Die Sonne aus dem Keller - MTU
Die Sonne aus dem Keller - MTU
Die Sonne aus dem Keller - MTU
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Blockheizkraftwerk im Schwimmbad<br />
Energie<br />
In Freibädern soll das Wasser auch an weniger<br />
sonnigen Tagen warm sein, denn wer<br />
badet schon gern in kaltem Wasser? Ein<br />
Blockheizkraftwerk von <strong>MTU</strong> Onsite Energy<br />
sorgt für warmes Badewasser im Amberger<br />
Hockermühlbad in Bayern. Im Winter<br />
beheizt das BHKW ein Schulh<strong>aus</strong> über eine<br />
Fernwärmeleitung.<br />
Das Thermometer zeigt 36 Grad Celsius an und<br />
über den Dächern der idyllischen Altstadt von<br />
Amberg flimmert die Hitze in der Mittagssonne.<br />
Im Hockermühlbad sitzt ein älterer Mann in<br />
blauen Badeshorts auf einer Holzbank neben<br />
den Duschen. Mit seinem runden Bauch und<br />
<strong>dem</strong> Glatzkopf erinnert er an eine Buddha-Figur.<br />
Bequem zurückgelehnt sonnt er seinen Körper<br />
in der Hitze. Hinter ihm sitzen Jungen und Mädchen<br />
in Badeshorts oder Bikini am Beckenrand<br />
und schauen erwartungsvoll nach oben. Auf <strong>dem</strong><br />
schwarzer Hose und grauer Kurzhaarfrisur öffnet<br />
das Schloss. Es ist Günter Schwarzer, der<br />
Bäderleiter von den Stadtwerken Amberg, die das<br />
Schwimmbad betreiben. Zusammen mit seinem<br />
Kollegen Wolfgang Hüttner steigt er die Stufen in<br />
den <strong>Keller</strong> hinab. Wolfgang Hüttner ist Betriebsingenieur<br />
bei den Stadtwerken Amberg. Im <strong>Keller</strong>raum<br />
ist es stickig-warm und ununterbrochen<br />
surrt ein Lüftungsschacht an der <strong>Keller</strong>decke.<br />
„Hier ist das gute Stück!“, sagt Wolfgang Hüttner.<br />
Mit <strong>dem</strong> Finger zeigt er auf ein Blockheizkraftwerk<br />
von <strong>MTU</strong> Onsite Energy. Das erdgasbetriebene<br />
Aggregat mit einem Zwölfzylinder-Motor der<br />
Baureihe 400 steht ohne Abdeckung mitten im<br />
Raum. „Wir wollten keine Lärmkapsel, weil es für<br />
uns bei Wartungsarbeiten so einfacher ist“, sagt<br />
Wolfgang Hüttner.<br />
Im Jahr 2011 kauften die Stadtwerke Amberg das<br />
BHKW für das Hockermühlbad. Es erzeugt 232<br />
<strong>Die</strong> <strong>Sonne</strong> <strong>aus</strong><br />
<strong>dem</strong> <strong>Keller</strong><br />
50 I <strong>MTU</strong> Report 02/13<br />
Sprungturm in fünf Metern Höhe steht ein junger<br />
Kerl in schwarz-weiß-gemusterten Badeshorts.<br />
Er nimmt Anlauf und springt ab. Im freien Fall<br />
macht er einen Salto und taucht dann in das<br />
24 Grad kühle Wasser ein - die ideale Temperatur<br />
zur Abkühlung an heißen Tagen. Aber auch<br />
wenn’s kälter ist, soll das Wasser im Hockermühlbad<br />
nicht weniger als 24 Grad Celsius haben.<br />
Dafür ist ein Blockheizkraftwerk (BHKW) von <strong>MTU</strong><br />
Onsite Energy zuständig. Fern von all <strong>dem</strong> Plantschen<br />
in den Schwimmbecken und <strong>dem</strong> Getümmel<br />
auf den Liegewiesen, steht es versteckt vor<br />
den Badegästen in einem <strong>Keller</strong>raum.<br />
Erstes BHKW für Hockermühlbad<br />
Neben den Drehkreuzen im Eingangsbereich zum<br />
Freibad befindet sich hinter einer Gittertür ein<br />
Treppenabgang. Ein Mann mit weißem Hemd,<br />
Plantschen im Kinderbecken, Saltos vom<br />
Sprungturm machen, Aquajogging betreiben<br />
oder einfach nur im Wasser abkühlen<br />
– damit die Badegäste auch an weniger<br />
sonnigen Tagen ihren Spaß haben, heizt<br />
ein BHKW von <strong>MTU</strong> Onsite Energy das<br />
Wasser im Hockermühlbad in Amberg.<br />
Günter Schwarzer (Bild links unten) ist<br />
Bäderleiter der Stadtwerke Amberg.<br />
Kilowatt Strom, der zum einen den Eigenbedarf<br />
des Freibades deckt und zum anderen in das Netz<br />
der Stadtwerke Amberg eingespeist wird. Besonders<br />
wichtig ist hier die Wärme, die bei der Stromerzeugung<br />
entsteht. Denn das Aggregat gibt die<br />
Abwärme seiner Abgasanlage mit bis zu 358 Kilowatt<br />
Wärmeleistung an einen Heizwasserkreislauf<br />
ab. Das Heizwasser erwärmt dann wiederum über<br />
Wärmet<strong>aus</strong>cher das Badewasser der Schwimmbecken.<br />
„24 Grad ist die ideale Wassertemperatur,<br />
die bei den meisten Badegästen gut ankommt“,<br />
sagt Günter Schwarzer <strong>aus</strong> Erfahrung. Wenn die<br />
Temperatur an weniger sonnigen Tagen nur um<br />
einen Grad absinkt, beschweren sich die ersten<br />
Badegäste. „Zu uns sind sogar schon Badegäste<br />
gekommen, weil sie meinten, dass die Wassertemperatur<br />
um 0,2 Grad Celsius gesunken sei.<br />
Wir haben sofort nachgemessen und verblüfft<br />
festgestellt, dass es tatsächlich stimmte“, erzählt<br />
Günter Schwarzer. Sobald die Wassertemperatur<br />
in den Schwimmbecken unter 24 Grad Celsius<br />
fällt oder der Wasserspeicher für das Duschwasser<br />
leer ist, springt das BHKW an. Um das Badewasser<br />
um ein Grad aufzuwärmen, braucht das<br />
BHKW etwa einen Tag. Wie lange genau, hängt<br />
vom Wind und den Außentemperaturen ab. Vor<br />
der jährlichen Saisoneröffnung im Mai dauert das<br />
<strong>MTU</strong> Report 02/13 I 51
<strong>MTU</strong> Brown<br />
0-17-28-62<br />
CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue<br />
50-25-0-10<br />
CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Brown<br />
80% der Farbe<br />
CMYK<br />
<strong>MTU</strong> Blue<br />
80% der Farbe<br />
CMYK<br />
60%<br />
CMYK<br />
60%<br />
CMYK<br />
40%<br />
CMYK<br />
40%<br />
CMYK<br />
20%<br />
CMYK<br />
20%<br />
CMYK<br />
Energie<br />
Blockheizkraftwerke in<br />
Schwimmbädern<br />
MEMO<br />
1<br />
Aufwärmen der Schwimmbadbecken sogar eine<br />
Woche. Im vergangenen April musste das BHKW<br />
dafür etwa 210.000 Kilowattstunden Wärmeleistung<br />
erzeugen.<br />
Wärmen von unten<br />
<strong>Die</strong> Schwimmbadbecken werden nicht nur durch<br />
das warme Badewasser, sondern zusätzlich wie<br />
bei einer Fußbodenheizung von unten beheizt.<br />
Auch hier hilft das BHKW von <strong>MTU</strong> Onsite Energy.<br />
Im <strong>Keller</strong> neben <strong>dem</strong> Maschinenraum kann<br />
man die Schwimmbecken <strong>aus</strong> Beton von unten<br />
sehen und drumherum laufen. In diesen großen<br />
Raum wird ein Teil der Abwärme als heiße Luft<br />
hineingeblasen und heizt so die Schwimmbecken<br />
von außen. Während sich Wolfgang Hüttner<br />
und Günter Schwarzer unter den Schwimmbecken<br />
unterhalten, schwimmen über ihnen viele<br />
Badegäste ihre Bahnen im großen Becken. Eine<br />
Schwimmbahn ist speziell für Aquajogger und<br />
Langsamschwimmer gedacht.<br />
Peter Bachmann ist Pensionär und macht Badeaufsicht.<br />
In beigen Sandalen, blauen Shorts und<br />
weißem Poloshirt steht er vor der Glaskabine<br />
des Ba<strong>dem</strong>eisters und behält die Gäste im Auge.<br />
„Das BHKW ist eine tolle Sache, weil es während<br />
der Saison das Wasser in den Schwimmbecken<br />
erwärmt und im Winter das Gymnasium<br />
beheizt“, sagt Peter Bachmann und deutet über<br />
den Zaun des Freibades. Dort steht in Sichtweite<br />
das Erasmus-Gymnasium von Amberg, dessen<br />
Räume im Winter über eine Fernwärmeleitung<br />
vom BHKW Tag und Nacht beheizt werden. Während<br />
er spricht, probieren sich zwei ältere Damen<br />
im Aquajogging. Eine der beiden strauchelt etwas<br />
unbeholfen im Wasser. Peter Bachmann beobachtet<br />
die Szene mit leichtem Kopfschütteln<br />
von oben.<br />
Früher Gasheizung<br />
Bevor die Stadtwerke Amberg das BHKW<br />
beschafften, betrieben sie im Hockermühlbad<br />
eine gewöhnliche Gasheizung. „Früher haben<br />
wir Gas in großen Mengen verfeuert, nur um das<br />
Nordsee<br />
Niederlande<br />
Belgien<br />
Frankreich<br />
Deutschland<br />
Berlin<br />
Polen<br />
Tschechische<br />
Amberg Republik<br />
München<br />
Seit 1977 hat <strong>MTU</strong> Onsite Energy über 460 erdgasbetriebene<br />
Blockheizkraftwerke an Schwimmbäder geliefert.<br />
Hauptsächlich gingen die Aggregate mit <strong>MTU</strong>-Motoren<br />
der Baureihe 400 an Kunden in Deutschland. Weitere<br />
Aggregate heizen auch Schwimmbäder in England,<br />
Spanien, Italien, Australien und Korea. Erstmals wird<br />
<strong>MTU</strong> Onsite Energy jetzt ein BHKW für ein Schwimmbad<br />
in den USA liefern. An der High-School in Medina<br />
(Ohio) soll ein Aggregat, neben der Stromerzeugung, mit<br />
seiner Abwärme ein Schwimmbad beheizen. Das erdgasbetriebene<br />
Aggregat mit einem Sechszylinder-Motor der<br />
<strong>MTU</strong>-Baureihe 400 wird dort 125 Kilowatt elektrische<br />
und 217 Kilowatt thermische Energie erzeugen.<br />
Wasser für die Becken zu heizen, aber die Gasheizung<br />
hat nie ganz zuverlässig funktioniert“,<br />
sagt Wolfgang Hüttner. Das BHKW produziert<br />
heute Strom, Warmwasser und Fernwärme und<br />
stößt außer<strong>dem</strong> deutlich weniger Kohlendioxid<br />
<strong>aus</strong>. Wolfgang Hüttner steht im <strong>Keller</strong> gerade vor<br />
einer Verteilerstelle mit Rohrleitungen. Hier ist<br />
die Übergabestelle der Fernwärme nach außen<br />
zum Gymnasium. „<strong>Die</strong> Leistung des BHKW ist<br />
so groß, dass wir noch ein paar andere große<br />
Gebäude anschließen könnten“, sagt er. Außer<br />
<strong>dem</strong> BHKW im Freibad Amberg betreiben die<br />
Stadtwerke noch drei weitere <strong>MTU</strong>-Aggregate.<br />
Solarkollektoren sind keine Alternative<br />
Im Durchschnitt kommen täglich etwa 2.000<br />
Badegäste ins Hockermühlbad. Um die Wasserqualität<br />
aufrechtzuerhalten, werden pro Badegast<br />
jeden Tag etwa 30 Liter Frischwasser in das<br />
Badewasser der Schwimmbecken eingespeist.<br />
Das muss natürlich warm sein. Daher wird das<br />
Wasser zunächst vom BHKW auf 24 Grad Celsius<br />
erwärmt. Theoretisch könnte man das Badewasser<br />
auch über Solarkollektoren mit <strong>Sonne</strong>nenergie<br />
erwärmen. „In anderen Freibädern im<br />
Landkreis Amberg-Sulzbach gibt es das“, erzählt<br />
Bäderleiter Günter Schwarzer. Aber dafür würde<br />
viel Platz benötigt. Das Hockermühlbad besitzt<br />
zwar bis zu 50.000 Quadratmeter Freifläche.<br />
Doch diese kann zur Freude der Badegäste als<br />
Liegewiese genutzt werden. „Außer<strong>dem</strong> kann<br />
die Wassertemperatur bei Solarkollektoren sehr<br />
schnell auf 18 Grad Celsius sinken, wenn keine<br />
<strong>Sonne</strong> da ist“, sagt Günter Schwarzer. Aber das<br />
möchte er bei seinen temperaturempfindlichen<br />
Badegästen lieber nicht erleben.<br />
TEXT: MARCEL ROTHMUND<br />
BILDER: NICOLE MASKUS-TRIPPEL<br />
Ihre Fragen beantwortet:<br />
Konrad Thummerer<br />
konrad.thummerer@mtu-online.com<br />
Tel. +49 821 7480-2264<br />
2<br />
1 In Spitzenzeiten kommen bis zu 4.000 Besucher<br />
ins „Hockermühlbad“ und genießen dort eine<br />
Abkühlung.<br />
2 Das BHKW im Maschinenraum erwärmt das Badewasser<br />
im Freibad auf angenehme 24 Grad Celsius.<br />
Wolfgang Hüttner (links) und Günter Schwarzer vor<br />
<strong>dem</strong> BHKW.<br />
3 Ein Teil der Abwärme vom BHKW wird in den<br />
<strong>Keller</strong>raum geblasen und erwärmt dadurch die<br />
Schwimmbecken von unten. Günter Schwarzer<br />
(links) zeigt, wo die Luft r<strong>aus</strong>kommt.<br />
3<br />
Österreich<br />
Italien<br />
<strong>MTU</strong> Report 02/13 I 53