Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
artige Gelehrsamkeit doch in der theologischen Polemik nicht. Nie<br />
vielleicht ist ein Land so überreich an “graduates” gewesen, wie<br />
Neu - England in der ersten Generation seines Bestehens. <strong>Die</strong> Satire<br />
der Gegner wie z. B. Butlers “Hudibras”, setzt ebenfalls gerade bei<br />
der Stubengelehrsamkeit und geschulten Dialektik der Puritaner ein:<br />
dies hängt t e i lweise mit der religiösen Schätzung des Wissens<br />
zusammen, welche aus der Stellung zur katholischen “fides<br />
implicita” folgte. - Schon anders steht es, sobald man das Gebiet der<br />
nicht wissenschaftlichen Literatur und weiterhin der Sinnenkunst<br />
betritt. Hier freilich legte sich die Askese wie ein Reif auf das<br />
Leben des fröhlichen alten England. Und nicht nur die weltlichen<br />
Feste wurden davon betroffen. Der zornige Haß der Puritaner gegen<br />
alles, was nach “superstition” roch, gegen alle Reminiszenzen von<br />
magischer oder hierurgischer Gnadenspendung verfolgte das<br />
christliche Weihnachtsfest ganz ebenso wie den Maibaum und die<br />
unbefangene kirchliche Kunstübung. Daß in Holland für die<br />
Entwicklung einer großen, oft derb realistischen, Kunst Raum blieb,<br />
beweist lediglich, wie wenig exklusiv die dortige autoritär<br />
gehandhabte Sittenreglementierung nach diesen Richtungen<br />
gegenüber dem Einfluß des Hofes und des Regentenstandes (einer<br />
R e n t n e rschicht), aber auch der Lebenslust reich gewordener<br />
Kleinbürger zu wirken vermochte, nachdem die kurze Herrschaft<br />
der calvinistischen Theokratie sich in ein nüchternes<br />
Staatskirchentum aufgelöst und damit der Calvinismus an<br />
asketischer Werbekraft merklich verloren hatte. Das Theater war<br />
dem Puritaner verwerflich, und bei der strikten Ausscheidung des<br />
Erotischen und der Nuditäten aus dem Kreise des Möglichen blieb<br />
in Literatur wie Kunst die radikalere Auffassung nicht stehen. <strong>Die</strong><br />
Begriffe des “idle talk”, der “superfluities”, der “vain ostentation” -<br />
alles Bezeichnungen eines irrationalen, ziellosen, daher nicht<br />
asketischen und überdies nicht zum Ruhme Gottes, sondern des<br />
Menschen dienenden Gebärens - waren schnell bei der Hand, um<br />
gegen jede Verwendung künstlerischer Motive die nüchterne<br />
Zweckmäßigkeit entschieden zu begünstigen. Vollends galt<br />
213