Kurbelwelle unter Wasser - Verein Diesel Motoren Winterthur, VDMW
Kurbelwelle unter Wasser - Verein Diesel Motoren Winterthur, VDMW
Kurbelwelle unter Wasser - Verein Diesel Motoren Winterthur, VDMW
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Aus der <strong>Diesel</strong>geschichten-Sammlung der <strong>Diesel</strong>pensionierten <strong>Winterthur</strong><br />
<strong>Kurbelwelle</strong> <strong>unter</strong> <strong>Wasser</strong><br />
Eine <strong>Diesel</strong>geschichte geschrieben von Alois Waser im 2012<br />
Während meiner langjährigen Tätigkeit als Shipping Expert, früher bei Sulzer,<br />
dann bei New Sulzer <strong>Diesel</strong> und schliesslich bei Wärtsilä, hatte ich bezüglich<br />
Grosstransporte, auch von Schiffsdiesel- und stationären <strong>Motoren</strong>, vieles erlebt<br />
und mit Hilfe sowie tatkräftiger Unterstützung von Spediteuren, Reedereien,<br />
Reedereivertretungen, Versicherungsgesellschaften oft scheinbar hoffnungslose<br />
Situationen zur Zufriedenheit aller Beteiligten überwunden.<br />
In diesem Beitrag möchte ich ein einmaliges, aussergewöhnliches Ereignis aus dem Jahre 1995<br />
näher beleuchten. Das ist mir möglich, weil ich die damals archivierten Akten noch genau an<br />
dem Ort vorfand, wohin ich sie vor Jahren persönlich platziert hatte.<br />
Im ersten Semester 1995 hatte NSDCH 3 <strong>Kurbelwelle</strong>n - für zwei 6RTA72U-<strong>Motoren</strong> und für<br />
einen 8RTA84C Motor - nach monatelangen Überholungsarbeiten bei Bremer Vulkan mit einem<br />
Kümo (Küstenmotorschiff) an die Stocznia Werft nach Gdynia zu verschiffen. Diese Wellen sollten<br />
in Gdynia in dort gelagerte <strong>Diesel</strong>motoren eingebaut werden, welche für drei im Bau befindliche<br />
Containerschiffe bestimmt waren. Alle drei <strong>Kurbelwelle</strong>n (2 x 120 Tonnen und 1 x 190<br />
Tonnen) mussten auf das Untermass der Hub- und Hauptlagerzapfen geschält und geschliffen<br />
werden. Ursprünglich war geplant, alle zusammen, mit einem einzigen Schiff zum Versand zu<br />
bringen, doch hatte sich die Bereitstellung der dritten <strong>Kurbelwelle</strong> erneut verzögert. Heinrich<br />
Schneider ordnete an, die Verschiffung über die Reederei Hermann Dauelsberg, Bremen, abzuwickeln,<br />
da diese den Seetransport kostengünstiger anbot als der dänische Spediteur Bendix.<br />
Für alle Wellen zusammen hätten sich die Frachtkosten auf DEM 40‘000 belaufen. Nachdem<br />
aber die dritte <strong>Kurbelwelle</strong> (6RTA72U) noch nicht fertig repariert war, forderte die Reederei<br />
denselben Betrag für nur zwei Wellen, und auch diese konnten erst nach zähen und langwierigen<br />
Verhandlungen zwischen Bremer Vulkan, Gdynia Werft, unserem Projektleiter Hans Rüegg,<br />
Direktor Heinrich Schneider und nach der Eröffnung eines Akkreditivs zur Verschiffung<br />
freigegeben werden. In Betracht zu ziehen war zudem, dass das Kümo wegen eingeschränkter<br />
Löschungsmöglichkeiten in Gdynia eine Länge von 60 Metern nicht überschreiten durfte. Der<br />
Transport konnte schliesslich mit M/V “Anita“ (Flagge Antigua) am 10. Januar 1995 ab Bremen,<br />
mit Ankunft in Gdynia am 12. Januar 1995, ohne Zwischenfälle ausgeführt werden.<br />
Die Bereitstellung der dritten <strong>Kurbelwelle</strong> bei BV verzögerte sich zum Leidwesen aller bis in den<br />
Mai 1995 hinein. Nach aufwändigen Abklärungen und Vorbereitungen wurde schliesslich, wieder<br />
über Hermann Dauelsberg, ein geeignetes Küstenmotorschiff ausfindig gemacht. Die M/V<br />
“Sinus“ (294 BRZ – Bruttoraumzahl, 700 MT DWCC, Baujahr 1966) erhielt den Auftrag, die letzte<br />
<strong>Kurbelwelle</strong> am 11. Mai bei BV in Bremen zu laden und spätestens am 13. Mai in Gdynia zu<br />
löschen. Dieses Schiff hatte eine Länge von 55 m, eine Breite von 9.30 m, einen Draft von 3.30<br />
m und war in Antigua & Barbuda, West Indies, registriert. Die Frachtrate konnte bei Hermann<br />
Dauelsberg auf eine „Lumpsum“ (Pauschale) von DEM 36‘500 reduziert werden. Unsere Zahlung<br />
musste jedoch im Voraus erfolgen. Die Firma erhielt von uns die Auflage, die Ladung in<br />
Gdynia erst zu löschen, wenn wir im Besitz der verlangten Bankgarantie waren. Man glaubte<br />
und hoffte nun, dass allen vorgängigen Vorbereitungen zum Trotz, die mit beträchtlicher Verspätung<br />
fertig gestellte <strong>Kurbelwelle</strong> schliesslich planmässig in Gdynia zur Verfügung stehen<br />
würde. Weit gefehlt, völlig unerwartet und jenseits jeglicher Vorstellungskraft wurden wir mit einem<br />
ausserordentlichen Zwischenfall konfrontiert. Die Verschiffung mit M/V “Sinus“ wurde in<br />
der Nacht vom 11. zum 12. Mai 1995 für uns alle zu einem Wirklichkeit gewordenen Alptraum.<br />
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Der Hamburger Reedereikapitän der M/V “Sinus“, Fred T. (56), kollidierte in der Nacht zum Freitag,<br />
12. Mai 1995, um 23:45 Uhr, auf der Elbe in der Fahrrinne vor Brunsbüttel, vor der Einfahrt<br />
zum Nord-Ostsee-Kanal, mit dem Frachtschiff M/S “Scotfield“ (1952 BRZ). Dieser Zusammenstoss<br />
verursachte am Rumpf der M/V “Sinus“ ein massives Loch, was zur Folge hatte, dass<br />
diese langsam versank. Der Kapitän, deren Steuermann sowie zwei Matrosen wurden wenige<br />
Minuten nach dem Vorfall vom Lotsenversetzboot “Kapitän Lührs“ gerettet und an Bord genommen.<br />
Es dauerte mehr als eine Stunde, bis der Frachter auf dem Meeresgrund stand. Taucher<br />
konnten glücklicherweise keine Schieflage des Schiffs feststellen, was hoffen liess, dass<br />
Fixierung und Lashing (Anbindung) der <strong>Kurbelwelle</strong> Stand hielten und keine Verschiebung und<br />
kein Umkippen derselben zu befürchten war. Die beiden Schlepper “Hermes“ und “Parat“ der<br />
Lütgens + Reimers in Brunsbüttel versuchten bis nach Mitternacht, die gesunkene “Sinus“ in<br />
Ufernähe zu schleppen. Die Crew schaffte es bei gespenstischer Dunkelheit gerade noch, das<br />
Wrack, in welchem noch die Lichter an Bord brannten, an den Fahrrinnenrand zu bugsieren.<br />
Die Untergangsstelle wurde mit Bojen markiert. Vom Schiff in 12 Metern Tiefe ragte nur noch<br />
der Sendemast aus dem <strong>Wasser</strong>. Die “Sinus“ hatte nebst der 120 Tonnen schweren <strong>Kurbelwelle</strong><br />
noch 20‘000 Liter Gasöl und 900 Liter Schmieröl geladen. Die am Zusammenstoss beteiligte<br />
M/V “Scotland“, welche mit einer Ladung Schrott nach El Ferrol, Spanien, <strong>unter</strong>wegs war, erhielt<br />
vorerst ein Weiterfahrverbot und musste vor Anker gehen. Erst gegen 4 Uhr in der Frühe<br />
durfte sie die Weiterreise antreten.<br />
Der Kapitän und Eigner der “Sinus“ lebte seit 1984 auf seinem Schiff (Baujahr 1966). In<br />
Wandsbek war er zwar polizeilich gemeldet, dort aber seit Jahren nicht mehr aufgetaucht. Er<br />
hatte alle Kontakte zu seinen Familienangehörigen in Hamburg vor Jahren abgebrochen. Seine<br />
Frau lebte in Dänemark. Der Reedereikapitän wurde am 12. Mai 1995 mehrere Stunden lang in<br />
Brunsbüttel von der <strong>Wasser</strong>polizei Cuxhaven vernommen. Es kam dabei heraus, dass Fred T.,<br />
der seit Bremen auf der Brücke gestanden hatte, übermüdet war.<br />
Es war zum damaligen Zeitpunkt noch unklar, bis wann das Wrack aus der Fahrrinne gehoben<br />
werden konnte. Vom geladenen Gas- und Schmieröl ging derzeit aber keine Gefahr für die<br />
Umwelt aus. Der Schiffsverkehr auf der Unterelbe wurde von der <strong>Wasser</strong>schutzpolizei um die<br />
Unglücksstelle geleitet.<br />
Sowohl für NSDCH als auch für die Gdynia Werft war diese Situation ein Horror. Einerseits waren<br />
die BV-er bereits mit der Fertigbearbeitung der <strong>Kurbelwelle</strong> stark in Verzug geraten und andererseits<br />
wurde die Ablieferung derselben seit Wochen dringend erwartet. In dieser peinlichen<br />
Lage kam man auf die Idee, wenigstens die <strong>Kurbelwelle</strong> sofort zu bergen, zu reinigen und neu<br />
zu tectylisieren (Rostschutz). Das Schiffswrack könnte auf Meeresgrund belassen werden, da<br />
eine Reparatur höchstwahrscheinlich nicht mehr in Frage kam. Dieser Lösungsvorschlag wurde<br />
von den zuständigen Hafenbehörden rundweg abgewiesen. Es durfte nicht nur die <strong>Kurbelwelle</strong><br />
allein hochgehievt werden. Schiff und Ladung seien aus dieser misslichen Lage zu befreien,<br />
oder dann sei das Schiffswrack samt Ladung von der jetzigen Stelle abzuziehen und im tieferen<br />
Meer zu versenken. Als Notlösung unseres Problems wäre noch die sofortige Lieferung einer in<br />
Korea verfügbaren <strong>Kurbelwelle</strong> gleichen Typs in Frage gekommen. Doch bis diese nach Polen<br />
geliefert würde, wären auch wieder Wochen vergangen. Also wurde dieser Gedanke als untauglich<br />
fallen gelassen.<br />
Nun war guter Rat wirklich teuer. Man kam überein, Schiff und Ladung zu heben und mit zwei<br />
Schwimmkränen bei Ebbe nach Cuxhaven zu schleppen. Bei diesem Vorhaben sollte besonders<br />
darauf geachtet werden, dass die <strong>Kurbelwelle</strong> die ganze Strecke <strong>unter</strong> <strong>Wasser</strong> gehalten<br />
wurde, um bei Kontakt mit der Luft zusätzliche Korrosion zu vermeiden. In Cuxhaven sollte das<br />
Wrack solange liegen bleiben, bis die Versicherungsfrage geklärt war. Die Bergung hatte sich<br />
zunächst verzögert, weil sich das Vorschiff der “Sinus“ in der Morgenfrühe <strong>unter</strong> einem der beiden<br />
Schwimmkränen verklemmt hatte. Dies hatte zur Folge, dass die Bergungscrew das nächste<br />
Stauwasser – die strömungsarmen 30 Minuten zwischen Ebbe und Flut – abwarten musste.<br />
Den Tauchern blieb nur ½ Stunde Zeit, um die Trosse richtig um den Wrackrumpf zu legen,<br />
denn vor- und nachher wäre es für diese wegen der starken Strömung viel zu gefährlich gewesen.<br />
Zwei Schwimmkräne der Bugsier-, Reederei und Bergungs-GmbH., “Taklift IV“ (400 Ton-<br />
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nen) und “Thor“ (500 Tonnen) und vier Schlepper waren nötig, um die „Sinus“ endlich aus rund<br />
zwölf Metern Tiefe ans Tageslicht zu hieven. Um 12 Uhr war es soweit: Mit dem Wrack am Haken<br />
zog der Schleppzug in Richtung Cuxhaven. Das Problem: Mittlerweile hatte die Flut eingesetzt,<br />
der Zug musste gegen das auflaufende <strong>Wasser</strong> schleppen. Die nächste Stauwasserphase,<br />
die für das Einlaufen in den Amerika-Hafen nötig war, lag zwischen 15:30 und 16 Uhr. Ein<br />
Sprecher im <strong>Wasser</strong>- und Schifffahrtsamt Cuxhaven vermutete jedoch, dass dies bis dann nicht<br />
zu schaffen wäre.<br />
Sofern es die Wetterlage erlaubte, wurde die gesamte Arbeitsdauer für die Bergung des Wracks<br />
auf 5 Tage geschätzt. Der gesunkene Unglücksfrachter „Sinus“ war dann tatsächlich nach 5<br />
Tagen und 11 Stunden harter Arbeit, sogar bei extrem schlechten Wetterbedingungen (starker<br />
Sturm und sehr starke Strömung), wieder oben am Tageslicht. Am 17. Mai 1995, Mittagszeit,<br />
stand das Wrack in Cuxhaven zur Verfügung. Die <strong>Kurbelwelle</strong> musste einer sofortigen Reinigung,<br />
Trocknung und Tectylisierung <strong>unter</strong>zogen werden. Danach sollte diese auf einer Barge<br />
(Lastkahn) unverzüglich zu Barthels & Lüders nach Hamburg transportiert werden, mit Ankunft<br />
noch am selben Abend. Dort musste die <strong>Kurbelwelle</strong> gründlich und fachmännisch konserviert<br />
und für die Inspektion bereitgestellt werden. Für diese Überholungsarbeiten wurden mindestens<br />
4 Tage veranschlagt, doch leider war erneut eine unvorhersehbare Verzögerung eingetreten,<br />
sodass der Transport mit dem Küstenmotorschiff “Annemarie“ (Shelterdecker, 700 MT Deadweight,<br />
Länge 58 m, Beam 9.60 m, Flagge Antigua) mit einigen Wochen Verspätung, erst am<br />
10. Juni 1995 erfolgen konnte. Ausserdem musste vorher noch von der Gdynia Werft die schriftliche<br />
Bestätigung abgewartet werden, dass diese den Akkreditivbetrag trotz dieser Havarie ohne<br />
jeglichen Vorbehalt bezahlen werde. Die Ankunft des Schiffes in Gdynia erfolgte schliesslich<br />
am Montag, 12. Juni 1995, 15:00 Uhr.<br />
Die komplizierte transporttechnische Abwicklung mit den vielen unerwarteten Zwischenfällen<br />
hatte aber noch eine aufreibende rechtliche bzw. versicherungstechnische Kehrseite. Als ersten<br />
Schritt hatten wir am Unglückstag unverzüglich unsere “Basler“ Versicherungsgesellschaft über<br />
das Ereignis informiert. Der Versicherungswert der <strong>Kurbelwelle</strong> belief sich auf CHF 911‘000. Die<br />
“Basler“ Versicherung nahm mit ihrem Havariekommissär F. Reck & Co. GmbH., Bremen, Kontakt<br />
auf und veranlasste, dass dieser vor Ort eine Schadenaufnahme protokollieren solle. Von<br />
der “Basler“ selbst war auch ein Schadensachbearbeiter zur Unglücksstelle gereist. Unsere<br />
Vertretung in Hamburg, Karberg & Schmitz GmbH. & Co., beauftrage Axel Jacob als Koordinator<br />
für die Bergung und Weiterleitung der <strong>Kurbelwelle</strong>. Die Harms Bergung GmbH. wurde gebeten,<br />
das gesunkene Schiff <strong>unter</strong> keinen Umständen einfach abzuziehen und zu versenken, da<br />
noch sehr grosse Hoffnung bestand, die <strong>Kurbelwelle</strong> “heil“ zu bergen. Man sprach sogar von<br />
der Möglichkeit, dass irgendwelche Piraten das komplette Wrack kaufen und bergen könnten,<br />
um die <strong>Kurbelwelle</strong> danach NSDCH zu hohem Preis zum Rückkauf anzubieten. Ohne das Beisein<br />
des Havariekommissärs durfte jedoch nichts <strong>unter</strong>nommen werden. Karberg & Schmitz<br />
erhielt von NSDCH eine Zeichnung, woraus die Anschlagpunkte der <strong>Kurbelwelle</strong> genau ersichtlich<br />
waren. Von Seiten der NSDCH waren auch die beiden Service Engineers Hanspeter Göldi<br />
und Peter Rehder zugegen, um bei der Bergung bzw. Löschung der <strong>Kurbelwelle</strong> dabei zu sein<br />
und die notwendigen Vorkehrungen zur Schadensbegrenzung sofort anzuordnen.<br />
Die Bugsier-, Reederei- & Bergungs GmbH. forderte für die Bergung des Schiffswracks und für<br />
das Bugsieren nach Cuxhaven zur Mützelfeldt Werft und das Absetzen der <strong>Kurbelwelle</strong> auf einen<br />
Ponton oder angewiesenen Platz einen Pauschalpreis von DEM 500‘000. Die Zahlung dieser<br />
Summe war spätestens beim Ablad der <strong>Kurbelwelle</strong> in Cuxhaven fällig. Die Praxis in solchen<br />
Fällen ist die, dass je die Hälfte der Bergungskosten zu Lasten von Schiff und Ladung<br />
bzw. deren Versicherungsgesellschaft geht. Unsere Vertretung in Hamburg, Karberg & Schmitz,<br />
hatte den Betrag von DEM 250‘000 einstweilen in unserem Auftrag verauslagt. Unser Anteil belief<br />
sich schliesslich sogar auf DEM 300‘000, welcher uns von der “Basler“ separat vergütet<br />
wurde.<br />
In Cuxhaven war noch mit weiteren, umfangreichen Folgekosten zu rechnen, wie Auslad der<br />
<strong>Kurbelwelle</strong>, Verbringen auf einen Ponton und Weiterleitung nach Hamburg, Auslad in Hamburg<br />
etc. Für die Konservierung der <strong>Kurbelwelle</strong> mussten 2 Correx-Experten nach Hamburg beordert<br />
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werden. Ebenfalls war es erforderlich, einen Transport des Correx-Materials und Spezialwerkzeugkisten<br />
zu veranlassen. Gdynia Werft stellte noch gewisse Anforderungen, die bei der Instandstellung<br />
der <strong>Kurbelwelle</strong> berücksichtigt werden mussten. Nebst den oben erwähnten die<br />
<strong>Kurbelwelle</strong> betreffenden Ausgaben hatten wir, bzw. die Versicherungsgesellschaft, noch mit<br />
Kosten für den Arbeitsaufwand aller aufgebotenen Spezialisten von NSDCH und der Vertretung<br />
in Hamburg zu rechnen. Eine erste Entschädigung von DEM 350‘890 überwies uns die „“Basler“<br />
am 23. Juni 1995.<br />
Die Gdynia Werft bzw. die Reederei machte wegen des aus diesem Schadenfall entstandenen<br />
Minderwertes der <strong>Kurbelwelle</strong> nach zähen Verhandlungen einen Preisnachlass von CHF<br />
200‘000 geltend. Dieser Mangel musste im German Lloyd - Zertifikat vermerkt werden, was bei<br />
einem Wiederverkauf des Schiffes mit Bestimmtheit eine Einbusse zur Folge haben würde.<br />
Auch diese Summe musste bei der “Basler“ angemeldet und gefordert werden. Nach umfangreichem<br />
Briefwechsel und unzähligen Telefongesprächen mit Karberg & Schmitz, der “Basler“<br />
Versicherung und den übrigen involvierten Stellen, wurde von der Versicherung eine zweite<br />
Zahlung von insgesamt DEM 172‘557 anerkannt. Die “Parteikosten“, Personalaufwand von<br />
Karberg & Schmitz, Gdynia Werft, NSD Hamburg, NSDCH sowie der beanspruchte Minderwert<br />
der <strong>Kurbelwelle</strong> von CHF 200‘000 waren in der Versicherungsdeckung nicht eingeschlossen<br />
und mussten folglich von uns selbst getragen werden. Aus Kulanzgründen und ohne Präjudiz<br />
für künftige Fälle war die “Basler“ schliesslich doch bereit, 50% der Parteikosten von Karberg &<br />
Schmitz, NSD Hamburg und NSDCH sowie einen Teil des Minderwertes der <strong>Kurbelwelle</strong> auf<br />
freiwilliger Basis zu übernehmen. Schliesslich wurden wir dann anfangs Oktober 1995 nochmals<br />
mit DEM 155‘483 und CHF 88‘042 entschädigt. Am 6. September 1995 wurde dieser<br />
Schadenfall <strong>unter</strong> Beisein des zuständigen Sachbearbeiters der “Basler“ Versicherung in unserem<br />
Hause als abgeschlossen und endgültig erledigt erklärt.<br />
Nach all den aufreibenden und zeitraubenden Interventionen, Korrespondenzen und Telefonaten<br />
etc. mit den involvierten Parteien fand diese Odyssee doch noch ein den Umständen entsprechend<br />
“glückliches“ Ende. Meine Anstrengungen und mein intensiver Arbeitseinsatz bei der<br />
Behandlung und der Beilegung dieses wirklich aussergewöhnlichen Schadenfalles hatten sich<br />
offensichtlich gelohnt und zu einem zufriedenstellenden Abschluss geführt.<br />
Nachfolgend im Anhang noch ein Bergungsprotokoll, Dokumente und Fotos aus dem „Hamburger<br />
Abendblatt“.<br />
Der Verfasser Alois Waser, Jahrgang 1941, lernte ab 1957 bei der damaligen Speditionsfirma Danzas & Co. AG.,<br />
Kreuzlingen, Speditionskaufmann und Zolldeklarant. Im Frühling 1962 trat er bei der SLM in <strong>Winterthur</strong> eine Stelle<br />
in der Speditionsabteilung an und ab 1964 war er 2 Jahre lang bei der dänischen Speditionsfirma Paul Lehmann<br />
A/S, Kopenhagen, als Speditionsmitarbeiter tätig, wo er die dänische Sprache mündlich und schriftlich beherrschen<br />
musste. Diese hatte er sich bereits vorgängig angeeignet. Nach einem einjährigen Einsatz ab 1966 bei der kanadischen<br />
Firma Polysar SA. in Fribourg wurde er bei Gebrüder Sulzer, als Speditionssachbearbeiter in der Überseegruppe<br />
Nord- und Südamerika angestellt. Er bildete sich im Laufe der Jahre zum Spezialisten und Ansprechpartner<br />
z.B. für Gefahrguttransporte ab allen schweizerischen Sulzer-Werken aus.<br />
1992 trat er zur New Sulzer <strong>Diesel</strong> AG über und baute als Speditionsleiter eine Speditionsabteilung auf, entwickelte<br />
sich zum “Shipping Expert“ für die ganze Firma und war vor allem auch für die Abteilung <strong>Motoren</strong>verkauf im Einsatz.<br />
Für die Schiffsmotoren ab unseren Lizenznehmern waren geeignete Verschiffungsmöglichkeiten zu finden<br />
und abzuwickeln. Dank seinen guten Beziehungen zu verschiedenen europäischen Speditionsfirmen gelang ihm<br />
dies in den meisten Fällen. Aus dem gleichen Grund wurde er vielfach in europäischen Häfen als Überwacher beim<br />
Verlad von <strong>Motoren</strong> eingesetzt. Zu dieser Tätigkeit gehörte auch, die benötigten Dokumente zu beschaffen und<br />
sicherzustellen, dass mit den Gütern sachgemäss umgegangen wurde und Transportschadenfälle mit den Versicherungsgesellschaften<br />
geregelt werden konnten.<br />
Im Herbst 2003 wurde er pensioniert. Seither ist er fast vollamtlicher Opa von fünf Enkelkindern. Nebenbei begann<br />
er die schwierige finnische Sprache zu erlernen. Er findet, dass man sie leider nicht mit anderen westeuropäischen<br />
Sprachen vergleichen und in Zusammenhang bringen kann.<br />
PDW-DG11: Alois Waser - <strong>Kurbelwelle</strong> <strong>unter</strong> <strong>Wasser</strong> -1. Ausgabe 01.11. 2012<br />
DPW-DG11 - 4 -<br />
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Die MS „Sinus“ ist in der Nacht zum Freitag nach einer Kollision in der Elbe vor Brunsbüttel gesunken.<br />
MS „Sinus“ nach Kollision gesunken - Kapitän schuld?<br />
Bergung zwischen Ebbe und Flut<br />
Der erste Bergungsversuch wurde im Morgengrauen abgebrochen. Hier kommt die Kommandobrücke zum Vorschein.<br />
„Sinus“ in Amerika-Hafen geschleppt<br />
DPW-DG11 - 5 -<br />
November 2012
Blubb! Da ist sie wieder<br />
Geschafft! Der gesunkene Unglücksfrachter „Sinus“ (299 BRT) ist wieder oben. Drei Tage hatte sich die Bergung<br />
verzögert: Sturm, zu viel Strömung. Gestern hoben zwei gewaltige Schwimmkräne das Wrack vom 15 Meter tiefen<br />
Grund der Elbe bei Brunsbüttel.<br />
Das dramatische Bergungs-Protokoll:<br />
5:10 Uhr: Die Sonne geht auf. Taucher haben Stahltrossen <strong>unter</strong> den Rumpf gezogen.<br />
5:15 Uhr: Eine Flotte von Bergungsschiffen; die Schwimmkräne „Thor“ (500 t), „Taklift“ (400 t). Ebbe hat eingesetzt.<br />
Zum Heben brauchen die Männer eigentlich Stauwasser.<br />
5:42 Uhr: Bergungsleiter Horst Kaulen (57) von der Hamburger Firma Harms befiehlt trotzdem: „Los, hievt an!“<br />
<strong>Motoren</strong> rotzen <strong>Diesel</strong>russ, mächtige Winschen an den Kranauslegern knirschen.<br />
6:00 Uhr: Blubb, blubb. Die „Sinus“ hebt sich, das Radar am Mast taucht auf. Dann der dunkelblaue Schornstein.<br />
6:07 Uhr Endlich der Vormast. Zu spät: die „Sinus“ kommt Heck voran nach oben, schlimme Schieflage.<br />
6:12 Uhr: Die Brücke taucht auf. Luke weg, Geländer verbogen. Scheiben kaputt. Innen stapeln sich Stühle, Tische.<br />
6:26 Uhr: Die Schwimmkräne sind zu dicht über dem Wrack. Kaulen brüllt: „Vergessen wir’s. Alles auf Null, bis zum<br />
nächsten Stauwasser!“ Sechs Stunden Wartezeit.<br />
11:07 Uhr: Die <strong>Diesel</strong> knurren, die Winschen hieven wieder.<br />
11:19 Uhr: Blubb, blubb. Der Bug der „Sinus“ taucht auf. Steuerbords fehlt ein Stück Bordwand: Hier ist die „Scotfield“<br />
(1952 BRT) reingekracht.<br />
11:29 Uhr: Das Deck! Verrutschte Ladeluken. Ob die eine Mio. Mark teure <strong>Kurbelwelle</strong> im Laderaum noch heil ist?<br />
Axel Jacob (56) vom Schiffsmotoren-Hersteller ‚New Sulzer <strong>Diesel</strong>‘: „Die <strong>Kurbelwelle</strong> ist dreimal so viel<br />
wert wie die, Sinus‘, wir brauchen sie dringend für ein Containerschiff“.<br />
12:13 Uhr: Schlepper ziehen Kräne und Wrack Richtung Cuxhaven.<br />
13:30 Uhr: Neuer Ärger: Gegen die Tide kommt das Gespann kaum voran.<br />
17:32 Uhr: Zeitplan gekippt. Noch eine Nachtschicht für die Männer der Schwimmkräne.<br />
Mehr als 600‘000 Mark hat die Hebung gekostet. Was aus der „Sinus“ wird? Axel Jacob: „Wahrscheinlich wird der<br />
alte Kahn verschrottet“.<br />
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November 2012
DPW-DG11 - 8 -<br />
November 2012