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Andreas Symank - FEG Zürich-Helvetiaplatz

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gesagt. Warum nicht? Weil es sich ohne weiteres aus dem Zusammenhang erschließen lässt.<br />

Im Deutschen wüsste man zwar auch, wen Jesus berührt, und trotzdem muss man das<br />

Akkusativ-Objekt ausdrücklich erwähnen. Die deutsche Syntax verlangt das; andernfalls wäre<br />

der Satz nicht vollständig.<br />

Wir befassen uns mit dem, was zwischen den Zeilen steht. Den ersten Bereich haben wir uns<br />

angesehen.<br />

Der zweite Bereich: Informationen, die den<br />

Zuhörern/Lesern bereits bekannt sind<br />

18<br />

Versetzen wir uns einmal in einen Sonntagmorgen-Gottesdienst am <strong>Helvetiaplatz</strong>.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Einer von den Ältesten macht die Abkündigungen: „Unser Prediger, Herr Birnstiel,<br />

ist ab morgen für 3 Tage an einer Konferenz. In dringenden Fällen wenden Sie<br />

sich bitte an …“<br />

Derselbe Älteste am nächsten Tag zu einem Gemeindeglied, das nicht im<br />

Gottesdienst war: „Haben Sie es mitbekommen? Herr Birnstiel ist für 3 Tage<br />

verreist.“ [„Unser Prediger“ wäre überflüssig; es gehört ja zum gemeinsamen<br />

Wissenspool. Es wäre nicht nur überflüssig, sondern störend. Das Gemeindeglied<br />

würde stutzig werden: Warum sagt er das? Er muss doch wissen, dass ich den<br />

Prediger dieser Gemeinde kenne! Oder will er mir damit einen versteckten<br />

Hinweis zukommen lassen? Aber welchen nur? Merken Sie: Die Zufügung wäre<br />

sachlich korrekt, und trotzdem wäre sie kontraproduktiv.]<br />

Wieder einen Tag später trifft er sich mit einem anderen Ältesten: „Du weißt, Jürg<br />

ist zur Zeit an der Konferenz.“ [Der Nachname wäre deplaziert, schließlich duzen<br />

sich die beiden Ältesten und der Prediger.]<br />

Am Abend dieses Tages führt er ein Telefongespräch mit einem Pfarrer in<br />

Österreich, der über mangelnde Fortbildungsmöglichkeiten klagt. Darauf der<br />

Älteste: „Unser Prediger besucht immer wieder mal eine Schulungs-Konferenz.“<br />

[Der Name ist unnötig, ihn ausdrücklich zu nennen wäre eine Überinformation.]<br />

Also: Je nach Adressat nimmt der Sprecher kleine, aber wichtige Änderungen in der<br />

Bezeichnung der betreffenden Person vor. Die Referenz ist jedes Mal dieselbe, aber die<br />

formalen Änderungen sind nötig, um eine sinnvolle Kommunikation zu gewährleisten und<br />

Störfaktoren auszuschalten. Die Gesprächspartner richten sich dabei (ihnen selbst meist gar<br />

nicht bewusst) nach der „Quantitätsmaxime“: Man sagt das, was zum Verständnis der Sache<br />

nötig ist, mehr nicht. Würde man Erklärungen liefern, die dem Gegenüber bereits bekannt<br />

sind, wäre das keine Verständnishilfe, sondern ein Anlass zu Verwirrung.<br />

Beim Bibelübersetzen ist es meist so, dass die Erstleser oder Ersthörer uns gegenüber einen<br />

Wissensvorsprung hatten. Jesus und die Apostel lebten vor 2000 Jahren im Mittelmeerraum.<br />

Die Sitten und Bräuche, von denen sie sprachen, die Städte und Ortschaften, die sie<br />

erwähnten, die politischen Ereignisse, auf die anspielten – das alles war den Menschen<br />

damals bekannt; es war Teil ihrer eigenen Lebenswelt. Viele Informationen konnten daher<br />

implizit bleiben. Heute dagegen muss man diese Infos explizit machen, weil wir in einem<br />

anderen Land, zu einer anderen Zeit und in einer anderen Kultur leben.<br />

Explizieren kommt aus dem Lateinischen und<br />

heißt ursprünglich „auseinanderfalten“. Etwas<br />

steckt sozusagen in den Falten des Gewandes.<br />

Es ist da, aber nur implizit. Man sieht es nicht,<br />

es sei denn, jemand holt es aus den Falten<br />

explizieren = sichtbar machen /<br />

ausdrücklich sagen<br />

implizieren = verstecken /<br />

nicht ausdrücklich sagen

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