„Zwangsheirat verhindern“ Konzept für die Landeshauptstadt ... - RIS
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persönliche Gespräche. Da mit sehr unterschiedlichen Fallkonstellationen zu<br />
rechnen ist, muss das Beratungsangebot möglichst flexibel und am Bedarf<br />
orientiert sein. Gleichzeitig ist eine Begrenzung notwendig, weil <strong>die</strong> Fach- und<br />
Anlaufstelle <strong>die</strong> Ersthilfe, aber keine längerfristige Beratung leisten kann.<br />
Wenn <strong>die</strong> Lage noch nicht akut ist, können präventive Verhaltensstrategien<br />
vermittelt werden, <strong>die</strong> darauf abzielen, <strong>die</strong> Betroffenen zu stärken und ihnen<br />
Handlungsoptionen an <strong>die</strong> Hand zu geben, sich im Vorfeld zur Wehr zu setzen.<br />
Es geht immer darum, gemeinsam mit der/dem Betroffenen mögliche<br />
Entscheidungswege auszuloten, deren Konsequenzen zu beleuchten und<br />
mögliche Handlungsoptionen herauszuarbeiten. Besondere Vorsicht ist geboten,<br />
wenn Betroffene <strong>die</strong> Gefahrenlage auf Grund von massiven Ängsten und<br />
Schuldgefühlen bagatellisieren. Hier muss <strong>die</strong> Fachkraft <strong>die</strong> Situation genau<br />
beleuchten, Warnsignale ernst nehmen, auf mögliche Gefahren hinweisen<br />
und Wege aus der Zwangslage aufzeigen, ohne jedoch <strong>die</strong> Ratsuchenden<br />
abzuschrecken. Auch in der Orientierungsberatung kann es darum gehen,<br />
gegebenenfalls eine weiterführende Hilfe zu installieren und z.B. in Therapieangebote<br />
weiter zu vermitteln. Häufiges Thema in dem Kontext sind Loyalitäts-<br />
oder Ambivalenzkonflikte. Die Ambivalenz der Betroffenen führt häufig<br />
zu langwierigen Verläufen, mit vielen Weg- und Hinbewegungen zur Familie.<br />
In <strong>die</strong>sen Fällen muss häufig über einen längeren Zeitraum mit den Betroffenen<br />
unter Einbezug von stützenden Personen aus dem nahen Umfeld gearbeitet<br />
werden.<br />
• Orientierungsberatung bei bereits vollzogener Zwangsheirat<br />
Der Fokus lag bisher auf Personen, <strong>die</strong> von einer Zwangsheirat unmittelbar<br />
oder mittelfristig bedroht sind sowie auf jungen Menschen. Die Fach- und Anlaufstelle<br />
ist auch <strong>für</strong> Betroffene, <strong>die</strong> sich aus einer bestehenden Zwangsehe<br />
befreien wollen, zuständig. Es ist deshalb davon auszugehen, dass sich auch<br />
erwachsene Frauen, <strong>die</strong> sich bereits in einer Zwangsehe befinden an <strong>die</strong><br />
Fachstelle wenden. Hier liegt der Schwerpunkt primär auf der Unterstützung<br />
bei der Entscheidung, ob eine Trennung/Scheidung auch angesichts der<br />
möglichen negativen familiären Konsequenzen (Verlust, Nachstellung, Gewalt)<br />
tatsächlich gewollt und durchgeführt wird. Hierbei sind immer auch Fragen<br />
des Aufenthaltsstatus einzubeziehen. Diese Entscheidungsfindung kann<br />
einen längeren Beratungsprozess nötig machen, deshalb wird auch hier nach<br />
der Orientierungsberatung an eine geeignete Stelle im Bereich der Frauenunterstützungseinrichtungen<br />
(z.B. Frauennotruf, Frauenhilfe, SKF) weitervermittelt.<br />
Erwachsene zwangsverheiratete Männer erhalten lediglich eine telefonische<br />
Orientierungsberatung und werden sofort weitervermittelt (z.B. Psychologischer<br />
Dienst <strong>für</strong> Ausländer).<br />
2.1.2 Fachberatung<br />
Wie <strong>die</strong> Umfrage bei Münchner Institutionen ergeben hat, ist der Bedarf an<br />
Fachberatung groß. Hier geht es darum, im Einzelfall Hilfestellung durch Informationen<br />
zu Zwangsheirat, zu rechtlichen Rahmenbedingungen und möglichen<br />
Interventionen zu geben. Bei Akutfällen liegt der Fokus auf der Analyse<br />
der momentanen Gefährdungslage und der Erarbeitung nächster Handlungsschritte.<br />
In der Stu<strong>die</strong> „Zwangsverheiratung in Deutschland“ wurde erhoben,<br />
dass 52 Prozent professionelle Fachkräfte den Erstkontakt mit einer Bera-<br />
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