Prof. Schimke Datenschutz und Kinderschutz ... - Kreis Borken
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<strong>Datenschutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Kinderschutz</strong><br />
<strong>Borken</strong>, den 08.09.2010
Gr<strong>und</strong>lage des <strong>Datenschutz</strong>es: Das Gr<strong>und</strong>recht auf<br />
informationelle Selbstbestimmung<br />
Art 1 Abs. 1, Art 2 Abs. 1 GG: Gr<strong>und</strong>recht auf informationelle<br />
Selbstbestimmung<br />
Die Weitergabe von persönlichen Daten ist nur erlaubt bei<br />
einer wirksamen Einwilligung des Betroffenen oder<br />
einer verfassungsgemäßen gesetzlichen<br />
Gr<strong>und</strong>lage.
Die wirksame Einwilligung in die Weitergabe von Daten<br />
•Wirksamkeit setzt Einsichtsfähigkeit voraus, d.h. Fähigkeit,<br />
Tragweite <strong>und</strong> Folgen der Erklärung abzuschätzen (nicht an<br />
Altersgrenzen geb<strong>und</strong>en)<br />
•Formen der Einwilligung:<br />
Ausdrücklich, schriftlich<br />
Konkludent<br />
Mutmaßlich<br />
Beachte: In einigen Gesetzen sind schriftliche<br />
Einwilligungserklärungen vorgeschrieben (BDSG, § 67b SGB X)
Bereichsspezifische <strong>Datenschutz</strong>gesetze<br />
•§§ 61 – 68 SGB VIII (<strong>Datenschutz</strong> in der Jugendhilfe)<br />
•§ 35 SGB I (Definition Sozialgeheimnis)<br />
•§§ 67 – 85a SGB X (<strong>Datenschutz</strong> der Sozialbehörden)<br />
•§§ 203, 34 StGB (Strafrechtliche Schweigepflicht,<br />
rechtfertigender Notstand)<br />
•Demnächst: B<strong>und</strong>eskinderschutzgesetz( RegE)<br />
•Subsidiär: B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetz,<br />
<strong>Datenschutz</strong>vorschriften freier Träger, z.B. kirchlicher<br />
<strong>Datenschutz</strong>)
Übersicht über die<br />
<strong>Datenschutz</strong>vorschriften des SGB VIII<br />
Vorschrift<br />
Inhalt<br />
§ 61 Anwendungsbereich, Freie Träger, Verhältnis zu<br />
SGB X<br />
§ 62 Erhebung von Daten<br />
§ 63 Speicherung von Daten; Erforderlichkeit der<br />
Aufbewahrung; Aktenführung<br />
§ 64 Übermittlung <strong>und</strong> Nutzung von Daten;<br />
Zweckbindungsprinzip<br />
§ 65 Besonderer Vertrauensschutz, persönlich<br />
anvertraute Daten<br />
§ 68 Amtsvorm<strong>und</strong>schaft, Amtspflegschaft <strong>und</strong><br />
Beistandschaft
Rechtsgr<strong>und</strong>lagen der ärztlichen<br />
Schweigepflicht<br />
Verpflichtung, anvertraute Geheimnisse nicht unbefugt zu<br />
offenbaren (§ 203 StGB, Standesethik, Berufsrecht)<br />
Geheimnis Offenbaren Unbefugt<br />
Jede in<br />
Zusammenhang<br />
mit der ärztlichen<br />
Tätigkeit erlangte<br />
Information über<br />
eine Person<br />
Jede<br />
Weitergabe<br />
von personenbezogenen<br />
Daten<br />
•Ohne Einwilligung des<br />
einsichtsfähigen Betroffenen<br />
•Ohne gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage;<br />
Ausnahmen:<br />
1. Gesetzliche Anzeigepflichten<br />
(§ 138 StGB;<br />
B<strong>und</strong>esseuchengesetz etc.)<br />
2. Rechtfertigender Notstand (§<br />
34 StGB)
Die Anwendung von § 34 StGB (nach Fegert<br />
u.a., Das Jugendamt 2009, S. 352)<br />
1. Stufe Prüfung der eigenen fachlichen Mittel<br />
zur Gefährdungsabwehr<br />
2. Stufe Direktes Einwirken auf die<br />
Personensorgeberechtigten, Jugendhilfe<br />
in Anspruch zu nehmen<br />
3. Stufe Mitteilung an das Jugendamt, wenn<br />
dessen Tätigwerden dringend<br />
erforderlich ist<br />
Diese Vorgehensweise sollte dokumentiert <strong>und</strong> so weit<br />
möglich mit den Eltern besprochen werden („evtl. gegen<br />
den Willen, aber nicht ohne Wissen der Betroffenen“).
Der Auftrag der Schule im<br />
<strong>Kinderschutz</strong> (§ 42 Nr. 6 SchulG NRW)<br />
Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler erfordert es,<br />
jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung<br />
nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die<br />
Einbeziehung des Jugendamts oder anderer Stellen.<br />
Idealtypischer Ablauf in der Schule<br />
•Lehrkraft erkennt gewichtige Anhaltspunkte<br />
•Lehrkraft informiert die Schulleitung<br />
•Kollegiale Beratung in der Schule<br />
•Einbeziehung der Personensorgeberechtigten/ der Kinder<br />
•Hilfsangebot an die Eltern<br />
•Information des Jugendamts
Kindeswohlgefährdung <strong>und</strong><br />
Vertraulichkeit in der Schule<br />
Verarbeitung nach § 120<br />
Abs. 2 SchulG NRW<br />
Soweit dies zur Erfüllung der<br />
durch Rechtsvorschrift<br />
übertragenen Aufgaben der<br />
Schule erforderlich ist (z.B. §<br />
42 Nr. 6 SchulG NRW)<br />
Übermittlung an das<br />
Jugendamt nach § 120 Abs. 5<br />
SchulG NRW<br />
Soweit die Daten zur<br />
Erfüllung der dem<br />
Jugendamt durch<br />
Rechtsvorschrift<br />
übertragenen<br />
Aufgabenbenötigt werden
Schutzauftrag nach § 8a <strong>und</strong> Vertraulichkeit<br />
in der Jugendhilfe<br />
Informationsgewinnung<br />
Sozialdaten sind beim<br />
Betroffenen zu erheben (§ 62<br />
Abs. 2)<br />
Ohne Mitwirkung des<br />
Betroffenen dürfen Sozialdaten<br />
nur erhoben werden, wenn<br />
..die Kenntnis der Daten<br />
erforderlich ist für die Erfüllung<br />
des Schutzauftrags .. nach § 8a<br />
(§ 62 Abs. 3 Ziff. 2d)<br />
Risikoabschätzung<br />
Dem Mitarbeiter persönlich<br />
anvertraute Sozialdaten dürfen<br />
von diesem nur weitergegeben<br />
werden ..<br />
Bei Zuständigkeitswechsel <strong>und</strong><br />
Gefährdung des Kindeswohls<br />
sowie<br />
An die Fachkräfte, die zum<br />
Zweck der Abschätzung des<br />
Gefährdungsrisikos nach § 8a<br />
hinzugezogen werden.<br />
(vgl. § 65 Abs. 1 Ziff. 3 <strong>und</strong> 4)
Frühe Hilfen im System des<br />
<strong>Kinderschutz</strong>es<br />
Frühe Hilfen<br />
•Präventives,<br />
proaktives Handeln<br />
•Verzahnung von<br />
Sozialpädagogik <strong>und</strong><br />
Medizin<br />
•Ausrichtung an den<br />
Bedürfnissen der<br />
Zielgruppe<br />
Soziales<br />
Frühwarnsystem<br />
•Reaktionskette auf<br />
ein bestimmtes<br />
Ereignis<br />
•Ausrichtung auf<br />
Kinder in familialen<br />
Risikosituationen<br />
•Stärkung von<br />
Wächteramt <strong>und</strong><br />
Schutzauftrag<br />
<strong>Kinderschutz</strong> als<br />
Gefahrenabwehr<br />
•Intervention zum<br />
Schutz des Kindes<br />
•Handeln auch gegen<br />
den Willen der Eltern<br />
•Zusammenarbeit<br />
aller beteiligten<br />
Fachdisziplinen
Kooperation bei Frühen Hilfen <strong>und</strong><br />
<strong>Datenschutz</strong><br />
Präventiver Bereich Risikoabschätzung Gefahrenabwehr<br />
Weitergabe von Daten<br />
nicht ohne<br />
Einwilligung der<br />
Betroffenen<br />
Jugendhilfe: §§ 61 –<br />
68 SGB VIII<br />
Jugendhilfe:<br />
Weitergabe von<br />
Daten nach § 8a i.V.<br />
§§ 64, 65 SGB VIII<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem:<br />
§ 34 StGB<br />
Jugendhilfe <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitshilfe:<br />
Informationsaustausch<br />
auch ohne Einwilligung<br />
der Betroffenen<br />
zulässig<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem: §<br />
203 StGB<br />
Notwendig:<br />
Kooperationsvereinbarung<br />
nach § 8a<br />
zur Klärung der<br />
Abläufe<br />
Jugendhilfe: § 8a SGB<br />
VIII<br />
Ges<strong>und</strong>heitshilfe: § 34<br />
StGB
<strong>Datenschutz</strong> nach dem Entwurf des<br />
B<strong>und</strong>eskinderschutzgesetzes<br />
(Verabschiedung verschoben)<br />
Geheimnisträger nach § 203<br />
StGB<br />
______________________<br />
Eigene<br />
Gefährdungseinschätzung<br />
nicht möglich: Hinwirken auf<br />
die Inanspruchnahme<br />
weiterer Hilfen<br />
Bei Gefährdung <strong>und</strong><br />
mangelnder Kooperation:<br />
Befugnis der<br />
Informationsweitergabe<br />
(vorher in der Regel:<br />
Hinweis an die Betroffenen)<br />
Andere Berufsgruppen<br />
_______________________<br />
Anhaltspunkte für<br />
Gefährdung: Information der<br />
Betroffenen<br />
Bei Erforderlichkeit: Pflicht<br />
zur Information des<br />
Jugendamtes
Und wie geht es weiter..?<br />
Pressemitteilung des Ministeriums für Familie <strong>und</strong> Jugend vom<br />
26.01.10 :B<strong>und</strong>eskinderschutzgesetz mit zwei Säulen<br />
Prävention<br />
__________________<br />
•Frühe Hilfen<br />
•Netzwerke<br />
•Erweiterte<br />
Führungszeugnisse<br />
Intervention<br />
______________________<br />
•Weitergabe von<br />
Informationen durch<br />
Berufsgeheimnisträger<br />
•Qualifizierung des<br />
Schutzauftrags durch<br />
Vorgaben zu<br />
Handlungsbefugnissen <strong>und</strong> -<br />
pflichten