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Totemismus Illusion - Horst Südkamp - Kulturhistorische Studien

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Tempeltiere Götter Gaue<br />

Apis, Scarabäus Ptah Memphis<br />

Phönix, Reiher Re, Osiris Heliopolis<br />

Kater<br />

Katze Bast Bubastis<br />

Krokodil Sobek Fayum, Arsinoe, Ombo<br />

Bock Re,Osiris,Keb,Shuh Mendes, Theben<br />

Ibis, Pavian Thot Hermopolis<br />

Nilpferd<br />

Apet<br />

Sperber, Falke Horus<br />

Schakal Anubis Kynopolis<br />

Geier Mut Hierakonpolis<br />

Nechbejet<br />

Necheb (El Kab)<br />

etc. etc. etc.<br />

Festzuhalten gilt hier zunächst der Hinweis von Wiedemann auf viererlei Relationen, welche<br />

auf eine Synthese der 4 von Levi-Strauss herausgestellten logischen Operationen im semantischen<br />

Feld (siehe Schema oben), in denen sich der Totemsimus reflektieren läßt, hinweisen: 1.<br />

Die Funktion eines besonderen Tieres als Repräsentant der Gaugottheit, 2. die Funktion von n<br />

Arten in n Bezirken als Repräsentant von Bezirksgottheiten, 3. die Funktion von n Exemplaren<br />

einer Art in n Haushalten als Repräsentant von Hausgottheiten und 4. die Korrespondenz<br />

zwischen den individuellen Beziehungen zwischen Tempel- und Haushaltsvorständen zu den jeweils<br />

individuellen Verkörperungen der entsprechenden Gottheiten mit der Zusammenfassung<br />

der besonderen Relationen zu regionalen Gruppierungen sowohl der Gottheiten als auch der<br />

Exemplare. Wir erkennen hier also die gleichen Vermittlungsschritte, die Firth am Beispiel<br />

Polynesiens vorgestellt hat.<br />

Da fast alle der verehrten Tiere auch als Verkörperungen der Seelen Verstorbener angesehen<br />

wurden, war diese Reaktion ebenso konsequent wie deren Verehrung. Eine der ägyptischen<br />

Selbsterklärungen ihres Tierkultes bezieht sich ausdrücklich auf den Glauben an die postmortale<br />

Inkarnation der Seele im<br />

Tierleib. Den gleichen Glauben<br />

bei den Völkern des nördlichen<br />

Kongo hat Calonne-<br />

Beaufaict "Lyetismus" (lyeta =<br />

Totemtier; yeta = wiederkehren)<br />

genannt. Herodot, Diodor,<br />

Strabo und Plinius berichten<br />

von regelrechten Bürgerkriegen<br />

zwischen den Anhängern<br />

unterschiedlicher Tiere,<br />

die gegenseitig die Tabus<br />

mißachteten und schließlich<br />

deswegen sogar Kriege führten<br />

(z.B. der Kampf der Kynopoliten<br />

gegen die Oxyrynchiten); von aufgebrachten Menschenmengen, welche selbst vor der<br />

Lynchjustiz gegenüber römischen Besatzungsbeamten nicht zurückschreckten, wenn sich diese<br />

gegen ihre heiligen Tiere vergangen hatten, und von rührenden Szenen, in denen Menschen all<br />

ihre Habe dreingaben, nur um ein heiliges Tier aus dem Feuer oder vor dem Ertrinken zu retten.<br />

Ähnlich wie hier galt auch auf Mota (Banks Inseln) die Mißhandlung oder gar Tötung<br />

eines einer Hälfte zugeschriebenen Tieres durch einen Vertreter der anderen Hälfte als Kriegsoder<br />

Rachestreitgrund.<br />

Neben dem Tötungstabu und dem Tabu der Tierquälerei wurden den Jägern, welche Tiere töten<br />

mußten, vor der Jagd die rituelle Anfrage um die Erlaubnis bei dem Herrn der betreffenden<br />

Spezies (der Gaugottheit) und nach der Jagd bestimmte Versöhnungsriten auferlegt, deren<br />

Mißachtung göttliche Rache nach sich zog. Das Gott- Tier erscheint neben seiner Funktion der<br />

Verkörperung der Seele des Gottes, auch in der Rolle des Herrn der Tiere, welche im<br />

prädynastischen Hauskult noch als Exkursionsgefährt der Seele des Familien (family line)-<br />

Ahnen gepflegt und verehrt wurden. Man hat also Tierexemplare, die Götter waren, und heilige<br />

Tiere, die unter dem Schutz des Gaues oder einzelner Lineages standen, unterschieden.<br />

Es besteht eine deutliche Korrelation zwischen dem Gott-Tier, den Vertretern seiner Spezies,<br />

und dem Gau, dem diese Tiere heilig sind. Über die Bestattungsanlagen schreibt Wiedemann:<br />

"Meist enthielt dabei jede einzelne Anlage, je nach dem Glauben des Gaus, in welchem sie sich<br />

befand, nur eine bestimmte Tierart, wie die seit Jahrhunderten ausgebeuteten Ibisgrüfte bei<br />

Saqqara, die Riesengruft für Krokodile bei Monfalut, eine Affengruft zu Theben" 33 oder die<br />

33 A.Wiedemann, Der Tierkult der alten Ägypter, ibid, S.7<br />

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