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So ist die Lieb'.indd - Mörike-Gesellschaft

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Was thun, was beginnen?<br />

Das schaurige Ding,<br />

Es schnalzet da drinnen,<br />

Es legt sich im Ring.<br />

Gift muß ich haben!<br />

Hier schleicht es herum,<br />

Einigermaßen delikat <strong>ist</strong><br />

hingegen der Entstehungszu-<br />

Tut wonniglich graben<br />

sammenhang des Gedichts.<br />

<strong>Mörike</strong> schrieb es zur Hoch-<br />

Und bringt mich noch um!<br />

zeit seines Freundes, des<br />

Kompon<strong>ist</strong>en Ernst Friedrich Kauffmann;<br />

in seinem Begleitbrief vom 7. Juli 1828 heißt es dazu:<br />

„Sez es in Musik, gib Ihr am BrautMorgen [also nach der Hochzeitsnacht,<br />

<strong>die</strong> ja in jenen Zeiten durchaus ein besondere Nacht der<br />

Liebenden war] einen Kuß und frag Sie, wenn sie’s nun absingt, ob<br />

das Lied nicht, auf ein Haar, alle <strong>die</strong> Seeligkeit ausdruckt, <strong>die</strong> Sie in<br />

den ersten Tagen Eurer Liebe empfunden.“<br />

Einen Gegenpol, einen deutlichen Kontrast zum Ersten Liebeslied<br />

eines Mädchens, bildet das nächste Gedicht, in dem es freilich<br />

auch um Liebesglück und um erfüllte Liebe geht<br />

Und ein erstaunt, ein fragend Lächeln quillt<br />

Statt von den Zöpfen, <strong>die</strong><br />

Auf meinem Mund, ob mich kein Traum betrüge,<br />

der Liebessturm in Unordnung<br />

gebracht, wie in Be-<br />

Daß nun in dir, zu ewiger Genüge,<br />

gegnung <strong>ist</strong> hier vom „Lichtgesang“<br />

der Geliebten <strong>die</strong><br />

Mein kühnster Wunsch, mein einz’ger, sich erfüllt?<br />

Rede, dem der Liebende<br />

‚lauscht‘, also in sich gekehrt<br />

zuhört, unbeweglich, ohne<br />

körperliche Regung.<br />

Dass <strong>die</strong>se Geliebte das<br />

Erste Liebeslied singt, <strong>ist</strong> undenkbar<br />

– jedenfalls für<br />

den Sprecher des Gedichts,<br />

den Liebenden, der hier<br />

seine Geliebte wahrlich in<br />

den Himmel hebt.<br />

Von Tiefe dann zu Tiefen stürzt mein Sinn,<br />

Ich höre aus der Gottheit nächt’ger Ferne<br />

Die Quellen des Geschicks melodisch rauschen.<br />

Betäubt kehr’ ich den Blick nach Oben hin,<br />

Die Wahl der Form des<br />

<strong>So</strong>netts zeigt <strong>Mörike</strong>s hohes<br />

Zum Himmel auf – da lächeln alle Sterne;<br />

poetisches Bewusstsein.<br />

Er schließt an Petrarca und<br />

Ich kniee, ihrem Lichtgesang zu lauschen.<br />

den Petrarkismus an, nicht<br />

zuletzt in Nachfolge der<br />

Romantik; obgleich kaum explizit petrark<strong>ist</strong>ische Merkmale zu<br />

verzeichnen sind, wird dennoch in der Überhöhung der Geliebten,<br />

<strong>die</strong> sie ja durchaus in den Bereich des Unerreichbaren rückt, auf<br />

<strong>die</strong>se Tradition Bezug genommen.<br />

An <strong>die</strong> Geliebte<br />

Von Sexualität wird in <strong>die</strong>sem<br />

<strong>So</strong>nett nicht gesprochen;<br />

vielmehr wird <strong>die</strong> Geliebte<br />

in himmlische Höhen ge-<br />

Wenn ich, von deinem Anschaun tief gestillt,<br />

hoben und verklärt. In <strong>die</strong>ser<br />

durchaus religiös grun<strong>die</strong>r-<br />

Mich stumm an deinem heil’gen Wert vergnüge,<br />

ten Überhöhung wird sie<br />

freilich zugleich jeglicher<br />

Dann hör’ ich recht <strong>die</strong> leisen Athemzüge<br />

Körperlichkeit entkleidet.<br />

Des Engels, welcher sich in dir verhüllt.<br />

Bisher war von Liebesglück und erfüllter Liebe <strong>die</strong> Rede. Doch<br />

<strong>Mörike</strong> kennt in seiner Liebeslyrik auch <strong>die</strong> andere Seite: das<br />

Liebesleid, <strong>die</strong> unerfüllte, <strong>die</strong> scheiternde Liebe. Dafür hat er eine<br />

mehrfach in seinen Gedichten wiederkehrende und variierte<br />

Metapher geprägt: <strong>die</strong> der unbehausten, der heimatlosen Liebe.<br />

Zwei Strophen aus zwei verschiedenen Gedichten, aus dem Lied<br />

vom Winde und aus Im Frühling, seien als Beispiel zitiert:<br />

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