72 dpi - p.machinery
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in Schach gehalten hatte, und in den großen Druckereien<br />
waren die Dinger buchstäblich unter die Räder geraten.<br />
Aber in diesen alten, komischen Matrizen-Druckern –<br />
Himmel, ich hab sogar noch so ein Ding im Büchersaal<br />
rumzustehen, weil mein Mann es zum Kernstück eines<br />
kleinen Fan-Museums innerhalb der Sammlung machen<br />
wollte! Ich kratzte einen Rest Farbe von der Walze (im<br />
Nu waren meine Finger schwarz – irgendwie sind diese<br />
Drucker immer schmierig), und unter dem Mikroskop<br />
sah ich diese runden Dingerchen, aber alle inaktiv.<br />
Spiritus – vielleicht war das die Lösung. Winzige Spuren<br />
mochten immer noch in der Farbe enthalten sein<br />
und die Monsterchen dazu verurteilen, still in ihren<br />
Eiern sitzen zu bleiben. Aber wenn dieses kleine bisschen<br />
Spiritus verdunstet, schlüpfen sie und vermehren sich in<br />
rasender Eile.<br />
Ich machte die Probe aufs Exempel. Da ich keinen Spiritus<br />
griffbereit hatte, nahm ich die Flasche mit 80prozentigem,<br />
die ein Gast mal im Gemüsefach meines Kühlschranks<br />
vergessen hat (er behauptete steif und fest, er<br />
bräuchte das Zeug bloß zum Zähneputzen). Das Ergebnis<br />
war eindeutig: Ein kleiner Hauch Alkohol, und schon<br />
schrumpften die Monster in sich zusammen und fielen<br />
zurück in ihren inaktiven Zustand.<br />
Damit ist bewiesen: Alles halb so schlimm – den großen<br />
Seuchen-Alarm können wir uns wirklich sparen. Modernen<br />
Toner rühren sie sowieso nicht an, und auch bei<br />
den Farben sind sie wählerisch. Ich habe in aller Eile alle<br />
möglichen Bücher und Hefte durchgeblättert (mir natürlich<br />
vorher gründlichst die Hände gewaschen und mit<br />
Alkohol abgerieben) – alles paletti. Sie sind nur in den<br />
Fanzines zugange, und auch dort nur in den ganz alten,<br />
wahrscheinlich nur in einer einzigen Farbmischung<br />
– sicher ein ganz besonders billiges Fabrikat, denn Fanzine-Macher<br />
jener Zeit mussten sparsam sein.<br />
Ich habe keine Ahnung, warum sie ausgerechnet in<br />
meiner Sammlung so aktiv sind. Auflösungserscheinungen<br />
bei den alten Spiritus-Umdruck-Fanzines haben wir<br />
schon früher beobachtet, aber wir dachten immer, das<br />
hätte was mit falscher Lagerung zu tun, mit dem Alter<br />
und der oft erbärmlichen Qualität des Papiers. Manchmal<br />
war es, als sei die Schrift einfach auf der darüberliegenden<br />
Seite kleben geblieben – lauter so komische Sachen.<br />
Eines lässt sich mit absoluter Sicherheit sagen: Mein<br />
Mann war ein absoluter Antialkoholiker. Wenn es einen<br />
Menschen gibt, der (zumindest in den letzten 28 Jahren)<br />
niemals eine Fahne hatte, dann war er das. Ich war früher<br />
nicht so abstinent. Und ich habe gequalmt wie ein Schlot.<br />
Vielleicht hat das alles zusammen die komischen kleinen<br />
Kerle in Schach gehalten. Aber jetzt, hier in Buckau, haben<br />
sie seit über sechs Jahren keinen noch so schwachen Hauch<br />
Alkohol oder Spiritus mehr erwischt. Nicht mal entsprechende<br />
Reinigungsmittel verwende ich, weil ich gegen<br />
das Zeug allergisch bin (was für ein Schicksal!)<br />
Und da sind sie eben aufgewacht.<br />
Es ist sehr unwahrscheinlich, dass das auch anderswo<br />
passiert. Irgendein bisschen Zeug kommt immer mal ins<br />
Spiel und sei’s auch bloß vom Fensterputzen. Trotzdem:<br />
Lieber Kurt, bringe bitte diesen Bericht irgendwie unter<br />
die Leute, speziell unter die Sammler, ganz speziell unter<br />
jene Sammler, die alte Fanzines besitzen.<br />
Mein ernster Rat an alle: Behaucht sie gelegentlich mit<br />
Alkohol oder ihr werdet eines Tages euer blaues Wunder<br />
erleben!<br />
Danke im Voraus, tschüss und alles Gute<br />
deine Marianne<br />
Soweit, so gut. Kurt S. Denkena ist selbst noch im Besitz eines<br />
solchen alten Druckers, weiß sogar über den Verbleib einiger<br />
Flaschen Druckerfarbe zu berichten. Da seine Fanzinesammlung<br />
aber nach seinen eigenen Worten offenbar in noch chaotischerem<br />
Zustand ist als meine, bedarf es einer größeren<br />
Expedition, um festzustellen, ob ein Befall vorliegt oder<br />
nicht. Er hat meinen Brief an René Moreau übergeben, der<br />
ihn in seinem nächsten EXODUS (ein Fanzine) samt einem<br />
Kurzbericht von KSD abdrucken wird. Vielleicht liegen ja inzwischen<br />
auch schon weitere Erfahrungsberichte anderer<br />
Sammler und Fanzinebesitzer vor. Wer noch Spiritus-Umdruck-Sachen<br />
dazuliegen hat (z. B. alte Schülerzeitungen)<br />
und auffällige Veränderungen an ihnen beobachtet, sollte einem<br />
von uns schreiben, damit René in EXODUS schon einen<br />
möglichst umfassenden Bericht geben kann. Weitere Informationen<br />
erscheinen je nach Bedarf und Dringlichkeit auch<br />
hier oder in Kurts SFN (noch ’n Fanzine). Informationen<br />
bitte an:<br />
• Kurt S. Denkena, IKUB-ksdenkena@t-online.de<br />
• René Moreau, MoreauReneDN@aol.com<br />
• Marianne Sydow, villagalactica@yahoo.de<br />
Tja, wer weiß, wo die kleinen Biester sonst noch so zugange<br />
sind. Ich gehe mal davon aus, dass man alle wichtigen Regierungsunterlagen<br />
längst digitalisiert hat …<br />
Nachtrag<br />
10.09.2006, Kurt Kobler (K.Kobler@freenet.de, Herausgeber<br />
eines wunderbaren K.-H.-Scheer-Gedächtnisbandes; Näheres<br />
dazu unter www.terranischer-club-eden.com) schreibt:<br />
Hallo Marianne, heute war ich endlich auf deiner Seite<br />
und habe mir auch die gruselige Story angesehen. Ich ha-<br />
No. 4 • Januar 2010 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 40