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freizeit<br />

1. Juli 2011<br />

SPEZIAL<br />

FOTO: MARTIN GNEDT<br />

WIENER<br />

WOHNZIMMER<br />

Kultur-Hotspot, Szene-Treffpunkt und<br />

Touristenattraktion – das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

ist zehn Jahre alt


in dieser freizeit<br />

lesezeichen<br />

michael horowitz &gert korentschnig<br />

Na toll. Hier<br />

sind Sie richtig!<br />

04<br />

KULTURRAUM<br />

Treffpunkt: Das <strong>MuseumsQuartier</strong> ist<br />

einer der heißesten Orte der Stadt<br />

14<br />

22<br />

28<br />

32<br />

KULTURTREND<br />

Von Lomo bis Klapprad:<br />

Was Nerds lieben<br />

KULTURSCHOCK<br />

Neu, anders, nie fad: Kunst,<br />

die Diskussionsstoff liefert<br />

KULTURERZIEHUNG<br />

Forschen und fühlen: Im<br />

Zoom dürfen Kinder das<br />

KULTURENTWICKLUNG<br />

Total digital: Im quartier21<br />

wird an der Zukunft gebastelt<br />

34<br />

KULTURGESCHICHTE<br />

Alles für die Pferde: Ein Kaiser<br />

löst sein Parkplatzproblem<br />

44<br />

KULTURGENUSS<br />

Essen und trinken: Die<br />

Szene-Gastronomie tischt auf<br />

Lipizzaner, Sängerknaben, Schönbrunn und –<br />

das <strong>MuseumsQuartier</strong>. Kein Reiseführer über<br />

Wien kommt heutzutage ohne ausführliche<br />

Erwähnung dieses Kultur-Hotspots aus.<br />

Der Ort, wo der Kulturbegriff so weit wie nur<br />

möglich definiert wird. Von klassischen<br />

Gemälden über Mode und Architektur bis zu<br />

provokanten Installationen. Dabei ist das<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>nichtnuretwasfürTouristen.<br />

Auch für die Wiener sind die ehemaligen<br />

Hofstallungen ein Szene-Treffpunkt geworden.<br />

Wegen der vielen kulturellen Möglichkeiten,<br />

die sich dort bieten, wegen der zahlreichen<br />

Restaurants, Beisln und Bars. Lokalkultur eben.<br />

Und wegen der bunten Sitzmöbel in den Höfen,<br />

den Enzos, auf denen sich die Menschen ganz<br />

offensichtlich wohlfühlen.<br />

Das war nicht immer so. Schon ehe das<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong> zu bauen begonnen wurde,<br />

gab es Streit. Der Leseturm wurde nicht gebaut,<br />

der Rest zum Glück für Wien schon. Zehn Jahre<br />

gibt es das <strong>MuseumsQuartier</strong> nun, Anlass für<br />

uns,demThemaeineSonderausgabederfreizeit<br />

zu widmen. Zum ersten Mal übrigens in der<br />

mehr als zwanzigjährigen Erfolgsgeschichte<br />

dieses KURIER-Magazins.<br />

Weil das <strong>MuseumsQuartier</strong> eben etwas ganz<br />

Besonderes ist.<br />

michael.horowitz@kurier.at<br />

gert.korentschnig@kurier.at<br />

IMPRESSUM CHEFREDAKTEUR: Michael Horowitz. MEDIENINHABER/HERAUSGEBER: Kurier Zeitungsverlag und Druckerei Ges.m.b.H.<br />

ARTDIRECTOR: Andrea Schraml. REDAKTION: Eva Gogala ,Florian Holzer, Mag. Michael Huber, Mag. Annemarie Josef, Gert Korentschnig,<br />

Mag. Georg Leyrer, Mag. Barbara Mader, Georg Markus, Andreas Russ-Bovelino.<br />

SEKRETARIAT: Christine Hons. 1070 Wien, Lindengasse 52, T 52100 DW 2810 F 2820 M freizeit@kurier.at<br />

ANZEIGENLEITUNG: Richard Kaufmann T DW 3700 F 3709. REPRO: Mediaprint Reprotechnik GmbH &CoKG. DRUCK: Goldmann Druck AG, 3430 Tulln, Königstetterstraße 132<br />

T 01–52100 / DW 2810 www. kurier.at/freizeit M freizeit@kurier.at<br />

freizeit<br />

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MIT DEM<br />

NEWSPAPER<br />

AWARD<br />

2010<br />

*) Mehr über die HDI minus 7 Bonusstufen erfahren Sie unter www.hdi.at


10 JAHRE MQ<br />

raum<br />

FOTO: ALI SCHAFLER<br />

WUNDER<br />

Das <strong>MuseumsQuartier</strong> hat sich innerhalb von zehn Jahren vom verschlafenen Monarchie-Relikt<br />

zum heißesten Ort der Stadt entwickelt. Trotzdem eine coole Sache.<br />

von barbara mader und andreas russ-bovelino<br />

Sommer in der City. Nicht auszudenken ohne Museums-<br />

Quartier. Die wunderbare Langsamkeit der Sommerhitze<br />

genießen. Einen Drink in der Hand, die Sonnenbrille<br />

auf der Nase. Ausstellungen gustieren, Leute schauen<br />

oder einfach den blauen Himmel bewundern. „Chillen“<br />

heißt das bis 35. Wer älter ist, kann sich noch gut an Zeiten<br />

erinnern, als das <strong>MuseumsQuartier</strong> Messepalast hieß<br />

und mit Freizeit gerade soviel zu tun hatte, wie man für<br />

die Querung des Areals Richtung Glacis-Beisl <br />

Das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

ist seit seiner Eröffnung<br />

im Juni 2001 zu einem der<br />

weltweit größten Kunstund<br />

Kulturareale gewachsen.<br />

Das MQ ist gleichzeitig<br />

Kulturoase und Treffpunkt<br />

für rund 3,8 Millionen<br />

Besucher pro Jahr<br />

4 5


10 JAHRE MQ<br />

Das achtgrößte<br />

Kulturareal der Welt ist<br />

Treffpunkt für Teenies,<br />

Touristen, Theater- und<br />

Museumsbesucher<br />

geworden.Darstellende<br />

Kunst, Architektur,<br />

Musik, Mode, Theater,<br />

Tanz, Literatur und<br />

Kinderkultur sind hier<br />

daheim.<br />

brauchte. Dass die heruntergekommenen ehemaligen<br />

Hofstallungen einmal den Cool-Faktor<br />

der Stadt erheblich steigern würden, konnte<br />

sich damals niemand vorstellen. Im Gegenteil.<br />

„Schon nach einem Jahr MQ wurde in einer kritischen<br />

Fernsehsendung ein kritischer Kommentar<br />

von mir gewünscht“, erinnert sich Medienexperte<br />

Christian Mikunda. „Aber mir war<br />

klar: Die sind noch nicht fertig! Das dauert<br />

noch, das wächst.“ Heute kann sich keiner<br />

mehr eine Stadt ohne MQ vorstellen. Und Mikunda<br />

kennt auch den Schlüssel zum Erfolg:<br />

„Durch den fehlenden Leseturm war kein<br />

Image-Kontrast nach außen sichtbar. Wollte<br />

man nicht eines der Museen besuchen, gab’s<br />

keinen Grund, den Platz zu betreten. Eine<br />

scheinbar simple Erfindung wie die Enzis<br />

konnte das korrigieren!“ Man sieht die niedlichen<br />

Klötzchen schon von draußen, chillt auf<br />

ihnen – und wird auf die vielen anderen „Hingucker“<br />

und Möglichkeiten aufmerksam, die<br />

das MQ zu bieten hat. „Heute haben wir einen<br />

echten, zeitgemäßen öffentlichen Platz, den<br />

viele Touristen in einer ihrer Meinung nach<br />

alten Stadt wie Wien einfach nicht vermuten<br />

würden.“<br />

Das achtgrößte Kulturareal der Welt ist Treffpunkt<br />

für Teenies, Touristen, Museums- und<br />

Theaterbesucher geworden. Die hier auch zeitgenössischen<br />

Tanz und Performance im „Tanzquartier“<br />

finden, Architektur, Mode, Literatur –<br />

oder hochklassiges Kindertheater im „Dschungel“.<br />

Und aufsehenerregende internationale<br />

Produktionen im Rahmen der „Wiener Festwochen“<br />

zu sehen bekommen. Das MQ ist ein<br />

Kunstraum mit neun Museen, mit Ausstellungs-<br />

und Veranstaltungshäusern.<br />

Auf 90.000 Quadratmetern hat Wien vor zehn<br />

Jahren das gefunden, womit es sich immer so<br />

schwer getan hat: Einen innerstädtischen,<br />

repräsentativen Platz, der nicht nur zum Überqueren<br />

da ist. Ein Stück öffentlicher Raum, der<br />

von den Bewohnern, ebenso wie den Gästen<br />

dieser Stadt angenommen wird. Das bunte<br />

Hofmöbel, früher Enzi, seit heuer Enzo<br />

genannt, gilt dabei als geradezu <br />

FOTOS: STEPHAN BOROVICZENY (2), REINER RIEDLER, LISI SPECHT (2)<br />

Das MQ ist Kulturareal<br />

und Wohnzimmer für<br />

alle, die gerne unter<br />

Leuten sind (großes<br />

Bild). Die Jahreszeiten<br />

spiegeln sich im Angebot<br />

wider (rechte Seite):<br />

Lümmeln auf Enzis,<br />

Gastronomie im Freien,<br />

Eisstockschießen oder<br />

der Eispalast<br />

6 7


10 JAHRE MQ<br />

Drinnen hängen<br />

Klassische Moderne<br />

und Wiener<br />

Aktionismus.<br />

Draußen haben sich<br />

die Wiener endlich<br />

mit der modernen<br />

Architektur des<br />

MUMOK<br />

angefreundet. Das<br />

20. Jahrhundert ist ja<br />

jetzt auch schon eine<br />

Weile her. Und<br />

Alt-Wien war auch<br />

einmal neu<br />

symbolisches Element, sagt Sabine Knierbein, Professorin<br />

an der Technischen Universität Wien. Knierbein<br />

beschäftigt sich mit Stadtkultur und öffentlichem<br />

Raum und beobachtet in ganz Europa das Phänomen<br />

der städtischen Freiräume als verlängerte Wohnzimmer:<br />

„Ob Berlin, London oder Wien: Lebensstile<br />

werden extrovertiert. Das hängt auch mit einer aktiven<br />

Politik des öffentlichen Raumes zusammen.<br />

Auch im Burggarten, wo früher das strenge Motto<br />

’Betreten verboten!’ galt, darf man seit einigen Jahren<br />

auf dem Rasen sitzen.“ Knierbein konstatiert eine neue<br />

Form des Konsums: „Die Menschen wollen nicht nur<br />

Produkte, sie wollen Erlebnisse kaufen.“<br />

Das Erlebnis <strong>MuseumsQuartier</strong> muss man nicht kaufen.<br />

Gemütlich rumhängen lässt es sich hier mit und<br />

ohne Konsumation, der Eintritt ins Areal ist frei. Und<br />

die praktisch kontinuierliche „Bespielung“ des Platzes<br />

und seiner Einrichtungen durch die <br />

FOTO: LISI GRADNITZER<br />

8 9


unterschiedlichsten Künstler sorgt für die nötige Spannung,<br />

damit das Chillen immer wieder Spaß macht. Wobei<br />

sich im MQ natürlich auch vortrefflich Geld ausgeben<br />

lässt. Essen und Trinken kann man sowieso.<br />

Zeit also, sich selbstzufrieden auf die Schulter zu klopfen?<br />

„Nach zehn Jahren, die doch eine berechtigte<br />

Euphorie entstehen ließen, sage ich: Das Ende der Fahnenstange<br />

ist noch lange nicht erreicht“, sagt Christian<br />

Mikunda. Und: „Das <strong>MuseumsQuartier</strong> hat noch viel<br />

Potenzial. Und ist immer für Überraschungen gut.“ <br />

DasMQistderlebendige<br />

Beweis dafür, dass Wien<br />

nicht nur von seiner<br />

großen Vergangenheit<br />

lebt, sondern auch eine<br />

Stadt der modernen und<br />

zeitgenössischen Kunst<br />

und Kultur ist.<br />

10 JAHRE MQ<br />

FOTO:ALI SCHAFLER<br />

10<br />

Das <strong>MuseumsQuartier</strong> – ein Sommermärchen. Die 1725 als kaiserliche<br />

Hofstallungen angelegten Bauten beherbergen heute Kunst, Kultur und urbanen<br />

Lifestyle. Dem Barock steht jetzt moderne Architektur gegenüber


FOTOS: LISI SPECHT, STADT WIEN, MARIA ZIEGELBÖCK, GERHARD DEUTSCH, HOPI-MEDIA, PRIVAT, KRISTIAN BISSUTI, MARC WETLI, MANFRED BURGER<br />

MUSEUMSQUARTIER<br />

wir gratulieren!<br />

„Das MQ ist ein Fixstern am<br />

hellen Wiener Kulturhimmel.<br />

Als internationaler Spot für<br />

zeitgenössische Kunst und Kultur,<br />

und auch als Zentrum der Kommunikation und<br />

des sozialen Lebens, ist das MQ eine<br />

Erfolgsgeschichte. Gratulation und alles<br />

Gute für die kommenden Jahre.“<br />

„Das <strong>MuseumsQuartier</strong> als<br />

größtes Kulturprojekt der zweiten<br />

Republik ist aus der österreichischen<br />

Kunst- und Kulturlandschaft nicht mehr<br />

MICHAEL HÄUPL, BÜRGERMEISTER<br />

wegzudenken. Das Kulturareal hat sich zu einer Arbeitsund<br />

Präsentationsplattform österreichischen<br />

Kunstschaffens sowie zu einem Ort der Kunstvermittlung<br />

und des Kulturerlebens entwickelt. Mit seinen großen<br />

Museen, den rund 60 Kulturinitiativen aus den<br />

unterschiedlichsten Genres und seinem vielfältigen<br />

Programm wird hier ,Kultur für alle’ gelebt.“<br />

CLAUDIA SCHMIED, KULTURMINISTERIN<br />

„Der Erfolg des MQs<br />

„Alle meine Freunde aus dem Ausland<br />

basiert auf der Kompetenz des<br />

beneiden mich um das <strong>MuseumsQuartier</strong>.<br />

Standortes, seinen eigenen – offensichtlich<br />

attraktiven -Urbanismus<br />

auch Innovation hier möglich<br />

Es ist unglaublich, wie viel Energie, aber<br />

ist.“<br />

zu entwickeln, der als Ausdruck<br />

seiner innewohnenden Kulturalität<br />

zu interpretieren ist.“<br />

MONA EL KHAFIF, ARCHITEKTUR-PROFESSORIN<br />

AM CCA, SAN FRANCISCO<br />

„Das <strong>MuseumsQuartier</strong> ist mit seiner<br />

Mischung aus Kunst-, Kreativ- und<br />

Lebensraum ein weltweit einzigartiges<br />

Kulturareal. Ich bin stolz darauf, dass<br />

ich dieses Projekt über einen Zeitraum von<br />

zwölf Jahren entwickeln und leiten durfte.“<br />

WOLFGANG WALDNER, STAATSSEKRETÄR, LANGJÄHRIGER MQ-DIREKTOR<br />

„Im <strong>MuseumsQuartier</strong> wachsen Kunst und<br />

Kultur, Freizeitgestaltung und Erholung, Kunstschaffen<br />

und Kunsterleben zu einer untrennbaren<br />

Einheit zusammen. Das MQ bietet Raum<br />

für große Kunstmuseen und kleine Kulturinitiativen, Ausstellungen,<br />

Lesungen und vielfältige Präsentationen, es fördert<br />

mit seinen Initiativen den internationalen und nationalen<br />

Gedankenaustausch und schafft eine Atmosphäre der Offenheit<br />

für die Angebote der Institutionen. In zehn Jahren hat sich<br />

auf diesen rund 90.000 Quadratmetern ein unvergleichbares<br />

Ganzes entwickelt, das das Leben in Wien bereichert.“<br />

DANIELA ENZI, LEITUNG MQ<br />

ALFONS HAIDER, SCHAUSPIELER, ANRAINER<br />

Eines der faszinierendsten<br />

Merkmale<br />

im <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

ist die Spannung von Alt<br />

und Neu – und die Entspannung auf<br />

denEnzis.EsistdieserKontrast,durch<br />

den das Alte noch mehr zum Glühen<br />

gebracht, und das Neue geerdet wird.<br />

CHRISTIAN MIKUNDA, MEDIENWISSENSCHAFTLER<br />

„Kunst und Kultur kann man nicht planen.<br />

Kulturorte brauchen eine Geschichte.<br />

Das MQ ist das perfekte Beispiel dafür,<br />

wie man einen Kulturort in einer Stadt<br />

etabliert, nämlich indem man auf bereits<br />

vorhandene Aktivitäten aufbaut. Das MQ<br />

ist nicht am Reißbrett entstanden,<br />

sondern das Ergebnis einer über<br />

20-jährigen Geschichte der<br />

Auseinandersetzung und Diskussion<br />

mit der Kulturszene.<br />

ANDREAS MAILATH-POKORNY,<br />

KULTURSTADTRAT<br />

12 13


nerd<br />

trends<br />

vibration<br />

Mehr als nur Mode: Nerd-Chic rocks!<br />

von barbara mader &andreas russ-bovelino<br />

Wo genau ein Trend entstanden ist,<br />

lässt sich im Nachhinein kaum mehr<br />

sagen. Wichtiger ist ohnehin, wie er<br />

entsteht – und dass man ihn rechtzeitig<br />

erkennt. Dazu braucht es eine<br />

Community von Hipsters, die auch von<br />

der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.<br />

Ohne sie hechelt eine Stadt hoffnungslos<br />

hinterher. Wien hat das MQ. Zum Glück.<br />

Denn so sind wir voll dabei, beim<br />

international grassierenden Nerd-Chic.<br />

Wir sagen nur Klapprad, Superman-<br />

Brille, Ringelpulli – und wagen einen<br />

kurzen Blick in die Zukunft.<br />

Oben: Godfather<br />

of Nerds: Andy Warhol. Ob<br />

Dave Sitek von TV On The Radio<br />

schon im MQ war, wissen wir<br />

nicht. Aber er trägt das, was<br />

bei Wiener Optikern die<br />

„<strong>MuseumsQuartier</strong>brille“<br />

genannt wird. Links: Pradas<br />

Styling-Tipp für die Zukunft<br />

legt brillentechnisch noch<br />

nach. Und orientiert sich<br />

haarmäßig am frühen David<br />

Bowie. Oder an Rainer<br />

Schönfelders lustigen<br />

Skimützen – was auch einen<br />

hohen Nerd-Faktor hätte<br />

REUTERS, AP,APA, HERSTELLERLER, EAP, RSAPA,<br />

Uncool is the new cool: Nerds<br />

zeigen kein Interesse an<br />

Jugend-Trends. Und haben<br />

so einen der auffälligsten<br />

Trends der<br />

letzten Jahre<br />

ausgelöst.<br />

Ein Rolli ist<br />

spießig? Dann<br />

erst recht!<br />

how to be anerd<br />

Absolut Pflicht: Jackson<br />

Pollocks Schlapfen. Gibt’s<br />

Second Hand – oder edel von<br />

www.shop.roberu.com<br />

Ihn kann man komplett und<br />

1:1 übernehmen: Woody Allen<br />

Hipster-Kult: Leonard<br />

Nimoys Ringelpulli.<br />

Aber der Mainstream<br />

reagiert schnell –<br />

den Spock-Pulli gibt’s<br />

mittlerweile sogar<br />

von Ralph Lauren


nerd<br />

trends<br />

nerd<br />

SPORT &MUSIK FÜR HIPSTER<br />

Das MQ machte Boule und sogar Eisstockschießen citytauglich. Der logische nächste Schritt: Ping-Pong.<br />

Einen nerdigeren Sport gibt’s eigentlich nicht – schon James Dean (1) (Brille beachten!) war ein Fan.<br />

Quirky, geeky – einfach super: Zooey Deschanel (2) mit Omakleidchen, Strohhut, Spritzpistole.<br />

Und guten Songs. Die nerdigste Band der Welt: Vampire Weekend (3). Verdammt cool. DJ Nickodemus (4)<br />

mixte schon vor zehn Jahren World-Grooves. Damals: Birkenstock-Nerd-Alarm. Uncool. Heute: Fe einer<br />

der angesagtesten DJs New Yorks. Außerdem pfeift er auf die Stylepolizei und trägt ein Achtzigerjahre<br />

Sleeveless Shirt. Fantastisch. Hat im Juni im MQ aufgelegt. Natürlich, wo sonst.<br />

1 2 3<br />

4<br />

auf knopfdruck<br />

IN SCHWARZ–WEISS VEREWIGT<br />

LVier Bilder in einem:<br />

Das schönste<br />

MQ-Souvenir: Die<br />

Retro-Fotoautomaten<br />

Lklapprad<br />

im MQ sind Kult. Ein<br />

Muss für Lovers &<br />

Friends.<br />

LOMO<br />

KULT<br />

vier<br />

AUF EINEN STREICH<br />

Lomographie ist die<br />

facettenreichste<br />

Fotokunst. Der<br />

Lomo-Shop im MQ ist<br />

der erste weltweit.<br />

Hier gibt’s alles für<br />

die analoge Liebe. Bis<br />

zum Unterleiberl.<br />

trousers<br />

Wenn die Hose aussieht, als würde sie passen,<br />

haben wir was falsch gemacht. Echte Hipster<br />

besorgen sich die nerdy trousers Second Hand<br />

oder bei der Caritas. Heute gibt es sie überall.<br />

Hier besonders lässig: www.urbanoutfitters.co.uk<br />

Hauptsache, nicht angepasst ...<br />

MIT<br />

portABLE<br />

Enzi-USB-Stick in<br />

Schwimmbadblau.<br />

MQ-Afficionados<br />

wissen natürlich<br />

noch, dass das die<br />

Enzi-Farbe 2003 war.<br />

sack&pack<br />

Das gerade richtig schicke<br />

bedruckte Baumwollsackerl,<br />

pardon: Cotton Ambassador<br />

Bag aus dem Lomo-Shop.<br />

Wer in den Siebzigern damit in die Schule<br />

fahren musste, hatte nichts zu lachen.<br />

Heute ist man mit den Dingern vorn<br />

dabei. Aber bitte keine neuen Hightech-Nachahmungen.<br />

Nur Vintage!<br />

überDRÜBER<br />

Wir müssen jetzt ganz stark sein, Schätzchen.<br />

Der Pulli ist nur was für echte Männer. Dafür sowas<br />

von supernerdy! Kleidersammlungen durchstöbern<br />

oder bei Alain Delon nachfragen, der trug auch<br />

so einen. Für den Anfang vielleicht lieber<br />

dezenter im Button-Down-Chino-Outfit:<br />

In Papas Kleiderschrank oder:<br />

www.canvas.landsend.com<br />

Und: Brille nicht<br />

vergessen!<br />

FOTOS: HERSTELLER<br />

FOTOS: MQ VIENNA FASHION WEEK, KAYIKO<br />

fashion<br />

week<br />

von barbara mader<br />

„NIX FÜR<br />

GLITZERMIZZIS“<br />

Wien wird New York, Paris und Mailand. Zumindest für ein paar<br />

Tage im Jahr, wenn die Vienna Fashion Week im<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong> stattfindet. Das 2009 ins Leben gerufene<br />

Fashion Event bringt heimische und internationale Modedesigner<br />

in direkten Kontakt mit dem Publikum.<br />

Die Fashion Week? Karin Oèbster<br />

schwärmt: „Sensationelle Location, unglaublich<br />

professionelle Veranstaltung,<br />

wo es ausschließlich um Mode und<br />

nicht um irgendwelche Society-Events<br />

geht. Die MQ Fashion Week hat wirklich<br />

internationales Niveau. Und bringt<br />

einem als Designer viel.“ Fast so viel<br />

wie ein Auftritt bei den Oscars. Aber<br />

der Reihe nach.<br />

Seit 13 Jahren betreibt Karin Oèbster<br />

mit ihrem Label KAYIKO einen kleinen<br />

Shop in einem Barockhaus in der Windmühlgasse<br />

16 im sechsten Bezirk. Im<br />

Gegensatz zur Fassade sind die Räume<br />

betont schlicht gehalten. So wie die<br />

Kollektion: Avantgarde-Designermode<br />

und Accessoires unter dem Motto:<br />

„Less is more“–ein Stil, der von<br />

Kennern auf der ganzen Welt<br />

geschätzt wird. Wie zum Beispiel von<br />

Burgschauspieler Johannes Krisch: Er<br />

ließ sich sein Outfit für die Oscar-Nacht<br />

2009, als er als Hauptdarsteller des Oscar-nominierten<br />

Films „Revanche“ nach<br />

Los Angeles reiste, von Karin Oèbster<br />

auf den Leib schneidern.<br />

13 Jahre hat die Designerin gebraucht,<br />

um sich zu etablieren: „In Wien<br />

brauchst du einen langen Atem. Man<br />

muss viel Geduld haben und sollte von<br />

Beginn an wissen, wen man ansprechen<br />

will. Ich bin ja damals ins kalte<br />

Wasser gesprungen.“<br />

Heute weiß Oèbster, wer ihre Kunden<br />

sind: „Ich tät’ sagen: kulturell begeistert<br />

und qualitätsbewusst. Designaffine<br />

Menschen, die genau wissen, dass sie<br />

nicht mit der Masse schwimmen<br />

wollen. Nix für Glitzermizzis.“<br />

Karin Oèbster. www.kayiko.com<br />

MQ-Fashion-Week www.mqviennafashionweek.com<br />

Im Herbst ist das Label KAYIKO wieder<br />

bei der MQ Vienna Fashion Week dabei,<br />

wenn Pret-à-porter-Kollektionen von<br />

rund 70 Designerinnen und Designern<br />

mit opulenten Fashionshows in Szene<br />

gesetzt werden.<br />

Vom 22. bis 26. September zeigt die<br />

MQ Vienna Fashion Week nationales<br />

und internationales Modedesign im<br />

Rahmen von Fashion Shows, Showrooms,<br />

Shopping Areas und Side<br />

Events. Agatha Ruiz de La Prada eröffnet<br />

den Reigen. Es folgen Kollektionspräsentationen<br />

von Labels wie Michel<br />

Mayer, Lena Hoschek, Marcel Ostertag,<br />

Göttin des Glücks, Callisti, Anelia Peschev.<br />

Das große Abschluss-Defilee<br />

bestreiten die Artists-in-Residence des<br />

quartier21 Anouk Wipprecht, Emma<br />

Box und SPAGHETTI GANGBANG. <br />

16


AUFREGER<br />

echt<br />

von georg leyrer<br />

wien<br />

Sieben Jahre nach der Eröffnung übte das<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong> das Zusperren. Nein, nicht<br />

wegen Erfolglosigkeit. Sondern wegen der<br />

EURO 2008, der heimischen Fußball-Europameisterschaft.<br />

Die nahe Fanmeile am Ring<br />

war Grund, sich erstmals zu vergewissern,<br />

dass sich im Notfall die 24 Stunden geöffneten<br />

Tore rasch schließen lassen. Am Hintereingang<br />

Breite Gasse musste sogar extra eine<br />

Tür eingebaut werden. Zum Glück blieb der<br />

Ernstfall aus. Als aber das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

dann später im übertragenen Sinne die<br />

Schranken vermeintlich wirklich herunterließ,<br />

zeigte sich sofort: Die Wiener haben sich von<br />

anfänglicher Skepsis rasch zu glühenden Anhängern<br />

„ihres“ Quartiers entwickelt. Und<br />

verteidigen ihren bereits als Selbstverständlichkeit<br />

empfundenen Anspruch auf einen innerstädtischen<br />

Raum der Freiheit eisern. <br />

Das <strong>MuseumsQuartier</strong> hat sich im Bewusstsein der<br />

Wiener etabliert. Nicht zuletzt auch durch Aufreger<br />

vom vermeintlichen Alkohol-Verbot bis zur türkischen<br />

Beflaggung der Kunsthalle Wien. Im Zeitraffer-Tempo<br />

lässt sich beobachten, wie ein Ort seinen Charakter bekam.<br />

Ausquartiert:<br />

Public Netbase und<br />

deren Chef Konrad<br />

Becker verließen das<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong><br />

nach einem<br />

ziemlichen Wirbel<br />

FOTOS: APA(2), AP, GERHARD DEUTSCH, STEVE WYCKOFF<br />

Bier-Streit, Fußball-EM<br />

und auch ein Feuer:<br />

Die Anfangsjahre des<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>s waren<br />

höchst abwechslungsreich.<br />

Im neuen Wohnzimmer<br />

der Stadt herrscht das<br />

Gegenteil von Totenstille –<br />

ein lebendiges Areal ist<br />

entstanden, über dessen<br />

Für und Wider schon vor<br />

dem Bau, aber auch nach<br />

der Fertigstellung mit<br />

Inbrunst diskutiert wurde<br />

18<br />

19


AUFREGER<br />

ATELIERQUARTIER<br />

kunst<br />

LABOR<br />

Provokation: Die „KanakAttack“ auf der Fassade der Kunsthalle im Jahr 2005 verursachte eine öffentliche Erregung<br />

Im <strong>MuseumsQuartier</strong> arbeiten Künstler nicht nur, manche leben<br />

auch dort. Zumindest auf Zeit: In den Ateliers für Artists-in-Residence,<br />

die das quartier21 bereits fast 300 Kreativen zur Verfügung stellte.<br />

von georg leyrer<br />

Grund der Aufregung: Ein Alkoholverbot.<br />

Zumindest von selbst mitgebrachten Getränken.<br />

Das es auf dem Papier als Notmaßnahme<br />

schon längst gab. Das aber 2009<br />

plötzlich kurze Zeit verschärft exekutiert<br />

wurde. Rasant formierte sich auf Online-<br />

Plattformen wie Facebook und Twitter der<br />

Widerstand gegen diese gefühlte Freiheitsbeschränkung.<br />

„Freiheit im MQ!“ und „Bring your Beer to the<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>“ nannten sich die Online-<br />

Gruppen, die einander bei einer Protestaktion<br />

im MQ lautstark zuprosteten. Das Missverständnis<br />

war rasch geklärt, natürlich war<br />

der Konsum selbst mitgebrachter Getränke<br />

im Normalfall erlaubt. Doch für die Identitätsfindung<br />

des Areals waren derartige öffentliche<br />

Diskussionen enorm wichtig. Hier<br />

war etwas Neues entstanden. Und je stärker<br />

über dessen Spielregeln öffentlich disputiert<br />

wurde, desto tiefer gehend wurde die Verwurzelung<br />

des <strong>MuseumsQuartier</strong>s im Bewusstsein<br />

der Hauptstädter.<br />

Daran haben die im Quartier ansässigen Kulturinstitutionen<br />

natürlich einen großen Anteil.<br />

Öffentliche Diskussionen schaffen Bewusstsein.<br />

Und über starke optische Reize<br />

wie die im Hof aufgestellte und begehbare<br />

Darm-Bar und das hoch oben am<br />

MUMOK-Dach aufgepickte Haus (mehr Info<br />

ab Seite 22) wurde wahrhaft ausführlich geredet.<br />

Es hat sich wieder einmal bewahrheitet:<br />

Kunst ist dann lebendig, wenn sie die<br />

Menschen bewegt.<br />

Bei nichts anderem war die Diskussion jedoch<br />

so heftig wie bei einer Installation an<br />

der Kunsthalle Wien. 2005 überzog der türkisch-deutsche<br />

Autor und Künstler Feridun<br />

Zaimoglu im Rahmen der Veranstaltung „Literatur<br />

im März“ die Kunsthalle mit Hunderten<br />

türkischen Fahnen. Und stellte das unter den<br />

für viele Wiener doch eher provokativen Titel<br />

„KanakAttack“. Die mediale, politische und<br />

öffentliche Aufregung folgte, wie zu erwarten<br />

war, auf dem Fuß. „KanakAttack" sei ein<br />

„öffentlicher Lackmustest für die Befindlichkeiten<br />

einer Gesellschaft", sagte Kunsthallen-<br />

Chef Gerald Matt damals.<br />

Der heftige Ausschlag in diesem Test zeigte<br />

nicht nur die Verkrampftheit der Integrationsdiskussion,<br />

die damals (und bis heute)<br />

angesichts der türkischen EU-Beitrittsverhandlungen<br />

geführt wurde. Sondern insbesondere<br />

auch, wie weit das damals erst vier<br />

Jahre alte <strong>MuseumsQuartier</strong> bereits als öffentlicher<br />

Raum, als urwienerisch wahrgenommen<br />

wurde. Überaus rasch war das<br />

Image abgeschüttelt worden, dass das MQ<br />

sich – wegen des Fehlens aufragender architektonischer<br />

Markenzeichen – zu sehr hinter<br />

den Fassadenmauern duckt. Öffentlicher<br />

Raum war entstanden – und damit auch ein<br />

öffentliches Diskussions-Forum.<br />

Wobei: Eine gewisse Aufgeregtheit hat den<br />

Wandel vom innerstädtischen Verfallsgebiet<br />

zum Kultur-Cluster ohnehin von Anbeginn<br />

begleitet. 23 Jahre Diskussion gingen dem<br />

Baustart voran, und einige der spektakulärsten<br />

Vorhaben blieben auf der Strecke. Mit<br />

dem negativen Volksentscheid gegen die<br />

EXPO 95 kamen auch die groß angelegten<br />

Pläne für das MQ ins Wanken – der Leseturm<br />

hielt einer Medienkampagne nicht stand, und<br />

Sammler Karlheinz Essl entschied sich gegen<br />

die Unterbringung seiner Sammlung, die seither<br />

in Klosterneuburg in einem eigenen Museum<br />

ihre Heimat gefunden hat, im <strong>MuseumsQuartier</strong>.<br />

Aber auch zu Baubeginn im<br />

April 1998 und selbst bei der Eröffnung<br />

2001 waren die Diskussionen im und über<br />

das Areal keineswegs beendet. Diverse Eröffnungspartys<br />

kamen einander in die Quere,<br />

um die Nutzung der Hofflächen herrschte unter<br />

den Nutzern Gezerre, auch der gekippte<br />

Leseturm tauchte wiederholt als Hoffnung<br />

auf. Und für besonderes Aufsehen sorgten<br />

die sogenannten Drittnutzer. Denn schon vor<br />

der Eröffnung des MQ hatte es Kultur-Institutionen<br />

in den Hofstallungen gegeben – u.a.<br />

die Netzkulturinitiative Public Netbase. Und<br />

deren lautstarkes Anecken mit der Bundes-<br />

Kulturpolitik und der Leitung des neuen MQ<br />

sorgte 2001 für ziemlichen Wirbel (und<br />

sogar für eingebrachte Klagen). Doch der<br />

Disput um den Auszug von Public Netbase<br />

aus dem <strong>MuseumsQuartier</strong> ist lange vergessen.<br />

Geblieben ist ein neuer Brennpunkt im<br />

Herzen der Stadt. Der auch künftig immer<br />

wieder für Aufsehen sorgen wird. Und auch<br />

im Umgang mit vergangenen und kommenden<br />

Aufregern ist die MQ-Geschichte jedenfalls<br />

eines: Ein echtes Stück Wien. <br />

20 21<br />

FOTOS: FMQ/FREDERIK HEYMAN, ROSA MENKMAN<br />

„Ich habe dort schon wirklich viel Unordnung<br />

gemacht“, sagt Frederik Heyman über seinen<br />

temporären Wohnort und lacht. Der junge belgische<br />

Künstler lebte rund um die Modekunst-<br />

Ausstellung „Get in The Haze“ für einen Monat<br />

als Artist-in-Residence im MQ. Und hat sich dort<br />

inspirieren lassen: „Es ist toll, aus meinem gewohnten<br />

Umfeld, aus der Komfortzone Antwerpen,<br />

herauszugehen“, sagt Heyman. In Wien hat<br />

er die Chance genützt, „konzeptuell<br />

zu arbeiten“ und sich<br />

„zu fragen, in welche Richtung<br />

ich gehen will“. Der Fotograf<br />

und Filmemacher hat für die<br />

Ausstellung im freiraum quartier21<br />

eigens eine Fotoserie<br />

geschaffen: „Rapid Creek“<br />

zeichnet sich durch einen<br />

spielerischen Umgang mit<br />

fotografischen Techniken aus.<br />

Insgesamt 299 Künstler nützten<br />

das Artist-in-Residence-<br />

Programm bereits, 85 davon<br />

aus Nicht-EU-Staaten. Die Liste ihrer Metiers liest<br />

sich wie ein Überblick über jene kreativen Querschnitt-Materien,<br />

die als „Creative Industries“ anhaltend<br />

viel Aufmerksamkeit bekommen: Von<br />

Design bis Mode, von Digitaler Kultur bis zur<br />

Animation war alles vertreten.<br />

Bunte Vielfalt zeichnet die Arbeiten der bisher rund 300<br />

Artists-in-Residence im quartier21 aus. Die witzigen Fotografien<br />

des Belgiers Frederik Heyman wie etwa „I Was Struck By<br />

Lightning Seven Times“ (oben) oder „We Were Crying An Ocean<br />

While Cutting Onions“ (rechts) waren Teil der gelungenen<br />

Modekunst-Ausstellung „Get in The Haze“


ZUKUNFT<br />

Museen der<br />

Wünschevon michael huber<br />

FOTO: JORIT AUST<br />

Die „Bikini Bar“ war eine von drei Skulpturen, die der niederländische<br />

Künstler Joep van Lieshout 2010 in und vor dem <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

positionierte. Als Auftraggeber fungierte das MUMOK, das immer wieder<br />

den Rahmen des Museumsbaus sprengt<br />

Drei große<br />

Kunst-Institutionen haben<br />

im MQ ihre Heimat gefunden.<br />

Visionen zum gegenseitigen<br />

Austausch und zur besseren<br />

Nutzung der Räume sorgen<br />

immer wieder für Debatten.<br />

Es war keine gewöhnliche Bar, in die Joep van Lieshout<br />

geladen hatte: Der Treffpunkt, den der niederländische<br />

Künstler im Frühjahr 2010 im Hof des MQ aufgebaut<br />

hatte, war einem menschlichen Darmausgang nachempfunden,<br />

die Besucher konnten in dem höhlenartigen Gebilde<br />

Würstel essen und den Sounds der DJs lauschen.<br />

Nebenan postierte der Künstler noch einen riesigen<br />

Frauen-Torso und ein Spermium, „Darwin“ genannt. „Für<br />

Nichtkunstkenner – das sind 99 Prozent <br />

23


ZUKUNFT<br />

Der Schritt aus den Museumsmauern hinaus in den öffentlichen Raum<br />

hat im <strong>MuseumsQuartier</strong> Tradition – auch, weil die Mauern manchen<br />

ambitionierten Kunst-Projekten einfach zu enge Grenzen setzen.<br />

der Gesellschaft – ist es einfacher, zu den Objekten so<br />

einen Zugang zu finden, als wenn diese im Museum hermetisch<br />

abgeschlossen sind“, erklärte van Lieshout. Der<br />

Schritt aus den Museumsmauern hinaus in den öffentlichen<br />

Raum hat im <strong>MuseumsQuartier</strong> Tradition – auch,<br />

weil die Mauern manchen Projekten einfach zu enge<br />

Grenzen setzen. Visionen und kritische Diskussionen über<br />

die Nutzung der Museumsräume haben das MQ stets begleitet,<br />

und sie sind zuletzt nicht leiser geworden.<br />

MUMOK, Leopold Museum und Kunsthalle Wien sind die<br />

drei wichtigsten Institutionen, die dem <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

zu seinem Namen verhalfen, auch wenn die Kunsthalle<br />

mangels eigener Sammlung streng genommen<br />

kein „Museum“ ist. Die Ausstellungshalle, die Publikumserfolge<br />

wie die Schau „Punk – No One Is Innocent“<br />

(2008) auf ihre Fahnen schreiben kann, ist im barocken<br />

Gebäude der Winterreithalle eher unauffällig untergebracht.<br />

2005 setzte die Institution daher <br />

Das Leopold Museum (oben) hat sich als Standort<br />

der weltweit wichtigsten Egon-Schiele-Sammlung<br />

etabliert, die Architektur bietet Ausblicke auf<br />

die großen Museen am Maria-Theresien-Platz.<br />

Mit Lichtprojektionen (r.) zeigt das Leopold<br />

Museum seine Schätze auch im Außenraum.<br />

Auch im Jubiläumsjahr wird der Hof und Vorplatz<br />

des MQ mit Kunstwerken bespielt – von 27.9.<br />

bis 2.10. ist etwa ein Werk von Peter Kogler<br />

(Ohne Titel, großes Bild) zu sehen<br />

FOTOS: PETERKOGLER, LEOPOLD MUSEUM (2), KUNSTHALLE, GERHARD DEUTSCH, AP<br />

24 25


ZUKUNFT<br />

Für die Häuser im MQ wird es auch in Zukunft<br />

unumgänglich sein, nach vielen Seiten hin<br />

durchlässig zu bleiben – selbst wenn ihre<br />

Wände meterdick und massiv aussehen.<br />

Statements: Erwin Wurm ließ 2006 ein Einfamilienhaus mit dem MUMOK kollidieren (oben).<br />

Yayoi Kusama verwandelte 2002 die Kunsthalle in eine Wunderwelt (oben re.)<br />

ein Zeichen nach außen und ließ den<br />

türkisch-deutschen Künstler Feridun<br />

Zaimoglu die Front des Baus mit türkischen<br />

Fahnen verhängen. 2009, anlässlich<br />

der Kunsthallen-Ausstellung „Street<br />

and Studio“, hinterließen dann Graffiti-<br />

Künstler im Außenraum ihre Spuren.<br />

Trotz der architektonischen Unauffälligkeit<br />

der Kunsthalle wehrte sich deren<br />

Direktor Gerald Matt bisher standhaft<br />

gegen das Vorhaben, aus dem MQ auszuziehen<br />

und seine Räume dem benachbarten<br />

MUMOK zu überlassen.<br />

Dass dort Platznot herrscht, ist seit der<br />

Eröffnung des MQ ein Thema in Fachkreisen:<br />

Der ehemalige MUMOK-Direktor<br />

Edelbert Köb (2001-2010) hatte<br />

stets mit Nachdruck Pläne zur Erweiterung<br />

des Museums – etwa in den einstigen<br />

Rinderhallen St. Marx oder auf der<br />

Donauplatte – präsentiert. Seine Nachfolgerin<br />

Karola Kraus gab sich in ihren<br />

Forderungen bisher eher bescheiden,<br />

beschloss aber auch, das Museum im<br />

Juli und August für Umbauten zu<br />

schließen: In dieser Zeit zeigt sich das<br />

Museum mit von Künstlern gestalteten<br />

Plakatwänden einmal mehr im öffentlichen<br />

Raum.<br />

Kraus setzt damit die Museumslinie<br />

fort: 2006/2007 setzte Österreichs<br />

Parade-Künstler Erwin Wurm ein Einfamilienhaus<br />

auf das Dach des MUMOK,<br />

um den Zusammenprall der kleinbürgerlichen<br />

Lebenswelt mit der Welt der<br />

Kunst für jeden Passanten deutlich zu<br />

machen. Der Medienkünstler Peter<br />

Kogler, den das MUMOK 2008/2009<br />

mit einer Retrospektive ehrte, ließ für<br />

die Dauer der Ausstellung weiße Ratten<br />

an der Fassade des dunklen Gebäudes<br />

hin- und herlaufen.<br />

Das Leopold Museum, mit 360.000 Besuchern<br />

(2010) der mit Abstand stärkste<br />

Publikumsmagnet im MQ, diente<br />

ebenfalls oft als Projektionsfläche:<br />

Schiele-Gemälde erschienen vielfach<br />

vergrößert auf der Fassade des Hauses,<br />

ein Jimi-Hendrix-Porträt des Skandalkünstlers<br />

Otto Muehl wies 2010 auf den<br />

bis dahin – in der Sammlung Leopold –<br />

weniger geläufigen Künstler hin.<br />

In der Standortdebatte hielten sich die<br />

Verantwortlichen des Leopold Museums<br />

bisher eher zurück – der weiße<br />

Kubus hat sich für die weltweit größte<br />

Schiele-Sammlung, für Kunst des<br />

Jugendstils und der Klassischen Moderne<br />

sowie für Sonderausstellungen zur<br />

Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts bewährt.<br />

Doch nach dem Tod des charismatischen<br />

Gründers Rudolf Leopold<br />

hat das Museum viele neue Herausforderungen<br />

zu meistern, und gerade Leopolds<br />

Witwe Elisabeth macht kein Hehl<br />

aus der angespannten finanziellen<br />

Situation des Hauses. Die Einrichtung<br />

eines Schiele-Forschungszentrums war<br />

ein erster Schritt, um den Ruf des Museums<br />

in der Fachwelt zu festigen; mit<br />

der Öffnung der Räume für eine Kunstmesse<br />

und der Nutzung des Cafés als<br />

Ausgeh-Treffpunkt zeigte das Museum,<br />

dass es sich den Entwicklungen des<br />

21. Jahrhunderts nicht verschließt.<br />

Eine völlige, radikale Neuordnung der<br />

Museen und Sammlungen, wie sie noch<br />

2007 diskutiert wurde, erscheint nach<br />

langem politischen Tauziehen heute<br />

unrealistisch. Doch für die Häuser im<br />

MQ wird es auch in Zukunft unumgänglich<br />

sein, nach vielen Seiten hin durchlässig<br />

zu bleiben – selbst wenn ihre<br />

Wände auf den ersten Blick meterdick<br />

und massiv aussehen. <br />

Gegenstimme<br />

Jan Tabor, streitbarer Architekturkritiker und selbst Mieter im MQ,<br />

über Enzis, radikale Umbaupläne und die Freiheit im <strong>MuseumsQuartier</strong>.<br />

Sie sind bei der Eröffnung 2001 mit der<br />

Architektur des <strong>MuseumsQuartier</strong>s hart<br />

ins Gericht gegangen. Hat sich an Ihrem<br />

Befund etwas geändert?<br />

Es gibt eine positive Veränderung, die<br />

man so nicht erwarten könnte – das<br />

sind die sogenannten Enzis der Architekten<br />

PPAG, die die museale, nekrophile<br />

Stimmung hier beseitigt haben. Sonst<br />

ist das MQ renovierungs- und umbaubedürftig.<br />

Die faschistoide Abgehobenheit<br />

der beiden Museen müsste eliminiert<br />

werden – ich nenne das absichtlich faschistoid,<br />

wenn man Stiegen verwendet,<br />

die es nicht braucht, nur um irgendwelche<br />

Effekte zu erreichen. Was nicht danebengehen<br />

konnte, ist, dass hier ein<br />

Biotop entstanden ist. Obwohl das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

einer der bestbewachten<br />

und -organisierten Plätze der Stadt ist,<br />

ist hier doch die größte Freiheit möglich.<br />

Woran merken Sie das?<br />

Die Leute dürfen etwas, was sie sonst<br />

nicht dürfen, etwa sich ausstrecken,<br />

was in der Stadt auf den Bänken ja sonst<br />

höchst unerwünscht ist.<br />

Was müsste man Ihrer Meinung nach<br />

verändern?<br />

Das Erste, was man machen müsste,<br />

wäre, die Kunsthalle zu verkaufen und<br />

den Platz dem MUMOK zu übergeben.<br />

Man müsste eine Rochade durchführen,<br />

bei der das Leopold Museum und MU-<br />

MOK Platz tauschen. Dazu müsste es<br />

eine Außenöffnung geben, die Treppen<br />

gehören weg, die Eingänge der Museen<br />

INTERVIEW<br />

Im Anzug: „Der Popanz“<br />

heißt diese Arbeit von<br />

Erwin Wurm, die im Rahmen<br />

der Reihe „Die Kunst<br />

Innovationen zu schaffen“<br />

auf dem Vorplatz<br />

des <strong>MuseumsQuartier</strong>s<br />

gezeigt wird<br />

von michael huber<br />

gehören auf die Ebene des Platzes. Und<br />

der hintere Teil sollte belebt werden.<br />

Ohne Demolierung wird man hier nicht<br />

viel erreichen.<br />

Sie sind mit ihrem „Forum Experimentelle<br />

Architektur“ seit sechs Jahren Mieter im<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>, in Nachbarschaft<br />

zum ArchitekturZentrum Wien. Wie geht<br />

es Ihnen hier?<br />

Wir haben hier ein Büro, und machen<br />

etwa 30 Veranstaltungen im Jahr. Wir<br />

haben eine Projektionsleinwand vor unser<br />

Fenster montiert und projizieren<br />

Videos darauf, innen gibt es Ausstellungen.<br />

Wenn wir etwas veranstalten, dann<br />

sitzen wir im Hof, trinken, sprechen und<br />

hören uns hervorragende Vorträge an –<br />

und das ohne Subventionen. <br />

26 27


ZUKUNFTSLABOR<br />

FOTOS: ARS ELECTRONICA, MUSEUMSQUARTIER (3)<br />

Der Ö3-Mikromann hat einst mal wieder<br />

ziemlich für Verwirrung gesorgt. „Wo ist<br />

denn da der Zugang zum Internet?“, fragte<br />

er wie ein verirrter Tourist einige Passanten.<br />

Die ihn dann, nun selbst ziemlich verwirrt,<br />

ein, zwei Gassen weiter schickten,<br />

damit er dort den besagten Eingang finde.<br />

In Wien kann man in dieser Scherzfrage<br />

aber sogar ein Körnchen Wahrheit orten.<br />

Die Antwort wäre: im <strong>MuseumsQuartier</strong>.<br />

Denn im quartier21 haben sich zahlreiche<br />

Institutionen angesiedelt, die dort arbeiten,<br />

wo das aktuelle kritische Potenzial zu<br />

Hause ist: in der Welt des Digitalen. Hier<br />

werden die wirklich entscheidenden gesellschaftlichen<br />

Fragen der Zukunft geklärt,<br />

hier gehen künstlerische und politische Arbeit<br />

Hand in Hand. Denn die digitale Gesellschaft<br />

ist längst Alltag, Popkultur wird<br />

vorwiegend digital konsumiert. Aber diese<br />

Veränderungen sind bis heute nicht ausreichend<br />

erforscht. Und die begleitenden Gefahren<br />

nicht genug im Bewusstsein der<br />

Menschen verankert.<br />

Dass sich dies möglichst rasch ändert, daran<br />

arbeiten im quartier21 beheimatete Institutionen<br />

wie Transforming Freedom<br />

oder quintessenz, der „Verein zur Wiederherstellung<br />

der Menschenrechte im Informationszeitalter“.<br />

Denn der Kampf gegen<br />

Überwachung und Vorratsdatenspeicherung,<br />

für Online-Privatsphäre <br />

Museen für Alte Meister gibt es<br />

weltweit viele. Orte, an denen die<br />

Auseinandersetzung mit digitaler<br />

Kultur stattfindet, sind aber<br />

Mangelware. Doch im quartier21 des<br />

MQ wird an der Zukunft gebastelt.<br />

digitale<br />

WELTEN<br />

von georg leyrer<br />

Der Auftritt des Roboter-Cowboys: Im<br />

quartier21 ist Raum für junge,<br />

experimentelle Kunst, die die Grenzen des<br />

Kunstbetriebs überschreitet.<br />

28 29


ZUKUNFTSLABOR<br />

porträt<br />

ANNA POPELKA & GEORG PODUSCHKA<br />

Die Schau „DigitalMaterial<br />

und Datenschutz ist längst kein Minderheitenprogramm<br />

mehr. Genauso wenig<br />

wie die Computerspiele, die sich zur<br />

farbenfrohen Popkultur des 21. Jahrhunderts<br />

gemausert haben und etwa im<br />

Subotron-Shop vertreten sind. Die Anbindung<br />

an die zeitgenössische Bildende<br />

Kunst stellen wiederum das paraflows-<br />

Festival oder das Kunst-Informationsbüro<br />

eSeL her. Auch das renommierte<br />

Linzer Computerkunst-Festival Ars Electronica<br />

war eine Zeit lang im wechselnden<br />

Nutzer-Spektrum des quartier21 mit<br />

Luzern“ (2010) widmete sich<br />

dem Einfluss des Digitalen<br />

auf die Kunstproduktion<br />

dem net.culture.space vertreten.<br />

Überhaupt ist dort Abwechslung<br />

Programm: Wie beim Websurfen,<br />

aber im realen Leben, kann man<br />

sich durch höchst unterschiedliche<br />

Angebote in rascher Abfolge bewegen,<br />

von einer „Musiktankstelle“ zum<br />

Kurzfilmfestival Vienna Independent<br />

Shorts, von den „Komischen Künsten“<br />

(Comics, Karikaturen) bis zum<br />

math.space, wo die vermeintlich trockene<br />

Materie Mathematik zum Leben<br />

erwacht.<br />

Das quartier21 zeigt: Auch digitale Daten<br />

brauchen Platz. 7000 m 2 stehen den<br />

Institutionen zur Verfügung. Insgesamt<br />

20 Initiativen aus Bereichen wie Medienkunst,<br />

Computerspiele, Visuals und<br />

Netzaktivismus sind im Quartier für Digitale<br />

Kultur (QDK) vereint. Ein essenzieller<br />

Ort des Wiener Kunstschaffens. <br />

Am Anfang waren die<br />

Iglus. Und ein wenig Verwunderung<br />

in der Auskenner-Szene. Was<br />

denn das jetzt für Punschhütteln seien, und<br />

wieso jetzt auch im MQ und ob sich da<br />

vielleicht noch ein Weihnachtsmarkt<br />

einschleicht und überhaupt? Die Sorge war<br />

unbegründet, das ewige Kunsthandwerk<br />

blieb draußt am Spittelberg, viel cooler als<br />

im MQ kann die Winterzeit nicht sein. Und<br />

die große Überraschung folgte im Sommer<br />

2003: Denn aus den Iglus wurden knubbelige,<br />

unwiderstehliche Gartenmöbel. Was<br />

heißt Gartenmöbel – Hofmobilien, echte,<br />

einzigartige Enzis! Einfach so passiert?<br />

„Nein“,erklärt Anna Popelka lachend, „das<br />

wäre eine nette Geschichte, aber das hatten<br />

wir schon so geplant, bevor wir die Iglus<br />

entworfen haben.“ Und wer sollte es<br />

besser wissen als sie, immerhin hat sie gemeinsam<br />

mit Georg Poduschka, ihrem Partner<br />

im Architekturbüro PPAG, sowohl Iglus<br />

als auch Enzis entworfen. Und nur zwei<br />

Jahre später wurde ihr Entwurf mit dem<br />

Adolf Loos Staatspreis ausgezeichnet. Sie<br />

wurden bereits zu Laufstegen für Modeschauen<br />

umgebaut, zu Skulpturen und Palästen<br />

aufgetürmt, sie dienten als Bühne<br />

für die Großen und Klettergerüste für die<br />

Kleinen, man kann sie sogar als Paddelboot<br />

verwenden. Vor allem aber gelang es ihnen,<br />

den Platz mit Leben zu füllen, und so<br />

zu einem echten Platz zu machen. Mittlerweile<br />

gibt es sie auch für zuhause und in<br />

einer „Soft-Version“ fürs Wohnzimmer! „Wir<br />

wollten ein Volksmöbel machen“,sagt<br />

Anna Popelka. Das ist ihnen gelungen.<br />

Dass die liebgewonnenen Enzis nun den<br />

Enzos weichen mussten, wird daran nicht<br />

viel ändern. Die „Neuen“ sind nicht nur recycle-<br />

sondern auch unbrennbar. Eine Änderung,<br />

die durchaus notwendig erschien.<br />

Die Form ist luftiger – aber im Prinzip<br />

gleich. So gilt auch für sie, was Architekturkritiker-Legende<br />

Jan Tabor über die Enzis<br />

schrieb: „Sie haben die absoluten menschlichen<br />

Maße: Sie passen allen gleich gut,<br />

Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, Alten,<br />

Frauen und Männern, Studenten und<br />

Yuppies, Touristen und Einheimischen.“ Sie<br />

laden ein zum Wohnen in der Stadt. Jeden,<br />

ohne Unterschied. Und machen es uns so<br />

ausgesprochen leicht, sie zu lieben. „Sie<br />

haben nur eine schlechte Eigenschaft“,<br />

schreibt Jan Tabor resümierend: „Man kann<br />

aus ihnen Punsch-Iglus bauen.“ Aber damit<br />

können wir leben. Ganz gut sogar. <br />

n i<br />

Egal, ob Iglu, Bühne, Laufsteg oder Sitzgelegenheit – was wäre das MQ ohne seine Enzis.<br />

Oder Enzos. Sie mögen uns – und wir mögen sie. Beinahe bedingungslos.<br />

Eine Hymne auf die Hofmobilien des 21. Jahrhunderts.<br />

ezo<br />

Online-Identität: Im digitalen Raum verschwimmen die Grenzen, jeder hat zahlreiche Profile des eigenen Ichs, die er verwalten<br />

muss. Die digitale Kunst stellt sich daher der Frage nach dem Menschen auf ganz neue Weise<br />

FOTOS: LISI SPRECHT, LARRY RR. WILLIAMS


FOTOS: CATRHINE STUKHARD &ZOOOM, HERTHA HURNAUS &ZOOM, ORF<br />

sinn<br />

spiele<br />

Kinder wollen am liebsten<br />

alles selber machen. Durch den<br />

spielerischen Zugang lassen sich<br />

künstlerische und wissenschaftliche<br />

Zusammenhänge am besten<br />

begreifen. Und machen so viel<br />

Spaß, dass die Erwachsenen auch<br />

gleich mitmachen möchten<br />

Forschen, fühlen, ausprobieren. Im ZOOM Kindermuseum<br />

dürfen Kinder, was sie in anderen Museen nicht dürfen:<br />

Kunst, Wissenschaft und Alltagskultur mit<br />

allen Sinnen erkunden.<br />

von barbara mader<br />

KINDERMUSEUM<br />

Kinderlachen dringt durch das offene Fenster<br />

ins Zimmer von Elisabeth Menasse-<br />

Wiesbauer. In ihren Ohren Musik wie das<br />

Klavierspiel, das vom benachbarten Tanzquartier<br />

zu hören ist. Na klar muss man Kinder<br />

mögen, wenn man Direktorin eines Kindermuseums<br />

ist. Das ZOOM Kindermuseum im Museums-<br />

Quartier ist eine Erfolgsgeschichte. Hier gelingt, wozu<br />

andere Kulturinstitutionen zwar den Auftrag, aber<br />

nicht immer das Vermögen haben: Kinder aus allen<br />

Schichten ins Museum zu bringen. Wie das geht,<br />

zeigt ein Rundgang durch das bunte Reich.<br />

Anders als in anderen Museen gilt im ZOOM: Bitte angreifen!<br />

Im Atelier dürfen Stofftiere mit Besen, Rollern<br />

und Fliegenklatschen bemalt werden – wer möchte,<br />

bekommt Tipps von Künstlern. Im Trickfilmstudio<br />

helfen Schauspieler und Mediengestalter jungen Menschen<br />

ab acht Jahren, die ersten Schritte in Richtung<br />

Oscar zu nehmen. Obwohl es eigentlich egal ist, ob<br />

das Produkt dann tatsächlich filmpreiswürdig ist oder<br />

nicht – Hauptsache, die Kinder und Jugendlichen lernen<br />

spielerisch den kreativen und selbstbestimmten<br />

Umgang mit Multimediatechnologien kennen. Geschichten<br />

erfinden, Szenen entwerfen, Dialoge und<br />

Sounds einspielen und den fertigen Film dann auf<br />

Bildschirmen im ganzen Museum sehen können.<br />

Mitmachen ist natürlich auch in der Ausstellung –<br />

derzeit zum Thema Ferien – Devise: Frau Direktor<br />

probiert gleich einmal selber aus, wie das mit dem<br />

Fischefangen geht – gar nicht so einfach nämlich.<br />

Ausstellungskuratorin Elke Krasny, Stadtforscherin<br />

und dreifache Mutter, weiß, was Kinder interessiert:<br />

Koffer packen, in den knallroten Autobus kraxeln und<br />

Zelt aufstellen. Dazwischen natürlich Eis essen. Eine<br />

kurze Verschnaufpause ist auch eingeplant: den<br />

Regentropfen zuhören, die leise an die Festerscheiben<br />

klopfen. Auch so kann ein entspannter Sommernachmittag<br />

ausschauen.<br />

Was Elisabeth Menasse-Wiesbauer sich für die Zukunft<br />

wünscht? „Dass alles so gut bleibt, wie es ist.“ <br />

32


GESCHICHTE<br />

Als Kaiser Karl VI.<br />

nicht mehr wusste, wo<br />

er seine vielen Pferde<br />

und die dazugehörenden<br />

Prunkkarossen hinstellen<br />

sollte, ließ er ein neues<br />

Hofstallgebäude<br />

errichten. Somit haben wir<br />

dem Vater der Kaiserin<br />

Maria Theresia das heutige<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong> zu<br />

verdanken.<br />

Parkplatznot<br />

zu Kaisers Zeiten<br />

von georg markus<br />

Die Hofstallungen<br />

wurden am Beginn<br />

des 18. Jahrhunderts<br />

gebaut und in der Zeit<br />

Kaiser Franz Josephs<br />

(Bild) zu ihrer heutigen<br />

Größe erweitert<br />

Ja, auch vor 300 Jahren gab es sie<br />

schon, die Parkplatznot in Wien, zumal<br />

Adel und Kaiserhaus mit riesigen<br />

Kutschen und Equipagen unterwegs<br />

waren und für diese stets Abstellflächen<br />

suchten. Also ließ Kaiser Karl VI.<br />

die neuen Hofstallungen errichten, die<br />

seit zehn Jahren das <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

beherbergen.<br />

Der Grund für den Bau des prunkvollen<br />

Gebäudekomplexes war eine für<br />

viele Wiener unzumutbare Situation:<br />

Wer innerhalb der Stadtmauern ein<br />

Haus besaß, musste seine Wagenschuppen<br />

den Habsburgern zur Unterbringung<br />

von Pferden und Karossen<br />

zur Verfügung stellen, da die alten<br />

Stallungen in der Hofburg restlos<br />

überfüllt waren. Der Kaiser sah ein,<br />

dass dieses „Quartiersystem“ nicht<br />

länger tragbar war und gab 1713 den<br />

Auftrag, am Rande des Glacis neue<br />

Hofstallungen zu bauen. Der Architekt<br />

war der große Johann Bernhard<br />

Fischer von Erlach, der auch Schönbrunn,<br />

das Stadtpalais des Prinzen<br />

Eugen, die Karlskirche und Schloss<br />

Kleßheim in Salzburg geplant hat.<br />

Sechs Jahre nach der Auftragsvergabe<br />

wurde mit dem Bau der Hofstallungen<br />

begonnen, wobei man – wie nicht<br />

selten in Österreich – in der Planung<br />

großzügiger war als es die <br />

34 35


Der Haupthof des heutigen<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>s<br />

war einst der „große<br />

Fahrplatz“ der kaiserlichen<br />

Hofstallungen<br />

(oben). Innerhalb der<br />

alten Mauern ereignete<br />

sich auch die Tragödie<br />

des Wieners Peter Tell,<br />

den man den „ersten<br />

Pazifisten“ nennen könnte:<br />

Der Tischler wurde<br />

während der Besatzungszeit<br />

durch Napoleons<br />

Truppen im Juni 1809<br />

hingerichtet, weil er sich<br />

weigerte, eine Waffe in<br />

die Hand zu nehmen<br />

Der Hof parkte seine Kutschen in nahen<br />

Privathäusern, bis Kaiser Karl VI. (oben)<br />

die neuen Hofstallungen bauen ließ. Der<br />

Prunkwagen (rechts) stammt aus dem<br />

Jahr 1740, in dem Kaiser Karls Tochter<br />

Maria Theresia Regentin wurde. Heute<br />

können die Karossen in der Wagenburg<br />

in Schloss Schönbrunn besichtigt werden<br />

36<br />

Finanzen zuließen. Als das Geld ausging, hatte der<br />

Architekt bereits das Zeitliche gesegnet und sein<br />

Sohn Joseph Emanuel Fischer von Erlach die Bauleitung<br />

übernommen. Nun musste er sich mit einer<br />

etwas veränderten Planung herumschlagen, die dann<br />

aber doch Platz für immerhin 600 Pferde, 200 Karossen<br />

und Galawagen bot.<br />

Es bleibt österreichisch: Kaum war die Hauptfront im<br />

Jahre 1725 fertiggestellt, erwiesen sich die Stallungen<br />

schon wieder als zu klein. Pferdekutschen besaßen im<br />

Barock die Angehörigen des Kaiserhofs und des<br />

Adels, Bürger waren im gemieteten Fiaker unterwegs<br />

oder ließen sich mit Sänften tragen, Kaufleute transportierten<br />

ihre Güter in Karren und Handwagen. Der<br />

„kleine Mann“ freilich hatte keine andere Möglichkeit,<br />

als sich zu Fuß fortzubewegen.<br />

Im Mai 1809 lässt Napoleon die Hofstallungen im<br />

Zuge der Eroberung Wiens beschießen. Als die Stadt<br />

bereits in Händen der Franzosen ist, wird der Tischler<br />

Peter Tell zu Österreichs „erstem Pazifisten“, da er<br />

sich in den Hofstallungen als Anführer einer Bürgerwehr<br />

weigert, Waffen einzusetzen. Er wird ohne<br />

Gerichtsurteil erschossen. Die bei den Gefechten<br />

beschädigten Hofstallungen und die dahinterliegenden<br />

Häuser am Spittelberg werden erst ab 1814 renoviert,<br />

als die kaiserliche Residenzstadt für den Wiener<br />

Kongress in neuem Glanz erstrahlen soll.<br />

Auch Kaiser Franz Joseph wusste den Prunkbau vis-àvis<br />

der Hofburg zu schätzen und ließ ihn<br />

1850 umgestalten und erweitern. Sehr<br />

zur Freude seiner späteren Frau Elisabeth,<br />

die eine begeisterte Reiterin war und<br />

Kaiserin Elisabeth (links)<br />

war eine begeisterte Reiterin<br />

und ließ sich in den<br />

Hofstallungen eine Manege<br />

bauen. Sie nahm hier Reitstunden,<br />

worüber man sich<br />

in Adelskreisen schockiert<br />

zeigte, zumal „Sisis“<br />

Lehrerin eine Kunstreiterin<br />

im Zirkus Renz war<br />

in den Hofstallungen eine Manege errichtete, in der<br />

sie im Frühjahr 1875 Reitstunden nahm. Dass ihre<br />

Lehrerin Elise Petzold hauptberuflich Kunstreiterin im<br />

Zirkus Renz war, galt in manchen Kreisen des Wiener<br />

Adels als Skandal: „Was diese Kaiserin für einen<br />

Umgang pflegt!“<br />

Als das Automobil sich an der Wende zum 20. Jahrhundert<br />

durchzusetzen begann, verlor das Hofgebäude<br />

als Stall- und Wagenburg seine Bedeutung.<br />

Also wurden die Pferde versteigert und die Karossen<br />

in die Winterreitschule von Schloss Schönbrunn<br />

gebracht. „Interimistisch“, wie es damals hieß – und<br />

auch diese Lösung mutet ausgesprochen österreichisch<br />

an, zumal sich die Kutschen heute, knapp<br />

100 Jahre später, immer noch „interimistisch“ dort<br />

befinden (und in der Wagenburg des Schlosses<br />

besichtigt werden können).<br />

Die alten Hofstallungen fanden ab 1922 als Messepalast<br />

eine neue Verwendung, und in der Nazizeit<br />

mussten die riesigen Hallen für Propaganda-Veranstaltungen<br />

der Machthaber herhalten. Nach dem<br />

Krieg nahm die Wiener Messe ihre Tätigkeit wieder<br />

auf, ehe es ab den 1970er-Jahren zu Diskussionen<br />

über die Zukunft des Messepalasts kam. Im Gespräch<br />

waren eine Shopping-City, ein Hotel und ähnliche<br />

„Schnapsideen“. Bis der damalige Wissenschaftsminister<br />

und heutige Bundespräsident Heinz Fischer dem<br />

Spuk ein Ende setzte und den Auftrag für das Konzept<br />

eines Kulturforums gab. Womit<br />

die Geburtsstunde des<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>s geschlagen<br />

hatte.<br />

<br />

FOTOS: WAGENBURG/SCHLOSS SCHÖNBRUNN (2), MUSEUMSQUARTIER, ÖSTERR. NATIONALBIBLIOTHEK<br />

YELLOW BOX<br />

Y<br />

von andreas russ-bovelino<br />

Eine gelbe Box. Nein, falsch.<br />

Eigentlich ist es eine Glasbox<br />

mit gelbem Dach. Wieder<br />

falsch, es ist doch<br />

eher ein Baldachin aus gelber<br />

Lkw-Plane, der auf einer<br />

9,5 x4,5 Meter großen Glas/<br />

Stahl-Konstruktion sitzt. Eine neue Bar, ein<br />

Menschen-Aquarium, eine Wohn-Vision?<br />

Kunst oder Kommerz, ein moderner Wintergarten<br />

oder die Bank-Filiale der Zukunft? Was<br />

ist die „Yellow Box“ des Wiener Architekturbüros<br />

BEHF nun eigentlich?<br />

„In erster Linie ist es ein Dach über dem<br />

Kopf“,sagt Architekt Stephan Ferenczy (Bild)<br />

trocken wie das Pils aus dem hohen Norden<br />

Deutschlands, der Gegend, wo auch er herkommt.<br />

Um sich dem neuen Kubus im Hof<br />

des <strong>MuseumsQuartier</strong>s dann auf seine Art zu<br />

nähern: „Viel interessanter ist doch die Frage,<br />

was es nicht ist.“ Nun? „Es ist nicht flach, es<br />

ist keine neue Chilling Area, es ist keine<br />

Gastro-Zone, es ist keine Werbung. Und es ist<br />

keine Bank-Filiale.“ Also doch nicht? Welches<br />

Geheimnis birgt die Yellow Box dann? Küche,<br />

Kühlschrank, Bar, ein Wohnzimmer, eine<br />

Couch, kein Geheimnis. Ferenczy: „Zu sagen,<br />

wir zeigen euch die Zukunft des Bankings, ist<br />

doch genauso anmaßend, wie jemandem die<br />

Zukunft des Wohnens zu erklären.“ Die Architekten<br />

entwarfen einen zeitgemäßen Raum,<br />

der den Platz, auf dem er steht, in sich einfließen<br />

lässt und gleichzeitig über seine gläsernen<br />

Grenzen hinwegragt, den Blick für das<br />

Außen öffnet. Er korrespondiert mit der Welt,<br />

die ihn umgibt. Und hat ein weithin sichtbares,<br />

gelbes Dach, das leichter ist, als man<br />

glaubt. Und ja, Raiffeisen, die Bank, die man<br />

mit „Gelb“ und „Wohnen“ assoziiert, wird dort<br />

einziehen. Das hat doch was – Wohnraum für<br />

eine Bank, die dafür bekannt ist, Wohnraum<br />

zu schaffen. Wissen die Architekten, wie der<br />

bespielt wird? „Nein. Oft will man das ja auch<br />

gar nicht wissen“,sagt Thomas Ferenczy,<br />

„aber in dem Fall sind wir doch selbst neugierig:<br />

Wir stellen einer Bank eine Wohnung<br />

zur Verfügung. Das Spannende an der Sache<br />

ist jetzt, wie die Bank sich diese Wohnung einrichtet<br />

und wie sie den Raum nutzt.“<br />

Das werden wir dann ab Ende Juli wissen! <br />

RAUMWUNDER<br />

BankoderBeisl,WintergartenoderextracooleLounge–wirsinddemGeheimnisderYellowBoxaufderSpur.<br />

„Wir freuen uns, dass wir die Partnerschaft mit<br />

dem MQ gerade zum zehnten Geburtstag beginnen.<br />

Die stärkste Finanzmarke Österreichs und das<br />

junge MQ ergänzen sich gut. Wir werden diese<br />

Partnerschaft auf vielen unterschiedlichen Ebenen<br />

zum Nutzen der Besucher des MQ und unserer<br />

Kunden Schritt für Schritt umsetzen!“<br />

ERWIN HAMESEDER, GENERALDIREKTOR RLB NÖ-WIEN<br />

„Unser Engagement für<br />

Kunst und Kultur in Wien ist<br />

weit gefächert. Das MQ ist<br />

eine urbane Kultur – und<br />

Lebenszone für alle, die im<br />

Herzen und Geist jung sind.<br />

Esstehtdamitfüreinepositive<br />

Lebenshaltung, die von einer<br />

besonderen Vielfalt geprägt<br />

ist. Wir freuen uns, nun ein<br />

Teil des MQ sein zu dürfen.“<br />

GEORG KRAFT-KINZ,<br />

GENERALDIREKTOR STV.<br />

RLB NÖ-WIEN


ANDERS<br />

ARTIG<br />

von georg leyrer<br />

VERGLEICH<br />

FOTOS: APA(2), AP (2)<br />

Kulturareal ist nicht gleich<br />

Kulturareal: Im Vergleich<br />

mit Louvre, Berliner<br />

Museumsinsel oder auch<br />

der Washington Mall<br />

punktet das MQ vor allem<br />

als Lebensraum.<br />

Größe ist<br />

nicht alles:<br />

Internationale<br />

Areale wie der<br />

Pariser Louvre<br />

(links), die<br />

Washington Mall<br />

(Mitte l., National<br />

Gallery of Art)<br />

oder auch die<br />

Berliner<br />

Museumsinsel<br />

(unten und großes<br />

Bild rechts) sind<br />

Durchgangsorte.<br />

Das Wiener<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong><br />

aber lädt bis zu<br />

später Stunde<br />

zum Bleiben ein<br />

Eines scheint neue Museumsareale fast<br />

notwendigerweise zu begleiten: Streit.<br />

Auch die Berliner hatten es nicht leicht<br />

mit ihrer Museumsinsel, mittlerweile<br />

Weltkulturerbe und die größte Kulturattraktion<br />

Deutschlands mit mehr als<br />

drei Millionen Besuchern im Jahr. So<br />

sorgte zuletzt David Chipperfields<br />

Neuinterpretation des Neuen Museums<br />

(Heimstatt der Nofretete-Büste) für Wirbel,<br />

davor gab es das übliche Spiel:<br />

Verteuerungen, Verzögerungen, Verwerfungen.<br />

Doch sind sie einmal gebaut,<br />

werden die Kulturinseln (ob mit<br />

oder ohne Wasser) rasch zu zentralen<br />

Orten ihrer Heimatstadt.<br />

Und dabei ist Größe nicht alles: Zwar<br />

sind etwa das Areal des Pariser Louvre<br />

oder die gigantische, von Museen<br />

gesäumte Washington Mall im Vergleich<br />

zum <strong>MuseumsQuartier</strong> weit<br />

ausladender konzipiert. Doch das achtgrößte<br />

Kulturareal der Welt hat in Wien<br />

einen ganz eigenen Mix zwischen<br />

Kultur- und Lebensraum gefunden –<br />

und sticht damit die internationale<br />

Konkurrenz aus.<br />

Die reinen Besucherzahlen sind schwer<br />

vergleichbar. Der Louvre lockt pro Jahr<br />

mehr als 8,5 Millionen Besucher an,<br />

weit mehr als alle Bundesmuseen in<br />

Wien zusammen. Doch zum Verweilen<br />

lädt am Vorplatz mit der unverkennbaren<br />

Pyramide nichts ein. Auch die<br />

Museumsinsel oder die Washington<br />

Mall sind Durchgangsorte geblieben,<br />

an denen Touristenmassen lediglich<br />

durchgewunken werden. Sind die<br />

Museen dann abends geschlossen,<br />

stellt sich rasch eine gewisse Leere ein:<br />

Den oft geräumigen Flächen fehlen<br />

Anziehungspunkte, die auch am<br />

Abend anlocken.<br />

Im <strong>MuseumsQuartier</strong> hingegen fängt<br />

da – zumindest im Sommer – oftmals<br />

der Betrieb erst so richtig an. Denn<br />

viele der (vor allem kleineren) Institutionen<br />

sorgen bis in den Abend hinein<br />

für abwechslungsreiches Kulturerlebnis.<br />

Und das MQ ist Lebensraum, insbesondere<br />

auch für die Wiener. Für die<br />

ansässigen Kulturanbieter findet sich<br />

da noch großes Potenzial: Weniger als<br />

die Hälfte der MQ-Gäste besucht auch<br />

eine der Kulturinstitutionen.<br />

Der Trend zum Kulturareal jedenfalls<br />

hält an – und verlagert sich in andere<br />

Kulturräume: 2013 soll mit dem Nationalmuseum<br />

das erste der drei großen<br />

Museen auf der Museumsinsel Saadiyat<br />

(„Glückseligkeit“) inAbu Dhabi eröffnet<br />

werden. In kurzem Abstand folgen<br />

dort dann die Dependance des Pariser<br />

Louvre und das Guggenheim Abu Dhabi<br />

(das dann das weltgrößte sein wird).<br />

Eine weitere Messlatte für das MQ. <br />

38 39


WOHNEN IM MQ<br />

Jung sein, dabei sein – und zwar am<br />

besten rund um die Uhr. Eine Wohnung<br />

im <strong>MuseumsQuartier</strong> klingt nach perfekter<br />

Bleibe für den Twentysomething von heute.<br />

Oder wird einem das volle Leben dort<br />

doch zu viel? Ein Lokalaugenschein in der<br />

Studenten-WG am Museumsplatz.<br />

zimmer mit<br />

Aussicht<br />

von andreas russ-bovelino<br />

FOTOS: ANDREAS RUSS–BOVELINO (4)<br />

„Hey, cooler Tisch, so einen ähnlichen hab ich<br />

auch!“ –„Ja“, sagt Clara, ein wenig ungläubig<br />

bis erstaunt, „der ist von meinen Eltern.“ Nachdem<br />

also die Fronten geklärt waren, wer in die<br />

Old-School-Fraktion gehört und wer nicht, sitzen<br />

wir entspannt am meiner Meinung nach<br />

wirklich nicht uncoolen Tisch, lassen die Atmosphäre<br />

des erweiterten Wohnzimmers von Clara,<br />

Lorenz und Felix durch die hohen Fenster<br />

eindringen und auf uns wirken. Es ist zwar ein<br />

überraschend grauer Juni-Tag. Aber das kann<br />

weder der hellen, freundlichen Wohnung, noch<br />

uns, noch den Menschen draußen auf dem<br />

Hauptplatz des <strong>MuseumsQuartier</strong>s was anhaben.<br />

„Es ist eigentlich immer was los“, <br />

Großes Bild: Blick auf<br />

die größte Terrasse Wiens.<br />

Hier ist immer etwas los –<br />

auch an bewölkten Tagen<br />

40 41


42<br />

sagt Lorenz. Wobei’s auch bei geöffneten<br />

Fenstern erstaunlich leise bleibt. Ein fernes<br />

Murmeln aus dem sich selten mal ein Lachen<br />

schält. Kein Vergleich zum Wohnen an einer<br />

auch nur spärlich von Autos befahrenen Straße.<br />

„Dass man von draußen ein bisschen Leben<br />

hört, stört mich nicht. Ich tausche jederzeit<br />

Menschenstimmen gegen Verkehrslärm“,<br />

sagt Clara.<br />

Die Nächte sind okay, „wir haben ohnehin<br />

auch oft Gäste“, sagt Lorenz. Dann wird gekocht,<br />

thailändisch oder Pasta, alle Zutaten<br />

frisch am Naschmarkt eingekauft, weil der ist<br />

klasserweise ja auch gleich ums Eck. Danach<br />

geht’s für ein Verdauungsgetränk oder auch<br />

zwei auf einen der Enzis, ein wenig urbanes<br />

Leben direkt vor der Wohnungstür spüren, abhängen,<br />

chillen. Die Stimmung ist praktisch<br />

immer entspannt. Ganz selten mal, dass ein<br />

paar übrig gebliebene, desorientierte Nachtschwärmer<br />

sich bemerkbar machen, nachdem<br />

die Bars geschlossen und die letzten Besucher<br />

sich verzogen haben. „Aber richtig laut wird’s<br />

witzigerweise eher so um 10 Uhr vormittags“,<br />

geht Lorenz dann doch etwas ins Detail. Wie<br />

das? „Kinderalarm“, lacht Clara. Es ist die Zeit,<br />

wenn Schulklassen durch die beiden Museen<br />

getrieben werden.<br />

Die drei Frühzwanziger wohnen seit drei Jahren<br />

hier, sind also im <strong>MuseumsQuartier</strong> richtig<br />

zu Hause. Felix studiert technische Physik, seine<br />

Schwester Clara und Lorenz studieren Jus.<br />

Der Hof, „ihr“ Hof, ist abwechslungsreicher<br />

Ausblick in kurzen Lernpausen, wenn sie auf<br />

ihrem Lieblingsplatz, der kleinen Couch direkt<br />

unter einem der beiden Fenster, über ihren<br />

1.000-seitigen Schmökern brüten. Oder gigantische<br />

Terrasse, auf der es sich wunderbar lesen<br />

lässt. Gemütlich auf einem der Enzis liegend,<br />

natürlich, am liebsten in der Nähe der<br />

großen Wasserfläche im linken Teil des<br />

Hofes, weil Wasser, auch wenn’s noch so<br />

flach ist, einfach ein wenig Ferienstimmung<br />

in den Prüfungsstress bringt. Und, wie es sich<br />

für die „eigene“ Terrasse gehört, als Selbstversorger.<br />

„Die Gastronomie-Preise sind doch<br />

ziemlich hoch hier“, sagt Lorenz. „Ja, ich glaube<br />

wir, oder eben Studenten im Allgemeinen,<br />

sind nicht wirklich das Zielpublikum für die<br />

GASOMETER<br />

CAT<br />

EMPIRE<br />

14.11.2011<br />

STADTHALLE WIEN<br />

VOLBEAT<br />

03.11.2011<br />

PANNONIA FIELDS II<br />

JUNI 2012<br />

Lokale. Da gehen eher die Über-Dreißigjährigen<br />

hin“, erklärt Clara. „Aber so lange man<br />

auf den Enzis ,picknicken’ kann, stört uns das<br />

nicht wirklich. Letztes Jahr wollten sie einen<br />

allgemeinen Konsumationszwang fürs ganze<br />

Areal einführen. Da gab’s massive Proteste,<br />

sogar einen Flash-Mob – dann war das Thema<br />

zum Glück wieder vom Tisch“, sagt Lorenz.<br />

Gut so.<br />

<br />

A R E N A<br />

THE NAKED<br />

AND THE FAMOUS<br />

12.9.2011<br />

GASOMETER<br />

PAUL<br />

KALKBRENNER<br />

08.12.2011<br />

Leben im MQ: Clara und Lorenz<br />

an ihrem Lieblingslernplatz.<br />

Derzeit gibt es 32 private<br />

Wohnungen mit etwa 60 Mietern.<br />

Außerdem werden sieben Studios<br />

im Rahmen des „Artists-in-<br />

Residence“-Programms jährlich<br />

von ca. 30 Künstlern bewohnt<br />

TICKETS IN ALLEN RAIFFEISEN­<br />

BANKEN IN WIEN UND NÖ<br />

Jetzt auch zu gewinnen auf<br />

www.da­ist­was­los.at


delikatESSEN<br />

von florian holzer<br />

Ess<br />

KULTUR<br />

Als Europas größtes Museumszentrum geplant, wurde das MQ<br />

ganz nebenbei auch einer der Hotspots für Wiens Szene-Gastronomie.<br />

Dass das was Gutes wird, zeichnete<br />

sich ja schon früh ab. Schon das eher<br />

provisorisch gehaltene „Depot-Café“,<br />

das in den Jahren des Umbaus als eine<br />

Art Kantine für Noch-Bauende und<br />

Schon-Kultur-Betreibende fungierte, war<br />

lässig und anders.<br />

Bereits in diesem winzigen Lokal im<br />

ersten Hof (dort, wo sich heute das Designforum<br />

befindet) der unvorstellbar<br />

großen Baustelle ließ sich in all dem<br />

Staub erkennen, was das einmal für eine<br />

Aura haben wird, dass es hier definitiv<br />

nicht nur um Kultur gehen werde,<br />

MILO: Ein Platz für die Szene<br />

sondern auch um Kulturgenuss. Und<br />

Genusskultur. Als dann 2001 die ersten<br />

Museumscafés und -lokale Form annahmen<br />

und Gastronomen wie Designer<br />

ihre Gedanken spielen ließen, zeichnete<br />

sich allerdings ein Problem ab: Die<br />

Konzepte ähnelten einander auf dramatische<br />

Weise. Nicht weiter verwunderlich,<br />

die Lokale wurden schließlich auch<br />

alle zur selben Zeit und für dasselbe<br />

Zielpublikum erdacht. Es schien, als<br />

müsste man mit acht bis zehn<br />

Museumscafés rechnen, die alle mehr<br />

oder weniger chic aussahen <br />

FOTO: MARTIN GNEDT<br />

44<br />

45


delikat<br />

florian.holzer@kurier.at<br />

ESSEN florian holzer<br />

und in denen man sämtlich Mozzarella mit Tomate,<br />

Thai-Curry und Branzinofilet bekommen<br />

werde, dazu Caffè latte und Prosecco.<br />

Aber es kam zum Glück eh ganz anders. Eine gewisse<br />

Eigendynamik setzte ein, Profile schärften<br />

sich, jedes der Lokale verfügt mittlerweile über<br />

seinen ganz speziellen Charakter, sein ganz spezielles<br />

Publikum, seine ganz spezielle Atmosphäre.<br />

Und obwohl es mitunter gar nicht mehr<br />

so leicht ist, festzustellen, wo das eine anfängt<br />

und das andere aufhört, hat man nicht das Gefühl,<br />

dass sich die MQ-Gastronomie gegenseitig<br />

auf die Füße steigt.<br />

Heute ist das <strong>MuseumsQuartier</strong> neben dem<br />

Naschmarkt sicher Wiens bedeutendstes Szenelokal-Konglomerat,<br />

die wichtigste kulinarische<br />

Erlebnis-Zone. Nirgendwo sonst werden an den<br />

ersten sonnigen März-Tagen die Schanigarten-<br />

Premieren so enthusiastisch vom Publikum begrüßt<br />

wie hier, nirgendwo sonst geht es im Sommer<br />

relaxter zu als in den Höfen der ehemaligen<br />

Hofstallungen. Hier gibt es den Raum, Kultur mit<br />

sinnlicher Urbanität zu verbinden, und das wird<br />

auch zur Genüge gemacht. Die winterliche Eisstock-Bahn<br />

und die zu Eis-Palästen mit Punsch-<br />

Ausschank aufgetürmten Enzi-Elemente sind seit<br />

Jahren Kult. Die MQ-Lokale sind der Rahmen dafür.<br />

Sie sind nicht die Ursache des erstaunlichen<br />

Erfolgs des <strong>MuseumsQuartier</strong>s, aber sie sind ein<br />

wesentliches Element davon. Und sie machen’s<br />

einem letztlich auch sehr leicht, das Museums-<br />

Quartier zu genießen.<br />

<br />

OTOS: MARIANN GREBER/HALLE, STEPHAN BOROVICZENY, GLACIS BEISL, RUPERT STEINER/MILO (2), GERHARD DEUTSCH, HERTHA HURNAUS, ULLA KLOPF, ALIS SCHAFLER<br />

Café Halle<br />

Die„Halle“ war nicht nur das<br />

erste der MQ-Lokale, es gilt bis<br />

heute gewissermaßen als die<br />

erste Adresse am Parcours.<br />

Das liegt vor allem an der<br />

strategisch günstigen Lage,<br />

direkt an der „kleinen spanischen<br />

Treppe“ auf der Zwischenebene<br />

im Durchgang zum<br />

Spittelberg. Auch nicht ganz<br />

unwesentlich: Das bis heute<br />

absolut gültige Designkonzept<br />

von Eichinger oder Knechtl und<br />

natürlich das professionelle<br />

Team aus dem Motto-Stall. Das<br />

Frühstück wurde hier in der<br />

Halle vor zehn Jahren quasi<br />

neu definiert und das Club-<br />

Sandwich erlebte durch dieses<br />

Lokal seine Wandlung von der<br />

öden Hotelbar-Notverpflegung<br />

zum Szene-Asset.<br />

Museumsplatz 1/Halle E+G,<br />

01/523 70 01, Mo-So 10-1<br />

www.diehalle.at<br />

46<br />

Café Leopold<br />

Eine wunderbare Diskrepanz<br />

zwischen Museumspublikum<br />

undCafé-Besucher. Denn: Die<br />

einen wollen Schiele &Klimt,<br />

die anderen wollen eine der<br />

heißesten Clubbing-Locations<br />

der Stadt und außerdem ein<br />

lässiges Museumscafé mit<br />

recht moderner Verpflegung<br />

und vor allem mit einem<br />

schwebenden Wintergarten,<br />

der sicher die besten Plätze im<br />

gesamten <strong>MuseumsQuartier</strong><br />

bereithält.<br />

Museumsplatz 1/Leopold-Museum,<br />

01/523 67 32, So-Mi 9-2, Do-Sa 9-4<br />

www.cafe-leopold.at<br />

MUMOK Café-Restaurant<br />

Anfangsdas ambitionierteste<br />

Café-Projekt im gesamten<br />

Areal, mit avantgardistischer<br />

Gestaltung (Elemente von Peter<br />

Kogler und Franz West) sowie<br />

einer modernen Kreativküche,<br />

stellte man gewissermaßen<br />

den kulinarischen Führungsanspruch.<br />

Mitten im Museums-<br />

Würfel gelegen entzog sich das<br />

MUMOK-Café aber der Laufkundschaft,<br />

auch ein extra<br />

angebrachter Außensteg verfehlte<br />

seine Wirkung. Derzeit<br />

fungiert das Lokal als zuverlässiges<br />

Museumscafé und dient<br />

primär zur Labung erschöpfter<br />

Besucher.<br />

Museumsplatz 1/MUMOK,<br />

01/525 00-1440,<br />

Mo-Sa 9.30-23, So 9.30-20<br />

www.mumokcafe.at<br />

Milo<br />

2001 als„Una“ gegründet,<br />

war und ist das Lokal im<br />

Architekturzentrum sicher das<br />

spektakulärste im Museums-<br />

Quartier: Türkische Fliesen in<br />

Türkis, Blau und Weiß verkleiden<br />

die Gewölbe, die schlichte<br />

Möblierung stellt einen gelungenen<br />

Kontrast dazu dar. Nach<br />

Una Abrahams kosmopolitischer<br />

austro-amerikanischmediterraner<br />

Küche kam<br />

Anfang 2008 das Team des<br />

Neo-Wirtshauses „Tancredi“<br />

und sorgte für Wiener und<br />

mediterrane Standards.<br />

Demnächst wird wieder neu<br />

übernommen: Attila Corbaci,<br />

früherer Hälfte-Partner im<br />

Café Engländer und der traumhaften<br />

Brasserie, übernimmt.<br />

Museumsplatz 1/<br />

Architekturzentrum,<br />

01/523 65 66,<br />

Mo-Sa 10-24, So 10-18<br />

Kantine<br />

DieEröffnung dieses Lokals<br />

zog sich lange hin, zwischenzeitlich<br />

glänzte es mit einer in<br />

Kuhfell tapezierten Bar, die<br />

dann aber wieder verschwand.<br />

2003 ging die Kantine endlich in<br />

Betrieb. Eine eher alternative,<br />

studentische Anmutung und<br />

exotische Suppen waren es, die<br />

das Lokal von den Mitbewerbern<br />

unterschied. Der riesige<br />

Schanigarten zählt zu den<br />

beliebtesten im gesamten<br />

Areal. Stille Naturen schätzen<br />

mehr das Hinterzimmer mit<br />

direktem Blick in die riesige<br />

Buchhandlung Walther König.<br />

Museumsplatz 1/Hauptgebäude,<br />

01/523 82 39,<br />

Mo-Do 9-2, Fr, Sa 9-4, So 9-24<br />

www.mq-kantine.at<br />

Dschungel Deli<br />

Alsdas Theaterhaus für junges<br />

Publikum 2004 eröffnete, stand<br />

fest, dass auch hier ein Lokal<br />

Platz finden müsse. Für die<br />

erste Version sorgte der beliebte<br />

Szene-Asiate Ra’mien. Es<br />

gab Curries und Nudelgerichte<br />

in (damals noch sehr neuen,<br />

nachgerade revolutionären)<br />

Pappkartons. Heute ist das<br />

Dschungel-Deli ein absolutes<br />

Eltern-&-Kinder-Lokal, in<br />

dem’s auch schon mal ganz<br />

schön rund gehen kann.<br />

Museumsplatz 1/Dschungel –<br />

Theaterhaus für junges Publikum,<br />

01/522 07 20-50,<br />

So &Mo9-20, Di-Sa 9-23<br />

Glacis Beisl<br />

DasGlacis Beisl ist ein Sonderfall:<br />

Erstens gab es das Lokal<br />

schon Jahrzehnte vor dem <strong>MuseumsQuartier</strong>,<br />

es war schon<br />

zu Zeiten des Messepalasts ein<br />

Beisl-Geheimtipp. Zweitens gehört<br />

es zu keinem Museum<br />

oder keiner Institution, es ist<br />

ein Beisl für sich. Und drittens<br />

liegt es nicht im Haupthof. Was<br />

die malerische Idylle des vielleicht<br />

schönsten Gastgartens<br />

der Stadt aber nicht beeinträchtigt.<br />

Bei der Gestaltung<br />

trachtete man 2004 danach, die<br />

ursprüngliche Wirtshaus-<br />

Atmosphäre mit modernen Stilelementen<br />

neu zu interpretieren,<br />

auch aus der Küche kommen<br />

Beisl-Klassiker mit dem<br />

gewissen Kick. Das Glacis Beisl<br />

ist die beste Wein-Adresse des<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong>s.<br />

Museumsplatz 1,<br />

Zugang Breite Gasse 4,<br />

01/526 56 60, Mo-So 11-2<br />

www.glacisbeisl.at<br />

MQ Daily<br />

Dasjüngste Lokal am Platz<br />

schaffte es erst im zweiten<br />

Anlauf: 2003 begann das Daily<br />

eigentlich als gut sortierter<br />

Bio-Laden mit ein paar Snacks<br />

und Suppen. Erst 2005 wurde<br />

gastronomisch umkonzipiert,<br />

das kleine Lokal profitiert von<br />

seiner unkomplizierten<br />

Atmosphäre, dem charmanten<br />

Schanigarten direkt neben dem<br />

Haupteingang (für den eine Tür<br />

in die barocke Fassade geschlagen<br />

wurde, was im gesamten<br />

<strong>MuseumsQuartier</strong> nicht<br />

oft passierte) und dem praktischen<br />

Umstand, dass man hier<br />

nach wie vor lebenswichtige<br />

Utensilien erwerben kann.<br />

Museumsplatz 1/Hauptgebäude,<br />

01/522 45 24,<br />

So-Mi 9-24, Do-Sa 9-1,<br />

www.mqdaily.at<br />

<br />

47


BILD<br />

LE SURREALISME, C'ESTMOI!<br />

Ausstellung: Salvador Dalí (r.) &Louise<br />

Bourgeois, Glenn Brown, Markus<br />

Schinwald, Francesco Vezzoli.<br />

KUNSTHALLE Wien, halle 2, bis 23.10.<br />

DURST? THIRST? SOIF? SETE?<br />

SUSAMA? Getränkeplakate der<br />

1960er-Jahre aus der Sammlung<br />

der Wienbibliothek im Rathaus.<br />

(Bilder unten)<br />

designforum Wien, Mi-Fr 10-18h,<br />

Sa und So 11-18h, bis 18.09.<br />

kal e nd er<br />

JULI – AUGUST 2011<br />

TOTEM AND TABOO Das komplexe<br />

Verhältnis von Kunst und<br />

Design. Das Totem als Objekt, das Tabu als<br />

Angst vor Inzest – Freuds Text dient als Modell für das<br />

Verhältnis der beiden (verwandten) Felder zueinander.<br />

freiraum quartier21 INTERNATIONAL, täglich 10-19h, 01.10. bis 20.11.<br />

FOTOS: MQ, MARTIN FUCHS, LAURENT ZIEGLER, TERENCELEWISCONTEMPORARYDANCECOMPANY, ARCHIV<br />

WORT<br />

FRAME[O]UT – DIGITAL SUMMER SCREENINGS<br />

Europäische Dokumentarfilme, Crowdsourced Movies,<br />

Fan Movies, Machinima, Game Movies, innovative<br />

Animation, Musikvideo und Kurzfilm. Eröffnungsfest<br />

mit der litauischen Band Avaspo in der Ovalhalle.<br />

MQ Hof 8, jeden Fr und Sa ab 21.30h, bis 27.08., Eröffnung: 08.07.<br />

O-TÖNE LITERATURFESTIVAL<br />

Große, spannende, schöne, verzaubernde,<br />

aufregende europäische<br />

Literatur. U.a. von Melinda Nadj<br />

Abonji, Josef Haslinger, Hannu<br />

Raittila, Mircea Cartarescu,<br />

Evelyn Schlag.<br />

MQ Haupthof, bei Schlechtwetter in der<br />

arena21, 07.07. bis 25.08., jeden Do 19.30h<br />

TANZ<br />

FILM<br />

IMPULSTANZ „jhoom“ lautet der Titel der glitzernd-glamourösen<br />

Bollywood-Show der Terence Lewis Contemporary<br />

Dance Company (u. l.) zur Eröffnung des 28. Festivals. Ein Hindi-<br />

Wort für „sich in Euphorie bewegen“.Ein Spektakel. Internationale Acts<br />

wie die Compagnie Marie Chouinard, die Akram Khan Company (u.) oder<br />

Marcela Levi tanzen bis 14. August in der Halle E+G.<br />

bis 14.08., Eröffnung: 13.07.<br />

SHADOWLAND Die spektakuläre Performance der US-Tanztruppe Pilobolus<br />

faszinierte im Rahmen der Oscar-Verleihung vor drei Jahren die ganze Welt.<br />

Ins MQ kommen sie mit einem komplett neuen Programm.<br />

Halle E, Di 05.07. bis So 10.07.<br />

TON<br />

TONSPUR 47: DAVID MOSS Der New Yorker<br />

Musiker ist ein Garant fürs Unerwartete.<br />

TONSPUR passage, So, 21.08. bis 26.11.,<br />

tägl. 10-20h, Eröffnung: 17h<br />

ANDRES BOSSHARD: KLANGHIM-<br />

MEL MQ Der große Innenhof des MQ<br />

wird mit einem feinen Netz von<br />

durchsichtigen Klangobjekten<br />

überspannt.<br />

MQ Haupthof, täglich 00-24h,<br />

bis 01.10.<br />

WEEKEND SOUNDS Klasse Nachmittagsunterhaltung<br />

mit sehr klassen<br />

DJs. Unter anderem kommen noch: DJ<br />

Phekt (2.7.), The Loud Minority (17.7.),<br />

Zanshin (23.7.) und die Wien-Premiere des<br />

holländischen Turntablers Git Hyper (30.7.). Sehr<br />

interessant auch Motorpitch (FM4) mit Brazil &Afrobeatz<br />

(14.08.) und Tom Wieland (7 Samurai) mit jazzy<br />

tropical Grooves (27.08.). Am 28. August dann das<br />

Grande Finale mit den Weeken Sounds Allstars.<br />

MQ Haupthof, Samstag 10-22h, Sonntag/Feiertag 12-20h, bis 01.10.<br />

ARENA<br />

SUNRISE<br />

AVENUE<br />

13.11.2011<br />

GASOMETER<br />

GUANO<br />

APES<br />

APES<br />

16.10.2011<br />

STADTHALLE<br />

FANTA 4<br />

20.12.2011<br />

VAZ ST. PÖLTEN<br />

22.-24.7.2011<br />

24.7.2011<br />

GASOMETER<br />

FLOGGING<br />

MOLLY<br />

15.11.2011<br />

TICKETS IN ALLEN RAIFFEISEN­<br />

BANKEN IN WIEN UND NÖ<br />

Jetzt auch zu gewinnen auf<br />

www.da­ist­was­los.at


KulturKALENDER<br />

FOTOS: MQ, LISI SPECHT, JÜRGEN HAMMERSCHMID, WORLD SAND SCULPTING ACADEMY<br />

kinder<br />

tipps<br />

Sandsachen und Strandgeschichten<br />

Inspiriert von einer großen Sandskulptur im Hof 2<br />

können Kinder mit Hilfe echter Sandkünstler ihre<br />

eigenen Objekte und Landschaften bauen.<br />

Hof 2, täglich 17-18.30h, bis 31.07.,<br />

für Kinder bis 10 Jahre<br />

Knet-Animationsfilm-Workshop<br />

In vier Tagen einen echten, eigenen Animationsfilm<br />

drehen. Mit der Trickfilmkünstlerin Izabela Plucinska.<br />

ZOOM Kindermuseum, 05.07. bis 08.07., 13-17.30h,<br />

für Jugendliche ab 13 Jahren<br />

Justus Neumanns Circus Elysium:<br />

Das Nibelungenlied<br />

Alle Charaktere werden vom Clown dargestellt.<br />

Das Ergebnis ist großes, fantasievolles Theater.<br />

Auch Dank der Ausstattung von Theaterdesigner<br />

Greg Methé – das Zelt, und neue zauberhafte<br />

Geräte und Maschinen, liebevoll erdachte<br />

Prototypen.<br />

MQ Fürstenhof, 01.09. bis 02.10.,<br />

für Jugendliche ab 13 Jahren<br />

Lulje – Tagebuch aus Anderland<br />

1998: Die 10-jährige Lulje muss Abschied nehmen<br />

vom Vertrauten. In ihrem Heimatland ist Krieg<br />

ausgebrochen. Sie zieht vom Hof der 31-köpfigen<br />

Großfamilie zu Onkel Dardan in die Schweiz –<br />

das „Anderland“.<br />

Dschungel Wien, 26.09. und 27.09.,<br />

10.30h und 19.30h, für Kinder<br />

ab 9 Jahren<br />

potpourri<br />

VIENNA FASHIONWEEK<br />

Die lässigere Modenschau: Zum<br />

dritten Mal stehen die Prêt-à-porter-<br />

Kollektionen von rund 70 DesignerInnen<br />

im Rampenlicht und werden<br />

mit opulenten Fashionshows in<br />

Szene gesetzt.<br />

Fashion-Zelt am MQ Vorplatz, Arena21,<br />

freiraum quartier21 INTERNATIONAL,<br />

Ovalhalle, 14.09. bis 18.09.<br />

OUTDOOR RACE CHALLENGE<br />

VIII Noch größer, noch bunter,<br />

noch spektakulärer – die neue Spielzeugautorennbahn<br />

im MQ (Bild u.).<br />

3€für 15 Minuten, wer sein eigenes<br />

Auto mitbringt, fährt gratis.<br />

Auch exklusiv buchbar!<br />

MQ Haupthof, Sa 18-21h, So und Feiertag<br />

17-20h, bis 28.8.<br />

BOULE-BAHNEN 2011 Nicht<br />

nur die Lieblingsbeschäftigung<br />

alter Franzosen auf dem Land –<br />

Pétanque ist jung, urban, chic.<br />

Und vor allem: Es macht Spaß.<br />

MQ Hof 8, Mo bis Fr, 14-23h;<br />

Sa, So und Fei 11-23h, bis 01.10.<br />

NEUSTARTS<br />

JULI<br />

Fr 01.07.–18.09.<br />

DURST? THIRST? SOIF?<br />

SETE? SUSAMA? Getränkeplakate<br />

der 60er-Jahre<br />

aus der Sammlung der Wienbibliothek,<br />

designforum Wien,<br />

Mi-Fr 10-18h, Sa und So 11-18h<br />

Di 05.07.–08.07.<br />

KNET – ANIMATIONSFILM<br />

– Workshop mit Izabela Plucinska<br />

(PL), ZOOM Kindermuseum,<br />

13 – 17.30h<br />

Do 07.-20.07.-<br />

O-TÖNE 2011, Lesungen,<br />

MQ Haupthof, jeden Do,<br />

19.30h<br />

Der Körper ist die<br />

Botschaft. Unter anderem.<br />

frame[o]ut –<br />

Filme im MQ<br />

Fr 08.07.<br />

FRAME[O]UT – digital summer<br />

screenings. MQ Hof 8,<br />

jeden Fr und Sa ab 21.30h<br />

Fr 08.07.<br />

SOFA UNPLUGGED, MQ<br />

Staatsratshof, 18–19.30<br />

12.–14.07. Dan Walker (US):<br />

Roboter – Affen, Workshop,<br />

Raum D, quartier21, 09–17h<br />

Di 14.07.<br />

IMPULSTANZ – Eröffnung,<br />

Festival, MQ Haupthof, 21.15<br />

Sa 16.07. Polska Flash,<br />

Theaterperformance, MQ<br />

Haupthof, 17–22h<br />

AUGUST<br />

21.08.–26.11. TON-<br />

SPUR 47: David Moss (US),<br />

TONSPUR passage, 10–20h/<br />

Eröffnung: So 21.08., 17h<br />

SEPTEMBER<br />

01.09. – 02.10. Justus<br />

Neumanns Circus Elysium:<br />

Das Nibelungenlied, Schauspiel,<br />

Dschungel Wien<br />

02.09. – 02.10. Das<br />

Kabinett des Jan Svankmajer.<br />

Das Pendel, die Grube<br />

und andere Absonderlichkeiten,<br />

KUNSTHALLE wien,<br />

halle 1, täglich 10–19h,<br />

Do 10–21h<br />

Fr 09.09. &<br />

Sa 10.09. MUMOK<br />

Opening Special, MUMOK<br />

ab Fr 09.09. Damian<br />

Stewart: Luciolinae, Lichtinstallation,<br />

eSeL’s Rezeption,<br />

19h<br />

14.–18.09. MQ VIENNA<br />

FASHION WEEK 2011,<br />

Modenschau<br />

15. – 18.09. StadtLesen,<br />

MQ Haupthof, 09–22h<br />

Do 16.09. Muster der<br />

brasilianischen Moderne,<br />

Workshop, AiR Studio,<br />

17–20h<br />

Mi 21.09. 10 Jahre<br />

Leopold Museum mit Lichtinstallation<br />

von Waltraud<br />

Cooper, ab 11h<br />

23.09. – 30.01.2012<br />

Egon Schiele – Melancholie<br />

und Provokation, Leopold<br />

Museum<br />

Fr 23.09. Leopold<br />

Open House, Leopold<br />

Museum, 10–18h<br />

Sa 24.09. Markus<br />

Schön: Impressionen des<br />

Lichts, Vortrag, Leopold<br />

Museum, 16h<br />

Mo 26.09. SEKEM –<br />

Nachhaltige Entwicklung in<br />

Ägypten, Vortrag, Arena21<br />

und Ovalhalle, 19h<br />

Mo 26. und<br />

Di 27.09. Lulje –<br />

Tagebuch aus Anderland,<br />

Schauspiel, Dschungel Wien,<br />

10.30 und 19.30h<br />

27.09. – 02.10.<br />

the art to innovate –<br />

Luftskulpturenausstellung,<br />

MQ Vorplatz<br />

01.10. bis 20.11.<br />

TOTEM AND TABOO –<br />

complexity and relationships<br />

between art and design,<br />

freiraum quartier21,<br />

10–19h Eröffnung:<br />

Fr 30.09., 19h<br />

Das Label<br />

Spaghetti<br />

Gangbang bei<br />

der Fashion<br />

Week,<br />

14.–18.09.<br />

50


Wenn’s um Kulturförderung in Wien<br />

geht, ist nur eine Bank meine Bank!<br />

Die Raiffeisenbank in Wien gratuliert dem MQ zum 10. Geburtstag<br />

und ist sehr stolz darauf, ab sofort Partner des MQ zu sein. Das breit<br />

gefächerte Engagement der Raiffeisenbank für Kunst und Kultur in<br />

Wien wird durch diese neue Partnerschaft um einen wesentlichen<br />

Baustein erweitert. www.raiffeisenbank.at<br />

Foto: © by Ali Schafler

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