Sibirischer Uhu - Tierparkfreunde Hellabrunn eV
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L Ö H L E I N S T I E R L E B E N N R . 6 7 1 3<br />
<strong>Sibirischer</strong> <strong>Uhu</strong><br />
Bubo bubo sibiricus<br />
Verbreitung: Östliches Russland und westliches Sibirien, Baschkirien, Mittlerer Ob,<br />
West-Altai-Gebirge. Im Norden bis an den Rand der Taiga.<br />
Lebensraum: sehr unterschiedlich: von Wäldern über offene Landschaften zu Felshängen,<br />
Steinbrüchen und sogar Steppen, oft in Gewässernähe<br />
Nahrung: Kleinsäuger und Vögel<br />
Besonderheiten: weltweit größte Eulenart, Kopf lässt sich 270° weit drehen,<br />
auffällige orange Augen und große Federohren.<br />
Alter: im Freiland 25 Jahre, im Zoo über 50 Jahre<br />
Lebensweise: nachtaktiver Ansitz- oder Suchflugjäger, Standvogel.<br />
Gefährdung: fehlende Brutmöglichkeiten durch übermäßige Forstwirtschaft,<br />
Lebensraumzerstörung.<br />
Bestand: bislang nicht gefährdet<br />
<strong>Hellabrunn</strong>er Sibirische <strong>Uhu</strong>s: ein ausgewachsenes <strong>Uhu</strong>-Paar von 3 und 5 Jahren Alter,<br />
die aus dem Eulenhof-Zoo bei Neumarkt in der Oberpfalz stammen<br />
Fütterungszeiten: die <strong>Uhu</strong>s erhalten ihr Futter gegen Abend und fressen dann in der Nacht.
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LÄNGERE ZEIT BEEINDRUCKTE EIN<br />
EUROPÄISCHER UHU ALS TEILNEHMER<br />
DER FALKNEREIVORFÜHRUNG DIE<br />
BESUCHER HELLABRUNNS MIT SEINEM<br />
LAUTLOSEN FLUG UND SEINER GRÖ-<br />
SSE. DENN DER UHU IST DIE GRÖSSTE<br />
EULENART DER WELT. NACHDEM ER<br />
STARB, GAB ES EINIGE JAHRE KEINE<br />
UHUS IN HELLABRUNN ZU SEHEN.<br />
DOCH NUN KAM AUS DEM EULENHOF-<br />
ZOO BEI NEUMARKT IN DER OBER-<br />
PFALZ EIN PAAR SIBIRISCHER UHUS.<br />
NACH HELLABRUNN. UND DIE SIND<br />
SOGAR NOCH EIN BISSCHEN GRÖSSER<br />
ALS DER EINHEIMISCHE UHU, DENN<br />
DIE SIBIRISCHEN UHUS SIND DIE<br />
GRÖSSTE UNTERART DER UHUS.<br />
<strong>Uhu</strong><br />
Bubo bubo sibiricus<br />
Woran liegt es, dass ausgerechnet<br />
die Sibirischen <strong>Uhu</strong>s so<br />
groß sind? An der Bergmann’schen<br />
Regel! Dies ist eine<br />
tiergeographische Regel,<br />
die 1847 vom Göttinger Anatom<br />
und Physiologen Carl<br />
Bergmann aufgestellt wurde.<br />
Sie sagt folgendes aus: Die Individuen<br />
einer gleichwarmen<br />
Art, also einer Vogel- oder<br />
Säugetierart, sind in den kälteren<br />
Regionen des Verbreitungsgebietes<br />
größer als in<br />
den wärmeren Regionen. Dies<br />
gilt für Unterarten innerhalb<br />
einer Art, aber auch für Arten<br />
innerhalb einer Gattung oder<br />
Familie.<br />
Ursache dafür ist der Temperaturverlust<br />
über die Körperoberfläche.<br />
Denn je größer ein<br />
Tier ist, desto kleiner ist seine<br />
Körperoberfläche im Vergleich<br />
zum Körpergewicht und der<br />
Wärmeverlust über die Hautdamit<br />
auch umso geringer. Um<br />
erfolgreich in kalten Regionen<br />
leben zu können, muss der<br />
Wärmeverlust gering gehalten<br />
werden. Deshalb sind große<br />
Tiere mit einer geringen relativen<br />
Körperoberfläche im Vorteil.<br />
Neben dem <strong>Uhu</strong> noch ein<br />
paar weitere Beispiele für die<br />
Bergmann’sche Regel: Der im<br />
Warmen lebende Galapagos-<br />
Pinguin ist die kleinste Pinguin-Art.<br />
Der in der südlichsten<br />
Antarktis lebende Kaiserpinguin<br />
ist die größte Pinguin-Art.<br />
Ein anderes Beispiel: Der Eisbär<br />
ist viel größer als der Braunbär.<br />
Unter den verschiedenen<br />
Braunbär-Unterarten ist wiederum<br />
der im Mediterranen lebende<br />
Syrische Braunbär die<br />
kleinste Unterart.<br />
Im Gegensatz zum Europäischen<br />
<strong>Uhu</strong>, der bis vor einigen<br />
Jahren in <strong>Hellabrunn</strong> lebte,<br />
werden die Sibirischen <strong>Uhu</strong>s<br />
nicht an den Flugvorführungen<br />
teilnehmen. Denn es handelt<br />
sich um ein Paar im besten<br />
Fortpflanzungsalter (3 und 5<br />
Jahre alt), das sich um die Brut<br />
statt um Flugvorführungen<br />
kümmern soll. Dazu wird dem
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<strong>Uhu</strong>pärchen seit Mai einer der leerstehenden Zeltvolieren<br />
am Rande des Dschungelzelts umgebaut. Steinaufbauten<br />
mit Nischen sollen als Sitzplätze dienen und<br />
die Voliere soll neu bepflanzt werden. Dann erst zieht<br />
das Eulenpaar von seinem bisherigen Gehege, in dem<br />
früher die Wildkatzen lebten, ins neue Gehege um.<br />
Ab nächstem Frühjahr kann dann auf erste Bruterfolge<br />
gehofft werden. Dieses Jahr war es für die Brut im<br />
März schon zu spät, denn der Brut geht eine etwa<br />
zweimonatige Balz voraus und die beiden <strong>Uhu</strong>s kamen<br />
erst Anfang des Jahres in <strong>Hellabrunn</strong> an. Letztes Jahr<br />
hatten sie im Eulenzoo in der Oberpfalz aber bereits<br />
gebalzt, waren für eine erfolgreiche Brut aber wohl<br />
noch zu jung. Da Sibirische <strong>Uhu</strong>s in lebenslanger Monogamie<br />
leben, gibt es berechtigte Hoffnungen auf<br />
Bruterfolge in den nächsten Jahren. In der Brutzeit gilt<br />
es dann für die Tierpfleger besonders aufzupassen.<br />
Denn ausgewachsene <strong>Uhu</strong>s schützen ihr Nest gegen<br />
Eindringlinge und schrecken auch vor Angriffen auf<br />
die eigenen Tierpfleger nicht zurück. Dieses Frühjahr<br />
wird aber nicht gebrütet und deshalb verhalten sich<br />
die <strong>Uhu</strong>s eher scheu und zurückhaltend.<br />
ZOOLOGISCHES<br />
Der Sibirische <strong>Uhu</strong> ist die weltweit größte Eulenart.<br />
Das deutlich größere Weibchen erreicht ein Gewicht<br />
von bis zu 3000 Gramm bei einer Flügelspannweite<br />
von 170 cm. Der Kopf läßt sich um 270° drehen, was eine<br />
gute Rundumsicht des Ansitzjägers ermöglicht. Die<br />
auffällig orangefarbenen Augen liegen nahe nebeneinander<br />
und können sowohl bei Tag als auch bei<br />
Nacht sehr gut räumlich und sehr scharf sehen. Auf<br />
dem Kopf sitzen bis zu 8 cm große Federohren, die bei<br />
Gefahr oder Erregung aufgestellt werden. Das Gehör<br />
ist ebenfalls hervorragend ausgebildet und gilt bei der<br />
Jagd als wichtigstes Sinnesorgan.<br />
Der deutsche Name <strong>Uhu</strong> wird wie der lateinische Name<br />
Bubo von den charakteristischen Balzrufen der<br />
<strong>Uhu</strong>s abgeleitet. Während der Balz versucht der <strong>Uhu</strong><br />
das Weibchen mit Fütterungs- und Locklauten zum<br />
Nestplatz zu locken. Hat das Weibchen den Nistplatz<br />
akzeptiert, beginnt das Männchen oft schon Wochen<br />
vor der eigentlichen Brut das Weibchen mit Futter zu<br />
versorgen. 34 Tage nach der Eiablage schlüpfen die<br />
Jungeulen, die fünf Monate lang von ihren Eltern versorgt<br />
werden.<br />
Tagsüber ruht der <strong>Uhu</strong> in Tarnhaltung in Baumkronen<br />
oder Felsnischen. Wie alle Eulen liebt der <strong>Uhu</strong> Sonnenbäder,<br />
zu denen er sich sogar auf den Boden legt.<br />
Auch ausgiebige Sandbäder mag der <strong>Uhu</strong> und schaufelt<br />
sich dabei mit den Flügeln Sand auf Rücken und<br />
Nacken. Gejagt wird mit Beginn der Dämmerung, wobei<br />
gegen Mitternacht eine Jagdpause eingelegt wird,<br />
ehe bis zum Morgen erneut gejagt wird. Nur in Hungerzeiten<br />
wird auch tagsüber gejagt. Bei der Jagd<br />
zeigt sich der <strong>Uhu</strong> als variabel und sehr geschickt. Er<br />
kann auch wendige Vögel im Flug und im dichten Ge-<br />
äst erbeuten und sogar auf dem Boden ist er schnell<br />
und geschickt: so kann er flüchtende Mäuse laufend<br />
einholen und erbeuten. Beutetiere mit einem Gewicht<br />
von bis zu zwei Dritteln des <strong>Uhu</strong>s können fliegend<br />
weggetragen werden. Zu den Beutetieren gehören<br />
überwiegend Säugetiere und Vögel bis zu mittlerer<br />
Größe. Selbst vor den stacheligen Igeln wird nicht halt<br />
gemacht.<br />
FÜTTERUNG DER UHUS<br />
Als Futter dienen Mäuse und Ratten aus der tierparkeigenen<br />
Futtertierzucht, sowie Eintagsküken, Kaninchen-<br />
und Rindfleisch. Das Futter wird kurz vor Feierabend<br />
von den Tierpflegern ins Gehege gelegt und<br />
abends und nachts von den <strong>Uhu</strong>s gefressen. Die Fütterung<br />
erfolgt deshalb so spät, damit das Futter der<br />
nachtaktiven Vögel im Winter nicht bis zur Nahrungsaufnahme<br />
eingefroren ist oder im Sommer Fliegen ihre<br />
Eipakete daran ablegen können. Pro <strong>Uhu</strong> rechnet<br />
man 200 bis 300g Futter. Unverdauliche Nahrungsreste<br />
wie Knochen oder Haare werden als sog. Gewölle<br />
wieder ausgespieen.<br />
Dr. Wolfgang Löhlein<br />
Stellvertretender Vorsitzender<br />
<strong>Tierparkfreunde</strong> <strong>Hellabrunn</strong> e.V.