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Dezember - Anwaltsblatt

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AnwBl 12/2005 743<br />

Aufsätze MN<br />

Datenschutzbeauftragten bzw. bei Datenverarbeitung in<br />

kleinen Betrieben. 36 Diese Ausnahmen gelten jedoch nicht,<br />

soweit automatisierte Verarbeitungen existieren, in denen<br />

geschäftsmäßig personenbezogene Daten zum Zweck der<br />

Übermittlung gespeichert werden, § 4 d Abs. 4 Nr. 1<br />

BDSG.<br />

Der Rechtsanwalt speichert die erhobenen Daten zunächst<br />

für den eigenen Gebrauch. Hat er einen Datenschutzbeauftragten<br />

bestellt, trifft ihn die Meldepflicht in<br />

diesem Fall nicht. 37 Doch folgt der internen Speicherung<br />

eine Übermittlung, sei es an den Gegner oder an das Gericht,<br />

dann bleibt es bei der Meldepflicht.<br />

Den Inhalt der Meldung bestimmt § 4 e BDSG. Zu melden<br />

sind Daten zur Identifikation der verantwortlichen<br />

Stelle, Zweckbestimmung der Datenverarbeitung, sowie<br />

Angaben zu betroffenen Personengruppen und den diesbezüglichen<br />

Daten. Was bedeutet das für den Rechtsanwalt?<br />

Die von ihm erhobenen Daten lassen sich angesichts der<br />

Vielfältigkeit anwaltlicher Tätigkeit nur schwer konkretisieren;<br />

es dürfte ein allgemeiner Hinweis auf die Anwaltstätigkeit<br />

genügen. Weiter anzugeben sind Regelfristen für<br />

die Löschung der Daten – etwa die Aufbewahrungsfrist für<br />

Handakten gem. § 50 Abs. 2 BRAO. Zuletzt ist über eine<br />

geplante Datenübermittlung in Drittstaaten zu informieren<br />

sowie über getroffene bzw. geplante Maßnahmen zur Datensicherung.<br />

IV. Die Vorabkontrolle<br />

Eine weitere Frage ist, ob der Rechtsanwalt den Regelungen<br />

zur so genannten Vorabkontrolle unterliegt. Die Vorabkontrolle<br />

soll zum einen die Zulässigkeit der Erhebung<br />

von besonders sensiblen Daten prüfen, zum anderen klären,<br />

wie den „besonderen Risiken“ durch organisatorische Maßnahmen<br />

begegnet werden kann. 38 Sie ist nach § 4 d Abs. 5<br />

Nr. 1 BDSG dann durchzuführen, wenn eine automatisierte<br />

Verarbeitung besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten<br />

des Betroffenen aufweist. Das ist insbesondere bei der<br />

Verarbeitung „besonderer Arten personenbezogener Daten“<br />

der Fall. Sie sind in § 3 Abs. 9 BDSG definiert als Angaben<br />

über die rassische und ethnische Herkunft, politische<br />

Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen,<br />

Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.<br />

Keine Vorabkontrolle ist erforderlich, wenn Datenverarbeitung<br />

eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Einwilligung<br />

des Betroffenen zugrunde liegt oder wenn sie der Zweckbestimmung<br />

eines Vertragsverhältnisses oder vertragsähnlichen<br />

Vertrauensverhältnisses mit dem Betroffenen dient,<br />

§ 4 d Abs. 5 S. 2 BDSG.<br />

Es ist fraglich, ob der Anwalt dieser Regelung unterliegt.<br />

Der unbestimmte Rechtsbegriff des „besonderen Risikos“<br />

ist äußerst schwammig und nahezu beliebig interpretierbar.<br />

39 Angesichts der Bandbreite anwaltlicher Tätigkeit<br />

ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Anwalt solche Daten<br />

erhebt. 40 Damit bestünde zunächst die Pflicht zur Vorabkontrolle.<br />

Der Ausnahmetatbestand des § 4 d Abs. 5 S. 2 BDSG<br />

greift zumindest dann nicht, wenn Daten Dritter (etwa des<br />

Prozessgegners) erhoben werden. Eine Einwilligung wird<br />

in der Regel fehlen, ein Vertrag mit dem Dritten, dem die<br />

Erhebung dienen könnte, existiert nicht. Eine gesetzliche<br />

Verpflichtung zur Datenerhebung gibt es ebenso wenig. Es<br />

ist allerdings zu berücksichtigen, dass zahlreiche Einschränkungen<br />

des BDSG bei der Datenverarbeitung für den<br />

Rechtsanwalt nicht gelten. Er ist befugt, Informationen<br />

fremder Personen zu speichern, ohne dass es auf eine Interessenabwägung<br />

oder eine Zustimmung des Dritten ankäme.<br />

41 Dieser Fall wird von der Ausnahmevorschrift des<br />

§ 4 d Abs. 5 S. 2 BDSG jedoch nicht erfasst. Die Regelung<br />

stellt zwar auf eine gesetzliche Pflicht zur Erhebung ab,<br />

lässt aber die bloße Befugnis außer Acht. Diesem Manko<br />

kann mit einer teleologischen Ausweitung des Ausnahmetatbestands<br />

begegnet werden: Wenn schon die Pflicht zur<br />

Erhebung von Daten von der Vorabkontrolle befreit, dann<br />

muss dies erst recht bei der bloßen Befugnis dazu gelten<br />

– letztere greift ja weitaus weniger in die Rechte des Betroffenen<br />

ein. Die derzeit existierende Regelung macht jedenfalls<br />

keinen Sinn: Eine Vorabkontrolle, die lediglich<br />

prüfen würde, ob ein Anwalt auch wirklich befugt ist, besonders<br />

vertrauliche Daten zu erheben, wäre eine bloße<br />

Formalie. Die Befugnis des Rechtsanwalts zur Erhebung<br />

vertraulicher Daten ist daher den Ausnahmetatbeständen<br />

des § 4 d Abs. 5 S. 2 BDSG gleichzustellen; eine Vorabkontrolle<br />

ist folglich nicht erforderlich.<br />

V. Fazit<br />

Die im Bundesdatenschutzgesetz verankerte Datenschutzkontrolle<br />

wird dem besonderen Vertrauensverhältnis<br />

zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten nicht gerecht,<br />

welches die Grundlage jeder anwaltlichen Tätigkeit<br />

bildet und zu dem der Umgang mit sensiblen Informationen<br />

gehört. Ob das BDSG insgesamt einen zu restriktiven Umgang<br />

mit personenbezogenen Daten vorsieht, soll an dieser<br />

Stelle nicht erörtert werden. Festzuhalten ist jedenfalls,<br />

dass das enge Korsett der Datenschutzaufsicht mit den Formen<br />

anwaltlicher Beratungstätigkeit in weiten Teilen unvereinbar<br />

ist.<br />

Nicht alle der daraus resultierenden Probleme lassen<br />

sich über die Subsidiaritätsregelung des BDSG lösen. Reibungspunkte<br />

gibt es insbesondere dort, wo eine solche<br />

Nachrangigkeit aufgrund ausdrücklicher Regelungen ausgeschlossen<br />

scheint; zu nennen ist das Verhältnis des<br />

Rechts der Aufsichtsbehörde auf Dateneinsicht zur Verschwiegenheitspflicht<br />

des Rechtsanwalts. Die derzeit gebotene<br />

Lösung der verfassungskonformen Auslegung des<br />

BDSG im Lichte des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung<br />

des Mandanten kann dabei keine dauerhafte<br />

sein. An dieser Stelle ist der Gesetzgeber gefordert, den<br />

Konflikt zu entschärfen. Eine gute Möglichkeit wäre der<br />

Vorschlag, die Datenschutzaufsicht den Anwaltskammern<br />

zu übertragen.<br />

36 Vgl. § 4 d Abs. 2 und 3 BDSG.<br />

37 So auch Schneider, AnwBl 2004, 620.<br />

38 Gola/Schomerus, § 4 d, Rn. 17.<br />

39 Gola/Schomerus, § 4 d, Rn. 9.<br />

40 Schneider nennt als Beispiel arbeits- oder sozialrechtliche Fälle, Schneider,<br />

AnwBl 2004, 620 f.<br />

41 Ausführlich dazu Schöttle, 206 f.

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