22.11.2013 Aufrufe

Café32 - KPÖ Oberösterreich

Café32 - KPÖ Oberösterreich

Café32 - KPÖ Oberösterreich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Finstere<br />

Zeugnisse<br />

Seite 13<br />

Edith Friedl über beleuchtete Glaskästen, Denkmalschutz und Abrissbirnen.<br />

„Auch Alt-Wien war einmal neu“, lästerte<br />

weiland Karl Kraus gegen engstirnige<br />

Konservierer alter Bausubstanz. Stimmt.<br />

Andererseits ist es aber genau das, was<br />

Menschen so fasziniert: nicht das Glatte<br />

und Sterile, sondern gelebte, erkennbare<br />

Patina gefällt und darüber hinaus ist es<br />

diese gute Mischung aus Chaos und<br />

Ordnung, die Scharen von Touristen<br />

anzieht. Altstädte bieten das, sogar in<br />

Linz: enge Gässchen, holpriges Pflaster,<br />

uralte Erker, romantische Winkel und<br />

überraschende Ausblicke. Kein Mensch<br />

käme auf die Idee, Linz wegen des neuen<br />

Bahnhofsviertels mit seinen gleißenden<br />

Hochhausfassaden zu besuchen, sondern<br />

die wahren Renner sind immer noch der<br />

Pöstlingberg mit der skurril-liebenswerten<br />

Grottenbahn, der barocke<br />

Hauptplatz und die anschließenden alten<br />

Stadtteile. Hier darf der Denkmalschutz<br />

durchaus schalten und walten, das verstehen<br />

alle. Sogar die Stadtpolitik.<br />

Komplizierter wird’s da schon, wenn es<br />

um Architektur geht, die so gar nicht den<br />

Klischee-Vorstellungen von Schützenswertem<br />

entspricht: Arbeitersiedlungen im<br />

Franckviertel etwa, in den 1920er Jahren<br />

von Kurt Kühne entworfen, das ehemalige<br />

Fischerdorf und „Arme-Leute-Viertel“ entlang<br />

der Donau in Urfahr, Fabrikbauten<br />

aus den Anfängen der Industrialisierung,<br />

die einzigartige Eisenbahnbrücke oder das<br />

Gasthaus „Zum goldenen Hirschen“, in<br />

dem 1891 die Linzer SPÖ gegründet wurde.<br />

Hier wird hauptsächlich von den „Sozis“<br />

im Linzer Rathaus immer wieder versucht,<br />

dem Denkmalschutz ein Schnippchen zu<br />

schlagen - zum Teil mit Erfolg.<br />

Kostengründe werden da halt angeführt,<br />

um die Abrissbirne gekonnt in Stellung zu<br />

bringen. Denkmalschutz hin oder her,<br />

man fackelt daher nicht mehr lang: Weg<br />

mit dem alten Proletenzeug, ein neues<br />

Image muss her – koste es, was es wolle!<br />

Denn unsere Stadt soll schöner, unsere<br />

Stadt soll moderner, unsere Stadt soll die<br />

Hochburg der bunt beleuchteten Glaskastln<br />

werden! Schlicht und einfach: voi geil.<br />

(Nur das „Nudlaug“ der Architektenkammer<br />

hat dabei nicht so recht<br />

mitgespielt. Was soll’s, Schwamm drüber,<br />

hat ja eh fast nix gekostet...)<br />

Wirklich kompliziert entwickelt sich allerdings<br />

die Sache mit den Nazi-Bauten. Von<br />

denen gibt’s viele in Hitlers Lieblingsstadt<br />

und viele tun sich mit ihnen<br />

schwer. Soll das alles<br />

konserviert werden? Und<br />

wenn ja, warum? Gut, man<br />

versteht, dass das KZ Mauthausen<br />

erhaltungswürdig ist. Bei<br />

den Stollen im KZ Gusen lässt<br />

das Interesse daran schon<br />

merklich nach. Und in Linz? In<br />

Linz will man, gegen den<br />

Willen des Denkmalamtes, nun<br />

schnellstens zumindest die<br />

Brückenkopfgebäude aus der<br />

NS-Ära umkrempeln und – erraten!<br />

– illuminierte<br />

Glaskästen von Architekt Adolf<br />

Krischanitz auf die Gebäude<br />

setzen. Der Denkmalschutz ist<br />

dagegen: „Einem Bau<br />

historische Bedeutung<br />

beizumessen, bedeutet keine<br />

moralische Wertung, sondern<br />

das schlichte Anerkennen der<br />

Tatsache seiner Zeugnisfähigkeit<br />

für eine bestimmte<br />

Epoche.“ Da ist was dran.<br />

Die Herrschaftsarchitektur<br />

früherer finsterer Zeiten - also<br />

Burgen, Schlösser oder Stifte -<br />

widerspiegeln diese<br />

Zeugnisfähigkeit ebenfalls,<br />

ohne dass jemand auf die Idee<br />

käme, sie infrage zu stellen.<br />

Warum also dann die<br />

Repräsentationsbauten der<br />

Nazis mit Sahnehäubchen aus<br />

Glas behübschen? Reicht es<br />

nicht, dass sie bereits in<br />

Anlehnung an die „Lichtdome“<br />

von Hitlers Lieblingsarchitekten<br />

Speer nächtens<br />

zum Strahlen gebracht<br />

werden? Trotzdem: einen<br />

Adolf auf einen Adolf-Bau zu<br />

setzen, das hat schon auch<br />

was. Aber müssen’s dann<br />

unbedingt wieder Leuchtkastln<br />

sein?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!