Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Das Wahrnehmungs - Luftwaffe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ten abgelegt 14 . Diese Schablonen liegen<br />
nicht nur im Langzeitspeicher<br />
unseres Gehirns, sondern auch im<br />
Nahbereich jener Stellen, die mit der<br />
Reizaufnahme während des Lernprozesses<br />
befasst waren 15 .<br />
Diesem Phänomen ist es zu verdanken,<br />
dass wir z.B. unser Lfz auch ohne<br />
Beleuchtung anlassen oder abstellen<br />
könnten, weil der jeweils nächste<br />
Schritt, die nächste Tätigkeit eines<br />
Handlungsabschnitts, räumlich und<br />
inhaltlich durch Motorik erinnert wird.<br />
Ist vielleicht im Rahmen der Modifizierung<br />
einer Cockpitauslegung ein<br />
Schalter umgesetzt worden, wird der<br />
Arbeitsfluss unterbrochen. Der Soll-Ist-<br />
Vergleich zwischen der unbewusst<br />
erwarteten Position des betreffenden<br />
Schalters und der realen Auslegung an<br />
der entsprechenden Stelle, stoppt den<br />
flüssigen Ablauf aller Handgriffe.<br />
Automatisch wird aus unbewusster<br />
Aufmerksamkeit, bewusste Aufmerksamkeit<br />
und wir lenken den Fokus<br />
unserer Wahrnehmung auf die betreffende<br />
Stelle.<br />
Auch und gerade unbewusste Aufmerksamkeit<br />
überwacht Grenzen und<br />
„weckt” uns bei Bedarf. Erst dann,<br />
wenn das Bewusstsein eingeschaltet<br />
wurde, spüren wir, dass Ressourcen<br />
verbraucht werden, weil die Aufmerksamkeit<br />
jetzt Wahrnehmung und<br />
Analyse von anderen Bereichen abzieht<br />
und an die betreffende Stelle<br />
lenkt. Unbewusste Aufmerksamkeit<br />
verbraucht subjektiv keine Ressourcen<br />
16 und läuft, solange man körperlich<br />
und geistig fitt ist, gleichsam unmerklich<br />
ab. Der Grund für dieses<br />
System der Aufmerksamkeitszuwendung<br />
liegt darin, dass ein <strong>Wahrnehmungs</strong>prozess<br />
mit begrenzter<br />
Aufmerksamkeitsspanne für den<br />
Organismus nur dann von Nutzen sein<br />
kann, wenn er sich trotz alledem sehr<br />
flexibel an eine Vielzahl von Umweltbedingungen<br />
und Bedürfnissen<br />
anpassen kann. <strong>Das</strong> heißt, dass ein<br />
momentan ablaufender Bewusstseinsprozess,<br />
jederzeit bei Gefahr unterbrochen<br />
und durch einen neuen ersetzt<br />
werden können muss. Die Evolution<br />
hat uns damit ausgestattet, wenn<br />
auch nur nach dem Ein-Kanal-Modell.<br />
Damit sind unbewusste Reaktionen<br />
gemeint, wie z.B.:<br />
Die Blickwendung hin zu einem<br />
Lichtimpuls.<br />
Die Wendung der Augen in die<br />
linke oder rechte Hälfte des<br />
Gesichtfeldes nach Änderung der<br />
Geräuschkulisse.<br />
Die Hinwendung zu einem<br />
Luftzug.<br />
Die Unruhe bei bestimmten Gerüchen.<br />
Diese Vorgänge dienen der Orientierung<br />
und sind kaum kontrollierbar.<br />
Je nach Ausprägungsgrad und Intensität<br />
des jeweiligen Reizes, sind die<br />
Körperreaktionen entsprechend 17 .<br />
Diese tief verankerten Reaktionen<br />
beeinflussen die Aufmerksamkeitssteuerung<br />
und binden Ressourcen.<br />
Ein unbewusst ausgelöster motorischer<br />
Impuls kann nicht gestoppt<br />
werden.<br />
Unabhängig von diesen reflexartigen<br />
Reaktionen steht fest, dass, je<br />
mehr Schablonen für die Bewältigung<br />
eines bestimmten Handlungsabschnitts<br />
im Langzeitspeicher eingelagert<br />
sind, das heißt, je mehr gelernte<br />
Verhaltensmuster für eine Aufgabe zur<br />
Verfügung stehen, desto mehr Abschnitte<br />
automatisierten Verhaltens<br />
sind möglich und desto mehr Ressourcen<br />
können für das Unvorhergesehene<br />
geschont werden.<br />
<strong>Das</strong> funktioniert jedoch nur, wenn<br />
der Übungsstand ständig angemessen<br />
hoch ist, denn auch Konturen eingelagerter<br />
Schablonen, oder besser gesagt<br />
Konturen automatisierter Verhaltensmuster,<br />
verblassen mit der Zeit, verlängern<br />
dadurch Reaktionszeiten und verbrauchen<br />
Ressourcen für Handlungsabschnitte,<br />
die ehemals unmerklich<br />
abliefen. Der Betroffene bemerkt<br />
davon erst etwas, wie bereits angedeutet,<br />
in der akuten Situation, in der<br />
er entsprechend handeln müsste –<br />
wissen hätte er es vorher können,<br />
denn diese Erfahrung gehört zum täglichen<br />
Leben.<br />
Deshalb ist es prinzipiell problematisch,<br />
sich auf eine ehemals erbrachte<br />
Leistung zu verlassen –<br />
das kann trügerisch sein 18 .<br />
Doch nun zum zweiten Aspekt<br />
menschlicher Zuwendung, der umgangssprachlich<br />
auch gemeint ist,<br />
wenn über Aufmerksamkeit gesprochen<br />
wird..<br />
Bewusste<br />
Aufmerksamkeit<br />
Im Gegensatz zur unbewussten<br />
Aufmerksamkeit, die den weiten und<br />
wichtigen Komplex jeglichen automatisierten<br />
Verhaltens abdeckt, kann der<br />
bewusste Teil der Aufmerksamkeitssteuerung<br />
mit dem Vorgang der<br />
„Kontrolle” 19 treffend beschrieben<br />
werden.<br />
Die physiologische Voraussetzung<br />
für bewusste Aufmerksamkeit ist<br />
Aktivation. Wie bereits weiter oben<br />
beschrieben, entspricht die Stärke der<br />
Aktivation der Stärke des resultierenden<br />
Reizes, der aus dem Bereich des<br />
Stammhirns auf die Grußhirnrinde<br />
wirkt. Dadurch wird die Intensität der<br />
Verhaltensbereitschaft des Organismus<br />
bestimmt. In einem mittleren, optimalen<br />
Reizzustand sind wir alle auch zu<br />
einer uns eigenen, optimalen Form des<br />
Verhaltens imstande.<br />
Bewusste Aufmerksamkeit ist aufgrund<br />
der Ein-Kanal-Problematik<br />
immer selektiv, niemals umfassend.<br />
Deshalb kommt es darauf an, die richtigen<br />
menschlichen Kapazitäten an<br />
den jeweils akuten „Knackpunkten”<br />
anzusetzen, um keine Ressourcen für<br />
Unwichtiges zu vergeuden 20 .<br />
Dieser für uns sehr wichtige Vorgang<br />
der Aufmerksamkeitssteuerung<br />
wird sehr treffend mit „situativer<br />
Aufmerksamkeit” beschrieben. Dazu<br />
nun mehr.<br />
24 I/2002 FLUGSICHERHEIT