man sich so problemlos selbstständig<br />
machen und damit selbst<br />
verwirklichen. Nirgendwo anders<br />
gibt es dafür so viel Spielraum.<br />
Im Vergaberecht der öffentlichen<br />
Hand zählt die Nähe eines Unternehmens<br />
weniger als der günstigste<br />
Angebotspreis?<br />
Anton Gindele: <strong>Das</strong> war sicherlich<br />
eine jahrzehntelange Fehlentwicklung.<br />
In der ständigen<br />
Diskussion mit<br />
der Landespolitik<br />
ist es dem <strong>Handwerk</strong><br />
jetzt gelungen,<br />
die Grenzen<br />
des Konjunkturpakets<br />
II im<br />
Vergaberecht<br />
vorübergehend<br />
zu erhalten.<br />
Damit<br />
wird der<br />
Spielraum für<br />
eine regionale<br />
Vergabe ausgeweitet und mit<br />
weniger bürokratischem Angebotsaufwand<br />
und -vergleich. Diese<br />
Marge gilt es beizubehalten. Und<br />
zu beachten gilt: Mit der Gewerbesteuer<br />
kommen durch das <strong>Handwerk</strong><br />
vor Ort wieder kräftig Steuereinnahmen<br />
herein und Ausbildungsplätze<br />
für unsere Jugend sowieso.<br />
Wo drückt Sie aktuell der Schuh?<br />
Anton Gindele blickt mit wachsamen Augen, aber guten Mutes, in<br />
die Zukunft des <strong>Handwerk</strong>s.<br />
nuar 2011 von 14,9 Prozent auf<br />
15,5 Prozent steigen. <strong>Das</strong> führt<br />
nicht zu einer gewollten Senkung<br />
der Abgabenlast für die Unternehmen.<br />
Im Gegenteil: Die Erhöhung<br />
des Arbeitgeberbeitrags um 0,3<br />
Prozent bedeutet eine weitere Verteuerung<br />
der Lohnzusatzkosten.<br />
<strong>Das</strong> belastet vor allem die arbeitsintensiven<br />
<strong>Handwerk</strong>sbetriebe<br />
und auch die Einkommen unserer<br />
Mitarbeiter. Wir müssen aufpassen,<br />
dass die Betriebe ein gutes<br />
Auskommen haben, um investieren<br />
zu können und damit auf der<br />
Höhe der technischen Entwicklung<br />
zu bleiben. Denn nur wenn es<br />
unseren Betrieben gut geht, geht<br />
es den Menschen gut und wir können<br />
unseren Wohlstand sichern.<br />
Welchen Ausblick wagen Sie für<br />
das kommende Jahr?<br />
Anton Gindele: <strong>Handwerk</strong> ist vielfältig,<br />
innovativ und modern. <strong>Das</strong><br />
müssen wir stärker zeigen. Bei der<br />
Ausbildung junger Menschen haben<br />
wir all die Jahre nicht locker<br />
gelassen und werden das auch in<br />
Zukunft nicht tun. Bei über 150<br />
<strong>Handwerk</strong>sberufen kann jeder<br />
den passenden Beruf für sich finden<br />
und seine Fähigkeiten frei entfalten.<br />
<strong>Handwerk</strong> hat Tradition,<br />
bietet aber auch gute Zukunftsaussichten<br />
– wenn es solide, innovativ<br />
und qualitativ gut ausgeführt wird.<br />
Wir können unsere Welt nur mit<br />
dem <strong>Handwerk</strong> weiterentwickeln.<br />
Die großen Themen kommen nur<br />
durchs <strong>Handwerk</strong> auf die Straße:<br />
E-Mobilität fährt nur mit den pflegenden,<br />
reparierenden und wartenden<br />
Kfz-Berufen und die Kanzlerin<br />
erreicht ihre Umweltziele nur<br />
mit dem <strong>Handwerk</strong> durch energetisches<br />
Bauen oder Sanieren. Der<br />
<strong>Handwerk</strong>er ist einer der obersten<br />
Umweltschützer im Lande. Für die<br />
kommenden Jahre ist mir mit unseren<br />
hervorragenden <strong>Handwerk</strong>sbetrieben,<br />
die beispielsweise<br />
in ihren Innungen permanent die<br />
aktuelle Qualität sichern, also<br />
überhaupt nicht bange.<br />
Präsident<br />
Gindele<br />
Aus Horgenzell<br />
Anton Gindele (62) ist im Ehrenamt<br />
gewählter Präsident<br />
der <strong>Handwerk</strong>skammer Ulm.<br />
Der Schreinermeister kommt<br />
aus Horgenzell bei Ravensburg<br />
und hat einen Schreiner-<br />
Betrieb mit zehn Mitarbeitern<br />
und zwei Auszubildenden.<br />
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