Café33 - KPÖ Oberösterreich
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Seite 4<br />
Günstige<br />
Genüsse<br />
Braune<br />
Flecken<br />
Der Linzer Volksgarten lädt<br />
zum Verweilen ein, ist<br />
Treffpunkt für Schachspieler<br />
und Sammelpunkt für Demos.<br />
Im Grün dieses Parks stehen<br />
aber auch trutzige Zeugen<br />
reaktionären Geistes, nämlich<br />
Denkmäler für Friedrich<br />
Ludwig Jahn und Franz<br />
Stelzhamer.<br />
Berta Blumenkohl testete das Sozialmarkt-Restaurant.<br />
Der „Turnvater“ Jahn hat<br />
„Juden und Pfaffen“, aber auch<br />
„Polen und Franzosen“ für<br />
„Deutschlands Unglück“ gehalten,<br />
forderte die „Verbannung<br />
jeder Ausländerei“, die<br />
„Ausmerzung nicht-deutscher<br />
Vornamen“. Jahn trat nach<br />
dem Motto „Je reiner ein Volk,<br />
desto besser, je vermischter,<br />
je bandenmäßiger“ für Rassereinheit<br />
ein, idealisierte das<br />
„deutsche Wesen“ und war von<br />
Hass gegen alles „Welsche“ erfüllt.<br />
Von ihm inspiriert<br />
verbrannten Burschenschafter<br />
1817 die ersten „undeutschen“<br />
Bücher. Seine Losung „Ein<br />
Volk, ein Reich“ ergänzten die<br />
Nazis passend um „ein Führer“.<br />
Auch für den als „lustigen<br />
Franzl aus Piesenham“<br />
dargestellten Stelzhamer<br />
waren Welsche, Slawen, Zigeuner,<br />
Windische und natürlich<br />
Juden ein klares Feindbild. Er<br />
vertrat einen rabiaten biologischen<br />
Antisemitismus, der<br />
Juden als Ungeziefer, ergo als<br />
zu vernichten darstellte.<br />
Zwei Denkmäler, zwei braune<br />
Flecken.<br />
Linz, Wiener Straße 46, Sozialmarkt-Cafe.<br />
Hier besteht die Möglichkeit ohne<br />
Einkaufsausweis täglich von halb elf bis<br />
zwei eine warme Mahlzeit um 40 Cent zu<br />
bekommen. Das Cafe ist freundlich<br />
möbliert, helle Holztische und Sessel<br />
stehen für die hungrigen Gäste bereit. Es<br />
darf geraucht werden, das ist auch gut so<br />
& die Luft wird von vielen Grünpflanzen<br />
gefiltert. Die Atmosphäre ist friedlich, die<br />
Gespräche drehen sich wie auch anderswo<br />
in der Stadt um Fußball, Wehwechen, Ausländer<br />
und Politik.<br />
Nachdem man sich ein Tablett genommen<br />
hat erhält man Suppe, Hauptgericht, Salat,<br />
manchmal sogar ein Dessert. Die Damen<br />
und Herren der Essensausgabe teilen mit<br />
liebevoll-rauhem Charme das Essen aus.<br />
Wünsche werden soweit wie möglich<br />
erfüllt, es liegt ihnen daran, dass auch<br />
alle satt werden.<br />
Nun zu den Speisen die Berta in<br />
Zusammenarbeit mit einem Genossen verkostet<br />
hat. Kürzlich gab’s eine „Internationale<br />
Woche“ mit Gerichten aus Persien,<br />
Rumänien, Serbien, Türkei und anderen<br />
Ländern. Höhepunkt war natürlich am<br />
Sonntag Österreich mit – no na –<br />
Schweinsbraten, Knödel und Kraut. Wir<br />
testeten am Persien-Tag: Es gab eine Suppe<br />
(Graupen? – keine Ahnung), ein Reisgericht<br />
(mit Fisolen und winzigkleinen<br />
Fleischstücken), köstlichen Salat, zum Dessert<br />
einen – sorry! – pampigen Reisbrei.<br />
Persische Musik gab’s als Draufgabe.<br />
In einer normalen Woche testeten Berta<br />
und Co Spaghetti Bolognaise, eine eher<br />
traurige Angelegenheit. Der erfahrene<br />
Mitesser hatte jedoch in weiser<br />
Voraussicht Chili und andere heiße Gewürze<br />
mitgenommen. Kräftig nachgewürzt<br />
rutschte es gleich besser runter.<br />
Das Frühstück war der letzte Punkt beim<br />
Soma-Testessen.<br />
Nur freitags kann man von 8 bis 9 Uhr 45<br />
um 20 Cent ausgiebig reinschaufeln.<br />
Bertas Compagnon, nach seinem wöchentlichen<br />
Besuch des Schachclubs Spartakus<br />
übernächtigt und sichtlich gezeichnet, war<br />
begeistert, das Frühstück brachte ihn wieder<br />
auf die Beine. Berta die heikel ist<br />
beim Frühstück war mäkelig, aber die ist<br />
auch wirklich schwierig!<br />
Noch eine Info in eigener Sache: Nachdem<br />
der Redaktionsknecht meine letzte Kolumne<br />
versabelt hat konnte sie leider nicht<br />
erscheinen. Zur Strafe musste er mich bekochen<br />
– hat er auch bravourös<br />
gemeistert!