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Auszug Ausgabe Juni 2013 - Deutscher Marinebund

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Heft 6/<strong>2013</strong><br />

ISSN: 1432-9069<br />

Magazin des größten deutschen maritimen Interessenverbandes


Editorial/Inhalt<br />

Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

am Montag, dem 13. Mai, erhielten wir die<br />

traurige Nachricht, dass unser Kamerad und<br />

Vizepräsident des DMB, Rechtsanwalt Hans-<br />

Ulrich Staiger plötzlich und unerwartet am<br />

12. Mai seine letzte Reise angetreten hat. Uli<br />

Staiger hinterlässt im DMB eine riesige Lücke!<br />

Aber wir denken auch an seine Familie, die<br />

trotz der Belastungen durch das Ehrenamt immer<br />

hinter ihm stand.<br />

Der Nachruf des DMB-Präsidenten Karl Heid auf Seite 17<br />

spricht ganz sicher allen Verantwortlichen im DMB aus dem<br />

Herzen. Uli Staiger hatte für jeden ein offenes Ohr, war hilfsbereit,<br />

humorvoll und dennoch stets zielgerichet. Ein deutliches<br />

Zeichen der Wertschätzung war es, dass neben dem Präsidenten<br />

auch Ehrenpräsident Michael Kämpf und seine Gattin<br />

Sigrun sowie eine große Abordnung aus den MKen des Landesverbandes<br />

Baden-Württemberg bei der Beerdigung Flagge<br />

gezeigt hat. Wir werden Hans-Ulrich Staiger nicht vergessen.<br />

Aber lassen Sie uns nun – wenn auch schweren Herzens – einen<br />

Blick auf die Zukunft des DMB werfen. Oft zeigt sich, wenn<br />

Eugen Wyrwich mit „seinem“ InfoMobil vor Ort ist, dass die<br />

gastgebende MK kaum oder gar nicht bekannt ist. Dies muss sich<br />

Inhalt<br />

ändern, oder es werden immer mehr MKen wegen<br />

Überalterung oder wegen Nachwuchsmangels<br />

die Segel streichen müssen. Klappern gehört zum<br />

Handwerk! Eine gezielte Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

ist ein Garant für neue Mitglieder und<br />

die Zukunftsfähigkeit der Örtlichen Gliederungen.<br />

Schaut man genau hin, sieht man, dass diejenigen<br />

Vereine Zuwachs haben, die regelmäßig<br />

Veranstaltungen anbieten, Neugierige anlocken<br />

und in der Presse präsent sind. Von den mehr als 300 Vereinen<br />

unter dem Dach des DMB sind es einfach zu wenige, die hier<br />

die Initiative ergreifen – selbst in unserem Magazin Leinen los!<br />

sind es häufig die Gleichen, die Interessantes zu berichten wissen.<br />

Ich bin sicher, auch in Ihrer MK, in Ihrer Maritimen Vereinigung<br />

gibt es Themen, die mit Mensch.Schifffahrt.Meer zu<br />

tun haben und über die es sich lohnt, andere teilhaben zu lassen.<br />

Greifen Sie zur Feder, hauen Sie in die Tasten und zeigen<br />

Sie, dass Ihr Verein, dass der DMB lebt!<br />

Werner Schiebert<br />

Chefredakteur<br />

-I-<br />

4<br />

Time Charter: Das erste deutsche Autonomous<br />

Vessel Protection Detachment<br />

vor der MV Caroline Scan<br />

11<br />

Schiff des Monats: Eine Fregatte<br />

beim Abschuss eines Schiff-Luft-<br />

Flugkörpers Aster<br />

18<br />

Ende mit Schrecken: Das A-Lager der<br />

Bauleitung wurde in den 80er-Jahren<br />

zum Betriebsferienlager Fiete Jansen<br />

23<br />

Der Lotse geht von Bord: Horst Döring,<br />

42 Jahre Vorsitzender der MK Mischke<br />

Lahnstein, wird Ehrenvorsitzender<br />

Deutsche Marine<br />

Time Charter 4<br />

Strategie und Alltag der sanitätsdienstlichen Absicherung<br />

auf einem Handelsschiff<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong><br />

Gedenktafel für einen australischen Seemann 8<br />

DMA: Parlamentarisches Frühstück in Berlin 9<br />

Zweiter Ausbildungstörn auf der Greif 10<br />

Navy News<br />

Im Feindgebiet auf der Lauer 13<br />

SSGN: Die Lenkwaffenunterseeboote der Ohio-Klasse<br />

Geschichte<br />

Ende mit Schrecken 18<br />

<strong>Juni</strong> 1953: Bauprojekt „Hauptflottenbasis Rügehafen“ gescheitert<br />

Eintagsfliegen22<br />

Die Klein-U-Boote der Kl. 202<br />

Rubriken<br />

Schiff des Monats 11<br />

Nachrichten aus der Seefahrt 24<br />

Nachrichten <strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong> 26<br />

Bücherschapp 33<br />

Rätsel/Impressum 34<br />

Kopenhagen war das Ziel – 20 Jugendliche wurden auf der Greif an die harte Arbeit auf Großseglern herangeführt. Foto: Stolze/DSSV<br />

Fotos oben: v.l. Deutsche Marine; MBDA; Archiv Pfeiffer; Wolfgang Jäger<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 3


Deutsche Marine<br />

Time Charter<br />

Strategie und Alltag der sanitätsdienstlichen Absicherung<br />

auf einem Handelsschiff<br />

Henning Werr<br />

Fotos: Deutsche Marine<br />

Bei der Bekämpfung der Piraterie spielen<br />

bewaffnete Teams, die an Bord<br />

von Handelsschiffen für deren Schutz<br />

sorgen, eine wichtige Rolle. Seesoldaten,<br />

die auf Kriegsschiffen stationiert<br />

sind, werden unter der Bezeichnung<br />

„Vessel Protection Detachment (VPD)“<br />

an schutzbedürftige Fahrzeuge abgegeben<br />

und nach Erfüllung ihres Auftrags<br />

und dem Erreichen sicherer Fahrwasser<br />

wieder an Bord ihrer Einheit genommen.<br />

Ladung an Deck der MV Caroline Scan<br />

Eine neuere Variante ist das Autonomous<br />

Vessel Protection Detachment<br />

(AVPD)*, ein eigenständiges, von einem<br />

Kriegsschiff unabhängiges, Team. Eine<br />

solche, hier 15 Personen starke Schutzeinheit<br />

wurde von deutschen Marine-<br />

Schutzkräften als Bestandteil der europäischen<br />

Seestreitmacht EU NAVFOR<br />

im Rahmen des Anti-Piraterie-Einsatzes<br />

Atalanta erstmalig im Oktober 2012<br />

an Bord des Frachtschiffes MV Caroline<br />

Scan eingesetzt. Das Schiff transportiert<br />

im Auftrag der UN-Nahrungsmittelhilfe-Organisation<br />

WFP (World Food Programme)<br />

Hilfsgüter aus Kenia oder Djibouti<br />

in somalische Häfen. Der zu befahrende<br />

Seeraum wird von Piraten heimge-<br />

sucht. Im Zielland Somalia ist es unruhig,<br />

es herrschen teilweise bürgerkriegsähnliche<br />

Zustände.<br />

Sanitätsdienstliche Lage<br />

Zum AVPD gehörten ein Sanitätsoffizier<br />

(Arzt) und ein Sanitätsfeldwebel/<br />

-bootsmann (Rettungsassistent). Diese<br />

fungieren, unterstützt durch zwei als<br />

Combat First Responder (Erweiterte Erste<br />

Hilfe im Gefechtsbereich) ausgebildete<br />

Soldaten, als medizinische Komponente.<br />

Die internationalen EU NAVFOR Vorschriften<br />

schätzen das Risiko für DNBI<br />

(Disease Non Battle Injuries) im Einsatz<br />

Atalanta am höchsten ein.<br />

Das Gefahrenpotenzial, mit dem der<br />

Sanitätsdienst rechnen musste, ergab<br />

sich aus<br />

a. der tropischen Lage des Einsatzraumes,<br />

b. möglichen Schusswechseln oder<br />

Sprengstoffanschlägen und<br />

c. langen oder unsicheren Transportwegen<br />

zu zeitgemäßen Behandlungseinrichtungen.<br />

Zwei Einsatz-Varianten kamen in Betracht:<br />

einerseits die Bereitstellung des Schutz-<br />

teams samt Ausstattung an Land mit bedarfsweiser<br />

Einschiffung auf wechselnden<br />

Frachtschiffen (trip charter), je nach Transportaufkommen<br />

und Reiseroute. Andererseits<br />

die dauerhafte Abstellung auf einem<br />

Schiff (time charter) für den gesamten Einsatzzeitraum.<br />

Die letztere Einsatzform verwirklichte<br />

sich für die erste deutsche Gruppe<br />

auf dem Frachter MV Caroline Scan.<br />

Die MV Caroline Scan ist ein fast<br />

100 m langes und 17 m breites Mehrzweck-Frachtschiff<br />

mit einer Gesamtzuladung<br />

(DW) von 6.265 tdw und einer<br />

Brutto-Raumzahl (GT) von 4.246. Sie hat<br />

zwei große Kräne, die sie für Ladeoperationen<br />

in Häfen ohne ausreichende Kraneinrichtungen<br />

prädestinieren. Der Laderaum<br />

beträgt etwa 7.267 m 3 , zusammen<br />

mit Laderaumabdeckung gibt es Platz<br />

für mehr als 300 Stück 20-ft-Container.<br />

Das Schiff gehört der deutschen Reederei<br />

Herrmann Buss aus Leer und fährt unter<br />

der Flagge von Antigua und Barbuda. Es<br />

wird seit Oktober 2010 vom Welternährungsprogramm<br />

der VN wiederholt für<br />

Hilfsgüter-Transporte nach Somalia gechartert.<br />

Unterbringung und Leben auf<br />

dem fremden Schiff<br />

Das deutsche AVPD löste ein niederländisches<br />

Team ab, mit dem bereits im<br />

Vorfeld ein intensiver Erfahrungsaustausch<br />

stattgefunden hatte.<br />

Die deutschen Sanitäter wurden an<br />

Bord kurz von ihren niederländischen<br />

Vorgängern eingewiesen und übernahmen<br />

einige nützliche Einrichtungen. Da<br />

es nicht genug Schlafplätze gab, war ein<br />

klimatisierter Container mit Etagenbetten<br />

für sechs Mann an Deck aufgestellt<br />

worden. Die restlichen Soldaten mussten<br />

mit aus grobem Holz selbstgebauten<br />

Schlafstätten im Schiffsinneren vorlieb<br />

nehmen. Das Krankenbett im Hospitalraum<br />

des Schiffes nutzte der Arzt.<br />

4 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>


Deutsche Marine<br />

Statt Haken gab es unter der Hospitaldecke<br />

gespannte Leinen, leere Schränke<br />

fehlten, persönliche Gegenstände wurden<br />

unter dem Bett verstaut. Vor dem Hospital<br />

befand sich bereits eine Sonnenschutzvorrichtung.<br />

Dieser Bereich wurde<br />

später auch als Aufenthaltsbereich für<br />

die Offiziere und Portepeeunteroffiziere<br />

genutzt.<br />

Die Mahlzeiten wurden wegen Platzmangels<br />

getrennt von der Stammbesatzung<br />

eingenommen. Der Schiffskoch<br />

hatte stets den Ehrgeiz, Geschmack und<br />

Essensvorschriften der verschiedenen<br />

an Bord befindlichen Ethnien (Ukrainer,<br />

Russen, Filipinos und Deutsche) und<br />

Glaubensrichtungen (Christen, Muslime<br />

usw.) zu befriedigen und bereitete für jede<br />

Mahlzeit mehrere Varianten zu.<br />

Nach dem Frühstück fand eine tägliche<br />

Kurzbesprechung innerhalb der<br />

Führungsgruppe statt, die Mannschaften<br />

wurden von ihrem Force Protection<br />

Meister (FPM) jeweils nach dem Mittagessen<br />

gebrieft. Einer der drei Unteroffiziere<br />

mit Portepee war rund um die<br />

Uhr als Wachhabender auf der Brücke<br />

für die militärische Sicherheit zuständig<br />

und hielt Funkkontakt mit den als<br />

Wachposten eingesetzten Mannschaftsdienstgraden.<br />

Stärke und Zusammensetzung<br />

der Wache orientierte sich an der<br />

möglichen Bedrohung. Der Funker stellte<br />

die ständige Verbindung mit der nationalen<br />

und internationalen Einsatzführung<br />

sicher. Der Teamleiter im Dienstgrad<br />

Korvettenkapitän war dank fundierter<br />

nautischer Erfahrung die ideale<br />

MV Caroline Scan<br />

Kontaktperson zur Schiffsführung, und<br />

auch der dem Team angehörende somalische<br />

Sprachmittler erwies sich als echter<br />

Trumpf, weil er in den Häfen den Kontakt<br />

mit an Bord kommenden einheimischen<br />

Arbeitskräften pflegte.<br />

Geplant war, dass dem AVPD ein Sanitätsoffizier<br />

(Arzt) und ein Sanitätsfeldwe-<br />

Seilunterstützte Rettungstechnik an Bord<br />

bel (Krankenpfleger/Rettungsassistent)<br />

angehören sollten. Seitens des Marine-<br />

Sanitätsdienstes wurde mit dem ersten<br />

AVPD ein international in Belangen der<br />

Rettungs- und Transportmedizin besonders<br />

erfahrener Facharzt für Anästhesie<br />

entsandt, um die Bereiche der Expeditions-<br />

und Notfallmedizin abzudecken.<br />

Die erste Herausforderung für die Sanitäter<br />

waren jedoch Küchenschaben, die<br />

sich in Kombüse (Galley) und Provianträumen<br />

(Provision Stores) ausgebreitet<br />

hatten. Da der Rettungsassistent gleichzeitig<br />

die Qualifikation als Schädlingsbekämpfer<br />

besaß, war er nach kurzer Zeit<br />

Herr der Lage.<br />

Medizinische Erkundungsteams hatten<br />

vor dem Einsatz Informationen vor<br />

Ort eingeholt, die in vielfältiger Weise für<br />

das AVPD genutzt werden konnten. Das<br />

gesamte präventive medizinische Netzwerk<br />

umfasst Tauglichkeitsuntersuchungen<br />

und Impfungen aller Teammitglieder<br />

ebenso wie Hafenberichte/„Medical<br />

Intelligence“ lokaler Gegebenheiten oder<br />

Kurse für Fachpersonal in Tropenmedizin.<br />

Unter anderem verdankte das deutsche<br />

AVPD diesen Vorbereitungen auch<br />

die Existenz eines 20-ft-Kühlcontainers<br />

an Deck für den Wasser- und Lebensmittelvorrat<br />

des Teams.<br />

Alltagsmedizin<br />

Das ärztliche Aufgabenfeld im AVPD<br />

entsprach dem Alltag eines Schiffsarztes.<br />

Dazu gehörten Stellungnahmen zu<br />

Fragen der Wasserhygiene, Vorbeugung<br />

von Tropenerkrankungen und der Ernährung.<br />

Da das Patientenkollektiv nicht<br />

groß war und in wechselndem Schichtrhythmus<br />

lebte, wurden aufgetretene Gesundheitsstörungen<br />

zumeist sofort behandelt.<br />

Es überwogen Hauterkrankungen,<br />

Infekte und kleinere Verletzungen.<br />

Jeder deutsche Soldat bekam täglich eine<br />

Tablette zur Malaria-Vorbeugung.<br />

Auch die zivile Stammbesatzung des<br />

Schiffes meldete sich mit ihren medizinischen<br />

Problemen. Dadurch, dass der<br />

AVPD-Arzt den Hospitalraum bewohnte,<br />

wurde er zum Wächter über die standardisierten<br />

maritimen Arzneivorräte, die<br />

das Schiff entsprechend internationaler<br />

Regularien in übersichtlicher Lagerung<br />

mitzuführen hat.<br />

Wenn fachärztlicher Rat eines anderen<br />

Fachgebietes notwendig war, konnte dieser<br />

über mitgebrachtes militärisches Satellitentelefon<br />

per Gespräch oder E-Mail<br />

(nebst Fotoinformationen) eingeholt werden.<br />

Derartige Technologie wird auch im<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 5


Deutsche Marine<br />

Das Schiffshospital<br />

Ein Patiententransportsack<br />

Rettungsübung<br />

Alltag von zivilen Seeschiffen genutzt.<br />

Zusätzlich stand dem Sanitätsdienst an<br />

Bord noch ein eigenes Satelliten-Mobiltelefon<br />

für Notfälle oder Evakuierungsmaßnahmen<br />

zur Verfügung.<br />

Eine Besonderheit war die im Schiffslazarett<br />

installierte Waschmaschine. Sie<br />

war zur Benutzung durch die nautischen<br />

Offiziere vorgesehen und wurde dem gesamten<br />

AVPD-Team zur Verfügung gestellt.<br />

Der Waschrhythmus stellte den regelmäßigen<br />

Kontakt aller Team-Mitglieder<br />

mit dem Hospital sicher.<br />

„Klima-Alarm“ an Bord<br />

Als Problem erwies sich kurz nach<br />

der Einschiffung die Schiffs-Klimaanlage.<br />

Sie war trotz laufender Reparaturbemühungen<br />

über einen Zeitraum von<br />

etwa zweieinhalb Monaten komplett aus-<br />

gefallen. Folglich standen alle Wohnräume<br />

offen, damit, unterstützt durch Ventilatoren,<br />

ein wenig Luftbewegung entstehen<br />

sollte. Damit konnten dann allerdings<br />

auch ungehindert der schiffseigene<br />

Abgas- und Abluftausstoß sowie<br />

Lärm- und Rußemissionen in den Innenraum<br />

eindringen. Während der Hafenliegezeiten<br />

kamen noch Fremdlärm und<br />

Fremdabgase hinzu. Auch Fluginsekten,<br />

zuweilen Überträger tropischer Erkrankungen,<br />

fanden den Weg ins Schiffsinnere.<br />

Eine Medikamenten-Kühlung war<br />

nicht mehr gewährleistet und die Teammitglieder<br />

schwitzten permanent. Kurz<br />

vor Weihnachten wurde das Problem gelöst,<br />

indem ein eingewechselter AVPD-<br />

Soldat aus Deutschland von der Reederei<br />

organisierte Ersatzteile mitbrachte.<br />

Der Versuch, nachträglich bestellte<br />

geeignete Moskitonetze sowie eine eige-<br />

ne Kühlbox für Medizinprodukte anzuliefern,<br />

klappte leider nicht mehr rechtzeitig.<br />

Medizinische Notfallplanung<br />

Das erste deutsche AVPD blieb während<br />

seiner dreimonatigen Aufenthaltszeit<br />

an Bord der MV Caroline Scan von<br />

medizinischen Notfällen im Sinne der<br />

Definition „Lebensgefahr“ und von Patientenevakuierungen<br />

verschont. Dennoch<br />

nimmt die medizinische Vorbereitung<br />

auf Notfallsituationen notwendigerweise<br />

einen breiten Raum ein.<br />

Im Hinblick auf Gefechtssituationen<br />

wurde an vier Stellen Sanitätsmaterial<br />

deponiert. Bei Zielhäfen mit einer entsprechenden<br />

Bedrohungslage wurden –<br />

neben lageangepassten Vorbereitungen<br />

und Plänen – an die Soldaten, zusätzlich<br />

zum persönlichen Verbandsmaterial,<br />

auch stark wirksame Schmerzmittel zur<br />

Selbst- und Kameradenhilfe (Morphin-<br />

Autoinjektoren und Fentanyl-Lutsch-Applikatoren)<br />

ausgegeben.<br />

Auf der Gefechtsstation des Rettungsassistenten<br />

(Hafenbüro, Hauptdeck) waren,<br />

zentral gelegen, außer dem Rettungsrucksack<br />

für erweiterte Maßnahmen auch<br />

ein tragbares Sauerstoff-/Beatmungsgerät,<br />

eine EKG-/Defibrillator-Kombination<br />

und die Krankentransportgeräte, nämlich<br />

ein Wirbelsäulenbrett (Spine Board) und<br />

ein Rettungskorsett (Extrication Device)<br />

untergebracht. Diese Ausrüstung hätte das<br />

medizinische Team auch in die Lage versetzt,<br />

einen Notfall-Krankentransport<br />

mit behelfsmäßigen Transportmitteln,<br />

wie Boot, gepanzertem Militärfahrzeug,<br />

LKW oder nicht sanitätsdienstlich ausgestattetem<br />

Hubschrauber, durchzuführen.<br />

6 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>


Schiff des Monats Fregatten der Forbin- und Andrea Doria-Klasse<br />

Drei Fliegen mit einer Klappe<br />

Angaben zur Schiffsklasse<br />

Klassenname Forbin Andrea Doria<br />

Einzelschiffe<br />

D 620 Forbin<br />

D 621 Chevalier Paul<br />

D 553 Andrea Doria,<br />

D 554 Caio Duilio<br />

Indienststellung 14.10.10, 10.06.11 22.12.08, 03.04.09<br />

Schiffsdaten<br />

Verdrängung 7.050 t<br />

Länge<br />

152,90 m<br />

Breite<br />

20,30 m<br />

Tiefgang<br />

5,40 m<br />

Besatzungsstärke 200 + 30 Personen<br />

Schiffstechnik<br />

Antriebsanlage CODOG<br />

Antrieb 2 × Gasturbine GE LM 2500<br />

2 × Dieselmotor SEMT Pielstick 12 PA 6B<br />

Antriebsleistung 2 × 20.600 kW<br />

2 × 4.320 kW<br />

Vortrieb<br />

zwei Wellen mit Verstellpropeller<br />

Geschwindigkeit 29 kn<br />

Fahrbereich 7.000 sm bei 18 kn<br />

Bewaffnung<br />

Flugkörper<br />

Rohrwaffen<br />

2 × 4 Schiff-Schiff-FK<br />

EXOCET MM 40 Block 3<br />

32 × Schiff-Luft-FK ASTER 30<br />

16 × Schiff-Luft-FK ASTER 15<br />

2 × 76-mm-Turm<br />

OTO Melara<br />

2 × 20-mm-Geschütz<br />

2 × 4 Schiff-Schiff-FK<br />

TESEO Mk 2<br />

32 × Schiff-Luft-FK ASTER 30<br />

16 × Schiff-Luft-FK ASTER 15<br />

3 × 76-mm-Turm<br />

OTO Melara<br />

2 × 25-mm-Geschütz<br />

Torpedos U-Jagdtorpedos MU 90 U-Jagdtorpedos MU 90<br />

Bordhubschrauber 1 × NH 90 1 × EH-101<br />

alternativ 1 × NH 90<br />

Bemerkungen in beiden Marinen werden die Schiffe mittlerweile als<br />

Zerstörer klassifiziert<br />

Fregatten Forbin und Andrea<br />

Doria in Verbandsfahrt<br />

Aus dem gescheiterten NATO-Fregattenprogramm<br />

NFR 90 (NATO Frigate<br />

Replacement of the 1990s) ging das<br />

trinationale CNGF-Fregatten-Projekt<br />

(Common New Generation Frigate) hervor.<br />

Im Juli 1994 beschlossen die drei Vertragspartner<br />

Frankreich, Großbritannien<br />

und Italien, bis zu 22 Fregatten zu bauen,<br />

die primär auf die Verbandsflugabwehr<br />

ausgelegt werden sollten. Großbritannien<br />

verließ jedoch im April 1999 nach mehrmonatigem<br />

Zögern das mittlerweile als<br />

HORIZON-/ORIZZONTE-Programm<br />

bezeichnete Vorhaben und verfolgte mit<br />

dem Zerstörerprojekt Type 45 (Daring-<br />

Klasse) eine rein nationale Lösung. Frankreich<br />

und Italien führten nun die Fregattenbeschaffung<br />

gemeinsam weiter, wollten<br />

allerdings jetzt nur noch jeweils zwei<br />

Einheiten bauen, um damit ältere Schiffe<br />

zu ersetzen. Die Fregatten weisen in ihrer<br />

Bewaffnung und Ausrüstung einige nationale<br />

Unterschiede auf. Bauwerften der<br />

Einheiten sind DCNS (Direction des Constructions<br />

Navales) in Frankreich und<br />

Fincantieri in Italien.<br />

Das eingerüstete Luftabwehrsystem<br />

PAAMS (Principal Anti Air Missile System),<br />

an dessen Entwicklung Großbritannien<br />

weiterhin beteiligt blieb und<br />

das auch auf den Type-45-Zerstörern<br />

zum Einbau kam, bildet nun den Kern<br />

der Luftverteidigung für die Seestreitkräfte<br />

in den drei Ländern. Mit diesem<br />

System wurde nicht einfach ein veraltetes<br />

Waffensystem durch eine neue Generation<br />

ersetzt, vielmehr wurde auf<br />

die Entwicklung der Waffentechnik reagiert<br />

und mit innovativen Technologien<br />

ein Sprung vollzogen. Zum ersten Mal<br />

schlägt ein Schiff-Luft-System mit seiner<br />

breit gefächerten Flugabwehr drei Fliegen<br />

mit einer Klappe: Eigenschutz der Einheit,<br />

Nahbereichsschutz im Verband und<br />

Verbandsschutz bis zu 120 km.<br />

Die Flugabwehrfregatten sind hierzu<br />

mit Schiff-Luft-Flugkörper ASTER<br />

15 und 30 ausgerüstet, die in Senkrechtstartanlagen<br />

im Vorschiff untergebracht<br />

sind. Während ASTER 15 mit seiner<br />

Reichweite von 30 km und einer Einsatzhöhe<br />

von 13 km den Nächst-, Nahund<br />

Mittelbereich abdeckt, ist ASTER 30<br />

mit einer Reichweite von bis zu 120 km<br />

und 20 km Einsatzhöhe für die Flugabwehr<br />

im Weitbereich zuständig. Hauptsensoren<br />

sind das 3D-Multifunktionsradar<br />

EMPAR (European Multifunction<br />

Phased-Array Radar) in dem Radom auf<br />

dem vorderen Pyramidenmast und das<br />

Luftraumüberwachungsradar S 1850 M<br />

auf dem achteren Mastaufbau.<br />

Foto: italienische Marine


Navy News<br />

Im Feindgebiet auf der Lauer<br />

SSGN: Die Lenkwaffenunterseeboote der Ohio-Klasse<br />

Sidney Dean<br />

Die US Navy besitzt 73 bewaffnete<br />

atombetriebene Unterseeboote.<br />

Hiervon sind 55 Jagdunterseeboote (Los<br />

Angeles-Klasse, Seawolf-Klasse, Virginia-Klasse);<br />

sie führen konventionell bestückte<br />

Marschflugkörper und Torpedos.<br />

Hinzu kommen 14 strategische U-Boote<br />

der Ohio-Klasse, die mit 24 Trident II<br />

Atomraketen (Reichweite 4.000 sm) sowie<br />

Torpedos bewaffnet sind.<br />

Schließlich gibt es auch 4 konventionell<br />

bewaffnete U-Boote der Ohio-Klasse.<br />

Da ihre Hauptbewaffnung aus Lenkwaffen<br />

besteht, erhalten sie die Bezeichnung<br />

SSGN („G“ für „Guided Missile“).<br />

Bei den vier Einheiten handelt es sich um<br />

USS Ohio (SSGN 726), USS Michigan<br />

(SSGN 727), USS Florida (SSGN 728),<br />

und USS Georgia (SSGN 729).<br />

Ursprünglich waren auch diese U-Boote<br />

mit Atomraketen bewaffnet. Im Rahmen<br />

des START-II-Abrüstungsvertrages<br />

sollten diese vier Einheiten nach Ende des<br />

Kalten Krieges verschrottet werden. Das<br />

Pentagon stellte aber fest, dass es sinnvoller<br />

wäre, sie umzurüsten. um ausschließlich<br />

nicht-atomare Waffen zu führen.<br />

Die vier SSGN haben zwei Hauptaufgaben:<br />

die Bekämpfung von Landzielen<br />

durch den Einsatz von Tomahawk<br />

Marschflugkörpern sowie Transport<br />

und Unterstützung von Spezialkräften<br />

(vor allem Navy SEALs und „MARSOC“<br />

(Spezialkräfte des Marine Corps). Trotz<br />

ihrer Größe sind die Ohio-Unterseeboote<br />

sehr schwer zu orten. Andererseits befähigt<br />

sie diese, erheblich mehr Waffen<br />

USS Georgia (SSGN 729) im Atlantik. Auf dem Deck ein DDS-Trockendeckaufsatz<br />

für die Verwendung durch SEAL-Spezialkräfte<br />

und Spezialkräfte aufzunehmen als alle<br />

anderen U-Boote. Kein anderes Schiff der<br />

amerikanischen Flotte besitzt die gleiche<br />

Kombination von „Stealth“, Nutzlast,<br />

Passagierraum und Einsatzausdauer.<br />

Die SSGN können allerdings auch<br />

sämtliche Aufgaben wahrnehmen, die ansonsten<br />

durch Jagdunterseeboote durchgeführt<br />

werden. Hierzu gehören Aufklärung<br />

und Überwachung (Unterwasseraufklärung,<br />

Überwachung fremder Schiffsverbände<br />

und Küsten, Funküberwachung);<br />

Minenkampf (Aussetzen von Minen, Minenaufklärung,<br />

Minenentschärfung durch<br />

Kampftaucher); U-Bootbekämpfung; Bekämpfung<br />

feindlicher Überwasserschiffe;<br />

Zielerfassung für andere Schiffe, Flugzeuge<br />

und Raketen. Diese Aufgaben werden<br />

teilweise mit bordeigenen Sensoren und<br />

Waffen (Torpedos, Antischiffsraketen)<br />

bestritten. Aufklärungsaufgaben werden<br />

aber zunehmend durch leistungsstarke un-<br />

bemannte Unterwasserfahrzeuge und unbemannte<br />

Flugzeuge wahrgenommen, die<br />

das U-Boot mitführt.<br />

Da SSGN sehr schwer zu orten sind,<br />

können sie selbst in feindliche Küstengewässer<br />

einfahren und dort monatelang unerkannt<br />

verweilen (ohne Spannungen zu<br />

erhöhen) oder Blitzangriffe unternehmen.<br />

Der Stellenwert dieser Fähigkeit steigt ständig.<br />

Immer mehr Länder (und sogar nichtstaatliche<br />

Kampfgruppen wie beispielsweise<br />

die libanesische Hisbollah) erwerben<br />

wirksame Antischiffswaffen und leistungsfähige<br />

Überwachungssensoren. Dadurch<br />

wird es immer gefährlicher, Überwasserkriegsschiffe<br />

in die Nähe feindlicher Küsten<br />

oder Meerengen zu entsenden. In künftigen<br />

Kriegen könnten SSGN also noch vor<br />

den Flugzeugträgern eingesetzt werden.<br />

Marschflugkörper und<br />

SEAL-Kommandos<br />

Fotos: US Navy<br />

USS Florida (SSGN 728) fährt den Heimathafen King’s Bay (Georgia) an<br />

Die Hauptbewaffnung der SSGN besteht<br />

aus Tomahawk Marschflugkörpern<br />

(Tomahawk Land Attack Cruise Missile<br />

– TLAM). Diese Marschflugkörper haben<br />

900 sm Reichweite und sind auf die<br />

Bekämpfung von Landzielen ausgerichtet.<br />

Jedes SSGN U-Boot kann bis zu 154<br />

TLAM auf einmal führen, das entspricht<br />

den Marschflugkörpern eines ganzen Zerstörergeschwaders.<br />

Die Anwesenheit eines<br />

einzelnen SSGN-Bootes vor Ort kann also<br />

mehrere Kriegsschiffe gleichzeitig entlasten<br />

und für andere Einsätze freisetzen<br />

(etwa U-Boot-Jagd oder Raketenabwehr).<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 13


Navy News<br />

USS Georgia (SSGN 729) taucht. Das Schiff hatte gerade einen Hafenbesuch in<br />

Neapel beendet (22. August 2009)<br />

Aufgrund der hohen Anzahl der<br />

Marschflugkörper kann ein einziges Boot<br />

beispielsweise bereits in den ersten Kriegsstunden<br />

gezielt feindliche Führungs- und<br />

Flugabwehrsysteme bekämpfen. Dies<br />

schafft einen Korridor für den Einsatz<br />

von Bombern und Jagdbombern. Alle<br />

154 Marschflugkörper können binnen 6<br />

Min. abgefeuert werden, um den Überraschungseffekt<br />

beim Gegner auszunutzen.<br />

Umbaumaßnahmen waren notwendig,<br />

damit die vier U-Boote diese Marschflugkörper<br />

unterbringen können. Die Ohio-<br />

Klasse besitzt 24 Raketenrohre (Länge<br />

12 m, Durchmesser 2,2 m) zur Aufnahme<br />

von Atomraketen. Bei den vier SSGN-Booten<br />

wurden die Raketenrohre modifiziert.<br />

In 22 Rohre wurden Munitionsbehälter<br />

für Marschflugkörper eingebaut.<br />

Diese Behälter werden als MAC bezeichnet.<br />

Dies steht für Multiple-All-up-round-<br />

Canister. Dieser Begriff besagt, dass<br />

gleichzeitig mehrere Waffen einsatzfertig<br />

in diesem Behälter geführt werden können.<br />

Jeder MAC-Munitonsbehälter hat<br />

sieben Nutzlastkammern, kann also sieben<br />

Marschflugkörper aufnehmen.<br />

In den MAC-Behältern können allerdings<br />

auch andere Munitionstypen geladen<br />

werden. Beispielsweise wird erwartet,<br />

dass diese U-Boote künftig auch mit<br />

überschall- und hyperschallschnellen Raketen<br />

bestückt werden; solche Waffen befinden<br />

sich heute in der Entwicklung oder<br />

werden erforscht. Unbemannte Flugzeuge<br />

(UAV), Unterwasserdrohnen (UUV) oder<br />

Täuschkörperdrohnen können bereits<br />

heute im MAC-Behälter geladen werden.<br />

Schließlich sind einige der Nutzlastkammern<br />

wahlweise auch zur Unterbringung<br />

von Tauchschlitten und anderen Ausrüstungsgegenständen<br />

der SEALs geeignet.<br />

Die verbleibenden zwei Raketenrohre<br />

wurden zu Flutkammern für die Verwendung<br />

durch Spezialkräfte umgerüstet.<br />

Die SEAL-Kommandos können über diese<br />

Flutkammern direkt das U-Boot verlassen.<br />

Alternativ kann über der Außenluke<br />

jeder Flutkammer ein DDS-Behälter (Dry<br />

Deck Shelter) angebracht werden. SEALs<br />

können über die Außenluke der Flutkammer<br />

trocken in den DDS-Behälter gelangen,<br />

ihre Ausrüstung holen und ein Mini-U-Boot<br />

besteigen. Die Druckverhält-<br />

USS Florida (SSGN 728) feuert einen Tomahawk Marschflugkörper ab<br />

USS Georgia (SSGN 729) bei der Ankunft<br />

in der Souda Bucht, Griechenland<br />

(25. August 2009). Am Segel sind die<br />

Kommunikationsmasten gut zu<br />

erkennen. Seitlich hinter dem Segel ist<br />

zu erkennen, dass ein DDS-Trockendockaufsatz<br />

montiert ist. Dies bedeutet,<br />

dass SEAL-Kommandos an Bord sind<br />

nisse im DDS werden vor dem Aussetzen<br />

schleichend an die Druckverhältnisse<br />

außerhalb des U-Bootes angeglichen. Im<br />

Notfall dient die DDS-Vorderkammer als<br />

Druckkammer für verletzte oder an Taucherkrankheit<br />

leidende SEALs.<br />

Falls ein oder zwei DDS mitgeführt<br />

werden, kann das U-Boot nur 140 beziehungsweise<br />

126 Marschflugkörper aufnehmen.<br />

Jeder DDS-Behälter ist 11,7 m<br />

lang und verdeckt zwei MAC-Nutzlastbehälter.<br />

(Die verdeckten MAC können<br />

aber Ausrüstung für die Spezialkräfte aufnehmen.)<br />

Unterkünfte und Bereitschaftsräume<br />

für die Spezialkräfte wurden mittschiffs<br />

im ehemaligen Raketenbereich eingebaut.<br />

Jedes SSGN-Boot hat Unterkunft<br />

für 66 Kommandosoldaten, die zeitlich<br />

unbegrenzt an Bord bleiben können. Dies<br />

entspricht beispielsweise vier kompletten<br />

SEAL-Zügen plus Führungspersonal. Einige<br />

Quellen berichten, dass kurzfristig sogar<br />

102 Kommandosoldaten untergebracht<br />

werden können.<br />

Neben den Unterkünften wurde auch<br />

ein Führungsraum eingerichtet. Das U-<br />

Boot kann monatelang vor Ort bleiben, um<br />

langfristige verdeckte Kommandoeinsätze<br />

zu leiten. Hierbei kann auch die Führung<br />

von Spezialkräften übernommen werden,<br />

die von anderen Schiffen oder per Flugzeug<br />

ins Einsatzgebiet gebracht wurden. Auch<br />

14 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>


Xxxxxx Xxxxx<br />

alliierte Spezialkräfte können bei gemeinsamen<br />

Einsätzen von den Fähigkeiten der<br />

Ohio-SSGN profitieren. So schrieb die südkoreanische<br />

Zeitung Chosun Ilbo im Juli<br />

2010, dass SSGN bereits südkoreanische<br />

Spezialkräfte an Bord genommen hätten,<br />

um das Einschleusen der Kommandosoldaten<br />

hinter feindlichen Linien zu üben.<br />

Ausdauer gefragt<br />

Ohne Spezialkräfte mitzuzählen, hat<br />

das Schiff eine ständige 154-köpfige Besatzung<br />

(darunter 17 Offiziere und 15 Bootsmänner).<br />

Jede Einheit der Ohio-Klasse besitzt<br />

zwei vollständige Besatzungen (Codebezeichnung<br />

„Blau“ und „Gold“). Die Besatzungen<br />

lösen einander alle drei Monate<br />

turnusmäßig ab. Hierfür wird die „frische“<br />

Mannschaft aus den USA auf einen<br />

Stützpunkt im Einsatzgebiet eingeflogen.<br />

Rechnerisch gesehen verbringt jedes U-<br />

Boot der Ohio-Klasse während einer Entsendung<br />

70 % der Zeit auf See. Normalerweise<br />

sind zwei oder drei SSGN gleichzeitig<br />

(aber in verschiedenen Regionen) im Einsatz.<br />

Eine durchschnittliche Entsendung<br />

beträgt 12 Monate; vereinzelt rücken die<br />

U-Boote für bis zu 15 Monate aus. Auch<br />

Häfen werden im Einsatzgebiet angelaufen;<br />

manchmal als Freundschaftsbesuch,<br />

Um Wartung und Versorgung zu erleichtern,<br />

sind die SSGN an den gleichen<br />

ständigen US-Standorten wie die<br />

mit Atomraketen bewaffneten Boote der<br />

Ohio-Klasse stationiert. Zwei der Boote<br />

(SSGN 726 und 727) sind der Pazifikflotte<br />

zugeteilt, ihr ständiger Standort ist Bangor<br />

(Bundesstaat Washington). Die übrigen<br />

Einheiten unterstehen der Atlantikflotte<br />

und sind in King’s Bay (Bundesstaat<br />

Georgia) stationiert.<br />

Für Wartungszwecke und für den Besatzungsaustausch<br />

in Übersee gelten die Stützpunkte<br />

Diego Garcia im Indischen Ozean<br />

und Guam im Westpazifik als überseeische<br />

Heimathäfen der SSGN. Hier wurden<br />

2007/2008 zusätzliche Wartungs- und<br />

Versorgungseinrichtungen gebaut und<br />

ausgestattet. Im Mittelmeerraum werden<br />

U-Boote der Ohio-Klasse auf La Maddalena<br />

in Italien versorgt.<br />

Technische Daten<br />

Unterseeboote der Ohio-Klasse sind die<br />

größten U-Boote, die je für die US Navy<br />

gebaut wurden. Weltweit sind nur die beiden<br />

russischen Klassen Typhoon und Borei<br />

größer. Das U-Boot ist 171 m lang und 13 m<br />

breit, mit 11 m Tiefgang. Die Verdrängung<br />

beträgt zirka 16.750 t (aufgetaucht) bzw.<br />

Im US Navy Hafen auf Guam wird ein<br />

Tomahawk Marschflugkörper in einen<br />

Nutzlastbehälter auf USS Michigan<br />

(SSGN 727) geladen<br />

geladen werden. Eine Generalüberholung<br />

des gesamten U-Bootes ist alle 15 Jahre fällig.<br />

Jedes Schiff verfügt über mehrere Sensorensysteme:<br />

das weitreichende BQQ-6<br />

Passivsonar am Bug, das BQR-19 Navigationsonar,<br />

BQS-13 Aktiv- und BQS-15 Passivhochfrequenzsonar<br />

und ein gezogenes<br />

TB-16 Passivsensorensystem zur Ortung<br />

feindlicher U-Boote. Für Navigation und<br />

Im Hafen von Diego Garcia im Indischen Ozean macht USS Georgia (SSGN 729) am<br />

U-Boot Tender Emory S. Land (AS 39) fest. Das U-Boot kann im Hafen oder auf See<br />

Proviant übernehmen und Personal austauschen<br />

Inspektion des Maschinenraums auf<br />

USS Georgia (SSGN 729)<br />

aber alle drei Monate auch, um kleinere<br />

Wartungsarbeiten durchzuführen, Proviant<br />

aufzunehmen und Besatzungen auszuwechseln.<br />

Drei große Logistikluken ermöglichen<br />

es, Frachtpaletten, geschlossene<br />

Ausrüstungsmodule oder größere Maschinenteile<br />

schnell an Bord zu nehmen.<br />

Dies reduziert die Zeit, die ein U-Boot im<br />

Hafen verbringen muss. Brauchwasser und<br />

Sauerstoff werden an Bord aus Meerwasser<br />

aufbereitet.<br />

18.750 t (getaucht). Die erreichte Höchstfahrt<br />

beträgt über Wasser rund 18 kn und<br />

abgetaucht 25 kn. Die Ohio-Klasse erreicht<br />

mehr als 300 m Tauchtiefe. Die Einsatzreichweite<br />

ist aufgrund des Atomantriebes<br />

unbegrenzt.<br />

Die Ohio-Klasse ist mit einem einzigen<br />

Kernreaktor vom Typ S8G (60.000 PS)<br />

ausgestattet. Der Antrieb erfolgt über zwei<br />

Dampfturbinen und einen Antriebsschaft.<br />

Neue Kernbrennstäbe müssen alle 9 Jahre<br />

Meeresüberwachung über Wasser gibt es<br />

das BPS 15A Radarsystem. Hinzu kommen<br />

zwei Periskope der Marke Kollmorgen (Type<br />

152 und Type 82). Alle Sensorensysteme<br />

lassen sich problemlos mit den neuesten<br />

Komponenten nachrüsten.<br />

Als Führungssystem wurde das Raytheon<br />

AN/BYG-1 System installiert. Sämtliche<br />

Sensoren, Waffen und Kommunikationssysteme<br />

sind über das Führungssystem verbunden.<br />

Neue Software und neue Techno-<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 15


Navy News<br />

logie lassen sich problemlos mit dem AN/<br />

BYG-1 System integrieren. Dies gewährleistet,<br />

dass die SSGN stets die neuesten elektronischen<br />

Einsatz- und Führungssysteme<br />

haben.<br />

Für Kampfeinsätze hat jedes Boot neben<br />

den MAC-Behältern auch vier Torpedorohre.<br />

Sie können sowohl schwere Torpedos<br />

vom Typ Mk 48 sowie Harpoon<br />

Antischiffsraketen einsetzen.<br />

Einsatzgeschichte<br />

Ein Maat an der Breitbandsonarkonsole auf USS Florida (SSGN 728)<br />

Die Umrüstung der strategischen U-<br />

Boote zu SSGN kostete 400 Mio. Dollar<br />

pro Schiff und dauerte im Durchschnitt<br />

31 Monate; die Modifizierung war demnach<br />

wesentlich preiswerter (und schneller)<br />

als die Entwicklung und Beschaffung<br />

eines neuen Schiffstyps. Als erste Einheit<br />

ging USS Ohio im November 2002 ins Trockendock.<br />

Die Arbeiten an der Ohio waren<br />

im Dezember 2005 fertig, doch das umgerüstete<br />

Schiff wurde vorsorglich mehr als<br />

ein Jahr lang erprobt. Die vierte und letzte<br />

Einheit (USS Georgia) kehrte im März<br />

2008 zur Flotte zurück.<br />

USS Ohio startete im Herbst 2007 zur<br />

ersten Entsendungsfahrt einer SSGN-Einheit.<br />

Das Schiff war ein Jahr lang der 7. US-<br />

Flotte zugeteilt und fuhr im westlichen<br />

Pazifik sowie im Indischen Ozean.<br />

Im <strong>Juni</strong> 2010 tauchten (im Sinne des<br />

Wortes) drei SSGN gleichzeitig in asiatischen<br />

Gewässern auf: USS Michigan in<br />

Pusan, Südkorea, USS Ohio in Subic Bay<br />

auf den Philippinen und USS Florida vor<br />

Diego Garcia im Indischen Ozean. Die entsprechenden<br />

Fotos wurden sogar durch die<br />

US Navy ins Internet gestellt. Normalerweise<br />

versucht die Navy, den Aufenthaltsort<br />

dieser Einheiten so gut es geht zu verschleiern.<br />

Die öffentliche Entsendung der drei<br />

Schiffe erfolgte nach der Versenkung der<br />

südkoreanischen Korvette Cheonan durch<br />

ein nordkoreanisches U-Boot. Die Entsendung<br />

gilt als Signal an Nordkorea (und indirekt<br />

auch an China), dass die US Navy<br />

Konzeptbild des SSGN Einsatzes<br />

imstande ist, ihre Kampfkraft nach Belieben<br />

in der Region anzubringen. Gleichzeitig<br />

sollten Amerikas Verbündete in der Region<br />

den Schluss ziehen, dass Washington<br />

zu seinen Beistandsverpflichtungen steht.<br />

Bemerkenswert war ferner, dass das<br />

vierte U-Boot, USS Georgia, zur gleichen<br />

Zeit im Mittelmeer unterwegs war.<br />

Dies war das erste Mal, dass sich alle vier<br />

SSGN gleichzeitig auf Entsendungsfahrt<br />

außerhalb amerikanischer Gewässer befanden.<br />

Auch hier wollte das Pentagon bewusst<br />

das Signal senden, dass die USA in<br />

der Lage bleibt, gleichzeitig in zwei getrennten<br />

Kriegsschauplätzen zu kämpfen.<br />

Der erste (bekanntgegebene) Kampfeinsatz<br />

von Marschflugkörpern durch SSGN<br />

erfolgte am 19. März 2011 anlässlich des libyschen<br />

Bürgerkriegs. Als der UN-Sicherheitsrat<br />

am 17. März 2011 die Einrichtung<br />

einer Flugverbotszone für libysche Streitkräfte<br />

erließ, stand USS Florida längst einsatzbereit<br />

auf Tauchstation im Mittelmeer.<br />

Am Abend des 19. März feuerte die Florida<br />

93 Tomahawk Marschflugkörper ab,<br />

um die libysche Flugabwehr zu dezimieren.<br />

Der Hauptteil der ersten Angriffswelle der<br />

NATO stammte allein von diesem U-Boot.<br />

Nachfolge ungewiss<br />

Die vier Unterseeboote wurden zwischen<br />

1981 und 1984 in Dienst gestellt.<br />

Die atomaren Reaktorblöcke der U-Boote<br />

müssen ab 2027 stillgelegt und entsorgt<br />

werden. Die U-Boote sollen daher im Zeitraum<br />

2023 bis 2026 ausgemustert werden.<br />

Ob es einen Nachfolger geben wird,<br />

steht derzeit nicht fest. Das Militär reklamiert<br />

auf jeden Fall langfristigen Bedarf<br />

für die SSGN-Fähigkeiten. Es ist allerdings<br />

kein Geld vorhanden, um eine völlig neue<br />

U-Boot-Klasse zur Nachfolge der Ohio-<br />

SSGN zu entwickeln.<br />

Als vielversprechendste Alternative gilt<br />

die Entwicklung einer SSGN-Variante der<br />

Virginia-Klasse. Die heute gebauten Virginia-Jagdunterseeboote<br />

führen gerade 12<br />

Tomahawk-Marschflugkörper. Diese Waffen<br />

sind in zwei Munitionsbehältern untergebracht,<br />

die jeweils sechs Marschflugkörper<br />

aufnehmen. Diese Behälter sind<br />

den MAC der Ohio-SSGN nachempfunden.<br />

Die Firma General Dynamics/Electric<br />

Boat (Hersteller sowohl der Ohio-Klasse als<br />

auch der Virginia-Klasse) schlägt vor, den<br />

Rumpf der Virginia-Klasse um 29 m zu verlängern,<br />

um Raum für weitere vier Nutzlastbehälter<br />

(für jeweils sieben Marschflugkörper)<br />

zu schaffen. Einheiten der Virginia-Klasse<br />

können bereits 41 SEAL-Kommandos<br />

an Bord führen.<br />

„Die Navy kam 2003 auf uns zu und<br />

fragte nach einer Konzeptlösung, unter<br />

der die Virginia-Klasse die Aufgaben der<br />

SSGN wahrnehmen könnte“, sagte John<br />

Holmander, Vizepräsident von Electric Boat,<br />

im Herbst 2011. „Bis jetzt haben wir ein Modul<br />

entwickelt. Es ist 29 m lang und erweitert<br />

die Nutzlastfähigkeit des Schiffes. Die<br />

Leistungsparameter der Virginia-Klasse –<br />

Fahrtgeschwindigkeit, Ausdauer, Stealth-<br />

Eigenschaften – werden dabei erhalten.“<br />

Das Pentagon beantragte für dieses<br />

Fiskaljahr 800 Mio. Dollar für Forschung<br />

und Entwicklung des dazugehörigen neuen<br />

Nutzlastbehälters. Ob und wann der<br />

Bau der verlängerten Variante der Virginia-Klasse<br />

beantragt beziehungsweise bewilligt<br />

wird – oder wie viele Einheiten beschafft<br />

werden könnten – bleibt allerdings<br />

noch ungewiss.<br />

16 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>


Geschichte<br />

Foto: Archiv Pfeiffer<br />

KS-Boot einlaufend in Sassnitz<br />

20-mm-Oerlikon auf KS-Boot<br />

Foto: Archiv Pfeiffer<br />

Bergen-Sagard und 15-kV-Freileitung Bergen-Glowe,<br />

Aufstellung Barackenlager in<br />

Lietzow. Am 14. August 1953 übergab eine<br />

Kommission der DDR-Regierung das Anlagevermögen<br />

der abgewickelten Großbaustelle<br />

im Wert von ca. 22 Mio. Mark an den<br />

Bezirk Rostock.<br />

A-Lager<br />

Die Leitung des Aufbaustabes, 4 Personen<br />

in Zivil, hatte ihre Arbeits- und Wohnzimmer<br />

in der Nachrichten-Offizierslehranstalt<br />

der VP-See auf Stubbenkammer. Sie<br />

standen mit einem Monatsgehalt von 3.000<br />

Mark auf der Gehaltsliste des MdI. Die für<br />

das Bauprojekt angeworbenen Arbeiter<br />

verdienten monatlich bis zu 800 Mark. Im<br />

Vergleich dazu betrug der monatliche Verdienst<br />

eines Arbeiters 300 und eines Ingenieurs<br />

450 Mark. Der Verbindungsoffizier<br />

der Marineführung, Hauptmann (Intendantur)<br />

Fritz Stuckatz befand sich im sogenannten<br />

„weißen Haus“ in der Ortsmitte<br />

von Glowe. Die Gebäude der Bauleitung,<br />

Verwaltung und Versorgung (22 Baracken)<br />

bildeten das A-Lager in Glowe. Die Lebensmittelzuteilung<br />

für die Mitarbeiter der Bauleitung<br />

basierte auf Lebensmittelkarten der<br />

Kategorie „UT“– unter Tage.<br />

B-Lager/C-Lager<br />

Etwa 45 Baracken im B-Lager (Glowe)<br />

dienten den aus allen Landesteilen herangefahrenen<br />

Arbeitern der Bau-Union Nord<br />

als Unterkünfte. Eine Dresdener Speditionsfirma<br />

mit Sitz in Glowe organisierte<br />

die Transporte der Beschäftigten und des<br />

Baumaterials quer durch die Republik. Die<br />

Mehrzahl der ca. 30 Holzbaracken des im<br />

1953 eingerichteten C-Lager in Bobbin hatte<br />

nach dem Baustopp als Materiallager bis<br />

1990 „überlebt“. Das Banner der Bundeswehr<br />

wehte nur für kurze Zeit am Eingangstor.<br />

Hinter Stacheldraht<br />

Noch 1991 erinnerten Bauwerke und<br />

Zaunreste in einem morastigen Waldgebiet<br />

bei Glowe an das KVP- und Haftlager<br />

(H) der Strafgefangenen. 500 Volkspolizisten<br />

bewachten dort mit Hunden eine Armee<br />

von Arbeitssklaven, bis zu 4.200 Häftlinge<br />

im Alter von 15 bis 60 Jahren. Die wegen sogenannten<br />

Wirtschaftsvergehen und im Zuge<br />

der Stasiaktion „Rose“ Inhaftierten hausten<br />

in einem Barackenlager mit dreifacher<br />

Stacheldrahtumzäunung. Für den elektrisch<br />

geladenen Mittelzaun musste extra eine Umspannstation<br />

in Glowe gebaut werden. Im<br />

H-Lager befanden sich eine Wäscherei, Bäckerei,<br />

Tischlerei, Krankenbaracke mit OP-<br />

Einrichtung, 2 Großküchen, Schuhmacher,<br />

mehrere Speisesäle und Klubräume, Frisör,<br />

Kfz-Hallen, Feuerwehrdepot und diverse<br />

Werkstätten. Als der Autor 1991 mit der<br />

Ortschronistin die vom Vandalismus befallene<br />

Barackensiedlung durchstreifte, verwies<br />

Frau Gertrud Andresen auf die Schattenrisse<br />

eines Schriftzuges am Eingang der 400<br />

Mann fassenden Klubbaracke. Dort stand<br />

der von den Nazis verwendete Spruch „Jedem<br />

das Seine“ (!). Die Wachmannschaften<br />

wohnten in einer Häuser- bzw. Barackensiedlung<br />

neben dem H-Lager. Für die Polizeihunde<br />

existierte ein 50 m langer Hundezwinger<br />

mit Hundeküche.<br />

Barackenlager in Frauenhand<br />

Arbeiter bereiten das Gelände für die Urlaubssaison 1953 vor<br />

Nach dem Abzug der KVP (Kasernierte<br />

Volkspolizei), Bauleute und Strafgefangenen<br />

aus Glowe und Umgebung begannen<br />

Einwohner, vorwiegend Frauen, die Gebäude<br />

als Urlauberunterkünfte herzurichten.<br />

„Es roch förmlich noch nach Männern“, erinnerte<br />

sich Frau Andresen. Die Krankenstation<br />

(A-Lager) erhielt das Ministerium<br />

für Gesundheitswesen. Die Baracken des<br />

B-Lagers wurden Kinderferien- und Schulungslager<br />

des Ministeriums für Hüttenwesen<br />

und Erzbergbau. Aus Teilkomplexen<br />

des KVP- und H-Lagers errichteten<br />

die Chemischen Werke Buna eine Feriensiedlung<br />

und das Ministerium für Volksbildung<br />

den „Jugendwerkhof Makarenko“.<br />

Die umgebauten Baracken und Lagergebäude<br />

dienten Jugendgruppen und Schulklassen<br />

sowie DDR-Familien bis 1990 als<br />

Unterkünfte für den ersehnten Ferienurlaub<br />

an der idyllischen Ostseeküste.<br />

Foto: Gertrud Andresen, Archiv Pfeiffer<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 21


Geschichte<br />

Eintagsfliegen<br />

Die Klein-U-Boote der Klasse 202<br />

Hans Karr<br />

Parallel zu dem Bau der<br />

ersten U-Boote der<br />

Klassen 201/205 (siehe Leinen<br />

los! 5/<strong>2013</strong>, S. 19 ff.)<br />

begann die Bundesmarine<br />

auch mit der Beschaffung<br />

von Klein-U-Booten. Die<br />

Arbeiten an deren Schiffsentwurf<br />

hatten bereits 1957<br />

begonnen. Als Aufgabe war<br />

ihnen der Vorposten- und<br />

Aufklärungsdienst sowie<br />

die Verwendung als kleine<br />

wendige U-Bootjäger zugedacht.<br />

Bis zu 40 Einheiten<br />

des auch als KUB (Küsten-<br />

U-Boot) bezeichneten Vorhabens<br />

waren vorgesehen.<br />

Amtsintern erhielten sie die<br />

Bezeichnung Klasse 202.<br />

Als Vorserie wurden im<br />

Juli 1959 bei den Atlas Werken<br />

in Bremen drei Klein-<br />

U-Boote beauftragt. Immer<br />

wieder neue Diskussionen<br />

und Änderungswünsche<br />

der Marine hinsichtlich<br />

Zielsetzung und Ausrüstung<br />

verzögerten den<br />

Baubeginn. In der Folge kam es schließlich<br />

gänzlich zur Aufgabe des dritten Bootes.<br />

Als Erprobungsträger baute man dann<br />

ab Oktober 1961 die beiden Boote Hans<br />

Techel und Friedrich Schürer, die am<br />

15. Oktober 1965 und 6. April 1966 in<br />

Dienst stellten und die Bordnummern<br />

S 172 und S 173 erhielten. Die Namensge-<br />

Schiffsdaten Klasse 202<br />

Verdrängung<br />

Länge<br />

Breite<br />

Tiefgang<br />

Tauchtiefe<br />

Geschwindigkeit<br />

Fahrbereich<br />

Besatzungsstärke<br />

100 t/ 137 t<br />

23,10 m<br />

3,40 m<br />

2,70 m<br />

100 m<br />

6 kn/ 13 kn<br />

400 sm bei 4 kn<br />

6 Personen<br />

Indienststellung der Hans Techel am 15.10.65<br />

bung geht auf Ingenieure zurück, die an<br />

der deutschen U-Bootentwicklung maßgeblich<br />

beteiligt waren. Bei diesen beiden<br />

Einheiten sollte es dann aber auch bleiben.<br />

Das angedachte Konzept bewährte<br />

sich nicht. Für die vorgesehenen Einsatzaufgaben<br />

erwiesen sich die Boote als ungeeignet.<br />

Nach nur wenigen Monaten stellten<br />

beide Einheiten am 15. Dezember 1966<br />

wieder außer Dienst. Eine durchgeführte<br />

Untersuchung für die Herrichtung und<br />

weitere Verwendung als Sonderfahrzeuge<br />

verlief negativ. Die Boote wurden anschließend<br />

verschrottet und hatten damit<br />

die kürzeste Dienstzeit von Schiffen oder<br />

Booten in der Bundesmarine. Diese Fehlinvestition<br />

kostete damals den deutschen<br />

Steuerzahler 30 Mio. DM.<br />

Die U-Boote der Klasse 202 waren<br />

Einhüllenboote aus amagnetischem<br />

Stahl. Ihre Maschinenanlage bestand aus<br />

einem ebenfalls amagnetischen Merce-<br />

des-Benz-Viertakt-8-Zylinder-Dieselmo-<br />

tor mit 330 PS/243 kW Leistung. Über<br />

einen Ladegenerator erfolgte die Aufladung<br />

der 23 t schweren Batterie. Im umgekehrten<br />

Betrieb über die Batterie diente<br />

er wiederum in Zweitfunktion als Elektro-Fahrmotor<br />

(350 PS/257 kW). Für<br />

Schleichfahrt war ein zusätzlicher Elektromotor<br />

(27 PS/20 kW) vorhanden. Die<br />

Boote unterschieden sich in der Heckruder-Ausführung.<br />

Während Friedrich<br />

Schürer eine Kortdüse aufwies, hatte<br />

Hans Techel beidseitig der Schraube<br />

je ein Ruderblatt. Eine Anordnung, wie<br />

sie auch auf den U-Booten der Klassen<br />

201/205 vorhanden war.<br />

Die elektronische Ausstattung umfasste<br />

eine umfangreiche Sonarausrüstung,<br />

eine Gruppenhorchanlage, ein Navigationsradar,<br />

ein Radarwarngerät sowie<br />

Fernmeldeeinrichtungen. Weiterhin<br />

waren ein Sehrohr und ein Schnorchel an<br />

Bord. An Bewaffnung besaß die Klasse 202<br />

zwei 533-mm-Bugtorpedorohre.<br />

Foto: Deutsche Marine<br />

22 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>


Maritime Trauerkultur<br />

Seminar der Deutschen Maritimen Akademie<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Marinebund</strong>/Deutsche Maritime Akademie<br />

Jedes Jahr werden wir im Herbst am Volkstrauertag und am sogenannten Totensonntag mit dem Thema<br />

Tod und Sterben konfrontiert. Nicht nur in unserem Marine-Ehrenmal in Laboe, sondern überall<br />

in Deutschland treffen sich Menschen auf den Friedhöfen und bei den Ehrenmälern, um ihrer Toten<br />

und Gefallenen zu gedenken. Private und persönliche Trauer verbindet sich an diesen Tagen mit öffentlichem<br />

Erinnern und Gedenken. Wir wollen uns in diesem Seminar mit den vielfältigen Aspekten dieses<br />

Themas beschäftigen. Dabei wollen wir nicht nur theoretische, sondern auch praktische Hilfestellungen<br />

für all diejenigen erarbeiten, die für die Ausgestaltung von Gedenkfeiern Anregungen suchen. Das Seminar<br />

richtet sich auch an diejenigen, die über eine Seebestattung nachdenken, da wir uns mit den Aspekten<br />

dieser – vor allem für ehemalige Seefahrer – immer häufiger genutzten Bestattungsart auseinandersetzen.<br />

DEUTSCHE<br />

MARITIME<br />

AKADEMIE<br />

Eine Stiftung des<br />

Deutschen <strong>Marinebund</strong>es e.V.<br />

Seminarleitung: Militärdekan Klaus Grunwald<br />

Teilnehmer: DMB-Mitglieder und deren Angehörigen<br />

Ort: Laboe, Hotel Admiral Scheer<br />

Datum: 23. bis 25. Oktober <strong>2013</strong><br />

Mittwoch, 23. Oktober: Anreise, abends Seminarbeginn<br />

Donnerstag, 24. Oktober: ganztägiges Seminar<br />

Freitag, 25. Oktober: vormittags Seminar, anschl. Abreise<br />

Kosten: Seminarteilnehmer € 198,00, darin enthalten zwei Übernachtungen im Hotel Admiral Scheer, Verpflegung<br />

vom Mittwochabend bis Freitagmittag, Einlaufbier, Pausenverpflegung und -getränke, Kaffee<br />

und Kuchen sowie Seminargebühr.<br />

Für die Teilnehmer, die eventuell ihre Partner mitbringen möchten: Begleitung (Unterbringung im selben Zimmer/keine<br />

Teilnahme am Seminar) pro Nacht inkl. Halbpension 35,00 € oder Vollpension 45,00 €. Wer gerne das Wochenende in Laboe<br />

verlängern oder vorher anreisen möchte, kann für 55,00 € pro Person und pro Nacht (inkl. Halbpension) Verlängerungstage<br />

buchen. Anmeldungen an die DMB-Geschäftsstelle in Laboe. <br />

mfa<br />

Foto: Norbert Schmiedel<br />

Abschied nach 42 Jahren<br />

Im Rahmen eines feierlichen Festaktes<br />

wurde am 4. Mai Horst Döring, langjähriger<br />

Vorsitzender der MK „Admiral<br />

Mischke“ Lahnstein, auf Burg Lahneck<br />

verabschiedet. Die Familien Mischke und<br />

von Preuschen hatten für einen würdigen<br />

Rahmen gesorgt und die Kapelle der<br />

Burg als Festsaal zur Verfügung gestellt.<br />

Es war Dörings persönlicher Wunsch,<br />

sein Amt als Vorsitzender nach 42 Jahren<br />

in jüngere Hände abzugeben.<br />

Unter den zahlreichen Gästen waren<br />

u.a. der Oberbürgermeister der Stadt<br />

Lahnstein, Peter Labonte mit Gattin, die<br />

Landtagsabgeordneten Matthias Lammert<br />

und Frank Puchtler, der Vizepräsident des<br />

DMB Werner Schiebert, LVL Südwest Daniel<br />

Buß und Abordnungen der MKen Koblenz,<br />

Andernach, Bad Ems und Alzey.<br />

Natürlich fehlten auch der Vorsitzende<br />

des Kur- und Verkehrsvereins Günter<br />

Groß und die Rhein-Lahn-Nixe Sabine I.<br />

nicht bei dieser außergewöhnlichen Veranstaltung.<br />

Für die musikalische Umrahmung<br />

sorgte der Shanty-Chor der MK unter<br />

Leitung von Wolfgang Fink.<br />

Nach einer kurzen Begrüßung durch<br />

den Hausherrn Gerhard Mischke und den<br />

neuen Vorsitzenden Hans-Georg Schwamb<br />

hielt Dr. Stefan Rudolph, Staatssekretär im<br />

Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus<br />

des Landes Mecklenburg-Vorpommern,<br />

eine bewegende Laudatio auf Horst<br />

Döring. Er ließ das Leben Dörings noch<br />

einmal Revue passieren und beleuchtete<br />

besonders dessen 42-jährige Amtszeit<br />

als 1. Vorsitzender der MK Lahnstein. Er<br />

dankte Döring mit einem Bild der Ostseeküste<br />

für dessen persönliches Engagement<br />

für das Zusammenwachsen Deutschlands<br />

in gegenseitiger Achtung und Treue.<br />

Es folgten Grußworte des Oberbürgermeisters,<br />

der Rhein-Lahn-Nixe und<br />

des DMB-Vizepräsidenten, der Döring<br />

mit der Ehrenmedaille des DMB-Präsidenten<br />

auszeichnete. Gerhard Mischke<br />

erhielt aus Schieberts Hand die Goldene<br />

Verdienstnadel des DMB für sein weit<br />

überdurchschnittliches Engagement für<br />

das maritime Gedankengut und die Unterstützung<br />

der örtlichen MK.<br />

Ein weiterer Höhepunkt war die Überreichung<br />

einer Urkunde durch Schwamb,<br />

der Horst Döring feierlich zum Ehrenvorsitzenden<br />

ernannte.<br />

Sichtlich gerührt bedankte sich Döring<br />

für die Auszeichnungenund „meldete“<br />

sich anschließend ab zu einem wohlverdienten,<br />

mehrwöchigen Urlaub mit<br />

Ehefrau Renate ab.<br />

Gerhard Mischke lud alle Teilnehmer<br />

zu einem gemütlichen Beisammensein<br />

und einen leckeren Imbiss ein. Dazu<br />

standen den Gästen zahlreiche Räume<br />

der Burg offen. <br />

ws<br />

v.l.: Daniel Buss, Frau von Preuschen,<br />

Carl-Lothar Wolpers, Gerhard Mischke,<br />

Rhein-Lahn Nixe Sabine I., Werner<br />

Schiebert, Horst Döring, Renate Döring,<br />

Dr. Stefan Rudolph, Peter Labonte und<br />

Hans-Georg Schwamb<br />

Leinen los! 6/<strong>2013</strong> 23


Nachrichten Aus der Seefahrt<br />

Für Offshorewind-installationen<br />

Die Pacific Orca (Foto) und ihre Schwester Pacific Osprey sind die bislang größten<br />

Windturbinen-Installationsschiffe<br />

Kürzlich sind mit der Pacific Orca und der<br />

Pacific Osprey die bislang größten Windturbinen-Installationsschiffe<br />

(WTIS) von der<br />

Swire Pacific Offshore Operations in Betrieb<br />

genommen worden. Gebaut sind sie unter<br />

Aufsicht des Germanischen Lloyds von der<br />

südkoreanischen Samsung Heavy Industries<br />

auf der Werft in Geoje. Bei den beiden<br />

Schiffen handelt es sich um Fahrzeuge der<br />

dritten Generation zur Erledigung dieser<br />

anspruchsvollen Spezialaufgaben auf See.<br />

Bei 161 m Länge, 49 m Breite und 10,40<br />

m Seitenhöhe verfügen sie über eine enorme<br />

Kapazität. Sie sind mit einem Eigenantrieb<br />

für bis zu 13 kn Geschwindigkeit, einem<br />

Hubschrauberlandedeck und einem<br />

Kran für Lasten bis zu 1.200 t ausgerüstet<br />

und können bis 8.400 t transportieren.<br />

Diese Spezialfahrzeuge sind in der Lage, bei<br />

jedem Einsatz bis zu 12 Windturbinen der<br />

3,6-MW-Klasse zu übernehmen und auf<br />

Position zu errichten, und zwar in bis zu 60<br />

m tiefem Wasser. Dazu können die Plattformen<br />

mit ihren 6 ausfahrbaren Stelzen<br />

(Jack ups) gut 15 m über die Wasseroberfläche<br />

hinaus emporgestemmt werden. Dadurch<br />

minimiert sich der Einfluss von Wellen<br />

und Wind auf die Installationstätigkeit<br />

erheblich, und so kann noch bis zu 2,5 m<br />

Wellenhöhe und 20 m/s Windgeschwindigkeit<br />

gearbeitet werden. <br />

hjw<br />

Foto: Swire Blue Ocean<br />

Seenotrettungsboot neuer Art<br />

Noch mehr Verschrottungen<br />

Indienststellung Walter Rose<br />

Sturmerprobt war es bereits, aber nun ist<br />

es nach entsprechender Nachrüstung unter<br />

dem Namen Walter Rose ein zweites Mal<br />

als Seenotrettungsboot in Dienst genommen<br />

worden. Sie war zuvor als Tochterboot Verena<br />

des 2003 gebauten Seenotkreuzers Hermann<br />

Marwede auf der Station Helgoland<br />

im Einsatz. Als dieser Ende 2012 ein neues<br />

Tochterboot erhielt, wurde die Verena<br />

nach umfangreicher Generalüberholung unter<br />

neuem Namen der Station Schilksee für<br />

Einsätze im Bereich der Kieler Förde zugeteilt.<br />

Gefahren wird es von freiwilligen Seenotrettern.<br />

Die Walter Rose gehört zur 9,5-m-Klasse<br />

der DGzRS, von der weitere 18 Schiffe auf<br />

verschiedenen Stationen in allen Nord- und<br />

Ostseerevieren im Einsatz sind. Wie alle Rettungseinheiten<br />

der Gesellschaft ist auch dieses<br />

Boot als Selbstaufrichter gebaut. hjw<br />

Foto: DGzRS<br />

Im Vergleich zum Vorjahr 2012 hat sich<br />

die Zahl der zum Abwracken veräußerten<br />

Schiffe weiter erhöht. So sind nach<br />

Angaben des Londoner Schiffsmaklers<br />

Seasure Shipping im Laufe des Jahres<br />

2012 weltweit knapp 1.000 Schiffe<br />

aller Typen abgebrochen worden<br />

– fast die Hälfte davon waren Bulkcarrier.<br />

Athenian Shipping gibt die Tonnage<br />

aller Schiffe mit 55,1 Mio. t an. Andere<br />

Quellen sprechen von 59 Mio. t. Im<br />

Jahr davor waren es 40 Mio. t gewesen.<br />

Auch für das laufende Jahr zeichnet sich<br />

der Fortgang des Trends ab, eine größere<br />

Anzahl Schiffe aus dem Markt zu nehmen<br />

und den Weg allen alten Eisens gehen zu<br />

lassen, um die immer noch viel zu hohen<br />

Überkapazitäten zu verringern. Das gilt<br />

nicht nur für Massengutfrachter, sondern<br />

im Besonderen auch für Containerschiffe.<br />

Allein in den ersten beiden Monaten <strong>2013</strong><br />

sind 37 Frachter dieses Typs, der das Rückgrat<br />

der internationalen Linienschifffahrt<br />

bildet, an Abbrecher verkauft worden. Dabei<br />

haben die Schrottpreise seit Jahresbeginn<br />

wieder angezogen, sie sind allerdings<br />

noch weit entfernt von dem im April 2011<br />

erreichten hohen Niveau. hjw<br />

24 Leinen los! 6/<strong>2013</strong>

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