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-Zeitung - GEW

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5/02<br />

-<strong>Zeitung</strong><br />

111. Jahrgang<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Schwerpunkt:<br />

Werteerziehung am<br />

GHS-Studienseminar<br />

Kaiserslautern (S. 7 f.)<br />

LehrerInnenbildung ( S. 4 - 10)<br />

Foto: Seifert<br />

„Auch die Hochschulen müssen die Lernkultur der Wissensmast überwinden!“ (Prof. Arnold)


Editorial / Inhalt / Impressum<br />

282 ist mehr als 281<br />

Eigentlich nicht zu glauben und doch<br />

wahr: Ferienzeit, draußen ist es ungemütlich<br />

kalt und windig, viele KollegInnen<br />

genießen in südlichen Gefilden die Frühlingssonne,<br />

während der Redakteur am<br />

Schreibtisch sitzt und .... (nein, nicht<br />

schlecht), sondern tatsächlich gut gelaunt<br />

ist. Krank im Kopf? Workaholic? Sichzuwichtignehmer?<br />

Möglicherweise, aber der<br />

Grund für die gute Stimmung ist ein anderer:<br />

Es sind die zahlreichen Stellungnahmen<br />

von Kollegien zur so genannten<br />

Leistungsprämie (vgl. S. 12), die Freude aufkommen lassen. Ausführliche,<br />

klug formulierte Resolutionen, engagiert vorgebrachte Argumentationen<br />

mit vielfältigen Begründungen sind da zu lesen, durch die sich wie ein<br />

roter Faden eine imponierende Grundhaltung zieht: Das Gefühl, im pädagogischen<br />

Ethos zutiefst verletzt zu sein durch die auf erschreckende Praxisferne<br />

verweisende ministerielle Idee, mit lächerlichen Prämien für einzelne<br />

die Motivation der Lehrkräfte insgesamt und die Qualität der schulischen<br />

Arbeit steigern zu können, statt das zu tun, was überfällig ist, nämlich<br />

für wirksame Entlastung der KollegInnen zu sorgen. Und diese Resolutionen<br />

sind ja nur die Spitze des Eisbergs der Ablehnung. An vielen Schulen<br />

wurde die Prämierung halt zähneknirschend durchgezogen, weil sie von<br />

oben angeordnet war. Sollten sich die Verantwortlichen in der Schulverwaltung<br />

mal die Mühe machen, welche Leistungen tatsächlich belohnt<br />

wurden, werden sie feststellen können, dass es gerade eben nicht die „herausragenden<br />

unterrichtlichen Leistungen“, sondern irgendwelche Zusatztätigkeiten<br />

waren, die den Ausschlag gaben: die <strong>Zeitung</strong>s-AG betreut, das<br />

Schulfest organisiert, die Streitschlichtergruppe initiiert usw. Engagement<br />

also, das es schon vor den Prämien gab (und auch danach noch geben<br />

wird) und im Selbstverständnis der meisten Lehrkräfte Bestandteil ihrer<br />

pädagogischen Arbeit ist.<br />

Dass viele Schulleitungen diesen Weg der Belohnung von Sonderaufgaben<br />

gegangen sind, ist ihnen nicht zu verdenken. Denn wer kann tatsächlich<br />

über die kontinuierliche und nachhaltige Qualität von Unterrichtsarbeit<br />

urteilen? SchulleiterInnen bestimmt nicht. Alle diesbezüglichen Bewertungen<br />

beruhen auf Lehrprobensituationen, in denen - meist mit solidarischer<br />

Unterstützung der Klassen - eine Show abgezogen wird, in der die, die<br />

vorne stehen, versuchen das zu machen, was die erwarten, die hinten sitzen.<br />

Mit Routine und Cleverness wird dann ein didaktisches Feuerwerk<br />

inszeniert, das meist mit der schulischen Realität so viel zu tun hat wie die<br />

gespielte Empörung der CDU im Bundesrat bei der Abstimmung über das<br />

Zuwanderungsgesetz mit echter Betroffenheit.<br />

Schule und Politik als Showbühnen.<br />

Dieses Dilemma zeigt sich auch bei einem anderen Thema, dessen Auswirkungen<br />

in den nächsten Tagen bei wenigen für Freude, bei vielen aber für<br />

Frust sorgen wird. Die Rede ist vom 18. Mai, an dem einige glückliche<br />

StudienrätInnen ihre Urkunden ausgehändigt bekommen, denen zufolge<br />

sie dann ein „Ober“ vor ihrer Dienstbezeichnung tragen und mehr Geld<br />

für die gleiche Arbeit bekommen dürfen. Ärgerlich für all jene, die nicht<br />

zu den Glücklichen gehören, ist dabei: Sie können nicht darauf vertrauen,<br />

im nächsten oder im übernächsten Jahr, auch nicht in drei, vier oder fünf<br />

Jahren dabei zu sein. Dies liegt daran, dass nach der Klage einer Gymnasiallehrerin<br />

die Wartezeit keine Rolle mehr spielen darf und nur nach der<br />

dienstlichen Beurteilung ausgewählt wird. Im letzten Jahr kamen deshalb<br />

schon ausschließlich KollegInnen in den Genuss der Beförderung, die mit<br />

„sehr gut“ abgeschnitten hatten, während zuvor ein „Gut“ oder gar ein<br />

„Befriedigend“ plus eine entsprechende Anzahl von Dienstjahren ausreichen<br />

konnten. Die letztjährige Regelung - für die das Ministerium ja nichts<br />

konnte - wurde jetzt durch neue Beurteilungsrichtlinien nochmals verschärft,<br />

man könnte auch sagen: ins Absurde gesteigert. Statt der früheren<br />

sechs Notenstufen gibt es nämlich neuerdings ein Punktesystem, das sage<br />

und schreibe 300 erreichbare Punkte umfasst. Die frühere „Eins“ reicht<br />

nun von 241 bis 300 Punkten. So kann es kaum mehr Klagen geben: 282<br />

ist schließlich besser als 281!<br />

Alles paletti und gerecht? Fürwahr nicht: Die Summe von subjektiven Punktebewertungen<br />

durch SchulleiterInnen, die trotz der detailliertesten Vorgaben<br />

immer ihre individuelle Beurteilungspraxis, ihre Vorlieben, ihre Sympathien<br />

und Antipathien haben werden, ergibt noch lange keine Objektivität,<br />

sondern nur Scheingerechtigkeit und führt zu Verbitterung, Streit<br />

und Hader in den Kollegien. Ein perfekter Beitrag zu Demotivierung für<br />

alle jene, die nicht bereit sind, sich in A 14 zu schleimen. Oder auch eine<br />

neue Möglichkeit, die Leistungsprämie zu verteilen. Vermerk in der Dienstakte:<br />

„Kollege XY bringt seit Jahren sehr gute Leistungen (281 Punkte),<br />

wurde aber nicht befördert. Die Prämie soll ihn trösten und anspornen.“<br />

Womit auch der Übergang von ernsten zum nicht ganz so ernsten Teil<br />

dieser Rubrik geschafft wäre: unser Orden „Setzen! Sechs!“ für sprachliche<br />

Fehlleistungen. Hier hat sich diesmal die SPD unangefochten durchgesetzt<br />

für die unangemessene, angeberische Verwendung von Fremdwörtern. Den<br />

Orden hätte sie auch verdient für die komische Abkürzung „Kampa 2002“.<br />

In deren Rahmen, also wohl dem erweiterten Wahlkampf für die Bundestagswahl,<br />

fand im März eine hochkarätig besetzte Veranstaltung in Mainz<br />

statt mit dem üblichen Ablauf. Die beiden letzten Punkte bildeten Podiumsdiskussionen<br />

um Bildungs- und um Wissenschaftspolitik. Und jetzt<br />

kommt es: „Panel 1“ und „Panel 2“ wurden die genannt. Was - um Himmels<br />

Willen - ist ein „Panel“? Wir Pfälzer benutzen ein Pännel, wenn wir<br />

eine Kleinigkeit brutzeln wollen, und wenn es uns ganz dreckig geht, brauchen<br />

wir ein Bettpännel. Aber wozu braucht die SPD ein „Panel“? Wir<br />

warten gespannt auf Auskunft.<br />

Günter Helfrich<br />

Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 5 / 2002:<br />

Editorial: „282 ist mehr als 281“ Seite 2<br />

Kommentar: Tilman Boehlkau: Qualität entwickeln<br />

Eva-Maria Stange: Wir wollen andere Bildungspolitik Seite 3<br />

Schwerpunkt: LehrerInnnenbildung Seiten 4 - 10<br />

Schulen Seiten 11 - 15<br />

LeserInnenbriefe Seite 16<br />

Hochschulen / Internationales Seiten 17 - 20<br />

Alter + Ruhestand Seite 21<br />

Rechtsschutz Seiten 22 - 25<br />

Tipps + Termine Seiten 26 - 28<br />

Kreis + Region / <strong>GEW</strong>-Intern Seiten 29 - 31<br />

Schulgeist Seite 32<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen,<br />

Tel./ Fax: (0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr.<br />

14, 67063 Ludwigshafen, Tel.: (0621) 69 73 97, Fax.: (0621) 6 33 99 90, e-mail:<br />

UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42)<br />

91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />

Verlag, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W.,<br />

Tel.: (06321) 8 03 77; Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPP.NW@t-online.de, Datenübernahme per<br />

ISDN: (0 63 21) 92 90 92 (Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />

nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene<br />

Manuskripte können angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine<br />

Gewähr übernommen. Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong><br />

Rheinland-Pfalz werden nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto<br />

+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />

Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 12 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 5. des Vormonats.<br />

2 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Kommentar<br />

„Qualität entwickeln -<br />

Arbeitsbedingungen verbessern“<br />

Es wird Zeit, dass sich die<br />

<strong>GEW</strong> bundesweit der Themen<br />

Arbeitsplatzabbau,<br />

Ressourcenkürzungen, LehrerInnen-Mangel,<br />

Arbeitsbelastung,<br />

Arbeitszeit und<br />

Ausbildungsbedingungen<br />

annimmt.<br />

In den letzten 10 Jahren<br />

können wir als Rheinland-<br />

PfälzerInnen davon ein<br />

trauriges Lied singen. Die<br />

Auswirkungen der o. g. Belastungen<br />

zeigen sich von<br />

Jahr zu Jahr deutlicher an<br />

der steigenden Zahl von Frühpensionierungen<br />

bzw. der steigenden Zahl an Altersteilzeitanträgen<br />

im Blockmodell: Nur<br />

ja früh raus aus der Schule, denn die immer<br />

höheren Belastungen machen krank.<br />

Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass die<br />

<strong>GEW</strong> dieses Thema in den nächsten zwei<br />

Jahren vorrangig auf ihre Agenda setzt.<br />

Es ist gut, weil wir dadurch in die Offensive<br />

geraten und nicht immer auf die<br />

Beschlüsse der einzelnen Bildungs- oder<br />

Kultusministerien reagieren müssen. Wir<br />

können und müssen der Gesellschaft, den<br />

PolitikerInnen, den Landesregierungen,<br />

den Landesministerien sagen, dass unsere<br />

Profession Anerkennung braucht - und<br />

nicht negative Kommentare, dass wir die<br />

notwendigen Ressourcen zum qualitativen<br />

Ausbau der Bildungseinrichtungen<br />

brauchen - und nicht ständige Kürzun-<br />

gen hinnehmen wollen und können. Wer<br />

Qualitätsentwicklung und Beteiligung an<br />

den Prozessen wünscht, muss auch die<br />

Rahmenbedingungen schaffen, damit<br />

„Qualität entwickelt“ werden kann.<br />

Die Ausgangslage der bundesweiten Kampagne<br />

sind die Beschlüsse des Gewerkschaftstages<br />

2001 in Lübeck zur „Lehrerarbeitszeit“,<br />

zu „Bildung von Anfang<br />

an“, „Eine Schule für alle“, „Zusammenarbeit<br />

Jugendhilfe und Schule“, „Eckpunkte<br />

zur Lehrerbildung“, die PISA-<br />

Studie und die Ergebnisse des Forums<br />

Bildung. Alle diese Themen bilden eine<br />

gute Grundlage, um offensiv auf die lange<br />

Zeit vernachlässigten Bildungseinrichtungen<br />

öffentlich aufmerksam zu machen.<br />

Deshalb hat die Vorbereitungsgruppe,<br />

die im Auftrag des Hauptvorstandes<br />

die Aufgaben der Kampagne skizziert hat,<br />

u. a. folgende Schwerpunkte für die Kampagne<br />

gesetzt:<br />

* Zur Verbesserung der Qualität im Bildungswesen<br />

und zur Durchsetzung von<br />

Bildungsreformen muss eine Kampagne<br />

nach innen und außen initiiert werden,<br />

die die Bedingungen und Zielrichtung<br />

von mehr Qualität in den Bildungseinrichtungen<br />

kommuniziert, um die Verbesserung<br />

von Arbeitsbedingungen und<br />

bildungspolitische Reformen als sich gegenseitig<br />

bedingende Voraussetzungen<br />

durchzusetzen<br />

* In der Öffentlichkeit muss deutlich<br />

werden, dass die Qualitätsziele nur mit<br />

Wir wollen eine andere Bildungspolitik<br />

Am 13. Juni 2002 tagen<br />

die Ministerpräsidenten in<br />

Berlin. Sie stellen die Weichen<br />

für die Bildungspolitik<br />

in ihren Ländern. Eine<br />

Richtungsänderung ist<br />

dringend von Nöten. Die<br />

Signale müssen jetzt auf<br />

Zukunft gestellt werden.<br />

Die <strong>GEW</strong> ruft auf, dafür<br />

am 12. Juni 2002 in Berlin<br />

zu demonstrieren.<br />

Investitionen in die Bildung<br />

sind Investitionen in<br />

die junge Generation und in die Zukunft<br />

der Gesellschaft. Die <strong>GEW</strong> ruft auf, jetzt<br />

deutliche Zeichen zu setzen. Gerade nach<br />

den Erkenntnissen der PISA-Studie ist<br />

Handeln dringend erforderlich. Deutsch-<br />

und nicht gegen die Lehrkräfte und nur<br />

durch Verbesserungen der Lehr- und<br />

Lernbedingungen erreicht werden können.<br />

* Organisationsintern muss kommuniziert<br />

werden, dass die öffentliche Akzeptanz<br />

und Unterstützung der Forderung<br />

nach verbesserten Lehr- und Lernbedingungen<br />

in dem Maße zunehmen, in dem<br />

dadurch Effekte für das Erreichen von<br />

Qualitätszielen plausibel werden.<br />

Die Kampagne startet mit einem ersten<br />

Paukenschlag am 12. Juni 2002: einer<br />

bundesweiten zentralen Kundgebung in<br />

Berlin, zu der ich schon heute aufrufe.<br />

(Vgl. auch den Text unserer Bundesvorsitzenden<br />

Eva-Maria Stange unten.)<br />

Der Landesvorstand hat am 13. März<br />

2002 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die<br />

im Rahmen der bundesweiten <strong>GEW</strong>-<br />

Kampagne ihre Zielstellungen für die<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz entwickelt und<br />

Aktionen vorbereitet. Eine erste Aktion<br />

ist schon angelaufen, indem wir alle Personalräte<br />

der Schulen um ihre Meinung<br />

zur „leistungsbezogenen Honorierung“<br />

und die Mitglieder des Landesvorstandes<br />

bzw. der Landesfachgruppenkonferenzen<br />

gebeten haben, einen Fragebogen zum<br />

„Stimmungsbild in der <strong>GEW</strong> Rheinland-<br />

Pfalz“ auszufüllen und an uns zurück zu<br />

senden. Beide Ergebnisse werden wir exakt<br />

auswerten und in unsere landesweiten<br />

Aktionen im Rahmen der bundesweiten<br />

Kampagne einbeziehen.<br />

Über den weiteren Verlauf der Kampagne<br />

werden wir berichten.<br />

Tilman Boehlkau<br />

land braucht ein leistungsfähiges und in<br />

die Gesellschaft eingebundenes modernes<br />

Bildungssystem, das den Bedürfnissen von<br />

Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen<br />

gerecht wird.<br />

Die Ministerpräsidenten dürfen nicht<br />

länger unter der Forderung nach weiteren<br />

Steuerentlastungen für Gewinne und<br />

Vermögen einknicken. Sie müssen der<br />

Bildung endlich Priorität geben. Bildung<br />

braucht Unterstützung und Förderung<br />

statt Druck und Auslese.<br />

Die <strong>GEW</strong> ruft die Beschäftigten aus allen<br />

Bildungseinrichtungen, die Lehrenden<br />

und die Lernenden, Eltern und alle<br />

an Bildung und Erziehung Interessierten<br />

aus allen Bundesländern auf, am 12.<br />

Juni nach Berlin zu kommen.<br />

* Wir dürfen nicht zulassen, dass die vorhandenen<br />

Unterschiede zwischen den einzelnen<br />

Bundesländern nur als Argument<br />

dazu dienen, die Kürzungsschraube weiter<br />

in Gang zu setzen. Wir lassen uns<br />

nicht gegeneinander ausspielen.<br />

* Wir wollen, dass ein Ruck durch diese<br />

Gesellschaft geht und Bildung in Deutschland<br />

einen höheren Stellenwert erhält.<br />

* Wir wollen, dass unsere Arbeit endlich<br />

wieder anerkannt und unterstützt wird.<br />

* Wir wollen der Spirale der ständigen<br />

Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen<br />

ein Ende setzen.<br />

Im Namen des Hauptvorstandes rufe ich<br />

dazu auf, für die gemeinsame Demonstration<br />

und Kundgebung in Berlin zu<br />

mobilisieren und dafür zu sorgen, dass<br />

wir ein unvergessliches Zeichen für eine<br />

andere Bildungskultur in diesem Lande<br />

setzen.<br />

Eva-Maria Stange<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

3


Schwerpunkt<br />

„Hochschulen müssen Wissensmast überwinden!“<br />

Anmerkungen von Prof. Arnold zur PISA-Kontroverse zwischen Landau und Koblenz<br />

Unter der Überschrift „Doofe Studis<br />

oder schlechte Profs“ hatte in der<br />

letzten <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> unser Mitarbeiter<br />

Paul Schwarz über eine Kontroverse<br />

zwischen den Hochschullehrern<br />

Roman Heiligenthal (Landau)<br />

und Rudi Krawitz (Koblenz) berichtet,<br />

welche Konsequenzen aus<br />

der PISA-Studie für die Ausbildung<br />

von Lehrkräften zu ziehen seien.<br />

Im folgenden Text nimmt Rolf Arnold<br />

von der Universität Kaiserslautern<br />

aus seiner Sicht Stellung dazu<br />

und skizziert dabei Perspektiven einer<br />

zukunftsgerechten Lehrerbildung.<br />

„Während die PISA-Debatte immerhin<br />

den - hoffentlich andauernden -<br />

Effekt hat, dass die Akteure des Bildungswesens<br />

zumindest anfangen,<br />

nachdrücklicher über notwendige<br />

Reformen nachzudenken, gibt es<br />

Wissenschaftler - wie den Abteilungsleiter<br />

der Landauer Hochschule<br />

-, die sich dem alten, aber selbstgerechten<br />

Spiel des „Haltet den<br />

Dieb“ hingeben: Schuld an der Misere<br />

sind grundsätzlich die anderen,<br />

die Lernenden selbst, die „Spaßgesellschaft“<br />

oder die mit ihr verbundene<br />

Aufweichung der Leistungskultur<br />

- so die bequemen Schuldzuweisungsargumentationen<br />

derer, die sich<br />

selbst nicht infrage stellen und glauben,<br />

ihrerseits bereits alles Erforderliche<br />

für ein nachhaltiges wissenschaftliches<br />

Lernen getan zu haben.<br />

Einer solchen Selbstgerechtigkeit<br />

entgeht, dass auch und gerade die<br />

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen,<br />

die für die Lehrerbildung<br />

verantwortlich sind, in ihrer Lehresoweit<br />

wie möglich - auch das erlebbar<br />

werden lassen müssen, was man<br />

an Lehrformen von den späteren<br />

Lehrerinnen und Lehrern selbst heute<br />

berechtigterweise erwarten muss.<br />

Während das Wissen selbst sich beständig<br />

wandelt und neben den deklarativen<br />

Wissensformen das aktive<br />

Wissen (Argyris) in allen Bereichen<br />

der Gesellschaft an Bedeutung<br />

gewinnt, können Wissenschaftlerin-<br />

nen und Wissenschaftler nicht an<br />

einem „Weiter-so-wie-bisher“ festhalten,<br />

sondern müssen ihre Funktion<br />

als Forschende und Lehrende<br />

weiterentwickeln: Auch wissenschaftliches<br />

Lernen muss als selbstgesteuerte<br />

Aneignung in arrangierten<br />

Lern- und Problemlösungskontexten<br />

gestaltet werden, um so auf den<br />

„Umgang mit Wissen“ (statt auf die<br />

Speicherung von Wissen) professionell<br />

vorzubereiten. Dies erfordert<br />

eine entsprechende Verantwortung<br />

der „Lehrenden“ für das Arrangement<br />

und die Ermöglichung entsprechender<br />

Lernanlässe, und man kann<br />

sich nicht dadurch „herausreden“,<br />

dass man dies „aufgrund ihres Abiturs“<br />

(Heiligenthal) von den Lernenden<br />

erwartet, ohne selbst die eigenen<br />

Lehrformen weiterentwickeln oder<br />

verändern zu wollen.<br />

Die Klage über die nachlassende<br />

Qualität der nachwachsenden Generation<br />

ist so alt wie die akademische<br />

Bildung selbst. Bereits von Sokrates<br />

sind entsprechende Klagen überliefert,<br />

doch zeigt die Debatte der letzten<br />

Jahre auch sehr deutlich, dass von<br />

einem einheitlichen Kompetenzverfall<br />

der Jugend keine Rede sein kann:<br />

SchülerInnen und Studierende können<br />

heute anderes als früher, sie verfügen<br />

über z.T. erstaunliche Selbstorganisationsfähigkeiten,<br />

was die Finanzierung<br />

und Gestaltung ihrer<br />

Lebenswelt betrifft, und im Bereich<br />

der Nutzung und Anwendung der<br />

neuen Technologien hat sich die traditionelle<br />

Arbeitsteilung zwischen<br />

Lehrenden und Lernenden vielfach<br />

schon längst umgekehrt: Es sind heute<br />

an den Hochschulen und Universitäten<br />

zumeist die Studierenden, die<br />

„ihren“ Profs hier erklärend und gestaltend<br />

zur Hand gehen. Und wer<br />

mit seinen Studierenden selbstgesteuerte<br />

Lernprozesse durchläuft, sie<br />

in Projektkontexten an selbstständige<br />

Problembearbeitung „setzt“ 1 , weiß<br />

auch, dass ihm dies zumeist mit einem<br />

erstaunlichen Engagement und<br />

beeindruckenden Arbeitsergebnissen<br />

Prof. Dr. Rolf Arnold: „Auch wissenschaftliches<br />

Lernen muss als selbstgesteuerte<br />

Aneignung in arrangierten<br />

Lern- und Problemlösungskontexten<br />

gestaltet werden, um so auf den „Umgang<br />

mit Wissen“ professionell vorzubereiten.“<br />

„gedankt“ wird. Könnte es nicht sein,<br />

dass die bequeme Klage über das<br />

Nachlassen der Lernenden einen<br />

Sachverhalt beschreibt, der sich bei<br />

genauerer Analyse als Echo auf ein<br />

einfallsloses und seit Jahrzehnten<br />

„starres“ Konzept wissenschaftlicher<br />

Lehre im Sinne einer erschlagenden<br />

und wenig nutzerorientiert didaktisierten<br />

Wissensmast darstellt?<br />

Die konstruktivistische Didaktik gibt<br />

uns eine Fülle von Hinweisen darauf,<br />

dass das Verhalten der Lernenden<br />

auch und in erster Linie durch<br />

die eingeräumten oder eben nicht<br />

eingeräumten Lerngelegenheiten<br />

„konstruiert“, also von den Lehrenden<br />

selbst gemacht ist und eine Lösung<br />

eben nicht durch die Lernenden,<br />

sondern durch die Lehrenden<br />

zu erfolgen hat. Diese müssen ihre<br />

Verantwortung für die Lernchancen<br />

der Studierenden erkennen und dürfen<br />

nicht länger übersehen, dass<br />

überflüssige Lehre auch „eine Lernbehinderung“<br />

(Holzkamp) sein<br />

kann. Es ist erstaunlich, wie wenig<br />

sich die Argumentation eines (Abteilungs-)Leiters<br />

einer ja immerhin leh-<br />

4 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


LehrerInnenbildung<br />

rerbildenden Hochschule auf der -<br />

hier nur angedeuteten - Höhe der<br />

didaktischen Diskussion befindet.<br />

Die Forderung nach einem notwendigen<br />

Wandel der universitären Lernkulturen<br />

möchte ich mit drei Thesen<br />

näher illustrieren:<br />

These 1:<br />

Das universitäre Lernen ist in überstarkem<br />

Maße frontalunterrichtlich<br />

organisiert. Die Debatte um handlungsorientiertes<br />

Lernen sowie um<br />

einen methodenorientierten Wandel<br />

der Lernkulturen ist an den Zentren<br />

der akademischen Bildung, in denen<br />

noch vielfach die Vorlesung das bis<br />

in die Hörsaalarchitektur und die<br />

Sitzanordnung hineinwirkende Leitkonzept<br />

ist, noch nicht wirklich aufgegriffen<br />

worden.<br />

Einer differenzierten Betrachtung<br />

kann selbstverständlich nicht entgehen,<br />

dass angesichts der bisweilen<br />

erdrückenden Studierendenzahlen<br />

mit Vorlesungen mit bis zu 500 Studierenden<br />

eine andere als die frontalunterrichtliche<br />

Wissenspräsentation<br />

vielfach organisatorisch gar nicht<br />

möglich ist. Gleichwohl ist zu fragen,<br />

warum organisatorische Maßgaben<br />

die universitäre Lernkultur<br />

prägen und wir nicht den Mut haben,<br />

Lehrformen, die wenig Nachhaltigkeit<br />

und Lernwirksamkeit haben,<br />

aufzugeben und durch Formen<br />

eines angeleiteten Selbststudiums zu<br />

ersetzen, wie wir es aus den Fernuniversitäten<br />

oder von dem angelsächsischen<br />

Vorbild des Independent-study-mode<br />

kennen. Es gibt nämlich<br />

bei nüchterner Betrachtung allen<br />

Grund zu der Frage, ob es überhaupt<br />

sinnvoll ist, eine große Zahl von<br />

Menschen in einem Lernort zu versammeln<br />

und auf sie - wie in Zeiten,<br />

als der Buchdruck noch nicht erfunden<br />

war - „einzureden“, wissen wir<br />

doch aus der Lernforschung, dass ein<br />

solches Lernen „im Gleichschritt“<br />

angesichts der diskontinuierlichen<br />

und zeitlich sehr begrenzten Konzentrations-<br />

und Verarbeitungsfähigkeiten<br />

nicht möglich ist. Selbstverständlich<br />

gibt es sie, die begnadeten Rhetoriker,<br />

denen es gelingt, eine Zuhörerschaft<br />

ganze Vorlesungen lang zu<br />

fesseln und zu begeistern, doch geht<br />

Begeisterung und Gefesseltsein noch<br />

keineswegs automatisch mit nachhaltigem<br />

Lernen einher. Zudem sind<br />

keineswegs alle Hochschullehrerinnen<br />

und Hochschullehrer solche begnadeten<br />

Redner, und man findet<br />

deshalb auch die hilflosen Rituale,<br />

in denen ein einsamer Vortragender<br />

verzweifelt darum bemüht ist, sich<br />

bei erheblichem Geräuschpegel und<br />

umherfliegenden Papierschwalben<br />

Gehör zu verschaffen bei Zuhörenden,<br />

die wegen der Anwesenheitskontrolle<br />

da sind und das für die<br />

Klausur oder den Scheinerwerb notwendige<br />

Wissen sich ohnehin selbst<br />

- oft aus dem Skript oder Lehrbuch<br />

- aneignen müssen. So betrachtet<br />

kann man die Selbstorganisationsund<br />

Selbstlernfähigkeiten vieler Studierender<br />

wirklich bewundern, die<br />

sich trotz des bisweilen hilflosen Vorlesungswesens<br />

das erforderliche Wissen<br />

anzueignen vermögen und dabei<br />

auch zu arbeitsteiligem und kooperativem<br />

Lernen in der Lage sind.<br />

These 2:<br />

Auch an den Hochschulen und Universitäten<br />

wird den aus der erwachsenenpädagogischen<br />

Forschung bekannten<br />

Kriterien eines nachhaltigen<br />

und kompetenzentwickelnden<br />

Lernens noch in zu geringem Maße<br />

Rechnung getragen. Auch die Virtualisierung<br />

der Lehre (Multimedia,<br />

Online-Lernen) folgt vielfach noch<br />

dem traditionellen hochschuldidaktischen<br />

Konzept, indem Texte<br />

schlichtweg nur „ins Netz gestellt“<br />

und kaum Aneignungs-, Austauschund<br />

Problemlösungsszenarien lernerfreundlich<br />

arrangiert werden.<br />

Um nicht falsch verstanden zu werden,<br />

sei darauf hingewiesen, dass<br />

Vorlesungen vereinzelt durchaus einen<br />

Sinn haben können, wenn sie<br />

dazu dienen, Studierenden einen<br />

Überblick zu verschaffen, sie für Fragestellungen<br />

auch durch die engagierte<br />

Persönlichkeit der Lehrperson<br />

zu begeistern, dabei Interaktions-,<br />

Reflexions- und Transferdebatten<br />

mit den Lernenden suchend, doch<br />

wirken sie überall dort wie hilflose<br />

Rituale, wo Stoff „vermittelt“ wird,<br />

der auch nachlesbar aufbereitet zugänglich<br />

ist. Auch darf nicht übersehen<br />

werden, dass ein Großteil der<br />

wissenschaftlichen Lehre in Seminarform<br />

„abläuft“, in der Diskussionen<br />

und Studierendenbeteiligung - wenn<br />

die Seminare nicht mit bis zu 80 Studierenden<br />

überlaufen sind - die konstitutiven<br />

Prinzipien sein sollten,<br />

auch wenn dies häufig nicht so ist.<br />

Denn vielfach wird die Frontallehre<br />

nur anders arrangiert, indem nicht<br />

der Professor oder die Professorin,<br />

sondern die StudentInnen referieren,<br />

wodurch viele Seminare zu kleinen<br />

Vorlesungen „verkommen“. Auch<br />

die vielfach hochgelobten Formen<br />

der virtuellen Lehre sind bei genauerer<br />

Analyse vom frontalunterrichtlichen<br />

Prinzip kontaminiert, wenn<br />

z.B. Texte „ins Netz gehängt“ werden,<br />

die lediglich rezipiert werden<br />

können, genauso wie Vorlesungen<br />

oder referatgespickte Seminare die<br />

Lernenden zu stark passiver Lernhaltung<br />

„zwingen“.<br />

Aus der neueren Erwachsenenbildungsforschung<br />

(z.B. durch die Ergebnisse<br />

von Mandl u.a.) wissen wir,<br />

dass nachhaltiges Lernen dann gelingt,<br />

wenn<br />

- die Lerner eine aktive Rolle spielen<br />

„dürfen“,<br />

- sie Wissen nicht nur konsumieren,<br />

sondern Wissen konstruieren können,<br />

- dabei in einem sozialen Kooperationszusammenhang<br />

beim Lernen stehen,<br />

- eine Selbststeuerung ihres Lernprozesses<br />

möglich ist, und<br />

- eine Einbindung des Gelernten in<br />

Lebens-, Transfer- und Anwendungssituationen<br />

ständig erfolgen kann<br />

(Situierung des Lernens).<br />

Ein Wandel der universitären Lernkultur<br />

setzt deshalb Lehr-Lernverfahren<br />

voraus, in denen diesen didaktischen<br />

Gesichtspunkten Rechnung<br />

getragen wird. Notwendig ist hierfür<br />

eine Pluralisierung der Lehr-<br />

Lernformen. Studierende haben ein<br />

Recht darauf, ihre Lernzeit nicht in<br />

aus der Vergangenheit herübergewachsenen<br />

Veranstaltungsformen zu<br />

vergeuden, deren begrenzte Nachhaltigkeit<br />

empirisch schon seit den 50er<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

5


Schwerpunkt<br />

SchülerInnen<br />

und Studierende<br />

können heute anderes<br />

als früher.<br />

(Foto: Seifert)<br />

Jahren bekannt ist, die aber trotzdem<br />

wie ein zähes Ritual weiterexistieren.<br />

„Pluralisierung der Lehr-Lernformen“<br />

bedeutet auch, dass das selbstgesteuerte<br />

Lernen die unwirksamen<br />

Formen der Wissensmast und des<br />

Lernens im Gleichschritt ersetzen<br />

muss. Warum dürfen nicht auch<br />

Präsenzstudierende mit Hilfe von<br />

gut didaktisierten Selbstlernmaterialen<br />

(mit Übungs- und Anwendungsaufgaben<br />

sowie Musterlösungen) lernen,<br />

was doch in den international<br />

mehr und mehr sich entwickelnden<br />

Fernstudiengängen auch möglich<br />

ist? 2 Warum nutzen wir die Kompetenzen<br />

von lehrenden Wissenschaftlern<br />

und Wissenschaftlerinnen nicht<br />

intelligenter, indem Sie offene Diskussionsforen<br />

zur Besprechung der<br />

Selbstlernresultate „einräumen“,<br />

Studierende in engem e-mail-Kontakt<br />

betreuen und das „überflüssige“<br />

Lehren i.S. der Verbalisierung nachlesbaren<br />

Stoffes mehr und mehr einschränken.<br />

Auf diesem Wege könnte<br />

eine universitäre Lernkultur des<br />

selbstgesteuerten Lernens entstehen,<br />

in der die Studierenden neben dem<br />

Fachwissen auch wichtige lern- und<br />

arbeitsmethodische Kompetenzen<br />

erwerben und vertiefen können.<br />

These 3:<br />

Insbesondere die Lehrerbildung 3<br />

braucht eine Hochschuldidaktik, die<br />

zumindest in Ansätzen hält, was sie<br />

verspricht. So wenig, wie die Vorzüge<br />

methoden- und handlungsorientierten<br />

Arbeiten mit Schülerinnen<br />

und Schülern lediglich in Vorlesungen<br />

„verkündet“ werden können,<br />

können auch Selbstlernkompetenzen<br />

sowie die Bereitschaft zum lebenslangen<br />

Lernen in einer rezeptiven<br />

Lernhaltung wirklich entwickelt<br />

werden. Notwendigkeit und Formen<br />

eines angeleiteten Selbststudiums<br />

sind nicht wirklich neu, sie werden<br />

aber in der vielfach übercurricularisierten<br />

und verschulten wissenschaftlichen<br />

Lernkultur zu wenig aufgegriffen.<br />

Die in ihrer Lernkultur gewandelten<br />

Hochschulen und Universitäten<br />

müssen zu Lernorten pluraler<br />

Lernformen werde; dies ist der Kern<br />

der Qualität wissenschaftlicher Bildung.<br />

Zukünftige Lehrerinnen und Lehrer<br />

werden in Deutschland mit guten<br />

Gründen wissenschaftlich ausgebildet.<br />

Nur indem sie die wirklich Gelegenheit<br />

erhalten, in ihrem Professionalisierungsprozess<br />

ein differenziertes<br />

und der Komplexität des Gegenstandes<br />

angemessenes Wissen zu<br />

erwerben, sind sie überhaupt in der<br />

Lage, „sachangemessene“ Lösungen<br />

in konkreten Handlungssituationen<br />

zu entwickeln und nicht beständig<br />

und unreflektiert ihre eingelebte<br />

„Pädagogik des Bauches“ (=Summe<br />

der selbst erlebten Beschulung) zu<br />

reinszenieren. Gleichwohl ist zu fragen,<br />

wie der heimliche Lehrplan der<br />

erlebten Universitäts- und Seminarpädagogik<br />

auf die Entwicklung der<br />

eigenen pädagogischen Handlungskompetenz<br />

wirkt. Wie gehen Studierende<br />

damit um, dass ihnen in ihren<br />

erziehungswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen<br />

überzeugend die<br />

Aspekte und Vorzüge eines selbstgesteuerten<br />

Lernens dargelegt werden,<br />

aber ihre Ausbildung in der ersten<br />

und zweiten Phase durchaus selbst<br />

noch in überstarkem Maße eben<br />

nicht oder wenig selbstgesteuert abläuft.<br />

Alle Akteure der Lehrerbildung<br />

haben hier noch große gemeinsame<br />

Anstrengungen vor sich, solche<br />

Selbstwidersprüchlichkeiten zu überwinden.<br />

Vielleicht gelingt dies ja in<br />

einer gemeinsamen Kraftanstrengung<br />

im Rahmen der von der Landesregierung<br />

geplanten „Zentren für<br />

Lehrerbildung“, die i.S. eines kooperativen<br />

Zusammenwirkens der lehrerInnenausbildenden<br />

Universitäten<br />

mit den Studienseminaren organisiert<br />

werden sollen. Gleichzeitig können<br />

die Hochschulen und Universitäten<br />

selbst zahlreiche hochschuldidaktische<br />

Impulse von der modernen<br />

Erwachsenenbildung und den Formen<br />

eines angeleiteten Selbststudiums<br />

in den Fernstudienkonzepten 4<br />

erhalten, um ihre Lernkulturen 5<br />

durch eine Pluralisierung der Lehr-<br />

Lernformen nachhaltiger und kompetenzentwickelnder<br />

zu gestalten.“<br />

Anmerkungen<br />

1. So handelt es sich z.B. bei dem von der<br />

<strong>GEW</strong> und der Universität Kaiserslautern<br />

herausgegebenen Buch „Methoden des<br />

Lebendigen Lernens“ um das Ergebnis eines<br />

Projektes mit Studierenden.<br />

2. In diesen Studienangeboten geschieht ja<br />

das „Ungeheuerliche“, dass nämlich Studierende<br />

lernen ohne dass ein anwesender<br />

Professor oder eine Professorin lehrt.<br />

Die ”Zuständigkeit“ des wissenschaftlich<br />

Verantwortlichen ist eine andere: Er ist<br />

für die Vertiefungs-, Nachfrage- und Anwendungsdiskurse<br />

”zuständig“, aber dafür<br />

geeignete Materialien zu koordinieren,<br />

indem er z.B. Lehrende anderer Hochschulen<br />

einbezieht oder Zugänge zu deren<br />

Lehrangeboten ermöglicht.<br />

3. Diese Forderung gilt genauso für Studierende<br />

anderer Fächer, die als zukünftige<br />

Führungskräfte in lernenden Organisationen<br />

zu Weiterbildnern ihrer Mitarbeiter<br />

werden müssen. Moderne Führung ist<br />

mehr und mehr eine Führung durch die<br />

Ermöglichung von Lern- und Wachstumsprozessen<br />

(gemeint: fachliches, soziales,<br />

methodisches und emotionales<br />

Wachstum i.S. von kontinuierlicher Kompetenzentwicklung).<br />

4. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang<br />

auf die zahlreichen Fernstudienangebote<br />

der Universität Kaiserslautern (z.B. Fernstudium<br />

Erwachsenenbildung, Fernstudium<br />

Schulmanagement, Fernstudium Personalentwicklung<br />

im lernenden Unternehmen),<br />

die derzeit auch darum bemüht<br />

ist, ein Fernstudium für die BerufsschullehrerInnenausbildung<br />

vorzubereiten.<br />

5. Vgl. Arnold, R./ Schüßler, I.: Wandel der<br />

Lernkulturen, Darmstadt 1998.<br />

6 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


LehrerInnenbildung<br />

Gesellschaftlichen Herausforderungen begegnen<br />

Werteerziehung am GHS-Studienseminar in Kaiserslautern<br />

Die Komplexität und Vernetzung der gesellschaftlichen Situation in<br />

Fragen der Erziehung zu Werten ist für das Seminar GHS in Kaiserslautern<br />

Anlass, schon seit geraumer Zeit einen besonderen Schwerpunkt<br />

in der LehrerInnenbildung auf die Auseinandersetzung mit Werten<br />

sowie der Schwierigkeit der Wertevermittlung und der Werteerziehung<br />

zu legen.<br />

Es ist falsch<br />

am Tag nach dem Feuer<br />

zu schweigen,<br />

die Brandstifter trauen sich<br />

hervor aus den Verstecken;<br />

schreit jetzt.<br />

Es reicht nicht aus zu warten,<br />

bis es wieder brennt.<br />

Fritz Deppert<br />

Das Allgemeine<br />

Seminar<br />

des Studienseminars<br />

für das Lehramt<br />

an<br />

Grund- und<br />

Hauptschulen<br />

in Kaiserslautern<br />

hat sich, neben<br />

den<br />

Fachseminaren, daher noch mehr<br />

bemüht, in seinem gegenwärtigen<br />

Ausbildungsdurchgang der gesellschaftlichen<br />

und gesellschaftspolitischen<br />

Herausforderung - aus dem<br />

Blickwinkel der Lehrerausbildung<br />

heraus - Rechnung zu tragen.<br />

In diesem Sinne sind am Studienseminar<br />

Umwelterziehung, Werteerziehung,<br />

Förderung von Demokratiebewusstsein,<br />

Gewalt, Rechtsextremismus<br />

und Interkulturelle Erziehung<br />

wesentliche Inhalte des Allgemeinen<br />

Seminars.<br />

Einen besonderen Schwerpunkt,<br />

und deswegen von der Landesregierung<br />

unterstützt und gefördert, stellte<br />

das Pilotprojekt Konfrontative<br />

Pädagogik im Umgang mit aggressiven<br />

Kindern und Jugendlichen<br />

(sog. Anti-Aggressivitäts- Training<br />

für Lehramtanwärter/-innen) dar.<br />

(Anmerkung der Red.: vgl. dazu den<br />

Artikel „Konfrontation statt Entschuldigung“<br />

S. 9)<br />

Die Sammlung des Studienseminars<br />

zu Werten<br />

und Erziehung zu Werten<br />

Das Staatliche Studienseminar für<br />

das Lehramt an Grund- und Hauptschulen<br />

verfügt mittlerweile neben<br />

der spezifischen inhaltlichen Akzen-<br />

tuierung für die Thematik über eine<br />

gewachsene und weiter wachsende<br />

Sammlung von Medien und Materialen<br />

zu den Themen Gewalt/Gewalt<br />

in der Schule, Rassismus/<br />

Rechtsradikalismus, Drittes Reich/<br />

Jugend im Dritten Reich, Holocaust/Shoa<br />

sowie Interkulturalität/<br />

Fremdsein.<br />

Darüber hinaus liegt zu den einzelnen<br />

Themenfeldern jeweils eine differenzierte<br />

und ständig aktualisierte<br />

Link-Liste für das Internet vor.<br />

Wie ist die Seminarsammlung<br />

strukturiert?<br />

Gewalt/Gewalt in der Schule<br />

• Gewalt<br />

- Sachinformationen<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Literatur und Materialien für Pädagogen/-innen,<br />

Lehrer/-innen<br />

• Gewalt in der Schule<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Soziales Lernen, Streitschlichtung,<br />

Mediation ...<br />

- Trainingsmaterialien zur Prävention<br />

- Zeitschriften und andere Materialien<br />

- Unterrichtsmaterialien<br />

Rassismus/Rechtsradikalismus<br />

- Sachinformationen<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Literatur und Materialien für Pädagogen/-innen<br />

- Unterrichtsmaterialien<br />

- Unterrichtseinheiten<br />

- Medien und Literatur<br />

- Dokumentarische Filme (Videos)<br />

- Spielfilme (Videos)<br />

Drittes Reich/Kindheit und Jugend<br />

im Dritten Reich<br />

• Drittes Reich<br />

- Sachinformationen<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Literatur für Pädagogen/-innen<br />

- Unterrichtseinheiten<br />

- Kinder- und Jugendliteratur<br />

(Buchsprechungen/-empfehlungen)<br />

• Kindheit und Jugend im Dritten<br />

Reich<br />

- Literatur für Kinder und Jugendliche<br />

- Medien und Literatur (Buchbesprechungen)<br />

Holocaust/Shoa<br />

• Sachinformationen und andere<br />

Medien zu Holocaust/Shoa<br />

- Sachinformationen<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Literatur und Materialien für Pädagogen/-innen<br />

- Holocaust im Internet<br />

• Kinder- und Jugendliteratur und<br />

andere Medien zu Holocaust/Shoa<br />

- Kinderbücher<br />

- Unterrichtseinheiten<br />

- Dokumentarische Filme (Videos)<br />

- Dokumentarische CDs<br />

• Dichtung, Romane, Tagebücher ...<br />

zu Holocaust/Shoa<br />

- Dichtung, Romane<br />

- Tagebücher, Comics<br />

- Spielfilme (Videos)<br />

- Musik (CDs)<br />

- Dokumentationen (Videos)<br />

Interkulturalität/Fremdsein<br />

- Sachinformationen<br />

- Literatur und Materialien für Kinder<br />

und Jugendliche<br />

- Literatur und Materialien für Pädagogen/-innen<br />

- Unterrichtsmaterialien<br />

- Unterrichtseinheiten<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

7


Schwerpunkt<br />

- Videos<br />

- CDs<br />

- Medien und Literatur<br />

Das Besondere dieser Sammlung ist<br />

die eindeutig didaktisch-methodische<br />

Ausrichtung der Exponate, d.h.,<br />

dass das Auswahlkriterium für die<br />

Aufnahme in diese Sammlung weniger<br />

von der primär thematischen<br />

Eignung fachlich/fachwissenschaftlicher<br />

Art bestimmt ist als vielmehr<br />

von der Tatsache, welche Qualität<br />

das Medium/Material aufweist, für<br />

konkret planbaren Unterricht und/<br />

oder durchführbare Projekte in der<br />

Erwachsenenbildung geeignet zu<br />

sein.<br />

Jedes der Teilthemen bietet daher die<br />

Möglichkeit, didaktisch-methodische<br />

Planung aus der je teilthematischen<br />

Fixierung vornehmen zu können,<br />

wobei allerdings Übergänge und<br />

Überschneidungen sich rein von der<br />

Sache her ergeben.<br />

Ausgangspunkt für diese Sammlung<br />

und auch Motivation, die Sammlung<br />

um weitere Teilthemen zu ergänzen<br />

- das ist auch vom Umfang der Medien/Materialen<br />

zu diesem Teilthema<br />

her kaum zu übersehen - ist das<br />

Teilthema Holocaust/Shoa.<br />

Ausgehend von einem Projekt für<br />

den Literaturunterricht, Kinder- und<br />

Jugendliteratur zum Holocaust als<br />

Bewältigungsliteratur zu bearbeiten,<br />

entstand die Idee - getragen von der<br />

Einsicht, dass die Einlassung auf<br />

Kinder- und Jugendliteratur die gegenwärtigen<br />

Probleme in diesen Fragen<br />

(u.a. Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit)<br />

nur partiell und<br />

mitunter unzureichend anzugehen<br />

vermag - in weiteren teilthematischen<br />

Bereichen die Sammlung noch<br />

bewusster unter didaktisch-methodischen<br />

Prämissen fortzusetzen.<br />

Mehrfach wurde die Sammlung des<br />

Studienseminars mit wechselndem<br />

Schwerpunkt und vor verschiedenen<br />

Zielgruppen bereits präsentiert:<br />

So bei einer Veranstaltungsreihe des<br />

Arbeitskreises gegen Rechts im Donnersbergkreis.<br />

Höhepunkt dieser<br />

Veranstaltungsreihe, während der<br />

die ganze Zeit die Sammlung des Seminars<br />

für PädagogInnen und Klassen<br />

zu Verfügung stand, war eine öffentliche<br />

Podiumsdiskussion von<br />

PädagogenInnen zu der Frage von<br />

Gewalt und Rassismus in Gesellschaft,<br />

Schule und pädagogischen<br />

Einrichtungen.<br />

Weiter konnte die Seminarsammlung<br />

bei der Veranstaltung des IFB<br />

Speyer bei der Fachtagung „Rechtsextremismus,<br />

Gewalt in der Schule.<br />

Demokratische Schulkultur durch<br />

pädagogische Schulentwicklung und<br />

Qualitätsmanagement“ vorgestellt<br />

werden.<br />

Schließlich fand die Sammlung bei<br />

der Tagung der Universität Landau-<br />

Koblenz zu Auseinandersetzung mit<br />

Gewalt und Fremdenfeindlichkeit in<br />

Schule und Sozialarbeit - Praxisorientiertes<br />

Forum der Universität Koblenz-Landau,<br />

Campus Landau,<br />

große Resonanz, was sich nicht zuletzt<br />

an der Vielzahl von beratenden<br />

Gesprächen und neuer Kontakte,<br />

was die Seminarsammlung angeht,<br />

ablesen ließ.<br />

Intensiver Kontakt und Austausch<br />

besteht mit der Universität Koblenz-<br />

Landau in diesen Fragen, so mit Frau<br />

Dr. Moning-Konter vom Institut für<br />

Allgemeine Didaktik und mit Herrn<br />

Dr. Marz vom Institut für Politikwissenschaft.<br />

Wer nähere Informationen zu den<br />

am Staatlichen Studienseminar für<br />

das Lehramt an Grund- und Hauptschulen<br />

Kaiserlautern praktizierten<br />

Inhalten zu Werten und Erziehung<br />

zu Werten sowie der Sammlung des<br />

Seminar zu Gewalt/Gewalt in der<br />

Schule, Rassismus/Rechtsradikalismus,<br />

Drittes Reich/Kindheit und Jugend<br />

im Dritten Reich, Interkulturalität<br />

wünscht, kann sich gerne unter<br />

der E-mail Adresse des Seminars<br />

(www.studsemghs.kl@t-online.de)<br />

mit dem Seminar in Verbindung setzen.<br />

Erich Schilling, Fachleiter im<br />

Allgemeinen Seminar, wird gerne<br />

Auskunft geben.<br />

Den Umgang mit<br />

aggressiven Kindern<br />

und Jugendlichen<br />

lernen.<br />

(Foto: Seifert)<br />

8 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Konfrontation statt Entschuldigung<br />

Anti-Aggressivitäts-Training soll im Schulalltag helfen<br />

LehrerInnenbildung<br />

Über ein wegweisendes Pilotprojekt<br />

zur Gewaltprävention im Studienseminar<br />

für Grund- und Hauptschulen<br />

Kaiserslautern berichtete die<br />

„Rheinpfalz“ auf ihrer Regionalseite.<br />

Wir drucken den Artikel von Anke<br />

Herbert mit freundlicher Genehmigung<br />

der „Rheinpfalz“ nach.<br />

„Ein Schüler nimmt seinem Banknachbarn<br />

ständig das Mäppchen weg. Irgendwann<br />

eskaliert das Ganze, wird aus Spaß<br />

Ernst, fallen Schimpfworte. „Ich weiß<br />

jetzt zumindest ansatzweise, wie ich solche<br />

Situationen umbiegen kann, um<br />

noch vernünftigen Unterricht machen zu<br />

können“, sagt Lehramtsanwärter Ingo<br />

Sehr (26). Wie Nadja Somfleth (24) ist<br />

er derzeit an der Friedrich-Ebert-Hauptschule<br />

in Landstuhl tätig. Beide gehören<br />

zu den 16 freiwilligen Teilnehmern des<br />

„Anti-Aggressivitäts-Training“, einem<br />

landesweiten Pilotprojekt des Staatlichen<br />

Studienseminars für das Lehramt an<br />

Grund- und Hauptschulen in Kaiserslautern.<br />

„Mit diesem Angebot haben wir den<br />

Nagel auf den Kopf getroffen.“ Studienseminar-Leiter<br />

Heinz Winter ist froh,<br />

dass ihn der Zufall mit dem Diplom-<br />

Sozialarbeiter Markus Brand aus Landstuhl<br />

zusammengebracht hatte. Denn<br />

Brand war es schließlich, der mit dem<br />

Diplom-Mediator Günter Grünental<br />

das Anti-Aggressivitäts-Training geleitet<br />

hat. Vier Tage tauschten die angehenden<br />

Hauptschullehrer das Katheder mit der<br />

Schulbank, um Anhaltspunkte für den<br />

besseren Umgang mit aggressiven Kindern<br />

und Jugendlichen zu bekommen.<br />

Wichtig: Es erst gar nicht zu solchen Situation<br />

kommen zu lassen. Denn Brands<br />

am Frankfurter Institut für Sozialarbeit<br />

und -pädagogik entwickelte Methode der<br />

„konfrontativen Pädagogik“ setzt an der<br />

Wurzel an: Schon bei einer Kleinigkeit<br />

muss der Schüler mit seinem Verhalten<br />

konfrontiert werden, es erklären, die Verantwortung<br />

übernehmen. „Rechtfertigungsdruck<br />

ist ein Verhinderungsgrund“,<br />

sagt Brand. Im Gegensatz zur entschuldigenden<br />

Pädagogik geht es nicht mehr<br />

um den sozialen Hintergrund des „Täters“<br />

wie das Elternhaus. Stattdessen wird<br />

auf Eigenverantwortung abgehoben und<br />

das falsche Verhalten zudem öffentlich,<br />

also vor der Klasse, behandelt. Brand:<br />

„So kann der Schüler seinen Kopf nicht<br />

aus der Schlinge ziehen, indem er zum<br />

Beispiel ein Vier-Augen-Gespräch mit<br />

dem Rektor vor seinen Freunden zu seinen<br />

Gunsten wiedergibt.“<br />

Auch das „Behandeln“ haben die Lehramtsanwärter<br />

geübt. Durch Rollenspiele<br />

zum Beispiel. „Wer das Verhalten des<br />

betreffenden Schülers gut findet, muss<br />

sich links aufstellen, wer nicht, rechts“,<br />

erläutert Ingo Sehr. Dadurch werde die<br />

ganze Klasse in die Verantwortung einbezogen,<br />

ergänzt Markus Brand. Und<br />

das zeige in der Regel Wirkung. „Vorher<br />

war ich in der typischen Lehrerhaltung,<br />

Verständnis für Problemkinder zu haben“,<br />

meint Sehr. Das Training hingegen<br />

habe ihn darin bestärkt, Kinder mit<br />

ihrem Verhalten zu konfrontieren und<br />

dadurch einen ungestörteren Unterricht<br />

zu ermöglichen. Das koste zwar erst mal<br />

Zeit, zahle sich aber mittelfristig aus.<br />

„Eine Patentlösung gibt es natürlich<br />

nicht“, sagt Nadja Somfleth. Bereits<br />

während des Kurses sei klar geworden,<br />

dass jeder den Weg wählen müsse, der<br />

am besten zu ihm passe.<br />

Bildungsstaatssekretär Prof. Dr. Joachim<br />

Hofmann-Göttig:<br />

„Ich bin sicher, dass die Absolventen<br />

des Lehrgangs mit ihrer freiwilligen<br />

Zusatzqualifikation eine ideale Voraussetzung<br />

gerade für den Einsatz in<br />

so genannten „Brennpunktschulen“<br />

erworben haben. Neben der Schulsozialarbeit<br />

im engeren Sinn, Aktionen<br />

wie ,Sport und Spiel statt Gewalt auf<br />

dem Schulhof´ oder Streitschlichter-<br />

Programmen kann das ,Anti-Aggressivitätstraining´<br />

einen weiteren Beitrag<br />

dazu leisten, Gewalt so weit wie möglich<br />

aus der Schule zu verbannen“.<br />

Mit Sehr ist sich die 24-Jährige einig,<br />

dass das Training für jede Schulart wichtig<br />

wäre, „denn solche Probleme gibt es<br />

nicht nur an Hauptschulen“. Solche Probleme,<br />

damit ist nicht notwendigerweise<br />

körperliche Gewalt an Schulen gemeint.<br />

„Die ist weitaus seltener, als es in<br />

der Öffentlichkeit manchmal dargestellt<br />

wird“, meint Studienseminarleiter Winter.<br />

Dafür aber seien andere Verhaltensmuster<br />

wie Psychoterror, Mobbing oder<br />

das Verbreiten von Unruhe an der Tagesordnung.<br />

„Da hilft es einfach, klar<br />

aufzuzeigen, dass solches Verhalten nicht<br />

geduldet wird“, sagt Sehr. Auf Dauer<br />

schaffe das ein besseres soziales Klima und<br />

damit ruhigeren Unterricht.<br />

Um Erfahrungen auszutauschen, wollen<br />

sich die 16 Hauptschullehrer weiterhin<br />

treffen. Und ginge es nach Winter, würde<br />

das Training fester Bestandteil der der<br />

Ausbildung: „Es wäre schon deshalb<br />

wichtig, weil es keine eigenständige Ausbildung<br />

für Hauptschullehrer gibt.“ Derzeit<br />

aber kann er nur hoffen, vom Bildungsministerium<br />

zumindest noch für<br />

zwei weitere Kurse Geld zu bekommen.<br />

„Dann wären etwa 50 Anwärter durch,<br />

und wir könnten einen Vergleich zwischen<br />

Ausbildung mit und ohne Training<br />

ziehen.“<br />

Mit seinem Anti-Aggressivitäts-Training<br />

hat das Kaiserslauterer Studienseminar<br />

als eines von acht Studienseminaren für<br />

Grund- und Hauptschullehrer in Rheinland-Pfalz<br />

folglich ein Modellprojekt<br />

vorgelegt. Deshalb hatte das Bildungsministerium<br />

auch die rund 6100 notwendigen<br />

Euro bewilligt. Winter zufolge kam<br />

das grüne Licht aus Mainz, weil es bei<br />

einem solchen Kurs auch um die Qualitätssicherung<br />

an Schulen insgesamt gehe.<br />

Das für die Lehrerausbildung eigentlich<br />

zuständige Wissenschaftsministerium<br />

habe eine Förderung abgelehnt, dafür<br />

aber ein Training mit eigenen Kräften<br />

angeboten. Der Reiz habe aber darin gelegen,<br />

einen anderen Ansatz, sprich die<br />

konfrontative Pädagogik, zu erproben.<br />

Darin bestätigt sieht sich Winter durch<br />

die überaus positive Resonanz der Lehramtsanwärter.<br />

„Sie war viel besser als auf<br />

andere Seminarangebote, für uns eigentlich<br />

niederschmetternd“, sagt der Studienleiter<br />

- und schmunzelt.<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

9


Schwerpunkt<br />

„Reform der LehrerInnenausbildung<br />

im Prinzip richtig!“<br />

Unterschiedlich lange Ausbildung ist überholt!<br />

<strong>GEW</strong>, VBE und der Grundschulverband<br />

nehmen in der folgenden<br />

Pressemitteilung gemeinsam Stellung<br />

zu der von der Landesregierung<br />

angestrebten Reform der LehrerInnenausbildung.<br />

Die drei Organisationen<br />

haben bereits im Dezember<br />

einen 10-Punkte-Katalog<br />

zu diesem Thema vorgelegt, der in<br />

der <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> 1-2/02 abgedruckt<br />

war.<br />

„Wir sehen in dem von Wissenschaftsminister<br />

Zöllner vorgelegten<br />

Modell den echten Willen zu einer<br />

Reform der Lehrerbildung in Rheinland-Pfalz.<br />

Es handelt sich um mehr<br />

als nur ein Reförmchen. Die Landesregierung<br />

liegt also im Prinzip<br />

richtig. So befürworten wir insbesondere<br />

die vorgesehene gemeinsame<br />

Grundausbildung für Lehrkäfte<br />

aller Schulen, die engere Verzahnung<br />

von Theorie und Praxis während der<br />

gesamten Ausbildungsdauer und die<br />

Einrichtung von „Zentren für Lehrerbildung“<br />

an jeder Universität.<br />

Allerdings lehnen wir die wiederum<br />

vorgesehenen unterschiedlich langen<br />

Ausbildungszeiten nach Lehrämtern<br />

ab. Dies ist eine überholte Ausbildungsstruktur<br />

aus dem letzten Jahrhundert,<br />

die zu einer unterschiedlichen<br />

Bewertung der Lehrtätigkeiten<br />

nach Schularten führt. Gerade die<br />

PISA-Ergebnisse haben uns gezeigt,<br />

dass die pädagogische Arbeit insbesondere<br />

im Grund- und Hauptschulbereich<br />

aufgewertet werden<br />

muss. Dies muss auch Konsequenzen<br />

für die Lehrerbildung haben.<br />

Deshalb fordern wir für Lehrkräfte<br />

aller Schularten eine gleich lange<br />

Ausbildungszeit!“<br />

Mit dieser Stellungnahme äußerten<br />

sich die Vorsitzenden der Lehrergewerkschaften<br />

<strong>GEW</strong> und VBE sowie<br />

des Grundschulverbandes GSV in<br />

Rheinland-Pfalz, Tilman Boehlkau<br />

(<strong>GEW</strong>), Johannes Müller (VBE)<br />

und Werner Lang (GSV), zu dem<br />

von Wissenschaftsminister Zöllner<br />

in Mainz vorgelegten „Dualen Studien-<br />

und Ausbildungskonzept“ für<br />

die künftige Lehrerbildung in<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

Die drei Vorsitzenden bedauerten,<br />

dass die Landesregierung grundsätzlich<br />

an der nach Schularten gegliederten<br />

Ausbildung für Lehrkräfte<br />

festhält und nicht dem Vorschlag der<br />

drei Organisationen gefolgt ist,<br />

Lehrkräfte künftig nach Schulstufen<br />

auszubilden (Stufenlehrerausbildung:<br />

Primarstufe, Sekundarstufe I,<br />

Sekundarstufe II), „Mit diesem Festhalten<br />

an überkommenen Strukturen<br />

bereits im dritten Jahr der Bachelor-Phase<br />

und in der so genannten<br />

„Master-Phase“ des Studiums<br />

wird die Landesregierung nicht den<br />

von ihr selbst eingeführten Schulformen<br />

wie Gesamtschule, Regionale<br />

Schule oder Duale Oberschule gerecht.<br />

Hier arbeiten heute Lehrkräfte<br />

mit unterschiedlicher Ausbildung,<br />

haben aber die gleichen pädagogischen<br />

Aufgaben, leisten also im Prinzip<br />

die gleiche Arbeit. Die Landesregierung<br />

verspielt deshalb eine<br />

Chance, wenn sie auf die Einführung<br />

von Stufenlehrämtern verzichtet.<br />

Dieser entscheidende Schritt<br />

fehlt der Reform!“ so die Vorsitzenden.<br />

Außerdem machten die Vorsitzenden<br />

deutlich, dass das Konzept noch zahlreiche<br />

Fragen offen lasse, die nicht<br />

nur Detailcharakter hätten. Dies betreffe<br />

insbesondere die Gestaltung<br />

der Zentren für Lehrerbildung, Länge<br />

und Aufbau des Vorbereitungsdienstes<br />

und die Ausbildungsinhalte<br />

in der 1. und 2. Phase. „Wir erwarten,<br />

dass die Landesregierung in diesen<br />

Fragen mit uns verhandelt und<br />

Einigkeit erzielen will. Unsere Schulen<br />

brauchen mehr denn je optimal<br />

ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen.<br />

Deshalb darf die Verkürzung<br />

der Gesamtausbildungsdauer nicht<br />

Vorrang haben gegenüber mehr<br />

Gründlichkeit im pädagogischen<br />

Kompetenzerwerb - und zwar für<br />

Lehrkräfte aller Schularten!“<br />

pm<br />

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und Lehrer<br />

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10 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Schulen<br />

Konsequenzen reichen nicht<br />

Als unzureichend bezeichnete der <strong>GEW</strong>-<br />

Vorsitzende Tilman Boehlkau die von der<br />

Ministerin für Bildung, Frauen und Jugend<br />

vorgestellten Konsequenzen aus der<br />

PISA-Studie für Rheinland-Pfalz.<br />

„Aus meiner Sicht ist es positiv, dass Ministerin<br />

Ahnen aus dem schlechten Abschneiden<br />

deutscher Jugendlicher in der<br />

PISA-Studie einige durchaus notwendige<br />

Maßnahmen entwickelt, die den SchülerInnen<br />

und LehrerInnen Hilfestellungen<br />

bei der Verbesserung der schulischer<br />

Leistungen und Qualität bieten können“,<br />

betonte Boehlkau.<br />

Es fehlen aus Sicht der <strong>GEW</strong> Rheinland-<br />

Pfalz wesentliche Konsequenzen aus der<br />

PISA-Studie:<br />

* Notwendigkeit längeren gemeinsamen<br />

Lernens ohne frühzeitige Selektion (vgl.<br />

Belgien und Schweden bzw. Finnland)<br />

* Absenkung der Klassengrößen, um mehr<br />

Zeit zum Lernen und Fördern zu haben<br />

* größere Selbstständigkeit der Einzelschulen<br />

und stärkere Einbindung der<br />

Lehrkräfte in die Entscheidungsprozesse<br />

* mehr Raum für selbstreguliertes Lernen<br />

* stärkeres fächerübergreifendes und<br />

-verbindendes Arbeiten<br />

Öffnung der Ganztagsschulen<br />

„Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen<br />

mit Kooperationspartnern an<br />

den Ganztagsschulen wird von der<br />

<strong>GEW</strong> als eine sinnvolle Ergänzung der<br />

notwendigen zusätzlichen Angebote gewertet“,<br />

stellte Tilman Boehlkau gegenüber<br />

der Presse fest.<br />

Die 81 neuen Ganztagsschulen erhiel-<br />

ten damit die Möglichkeit, ihr pädagogisches<br />

Angebot zu erweitern und die<br />

Schulen nach außen zu öffnen.<br />

„Dass es für die neuen MitarbeiterInnen<br />

die Möglichkeit von Dienstleistung-,<br />

Kooperations- und Einzelarbeitsverträge<br />

gibt, entspricht der Forderung<br />

der <strong>GEW</strong>, denn hiermit wird<br />

„Vollends vergessen wurde von Seiten der<br />

Ministerin z. B. der Zusammenhang<br />

zwischen der Arbeitsverdichtung durch<br />

mehrmalige Verlängerung der Arbeitszeiten<br />

der LehrerInnen und die Verschlechterungen<br />

bei der Lehrerwochenstunden-<br />

Zuweisung und den Leistungserfolgen der<br />

SchülerInnen!“, kritisierte der <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzende.<br />

Die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz fordert das<br />

Ministerium auf, sich mit dem Konzept<br />

nicht zufrieden zu geben, sondern mit der<br />

Gewerkschaft in einen intensiven Meinungsaustausch<br />

über weitere Qualitätssteigerungen<br />

im Bildungswesen einzutreten.<br />

gew-pm<br />

gewährleistet, dass die außerschulischen<br />

Partner nicht in unsicheren Arbeitsverträgen<br />

beschäftigt werden.“, sagte der<br />

<strong>GEW</strong>-Vorsitzende.<br />

Boehlkau erinnerte daran, dass die<br />

Ganztagsschule nur dann erfolgreich<br />

sein wird, wenn sie mit einem pädagogischen<br />

Konzept arbeitet und nicht als<br />

Betreuungs- und Verwahranstalt für<br />

den Nachmittag gesehen wird.<br />

gew-pm<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

11


Schulen<br />

Flop Prämien<br />

Breite Ablehnungsfront<br />

Hätte die<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong><br />

alle Resolutionen,<br />

Stellungnahmen<br />

und Briefe,<br />

die zum<br />

Thema Leistungsprämien<br />

von<br />

Personalversammlungen<br />

bzw.<br />

Personalräten<br />

formuliert<br />

wurden, in der vollen Länge abgedruckt,<br />

wäre unsere <strong>Zeitung</strong> fast<br />

schon voll gewesen. Wir veröffentlichen<br />

deshalb jeweils immer nur<br />

kurze Auszüge, um damit zumindest<br />

einen Eindruck über die breite Front<br />

der Ablehnungen in vielen Schulen<br />

zu vermitteln<br />

Die Personalversammlung der Carl-<br />

Orff-Schule (Sonderschule) in Neuwied:<br />

„Wir lassen uns nicht entsolidarisieren!<br />

(…)<br />

Wir - die Sonderschullehrer und -lehrerinnen<br />

- empfinden es als ungerecht,<br />

dass wir honoriert werden sollen für<br />

Leistungen, die wir nur im Team erreichen<br />

können.<br />

Wir - die pädagogischen Fachkräfte -<br />

empfinden es als ungerecht, dass es für<br />

unsere Leistungen im Team keine Honorierung<br />

geben soll.<br />

Wir wollen uns nicht zu Neid und<br />

Missgunst provozieren lassen!“<br />

Der Personalrat der Liesertal-Schule<br />

in Wittlich:<br />

(…)„Durch eine Honorierung in der<br />

vorgesehenen Form wird zwar einerseits<br />

die Leistung einzelner herausgehoben<br />

aber auch die Leistung des übrigen<br />

Kollegiums nicht gewürdigt.<br />

Qualität und Motivation schulischer<br />

Dienstleistung können auf diesem Wege<br />

nicht gesteigert werden, da bereits der<br />

subjektive Eindruck willkürlicher bzw.<br />

ungerechter Entscheidungen sehr belastend<br />

für das Betriebsklima werden<br />

kann und möglicherweise die Motivation<br />

des Einzelnen stark mindert.<br />

Pädagogische Leistungen sind von Natur<br />

sehr komplex und schwierig zu beurteilen.<br />

Es wird die Gefahr der einseitigen<br />

Honorierung öffentlichkeitswirksamer<br />

Aktionen gesehen, die in ihrer<br />

Qualität ja nur schwer mit der alltäglichen<br />

Unterrichtsarbeit zu vergleichen<br />

sind. (…)“<br />

Das Kollegium der Gutenbergschule<br />

- Regionale Schule - in Gönnheim:<br />

(…)„Wir Kolleginnen und Kollegen<br />

sind der Meinung, dass<br />

• die Leistungsprämie gegen unser Berufsethos<br />

verstößt<br />

• nicht nur zwei oder drei Lehrer unserer<br />

Schule herausragende Leistungen<br />

erbringen<br />

• die in den verschiedenen Bereichen<br />

erbrachten Leistungen nicht vergleichund<br />

aufrechenbar sind<br />

• der ideelle Einsatz, den jeder von uns<br />

erbringt, nicht bemessen werden kann<br />

• das Prämiensystem der Wirtschaft sich<br />

nicht auf Schule übertragen lässt.<br />

Die Hervorhebung einzelner Lehrerinnen<br />

und Lehrer spaltet das Kollegium<br />

und führt nicht zu einer erhöhten Leistungsmotivation.<br />

(…)”<br />

Der Personalrat der Grundschulen<br />

Nahbollenbach und Weierbach in<br />

Idar-Oberstein:<br />

(…)„Die vorgesehene Form der Leistungsprämie<br />

finden wir vor allem für<br />

kleine Schulen unangebracht. Bis wir<br />

in den Genuss einer Prämie kommen<br />

können, ist die besondere Leistung eines<br />

Einzelnen längst verjährt! Durch die<br />

Volle Halbtagsschule, große Klassen und<br />

die Tatsache, dass wir alle, also das gesamte<br />

Kollegium, für gutes Geld auch<br />

stets sehr gute Arbeit leisten wollen, fühlen<br />

wir uns hoch belastet. Wir fänden<br />

es gut, wenn das Geld, das für Leistungsprämien<br />

bereitgestellt wird, auch dazu<br />

verwandt werden könnte, die hohen<br />

Klassenmesszahlen zu senken oder mehr<br />

Feuerwehrlehrer (gerade auch für kleinere<br />

Schulen!) einzustellen. Damit<br />

würden für alle engagierten Lehrer bessere<br />

Arbeitsbedingungen geschaffen!<br />

(…)“<br />

Das Kollegium der Grundschule<br />

Nierstein:<br />

(…)„Da die Grundvoraussetzung für<br />

eine Prämierung ein „überdurchschnittlich<br />

guter Unterricht“ ist, könnten KollegInnen<br />

mit verhaltensauffälligen und<br />

lernschwachen Kindern in ihren Klassen<br />

in die Situation kommen, nicht<br />

mehr offen im Kollegium über ihre Probleme<br />

in und mit der Klasse sprechen<br />

zu können aus Sorge, damit die Fähigkeit<br />

zu einem guten Unterricht abgesprochen<br />

zu bekommen. (…)<br />

Besonders hervorgehobene zusätzliche<br />

Leistungen von Lehrern könnten in der<br />

Öffentlichkeit den Eindruck erwecken,<br />

dass Lehrer mit ihrer täglichen Arbeit<br />

nicht ausgelastet seien und durchaus<br />

noch Kapazitäten frei hätten, um<br />

Mehrarbeit zu leisten. (…)<br />

Unserer Meinung nach sollten mit dem<br />

Geld, das für die Prämierung und den<br />

anschließenden Verwaltungsaufwand<br />

vorgesehen ist, dringendere Probleme<br />

gelöst werden. Wir denken dabei an die<br />

ausstehende Verbeamtung vieler Junglehrer<br />

und die Reduzierung der Klassenstärke.“<br />

Das Kollegium der Grundschule Gerolsheim-Laumersheim:<br />

(…)„Nachdem wir alle durch Lohnverzicht<br />

für die Durchführbarkeit dieses<br />

Gesetzes gesorgt haben, fänden wir es<br />

sinnvoller, mit dem angesparten Geld<br />

zusätzlich Lehrer einzustellen. Dieses<br />

Vorhaben käme sowohl uns als auch den<br />

Schülern zugute.<br />

Uns Lehrern geht es weniger um eine<br />

willkürliche Brosamenspende, als vielmehr<br />

um wichtige Verbesserungen in<br />

der Schule und wirksame Entlastungen<br />

für die Kolleginnen und Kollegen. Leistungsprämien<br />

und Zulagen sind der<br />

wohl am schlechtesten geeignete Weg für<br />

eine Schule, in der demokratische Mitverantwortung,<br />

soziales Miteinander<br />

und Teamfähigkeit gelebt werden sollen.<br />

(…)“<br />

Die Personalversammlung der Friedrich-Schweitzer-Schule<br />

in Westerburg:<br />

(…)„Wir sind der Meinung, dass im<br />

Sonderschulbereich und hier speziell in<br />

unserer Schule ein besonderes Engagement<br />

täglich erforderlich ist und auch<br />

von jedem geleistet wird, um die Ziele<br />

unserer Schule überhaupt erreichen zu<br />

können. Von daher hätte jeder einen<br />

Anspruch auf diese Leistungsprämie.<br />

(…)“<br />

Das Kollegium der Grundschule Dekan-Ernst-Schule<br />

Grünstadt sowie<br />

die Personalräte der Realschule Grün-<br />

12 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Schulen<br />

stadt, Käthe-Kollwitz-Schule, Grünstadt,<br />

Grundschule Obrigheim,<br />

Grundschule Gerolsheim-Laumersheim,<br />

Grundschule Burgenländchen<br />

Kleinkarlbach, Grundschule Bockenheim,<br />

Hauptschule Leiningerland<br />

Grünstadt:<br />

(…)„Unserer Meinung nach entwertet<br />

die geplante Prämie eher unsere in<br />

der Verantwortung vor Schülern und<br />

Eltern geführte Arbeit, als dass diese<br />

„Schmankerl für wenige“ zusätzliche<br />

Anreize zur Steigerung der Unterrichtsqualität<br />

schaffen kann.<br />

Für uns Kolleginnen und Kollegen, die<br />

wir alle jeden Tag unsere besonderen<br />

Einzelleistungen erbringen, um einen<br />

gewissenhaften und verantwortungsbewussten<br />

Unterricht zu gewährleisten,<br />

wirkt ein solches Gesetz undemokratisch,<br />

demotivierend und falsch! Eine<br />

Schule kann eben kein nach wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten geführtes Unternehmen<br />

sein, da unsere Zielsetzungen<br />

pädagogischer Art sind. (…)“<br />

Der Personalrat der Grund- und<br />

Hauptschule Paternus in Pfeddersheim:<br />

„Die Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes<br />

brachte für die gesamte Beamtenschaft<br />

eine Verschlechterung der Bezüge.<br />

Wenn nun ein Teil dieses einbehaltenen<br />

Geldes an einzelne, wenige<br />

Mitglieder des Kollegiums als ’Honorierung<br />

für besondere Leistungen‘ zurück<br />

gegeben wird, bringt das extremen<br />

Unfrieden und Unzufriedenheit in die<br />

einzelnen Schulkollegien.<br />

Sie ist demotivierend für die Vielzahl<br />

von Kollegen und Kolleginnen, die zusätzliche,<br />

über ihre dienstliche Verpflichtung<br />

hinaus reichende Leistungen<br />

erbringen.<br />

Das soziale Klima in der Schule muss<br />

zum Wohle der Kinder ausgewogen und<br />

von gegenseitiger Achtung und Hilfe<br />

geprägt sein. Konkurrierende finanzielle<br />

Maßnahmen, wie sie in der Industrie<br />

häufig angewendet werden, um<br />

eine fiktive Leistungssteigerung zu erreichen,<br />

werden daher als ungeeignet,<br />

ja kontraproduktiv abgelehnt.“<br />

Das Kollegium der Bodelschwingh-<br />

Schule in Bendorf-Mülhofen:<br />

(…)„Man stelle sich Folgendes vor:<br />

Ein Schlittenhundegespann, neun<br />

Hunde und der Schlittenhundeführer,<br />

bilden zusammen ein harmonisches<br />

Team und haben in Eintracht gemeinsam<br />

über einen längeren Zeitraum einen<br />

Schlitten gezogen. Nach getaner<br />

Arbeit wirft der Hundeführer dem Rudel<br />

einen Knochen zu.<br />

Wozu das führen wird, sollte wohl jedem<br />

klar sein.<br />

Ein sachkundiger, qualifizierter Hundeführer<br />

würde so eine Situation nie<br />

provozieren. (…)“<br />

Das Kollegium der Medardus-Schule<br />

in Bendorf:<br />

(…)„Es wäre sinnvoller und effizienter<br />

die Klassenmesszahlen drastisch zu<br />

senken, den Förderunterricht erheblich<br />

zu erhöhen und die finanzielle Misere<br />

der sehr engagierten Junglehrer endlich<br />

zu verbessern.“<br />

Das Kollegium der Grundschule Urbar:<br />

(…)„Wir erlauben uns daher anzumerken,<br />

dass Leistung nicht zuletzt auch<br />

aus Anerkennung erwächst. Wie man<br />

jetzt allgemein erfahren kann, wird in<br />

jenen Ländern, die bei der Pisastudie<br />

gut abgeschnitten haben, dem Berufsstand<br />

des Lehrers höhere Wertschätzung<br />

entgegen gebracht. Hierzulande wurden<br />

wir Pädagogen von Spitzenpolitikern<br />

auf Bundes- und Länderebene mit<br />

verbalen Entgleisungen öffentlich verunglimpft,<br />

ohne dass eine Korrektur<br />

seitens unserer Dienstherren erfolgte.<br />

Ungeachtet einiger schwarzer Schafe,<br />

die es in jedem Berufsstand gibt, hätten<br />

wenigstens jene Kollegen Loyalität<br />

erfahren müssen, die seit Jahren selbstverständlich<br />

ausgezeichnete Arbeit leisten.<br />

(…)“<br />

Das Kollegium der Erich Kästner-<br />

Realschule in Hermeskeil:<br />

(…)„Man kann den Lehrer nicht mit<br />

einem Verwaltungsbeamten vergleichen.<br />

Seine Aufgaben reichen vom Psychologen,<br />

Erzieher, Wissensvermittler, Sekretär,<br />

Richter, bis hin zum Freizeitgestalter<br />

(Animateur!). Keiner schafft es in<br />

allen Bereichen gleich gut zu sein. Deshalb<br />

ist gerade die Vielzahl von Begabungen<br />

in einem Kollegium nützlich,<br />

macht aber letztlich alle gleich.<br />

Seit Jahren warten wir vergeblich auf<br />

Anerkennung unserer Leistungen und<br />

können nicht verstehen, dass notwendigste<br />

Erleichterungen wie Bezahlung<br />

der Mehrarbeit, Absenkung des Wochenstundendeputats<br />

bzw. der Klassenfrequenz<br />

aus finanziellen Gründen<br />

nicht machbar sind.<br />

Die Kollegen sind durchaus zur Innovation<br />

bereit und wollen solide arbeiten,<br />

dazu brauchen aber alle mehr Zeit<br />

und nicht ein paar wenige mehr Taschengeld.<br />

(…)“<br />

Kollegium der Grundschule Bockenheim<br />

„Wir befürchten, dass die Verbindung<br />

von Würdigung einer besonderen Leistung<br />

und Aufstellung einer 10%-Quote<br />

ungerechte Verteilungsmaßstäbe fördern<br />

wird. Gefördert wird mit dieser Maßnahme<br />

lediglich Missgunst, Neid, Uneinigkeit<br />

und Unverständnis, besonders<br />

in kleineren Kollegien. (...)“<br />

Kollegium der Realschule Rockenhausen<br />

„(...) In der Realschule Rockenhausen<br />

versteht sich das Kollegium als pädagogisches<br />

Team, das sich weit über seine<br />

zugewiesene Arbeit hinaus engagiert.<br />

Nur gemeinsam ist es möglich, ein<br />

Schulprofil wie das der Realschule Rokkenhausen<br />

zu entwickeln, welches auch<br />

zu einem 1. Preis im Wettbewerb ´Qualität<br />

schulischer Arbeit in Rheinland-<br />

Pfalz` geführt hat. (...)“<br />

Kollegium der Grundschule Vallendar<br />

„(...) Den Ansatz, Leistungssteigerung<br />

durch finanzielle Zuwendung zu bewirken,<br />

halten wir für diskriminierend und<br />

irrig. Diskriminierend deswegen, weil<br />

er eo ipso unterstellt, dass einige oder<br />

viele von uns nicht gleichermaßen voll<br />

engagiert sind, irrig deswegen, weil finanzielle<br />

Zuwendung oder Stundenermäßigung<br />

wohl kaum als geeignete<br />

Mittel anzusehen sind, etwaige nicht<br />

voll engagierte KollegInnen zu vermehrter<br />

Einsatzbereitschaft zu bewegen. (...)“<br />

ÖPR der Regionalen Schule Salmtal<br />

„(...) Wir lehnen die ’leistungsbezogene<br />

Honorierung‘ ab! Jeder von uns hat<br />

sich durch persönlichen Einsatz am<br />

Aufbau der Regionalen Schule Salmtal<br />

und bei der Durchführung der Idee eingebracht.<br />

So werden beispielsweise die<br />

Regionalschultage und Schnuppertage<br />

gemeinsam geplant und durchgeführt.<br />

Auch die Aktionen im Fremdsprachenbereich<br />

oder im Sport werden von allen<br />

Kollegen gefördert und getragen. Es wäre<br />

daher höchst unkollegial, eine Einzelperson<br />

für die Honorierung vorzuschlagen.<br />

(...)“<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

13


Schulen<br />

Stammtischparolen vom Philologenverband<br />

Unter dem Titel „Lehrergewerkschaft<br />

im Abseits“ erhebt der Bildungsreferent<br />

des Philologenverbands, Malte Blümke,<br />

in letzter Zeit mehrfach öffentlich<br />

die Behauptung, die Bildungspolitik<br />

der <strong>GEW</strong> sei „mitverantwortlich für die<br />

miserablen Testergebnisse“ deutscher<br />

Schülerinnen und Schüler bei der<br />

PISA-Studie (Leserbrief im Trierischen<br />

Volksfreund vom 16.02.2002 und im<br />

‚Blick‘ Nr. 143).<br />

Nach der PISA-Studie haben Länder<br />

mit integrierten Systemen besser abgeschnitten<br />

als die Bundesrepublik<br />

Deutschland. Dies ist eine Tatsache, die<br />

der Philologenverband nicht wahrhaben<br />

darf. Die deutsche Schulstruktur<br />

darf sich nicht bewegen. Aber „sie bewegt<br />

sich doch“. Sie muss es nach den<br />

PISA-Ergebnissen. Denn wir haben die<br />

geringste Zahl an AbiturientInnen und<br />

große Teile sozial benachteiligter<br />

Schichten haben wenig Chancen in<br />

unserem Bildungssystem.<br />

Wie zu allen Zeiten, wenn fester Glaube<br />

Erschütterungen erfährt und Weltbilder<br />

ins Wanken geraten, beginnt die<br />

eifrige Suche nach Sündenböcken. Es<br />

ist die hohe Zeit der Stammtischparolen.<br />

Der Philologenverband, dessen<br />

Existenz mit dem gegliederten Schul-<br />

wesen unzertrennbar verknüpft ist,<br />

schlägt wild um sich, nach dem die<br />

PISA-Studie die Überlegenheit des<br />

deutschen gegliederten Schulwesens eindeutig<br />

in Frage gestellt hat. Die Not<br />

der Philologen ist verständlich, denn sie<br />

stehen bildungspolitisch mit dem Rükken<br />

an der Wand. (Dies gilt im Übrigen<br />

auch für das Thema Reform der<br />

Lehrerbildung, wo bereits vorhandene<br />

europäische und bundesweite Vorgaben<br />

einfach ignoriert werden.)<br />

Vor diesem Hintergrund muss man die<br />

Äußerungen Blümkes sehen und bewerten.<br />

Zum Beispiel sieht er einen Zusammenhang<br />

zwischen der Abschaffung<br />

der verbindlichen Schullaufbahnempfehlung<br />

in Rheinland-Pfalz, übrigens<br />

eine Maßnahme der demokratisch gewählten<br />

Landesregierung, nicht der<br />

<strong>GEW</strong>, und dem schlechten Leseverständnis<br />

der 15-jährigen Schülerinnen<br />

und Schüler in ganz Deutschland. Dies<br />

ist geradezu grotesk. Der <strong>GEW</strong> wirft<br />

er Leistungsdiffamierung vor. Gibt es<br />

einen Beleg dafür, dass <strong>GEW</strong>-KollegInnen<br />

geringere Anforderungen stellen als<br />

Philogenverbands-Mitglieder? Oder ist<br />

der Einfluss der <strong>GEW</strong> so stark, dass ihre<br />

angebliche Leistungsdiffamierung große<br />

Teile der Lehrerschaft zur Absenkung<br />

Blümke schrieb unter anderem: „Die<br />

Lehrergewerkschaft <strong>GEW</strong> stellt sich<br />

wieder einmal ins Abseits, wenn sie fordert,<br />

das Sitzenbleiben völlig abzuschaffen.<br />

„Fördern statt Sortieren“ ist<br />

die Parole der ewrig Gestrigen der Bildungspolitik,<br />

die so tun, als ob es sich<br />

hier um eine tatsächliche Alternative<br />

handeln würde. (…)<br />

Die Bildungspolitik der <strong>GEW</strong> ist mitverantwortlich<br />

für die miserablen Testergebnisse.<br />

Die Diffamierung von Leistung,<br />

die Abschaffung der verbindlichen<br />

Schullaufbahn-Empfehlung, die Poleder<br />

Anforderungen veranlasst?<br />

Die aus Philologenverbands-Sicht leistungsfördernden<br />

oder - steigernden<br />

Maßnahmen (Sitzenbleiben, verbindliche<br />

Schullaufbahnempfehlung) gibt es<br />

in den meisten Ländern nicht. Trotzdem<br />

scheinen sie nach den PISA-Ergebnissen<br />

leistungsfähiger zu sein.<br />

Blümke stellt die Dinge einfach auf den<br />

Kopf.<br />

Die von ihm ausgehende polemische<br />

Auseinandersetzung erfordert von Seiten<br />

der <strong>GEW</strong> natürlich eine Reaktion.<br />

So haben <strong>GEW</strong>-Mitglieder und -VertreterInnen<br />

des Bezirks Trier mit entsprechenden<br />

Leserbriefen an den Trierischen<br />

Volksfreund sofort geantwortet.<br />

Gleichwohl, diese Art der Auseinandersetzung<br />

ist weder hilfreich noch von der<br />

<strong>GEW</strong> gewollt. Der ‚Pisa-Schock‘ sollte<br />

für alle Lehrerorganisationen Anlass<br />

sein, gemeinsame Wege aus der Misere<br />

zu finden. Dialog ist gefragt, nicht billige<br />

und unsachliche Schuldzuweisung.<br />

Deswegen bietet die <strong>GEW</strong>-Fachgruppe<br />

Gymnasien den Nachdenklichen im<br />

Philologenverband Gesprächsbereitschaft<br />

an, trotz Blümkes Entgleisungen.<br />

(Hajo Arend für die<br />

<strong>GEW</strong>-Fachgruppe Gymnasien)<br />

Aus Leserbriefen von <strong>GEW</strong>-KollegInnen<br />

Wie oben berichtet, griff der Philologenverbandsfunktionär<br />

Malte<br />

Blümke in einem Leserbrief im<br />

„Trierischen Volksfreund“ die <strong>GEW</strong><br />

wegen ihrer Forderung, das Sitzenbleiben<br />

abzuschaffen, heftig an.<br />

mik gegen Schulleistungstests und Begabtenförderung,<br />

die Forderung nach<br />

Abschaffung der Noten und Verlängerung<br />

der Grundschulzeit sind Beispiele<br />

für einen verfehlten Bildungsansatz.<br />

Offensichtlich haben dies die Gewerkschaftsfunktionäre<br />

noch nicht begriffen.“<br />

Hier Auszüge aus den Entgegnungen<br />

örtlicher <strong>GEW</strong>-KollegInnen:<br />

Der <strong>GEW</strong>-Bezirksvorsitzende Roman<br />

Backes schrieb dazu: „(…) Wer<br />

die PISA-Studie gelesen hat, muss zur<br />

Kenntnis nehmen, dass in den Staaten,<br />

in denen Schüler nicht so frühzeitig<br />

wie in Deutschland auf unterschiedliche<br />

Bildungswege verteilt werden, ein<br />

wesentlich besseres Ergebnis erzielt<br />

wurde. Dies bedeutet, dass unabhängig,<br />

an welcher Schulart wir tätig sind,<br />

unabhängig, welche Gewerkschaft bzw.<br />

welchen Verband wir vertreten, wir uns<br />

zum Wohle zukünftiger Schülergenerationen<br />

neue, erfolgversprechendere Konzepte<br />

ausdenken müssen. Meines Erachtens<br />

bedeutet dies ein Mehr an Integration<br />

und nicht so frühzeitige Auseinanderdividierung<br />

auf die unterschiedlichen<br />

Bildungsgänge, wie es derzeit<br />

in Deutschland üblich ist. Dies ist<br />

seit Jahrzehnten eine Forderung der<br />

<strong>GEW</strong>. Durch die PISA-Studie fühlen<br />

wir uns leider, ich wiederhole: leider -<br />

bestätigt.“<br />

Von eigenen Schwächen<br />

ablenken<br />

Peter Heisig von der Fachgruppe BBS<br />

reagierte ebenfalls:<br />

„Die Not muss ja schon groß sein, wenn<br />

ein Funktionär des Philologenverbandes,<br />

ohne sich als ein solcher zu erken-<br />

14 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


nen zu geben, es nötig hat, in ausgesprochen<br />

polemischer Art und Weise die<br />

<strong>GEW</strong> als Lehrergewerkschaft ins Abseits<br />

zu stellen und ihr wegen des Konzeptes,<br />

Schüler zu fördern, statt sie zu<br />

sortieren, die Mitverantwortung für die<br />

miserablen Testergebnisse der PISA-Studie<br />

in die Schuhe zu schieben.<br />

Schuldzuweisungen an andere sind<br />

immer dann willkommen, wenn man<br />

von eigenen Schwächen ablenken kann.<br />

Vertreter einer Ideologie des Gymnasiums,<br />

das als „heimliche Gesamtschule“<br />

(wir vermitteln alle schulischen Abschlüsse:<br />

Sek I, Mittlere Reife, Fachabitur<br />

und allgemeine Hochschulreife)<br />

erst einmal so viel Schüler wie möglich<br />

an sich bindet, um sie dann unter dem<br />

Deckmantel der „Bestenauslese“ an die<br />

„Restschulen“ zu Weiterbehandlung<br />

abzutreten, wären gut beraten, erst einmal<br />

zu lesen und zu denken (…)”<br />

Handeln statt jammern<br />

Henny Weber, Vorsitzende im Kreisverband<br />

Trier der <strong>GEW</strong>, schrieb u.a.:<br />

Schulen<br />

„Die Forderung der <strong>GEW</strong>, das „Sitzenbleiben“<br />

zugunsten von mehr Förderung<br />

abzuschaffen, stößt im konservativen<br />

Lager auf heftige Kritik und wird<br />

gleichgesetzt mit dem Abschied vom<br />

Leistungsgedanken. Das Gegenteil ist<br />

der Fall! PISA hat deutlich gemacht,<br />

dass - abgesehen von Brasilien - kein<br />

Land intensiver Gebrauch von Klassenwiederholungen<br />

macht als Deutschland<br />

und dass dadurch im internationalen<br />

Vergleich ein erheblicher Leistungsnachteil<br />

entsteht. Die Praxis der Klassenwiederholung<br />

ist maßgeblich dafür<br />

verantwortlich, dass im Alter von 15<br />

Jahren erst 23,5 Prozent der deutschen<br />

SchülerInnen in der zehnten Klasse<br />

sind. In anderen Ländern sind die<br />

15jährigen dagegen bereits zu zwei<br />

Dritteln in dieser Stufe. Die PISA-Ergebnisse<br />

verstärken also ein weiteres Mal<br />

den „Zweifel an der pädagogischen<br />

Wirksamkeit“ des Sitzenbleibens.<br />

Die <strong>GEW</strong> Trier setzt sich derzeit sehr<br />

ernsthaft mit den Ergebnissen der<br />

PISA-Studie auseinander. Wir begrüßen<br />

es, dass durch PISA die Bildungsdebatte<br />

wieder ins öffentliche Interesse<br />

gerückt wird, wünschen uns aber, dass<br />

sie nicht nur allgemeines Lamentieren<br />

auslöst, sondern Bemühungen aller Beteiligten,<br />

die Bildungssituation in<br />

Deutschland zu verbessern.“<br />

Wie von der <strong>GEW</strong><br />

gefordert<br />

In Alexander Koltermanns Leserbrief<br />

war u.a. zu lesen: „Blümke hat vergessen<br />

oder verdrängt, dass es gerade die<br />

<strong>GEW</strong> war, die immer darauf hingewiesen<br />

hat, dass Kinder nicht zu früh<br />

in gegliederte Bildungsgänge separiert<br />

werden, sondern individuell gefördert<br />

im integrierten Schulsystem bleiben sollten,<br />

Die Länder mit den laut ’Pisa‘ besten<br />

Bildungserfolgen verfahren genau so wie<br />

die <strong>GEW</strong> es schon immer gefordert hat.<br />

Dies muß man natürlich aus der Studien<br />

herauslesen können – das Lesen<br />

ist aber laut Studie eine der Hauptschwächen<br />

einiger Deutscher!“<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

15


LeserInnenbriefe<br />

Immer neue Aufgaben für Lehrkräfte<br />

Betr.: <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> 1-2/02,<br />

Schwerpunkt: PISA - was nun?<br />

Die Ursachen der Ergebnisse der PISA-<br />

Studie sind zu komplex, um als Allein-<br />

„Schlag ins Gesicht berufstätiger Frauen“<br />

Brief an Ministerin Ahnen zu Neuregelung bei Altersteilzeit<br />

Den folgenden Brief hat die Kollegin<br />

Lies Welker, die an der IGS<br />

Wörrstadt arbeitet, an Ministerin<br />

Ahnen und nachrichtlich auch an<br />

die <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> gesandt:<br />

Sehr geehrte Frau Ministerin Ahnen,<br />

heute erreichte mich Ihr Schreiben mit<br />

der Information, dass ich - entgegen den<br />

bisherigen Vorgaben - doch, um in den<br />

Genuss der Altersteilzeit zu kommen,<br />

zwei Jahre in Vollzeit arbeiten muss.<br />

Um Ihnen mein Entsetzen über diese<br />

neue Bestimmung verständlich zu machen,<br />

möchte ich Ihnen kurz mein bisheriges<br />

Arbeitsleben skizzieren:<br />

heilmittel die Gesamtschule und die<br />

Ganztagsschule zu präsentieren. Die<br />

konzeptionslose Ganztagsschule, die als<br />

Sparmodell vielerorts nur eine Betreuung<br />

anbietet, kann das PISA-Problem<br />

nicht lösen.<br />

Und der schwedische Schulversuch in<br />

den 50er Jahren hat gezeigt, dass gegliedertes<br />

System und Gesamtschule<br />

ähnliche Ergebnisse gebracht haben.<br />

Also - woran liegt’s?<br />

Fakt ist, dass das deutsche Bildungssystem<br />

ähnlich leistungsfähig wie das<br />

schwedische sein könne, wenn ca. 100<br />

Mrd. EUR mehr investiert würden als<br />

bisher. (Quelle: Süddeutsche <strong>Zeitung</strong>,<br />

5.2.2002) Beispielsweise betreut im<br />

schwedischen Primärbereich ein Pädagoge<br />

durchschnittlich 13 Kinder, während<br />

es in Deutschland 21 sind.<br />

Von der <strong>GEW</strong> als Interessenvertretung<br />

der im Schulsystem Beschäftigten erwarte<br />

ich klarere Positionen zu der Tatsache,<br />

dass uns immer neue Aufgaben<br />

aufgeladen werden (… Gewalt -, Drogenprävention,<br />

Familienersatz, …),<br />

ohne die dafür nötigen Strukturen zu<br />

schaffen. Weiterhin erwarte ich eine<br />

deutliche Aussage, dass Eltern Erziehungs-Pflichten<br />

haben, die ihnen die<br />

Schule nicht abnehmen kann und darf!<br />

Dann könnte jede Schulart und jede<br />

Schulstufe das „ABC der integrativen<br />

Arbeit“ (<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong>, 1-2,2002)<br />

buchstabieren. Und man bekäme als<br />

Realschullehrer nicht das Gefühl vermittelt,<br />

nur an der Gesamtschule würde<br />

pädagogisch gearbeitet.<br />

Ludwig Bange, Altendiez<br />

Seit 1974 habe ich mit halber Stelle am<br />

Gymnasium unterrichtet, da ich meine<br />

beiden Kinder - viele Jahre als Alleinerziehende<br />

- aufziehen wollte. In diesem<br />

Jahr habe ich erhebliche „Mehrarbeit“<br />

geleistet, z.B. habe ich (genauso<br />

wie meine KollegInnen in Vollzeit) Klassenfahrten<br />

begleitet, mich an allen schulischen<br />

Veranstaltungen beteiligt, freiwillige,<br />

unbezahlte Arbeitsgruppen geleitet,<br />

etc. Darüber hinaus habe ich<br />

überproportional Oberstufenkurse betreut.<br />

Als meine Kinder die Schule abgeschlossen<br />

hatten, habe ich mein Stundendeputat<br />

auf eine Zweidrittelstelle aufgestockt.<br />

Seit dieser Zeit versorge ich meine<br />

Eltern, die aus Altersgründen eine<br />

gewisse, wachsende Betreuung nötig<br />

haben. (Ich möchte meine Mutter nicht<br />

ins Altersheim abschieben, allein aus<br />

dem Grund, weil ich künftig die volle<br />

Stundenzahl unterrichten müsste.) Andererseits<br />

kann ich auch nicht ganz aus<br />

dem Schuldienst ausscheiden, da meine<br />

Pension aufgrund meiner Teilzeitarbeit<br />

ohnehin knapp bemessen sein<br />

wird.<br />

Wenn ich allerdings weiterhin in Teilzeit<br />

arbeite, bin ich gegenüber den KollegInnen<br />

mit Altersteilzeit finanziell<br />

erheblich benachteiligt.<br />

Sehr geehrte Frau Ministerin, mein<br />

beruflicher Werdegang ist in vielerlei<br />

Hinsicht typisch für das Arbeitsleben<br />

einer berufstätigen Frau. Ich weiß, dass<br />

ich eine volle Stelle nicht werde ausfüllen<br />

können, zumal die bisherigen zwei<br />

Stunden Altersentlastung im Zuge der<br />

Neueinführung der Altersteilzeit ersatzlos<br />

gestrichen wurden. Ich bin somit<br />

auch gegenüber der früheren Regelung<br />

schlechtergestellt.<br />

Eine Anmerkung noch zum Schluss:<br />

Das o.a. Schreiben erreichte unsere<br />

Schule am 8. März, dem internationalen<br />

Frauentag. Die Neufassung der<br />

Altersteilzeit ist ein Schlag ins Gesicht<br />

von vielen berufstätigen Frauen und<br />

entlarvt die Versprechungen unserer<br />

SPD-geführten RegierungspolitikerInnen<br />

als Sonntagsreden (…)<br />

16 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Dumm und reich?<br />

PISA im Lichte des Fortschritts und der Wirtschaft<br />

Schulisch gute Leistungen sagen<br />

kaum etwas aus über die Fortschrittlichkeit<br />

eines Landes. Ebenso wenig<br />

findet man die besten SchülerInnen<br />

in den führenden Industrieländern.<br />

Diese These vertritt Pädagogikprofessor<br />

Dr. Norbert Kluge von der<br />

Universität Koblenz-Landau.<br />

Kluge verglich den „Stand der menschlichen<br />

Entwicklung“(UN) am Beispiel<br />

der 20 führenden Industrieländer mit<br />

der erworbenen Basiskompetenz im<br />

schulischen Bereich. Errechnet wurde<br />

der Durchschnitt der Basiskompetenzen<br />

Lesefähigkeit, mathematische und<br />

naturwissenschaftlichen Grundbildung<br />

so, wie sie die internationale Vergleichsstudie<br />

PISA ausgewiesen hat, im Falle<br />

Deutschland Rang 21 beim Lesen und<br />

jeweils Rang 20 in Mathematik und<br />

Naturwissenschaften, Durchschnitt:<br />

20,3. Die Skala umfasst 19 OECD-<br />

Länder. Der „Index der menschlichen<br />

Entwicklung“( HDI = Human Development<br />

Index) setzt sich aus den<br />

Komponenten „Lebenserwartung bei<br />

der Geburt“, „Ausbildung“ (Alphabetisierungsrate<br />

und Einschulungsquote)<br />

sowie dem Bruttoinlandsprodukt je<br />

Einwohner zusammen.<br />

Finnland, das nach dem Index der<br />

menschlichen Entwicklung den 11.<br />

Platz einnimmt, hat bei PISA am besten<br />

abgeschnitten. Japan folgt auf dem<br />

zweiten Platz, liegt aber überraschenderweise<br />

nach seinem HDI-Wert nur<br />

auf Rang 9 . Beachtlich sind die Leistungen<br />

der neuseeländischen Schülerinnen<br />

und Schüler, wenn sie im PISA-<br />

Ranking auf Platz 3 stehen, obwohl ihr<br />

Land mit dem letzten Rangplatz (19)<br />

- gleichauf mit Italien - bei der HDI-<br />

Bewertung zufrieden sein musste.<br />

Norwegen und die USA gehören nach<br />

dem „Human Development Report<br />

Hochschule<br />

2000“ der UN mit Rang zwei und drei<br />

zu den am meisten entwickelten Staaten,<br />

landen bei PISA aber nur auf Platz<br />

14 und 15.<br />

Allerdings gibt es bei knapp zwei Dritteln<br />

der untersuchten Länder eine gewisse<br />

Rangnähe zwischen Fortschritt<br />

und Bildung. Kanada mit dem höchsten<br />

HDI-Wert, Rang 1, erhält bei<br />

PISA Platz 4, Australien, laut UN an<br />

vierter und Schweden an sechster Stelle,<br />

liegen bei der Bildung auf Platz fünf<br />

bzw. neun. Im Mittelfeld finden sich<br />

Frankreich, die Schweiz und Dänemark.<br />

Ihr Entwicklungsstand entspricht<br />

in etwa ihrem Bildungsstand: Frankreich<br />

Platz 11 und 10, die Schweiz<br />

Platz 13 und 13 und Dänemark auf<br />

Platz 14, was den „Stand der Entwicklung“<br />

angeht, und auf Platz 16, was<br />

die getesteten Basiskompetenzen seiner<br />

15jährigen betrifft. Deutschland wird<br />

immer durchschnittlicher. Gemessen<br />

am Fortschritt liegt es mit Dänemark<br />

gleichauf, gemessen an der Bildung seines<br />

Nachwuchses einen Platz dahinter,<br />

nur noch gefolgt von Italien und Luxemburg.<br />

Paul Schwarz<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

17


Internationales<br />

Kuba: Mangelwirtschaft mit Vorteilen<br />

Blick hinter die Kulissen eines faszinierenden Urlaubslandes<br />

Wie die veröffentlichte Meinung und die politischen Absichten die<br />

Meinungen und Vorstellungen über ein Land verzerren können, schildert<br />

unsere Redakteurin Ursel Karch am Beispiel Kubas. Sie bereiste<br />

das Land, das sicher auch bei <strong>GEW</strong>-Mitgliedern sehr viele unterschiedliche<br />

Assoziationen auslöst, im Frühjahr.<br />

Kuba ist in der Vorstellung der meisten<br />

Deutschen nur verbunden mit<br />

den Begriffen „Kuba-Krise“, „Steinzeit-Kommunismus“,<br />

Versorgungskrisen,<br />

Verkehrsprobleme, Flüchtlingstragödien<br />

usw.. Kuba als Reiseziel<br />

ist erst etwa seit fünf Jahren wieder<br />

ins Blickfeld geraten, obwohl die<br />

Karibik ja schon seit längerem ein<br />

bevorzugtes Reiseziel der sonnenhungrigen<br />

Deutschen ist.<br />

In der Tat: Kuba ist ein wunderschönes<br />

Reiseland. Es bietet alles, was die<br />

Karibik verspricht: Sonne, Wärme,<br />

kilometerlange weiße Sandstrände,<br />

Palmen bis ans Meeresufer, ein türkisblaues,<br />

warmes Meer, surfen, segeln,<br />

tauchen am zweitgrößten Riff<br />

der Erde, Katamaranfahren, Hochseefischen...<br />

Einfach das ganze Programm,<br />

was sich eine NordhalbkugelbewohnerIn<br />

so von der Karibik<br />

erwartet.<br />

Die Hotels entsprechen in ihren Kategorien<br />

denen der Mittelmeerländer.<br />

Allerdings sind nicht alle Getränke<br />

zu erhalten, die eine EuropäerIn so<br />

erwartet: Coca Cola - Fehlanzeige<br />

(Embargo), Wein - nur zu den Mahlzeiten,<br />

deutsches Bier - Fehlanzeige<br />

(Embargo). Allerdings wird dieses<br />

Fehlen kompensiert durch einheimische<br />

oder im Lande hergestellte Getränke.<br />

Im Service kann es Kuba mit allen<br />

klassischen Reiseländern aufnehmen.<br />

An der Rezeption ist Dreisprachigkeit<br />

fast die Regel. Zimmermädchen,<br />

die sich schriftlich in deutscher Sprache<br />

dem Gast vorstellen, habe ich<br />

bisher woanders noch nicht erlebt.<br />

Ein Pauschaltourist, der nur einen<br />

Strandurlaub genießen will, kann<br />

sich rundum versorgen und unterhalten<br />

lassen. Die Angebote sind reichhaltiger<br />

und fantasievoller als in eu-<br />

ropäischen Reiseländern üblich.<br />

Die im ehemaligen Ostblock übliche<br />

Bewegungsbeschränkung für TouristInnen,<br />

in vorgegebenen Gebieten<br />

zu bleiben, existiert in Kuba nicht.<br />

Mit einem Mietauto oder Motorroller<br />

kann die ganze Insel individuell<br />

erkundet werden. Es gibt Trekking-<br />

Angebote für die Sierra Maestra und<br />

das Escambray-Gebirge, auch Radtouren<br />

durch weite Gebiete der Insel<br />

sind möglich.<br />

Diese Freizügigkeit kann keine andere<br />

Karibikinsel bieten, denn dort<br />

zwingt die Kriminalität (Dominikanische<br />

Republik, Jamaika ...) die<br />

TouristInnen, in ihren Ressorts zu<br />

bleiben, wenn sie nicht Gefahr laufen<br />

wollen, Opfer eines Überfalls zu<br />

werden.<br />

Währung<br />

Die offizielle Währung ist der kubanische<br />

Peso (26 Pesos = 1US-Dollar).<br />

Diese Währung gilt nur für die Kubaner.<br />

Zweitwährung ist der konvertible<br />

Peso (1kP = 1US Dollar). Diese<br />

Währung gilt ebenfalls nur für die<br />

Einheimischen. Irgendwie erworbene<br />

Dollars werden in diese Währung<br />

umgetauscht und ermöglichen den<br />

Erwerb von Waren, die für Pesos<br />

nicht zu haben sind.<br />

Touristenwährung ist der US-Dollar,<br />

nur mit diesem Zahlungsmittel können<br />

TouristInnen - egal wo, egal was<br />

(einschließlich des Toilettengangs) -<br />

bezahlen.<br />

Eine weitere Touristenwährung ist<br />

das „Seife-Creme-Kugelschreiber-<br />

Gummibärchen-Geld“. An allen<br />

Plätzen, an denen TouristInnen auftauchen,<br />

lauern schon Scharen von<br />

Kindern, Jugendlichen und vorwiegend<br />

alten Frauen, die diese Währung<br />

erbetteln. Sollte einem diese<br />

Währung ausgegangen sein, dann<br />

kommt die englische Bitte, die alle<br />

KubanerInnen als Fremdsprache beherrschen:<br />

„One Dollar, please“.<br />

Die Peso-/Dollar-Spaltung der Währung<br />

schafft auch eine Zweiklassengesellschaft:<br />

DollarbesitzerInnen und<br />

NichtdollarbesitzerInnen. Wer im<br />

weitesten Sinne im Touristikgeschäft<br />

tätig ist, sitzt an der Quelle. Trinkgelder<br />

sind ausschließlich in Dollars<br />

erwünscht, denn für Dollars ist einfach<br />

alles zu haben. Ob es sich dabei<br />

um rares Olivenöl, Rinderfilet,<br />

Hummer, Antibiotika, Sportschuhe<br />

von Nike oder eine Handtasche von<br />

Gucci handelt, ist egal.<br />

Alltagsversorgung<br />

Der Durchschnittslohn in Kuba beträgt<br />

250 Pesos. Nur Ärzte und Zukkerrohrschneider<br />

erhalten den<br />

Höchstlohn von 450 Pesos. Die Mieten<br />

sind sehr gering, dafür ist der<br />

Wohnraum sehr bescheiden (Küche<br />

plus zwei Räume für fünf Personen).<br />

Die Grundnahrungsmittel werden<br />

immer noch zugeteilt (zu ganz niedrigen<br />

Preisen): Fett, Mehl, Zucker,<br />

Reis, schwarze Bohnen, Brot, 1l<br />

Milch pro Tag für jedes Kind unter<br />

sieben Jahren, Rindfleisch für Personen<br />

bis sieben und über 60 Jahre,<br />

Schweinefleisch für alle.<br />

Wer mehr verbrauchen will, als staatlich<br />

zugelassen ist, zahlt dafür das<br />

Drei- bis Vierfache des Preises in<br />

Pesos.<br />

Wer „Luxuslebensmittel“ wie Olivenöl,<br />

Wein, Rindfleisch u.ä. kaufen<br />

will, ist auf die Dollarläden angewiesen.<br />

Inzwischen existieren auch „Bauernmärkte“,<br />

die Gemüse und Schweinefleisch<br />

aus eigener Erzeugung gegen<br />

Pesos verkaufen.<br />

Sichtbare Folge dieses Zuteilungssystems:<br />

Ich habe kein einziges unterernährtes<br />

Kind oder eine abgemagerte<br />

ältere Person gesehen, wie dies<br />

sonst in Entwicklungsländern der<br />

Fall ist.<br />

Da Kuba keinerlei Kredite der Weltbank<br />

erhält und seit 40 Jahren von<br />

einem Embargo betroffen ist, das die<br />

USA verhängt haben, muss das Land<br />

18 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Internationales<br />

seine Menschen mit dem ernähren,<br />

was auf seinem Boden wächst. Nach<br />

dem Zusammenbruch des Ostblocks<br />

kann auch nicht mehr so viel Zukker<br />

verkauft oder eingetauscht werden,<br />

wie notwendig wäre, um eine<br />

bessere Versorgung der Bevölkerung<br />

zu gewährleisten.<br />

Große Rinderherden sind sichtbares<br />

Zeichen der Bestrebungen, aus eigener<br />

Kraft eine gute Versorgung zu<br />

erreichen. Da die Rinder aber ausschließlich<br />

auf Grasfutter angewiesen<br />

sind (in der Trockenzeit ausgesprochen<br />

spärlich), weil die Devisen,<br />

um zusätzliches Kraftfutter (Soja<br />

und Mais) zu kaufen, fehlen, ist die<br />

Milchleistung der Kühe gering (7-<br />

10l pro Tag). Also muss die Milchzuteilung<br />

auf die Kinder beschränkt<br />

bleiben.<br />

Zitrusplantagen mit neuen - meist<br />

spanischen - Baumsorten sind in den<br />

letzten Jahren angelegt worden, um<br />

für den Export konkurrenzfähig und<br />

vom Zucker unabhängig zu werden.<br />

Die einheimischen Sorten werden<br />

auf dem Inlandsmarkt angeboten<br />

oder zur Saftherstellung benutzt.<br />

Verkehrsprobleme<br />

Entwicklungsländer und Verkehrsprobleme<br />

sind beinahe Synonyme,<br />

aber über die Probleme Kubas wird<br />

berichtet. Ursachen für die Transportprobleme<br />

gibt es mehrere.<br />

Durch das Embargo ist es Kuba verwehrt,<br />

Treibstoff zu kaufen. Seit dem<br />

Zusammenbruch des Ostblocks<br />

kommt auch von dort nichts mehr.<br />

Inzwischen beutet Kuba mit Hilfe<br />

Frankreichs (Joint-Venture) die eigenen<br />

Vorkommen an Öl und Erdgas<br />

aus. Damit können sie bisher gerade<br />

mal 10 Prozent des eigentlichen<br />

Bedarfs decken. Radikalmaßnahme:<br />

Privaten Autokauf gibt es nicht! Wer<br />

Autos aus der „Vor-Fidel-Zeit“ besitzt,<br />

darf sie weiter benutzen. Die<br />

„Oldtimer“ sind inzwischen zum<br />

Markenzeichen geworden. Ihre Besitzer<br />

verdienen sich als Privattaxifahrer<br />

oder auch nur als Modell für<br />

ein Urlaubsfoto ihre Dollars. Die<br />

Benzinmotoren der „Oldies“ wurden<br />

inzwischen alle umgerüstet auf Dieselmotoren,<br />

die auch das sehr schwefelhaltige<br />

kubanische Dieselöl verkraften.<br />

Trotz Verbot des privaten<br />

Autokaufs gibt es in Havanna so viele<br />

Autos, dass Alt-Havanna im Autoverkehr<br />

ersticken würde, wären nicht<br />

weite Teile für den Autoverkehr völlig<br />

gesperrt.<br />

Das Verbot des privaten Autokaufs<br />

wurde inzwischen ganz sachte gelokkert.<br />

Verdiente SportlerInnen,<br />

KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen<br />

und kubanische ÄrztInnen, die<br />

in der Dom. Rep. gegen Dollarbezahlung<br />

arbeiten, können Privatautos<br />

wieder für Dollars erwerben.<br />

Die sogenannten PKWs im Regierungsauftrag,<br />

d.h. Feuerwehr, Schulbusse,<br />

Krankenwagen, Mietautos für<br />

Touristen, Autos von Beschäftigten<br />

ausländischer Firmen, Touristentaxis<br />

..., füllen die Straßen. Und dies sind<br />

keine „Oldies“. Peugeot, Fiat und<br />

Renault neueren und neuesten Datums<br />

stellen die Mehrzahl der Fahrzeuge.<br />

Auch die Touristenbusse zählen zu<br />

dieser Kategorie von Fahrzeugen. Zu<br />

90 Prozent wurden sie vom Volvo-<br />

Konzern geliefert und entsprechen<br />

bestem europäischen Standard.<br />

Die Stadtbusse der KubanerInnen<br />

sehen allerdings anders aus. Es sind<br />

wohl ausgemusterte Touristenbusse,<br />

die permanent völlig überfüllt sind.<br />

Die Überlandbusse sind eine kubanische<br />

Kreation: „die Kamelbusse“.<br />

Aus zwei Busgehäusen, verbunden<br />

durch einen Container als Zwischenstück<br />

und an eine starke LKW-Zugmaschine<br />

gekoppelt, wurde ein<br />

Großraumbus für 200 Passagiere geschaffen,<br />

um Kraftstoff zu sparen.<br />

Auf dem Land wurden Militärtransporter<br />

zu Personentransportern umgerüstet.<br />

Auch Traktoren mit Anhängern<br />

werden auf dem Land zum Personenverkehr<br />

benutzt.<br />

Die Kreativität der Kubaner scheint<br />

unerschöpflich, wenn es darauf ankommt<br />

mobil zu sein. Im innerstädtischen<br />

Verkehr gibt es selbstgebastelte<br />

Fahrradtaxis mit und ohne<br />

Musik (Transistor), Motorrollertaxis,<br />

Pferdekutschen und Pferdewagen für<br />

den öffentlichen Verkehr und viele<br />

Fahrräder für den Individualverkehr.<br />

Eine Eisenbahnlinie von Santiago de<br />

Cuba (äußerster Osten der Insel)<br />

nach Havanna (im Westen der Insel)<br />

existiert auch. Aber für diese 900<br />

Kilometer lange Reise braucht man<br />

etwa drei Tage und kann den abgewetzten<br />

Komfort der fünfziger Jahre<br />

genießen.<br />

Selbstverständlich sind alle größeren<br />

Städte in wenigen Stunden mit dem<br />

Flugzeug erreichbar, aber wieder nur<br />

gegen Dollars.<br />

Jede/r KubanerIn kommt an das<br />

Reiseziel, an das sie/er will, nur viel<br />

Geduld und Zeit ist notwendig, um<br />

die Strecke zu bewältigen. Kilometerlange<br />

Fussmärsche - wie in ande-<br />

Lebensfreude in Kuba Foto: Ursel Karch<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

19


Internationales<br />

ren Entwicklungsländern - sind dazu<br />

aber nicht nötig.<br />

Überraschend<br />

Erfreuliches<br />

Was das Herz einer Lehrerin auch<br />

noch a.D. erfreut: Es gibt eine allgemeine<br />

neunjährige Schulpflicht, und<br />

auch in ganz kleinen Dörfern gibt es<br />

eine Grundschule. Sogar Schulbusse<br />

werden eingesetzt, um die Kinder<br />

aus den weit verstreuten Bauernhäusern<br />

abzuholen.<br />

Die GrundschülerInnen tragen alle<br />

eine Schuluniform: roter Rock/rote<br />

Hose und weiße/s Bluse/Hemd.<br />

Mittelschulen (5. - 9. Schuljahr) gibt<br />

es in jeder größeren Stadt - senffarben/weiß<br />

ist das Kennzeichen ihrer<br />

Schuluniformen.<br />

Für MittelschülerInnen aus abgelegenen<br />

Gegenden gibt es Internate,<br />

die kostenlos angeboten werden.<br />

Zugelassen zum Studium, das auch<br />

kostenlos ist, werden nur SchülerInnen,<br />

die gute Leistungen bei der<br />

Abschlussprüfung nach 12 Schuljahren<br />

erreicht haben.<br />

Barfüßige, unsaubere und ungepflegte<br />

Kinder habe ich keine gesehen.<br />

Die ärztliche Versorgung ist kostenlos,<br />

Medikamente müssen bezahlt<br />

werden. Das gilt auch für TouristInnen.<br />

Täglich hatte ein Arzt Sprechstunde<br />

im Hotel.<br />

Kuba ist das sauberste Land südlich<br />

der Alpen, das ich je gesehen habe.<br />

Kein Plastik-, Dosen- und Flaschenmüll<br />

in den Straßen und der Landschaft.<br />

Müllkippen und wilde Deponien<br />

habe ich keine entdeckt.<br />

Alle Droschkenpferde tragen Rossäpfelfangsäcke:<br />

Das vermeidet Gestank,<br />

es gibt keine Brutstätten für Fliegen,<br />

und Naturdünger wird auch gewonnen.<br />

Eine funktionierende Mülltrennung,<br />

Müllabfuhr und Müllverwertung<br />

gibt es ebenfalls.<br />

Eine Mangelwirtschaft hat also auch<br />

Vorteile - sie schont die Umwelt.<br />

Der behutsame Umgang mit der<br />

Umwelt und der Natur zeigt sich in<br />

scharfen Kontrollen bei der Ausreise<br />

nach Gegenständen aus dem Meer<br />

und in Aufforstungsprogrammen im<br />

Escambray-Gebirge (Abholzung erfolgte<br />

schon in der Kolonialzeit).<br />

Slums oder Favelas, wie sie sonst in<br />

allen lateinamerikanischen Ländern<br />

üblich, findet man in Kuba nicht.<br />

Die KubanerInnen sind von einer<br />

Freundlich- und Fröhlichlichkeit, die<br />

ansteckend wirkt.<br />

Und außerdem: Musik und Kuba,<br />

das ist ein und dasselbe.<br />

Kuba wird mich wieder sehen.<br />

Sinnlose Blockadepolitik<br />

Welch eine Enttäuschung für die mitreisenden<br />

deutschen/österreichischen<br />

Männer: Es gibt kein deutsches Bier auf<br />

Kuba! „Sch... kommunismus!“ Aber<br />

Gott sei Dank gab es ja holländisches<br />

bzw. kubanisches Bier! Und schlecht<br />

kann das nicht gewesen sein, wenn ich<br />

mir die Mengen ins Gedächtnis rufe,<br />

die da vernichtet wurden.<br />

Dass es kein deutsches Bier in Kuba<br />

gibt, hat tatsächlich indirekt etwas mit<br />

dem Kommunismus zu tun, aber nicht<br />

mit der Ideologie, sondern mit dem vor<br />

40 Jahren durch die USA verhängten<br />

Embargo (Debakel in der Schweinebucht,<br />

Kuba-Krise, kalter Krieg).<br />

Inzwischen gibt es die Ost-West-Konfrontation<br />

nicht mehr, der Ostblock hat<br />

sich aufgelöst, revolutionäre Bestrebungen<br />

in Lateinamerika sind zur Zeit<br />

nicht erkennbar, aber das US-Embargo<br />

gegen Kuba besteht noch immer!<br />

Zucker, das Hauptausfuhrprodukt<br />

Kubas, soll auf dem Weltmarkt nicht<br />

abgenommen werden, Geld von der<br />

Weltbank gibt‘s nicht, Entwicklungshilfeprojekte<br />

- Fehlanzeige, pharmazeutische<br />

Produkte dürfen nicht geliefert<br />

werden, Erdöl darf nicht an Kuba<br />

verkauft werden, und, und, und.<br />

Vierzig Jahre erträgt Kuba diese Einschnürung<br />

nun schon. Die letzten zwölf<br />

Jahre waren wohl die härtesten in dieser<br />

Geschichte des inzwischen sinnlos<br />

gewordenen Embargos.<br />

Langsam scheint sich aber der Kreis der<br />

europäischen Länder, die am Embargo<br />

festhalten, zu verringern. Französische<br />

Unternehmen beteiligen sich in Joint-<br />

Venture Unternehmungen an kubanischen<br />

Erdölförderungen. Eine französische<br />

Nobelhotelkette hat bereits Hotels<br />

in Havanna gebaut und baut weitere<br />

Hotels. In den Ferienzentren engagieren<br />

sich italienische und spanische<br />

Hotelketten, die Autofirmen Peugeot,<br />

Fiat, Renault und Volvo haben<br />

Niederlassungen in Havanna. Ein<br />

schwedisches Kreuzfahrtschiff läuft seit<br />

neuestem wieder Havanna an. Sogar<br />

Kanada liefert pharmazeutische Produkte,<br />

die in den USA hergestellt und<br />

in Kanada umgepackt werden.<br />

Außer den deutschen Touristikunternehmen<br />

habe ich allerdings keinerlei<br />

deutsches Engagement bemerkt. Wo<br />

bleibt eigentlich die deutsche Initiative?<br />

Lässt die „vorbehaltlose Unterstützung“<br />

der US-amerikanischen Politik<br />

wirklich keine Wirtschaftspolitik im<br />

eigenen Interesse zu? In der derzeitigen<br />

wirtschaftlichen Flaute sollte die<br />

Bundesregierung ihre Blickrichtung lieber<br />

dorthin richten, wo deutsche Unternehmen<br />

Geld verdienen können, als<br />

stur an einem sinnlos gewordenen Embargo<br />

festzuhalten.<br />

Alt-Havanna bröselt langsam vor sich<br />

hin, obwohl es seit 1982 zum Weltkulturerbe<br />

erklärt wurde, sind die Sanierungsmaßnahmen<br />

nur in Ansätzen zu<br />

erkennen. Die Gelder der UNESCO<br />

fließen wohl sehr stockend. Wie wäre<br />

es, wenn die Bundesregierung sich da<br />

einschalten würde, denn Entwicklungshilfe<br />

kommt am Ende doch immer dem<br />

Geber zugute. Die deutsche Bauindustrie<br />

leidet doch unter Auftragsmangel,<br />

und dort gäbe es eine Menge zu tun.<br />

Baumaterial gibt es in Kuba auch nicht<br />

genug, es ist also auch dorthin etwas<br />

zu verkaufen. Das Know-how für solche<br />

Baumaßnahmen haben deutsche<br />

Ingenieure und Facharbeiter sicherlich.<br />

Und eine historische Rarität erhalten<br />

zu helfen, wäre zudem eine „gute Tat“.<br />

Liebe Bundesregierung, nimm dir ein<br />

Beispiel an Frankreich, Spanien, Italien<br />

und Schweden und emanzipiere<br />

dich wenigsten ein bisschen vom Überbruder<br />

und seiner sinnlosen Blockadepolitik.<br />

Ursel Karch<br />

20 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />

im Juni 2002<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Frau Gisela Richter<br />

24.06.1932<br />

Fröbelstr. 11 · 67071 Luwigshafen<br />

Herrn Ulrich Krampen<br />

25.06.1932<br />

Oberer Weg 1 · 56812 Cochem<br />

zum 86. Geburtstag<br />

Herrn Helmut Heil<br />

08.06.1916<br />

Wolfsangel 15 · 67663 Kaiserslautern<br />

Frau Marianne Kleinhans<br />

10.06.1916<br />

Ebertstr. 27 · 67063 Ludwigshafen<br />

Alter und Ruhestand<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Herbert Hollinger<br />

03.06.1927<br />

Hauptstr. 14 · 66909 Herschweiler-Pettersheim<br />

Frau Gisela Turek<br />

05.06.1927<br />

Wappensteinstr. 16 · 66969 Lemberg<br />

Herrn Karl Winkler<br />

18.06.1927<br />

Madenburgstr. 33 · 76855 Annweiler<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Heinrich Laubenstein<br />

05.06.1922<br />

Alfred-Brehm-Str. 3 · 67071 Ludwigshafen<br />

zum 88. Geburtstag<br />

Herrn Walter Willems<br />

06.06.1914<br />

An der Bach 31 · 56329 St. Goar<br />

Herrn Hasso Bayer<br />

26.06.1914<br />

Riedweg 27 · 55130 Mainz<br />

zum 89. Geburtstag<br />

Herrn Herbert Dietzsch<br />

01.06.1913<br />

Arnold-Schönberg-Str. 29 · 66955 Pirmasens<br />

Herrn Gustav Arzt<br />

16.06.1913<br />

Gartenstr. 47 · 66917 Wallhalben<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herrn Erich Hüttig<br />

07.06.1917<br />

Saarstr. 19 · 76870 Kandel<br />

<strong>GEW</strong>-Rechtsschutz für SeniorInnen<br />

In einem Referat vor dem Bundesseniorenausschuss der <strong>GEW</strong> befasste<br />

sich Paul Michel von der Bundesrechtsschutzstelle mit Grundlagen des<br />

Rechtsschutzes, Handhabe und Bedeutung für SeniorInnen: Rechtsschutz<br />

darf nach den Richtlinien bewilligt werden für die berufliche<br />

Tätigkeit und die Wahrnehmung von sozial-, renten- und versorgungsrechtlichen<br />

Angelegenheiten (zentrale Vorschrift für Seniorinnen und<br />

Senioren).<br />

Praktische Schritte bei einem Rechtsschutzfall<br />

1. Das Mitglied wendet sich an die Rechtsschutzstelle seines <strong>GEW</strong> Landesverbands.<br />

2. Die Rechtsschutzstelle prüft, ob der Antragsteller/in Mitglied ist und<br />

seinen Beitrag bezahlt.<br />

3. Das Mitglied erhält einen Rechtsschutzantrag.<br />

4. Die Rechtsschutzstelle prüft, ob das Verfahren Aussicht auf Erfolg<br />

hat.<br />

5. Im positiven Fall wird Rechtsschutz erteilt.<br />

6. Die Zusage gilt jeweils nur für einen Verfahrensabschnitt.<br />

7. Auch für ein Widerspruchsverfahren wird gesondert Rechtsschutz<br />

erteilt.<br />

8. Rechtsschutz kann bei Scheitern des Widerspruchs auch für eine<br />

Klageverfahren beantragt und erteilt werden.<br />

9. Überlegungen der Rechtsschutzstelle, ob ein Anwalt eingeschaltet<br />

Bei der Gratulation in der letzten <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong><br />

zum 89. Geburtstag von Herrn Erich Müller am 12.5.<br />

wurde eine falsche Adresse angegeben. Die richtige lautet:<br />

Jung-Stillig-Str. 38 · 57518 Betzdorf/Sieg<br />

Der Landesvorstand<br />

oder vom DGB übernommen wird. Dort gibt es profunde Kenner des<br />

Sozialrechts.<br />

10. Der Rechtsschutz prüft, ob die Kosten für ein evtl. Gutachten übernommen<br />

werden.<br />

11. Auch für ein Berufungsverfahren kann Rechtsschutz beantragt<br />

werden (Entscheid durch die Bundesrechtsschutzstelle).<br />

12. Geht das Berufungsverfahren negativ aus; kann der Kläger in das<br />

Revisionsverfahren gehen.<br />

13. Voraussetzung dafür ist die Zulassungsrevision, d.h., die Zulassung<br />

muss von der vorherigen Instanz zugelassen sein.<br />

14. Bei Nichtzulassung gibt es die Nichtzulassungsbeschwerde. Sie ist<br />

nur möglich, wenn das Gericht von einer obergerichtlichen Entscheidung<br />

abgewichen ist.<br />

15. Lehnt die Bundesrechtsschutzstelle ab, weil der Fall keine grundsätzliche<br />

Bedeutung hat und nicht von einer anderen Gerichtsentscheidung<br />

abgewichen wurde, dann hat der Kläger die Möglichkeit der Beschwerde<br />

beim <strong>GEW</strong>-Hauptvorstand.<br />

16. Eine aus 6 Personen (Nichtjuristen) bestehende Kommission entscheidet<br />

dann endgültig.<br />

Grundsätzlich gilt: Immer zuerst einen Rechtsschutzantrag stellen, bevor<br />

man selbst einen Anwalt konsultiert. Nur dann hat das <strong>GEW</strong>-<br />

Mitglied Anspruch auf Rechtsschutz! Edmund Theiß<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

21


Rechtsschutz<br />

10 Fragen und Antworten zur Altersteilzeit *<br />

1. Was ist Altersteilzeit?<br />

Altersteilzeit ist eine Teilzeitbeschäftigung,<br />

bei der die Arbeitszeit auf die<br />

Hälfte der bisherigen Arbeitszeit reduziert<br />

wird. Die Altersteilzeit muss bis<br />

zum Erreichen der Altersgrenze (Ende<br />

des Schuljahres, in dem eine Lehrkraft<br />

das 64. Lebensjahr erreicht) oder der<br />

Antragsaltersgrenze (Ende des Schuljahres,<br />

in dem das 63. Lebensjahr vollendet<br />

wird) dauern. Die bisherige Arbeitszeit<br />

muss auf die Hälfte reduziert<br />

werden. Über- und Unterschreitungen<br />

sind bei Altersteilzeit nicht möglich.<br />

Im Schulbereich ist die Altersteilzeit<br />

sowohl als Blockmodell als auch als Teilzeitmodell<br />

möglich. Beim Blockmodell<br />

wird die Hälfte der Zeit bis zum Ruhestand<br />

mit der bisherigen Arbeitszeit<br />

gearbeitet, anschließend beginnt die<br />

Freistellungsphase bis zum Eintritt in<br />

den Ruhestand. Da die Altersteilzeit für<br />

ganze Schuljahre beantragt werden<br />

muss, kann die Freistellung sowohl bis<br />

31.1. eines Jahres (bei 3, 5, 7 und 9<br />

Jahren) als auch bis 1.8. eines Jahres<br />

(bei 2, 4, 6 und 8 Jahren) dauern.<br />

Beim Teilzeitmodell wird bis Eintritt<br />

in den Ruhestand mit der Hälfte der<br />

bisherigen Arbeitszeit gearbeitet. SchulleiterInnen,<br />

SeminarleiterInnen, deren<br />

StellvertreterInnen und FachleiterInnen<br />

wird Altersteilzeit nur im Blockmodell<br />

gewährt.<br />

2. Wer kann in Altersteilzeit wechseln<br />

- Können auch Teilzeitbeschäftigte<br />

in Altersteilzeit wechseln?<br />

Alle Lehrkräfte, die am 1. August eines<br />

Jahres das 55. Lebensjahr vollendet<br />

haben, können von diesem Zeitpunkt<br />

an in Altersteilzeit wechseln. Es<br />

gibt für BeamtInnen jedoch keinen<br />

Rechtsanspruch auf den Wechsel in die<br />

Altersteilzeit. Über den Antrag hat der<br />

Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen<br />

zu entscheiden.<br />

Für Angestellte (auch Lehrkräfte) gilt<br />

der Tarifvertrag zur Altersteilzeit:<br />

Wechsel in Altersteilzeit ist im Rahmen<br />

einer Kann-Bestimmung möglich ab<br />

Vollendung des 55. Lebensjahrs, ab<br />

* Die Antworten entsprechen dem Stand der Gesetzgebung<br />

vom 27.02.2002<br />

Vollendung des 60. Lebensjahrs besteht<br />

ein Rechtsanspruch.<br />

Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte werden<br />

seit Beginn des Schuljahres 2001/2002<br />

im Vorgriff auf die geplante gesetzliche<br />

Regelung in die Altersteilzeit einbezogen.<br />

Für die Angestellten wurden die<br />

notwendigen Regelungen im Tarifvertrag<br />

getroffen. Für teilzeitbeschäftigte<br />

BeamtInnen sieht der Entwurf des Landesbeamtengesetzes<br />

ausschließlich die<br />

Altersteilzeit im Blockmodell vor. Dabei<br />

wird von der Unterrichtsverpflichtung<br />

des letzten Jahres ausgegangen. Ist<br />

diese höher als im vorletzten Jahr, wird<br />

der Durchschnitt der Arbeitszeit der<br />

beiden letzten Jahre zugrunde gelegt.<br />

Die so ermittelte bisherige Arbeitszeit<br />

stellt auch die Bemessungsgrundlage für<br />

den Altersteilzuschlag (Frage 5) und die<br />

ruhegehaltfähige Dienstzeit (Frage 8)<br />

dar.<br />

3. Wie wird Altersteilzeit beantragt?<br />

Der Beginn der Altersteilzeit muss bis<br />

jeweils 1.2.eines Jahres für das folgende<br />

Schuljahr beantragt werden.<br />

Die Altersteilzeit muss bis zur Pensionierung<br />

dauern, d.h. mit dem Antrag<br />

muss auch die Entscheidung getroffen<br />

werden, wann der Ruhestand beginnen<br />

soll. Das kann das Ende des Schuljahres<br />

sein, in dem das 63. Lebensjahr vollendet<br />

wird (Antragsaltersgrenze nach §<br />

59 LBG). In diesem Fall wird ein Versorgungsabschlag<br />

wirksam.<br />

Die Altersteilzeit kann aber auch bis<br />

zur Regelaltersgrenze (§ 54 Abs.1 LBG)<br />

dauern. Sie endet dann mit dem Ende<br />

des Schuljahres, in dem das 64. Lebensjahr<br />

vollendet wird. In diesem Fall gibt<br />

es keinen Versorgungsabschlag.<br />

4. Wie hoch ist die Besoldung bei Altersteilzeit?<br />

Die Beamtinnen und Beamten erhalten<br />

83% der fiktiven Nettobezüge, die<br />

sie bekommen hätten, wenn sie in dem<br />

Umfang weitergearbeitet hätten wie die<br />

in den Antworten zur Fragen 1 bzw. 3<br />

beschriebene Berechnung ergeben hat.<br />

Dazu werden die so ermittelten Bruttodienstbezüge<br />

um die gesetzlichen Abzüge<br />

vermindert. Das sind die Lohnsteuer<br />

(entsprechend der eingetragenen<br />

Steuerklasse), der Solidaritätszuschlag<br />

sowie die Pauschalsteuer (8 % der ermittelten<br />

Lohnsteuer), die bei allen<br />

Antragstellern in Abzug gebracht wird.<br />

Das Ergebnis sind die fiktiven Nettodienstbezüge,<br />

von denen 83 % garantiert<br />

werden.<br />

Für die Zahlung heißt das praktisch,<br />

dass die Dienstbezüge zunächst im gleichen<br />

Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt<br />

werden. Für die geleistete Teilzeitarbeit<br />

wird anteilig Besoldung gezahlt,<br />

die versteuert werden muss. Zusätzlich<br />

zu diesen Dienstbezügen wird der Altersteilzeitzuschlag<br />

gezahlt. Der Zuschlag<br />

wird so bemessen, dass zusammen<br />

mit den anteiligen Dienstbezügen die<br />

o.g. 83 % der fiktiven Nettodienstbezüge<br />

erreicht werden. Dieser Zuschlag<br />

ist bei der Auszahlung steuerfrei<br />

5. Was ist der Progressionsvorbehalt<br />

und wie wirken sich Steuerfreibeträge<br />

aus?<br />

Der Altersteilzeitzuschlag selbst ist steuerfrei.<br />

Er muss aber bei der Einkommensteuererklärung<br />

angegeben werden<br />

und wird im Rahmen der Einkommenssteuerveranlagung<br />

bei der Ermittlung<br />

des Steuersatzes berücksichtigt, dem das<br />

steuerpflichtige Einkommen unterliegt<br />

(Progressionsvorbehalt).<br />

Das bedeutet::<br />

1. Zuerst wird das zu versteuernde Einkommen<br />

ohne den steuerfreien Zuschlag<br />

ermittelt.<br />

2. Es wird dann der Steuersatz nach<br />

der Steuertabelle ermittelt, der sich ergäbe,<br />

wenn auch der steuerfreie Zuschlag<br />

steuerpflichtig wäre. Dabei werden<br />

dem steuerpflichtigen Einkommen<br />

die steuerfreien Bezüge fiktiv hinzugerechnet.<br />

3. Der so ermittelte Steuersatz wird<br />

dann auf das zu versteuernde Einkommen<br />

angewendet. Das steuerpflichtige<br />

Einkommen wird also höher besteuert.<br />

Dadurch kommt es bei der Veranlagung<br />

durch das Finanzamt in der Regel zu<br />

Steuernachforderungen, da die monatlich<br />

abgeführte Einkommensteuer basierend<br />

auf einem niedrigeren, der Einkommenshöhe<br />

ohne steuerfreie Bezüge<br />

entsprechenden, Steuersatz abgeführt<br />

wurde.<br />

22 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Rechtsschutz<br />

Während der Altersteilzeit sollte man<br />

sich keine Steuerfreibeträge auf der<br />

Lohnsteuerkarte eintragen lassen. Das<br />

führt lediglich zu einer Erhöhung der<br />

Nettodienstbezüge und damit zu einer<br />

Minderung des Altersteilzeitzuschlags,<br />

da die Grenze von 83% der Nettodienstbezüge<br />

nicht überschritten werden<br />

kann. Es spart also nur der Dienstherr.<br />

Daher ist es besser, wenn der Steuerfreibetrag<br />

erst im Rahmen der Einkommensteuererklärung<br />

geltend gemacht<br />

wird, weil dadurch das zu versteuernde<br />

Einkommen reduziert werden<br />

kann.<br />

6. Wie hoch sind Weihnachts- und<br />

Urlaubsgeld bei Altersteilzeit?<br />

Sonderzuwendung (Weihnachtsgeld)<br />

und Urlaubsgeld werden ebenfalls in<br />

Höhe von 83 % dessen gezahlt, was<br />

zugestanden hätte, wenn in dem Umfang<br />

weitergearbeitet worden wäre, der<br />

sich aufgrund der in den Antworten<br />

zu Fragen 1 bzw. 3 beschriebenen Berechnung<br />

ergeben hat. Dabei können<br />

sich geringfügige Abweichungen infolge<br />

der Anwendungen der Jahressteuertabelle<br />

ergeben. Vermögenswirksame<br />

Leistungen werden allerdings stets nur<br />

zur Hälfte, d.h. in Höhe von 3,33 Euro<br />

gezahlt.<br />

7. Wie wird die Altersteilzeit bei der<br />

Pension berücksichtigt?<br />

In der Regel sind Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung<br />

nur zu dem Teil ruhegehaltfähig,<br />

der dem Verhältnis der ermäßigten<br />

zur regelmäßigen Arbeitszeit<br />

entspricht. Demgegenüber gibt es für<br />

die Altersteilzeit eine wesentlich bessere<br />

Regelung: Zeiten einer Altersteilzeit<br />

sind nicht nur arbeitszeitanteilig, sondern<br />

zu 9/10 der Arbeitszeit ruhegehaltfähig.<br />

Diese Arbeitszeit wird wiederum<br />

so berechnet, wie in den Antworten<br />

zu Fragen 1 und 3 beschrieben.<br />

In Altersteilzeit befindliche BeamtInnen<br />

werden also so behandelt, als<br />

würden sie im Umfang von 90% der<br />

bisherigen Arbeitszeit Dienst leisten,<br />

obwohl sie lediglich 50 % dieser bisherigen<br />

Arbeitszeit arbeiten. Auch hinsichtlich<br />

der Quotelung von Ausbildungs-<br />

und Zurechnungszeiten ist die<br />

Altersteilzeit mit dem günstigeren Verhältniswert<br />

zu berücksichtigen.<br />

Ruhegehaltfähige Dienstbezüge, also<br />

Bemessungsgrundlage für die Berechnung<br />

der Pension, sind die dem letzten<br />

Amt entsprechenden vollen ruhegehaltfähigen<br />

Dienstbezüge, also das<br />

Vollzeitgehalt.<br />

8. Was ist mit der Beihilfe bei Altersteilzeit?<br />

BeamtInnen behalten bei der Altersteilzeit<br />

ihren Beihilfeanspruch von 50<br />

v.H. Es gibt somit keine Abweichung<br />

gegenüber Vollzeitbeschäftigten. Dies<br />

gilt auch für die Freistellungsphase im<br />

Blockmodell<br />

9. Wo finden sich die rechtlichen<br />

Grundlagen der Altersteilzeit?<br />

Die grundlegende Regelung für die<br />

Beamtinnen und Beamten ist der § 80<br />

b LBG (Landesbeamtengesetz Rheinland-Pfalz)<br />

Für den Schulbereich werden<br />

dazu Konkretisierungen in einer<br />

VV vom 15.06.2001 (Gem. AmtsblattSs.151<br />

des Ministeriums für Bildung,<br />

Wissenschaft und Weiterbildung<br />

S. 151/2001) festgelegt. Die Regelungen<br />

zur Besoldung finden sich im Bundesbesoldungsgesetz<br />

(BBesG) sowie in<br />

der Altersteilzeitzuschlagsverordnung<br />

(ATZV). Die Pension ist im Beamtenversorgungsgesetz<br />

(BeamtVG) geregelt.<br />

Für Angestellte (auch Lehrkräfte) im<br />

Schulbereich gilt der Tarifvertrag zur<br />

Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ).<br />

Die zusatzversorgungsrechtliche Berücksichtigung<br />

der Altersteilzeit erfolgt<br />

in der Satzung der Versorgungsanstalt<br />

des Bundes und der Länder (VBL).<br />

10. Gibt es Änderungen gegenüber<br />

der ursprünglichen Regelung?<br />

Den positiven Teil der Veränderungen<br />

wird in Frage 2 beschrieben. Es gibt<br />

aber auch eine Regelung, die sich teils<br />

positiv, teils negativ auswirken kann:<br />

Während bei der Einführung der Altersteilzeit<br />

Voraussetzung war, dass von<br />

den letzten 5 Jahren mindestens 3 Jahre<br />

in Vollzeit gearbeitet wurde, damit dem<br />

Block- oder Teilzeitmodell die volle<br />

Arbeitszeit zugrunde gelegt wurde, sind<br />

jetzt nur noch die beiden letzten Jahre<br />

maßgebend. Positiv ist das für die KollegInnen,<br />

die in den letzten beiden Jahren<br />

mit voller Stundenzahl beschäftigt<br />

waren. Für sie ist die Mindestzeit von<br />

3 Jahren Vollzeitbeschäftigung entfallen.<br />

KollegInnen, die in Kenntnis der<br />

ursprünglichen Regelung - möglicherweise<br />

auch nach Beratung durch Ministerium,<br />

ADD oder <strong>GEW</strong>- nach 3<br />

oder gar 4 Jahren Vollzeitbeschäftigung<br />

im 4. und/oder 5. Jahr Teilzeit in Anspruch<br />

nahmen, soll nach der neuen<br />

Regelung entweder die Teilzeit des letzten<br />

Jahres oder - wenn sich eine geringere<br />

Stundenzahl ergibt - der Durchschnitt<br />

der beiden letzen Jahre herangezogen<br />

werden. Die <strong>GEW</strong> hat den<br />

Ministerpräsidenten darauf hingewiesen,<br />

dass die vorgesehenen Regelung zu<br />

Ungerechtigkeiten führt und Personen<br />

benachteiligt werden, die sich auf die<br />

Aussagen des Ministeriums für Bildung,<br />

Wissenschaft und Weiterbildung verlassen<br />

haben. Diese KollegInnen müssen<br />

Vertrauensschutz genießen. Zusätzlich<br />

haben wir bei der Stellungnahme und<br />

bei mündlichen Anhörung zur Änderung<br />

des Landesbeamtengesetzes auf<br />

diese Problematik hingewiesen.<br />

Klaus Bundrück<br />

Nebentätigkeit<br />

nur mit Erlaubnis<br />

Wer als Beamter oder Beamtin<br />

nachhaltig einer unerlaubten Nebentätigkeit<br />

nachgeht, begeht ein<br />

schweres Dienstvergehen und<br />

muss unter Umständen mit der<br />

Entfernung aus dem Dienst rechnen.<br />

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz,<br />

Urteil vom 21. Januar<br />

2002 - 3 A 11578/01.OVG<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

23


Rechtsschutz<br />

Verschlechterungen in der Beamtenversorgung<br />

Neuregelungen im Versorgungsänderungsgesetz 2001 in Kraft<br />

Nach Beschluss des Bundestages<br />

und Zustimmung des Bundesrates<br />

zum Versorgungsänderungsgesetz<br />

2001 (VersÄndG 2001) am 20. Dezember<br />

2001 sind die geplanten Verschlechterungen<br />

im Beamtenversorgungsgesetz<br />

(BeamtVG) nun in<br />

Kraft getreten. Dazu gibt es eine<br />

Reihe von Neuregelungen. Im Wesentlichen<br />

bedeutet dies:<br />

* Kürzung der Pensionen um 4,33<br />

%<br />

* Kürzung des Witwen- bzw. des<br />

Witwergeldes um 5 %<br />

* Neuregelung der Kindererziehungszeiten<br />

und Pflegezeiten<br />

* Einbeziehung der BeamtInnen in<br />

die „Riester-Förderung“<br />

* Neuregelungen zur Teildienstfähigkeit.<br />

1. Kürzung der Pension<br />

Die Verschlechterungen in der Beamtenversorgung<br />

werden begründet<br />

mit der wirkungsgleichen Übertragung<br />

der Kürzungen im Rentenrecht<br />

auf die Beamtenversorgung. Hierzu<br />

hat die <strong>GEW</strong> im letzten Jahr bereits<br />

ausführlich Stellung genommen.<br />

Das Novum an dieser „Reform“ ist,<br />

dass auch in bereits bestehende Versorgungsansprüche<br />

eingriffen wird.<br />

Betroffen von der Kürzung sind<br />

nicht nur BeamtInnen, die in Zukunft<br />

pensioniert werden, sondern<br />

auch diejenigen, die sich bereits im<br />

Ruhestand befinden, obwohl für diese<br />

KollegInnen keine Möglichkeit<br />

beseht, die „Pensionslücke“ zu versichern<br />

(Stichwort Riester-Rente). Ob<br />

hiergegen mit juristischen Mitteln<br />

vorgegangen werden soll, wird zurzeit<br />

geprüft.<br />

Wie erfolgt die Kürzung?<br />

Die Berechnung der Versorgung basiert<br />

auf zwei Grundlagen, nämlich<br />

den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen<br />

und dem Ruhegehaltssatz. Die<br />

ruhegehaltfähigen Dienstbezüge sind<br />

grundsätzlich die Dienstbezüge, die<br />

der Beamtin/ dem Beamten zuletzt<br />

zustanden, wobei immer die Vollzeitbesoldung<br />

zu Grunde gelegt wird.<br />

Der Ruhegehaltssatz („Prozente“)<br />

wird nach einem komplizierten Verfahren<br />

auf Grundlage der ruhegehaltfähigen<br />

Dienstzeiten ermittelt. Der<br />

Ruhegehaltssatz beträgt zurzeit 1,875<br />

% pro Dienstjahr. Für BeamtInnen,<br />

die am 31. Dezember 1991 bereits<br />

im Beamtenverhältnis standen, erfolgt<br />

eine andere Berechnung nach<br />

dem sogenannten Übergangsrecht.<br />

Die Pension ergibt sich, wenn man<br />

die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge<br />

mit dem Ruhegehaltssatz multipliziert.<br />

Beispiel: Besoldung nach A 12, Stufe<br />

12, verheiratet, keine Kinder :<br />

3472,70 € x Ruhegehaltssatz 75 %<br />

= 2604,53 € (Bruttopension).<br />

Die Kürzung der Pensionen erfolgt<br />

ab dem Jahre 2003 in acht Schritten,<br />

jeweils im Zusammenhang mit<br />

den kommenden Besoldungs- und<br />

Versorgungserhöhungen. Der<br />

Höchstsatz in der Beamtenversorgung<br />

betrug bisher 75 % und wird<br />

auf 71,75 % gekürzt. Niedrigere individuelle<br />

Versorgungen vermindern<br />

sich entsprechend. Der Steigerungssatz<br />

von 1,875 % mindert sich auf<br />

1,79375 %.<br />

Mit der ersten bis einschließlich der<br />

siebten Erhöhung der Besoldungen<br />

und Versorgungen („Anpassung“)<br />

erfolgt die Kürzung, indem die der<br />

Versorgungsberechnung nach bisherigem<br />

Recht zu Grunde liegenden<br />

ruhegehaltfähigen Dienstbezüge um<br />

einen bestimmten Faktor gekürzt<br />

(„angepasst“) werden.<br />

Hierzu gilt folgende Übersicht:<br />

Beispiel für die erste „Anpassung“:<br />

Die Pension wurde wie oben festgesetzt.<br />

Im Rahmen der Besoldungsund<br />

Versorgungsanpassung im Jahre<br />

2003 wird die Besoldung um 2<br />

% erhöht. Die Pension wird wie<br />

folgt neu festgesetzt:<br />

Bisherige ruhegehaltfähige Dienstbezüge:<br />

3.472,70 €<br />

Nach der Erhöhung plus 2 %:<br />

3.542,15 €<br />

Multipliziert mit dem Ruhegehaltssatz<br />

von 75%: 2.656,62 €<br />

Multipliziert mit dem Faktor<br />

0,99458: 2.642,22 € (neue Pension).<br />

Mit der achten Besoldungs- und<br />

Versorgungserhöhung wird die stufenweise<br />

Kürzung durch Anpassung<br />

des individuellen Ruhegehaltssatzes<br />

mit dem Faktor 0,95667 abgeschlossen.<br />

Der so ermittelte neue Ruhegehaltssatz<br />

gilt gesetzlich als neu festgesetzt.<br />

Die Beamtenpension wird somit auf<br />

Grund der vollen ruhegehaltfähigen<br />

Dienstbezüge (ohne „Anpassung“)<br />

ermittelt. Also auf Grundlage der<br />

Dienstbezüge, die sich aus der gültigen<br />

Besoldungsstabelle ergeben.<br />

Angepasst wird jedoch der zuvor<br />

festgesetzte Ruhegehaltssatz.<br />

Beispiele: Bei einem Ruhegehaltssatz<br />

von 75 % ergibt sich ein Ruhegehaltssatz<br />

von 71,75 % (75 % x<br />

0,95667 = 71,75 %). Bei einem<br />

Ruhegehaltssatz von 72, 3 % z. B.<br />

beim Ausscheiden auf Antrag bei<br />

Erreichen der Antragsaltersgrenze<br />

ab der ... gilt der bewirkt einen<br />

Anpassung nach Anpassungs- neuen Höchstdem<br />

31.12.2002 faktor ruhegehaltssatz von<br />

1. 0,99458 74,59 %<br />

2. 0,98917 74,19 %<br />

3. 0,98375 73,78 %<br />

4. 0,97833 73,38 %<br />

5. 0,97292 72,97 %<br />

6. 0,96750 72,56 %<br />

7. 0,96208 72,16 %<br />

24 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Rechtsschutz<br />

nach § 54 LBG sind es nach Ende<br />

der Übergangsphase nur noch 69,17<br />

%(72,3 % x 0,95667 = 69,17 %)<br />

Berechnung nach dem neuen Beamtenversorgungsgesetz<br />

Mit der letzten - der achten - Anpassung<br />

ist die Übergangsregelung<br />

abgeschlossen. Neue Pensionen werden<br />

dann nach dem neuen Beamtenversorgungsgesetz<br />

festgesetzt.<br />

Danach beträgt die Versorgung<br />

1,79375 % pro ruhegehaltfähiges<br />

Dienstjahr (bisher 1,875 %).<br />

Für BeamtInnen, die am 31. Dezember<br />

1991 bereits im Beamtenverhältnis<br />

standen, gilt weiterhin das<br />

sogenannte Übergangsrecht. Wenn<br />

ihre Versorgung nach der Besitzstandsregelung<br />

oder nach altem<br />

Recht festgesetzt wird, wird der Ruhegehaltssatz<br />

somit nach den bisherigen<br />

Berechnungsgrundlagen ermittelt<br />

und wie oben mit dem Anpassungsfaktor<br />

von 0,95667 multipliziert.<br />

Es gilt dann für alle Versorgungsfälle<br />

der neue Höchstsatz für<br />

das Ruhegehalt von 71,75 %.<br />

2. Kürzung des Witwen- bzw.<br />

Witwergeldes<br />

Höhe des Witwen- bzw. Witwergeldes:<br />

Die Witwen und Witwer hatten<br />

bisher Anspruch auf 60 % der<br />

Pension des verstorbenen Ehegatten.<br />

Nach dem Versorgungsänderungsgesetz<br />

beträgt der Anspruch nur noch<br />

55 %.<br />

Bei der alten Regelung bleibt es jedoch,<br />

wenn die Ehe vor dem 01. Januar<br />

2002 geschlossen wurde und<br />

mindestens ein Ehegatte vor dem 02.<br />

Januar 1962 geboren ist. Außerdem<br />

dann, wenn zur Hinterbliebenenversorgung<br />

ein Kindererziehungszuschlag<br />

gezahlt wird.<br />

Keine Kürzung auf 55 % erfolgt für<br />

diejenigen, die bereits bis einschließlich<br />

31. Dezember 2001 Witwenbzw.<br />

Witwergeld erhalten haben.<br />

Eine Kürzung erfolgt ebenfalls nicht<br />

bei Hinterbliebenen von BeamtInnen,<br />

die bis einschließlich 31. Dezember<br />

2001 pensioniert wurden.<br />

Auf die Anrechnungsvorschriften bei<br />

eigenen Einkünften der Witwe bzw.<br />

des Witwers soll hier nicht eingegangen<br />

werden.<br />

Wartezeit: Ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung<br />

besteht nur<br />

noch, wenn der<br />

verstorbene Ehegatte<br />

die versorgungsrechtliche<br />

Wartezeit von 5<br />

Jahren am Todestag<br />

erfüllt hat.<br />

Außerdem besteht<br />

ein Anspruch<br />

grundsätzlich<br />

nur,<br />

wenn die Ehe<br />

mindestens ein<br />

Jahr (bisher drei<br />

Monate) bestanden<br />

hat. Diese<br />

neue Regelung<br />

gilt für alle Ehen,<br />

die nach dem 31. Dezember 2001<br />

geschlossen wurden.<br />

3. Neuregelung von Kindererziehungs-<br />

und Pflegezeiten<br />

Nach den Neuregelungen werden<br />

verschiedene Formen von Zuschlägen<br />

für Kindererziehungs- und Pflegezeiten<br />

eingeführt.<br />

Die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten<br />

und Pflegezeiten wurde<br />

an die ebenfalls verbesserten Regelungen<br />

der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

angepasst. Dies ist erfreulich.<br />

Darüber hinaus werden Kindererziehungszeiten<br />

und Pflegetätigkeiten<br />

durch Zuschläge zur Pension<br />

honoriert. Dies ist ebenfalls erfreulich.<br />

Allerdings sind die gesetzlichen<br />

Bestimmungen so kompliziert und<br />

schwer verständlich, dass sie selbst für<br />

Fachleute kaum nachvollziehbar<br />

sind. Betroffenen und Interessierten<br />

können wir die ausführliche Information<br />

des <strong>GEW</strong>-Landesverbandes<br />

Hamburg zukommen lassen.<br />

An dieser Stelle möchen wir nur die<br />

Neuregelungen nennen:<br />

* Kindererziehungszuschlag(§ 50a<br />

BeamtVG)<br />

* Kindererziehungsergänzungszuschlag<br />

(§ 50b BeamtVG)<br />

* Kinderzuschlag zum Witwen- bzw.<br />

Witwergeld (§ 50c BeamtVG)<br />

* Pflege- und Kinderpflegeergänzungszuschlag<br />

(§ 50d BeamtVG)<br />

* Vorübergehende Gewährung von<br />

Zuschlägen (§ 50e BeamtVG)<br />

4. Einbeziehung der BeamtInnen<br />

in die „Riester-Förderung“<br />

BeamtInnen können nun auch die<br />

staatliche Förderung zur privaten<br />

Altersvorsorge in Anspruch nehmen.<br />

Wie bei Arbeitnehmerinnen und<br />

Arbeitnehmern müssen jedoch bestimmte<br />

Voraussetzungen erfüllt werden.<br />

Wenn Versicherungsverträge die<br />

Bedingungen zur „Riester-Förderung“<br />

erfüllen, wird dies durch eine<br />

Zertifizierung von staatlicher Seite<br />

bestätigt. So müssen Vorsorgeverträge<br />

zum Beispiel vorsehen, dass Leistungen<br />

erst nach Vollendung des 60.<br />

Lebensjahres und in den Fällen der<br />

vorzeitigen Pensionierung wegen<br />

Dienstunfähigkeit gewährt werden.<br />

Zu den einzelnen Voraussetzungen<br />

und den möglichen Formen der privaten<br />

Altersvorsorge wird die <strong>GEW</strong><br />

noch weiter informieren. Wer bis<br />

Ende 2002 eine private Vorsorgeform<br />

abschließt, verliert keinen Cent staatlicher<br />

Förderung. Eile ist deshalb<br />

nicht geboten.<br />

5. Neuregegelungen zur Teildienstfähigkeit<br />

Im Beamtenrechtsrahmengesetz wurden<br />

zwei Änderungen zur Teildienstfähigkeit<br />

vorgenommen. Zum einen<br />

wurde die Altersgrenze bei Teildienstfähigkeit<br />

von 50 Jahren gestrichen.<br />

Zum anderen soll nun eine Reaktivierung<br />

wegen Dienstunfähigkeit<br />

pensionierter BeamtInnen auch bei<br />

Vorliegen von Teildienstfähigkeit<br />

möglich sein. Diese Regelungen werden<br />

in die Änderungen des Landesbeamtengesetzes<br />

eingearbeitet, das<br />

zur Zeit in der Anhörung ist.<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

25


Tipps + Termine<br />

Lehrer-Kursbuch ISLAM<br />

Über 700.000 muslimische SchülerInnen<br />

gehen in Deutschland zur<br />

Schule. Doch wie viel wissen ihre<br />

MitschülerInnen und Lehrkräfte<br />

über die islamische Kultur und Religion?<br />

Bei weitem nicht genug!<br />

Nach den Ereignissen des 11. September<br />

2001 wird deutlich, wie groß<br />

der Aufklärungsbedarf in der Gesellschaft<br />

ist. In diesem Zusammenhang<br />

sind insbesondere Schulen und Bildungseinrichtungen<br />

gefordert. Darüber<br />

hinaus ist die Schule ein Ort,<br />

an dem sich SchülerInnen aus unterschiedlichen<br />

Kulturen treffen,<br />

sich miteinander auseinander setzen<br />

Multikulti-Idylle?<br />

„Die Idylle von Stensby“ ist der Erstlingsroman<br />

der Schwedin Lena Andersson<br />

und gleich ein großer Wurf.<br />

Nur zu gut kennt sie selbst, was sie<br />

dort beschreibt: Das Leben von Jugendlichen<br />

in einer irgendwann auf<br />

dem Reißbrett entworfenen Trabantenstadt,<br />

einerseits nüchtern und<br />

schnörkellos, andererseits bewegend<br />

und prokokativ. Und obwohl Rassismus,<br />

Arbeitslosigkeit und allerlei fa-<br />

Bunte deutsche Geschichte<br />

„Unser Jahrhundert im Bild“ - nur<br />

farbiger, persönlicher, mitreißender:<br />

„Die Lisa“ heißt das bereits preisgekrönte,<br />

nun neu aufgelegte (Bilder-)<br />

Buch von Klaus Kordon mit beeindruckenden<br />

Illustrationen von Peter<br />

Schimmel. Die Lisa kommt um die<br />

Jahrhundertwende zur Kaiserzeit in<br />

ABC-Schatzkiste<br />

Grundschul-Fachfrau Ute Andresen<br />

hat ein neues Werk vollbracht: „ABC<br />

und alles auf der Welt“ ist, auch dank<br />

der liebevollen Illustrationen von<br />

Monika Popp, ein „Lese-Schatz-<br />

Buch“ geworden, da übertreibt der<br />

Verlag absolut nicht. Poetische und<br />

pfiffige Bilder, Wörter, Gedichte<br />

und Geschichten für Kinder, die sich<br />

dem ABC nähern, faszinieren und<br />

und Toleranz entwickeln können.<br />

Dabei entstehen auch Konflikte. Das<br />

neu beim Cornelsen-Verlag Scriptor<br />

erschienene Lehrer-Kursbuch IS-<br />

LAM möchte die Lehrkräfte beim<br />

Umgang mit Konflikten und Krisensituationen<br />

unterstützen.<br />

Im ersten Teil des Lehrer-Kursbuches<br />

Islam geben bekannte Islamwissenschaftler<br />

einen Überblick über die<br />

Geschichte und Kultur des Islam.<br />

Im zweiten Teil setzen sich eine Lehrerin<br />

und eine Sozialpädagogin mit<br />

der Situation ausländischer SchülerInnen,<br />

oft aus muslemisch geprägten<br />

Elternhäusern, an deutschen<br />

miliäre Probleme vorherrschen, ist<br />

das Buch keine Anklageschrift, sondern<br />

eine ganz ehrliche Darstellung,<br />

wie das Leben eben ist, und das nicht<br />

nur in Stensby: „Wissen Sie, dass die<br />

Bäume hier nicht blühen, sondern<br />

in ihren künstlich angelegten Quadraten<br />

aus nährstoffloser Erde verkümmern?<br />

Und wissen Sie, dass gestern<br />

unsere Haustür eingeschlagen<br />

wurde? Und dass es im Aufzug nach<br />

Pipi riecht? Wissen Sie, dass sich der<br />

Himmel hier an den Häusern schneidet?<br />

Und wissen Sie, dass es Stensby<br />

der Hauptstadt zur Welt und erlebt<br />

aus ihrer Sicht Kriege, Judenverfolgung,<br />

Befreiung und Teilung Berlins.<br />

„Dass ich das noch erlebe!“, die Wiedervereinigung<br />

nämlich, schließt ein<br />

wunderschönes Bilderbuch ab, das<br />

Große mit Hang zum Bilderbuch an<br />

hundert Jahre deutsche Geschichte<br />

wecken Neugier auf alles andere Lesbare.<br />

Die FAZ meinte gar, dass für<br />

„ABC und alles auf der Welt“ viele<br />

Erstleser „die Schulfibel in die Ecke<br />

schmeißen würden“. Da könnte die<br />

FAZ Recht haben. Los, ihr i-Dötzchen,<br />

tut’s und werft, es lohnt sich!<br />

Ute Andresen/Monika Popp: ABC<br />

und alles auf der Welt. Weinheim<br />

2002.<br />

(tje)<br />

Schulen auseinander und zeigen praxisnah<br />

Möglichkeiten auf, das soziale<br />

und interkulturelle Lernen zu fördern.<br />

Schließlich weist eine Berliner Sozialpädagogin<br />

mit mehr als zwanzigjähriger<br />

Berufspraxis mit beispielhaften<br />

Einzelfällen und konkreten<br />

Übungen Wege zum Umgang mit<br />

Konfliktsituationen, wie sie alltäglich<br />

in interkulturell zusammengesetzten<br />

Klassen auftreten. pm<br />

Gudrun Böttger, Margit Dellbrück,<br />

Peter Heine, Baber Johansen, Fritz<br />

Steppat: Lehrer-Kursbuch ISLAM,<br />

Grundwissen und Praxistipps, 112<br />

Seiten, kartoniert, 12,90 EURO,<br />

ISBN 3-589-21795-2<br />

überall in Europa gibt?“<br />

Und wissen Sie, dass das Buch nicht<br />

nur für PädagogInnen lesenswert ist,<br />

die sich im Plantagenholz-Liegestuhl<br />

auf der heimischen Terracotta-Terrasse<br />

mit Blick über die Weinberge<br />

zurücklehnen, sondern auch für<br />

SchülerInnen, die von eben dem nur<br />

träumen können, weil sie in deutschen<br />

Stensbys aufwachsen?<br />

(tje)<br />

Lena Andersson: Die Idylle von<br />

Stensby. Frankfurt 2001.<br />

erinnert, Mittelgroßen so manches<br />

aus einfachem Blickwinkel erklärt<br />

und für Kleine ein Einstieg sein<br />

könnte, allerdings besser mit geschichtlich<br />

vorgebildeten Vor- oder<br />

MitleserInnen. Ein passendes Arbeitsheft<br />

als Unterrichtsmaterial ist<br />

übrigens in Vorbereitung.<br />

Klaus Kordon/Peter Schimmel: Die<br />

Lisa. Weinheim 2002.<br />

(tje)<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft,<br />

Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />

Tel. (030) 6 93 65 30<br />

26 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Tipps + Termine<br />

Stiftung Warentest prüfte Lebensversicherungen<br />

Einen Vergleich von kapitalbildenden<br />

Lebensversicherungen hat die<br />

Stiftung Warentest in der April-Ausgabe<br />

der Zeitschrift FINANZtest<br />

veröffentlicht. Die Debeka Lebensversicherung<br />

erreichte bei den Verträgen<br />

für Männer und Frauen die<br />

beste Bewertung und wurde mit dem<br />

Qualitätsurteil „sehr gut“ ausgezeichnet.<br />

Insgesamt standen 126<br />

Angebote von den in Deutschland<br />

tätigen Lebensversicherern auf dem<br />

Prüfstand. Zusammen mit der Auszeichnung<br />

als beste private Krankenversicherung,<br />

die der Debeka Anfang<br />

März von den Analysten des Wirtschaftsdienstes<br />

map-report verliehen<br />

Eng verbunden mit<br />

der Geschichte der<br />

Menschheit ist die<br />

Geschichte des<br />

Bauens und Wohnens.<br />

Die Art der<br />

jeweiligen Behausung<br />

verrät viel<br />

über die Epoche,<br />

die Geographie sowie<br />

über Umwelt<br />

und Klima. In der World of Living,<br />

Europas erstem Infotainmentpark<br />

für Bauen und Wohnen in Rheinau-<br />

wurde, erreichte die Unternehmensgruppe<br />

damit einen Doppelsieg innerhalb<br />

eines Monats.<br />

Nach Ansicht der Stiftung erfüllen<br />

die „sehr guten Angebote der Debeka<br />

alle fünf Kriterien“, die in den Test<br />

eingeflossen sind. Dazu zählten die<br />

garantierten Leistungen, die prognostizierten<br />

Leistungen und die Qualität<br />

der Beispielrechnungen, die den<br />

Kunden vor Abschluss eines Vertrages<br />

ausgehändigt werden. Wichtigste<br />

Anhaltspunkte seien dabei eine<br />

möglichst verbraucherfreundliche<br />

Transparenz und Plausibilität der<br />

Informationen für die Versicherten.<br />

Das Ergebnis der Untersuchung<br />

Zeitreise von der Steinzeithöhle zur Raumstation<br />

Linx - unweit des Rheinübergangs<br />

von Kehl nach Straßburg -, kann<br />

man sich auf die Zeitreise durch die<br />

Wohnkulturen der Menschheitsgeschichte<br />

begeben und dabei Geschichte<br />

live erleben. Die Besucher<br />

begegnen im ”Universum der Zeit“<br />

z.B. dem Höhlenbewohner in der<br />

Steinzeit, besuchen die Paläste am<br />

Nil zur Zeit Königin Kleopatras und<br />

das Rom Neros und lernen die „Future<br />

World“, das Leben im Weltall,<br />

kennen.<br />

Von der PISA-Studie zur Elternparanoia<br />

Die Zeitschrift NOVO präsentiert in<br />

ihrer 57sten Ausgabe ein Interview<br />

mit Frank Furedi, Soziologe und<br />

Autor von „Die Elternparanoia: Warum<br />

Kinder mutige Eltern brauchen“<br />

(Eichborn 2002). Das Interview ist<br />

unter http://www.novo-magazin.de/<br />

57/novo5741.htm verfügbar.<br />

Elternparanoia ist nicht als Vorwurf<br />

gegen Eltern zu verstehen, sondern<br />

als Beschreibung einer morbiden<br />

Angstkultur, die Eltern verunsichert<br />

und paranoid werden lässt. Furedi<br />

analysiert in seinem Buch die Hintergründe<br />

dieses Problems. Er macht<br />

dafür die wachsende Beraterindustrie,<br />

die vorgibt, am besten über<br />

Kindererziehung Bescheid zu wissen,<br />

mitverantwortlich. Auch die PISA-<br />

Studie hat wieder zahllose Experten<br />

auf den Plan gerufen. Im NOVO-<br />

Interview erklärt Furedi, warum Erziehungsratgeber<br />

das Problem verschärfen:<br />

„Im Schatten der Angstkultur ist eine<br />

ganze Armee von Experten herangewachsen,<br />

deren Aufgabe zu sein scheint,<br />

Eltern schlaflose Nächte zu bescheren.<br />

Ständig erinnern sie uns daran, wie<br />

hilf- und wehrlos Kinder sind. Dabei<br />

sollten wir uns lieber ins Gedächtnis<br />

rufen, dass sie sehr widerstands- und<br />

anpassungsfähig sind. Die Kleinen<br />

müssen lernen, Risiken einzuschätzen<br />

drückten die Warentester in Zahlen<br />

aus: „Im Modellfall würde ein Kunde<br />

mit einem guten Tarif bei Vertragsende<br />

45.000 Euro mehr ausgezahlt<br />

bekommen als einer mit einem<br />

schlechten. Selbst wenn er nur die<br />

garantierten Leistungen bekäme -<br />

ohne Überschussbeteiligung - geht<br />

es noch um mehr als 10.000 Euro<br />

Unterschied.“ Eine gute bis sehr gute<br />

Bewertung der Leistung zeige nach<br />

Aussage der Stiftung Warentest auch,<br />

dass ein Unternehmen kostengünstig<br />

kalkuliert und seinen Kunden nicht<br />

mit hohen Kosten für den Vertragsabschluss<br />

und für die Verwaltung<br />

belastet.<br />

pm<br />

Schüler- und Studentengruppen, einschließlich<br />

einer Begleitperson, erhalten<br />

freien Eintritt. Die Einlasszeiten:<br />

Dienstag bis Sonntag, 10.00 bis<br />

18.00 Uhr (ab 1. Oktober bis 31.<br />

März 10.00 - 17.00 Uhr). Anmeldung<br />

mindestens 5 Tage im Voraus<br />

unter Tel. 07853/83800. Unter dieser<br />

Nummer kann auch eine kostenlose<br />

CD-ROM mit den Unterrichtsmaterialien<br />

angefordert werden.<br />

Weitere Infos: www.world-ofliving.de<br />

und selbstständige Entscheidungen zu<br />

treffen. Wenn aber Eltern dem Expertenrat<br />

folgen und versuchen, Kindern<br />

eine risikofreie Umgebung zu bieten,<br />

wird es gefährlich. Unter dieser Sicherheitsparanoia<br />

leidet heute wahrscheinlich<br />

die Entwicklung der kindlichen Potenziale<br />

am meisten.“<br />

Einen Auszug aus der Einleitung von<br />

Furedis Buch, das in England einen<br />

Pädagogenstreit entfachte, und weitere<br />

Artikel zum Thema gibt es in der<br />

NOVO-Printausgabe.<br />

Detaillierte Buch-Informationen<br />

sind zu finden unter<br />

www. novo-magazin.de/<br />

buecher.htm#elternparanoia.<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

27


Tipps + Termine<br />

Bildungsverlag EINS ruft Spendenaktion ins Leben<br />

Mit einer Spendenaktion zum Verkauf<br />

des aktuellen Sonderheftes „Terrorismus“<br />

unterstützt der Bildungsverlag<br />

EINS die Afghanistan-Flüchtlinge.<br />

Vom Verkaufspreis jeden Heftes<br />

fließt ein EURO direkt an die<br />

Kindernothilfe e.V. - Flüchtlingshilfe<br />

Afghanistan.<br />

Der Bildungsverlag EINS will damit<br />

direkte Hilfe vor Ort in Afghanistan<br />

ermöglichen. Die Spenden fließen in<br />

Sofortmaßnahmen wie die Beschaffung<br />

von Grundnahrungsmitteln,<br />

medizinischer Versorgung, Zelte für<br />

Lernen im Schullandheim<br />

Zu einer Fachtagung mit dem Thema<br />

„Die Schule der Zukunft braucht<br />

das Lernen im Schullandheim“ lädt<br />

der Verband Deutscher Schullandheime<br />

e.V. in Zusammenarbeit mit<br />

dem Landesverband der Schullandheime<br />

in Hessen e.V. und der Stiftung<br />

Frankfurter Schullandheim<br />

Wegscheide vom 23. bis 26. Mai<br />

2002 ins Schullandheim Wegschei-<br />

Schulpädagogik kompakt<br />

Ein neuartiger Zugang zum pädagogischen<br />

Basiswissen: 100 zentrale<br />

Fragen werden in dem neuen Band<br />

„Schulpädagogik kompakt. Prüfungsvorbereitung<br />

auf den Punkt<br />

gebracht“ von Rolf Arnold und Henning<br />

Pätzold jeweils auf einer Dop-<br />

23. Pfingsttreffen schwuler Lehrer<br />

Wie jedes Jahr treffen sich schwule<br />

Lehrer, die im Schuldienst, in der<br />

Ausbildung, die arbeitslos oder im<br />

Ruhestand sind, im Waldschlösschen<br />

bei Göttingen. Im persönlichen<br />

Gespräch und in vorbereitenden<br />

Arbeitsgruppen wollen wir unsere<br />

Erfahrungen austauschen, uns auseinandersetzen<br />

mit unseren Lebens-<br />

Notunterkünfte oder warme Decken<br />

und Kleidung für die Flüchtlinge.<br />

Das Sonderheft „Terrorismus - Der<br />

Krieg des 21. Jahrhunderts?“ aus<br />

dem Bildungsverlag EINS richtet<br />

sich an Lehrkräfte, SchülerInnen von<br />

allgemeinbildenden und beruflichen<br />

Schulen. Es soll dazu beitragen, die<br />

Diskussion über den Terrorismus,<br />

die in vielen Schulen geführt wird,<br />

zu versachlichen - immer unter Berücksichtigung<br />

von Ursachen und<br />

Auswirkungen des internationalen<br />

Terrorismus. Das Heft kostet 7,80<br />

und Arbeitsbedingungen.<br />

Folgende Arbeits- und Gesprächsgruppen<br />

sind vorgesehen:<br />

• Schwule Identität im Schuldienst<br />

• Selbsterfahrung im Gespräch und<br />

in Übungen<br />

• Spannungsverhältnis zwischen<br />

schwulen Lehrern und den SchülerInnen<br />

Euro und kann bestellt werden bei<br />

www. Bildungsverlag1.de<br />

Der Bildungsverlag EINS ist der<br />

Zusammenschluss der Verlage Gehlen,<br />

Kieser und Stam mit Sitz in<br />

Troisdorf bei Köln und ist marktführend<br />

im Bereich der beruflichen Bildung.<br />

Das Angebot umfasst Lehrwerke<br />

und Unterrichtsmaterialien<br />

für die berufliche Aus- und Weiterbildung.<br />

Ergänzt wird das Programm<br />

durch multimediale Lernsoftware<br />

und Online-Angebote.<br />

pm<br />

de bei Bad Orb/Spessart ein.<br />

Die Tagung möchte neue Konzepte<br />

zur Diskussion stellen, von praktischen<br />

Erfahrungen und Ergebnissen<br />

berichten und einige Ansätze in<br />

Workshops erproben. Der Einstieg<br />

erfolgt am Freitag im Plenum mit<br />

einigen grundlegenden Ausführungen<br />

von Prof. Dr. Peter Struck zum<br />

Tagungsthema.<br />

Das Tagungsprogramm und die Anmeldung<br />

für diese Fachtagung sind<br />

im Internet zu finden unter:<br />

www.fachtagung.schullandheim.de<br />

Exemplare des Tagungsprogramms<br />

können beim Bundesverband angefordert<br />

werden: Verband Deutscher<br />

Schullandheime e.V., Pädagogische<br />

Arbeitsstelle, Mendelssohnstr. 86,<br />

22761 Hamburg<br />

Tel: 040 / 890 15 41, Fax: 040 / 89<br />

86 39<br />

pm<br />

pelseite prägnant beantwortet. Die<br />

linke Seite präsentiert stets eine verbale<br />

Kurzdarstellung des Themas, die<br />

rechte bietet eine grafische Veranschaulichung<br />

oder Ergänzung. Dazu<br />

kommen Lern- und Reflexionsfragen<br />

sowie zu jeder Frage grundlegende<br />

und weiterführende Literaturangaben.<br />

Das Buch eignet sich ausgezeichnet<br />

zur Prüfungsvorbereitung oder<br />

auch als aktuelles und handliches<br />

Nachschlagewerk.<br />

Rolf Arnold, Henning Pätzold: Schulpädagogik<br />

kompakt. Prüfungsvorbereitung<br />

auf den Punkt gebracht. Berlin:<br />

Cornelsen Verlag Scriptor, 2002.<br />

216 S., 12,73 EUR<br />

• Homosexualität nicht nur im Biologieunterricht<br />

• Initiativen in der <strong>GEW</strong><br />

Termin: 17. Mai (Anreise) bis 20.<br />

Mai 2002. Telefonische Anmeldung<br />

und Auskunft: (0 55 92) 9277-0,<br />

FAX (05592) 9277-77, e-mail:<br />

info@waldschloesschen.org<br />

www.waldschloesschen.org<br />

Akademie Waldschlösschen e.V.,<br />

37130 Reinhausen bei Göttingen<br />

Noch Plätze bei Türkeireise ben touristischen Zielen interessante<br />

Auf eine Bildungsreise der <strong>GEW</strong> in den<br />

Herbstferien (28.9.02 - 12.10.02) in<br />

die Türkei unter Leitung von Mehmet<br />

Kilic hatte die <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> in der<br />

Ausgabe 1-2/02 auf S. 25 hingewiesen.<br />

Dieses attraktive Angebot, das ne-<br />

Kontakte bietet, ist noch nicht ausgebucht.<br />

Anmeldeschluss für die Reise, die<br />

ca. 800 EURO kostet, ist allerdings<br />

schon bald, nämlich am 15. Mai<br />

2002. Das nächste Vorbereitungstreffen<br />

findet am Freitag, dem 07. Juni,<br />

um 19.30 im Gasthaus Efes, Magister-<br />

Faust-Gasse, 55545 Bad Kreuznach,<br />

statt.<br />

Anmeldungen: Mehmet Kilic, Bretzenheimer<br />

Str. 63, 55545 Bad<br />

Kreuznach, Tel./Fax.: 0671/44009,<br />

eMail: MehmetKil@aol.com red.<br />

28 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


Kreis + Region<br />

Kreis Neuwied<br />

Macht Schule krank ?<br />

Macht Schule krank? Unter diesem bewusst provokant gewählten<br />

Titel hatte die <strong>GEW</strong> Neuwied zu einer Veranstaltung ins Heimathaus<br />

Neuwied eingeladen, an die sich eine Mitgliederversammlung<br />

anschloss.<br />

Nachdem der Bildungswissenschaftler Otto Herz den Termin kurzfristig<br />

absagen musste, konnte als Referentin die Schulleiterin der<br />

Gesamtschule Essen-Holsterhausen, Frau Margarete Rasfeld, gewonnen<br />

werden.<br />

Kollegin Rasfeld berichtete über das Konzept an ihrer Schule im<br />

Rahmen der AGENDA 21. Sie erläuterte, wie durch veränderte<br />

Stundenplangestaltung, Projektarbeit, Mitverantwortung der SchülerInnen<br />

am Schulkonzept, Mitarbeit der Eltern sowie der Bereitstellung<br />

personeller Ressourcen durch das Bildungsministerium<br />

Schule entlastend gestaltet werden kann.<br />

Die positive Überzeugungskraft, mit der die Referentin ihre Arbeitsweise<br />

darlegte, ließ bei den Zuhörern Mut und Hoffnung für<br />

die eigene tägliche Praxis aufkommen.<br />

In der sich anschließenden Mitgliederversammlung fanden die<br />

Vorstandswahlen mit folgenden Ergebnissen statt:<br />

1. Vors. Kollege W. Heckmann, 2. Vors. Kollege R. Thelen, Rechner<br />

Kollege J. Jaenisch. Zu Rechnungsprüfern wurden KollegInnen<br />

Frankhäuser und Hohmann gewählt. Für die Fachgruppen<br />

wurden folgende Vorsitzende gewählt: Berufsbild. Schulen H.<br />

Bäumner, Grundschule R. Jakobi, Gymnasium H. Maxeiner, Sonderschulen<br />

R. Thelen, FG Senioren A. Seim.<br />

Ralph Thelen<br />

Kreis Worms-Alzey-Frankenthal<br />

Von wilden Kerlen und stillen Wassern<br />

In Zusammenarbeit mit dem Pädagogischen Zentrum (PZ) Alzey<br />

führte der Kreisverband Worms-Alzey-Frankenthal erneut eine<br />

hochinteressante Fortbildungsveranstaltung im Ausdrucksspiel<br />

(Jeux Dramatiques) durch.<br />

„Ich bin der Max!“, sagt eine Sonderschullehrerin in Felle gehüllt<br />

und das Gesicht dick geschminkt, „und ich möchte Krach machen<br />

und zu den wilden Kerlen reisen und so richtig mit denen<br />

toben“. Eine Frau ganz in grün ist ein Baum und möchte langsam<br />

an die Decke von Max’ Kinderzimmer wachsen und dabei das<br />

Zimmer in einen Wald verwandeln. Und dann sind da noch die<br />

wilden Kerle, verwegen verkleidet und mit dem Wunsch nach ordentlich<br />

Zoff und Rabatz. Mehr in die Stille zieht es das personifizierte<br />

Meer und das Schiff, das Max auf seiner Reise begleiten<br />

und schützen möchte.<br />

Die meisten der TeilnehmerInnen tauchen zum ersten Mal ein in<br />

die Welt der Jeux und sind gleich nach einer einstimmenden Fantasiereise<br />

verzaubert vom Reiz der bereitgestellten Koffer und Taschen<br />

mit farbigen Tüchern, Stoffen verschiedenster Materialien,<br />

Fellen, Hüten und Helmen und natürlich von der Schminke.<br />

Im Jeu wird keine vorgegebene Rolle gespielt, sondern jede/r SpielerIn<br />

erlebt ihre/seine persönlich gewählte. Dies kann eine Person,<br />

eine Naturerscheinung (Tag, Nacht, Sonne etc.), ein Gefühl (Trauer,<br />

Freude, Geborgenheit) oder sonst etwas sein, womit sich die/der<br />

Spielende identifizieren kann. Jeux sind demnach eine Methode<br />

der Selbsterfahrung und -entfaltung, gerade weil die Vielschichtigkeit<br />

der eigenen Persönlichkeit entdeckt (gespielt) werden kann.<br />

Neben dem eigenen Erleben wird auch der Einsatz im Unterricht<br />

reflektiert. Besonders geeignet ist diese Methode für die Fachbereiche<br />

Deutsch und Religion in Grund- oder Sonderschulen aber<br />

auch in der Orientierungsstufe und in Arbeitsgemeinschaften.<br />

Weiter Infos zu „Jeux Dramatiques“ unter www.jeux.de oder 07243-<br />

28655 (AG Ausdrucksspiel) oder bei Christian Diehl (Autor) unter<br />

06242-901573.<br />

Werner Breuder (PZ-Alzey)<br />

Kreis Worms-Alzey-Frankenthal<br />

Erfolgreiche Aufbauschulung<br />

Nahezu 30 örtliche Personalräte aller Schularten nahmen an der<br />

Aufbauschulung des Kreises Worms-Alzey-Frankenthal teil. Themen<br />

der ganztägigen Veranstaltung waren aktuelle Informationen,<br />

so zum Beispiel zur Änderung der Altersteilzeitregelung, Fragen<br />

der Beurlaubung, aber selbstverständlich auch Themen um die<br />

rechtlichen Bedingungen der Personalratsarbeit.<br />

Unter der Leitung von Alexander Witt referierte Sybilla Hoffmann<br />

über das umfängliche Tätigkeitsfeld eines Schulpersonalrats im<br />

Verlauf eines Schuljahres. In handlungsorientierter Weise wurde<br />

der so genannte „Jahresarbeitsplan“ eines Personalrats erarbeitet<br />

und vertieft. Nicht wenige der anwesenden ÖPR brachte bereits<br />

dieser Auftakt mächtig ins Staunen.<br />

Helmut Thyssen wies die Personalräte anschließend - exemplarisch<br />

aufgezeigt am Thema des Vierteljahresgesprächs - in die Bedeutung<br />

von Kommentierungen zum LPersVG ein.<br />

Jörg Pfeiffer erläuterte die Grundstruktur der Personalplanung an<br />

den Schulen, aufgezeigt am Beispiel des Vorläufigen Gliederungsplans<br />

aus den GHS/RegS. Hingewiesen wurde dabei sowohl auf<br />

die positiven Veränderungen, die der BPR bei der Ausgestaltung<br />

der aktuellen Pläne erreichen konnte, als auch auf die zwingende<br />

Erörterung der Pläne mit dem ÖPR, die auf jedem Blatt einzeln<br />

vom ÖPR schriftlich bestätigt werden muss, bevor der Plan an die<br />

ADD rückgemeldet wird<br />

Die sich an die Veranstaltung anschließende Fragestunde (ein<br />

Novum im Kreisverband) bot dann die Möglichkeit, auf aktuelle<br />

ÖPR-Fragen vertiefende Einzelberatungen zu erhalten. Auch dabei<br />

zeigte sich, dass zahlreiche Schulleitungen den ÖPR (immer)<br />

noch als ein ungeliebtes Verhinderungsgremium eigener Spontaneität<br />

ansehen. Leider haben diese die vom Gesetzgeber gewollte<br />

Möglichkeit kollegialer und nicht hierarchischer Zusammenarbeit<br />

nicht erkannt. Deswegen lädt die <strong>GEW</strong> ausdrücklich auch die<br />

Schulleitungen immer zu ihren Veranstaltungen ein.<br />

WB/jöpf<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

29


<strong>GEW</strong>-Intern<br />

Unser Ehrenvorsitzender wird 80!<br />

Ernst Ranzenberger feiert am 26. Mai 2002 Geburtstag!<br />

Wer kennt ihn nicht, den engagierten<br />

Kollegen, der auch<br />

heute noch mit wachem Auge<br />

das Geschehen in der <strong>GEW</strong> begleitet<br />

und in allen Landesvorstandssitzungen<br />

fundierte Redebeiträge<br />

hält? Wer schätzt<br />

nicht seine Kompetenz in<br />

Haushaltsfragen der Landesregierung?<br />

Wer möchte freiwillig<br />

auf seine kritische Begleitung<br />

der Bildungspolitik in<br />

Rheinland-Pfalz verzichten?<br />

Lange Jahre war Ernst Ranzenberger<br />

stellvertretender Landesvorsitzender<br />

(1977 - 1986) und<br />

hat sich auch nach seiner Pensionierung<br />

noch aktiv als<br />

Schriftführer in den Dienst des<br />

Landesverbandes gestellt (1986<br />

- 1992). Neben weiteren Funktionen<br />

in der <strong>GEW</strong> (Leiter der<br />

Schulpolitischen Landesstelle<br />

von 1964 - 1966, Leiter der<br />

Landespressestelle von 1970 bis<br />

1977) engagierte sich Ernst in<br />

der Personalratsarbeit, der<br />

Kommunalpolitik und natürlich<br />

in seiner Schule in Mainz-<br />

Bretzenheim. Noch heute ist er<br />

Schriftführer im <strong>GEW</strong> Kreis<br />

Mainz-Bingen.<br />

schafts- und Bildungs-politik!<br />

Aber auch deine Menschlichkeit,<br />

deine Freundlichkeit, der immer<br />

richtige Ton - auch in schwierigen<br />

innergewerkschaftlichen<br />

Auseinandersetzungen - hilft<br />

uns an Klippen vorbei, die wir<br />

sonst nicht so einfach umschiffen<br />

könnten.<br />

Wir, der Landesverband und die<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

der Geschäftsstellen, gratulieren<br />

dir ganz herzlich zu diesem<br />

schönen runden Geburtstag.<br />

Wir wünschen dir, dass du auch<br />

in dem neuen Lebensjahrzehnt<br />

Zeit und Muße findest - und<br />

deine Gesundheit weiterhin gut<br />

mitspielt -, deine Reisetätigkeit<br />

(besonders in deiner zweiten<br />

Heimat Schweden) fortzusetzen.<br />

Wir wünschen uns, dass du uns<br />

noch lange mit deinem Detailwissen<br />

in Haushaltsfragen - aber<br />

auch in allen anderen gewerkschafts-<br />

und bildungspolitischen<br />

Feldern - zur Verfügung stehst.<br />

Wir brauchen dich als aktiven<br />

Ehrenvorsitzenden der <strong>GEW</strong>!<br />

Lieber Ernst,<br />

wir schätzen an dir deine Gradlinigkeit,<br />

deine Beharrlichkeit<br />

in der Sache und dein aktives<br />

Engagement in der Gewerk-<br />

30 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002


<strong>GEW</strong>-Intern<br />

Gratulation<br />

für einen<br />

wichtigen<br />

<strong>GEW</strong>-Weggefährten<br />

Lieber Ernst,<br />

meine Freude, dir zum 80. Geburtstag<br />

gratulieren zu können,<br />

ist mehr als groß und zugleich<br />

bestimmt von den Erinnerungen an einen langen gemeinsamen<br />

Weg gewerkschaftlichen und bildungspolitischen Engagements.<br />

Ich glaube, alle rheinland-pfälzischen <strong>GEW</strong>-Mitglieder freuen sich<br />

mit mir und wünschen dir Gesundheit, Lebensfreude, weiterhin<br />

möglichst intensive Teilhabe am (bildungs-)politischen Alltagsgeschehen<br />

und wünschen dir auch zukünftig Streitfrische und Freude<br />

am Diskurs, dich immer wieder mal einzumischen in die <strong>GEW</strong>-<br />

Debatten um die bildungspolitischen Leitziele und gewerkschaftlichen<br />

Forderungen.<br />

Lieber Ernst,<br />

ich glaube unser jahrelanges kollegiales Miteinander war - neben<br />

dem über das Kollegiale hinaus gehenden Gelingen unseres persönlichen<br />

Umgangs - gerade die Übereinstimmung über die inhaltlich<br />

nicht trennbaren zwei Säulen gewerkschaftlicher Arbeit:<br />

dem Kampf um die demokratische Schule, dem Kampf um Chancengleichheit<br />

für alle Kinder dieser immer divergierender werdenden<br />

Gesellschaft, der auch nach PISA mit unveränderter Energie<br />

weitergeführt werden muss, und dem Kampf um die Verbesserung<br />

für die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in allen Bildungseinrichtungen.<br />

In dieser Zielsetzung waren wir uns auch schon vor meiner damaligen<br />

ersten turbulenten Wahl zum Landesvorsitzenden einig. Erst<br />

recht aber dann mit der Arbeitsaufnahme als Vorsitzender, als du<br />

mit Mut machend in der Geschäftsstelle gegenübergesessen und<br />

mir deine Unterstützung zugesichert hattest.<br />

„Du schaffst das schon“, so deine Zusicherung und Aufforderung,<br />

die deutlich machten, dass wir gemeinsam die unterschiedlichen<br />

Flügel und die verschiedenen Generationen der <strong>GEW</strong> zusammenführen<br />

und zusammenhalten wollten, um die <strong>GEW</strong> schlagkräftig<br />

für alle <strong>GEW</strong>-Mitglieder als identitätsstiftende Organisation erhalten<br />

und weiterentwickeln zu können.<br />

Mir scheint, deine damalige Integrationsbereitschaft und Integrationskraft,<br />

dich auch uns Jüngeren zuzuwenden, die in den frühen<br />

80er Jahren endlich die <strong>GEW</strong>-Politik mitbestimmen und mitentscheiden<br />

wollten, ist eine Leistung für den gesamten <strong>GEW</strong>-Landesverband<br />

gewesen, die auch aus heutiger Sicht gar nicht hoch<br />

genug eingeschätzt werden kann.<br />

Verbindung zu mir nicht gekappt hast, nachdem ich damals mit<br />

Rose Götte ins erste sozialdemokratisch geführte Bildungsministerium<br />

dieses Bundeslandes wechselte.<br />

Wir blieben im Gespräch, deine Kritik blieb für mich immer nachvollziehbar<br />

und oft habe ich auch dort Zuspruch von dir erfahren.<br />

Lieber Ernst,<br />

begleite mich weiterhin, begleite deine <strong>GEW</strong>, von der du auch mit<br />

80 sicher noch immer nicht lassen kannst und willst, auch wenn<br />

du deine Kräfte bestimmt vorsichtiger dosieren musst.<br />

Wir sind froh, dass es dich gibt, deshalb kann mein abschließender<br />

Wunsch nur sein: Bleibe noch lange bei Kräften, habe noch<br />

lange Freude am Leben, Freude an deiner Familie, an deiner <strong>GEW</strong><br />

und vielleicht manchmal auch an der Bildungspolitik.<br />

Sei umarmt und herzlichst mit den besten Wünschen gegrüßt,<br />

dein Frieder<br />

Die Redaktion<br />

der <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong><br />

und die<br />

MitarbeiterInnen des Verlages<br />

schließen sich den Gratulationen<br />

herzlichst an.<br />

Studienreisen / Klassenfahrten<br />

8-Tage-Busreise z.B. nach<br />

WIEN ÜF 192,-- €<br />

BUDAPEST ÜF 192,-- €<br />

LONDON ÜF 254,-- €<br />

PRAG ÜF 199,-- €<br />

PARIS ÜF 224,-- €<br />

ROM ÜF 238,-- €<br />

10-Tage-Busreise z.B. nach<br />

SÜDENGLAND Ü 213,-- €<br />

TOSKANA Ü 202,-- €<br />

SÜDFRANKREICH Ü 230,-- €<br />

(Unterbringung in<br />

Selbstversorgerunterkünften)<br />

Alle Ausflugsfahrten inklusive.<br />

Flug- und Bahnanreise sowie andere Ziele (z.B. Ferienparks<br />

in den Niederlanden oder Belgien) auf Anfrage möglich!<br />

REISEBÜRO KRAUSE GMBH · MÜNSTERSTR. 55a · 44534 LÜNEN<br />

TELEFON (0 23 06) 7 57 55-0 · FAX (0 23 06) 7 57 55-49<br />

Ernst,<br />

du warst vielleicht der wichtigste gewerkschaftliche Begleiter für<br />

mich während meiner Vorsitzendentätigkeit und du bist dies sicher<br />

auch für viele andere damals jüngere <strong>GEW</strong>-Vorständler auf<br />

Kreis-, Bezirks und Landesebene gewesen.<br />

Dafür nochmals herzlichen Dank, aber auch dafür, dass du die<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5 /2002<br />

31


<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz<br />

Beilage zur E&W<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />

E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />

Schulgeist<br />

Als Opa noch Lehrer war …<br />

- 8. Schj. : 5 Kinder: 4 Kinder lesen<br />

fast befriedigend, 1 mangelhaft.<br />

Früher war eh alles besser:<br />

Die Lehrer sorgten noch für<br />

Disziplin und forderten<br />

Leistung. Die Schüler lernten<br />

noch besser und waren<br />

leistungsbereit. Die Industrie<br />

und das Handwerk<br />

mussten sich nicht über<br />

mangelhafte Lese- Rechtschreib-<br />

und Mathematikpardon,<br />

Rechenleistungen<br />

beklagen. Und außerdem<br />

gab es noch keine Pisa-Studie,<br />

die das Gegenteil hätte<br />

beweisen können.<br />

Aber Leistungen wurden auch damals<br />

überprüft. Mir liegt da so ein vierzig<br />

Jahre alter „Revisionsbericht“ vor, der<br />

minutiös festhält, was die Kinder dieser<br />

Schule leisteten.<br />

Da dieser Bericht schon so alt ist, beurteilte<br />

er die Leistungen von heute<br />

MittvierzigerInnen bis MittfünfzigerInnen,<br />

also genau der Generation, die<br />

sich heute am lautesten über das miese<br />

Abschneiden der deutschen SchülerInnen<br />

in der Pisa- Studie erregt.<br />

Wenn damals der Schulrat kam - es<br />

waren wirklich alles Männer - dann<br />

zitterten SchülerInnen und LehrerInnen<br />

gemeinsam. Die Kinder, die damals<br />

meist sehr schüchtern und gehemmt<br />

waren, wenn eine fremde Person<br />

mit im Schulsaal war, die KollegInnen,<br />

weil von den erbrachten Schülerleistungen<br />

letztendlich die Benotung<br />

ihrer Beurteilung abhing.<br />

Der mir vorliegende Revisionsbericht<br />

stammt aus einer einklassigen Volksschule<br />

aus dem nördlichen Bereich von<br />

Rheinland-Pfalz. Für die jungen KollegInnen:<br />

Das waren die ach so idyllischen<br />

„Zwergschulen“, die meist neben<br />

der Kirche im Dorf standen und alle<br />

Jahrgänge von der ersten bis zur 8.<br />

Klasse (9 Pflichtschuljahre gab`s noch<br />

nicht) im gleichen Klassenzimmer versammelte.<br />

Eine einzige Lehrkraft versuchte<br />

etwa 20 bis 30 Kindern zwischen<br />

sechs und vierzehn Jahren mit<br />

den gesamten geistigen Gütern unserer<br />

Kulturnation vertraut zu machen. Das<br />

war meist schwierig bis aussichtslos, da<br />

die Kinder und ihre Eltern „Schule“ als<br />

eine lästige staatliche Pflichtveranstaltung<br />

betrachteten, die nur von der eigentlichen<br />

Arbeit - Hilfe auf dem elterlichen<br />

Hof - abhielt.<br />

25 Kinder gingen in die genannte<br />

Zwergschule, aus der der Revisionsbericht<br />

stammt, 8 Kinder waren es in der<br />

„Unterstufe“ (Klassen 1 bis 4) und 17<br />

in der Oberstufe (Klassen 5 bis 8).<br />

Der vorliegende Bericht sagt über die<br />

Leseleistung:<br />

- 2. Schj.: 1 Kind: Kann Text nur auswendig<br />

aufsagen. Erkennt nur Wörter<br />

aus der Fibel des 1. Schuljahres.<br />

- 3. Schj.: 3 Kinder: Eines fehlt, 1 Kind<br />

kann kein Wort selbständig lesen, 1<br />

Kind liest stockend, aber ohne jede<br />

Sinnerfassung.<br />

- 4. Schj.: 2 Kinder: 1 Kind kann einen<br />

bekannten Text lesen, 1 Kind kann<br />

nur kurze Wörter „die, der “ lesen „wo“<br />

und „wie“ aber nicht.<br />

Fazit für die Unterstufe (ohne erstes<br />

Schj.): Von 5 Kindern kann nur<br />

eines lesen und das nur einen bekannten<br />

Text! Also 80 Prozent der SchülerInnen<br />

sind trotz Schule AnalphabetInnen!<br />

- 5. Schj.: 5 Kinder: 1 Kind liest gar<br />

nicht, 2 Kinder lesen mangelhaft, 2<br />

Kinder ausreichend.<br />

- 6. Schj. : 3 Kinder: Sie lesen alle sehr<br />

mäßig.<br />

- 7. Schj. : 3 Kinder: 1 mangelhaft, 2<br />

ausreichend.<br />

Kurz und knackig<br />

Blamage für die <strong>GEW</strong>: „Das 21. Jahrhundert<br />

muss ein Jahr der Bildung<br />

werden!“, so lautete der Titel eines Antrags<br />

der <strong>GEW</strong> für den DGB-Bundeskongress<br />

Ende Mai in Berlin. PISA lässt<br />

grüßen.<br />

Professur für den Staatssekretär: Von<br />

der Uni Gießen zum Honorarprofessor<br />

ernannt wurde Dr. Hofmann-Göttig.<br />

Die <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> gratuliert und beruhigt<br />

ihre LeserInnen: Eine Honorarprofessur<br />

bringt zwar viel Ehr‘, aber<br />

Fazit für die Oberstufe: Von 16<br />

SchülerInnen lesen 8 Kinder gar nicht<br />

oder mangelhaft oder sehr mäßig. Das<br />

heißt 50 Prozent erbringen noch nicht<br />

einmal ausreichende Leseleistungen.<br />

Der überprüfende Schulrat stellte fest :<br />

„Das Ergebnis war so deprimierend...“<br />

Er lastet dies jedoch nicht dem unterrichtenden<br />

jungen Lehrer an, denn dieser<br />

war erst seit vier Monaten an dieser<br />

Schule. „Es kommt hinzu, daß der<br />

Begabungsstand der unteren Jahrgänge<br />

sehr schwach ist“. Zur Abhilfe rät<br />

er: „Lehrer S. wurde beauftragt, ganz<br />

systematisch die Kulturtechniken (Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen) zu fördern,<br />

unter Kürzung der Sach- oder/ und ggf.<br />

der musischen Erziehung“.<br />

Als Heilmittel gegen die schlechten Leistungen<br />

fiel dem überprüfenden Schulrat<br />

exakt das ein, was vierzig Jahre später<br />

wieder als Rezept gegen die durch<br />

die Pisa-Studie nachgewiesenen Defizite<br />

gefordert wird: Pauken der Kulturtechniken.<br />

Na, schlauer als damals<br />

scheinen gewisse Lobbyistengruppen<br />

immer noch nicht geworden zu sein.<br />

Um auf den Anfang der Geschichte<br />

zurückzukommen: Früher war also<br />

doch nicht alles besser! Aber die subjektive<br />

Rückschau der heute Vierzig- bis<br />

Fünfzigjährigen, man war jung, voller<br />

Schwung und voller Hoffnung, verklärt<br />

eben den Blick zurück.<br />

Ursel Karch<br />

kein zusätzliches Honorar zum bescheidenen<br />

Staatssekretärs-Salär.<br />

Erpressung durch Arbeitgeber: Mit einem<br />

landesweiten Ausbildungsboykott<br />

droht der Landesinnungsverband des<br />

Tischler-/Schreinerhandwerks, falls die<br />

derzeitige Anzahl der Unterrichtsstunden<br />

in der Berufsschule von 1280 wieder<br />

auf die eigentlich vorgesehenen<br />

1440 angehoben werden sollte. Die<br />

<strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> wird in der nächsten<br />

Ausgabe genauer darüber berichten und<br />

ist schon jetzt gespannt auf die Reaktion<br />

der Landesregierung. gh<br />

32 <strong>GEW</strong>-<strong>Zeitung</strong> Rheinland-Pfalz 5/2002

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