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in Schach gehalten hatte, und in den großen Druckereien<br />

waren die Dinger buchstäblich unter die Räder geraten.<br />

Aber in diesen alten, komischen Matrizen-Druckern –<br />

Himmel, ich hab sogar noch so ein Ding im Büchersaal<br />

rumzustehen, weil mein Mann es zum Kernstück eines<br />

kleinen Fan-Museums innerhalb der Sammlung machen<br />

wollte! Ich kratzte einen Rest Farbe von der Walze (im<br />

Nu waren meine Finger schwarz – irgendwie sind diese<br />

Drucker immer schmierig), und unter dem Mikroskop<br />

sah ich diese runden Dingerchen, aber alle inaktiv.<br />

Spiritus – vielleicht war das die Lösung. Winzige Spuren<br />

mochten immer noch in der Farbe enthalten sein<br />

und die Monsterchen dazu verurteilen, still in ihren<br />

Eiern sitzen zu bleiben. Aber wenn dieses kleine bisschen<br />

Spiritus verdunstet, schlüpfen sie und vermehren sich in<br />

rasender Eile.<br />

Ich machte die Probe aufs Exempel. Da ich keinen Spiritus<br />

griffbereit hatte, nahm ich die Flasche mit 80prozentigem,<br />

die ein Gast mal im Gemüsefach meines Kühlschranks<br />

vergessen hat (er behauptete steif und fest, er<br />

bräuchte das Zeug bloß zum Zähneputzen). Das Ergebnis<br />

war eindeutig: Ein kleiner Hauch Alkohol, und schon<br />

schrumpften die Monster in sich zusammen und fielen<br />

zurück in ihren inaktiven Zustand.<br />

Damit ist bewiesen: Alles halb so schlimm – den großen<br />

Seuchen-Alarm können wir uns wirklich sparen. Modernen<br />

Toner rühren sie sowieso nicht an, und auch bei<br />

den Farben sind sie wählerisch. Ich habe in aller Eile alle<br />

möglichen Bücher und Hefte durchgeblättert (mir natürlich<br />

vorher gründlichst die Hände gewaschen und mit<br />

Alkohol abgerieben) – alles paletti. Sie sind nur in den<br />

Fanzines zugange, und auch dort nur in den ganz alten,<br />

wahrscheinlich nur in einer einzigen Farbmischung<br />

– sicher ein ganz besonders billiges Fabrikat, denn Fanzine-Macher<br />

jener Zeit mussten sparsam sein.<br />

Ich habe keine Ahnung, warum sie ausgerechnet in<br />

meiner Sammlung so aktiv sind. Auflösungserscheinungen<br />

bei den alten Spiritus-Umdruck-Fanzines haben wir<br />

schon früher beobachtet, aber wir dachten immer, das<br />

hätte was mit falscher Lagerung zu tun, mit dem Alter<br />

und der oft erbärmlichen Qualität des Papiers. Manchmal<br />

war es, als sei die Schrift einfach auf der darüberliegenden<br />

Seite kleben geblieben – lauter so komische Sachen.<br />

Eines lässt sich mit absoluter Sicherheit sagen: Mein<br />

Mann war ein absoluter Antialkoholiker. Wenn es einen<br />

Menschen gibt, der (zumindest in den letzten 28 Jahren)<br />

niemals eine Fahne hatte, dann war er das. Ich war früher<br />

nicht so abstinent. Und ich habe gequalmt wie ein Schlot.<br />

Vielleicht hat das alles zusammen die komischen kleinen<br />

Kerle in Schach gehalten. Aber jetzt, hier in Buckau, haben<br />

sie seit über sechs Jahren keinen noch so schwachen Hauch<br />

Alkohol oder Spiritus mehr erwischt. Nicht mal entsprechende<br />

Reinigungsmittel verwende ich, weil ich gegen<br />

das Zeug allergisch bin (was für ein Schicksal!)<br />

Und da sind sie eben aufgewacht.<br />

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das auch anderswo<br />

passiert. Irgendein bisschen Zeug kommt immer mal ins<br />

Spiel und sei’s auch bloß vom Fensterputzen. Trotzdem:<br />

Lieber Kurt, bringe bitte diesen Bericht irgendwie unter<br />

die Leute, speziell unter die Sammler, ganz speziell unter<br />

jene Sammler, die alte Fanzines besitzen.<br />

Mein ernster Rat an alle: Behaucht sie gelegentlich mit<br />

Alkohol oder ihr werdet eines Tages euer blaues Wunder<br />

erleben!<br />

Danke im Voraus, tschüss und alles Gute<br />

deine Marianne<br />

Soweit, so gut. Kurt S. Denkena ist selbst noch im Besitz eines<br />

solchen alten Druckers, weiß sogar über den Verbleib einiger<br />

Flaschen Druckerfarbe zu berichten. Da seine Fanzinesammlung<br />

aber nach seinen eigenen Worten offenbar in noch chaotischerem<br />

Zustand ist als meine, bedarf es einer größeren<br />

Expedition, um festzustellen, ob ein Befall vorliegt oder<br />

nicht. Er hat meinen Brief an René Moreau übergeben, der<br />

ihn in seinem nächsten EXODUS (ein Fanzine) samt einem<br />

Kurzbericht von KSD abdrucken wird. Vielleicht liegen ja inzwischen<br />

auch schon weitere Erfahrungsberichte anderer<br />

Sammler und Fanzinebesitzer vor. Wer noch Spiritus-Umdruck-Sachen<br />

dazuliegen hat (z. B. alte Schülerzeitungen)<br />

und auffällige Veränderungen an ihnen beobachtet, sollte einem<br />

von uns schreiben, damit René in EXODUS schon einen<br />

möglichst umfassenden Bericht geben kann. Weitere Informationen<br />

erscheinen je nach Bedarf und Dringlichkeit auch<br />

hier oder in Kurts SFN (noch ’n Fanzine). Informationen<br />

bitte an:<br />

• Kurt S. Denkena, IKUB-ksdenkena@t-online.de<br />

• René Moreau, MoreauReneDN@aol.com<br />

• Marianne Sydow, villagalactica@yahoo.de<br />

Tja, wer weiß, wo die kleinen Biester sonst noch so zugange<br />

sind. Ich gehe mal davon aus, dass man alle wichtigen Regierungsunterlagen<br />

längst digitalisiert hat …<br />

Nachtrag<br />

10.09.2006, Kurt Kobler (K.Kobler@freenet.de, Herausgeber<br />

eines wunderbaren K.-H.-Scheer-Gedächtnisbandes; Näheres<br />

dazu unter www.terranischer-club-eden.com) schreibt:<br />

Hallo Marianne, heute war ich endlich auf deiner Seite<br />

und habe mir auch die gruselige Story angesehen. Ich ha-<br />

No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 40

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