Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
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Daher sehe ich nicht, wie es, nach der Natur der Dinge, möglich<br />
sein soll, daß irgendeine Wiedererweckung echter Religiosität lange<br />
Dauer haben kann. Denn Religion m u ß n o t w e n d i g sowohl<br />
Arbeitsamkeit (industry) als Sparsamkeit (frugality) er zeugen, und<br />
diese können nichts anderes als Reichtum hervorbringen. Aber<br />
wenn Reichtum zunimmt, so nimmt Stolz, Leidenschaft und<br />
Weltliebe in all ihren Formen zu. Wie soll es also möglich sein, daß<br />
der Methodismus, das heißt eine Religion des Herzens, mag sie jetzt<br />
auch wie ein grünender Baum blühen, in diesem Zustand verharrt?<br />
<strong>Die</strong> Methodisten werden überall fleißig und sparsam, folglich<br />
vermehrt sich ihr Güterbesitz. Daher wachsen sie entsprechend an<br />
Stolz, Leidenschaft, an fleischlichen und weltlichen Gelüsten und<br />
Lebenshochmut. So bleibt zwar die Form der Religion, der Geist<br />
aber schwindet allmählich. Gibt es keinen Weg, diesen<br />
fortgesetzten Verfall der reinen Religion zu hindern? Wir dürfen die<br />
Leute nicht hindern, fleißig und sparsam zu sein. W i r m ü s s e n<br />
a l l e C h r i s t e n e r m a h n e n, z u g e w i n n e n w a s s i<br />
e k ö n n e n u n d z u s p a r e n w a s s i e k ö n n e n, d a s<br />
h e i ß t i m E r g e b n i s: r e i c h z u w e r d e n.” (Folgt die<br />
Ermahnung, daß die, die “alles gewinnen was sie können und alles<br />
sparen was sie können” auch “alles was sie können, geben” sollen,<br />
um so in der Gnade zu wachsen und einen Schatz im Himmel zu<br />
sammeln.) - Man sieht, es ist das bis in alle Einzelheiten der hier<br />
beleuchtete Zusammenhang.<br />
Ihre volle ö k o n o m i s c h e Wirkung entfalteten, ganz wie es<br />
hier Wesley sagt, jene mächtigen religiösen Bewegungen, deren<br />
Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung ja in erster Linie in<br />
ihren asketischen E r z i e h u n g swirkungen lag, regelmäßig erst,<br />
nachdem die Akme des r e i n religiösen Enthusiasmus bereits<br />
überstiegen war, der Krampf des Suchens nach dem Gottesreich<br />
sich allmählich in nüchterne Berufstugend aufzulösen begann, die<br />
religiöse Wurzel langsam abstarb und utilitarischer <strong>Die</strong>sseitigkeit<br />
Platz machte, - wenn, um mit Dowden zu reden, in der populären<br />
Phantasie “Robinson Crusoe”, der i s o l i e r t e W i r t s c h a f t s<br />
m e n s c h, welcher nebenher Missionsarbeit treibt, an die Stelle<br />
des in innerlich einsamem Streben nach dem<br />
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