Dauerhaftes Feuer - BKU
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<strong>Dauerhaftes</strong><br />
<strong>Feuer</strong><br />
12<br />
1/2013 theo
Hausbesuch<br />
Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der<br />
CDU/CSU-Fraktion bringt sich gegen Ökos in Stellung<br />
und den Mittelstand auf Kurs. Als Bundesvorsitzende des<br />
»Bund katholischer Unternehmer« kämpft die Juwelenhändlerin<br />
für christliche Verantwortung von Unternehmen. Ein<br />
Porträt zum 60. Geburtstag<br />
von Brigitte Haertel und Anja Lehmann (Fotos).<br />
theo 1/2013<br />
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»Schwarz ist meine politische<br />
Richtung, Rot meine Lieblingsfarbe<br />
und Gold mein Lebensunterhalt«<br />
Das Berliner Bundestagsgebäude »Unter den Linden 71«, gleich<br />
neben dem Hotel Adlon, fällt durch eine beinahe klaustrophobische<br />
Enge auf, und wer größer ist als 1,90 Meter, kann Probleme<br />
mit der Deckenhöhe bekommen: Zu DDR-Zeiten diente<br />
der Bau Margot Honecker als »Ministerium für Volksbildung«,<br />
so lange bis die Dampfwalze Geschichte über diese Ära hinwegrollte.<br />
Seit 2005 versucht hier auch die Katholikin Marie-Luise Dött<br />
dem ihr von Gott verliehenen Gestaltungsauftrag an der Welt<br />
gerecht zu werden. Als Umweltpolitikern, so sollte man meinen,<br />
würde sie dies wörtlich nehmen, doch weist in ihrem Büro<br />
nichts auf ihr politisches Thema hin: keine Pflanzen, keine Blumen,<br />
kein Grün, es ist das Rot ihrer Kleidung, das die ihr innewohnende<br />
Lebendigkeit signalisiert.<br />
So gut wie nie trägt sie etwas anders.<br />
»Schwarz ist meine politische Richtung, Rot meine Lieblingsfarbe<br />
und Gold mein Lebensunterhalt«, so erklärt sie sich<br />
selbst in Ihrem Lebenslauf.<br />
Bis vor zwei Jahren kam sie trotz der Farbe Rot politisch<br />
ziemlich geräuschlos über die Runden, aber dann: in einer<br />
Bundestagsdiskussion stellte sie den Klimawandel in Frage,<br />
bezeichnete den Hype um das Thema als »Ersatzreligion«.<br />
Damit fiel sie der »Klimakanzlerin« in den Rücken, entsprechend<br />
blies der Gegenwind aus allen Richtungen, auch aus den<br />
eigenen Reihen.<br />
Seither ist sie vorsichtiger geworden mit ihren Äußerungen,<br />
aber die im Politikerjargon üblichen Nullaussagen kommen ihr<br />
nicht über die Lippen, dieser berüchtigte Dreiklang aus Ablenkung,<br />
Verallgemeinerung und Verschiebung, wie ihn die Kanzlerin<br />
Journalisten gegenüber pflegt. Vielleicht, weil eine Grundehrlichkeit<br />
ihr Wesen bestimmt, vielleicht, weil sie zu klug ist,<br />
um ihre Mitmenschen für weniger klug zu halten, vielleicht,<br />
weil das Leben sie nicht so verbeult hat wie Andere.<br />
»Ich bin immer ich selbst, anders ginge es für mich gar<br />
nicht. Es wäre ja totale Energieverschwendung, wenn es anders<br />
wäre.« Dieses »Ich« scheint mehr Macherin als Politikerin zu<br />
sein.<br />
»Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen,« mit diesem läppischen<br />
Satz zementierte Altbundeskalter Helmut Schmidt seine<br />
Beliebtheit beim Volk. Visionäre in der Regierung muss heute<br />
niemand mehr fürchten, sie sind so selten wie ein lupenreiner<br />
Diamant, und auch Marie-Luise Dött wird nicht von Erscheinungen<br />
heimgesucht. »Gottlob«, würde sie sagen, ihre Stärken<br />
liegen woanders: Sie setzt sich für Ideen ein und ist eine verlässliche<br />
Instanz für allerlei Anliegen, vor allem für die des Mittelstandes,<br />
der die Wirtschaft in Deutschland trägt. Eine wichtige<br />
Schnittstelle hat sie da inne, bringt Politik, Wirtschaft und den<br />
Glauben zusammen. Wer kann das schon von sich sagen in Berlin?<br />
Marie-Luise Dött stammt aus Nordhorn, aus einer katholischen<br />
und auch politischen Mittelstandsfamilie, in der die Frauen<br />
schon immer ihren Mann standen, und in der es eine Selbstverständlichkeit<br />
war, sich zu engagieren, sich einzumischen.<br />
Nach dem Abitur absolvierte sie eine Ausbildung zur Gemmologin<br />
und Diamantengutachterin, gemeinsam mit ihrem Mann<br />
betrieb sie später mehrere Juwelierläden in Höxter, setzte die<br />
Familientradition fort.<br />
Es war im Herbst 1997, als die große Politik rief: nach einigem<br />
Zögern kandidierte sie in der Ruhrgebietsstadt Oberhausen<br />
und kam über einen Listenplatz ins Parlament. Ihr Leben<br />
nahm noch mehr Fahrt auf, zwischen Sitzungen erst in Bonn,<br />
später in Berlin, dem Wahlkreis in Oberhausen, den Geschäften<br />
in Höxter. Die gab das Ehepaar Dött erst vor ein paar Jahren auf,<br />
zog ganz nach Berlin.<br />
»Die Politik interessiert sich nicht für den Mittelstand,«<br />
sagt Marie-Luise Dött. Sie schon, sieht ihre Aufgabe darin, den<br />
Unternehmern die Politik nahezubringen und in der Politik die<br />
Interessen der Unternehmer auf den Tisch bringen, in deren<br />
Welt sie zu Hause ist.<br />
Umwelt und Wirtschaft denkt sie wie kaum jemand sonst<br />
zusammen, das Zurück-zur-Natur-Gelärme hält sie für eine<br />
Ideologie, und von Ideologien hat sie noch nie etwas gehalten:<br />
»Begeisterung ja, Ideologie nein, damit kriegen wir keine wachsende<br />
Weltbevölkerung ernährt, die Armut nicht in den Griff.«<br />
Das setzt sie schon eher auf Fortschritt und Technik.<br />
Ihre Überzeugungen drückte sie unlängst gegenüber der<br />
Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung so aus:<br />
Der Mensch sei nicht ursächlich für den Klimawandel verantwortlich,<br />
aber er leiste seinen Beitrag dazu. Die Erde würde<br />
auch ohne ihn wärmer, vielleicht nicht ganz so schnell, und die<br />
Zusammenhänge seien längst nicht abschließend erforscht.<br />
Wegen solcher Äußerungen gilt sie in linken Kreisen als Reizfigur,<br />
sehen sogar Abgeordnete aus ihrer Fraktion Rot, nicht nur<br />
wegen ihrer Kostüme. Das sitzt sie aus, das Nach-Vorne-Drängen<br />
war und ist nicht ihre Sache, sie will was machen, nichts<br />
werden, hat sie einmal gesagt. Und außerdem: »Ich kann immer<br />
wieder zurück in meinen Beruf.«<br />
Und da sind noch ihre ehrenamtliche Funktionen: Seit beinahe<br />
zwölf Jahren bringt sie als Bundesvorsitzende des <strong>BKU</strong><br />
(Bund katholischer Unternehmer) ihre Erfahrungen und ihre<br />
Energie in eine Männerwelt ein, hat sich dort »als beherzte<br />
Zupackerin« weit über die Mitglieder hinaus hohes Ansehen<br />
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1/2013 theo
erworben und wurde vor eineinhalb Jahre mit großer Mehrheit<br />
wiedergewählt. Die Gründung der Vereinigung »Unternehmerfrauen<br />
im Mittelstand« mit inzwischen 450 Mitgliedern geht<br />
auf ihr Konto.<br />
»Ohne Unternehmer kann keine Gesellschaft funktionieren,<br />
das sehen sie in den Entwicklungsländern«, sagt sie. »In<br />
der Kirche kommen die Unternehmer gar nicht vor, und wenn<br />
doch, dann als die Schlimmen. Deswegen geht mein Appell an<br />
die Bischöfe, ihnen im Gottesdienst eine Fürbitte zu widmen.«<br />
Marie-Luise Dött, die unerschütterliche Schildträgerin<br />
christlicher Werte, ist eine Frau mit fester Struktur, kräftigem<br />
Händedruck und ordentlicher Frisur. Alles an ihr weist auf eine<br />
konservative Gesinnung hin: »Aha, das wusste ich gar nicht«,<br />
wirft sie, darauf angesprochen, etwas kokett ein!<br />
Das Forsche ihres Wesens, dieses beinahe Einschüchternde<br />
dient, wie bei vielen Menschen, wohl auch als Hilfsmechanismus,<br />
der sie durch das Tagesgeschäft manövriert. Früh musste<br />
sie lernen, ihre Gefühle und ihr Temperament zu zügeln,<br />
ihren Widerspruchsgeist, das Rot, dieses leidenschaftliche Versprechen,<br />
erzählt von ihrem dauerhaften inneren <strong>Feuer</strong>, ihrer<br />
Kriegslust, aber auch von der anderen Seite in ihr: Rot, das ist<br />
auch Herzenswärme, die sich vor allem zeigt, wenn sie lacht,<br />
und von der die ihr zuarbeitenden Mitarbeiterinnen zu berichten<br />
wissen. »Mit Marie-Luise Dött lässt es sich arbeiten«, sagt<br />
eine, die sie ganz gut kennt. »Ich könnte mir keine bessere<br />
Chefin wünschen«.<br />
Für ihre Leute setzt Dött sich ein, nicht nur, weil sie ihre<br />
Truppen zusammenhalten muss.<br />
Vor welchen Herausforderungen sieht sie die Politik sonst<br />
noch?<br />
»Wir müssen den Menschen Aufgaben geben, durch die sie<br />
die Welt mitgestalten können. Wer seine Talente nicht einsetzt,<br />
nicht fördert, findet nicht nur keine Erfüllung im Leben, sondern<br />
versündigt sich an Gott.«<br />
Und sie fügt hinzu: »Ich glaube, dass Gott uns als freie Menschen<br />
geschaffen hat«.<br />
Im April wird sie 60, die »Lady in Red«, das Schreckgepenst des<br />
Alters fürchtet sie nicht. Es wird Grußadressen regnen wie Konfetti<br />
zu Karneval, in Reden wird man sie bejubeln, und sie wird<br />
strahlen wie ein Top Wesselton unter dem Brennglas.<br />
Und dann wird sie weiter marschieren, diese Macherin, die<br />
sich durchsetzt, aber nicht herrscht, die aneckt, aber keine Konfrontation<br />
sucht, die »nein« sagt, aber nicht verhindert, und<br />
das »Nein« gern als »Nö« ausspricht, weil es weicher klingt.<br />
»Ja« sagt sie uneingeschränkt zu ihrer Kirche und ihrem<br />
Glauben: »Beides ist für mich die selbstverständlichste Sache<br />
der Welt«.<br />
Die Misere der Kirche schreibt sie derselben nicht zu, es seien<br />
die Menschen, denen der Glaube abhanden komme. »Wir haben<br />
die Liturgie, die das Alte mit dem Neuen verbinden kann.« Mit<br />
welchem Neuen, möchte man da fragen.<br />
Doch wenn jemand einen Stein ins Rollen bringen kann, eine<br />
Lösung auch für beinahe Erstarrtes parat hat, ist es Marie-Luise<br />
Dött. »Wir müssen es immer und in jedem einzelnen Bereich<br />
noch etwas besser machen.“«<br />
Ja, dazu hat sie das Zeug! //<br />
»In der Kirche kommen die Unternehmer<br />
gar nicht vor, und wenn<br />
doch, dann als die Schlimmen.«<br />
theo 1/2013<br />
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