ERASNO Abschlussbericht: - Bundesamt für Naturschutz
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Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee<br />
<strong>Abschlussbericht</strong> <strong>für</strong> das<br />
F+E-Vorhaben FKZ: 802 85 260<br />
(<strong>Bundesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Naturschutz</strong>)<br />
Erfassung von Meeressäugetieren und<br />
Seevögeln in der deutschen AWZ von Ost- und<br />
Nordsee (EMSON):<br />
Teilvorhaben Seevögel<br />
Dipl.-Biol. Nicole Sonntag<br />
Dipl.-Lök. Bettina Mendel<br />
PD Dr. Stefan Garthe<br />
Forschungs- und Technologiezentrum Westküste (FTZ)<br />
Außenstelle der Christian-Albrechts-Universität Kiel<br />
Hafentörn 1<br />
D-25761 Büsum<br />
Januar 2007
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 1<br />
Anmerkung:<br />
Dieser Bericht ist von Nicole Sonntag, Bettina Mendel und PD Dr. Stefan Garthe im<br />
Auftrag des <strong>Bundesamt</strong>es <strong>für</strong> <strong>Naturschutz</strong> mit Mitteln des Bundesministeriums <strong>für</strong><br />
Umwelt, <strong>Naturschutz</strong> und Reaktorsicherheit im Rahmen des F+E-Vorhabens<br />
„Erfassung von Meeressäugetieren und Seevögeln in der deutschen AWZ von Ostund<br />
Nordsee“ (FKZ-Nr. 802 85 260) erstellt worden. Die Verantwortung <strong>für</strong> den Inhalt<br />
liegt jedoch allein bei den Autoren. Der Eigentümer behält sich alle Rechte vor.<br />
Insbesondere darf dieser Bericht nur mit Zustimmung des Auftraggebers zitiert, ganz<br />
oder teilweise vervielfältigt bzw. Dritten zugänglich gemacht werden.<br />
Der Bericht gibt die Auffassung und die Meinung der Autoren wieder und muss nicht<br />
mit der Meinung des Auftraggebers übereinstimmen.<br />
Büsum, 15. Januar 2006
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 2<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung.................................................................................................................. 3<br />
2 Material und Methode............................................................................................... 4<br />
2.1 Untersuchungsmethoden auf See...................................................................... 5<br />
2.1.1 Schiffszählungen .......................................................................................... 5<br />
2.1.2 Flugzeugzählungen ...................................................................................... 6<br />
2.2 Auswertungsmethoden ...................................................................................... 7<br />
2.2.1 Hauptdatengrundlage: .................................................................................. 7<br />
2.2.2 Erstellung der Verbreitungskarten: ............................................................. 13<br />
2.2.3 Phänologie von Meeresenten..................................................................... 14<br />
2.2.4 Habitatwahl von Meeresenten – der Faktor Wassertiefe............................ 15<br />
2.2.5 Bestandsberechnungen.............................................................................. 16<br />
2.2.6 Gefährdungsfaktoren <strong>für</strong> Seevögel in Nord- und Ostsee............................ 16<br />
3 Ergebnisse und Diskussion .................................................................................... 19<br />
3.1 Neue Erkenntnisse zur Verbreitung der wichtigsten Seevogelarten in der<br />
deutschen Nord- und Ostsee .................................................................................. 19<br />
3.1.1 Lappentaucher - Verbreitungsmuster ......................................................... 19<br />
3.1.2 Meeresenten – Jahreszyklus, Phänologie, Mauser .................................... 26<br />
3.1.3 Verbreitungsmuster der Zwergmöwe (Hydrocoloeus minutus)................... 43<br />
3.1.4 Seeschwalben ............................................................................................ 47<br />
3.2 Aktuelle Bestände der SPAs in der AWZ von Nord- und Ostsee ..................... 48<br />
3.3 Neue Erkenntnisse zu Störungen und Gefährdungen von Seevögeln in Nordund<br />
Ostsee.............................................................................................................. 49<br />
3.3.1 Störungen durch Flugverkehr ..................................................................... 49<br />
3.3.2 Gefährdungen durch Stellnetzfischerei....................................................... 54<br />
3.3.3 Störungen durch Schiffsverkehr ................................................................. 66<br />
4 Schlussbetrachtung ................................................................................................ 72<br />
5 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 74<br />
Anhang<br />
I Lage der im Text genannten Gebiete der deutschen Ostsee<br />
II Liste der wissenschaftlichen Vogelnamen<br />
III Sonntag, N., Engelhard, O. & Garthe, S. (2004): Sommer- und<br />
Mauservorkommen von Trauer- und Samtenten (Melanitta nigra und M. fusca)<br />
auf der Oderbank. Vogelwelt 125: 77-82
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 3<br />
1 Einleitung<br />
Im Jahr 2002 wurden im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens<br />
<strong>ERASNO</strong> (Erfassung von Rastvögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee;<br />
FKZ 802 85 280 – K1) Untersuchungen zum Vorkommen und zur räumlichen<br />
Verteilung von Rastvögeln in Nord- und Ostsee durchgeführt (GARTHE 2003). Die<br />
dabei erhobenen Daten dienten als fachliche Grundlage zur Identifizierung von<br />
Vorschlagsgebieten <strong>für</strong> EU-Vogelschutzgebiete in der AWZ von Nord- und Ostsee, die<br />
das <strong>Bundesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Naturschutz</strong> gemäß § 38 des neuen Bundesnaturschutzgesetzes<br />
benennen musste. Im Mai 2004 wurden dann je ein EU-Vogelschutzgebiet in der AWZ<br />
von Nord- und Ostsee an die Europäische Kommission gemeldet. Zusammen mit den<br />
FFH-Gebieten bilden diese Vogelschutzgebiete das EU-weite Schutzgebietsnetzwerk<br />
NATURA 2000.<br />
Bedingt durch die kurze Vorhabenszeit von <strong>ERASNO</strong> lagen jedoch nach Projektende<br />
noch keine ausreichenden Daten vor, um insbesondere saisonale Aspekte der<br />
Seevogelverbreitung beschreiben zu können. Zudem waren noch keine<br />
ausreichenden wissenschaftlichen Grundlagen <strong>für</strong> ein Schutzgebietsmanagement und<br />
-monitoring vorhanden. Als Fortsetzung von <strong>ERASNO</strong> wurde daher das vorliegende<br />
Forschungsvorhaben EMSON (Laufzeit 1. Jan. 2003 – 31. Dez. 2005) entwickelt.<br />
Neben einer Verifizierung der 2002 erhobenen Daten sollten weiterführende<br />
Untersuchungen zur räumlichen Verteilung und Häufigkeit von Seevögeln<br />
durchgeführt und saisonale Verbreitungsmuster herausgearbeitet werden. Die<br />
Hauptuntersuchungsgebiete waren dabei die Schutzgebietsvorschläge sowie die<br />
angrenzenden Bereiche innerhalb der AWZ von Nord- und Ostsee. Ein weiterer<br />
Aspekt bestand in der Beschreibung von Gefährdungsursachen <strong>für</strong> Seevögel, die<br />
wichtige Kenntnisse <strong>für</strong> die Eingriffsbewertung im Zuge von Plänen und Projekten in<br />
marinen NATURA 2000-Gebieten liefern. Daneben sollten die Grundlagen <strong>für</strong> ein<br />
Monitoring in den Schutzgebieten erarbeitet werden.<br />
Während in der Seabirds-at-Sea – Datenbank <strong>für</strong> die Nordsee schon seit 1990<br />
umfangreiches Datenmaterial vorliegt (vgl. z.B. GARTHE & HÜPPOP 1996) und im<br />
Rahmen eines früheren Projektes im Auftrag des BfN (F+E-Vorhaben „BOFFWATT“<br />
Erfassung der Verbreitung, Häufigkeiten und Wanderungen von See- und<br />
Wasservögeln in der deutschen Nordssee; MITSCHKE et al. 2001) bereits Ergebnisse
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 4<br />
zur Verbreitung von Seevögeln in der Nordsee dargestellt wurden, wurde in den<br />
deutschen Ostseegewässern erst später mit Untersuchungen begonnen (z.B. KUBE<br />
1996). Seit dem Jahr 2000 werden flächendeckende Kartierungen aller Seevogelarten<br />
durchgeführt. Der im Jahr 2003 erschienene Ostseebericht (GARTHE et al. 2003)<br />
enthält nur Aussagen zur Verbreitung von See- und Wasservögeln im Winter und<br />
teilweise auch im Frühjahr, während Daten zur Verbreitung in den anderen<br />
Jahreszeiten weitgehend noch nicht vorhanden waren. Die Untersuchungen im<br />
Rahmen von EMSON erfolgten daher schwerpunktmäßig in der Ostsee, wo<br />
insbesondere im Sommerhalbjahr noch große Datenlücken bestanden. Die<br />
Ergebnisse dieser Untersuchungen sind im vorliegenden Bericht zusammengestellt.<br />
Daneben wurden <strong>für</strong> ausgewählte Seevogelarten Artensteckbriefe erstellt, die<br />
Informationen über Verbreitung, Bestand, Ökologie und Gefährdung der Arten<br />
enthalten (N. Ullrich, T. Weichler, S. Garthe 2004; unveröffentlichtes Gutachten im<br />
Auftrag des BfN). Ergänzend zu EMSON geben Auswertungen im Rahmen der<br />
Projekte MINOS (GARTHE et al. 2004) und MINOSplus neben dem Schwerpunkt<br />
ornithologischer Aspekte bei der geplanten Offshore-Windkraftnutzung überwiegend<br />
Auskunft zu flächigen Verteilungsmustern sowie kleinräumiger Variabilität.<br />
2 Material und Methode<br />
Besonders in der ersten Hälfte der 1990er Jahre war es nur durch viele freiwillige<br />
Zähler und die kostenlose Mitfahrt auf verschiedensten staatlichen und privaten<br />
Schiffen möglich, ein Programm zur standardisierten Erfassung von Seevögeln auf<br />
See zu etablieren. Seit 1997 sind durch mehrere große, staatlich geförderte Projekte<br />
(vor allem durch das Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, <strong>Naturschutz</strong> und<br />
Reaktorsicherheit und das <strong>Bundesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Naturschutz</strong>) umfangreiche Datensätze<br />
zusammengetragen und teilweise ausgewertet worden. In diesem Vorhaben wurden<br />
in Ergänzung zu bestehenden Datensätzen durch eigene Erfassungen Kenntnislücken<br />
geschlossen bzw. Datensätze in wertvollen Gebieten erweitert und zudem neue<br />
Auswertungen vorgenommen.<br />
Inhaltlicher Bearbeitungsstand dieses Berichtes: Dezember 2005
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 5<br />
2.1 Untersuchungsmethoden auf See<br />
2.1.1 SCHIFFSZÄHLUNGEN<br />
Im Rahmen dieses Vorhabens wurde ergänzend zu bestehenden Datensätzen die<br />
Verbreitung von Seevögeln auf See von Schiffen aus untersucht. Die Methode ist seit<br />
vielen Jahren international standardisiert und wurde erstmalig von TASKER et al.<br />
(1984) vorgestellt. WEBB & DURINCK (1992) schrieben die Methode fort. Die aktuellste<br />
und detaillierteste Erläuterung, auf der auch alle Fahrten innerhalb dieses Projektes<br />
basierten, liefern GARTHE et al. (2002). Dabei wird ein seegängiges Schiff mit einer<br />
Geschwindigkeit von 7-18 Knoten (kn) eingesetzt, das eine Augenhöhe des<br />
Beobachters von mindestens 5 m (besser 7 m) über dem Wasserspiegel<br />
gewährleistet. Die Erfassungen erstrecken sich jeweils über die gesamte Hellphase<br />
eines Tages. Vom Peildeck bzw. von der Nock werden von zwei Beobachtern alle<br />
anwesenden Vögel auf einem 300 m breiten Transekt, der links oder rechts der<br />
Kiellinie des Schiffes liegt, in 1-Minuten-Intervallen erfasst. Vögel außerhalb des<br />
Transektes werden auch notiert, gehen aber nicht in die Dichteberechnungen ein.<br />
Solche Daten können jedoch über seltene Arten Auskunft geben oder z.B. <strong>für</strong><br />
Verhaltensanalysen verwendet werden. Der eindeutige Schwerpunkt liegt aber auf der<br />
Erfassung von Vögeln im Transekt. Da aus den ermittelten Daten Vogeldichten<br />
berechnet werden, muss auf eine strikte Einhaltung der von TASKER et al. (1984) und<br />
GARTHE et al. (2002) vorgestellten Schnappschusstechnik <strong>für</strong> fliegende Vögel geachtet<br />
werden. Sinnvoll ist ein Schnappschuss zu jeder vollen Minute. Bei einer<br />
Geschwindigkeit von 10 kn legt ein Schiff pro Minute fast genau 300 m zurück. Diese<br />
Schiffsgeschwindigkeit ist <strong>für</strong> die Schnappschusstechnik ideal, da die Vögel jeweils in<br />
einer quadratischen Fläche mit 300 m Kantenlänge zu zählen sind. Bei<br />
schwimmenden Vögeln wird außerdem die Entfernung senkrecht zur Kiellinie des<br />
Schiffes notiert (Tab. 3.1 in WEBB & DURINCK 1992). Sie wird unter Umständen <strong>für</strong> eine<br />
Dichtekorrektur erforderlich (s. u.).<br />
Zur Erfassung von Seetauchern, Lappentauchern und Meeresenten ist die<br />
herkömmlich verwendete Methode nach TASKER et al. (1984) nicht ausreichend. Diese<br />
Artengruppen zeichnen sich dadurch aus, dass sie aufgrund der Störung durch das<br />
fahrende Schiff mitunter sehr weit (> 1 km) vor dem Schiff auffliegen und daher mit<br />
bloßem Auge oftmals übersehen werden (GARTHE et al. 2002). In Gebieten mit
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 6<br />
bekannten Lappentaucher-, Seetaucher- und Meeresenten-Vorkommen ist es daher<br />
unerlässlich, regelmäßig (zweimal pro Minute), in vielen Fällen auch kontinuierlich, mit<br />
dem Fernglas nach vorne suchend Ausschau zu halten. Dieses kann allerdings nur<br />
von einer weiteren Person geleistet werden, da sonst andere Vogelarten, vor allem<br />
überfliegende Individuen, übersehen werden (GARTHE et al. 2002). In solchen<br />
Gebieten sind daher oftmals drei Beobachter je Schiffsseite nötig. Aus diesen<br />
Gründen wurden insbesondere in der Pommerschen Bucht aufgrund der großen<br />
Vogelvorkommen gleichzeitig drei Beobachter eingesetzt. Bei allen übrigen Fahrten im<br />
Rahmen dieses Projektes wurde mit mindestens zwei Personen beobachtet.<br />
Die Position des Schiffes wird automatisch per GPS-Gerät mit Speicherfunktion in<br />
minütlichem Abstand registriert, so dass alle Vogelbeobachtungen geographisch<br />
zugeordnet werden können.<br />
2.1.2 FLUGZEUGZÄHLUNGEN<br />
Seit dem Jahr 2002 werden zur Untersuchung der Verbreitung von Seevögeln auf See<br />
neben Schiffszählungen auch Flugzeug-Transektzählungen nach einer<br />
standardisierten Methode (DIEDERICHS et al. 2002) durchgeführt, bisher auf einer<br />
Gesamtzählstrecke von über 45.000 km (Stand: Juli 2005). Im Rahmen dieses<br />
Projektes wurden Flugzeugzählungen ergänzend zu den Schiffszählungen <strong>für</strong><br />
einzelne Fragestellungen herangezogen. Größtenteils wurden Flugzeugzählungen im<br />
Rahmen der Projekte MINOS (Laufzeit: April 2002 – März 2004; Seevogelteil: GARTHE<br />
et al. 2004) und MINOSplus (Laufzeit: August 2004 – April 2007) durchgeführt.<br />
Die Zählungen finden mit einer zweimotorigen Propellermaschine (Partenavia P-68)<br />
bei einer Flughöhe von 250 Fuß (78 m) und einer Geschwindigkeit von 100 Knoten<br />
(185 km/h) statt. In der Sitzreihe hinter dem Piloten, wo sich meist nach außen<br />
gewölbte Scheiben (bubble windows) befinden, sitzt auf jeder Seite ein Beobachter,<br />
so dass in der Regel auf beiden Seiten gezählt wird. Das Sichtfeld des Beobachters<br />
wird in zwei mit prismatischen Winkelmessern eingemessene Bereiche unterteilt:<br />
Transektband A (60° bis 26°) und Transektband B (25° bis 11°). Bei der angegebenen<br />
Flughöhe sind diese Transektbänder 122 m bzw. 275 m breit, wobei die Vordergrenze<br />
von Transektband A 45 m von der mitten unter dem Flugzeug gelegenen Linie entfernt<br />
ist. Der Bereich bis 45 m seitlich dieser Linie kann bei Zählungen nicht eingesehen<br />
werden. In der Regel werden Seevögel demzufolge in einem 397 m breiten Streifen
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 7<br />
erfasst. Bei ungünstigen Lichtbedingungen beschränkt sich die Erfassung in einigen<br />
Fällen auf Transektband A oder auf nur eine Zählseite. Vogelbeobachtungen<br />
außerhalb der Transektbänder A und B werden gelegentlich ebenfalls erfasst, bleiben<br />
aber bei der Auswertung unberücksichtigt.<br />
Während des Fluges werden alle Vogelbeobachtungen unter Angabe von<br />
sekundengenauer Zeit, Art, Anzahl und ggf. Alter oder Geschlecht auf ein Diktafon<br />
gesprochen. Zusätzlich werden die gezählten Vögel fünf groben Verhaltenskategorien<br />
zugeordnet (Schwimmen, Abtauchen, Auffliegen, Fliegen, Sitzen auf Sandbank bzw.<br />
Seezeichen). Während des gesamten Fluges zeichnet ein GPS-Gerät in Abständen<br />
von fünf Sekunden die genaue Position auf. Nach Interpolation der Positionsangaben<br />
auf Basis von einer Sekunde kann später jede Vogelbeobachtung auf 50 m genau<br />
lokalisiert werden.<br />
Neben den Lichtbedingungen wird die Qualität von Vogelzählungen vom Flugzeug<br />
aus besonders von der Beschaffenheit der Wasseroberfläche („Seastate“) bestimmt.<br />
Sobald weiße Schaumkronen oder Gischt auftreten (ab Seastate 3 in der Skala von<br />
DIETRICH et al. 1975) wird die Aufmerksamkeit des Beobachters stark abgelenkt, so<br />
dass Vögel viel schwerer zu entdecken sind. Zählflüge werden deshalb nur dann<br />
durchgeführt, wenn höchstens schwacher Wind (bis Stärke 3-4 Beaufort)<br />
vorhergesagt ist.<br />
2.2 Auswertungsmethoden<br />
2.2.1 HAUPTDATENGRUNDLAGE:<br />
Datengrundlage dieses Projektes und der Auswertung ist die Deutsche Seabirds-at-<br />
Sea - Datenbank, Version 5.05 (Juli 2005). An der Erhebung der <strong>für</strong> dieses Projekt<br />
verwendeten Daten waren folgende Institutionen beteiligt: Das Forschungs- und<br />
Technologiezentrum Westküste (FTZ) der Universität Kiel, das Institut <strong>für</strong><br />
Meereskunde (IfM) an der Universität Kiel und das Institut <strong>für</strong> Vogelforschung<br />
"Vogelwarte Helgoland" (IfV). Insgesamt wurden <strong>für</strong> die südöstliche Nordsee Daten<br />
von 1996-2005 von über 58.000 Schiffs-Kilometern und <strong>für</strong> die südwestliche Ostsee<br />
Daten von 2000-2005 von mehr als 23.000 Schiffs-Kilometern verwendet. Der Großteil<br />
des Datenmaterials wurde außerhalb dieses Projektes gesammelt. Der<br />
Kartieraufwand variierte zwischen den Jahren und saisonal. Im Rahmen dieses
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 8<br />
Projektes wurden jedoch auch neue Daten zur Verteilung von Seevögeln erhoben<br />
(Tab. 1). Ziel dieser Fahrten waren in erster Linie die vom BMU und BfN<br />
vorgeschlagenen EU-Vogelschutzgebiete sowie ihre Umgebung.<br />
Tab. 1: In den Jahren 2003-2005 im Rahmen des Projektes durchgeführte Schiffsfahrten zur<br />
Erfassung der Seevögel in der AWZ von Nord- und Ostsee; angegeben sind jeweils der erste<br />
und letzte Tag der Erfassungen.<br />
Datum Schiff Fahrtgebiet<br />
2003<br />
27. Januar Littorina Kieler Bucht<br />
27.-29. Januar La Cour Pommersche Bucht<br />
14.-16. Februar Aurelia Deutsche Bucht<br />
19.-21. März Senckenberg Deutsche Bucht<br />
4.-8. April La Cour Östliche deutsche Ostsee<br />
21.-25. Juli Aurelia Östliche deutsche Ostsee<br />
8.-10. August La Cour Östliche deutsche Ostsee<br />
1.-3. September La Cour Östliche deutsche Ostsee<br />
16.-17. Oktober La Cour Pommersche Bucht<br />
3.-14. November Ludwig Prandtl Deutsche Ostsee<br />
13.-15. November Aurelia Deutsche Bucht<br />
10.-12. Dezember La Cour Östliche deutsche Ostsee<br />
2004<br />
2.-4. Februar La Cour Pommersche Bucht<br />
5.-7. März Prandtl Deutsche Ostsee<br />
28.-30. Juni La Cour Östliche Deutsche Ostsee<br />
12.-14. August Aurelia Östliche Deutsche Ostsee<br />
08.-10. Oktober Aurelia Pommersche Bucht<br />
16.-17. November Aurelia Pommersche Bucht<br />
3.-5. Dezember Aurelia Pommersche Bucht<br />
2005<br />
18.-20. Februar Victor Hensen Pommersche Bucht<br />
1.-3. April Victor Hensen Pommersche Bucht<br />
18.-21. Mai Victor Hensen Deutsche Ostsee<br />
6.-8. September Victor Hensen Pommersche Bucht<br />
6.-10. Dezember Victor Hensen Östliche Deutsche Ostsee<br />
Die insgesamt <strong>für</strong> dieses Projekt zur Verfügung stehenden Daten aus<br />
Schiffszählungen sind <strong>für</strong> die Nordsee in den Abb. 1 bis 4 und <strong>für</strong> die Ostsee in den<br />
Abb. 5 bis 8 in Form von Rasterkarten (6' Breite * 10' Länge; Rastergröße damit ca.<br />
120 km²) dargestellt.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 9<br />
Abb. 1: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Nordsee in den Monaten März bis Mai der Jahre 1996-2005.<br />
Abb. 2: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Nordsee in den Monaten Juni bis August der Jahre 1996-2005.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 10<br />
Abb. 3: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Nordsee in den Monaten September bis November der Jahre 1996-2005.<br />
Abb. 4: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Nordsee in den Monaten Dezember bis Februar der Jahre 1996-2005.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 11<br />
Abb. 5: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Ostsee in den Monaten März bis Mai der Jahre 2000-2005.<br />
Abb. 6: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Ostsee in den Monaten Juni bis August der Jahre 2000-2005.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 12<br />
Abb. 7: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Ostsee in den Monaten September bis November der Jahre 2000-2005.<br />
Abb. 8: Verteilung des Kartieraufwandes (angegeben als Flächensumme in km²) in der<br />
deutschen Ostsee in den Monaten Dezember bis Februar der Jahre 2000-2005.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 13<br />
2.2.2 ERSTELLUNG DER VERBREITUNGSKARTEN:<br />
Alle Verbreitungskarten basieren auf Dichtewerten, also der Summe der Individuen<br />
pro kartierter Fläche. Die Daten geben die über alle Fahrten gemittelte Werte wieder.<br />
Die Dichten werden in Form von Rasterkarten (3' Breite * 5' Länge; Rastergröße damit<br />
ca. 30 km²) dargestellt. Da insbesondere schwimmende Vögel in den äußeren<br />
Transektbereichen sowie bei hohen Individuendichten sehr wahrscheinlich übersehen<br />
wurden, wurden <strong>für</strong> schwimmende Tiere Korrekturfaktoren nach GARTHE (2003)<br />
verwendet.<br />
Seetaucher, Lappentaucher, Meeresenten, Alken und Mittelsäger sind bei bewegter<br />
See nur noch sehr schwer zu entdecken. Für diese Artengruppen wurden daher nur<br />
Daten von Seastate (SS) 0 bis einschließlich 4 in die Auswertungen einbezogen. Für<br />
alle anderen Arten wurden jeweils alle vorhandenen Daten verwendet.<br />
Die Einteilung in Jahreszeiten erfolgte artspezifisch. Die Zeiträume <strong>für</strong> die jeweiligen<br />
Arten sind in Tab. 2 zusammengestellt.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 14<br />
Tab. 2: Jahreszeiten-Zuordnung in deutschen Gewässern. Verwendete Quellen: Seabirds-at-<br />
Sea - Datenbank 3.08, BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM (1966, 1969), BERNDT & BUSCHE<br />
(1991, 1993), BERNDT & DRENCKHAHN (1974), CAMPHUYSEN & VAN DIJK (1983), CRAMP (1985),<br />
CRAMP & SIMMONS (1977, 1983), GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER (1982), GRUNSKY-<br />
SCHÖNEBERG (1998), HENNIG (2001), KRÜGER (2001), SKOV et al. (1995), STONE et al. (1995).<br />
Art<br />
Sommer/<br />
Brutzeit<br />
Herbst/<br />
Wegzug<br />
Winter<br />
Frühjahr/<br />
Heimzug<br />
Sterntaucher 16.05. - 15.09. 16.09. – 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 15.05.<br />
Prachttaucher 16.05. - 15.09. 16.09. – 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 15.05.<br />
Haubentaucher 16.04. - 31.07. 01.08. - 15.11. 16.11. - 29.02. 01.03. - 15.04.<br />
Rothalstaucher 01.05. - 31.07. 01.08. - 15.11. 16.11. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Ohrentaucher 16.05. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 15.05.<br />
Eissturmvogel 16.05. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 15.03. 16.03. - 15.05.<br />
Basstölpel 01.05. - 31.08. 01.09. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Kormoran 01.04. - 31.07. 01.08. - 31.10. 01.11. - 31.01. 01.02. - 31.03.<br />
Eiderente 01.05. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Eisente 01.05. - 30.09. 01.10. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Trauerente 01.06. - 30.09. 01.10. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 31.05.<br />
Samtente 01.06. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 31.05.<br />
Mittelsäger 01.05. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Zwergmöwe 01.06. - 15.07. 16.07. - 31.10. 01.11. - 31.03. 01.04. - 31.05.<br />
Lachmöwe 01.05. - 30.06. 01.07. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Sturmmöwe 16.05. - 15.07. 16.07. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 15.05.<br />
Heringsmöwe 16.05. - 15.07. 16.07. - 31.10. 01.11. - 15.03. 16.03. - 15.05.<br />
Silbermöwe 16.05. - 15.07. 16.07. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 15.05.<br />
Mantelmöwe 01.05. - 31.07. 01.08. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Dreizehenmöwe 01.05. - 31.07. 01.08. - 31.10. 01.11. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
Brandseeschwalbe 16.05. - 15.07. 16.07. - 15.10. 16.10. - 15.03. 16.03. - 15.05.<br />
Flussseeschwalbe 16.05. - 15.07. 16.07. - 15.10. 16.10. - 31.03. 01.04. - 15.05.<br />
Küstenseeschwalbe 16.05. - 15.07. 16.07. - 15.10. 16.10. - 31.03. 01.04. - 15.05.<br />
Trottellumme 16.04. - 30.06. 01.07. - 30.09. 01.10. - 29.02. 01.03. - 15.04.<br />
Tordalk 16.04. - 30.06. 01.07. - 30.09. 01.10. - 29.02. 01.03. - 15.04.<br />
Gryllteiste 01.05. - 31.08. 01.09. - 30.11. 01.12. - 29.02. 01.03. - 30.04.<br />
2.2.3 PHÄNOLOGIE VON MEERESENTEN<br />
Um die Jahresdynamik des Vorkommens der drei Meeresenten-Arten in der<br />
Pommerschen Bucht (Eisente, Trauerente, Samtente) eingehender zu untersuchen<br />
und dabei den unterschiedlichen Kartieraufwand in verschiedenen Gebieten in<br />
verschiedenen Jahreszeiten zu berücksichtigen, wurde ein Gebiet ausgewählt, das<br />
intensiv untersucht wurde, ein weitgehend homogenes Habitat aufweist und große
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 15<br />
Vorkommen der Enten abdeckt. Diese Kriterien wurden am besten auf und im Bereich<br />
der Oderbank erfüllt. Für dieses Gebiet („Oderbox“; Latitude: >54.14, 14.16,
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 16<br />
wurden exemplarisch <strong>für</strong> die Pommersche Bucht (ohne Greifswalder Bodden) alle im<br />
Zeitraum November bis April der Jahre 2000 bis 2004 innerhalb des Schiffstransektes<br />
beobachteten Meeresenten (Eisente, Trauerente, Samtente) den entsprechenden<br />
Wassertiefen (Quelle: BfN) zugeordnet. Daraus wurde dann der Anteil der einzelnen<br />
Arten in den jeweiligen Tiefenbereichen berechnet.<br />
2.2.5 BESTANDSBERECHNUNGEN<br />
Zur Bestandsberechnung wurden anhand von Verbreitungskarten (Raster: 3' Breite x<br />
5' Länge) der einzelnen Arten <strong>für</strong> jede artspezifische Jahreszeit Konzentrationsbereiche<br />
abgegrenzt. Die Vogeldaten beziehen sich auf Vögel im Transekt. Innerhalb<br />
der Konzentrationsbereiche wurde die mittlere Vogeldichte über alle Zählintervalle<br />
berechnet. Dieser Wert wurde dann mit der Gebietsgröße des jeweiligen<br />
Konzentrationsbereiches multipliziert. Für die Berechnung der Bestandszahlen in den<br />
AWZ-Schutzgebieten waren die Bezugsflächen das jeweilige SPA. Bei den<br />
Bestandsangaben <strong>für</strong> das Schutzgebiet "Östliche Deutsche Bucht" wurde zur<br />
besseren Absicherung der Datengrundlage in wenigen Fällen auch auf frühere Jahre<br />
(d.h. vor 1996) und angrenzende räumliche Bereiche zurückgegriffen.<br />
2.2.6 GEFÄHRDUNGSFAKTOREN FÜR SEEVÖGEL IN NORD- UND OSTSEE<br />
In GARTHE (2003) und GARTHE et al. (2003) wurde bereits eine Übersicht über die<br />
wichtigsten anthropogenen Gefährdungen <strong>für</strong> Seevögel in Nord- und Ostsee<br />
veröffentlicht. Im vorliegenden Bericht werden neue Erkenntnisse und Auswertungen<br />
zu den Gefahren durch Stellnetzfischerei, Schiffsverkehr und Flugverkehr vorgestellt.<br />
Flugverkehr: Hierbei handelt es sich um einen Erfahrungsbericht, der von Dr. Volker<br />
Dierschke in Abstimmung mit weiteren Flugzeugzählern zusammengestellt wurde. Die<br />
Erkenntnisse stammen aus den seit Anfang 2003 am FTZ durchgeführten<br />
Flugzeugzählungen.<br />
Stellnetze: Gleichzeitig mit der Erfassung von Seevögeln auf See nach oben<br />
beschriebener Methode werden bei den Ausfahrten stets auch Stellnetze kartiert.<br />
Dabei werden auf der jeweiligen Zählseite alle sichtbaren Stellnetzfahnen erfasst.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 17<br />
Für die Betrachtung der räumlichen und zeitlichen Verteilung der Stellnetze wurden<br />
diese als Anzahl Fahnen pro km gefahrener Schiffsstrecke in einem Raster von 2'<br />
Breite x 3' Länge dargestellt.<br />
Zur Betrachtung des Konfliktpotenzials mit dem Vorkommen von Seevögeln erfolgte<br />
die Darstellung in Karten ohne Rasterung der Daten als echte Anzahl der<br />
Stellnetzfahnen pro einminütigem Zählintervall. Diese Darstellung ohne<br />
Aufwandskorrektur ist möglich, da die Erfassungen stets mit gleicher Methode und<br />
nahezu gleicher Geschwindigkeit erfolgten, und somit der Flächenaufwand pro<br />
Zählintervall immer gleich ist.<br />
Schiffsverkehr: Bei der Erfassung von Seevögeln vom Flugzeug aus werden auch alle<br />
weiteren Ereignisse protokolliert, die die Verteilung der Vögel auf See beeinflussen<br />
können. Dazu zählen u.a. Schiffe, bei denen jedoch anfänglich nur der Typ, wie<br />
Kutter, Frachter, Segelboot usw., notiert wurde. Erst im Laufe der Zeit zeigte sich,<br />
dass weitere Parmameter nötig sind, um genauere Angaben über die Störanfälligkeit<br />
von Vögeln gegenüber Schiffen machen zu können, wie z.B. die Entfernung des<br />
Schiffs zum Flugzeug.<br />
Seit Februar 2003 existieren Daten, die es möglich machen, am Computer eine<br />
genaue Schiffsposition zu ermitteln. Neben der Entfernung der Schiffe zum<br />
Zählflugzeug wird auch die Seite angegeben, auf der sich das Schiff relativ zur<br />
Flugrichtung befindet. Die Genauigkeit der Schiffserfassung hängt dabei von der<br />
Anzahl der Vögel im Transekt ab, da die genaue Vogelerfassung Priorität gegenüber<br />
der Kartierung der Schiffe hat. Während das Vorhandensein von Schiffen<br />
grundsätzlich erfasst wird, werden Angaben zu Entfernung, Richtung, Aktivität des<br />
Schiffes (wie „schleppend" oder "dampfend" bei Fischkuttern) und zu sog.<br />
Schiffsfolgern nur gemacht, wenn die Vogelerfassung es zulässt und dadurch nicht<br />
beeinflusst wird.<br />
Für die vorliegende Auswertung wurden insgesamt vier verschiedene Flugtage <strong>für</strong><br />
Nord- und Ostsee ausgewählt. Auswahlkriterien waren u.a. die Anzahl der Schiffe<br />
(mind. vier), die sich während des Zählfluges in der Nähe bzw. im Schutzgebiet<br />
befanden. Außerdem war entscheidend, dass an diesen Tagen eine repräsentative<br />
Anzahl von schwimmenden Seevögeln (Seetaucher, Trauerente, Samt- oder Eisente)<br />
kartiert werden konnte. Fliegende Vögel wurden aus dieser Auswertung<br />
herausgenommen, da es während des Fluges aus dem Blickwinkel des Beobachters<br />
nicht möglich ist, zu unterscheiden, ob es sich um ziehende bzw. fliegende Vögel
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 18<br />
handelt, oder ob sie erst wegen einer Störung (Schiff oder Zählflugzeug) aufgeflogen<br />
sind.<br />
Für die graphische Darstellung wurden sowohl <strong>für</strong> die Individuenanzahlen der Vögel<br />
im Transekt als auch <strong>für</strong> die kartierten Schiffe sekundengenaue Positionsangaben<br />
gewählt. Für die Schiffe konnte über die genaue Angabe der Entfernung und der<br />
Richtung rechtwinklig zum Flugzeug die Echtposition ermittelt werden. Schiffe, <strong>für</strong> die<br />
aus Zeitgründen während der Zählung keine genauen Angaben zu Entfernung und<br />
Richtung gemacht wurden, wurden der Vollständigkeit halber auch dargestellt. Ihnen<br />
wurde als Position die Lage auf dem Transekt zugewiesen. In dieser Auswertung<br />
wurde nicht nach unterschiedlichen Schiffstypen unterschieden.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 19<br />
3 Ergebnisse und Diskussion<br />
3.1 Neue Erkenntnisse zur Verbreitung der wichtigsten<br />
Seevogelarten in der deutschen Nord- und Ostsee<br />
Gegenüber den Darstellungen in GARTHE (2003) liegen neue Erkenntnisse<br />
überwiegend <strong>für</strong> die Ostsee und dort insbesondere <strong>für</strong> das Sommerhalbjahr vor. Für<br />
die Nordsee-Arten sei auf oben genannten Bericht verwiesen.<br />
3.1.1 LAPPENTAUCHER - VERBREITUNGSMUSTER<br />
Haubentaucher (Podiceps cristatus)<br />
Haubentaucher halten sich v.a. im Winterhalbjahr in den deutschen Ostseegewässern<br />
auf. Ihr Vorkommen beschränkt sich dabei fast ausschließlich auf die küstennahen<br />
Gebiete mit Schwerpunkten östlich von Rügen und im Greifswalder Bodden. Da der<br />
Haubentaucher in der AWZ der deutschen Ostsee fast nicht beobachtet wird, soll hier<br />
lediglich auf die Artbeschreibung in GARTHE et al. (2003) verwiesen werden.<br />
Rothalstaucher (Podiceps grisegena)<br />
Der Verbreitungsschwerpunkt des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee befindet<br />
sich in der Pommerschen Bucht. Dort kommt die Art in weiten Teilen des Offshore-<br />
Bereiches innerhalb der 20 m-Wassertiefenlinie vor. In der westlichen Ostsee ist die<br />
Art vereinzelt in den Flachwasserbereichen entlang der Küste verbreitet (Abb. 10).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 20<br />
Abb. 10: Jahresverbreitung des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee, Seastate (SS) 0-4.<br />
Das Vorkommen des Rothalstauchers in der Pommerschen Bucht weist deutliche<br />
saisonale Unterschiede auf. So tritt die Art schwerpunktmäßig im Winter auf, wo sie in<br />
geringen Dichten v.a. im Offshore-Bereich bis 20 m Wassertiefe weit verbreitet ist.<br />
(Abb. 12). Auch im Frühjahr und Herbst kommt der Rothalstaucher in diesem Gebiet<br />
vor, jedoch in deutlich geringeren Anzahlen (Abb. 11 und 13). Aus dem Sommer gibt<br />
es nur vereinzelte Nachweise (Abb. 14).<br />
Bisher konnten in den Monaten Juli (Sommer) und August (Herbst) insgesamt 6<br />
Nachweise des Rothalstauchers in der Pommerschen Bucht, insbesondere im Bereich<br />
der Oderbank, erbracht werden. Zeitlich deuten diese Beobachtungen auf ein<br />
Mauservorkommen hin, da die Altvögel bereits im Juli mit der Vollmauser ins<br />
Ruhekleid beginnen (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1966).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 21<br />
Abb.11: Verbreitung des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.<br />
Abb.12: Verbreitung des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 22<br />
Abb.13: Verbreitung des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.<br />
Abb.14: Verbreitung des Rothalstauchers in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 23<br />
Ohrentaucher (Podiceps auritus)<br />
Der Verbreitungsschwerpunkt des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee befindet<br />
sich in der Pommerschen Bucht. Dort kommt die Art stark konzentriert über dem<br />
Flachgrund Oderbank mit Wassertiefen kleiner 10 m und in den angrenzenden<br />
Bereichen mit Wassertiefen kleiner 20 m vor. Auch die übrigen Einzelnachweise auf<br />
der Sagasbank (Mecklenburger Bucht), nördlich von Zingst und in der Tromper Wiek<br />
stammen aus Flachwasserbereichen bis 10 m Wassertiefe (Abb.15).<br />
Das Vorkommen im Bereich der deutschen Oderbank setzt sich bis in polnische<br />
Gewässer fort und steht mit dem dortigen Vorkommen offensichtlich in engem<br />
Zusammenhang.<br />
Abb.15: Jahresverbreitung des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee, SS 0-4.<br />
Das Vorkommen des Ohrentauchers in der Pommerschen Bucht weist deutliche<br />
saisonale Unterschiede auf. Im Herbst findet ab Oktober starker Zuzug statt, und es<br />
bildet sich ein Vorkommen mit hohen Dichten auf der Oderbank. Dieses Vorkommen<br />
bleibt auch während des Winters bestehen, wobei es zu kleinräumigen Verlagerungen<br />
in die Randbereiche der Oderbank kommt. Aus dem Winter stammen auch die<br />
Nachweise nördlich von Zingst und in der Tromper Wiek. Ab März nimmt die Zahl der<br />
Ohrentaucher ab und das Vorkommen wird im Laufe des Frühjahrszuges geringer. Im<br />
Sommer befinden sich so gut wie keine Ohrentaucher in der Pommerschen Bucht<br />
(Abb. 16-19).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 24<br />
Abb. 16: Verbreitung des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.<br />
Abb. 17: Verbreitung des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 25<br />
Abb. 18: Verbreitung des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.<br />
Abb. 19: Verbreitung des Ohrentauchers in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 26<br />
Schwarzhalstaucher (Podiceps nigricollis)<br />
Im Juli und August 2003 konnten drei Nachweise des Schwarzhalstauchers im<br />
Bereich der Oderbank erbracht und somit nach ersten Beobachtungen im Frühjahr<br />
2002 das erste Offshore-Vorkommen dieser Art <strong>für</strong> Deutschland bestätigt werden.<br />
2003 betrug der Brutbestand im Peenetal, dem bedeutendsten Brutgebiet der Art in<br />
Mecklenburg-Vorpommern, 600-700 Paare, und wies einen guten Bruterfolg auf. In<br />
den folgenden Jahren wurde eine Abnahme des Brutbestandes im Peenetal<br />
beobachtet (B. SCHIRMEISTER, pers. Mitt.). Da auch Schwarzhalstaucher ab Juli mit der<br />
Vollmauser beginnen (BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1987), könnte die Oderbank<br />
zumindest zeitweise als Rückzugsgebiet zur Durchführung der Mauser genutzt<br />
werden. Weitere Untersuchungen müssen jedoch die Beständigkeit des Vorkommens<br />
überprüfen.<br />
Unbestimmte Lappentaucher (Podiceps spec.)<br />
Neben Rothals- und Schwarzhalstaucher wurden in den Monaten Juli und August drei<br />
weitere, unbestimmte Lappentaucher auf der Oderbank beobachtet, wodurch die<br />
besondere Bedeutung des Gebietes <strong>für</strong> diese Artengruppe zusätzlich unterstrichen<br />
wird.<br />
3.1.2 MEERESENTEN – JAHRESZYKLUS, PHÄNOLOGIE, MAUSER<br />
Die Meeresenten sind die häufigste und wohl auch charakteristischste Artengruppe in<br />
der Ostsee. Die vier in den deutschen Gewässern regelmäßig vorkommenden Arten<br />
Eiderente, Eisente, Trauerente und Samtente zeigen dabei in ihrer räumlichen und<br />
zeitlichen Verbreitung deutliche Unterschiede.<br />
Eiderente (Somateria mollissima)<br />
Die Eiderente kommt fast ausschließlich in der westlichen Ostsee vor, wo sie vom<br />
Herbst bis zum Frühjahr v.a. in der Kieler Bucht und um Fehmarn hohe Dichten<br />
erreicht. Das Vorkommen erstreckt sich küstennah durch die Mecklenburger Bucht bis<br />
zum Darß, weiter östlich kommt die Art aber nur noch vereinzelt und in meist geringen<br />
Dichten vor. Im Winter befindet sich zumindest zeitweise ein kleines Vorkommen im<br />
Greifswalder Bodden sowie westlich davon im Bereich der 12 sm-Grenze. Im Sommer<br />
halten sich insgesamt nur wenige Eiderenten in der Ostsee auf. Die meisten
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 27<br />
Nachweise stammen aus dem Bereich der Kieler Bucht sowie westlich von Fehmarn<br />
(Abb. 20-23).<br />
Abb. 20: Verbreitung der Eiderente in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.<br />
Abb. 21: Verbreitung der Eiderente in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 28<br />
Abb. 22: Verbreitung der Eiderente in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.<br />
Abb. 23: Verbreitung der Eiderente in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.<br />
Eisente (Clangula hyemalis)<br />
Die Eisente ist die häufigste Entenart in der Ostsee. Ab November findet starker Zug<br />
in die deutschen Ostseegebiete statt, und im Laufe des Herbstes bilden sich große<br />
Konzentrationen in der Kieler Bucht sowie in der Pommerschen Bucht im Bereich der<br />
Oderbank und auf dem Adlergrund. Auch im Greifswalder Bodden halten sich im<br />
Herbst zahlreiche Eisenten auf (Abb. 24). Im Winter weist die Art ein flächiges
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 29<br />
Vorkommen mit hohen Dichten in weiten Teilen der Pommerschen Bucht inklusive<br />
Greifswalder Bodden und bis zum Adlergrund auf. Weitere große Konzentrationen<br />
befinden sich nördlich von Darß und Zingst sowie in der Kieler Bucht. In geringeren<br />
Dichten ist die Eisente auch in den küstennahen Bereichen entlang der<br />
Mecklenburger Bucht verbreitet (Abb. 25). Ein ähnliches Bild ergibt sich im Frühjahr<br />
(Abb. 26), mit hohen Dichten im Küstenbereich der westlichen Ostsee, nördlich von<br />
Darß und Zingst sowie in der Pommerschen Bucht bis zum Adlergrund. Im<br />
Greifswalder Bodden profitiert die Art im Frühjahr von den einwandernden<br />
Heringsschwärmen, dessen Laich eine besonders proteinhaltige Nahrungsquelle<br />
darstellt (LEIPE 1985; Sellin 1990). Im Sommer halten sich nur sehr wenige Eisenten in<br />
der deutschen Ostsee auf (Abb. 27). Bei den Einzelnachweisen in der Mecklenburger<br />
und Pommerschen Bucht handelt es sich vermutlich um letzte, späte Wegzügler. In<br />
den Hochsommermonaten konnten noch keine Eisenten im Untersuchungsgebiet<br />
nachgewiesen werden (Abb. 28).<br />
Auffällig zu allen Jahreszeiten ist das Fehlen der Art im küstenfernen AWZ-Bereich<br />
nördlich von Rügen. Den Adlergrund nutzt die Eisente von allen Entenarten am<br />
stärksten und hält sich dort im gesamten Winterhalbjahr mit mittleren bis hohen<br />
Dichten auf.<br />
Abb. 24: Verbreitung der Eisente in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 30<br />
Abb. 25: Verbreitung der Eisente in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.<br />
Abb. 26: Verbreitung der Eisente in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 31<br />
Abb. 27: Verbreitung der Eisente in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.<br />
Jahresdynamik der Eisente in der Oderbox:<br />
Der Zuzug der Eisente in die Pommersche Bucht setzt im November ein. Nach einem<br />
Maximum im Januar nehmen die Dichten im Februar stark ab und steigen im März<br />
wieder an. Im Laufe des Aprils verlassen die meisten Eisenten die Pommersche<br />
Bucht, so dass im Mai nur noch einzelne Tiere angetroffen werden. Im Sommer<br />
befinden sich keine Eisenten im Untersuchungsgebiet (Abb. 28).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 32<br />
120<br />
mittlere Dichte (Ind./km²)<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
3 2 2 6 2 1 2 3 2 3 3 5<br />
jan feb mrz apr mai jun jul aug sep okt nov dez<br />
Abb. 28: Mittlere Dichte der Eisente in der Oderbox im Jahresverlauf. Die Anzahl über den<br />
Monatskürzeln gibt die Stichprobe (Tage) an.<br />
Trauerente (Melanitta nigra)<br />
Die Trauerente tritt ganzjährig im Bereich der deutschen Ostsee auf. Im Herbst und<br />
Winter weist das Vorkommen einen deutlichen Schwerpunkt in der Kieler Bucht und in<br />
der Pommerschen Bucht im Bereich der Oderbank auf. Kleinere Vorkommen befinden<br />
sich zudem in der Mecklenburger Bucht sowie im Bereich von Darß und Zingst (Abb.<br />
29 und 30).<br />
Abb. 29: Verbreitung der Trauerente in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 33<br />
Abb. 30: Verbreitung der Trauerente in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.<br />
Im Frühjahr zeigt die Trauerente ein flächiges Vorkommen mit hohen Dichten im<br />
Offshore-Bereich der Pommerschen Bucht. Am Adlergrund und im Küstenbereich vor<br />
Rügen sind die Dichten deutlich niedriger. Im Westteil der deutschen Ostsee erstreckt<br />
sich das Frühjahrsvorkommen der Trauerente entlang der Küsten von der Kieler Bucht<br />
bis zum Darß. Nördlich von Zingst dehnt sich das Vorkommen auch in den<br />
küstenferneren Bereich bis zum Plantagenetgrund aus (Abb. 31).<br />
Auch im Mai konnten Trauerenten noch in großer Anzahl auf der Oderbank<br />
beobachtet werden (Abb. 33). Ob es sich hierbei um späte Durchzügler handelt oder<br />
sich hier schon das Sommervorkommen (übersommernde Nichtbrüter) andeutet, ist<br />
unklar.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 34<br />
Abb. 31: Verbreitung der Trauerente in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.<br />
Im Sommer tritt die Trauerente fast ausschließlich in der Pommerschen Bucht auf, wo<br />
sie im Bereich der Oderbank ein flächiges Vorkommen mit hohen Dichten aufweist<br />
(Abb. 32).<br />
Abb. 32: Verbreitung der Trauerente in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 35<br />
Mauservorkommen der Trauerente in der deutschen Ostsee:<br />
Von Juli bis September 2003 konnten unter den rastenden Trauerenten auf der<br />
Oderbank auch mausernde Tiere beobachtet werden. Ihr Anteil am Gesamtbestand<br />
variierte stark zwischen den einzelnen Monaten. Der höchste Anteil mausernder Vögel<br />
wurde im August beobachtet (Tab. 3).<br />
Tab. 3: Bestandsabschätzung <strong>für</strong> die Trauerente und Anteil mausernder Vögel in der<br />
Pommerschen Bucht. Zur Methodik siehe Sonntag et al. 2004 / Anhang III.<br />
Zeitraum<br />
Vögel im Transekt Fläche (km²)* Bestand Anteil mausernder Vögel**<br />
21.-25. Juli 2003 15.283 106,1 150.000 5 %<br />
07.-10. Aug. 2003 5.946 47,2 110.000 32 %<br />
01.-03. Sept. 2003 7.915 38,6 220.000 0,2 %<br />
20.-30. Juni 2004 12.267 29,4 150.000 0 %<br />
12.-14. Aug. 2004 349 86,85 7.200 14 %<br />
* Kartierte Fläche im Konzentrationsbereich, der der Bestandsberechnung zugrunde liegt.<br />
** berechnet als Anteil der flugunfähigen Tiere an allen im Transekt beobachteten Vögeln.<br />
Trauerenten weisen eine komplexe Mauserstrategie auf. Unterschiede gibt es sowohl<br />
zwischen den beiden Geschlechtern als auch zwischen adulten und immaturen<br />
Vögeln. Adulte Männchen mausern etwa von Mitte Juli bis Ende September, brutreife<br />
Weibchen je nach Flüggewerden der Jungvögel überwiegend von September bis<br />
Oktober, z.T. auch später. Immature Vögel (im zweiten Kalenderjahr) können schon<br />
im Juni mit der Vollmauser beginnen. Ein Teil der nordwestpaläarktischen<br />
Brutpopulation führt einen umfangreichen Mauserzug durch (BAUER & GLUTZ VON<br />
BLOTZHEIM 1969; CRAMP & SIMMONS 1977).<br />
Die Mauserbeobachtungen auf der Oderbank können nur sehr begrenzt in dieses<br />
Schema eingeordnet werden, da aufgrund der hohen Fluchtdistanz der Trauerente vor<br />
dem Schiff meist keine Unterscheidung der Geschlechter möglich war. Eine<br />
Unterscheidung zwischen adulten und vorjährigen Vögeln ist im Sommer ohnehin<br />
kaum noch möglich (z.B. BAUER & GLUTZ VON BLOTZHEIM 1969; CRAMP & SIMMONS<br />
1977). Der einerseits hohe Anteil mausernder Vögel im Juli und August sowie der<br />
geringe Anteil flugunfähiger Vögel im September könnte die Mauserstrategie adulter<br />
Männchen widerspiegeln. Die hohe Bestandszahl Anfang September 2003 könnte<br />
signalisieren, dass die weiblichen Vögel das Gebiet schon erreicht, aber noch nicht<br />
mit der Mauser begonnen hatten.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 36<br />
Im Juni 2004 wurden unter dem großen Rastvorkommen der Trauerente auf der<br />
Oderbank, bei dem es sich vermutlich überwiegend um immature Nichtbrüter<br />
handelte, keine mausernden Vögel beobachtet. Der Augustbestand 2004 war im<br />
Vergleich zum Vorjahr deutlich geringer, ebenso der Anteil mausernder Vögel. Somit<br />
ist von einer Variabilität der Mauservorkommen auf der Oderbank auszugehen. Je<br />
nach Brutverlauf und Bruterfolg ist mit Schwankungen in der Zahl im Sommer<br />
anwesender Trauerenten zu rechnen. Auch räumlich könnten die Mausergebiete<br />
zwischen einzelnen Jahren variieren. Zu prüfen wäre, ob es einen Zusammenhang mit<br />
dem Mausergebiet vor der Westküste Schleswig-Holsteins (HENNIG 2001; DEPPE<br />
2003) gibt, in dem ebenfalls Schwankungen der Bestände zwischen einzelnen Jahren<br />
beobachtet wurden (V. DIERSCHKE, unveröff. Daten).<br />
Jahresdynamik der Trauerente in der Oderbox:<br />
Das Phänologiediagramm (Abb. 33) verdeutlicht das ganzjährige Auftreten der<br />
Trauerente im Untersuchungsgebiet. Auf den relativ geringen Winterbestand in der<br />
Oderbox folgt ein deutliches Maximum der mittleren Dichte im April. Vermutlich kommt<br />
es vor dem Abzug in die Brutgebiete zu einem Zuzug aus anderen<br />
Überwinterungsgebieten in die Pommersche Bucht. Der Wegzug erstreckt sich bis in<br />
den Mai. Von Juni bis August sind die mittleren Dichten des Übersommerungs- und<br />
Mauserbestandes nahezu gleich, im September kommt es zu einem leichten Anstieg.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 37<br />
200<br />
mittlere Dichte (Ind./km²)<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
3 2 2 6 2 1 2 3 2 3 3 5<br />
jan feb mrz apr mai jun jul aug sep okt nov dez<br />
Abb. 33: Mittlere Dichte der Trauerente in der Oderbox im Jahresverlauf. Die Anzahl über den<br />
Monatskürzeln gibt die Stichprobe (Tage) an.<br />
Samtente (Melanitta fusca)<br />
Die Samtente ist fast ausschließlich in der östlichen deutschen Ostsee verbreitet, wo<br />
sie nahezu ganzjährig im Offshore-Bereich der Pommerschen Bucht anzutreffen ist.<br />
Im Herbst bildet sich auf der Oderbank ein flächiges Vorkommen mit hohen Dichten.<br />
Dieser Konzentrationsschwerpunkt dehnt sich im Winter noch weiter nach Norden<br />
Richtung Adlergrund aus und bleibt bis ins Frühjahr mit hohen Dichten bestehen. In<br />
geringer Anzahl tritt die Samtente auch in küstennäheren Gewässern auf,<br />
insbesondere am Eingang zum Greifswalder Bodden. Westlich von Rügen kommt die<br />
Art nur vereinzelt und in geringen Dichten vor (Abb. 34-36).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 38<br />
Abb. 34: Verbreitung der Samtente in der deutschen Ostsee im Herbst, SS 0-4.<br />
Abb. 35: Verbreitung der Samtente in der deutschen Ostsee im Winter, SS 0-4.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 39<br />
Abb. 36: Verbreitung der Samtente in der deutschen Ostsee im Frühjahr, SS 0-4.<br />
Auch im Sommer tritt die Samtente in der Pommerschen Bucht auf. In geringen<br />
Dichten kommt sie auf und nordwestlich der Oderbank vor (Abb. 37).<br />
Dieses Sommervorkommen wurde erstmals im Jahr 2003 nachgewiesen. Für den<br />
Zeitraum Juli bis September 2003 wurde ein Bestand von 260 Individuen geschätzt<br />
(SONNTAG et al. 2004: Anhang III). Im Juli wurden zudem vier mausernde Vögel<br />
beobachtet. Hierbei könnte es sich um das südlichste Übersommerungs- und<br />
möglicherweise auch Mausergebiet <strong>für</strong> diese Art handeln. Bei weiteren<br />
Sommerkartierungen in der Pommerschen Bucht konnten im Juni 2004 fünf und im<br />
August 2004 12 Einzelnachweise rastender Samtenten im Bereich der Oderbank<br />
erbracht werden. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Samtente das Gebiet<br />
regelmäßig zur Übersommerung nutzt, das Vorkommen in verschiedenen Jahren aber<br />
zahlenmäßig unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 40<br />
Abb. 37: Verbreitung der Samtente in der deutschen Ostsee im Sommer, SS 0-4.<br />
Jahresdynamik der Samtente in der Oderbox:<br />
Das Wintervorkommen der Samtente in der Pommerschen Bucht bildet sich ab<br />
Oktober. Nach einem Maximum im November nimmt die mittlere Dichte bis zum<br />
Januar ab, steigt im Februar wieder an und erreicht im März ein weiteres Maximum.<br />
Die Schwankungen ergeben sich vermutlich durch den Austausch mit den<br />
umliegenden Gebieten oder durch überregionale Zugbewegungen. Im April verlassen<br />
die Samtenten die Pommersche Bucht. Von Juli bis September befindet sich ein<br />
kleines Sommer- bzw. Mauservorkommen (siehe oben) im Untersuchungsgebiet (Abb.<br />
38).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 41<br />
40<br />
mittlere Dichte (Ind./km²)<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
3 2 2 6 2 1 2 3 2 3 3 5<br />
jan feb mrz apr mai jun jul aug sep okt nov dez<br />
Abb. 38: Mittlere Dichte der Samtente in der Oderbox im Jahresverlauf. Die Anzahl über den<br />
Monatskürzeln gibt die Stichprobe (Tage) an.<br />
Habitatwahl der Meeresenten in der Pommerschen Bucht: Wassertiefe<br />
Alle vier Meeresenten bevorzugen mit ihren höchsten Dichten die küstennahen<br />
Flachwassergebiete sowie die Flachgründe im Offshore-Bereich (Abb. 39). In<br />
Gebieten mit größeren Wassertiefen werden keine oder deutlich geringere Dichten der<br />
vier Arten beobachtet.<br />
Abb. 39: Ganzjähriges Vorkommen der vier Meeresenten-Arten in der deutschen Ostsee in
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 42<br />
Bezug auf verschiedene Wassertiefen, SS 0-4. Die Vorkommen aller Arten sind summiert<br />
dargestellt<br />
Eine erste Auswertung zur Habitatwahl von Meeresenten bezüglich des Faktors<br />
Wassertiefe wurde <strong>für</strong> die Pommersche Bucht (ohne Greifswalder Bodden) <strong>für</strong> die drei<br />
dort vorkommenden Arten Eisente, Trauerente und Samtente <strong>für</strong> den Zeitraum<br />
November bis April 2000-2004 vorgenommen. Hierbei zeigte sich eine deutliche<br />
Präferenz aller drei Arten <strong>für</strong> Wassertiefen kleiner als 20 m (Tab. 4).<br />
Tab. 4: Anteil von Meeresenten in Gebieten verschiedener Wassertiefen (Pommersche Bucht,<br />
ohne Greifswalder Bodden), bezogen auf die Gesamtzahl im Transekt rastender Vögel. Pro<br />
Wassertiefenbereich handelt es sich um aufsummierte Werte aus allen Bereichen mit<br />
geringerer Wassertiefe.<br />
Wassertiefe<br />
< 10 m < 15 m < 20 m<br />
Samtente 47 % 67 % 80 %<br />
Trauerente 38 % 65 % 88 %<br />
Eisente 35 % 62 % 83 %<br />
Dieses Ergebnis wird durch Abb. 40 noch verdeutlicht. Hier wird ersichtlich, dass alle<br />
drei Arten mit ihren höchsten mittleren Dichten in Gebieten mit Wassertiefen zwischen<br />
5 und 10 Metern vorkommen. Während die Dichten von Trauer- und Eisente mit<br />
zunehmender Wassertiefe kontinuierlich abnehmen, gibt es bei der Samtente einen<br />
leichten Anstieg der Dichten im Bereich zwischen 20 und 30 Metern Wassertiefe.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 43<br />
mittlere Dichte, normiert<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Trauerente<br />
Samtente<br />
Eisente<br />
0<br />
5-10<br />
10-15<br />
15-20<br />
20-30<br />
Wassertiefe (m)<br />
30-40<br />
40-50<br />
Abb. 40: Mittlere, normierte Dichte von Trauer-, Samt- und Eisente in Bereichen<br />
verschiedener Wassertiefe. Wassertiefen kleiner 5 m wurden nur unzureichend beprobt.<br />
3.1.3 VERBREITUNGSMUSTER DER ZWERGMÖWE (Hydrocoloeus minutus)<br />
Die Zwergmöwe wird seit Mai 2004 im Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie geführt,<br />
womit sich eine besondere Verantwortung <strong>für</strong> den Schutz und Erhalt dieser Art<br />
verbindet.<br />
In der deutschen Nordsee tritt die Zwergmöwe in ihren höchsten Dichten während<br />
des Heimzuges im März und April küstennah in den Ästuarbereichen der großen<br />
Flüsse sowie um Helgoland herum auf. Während sich im Sommer nahezu keine<br />
Zwergmöwen in der deutschen Nordsee aufhalten, kommt es im Herbst erneut zu<br />
hohen Durchzugszahlen, die ihren Gipfel zwischen Ende September und Anfang<br />
November erreichen (z.B. TEMME 1991; GARTHE 1993a). Eine wichtige Rolle als<br />
Zugstrecke spielen dabei die Elbe bzw. ihr Mündungsbereich (GARTHE 1993b). Der<br />
Wegzug geht übergangslos in das konstante Wintervorkommen über, welches durch<br />
ein relativ gleichmäßiges Auftreten geringer Dichten der Zwergmöwe auch in den<br />
küstenferneren Gewässern charakterisiert ist (siehe auch SCHWEMMER & GARTHE<br />
2006).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 44<br />
In der Ostsee tritt die Zwergmöwe vor allem während des Wegzuges im Herbst auf.<br />
Die höchsten Dichten werden dabei im August und September erreicht. Im August<br />
2003 konnte bei einer Schiffzählung in der Pommerschen Bucht ein starkes<br />
Vorkommen der Zwergmöwe nachgewiesen werden, das sich von der Prorer Wiek<br />
(Rügen) küstennah entlang von Usedom bis zur polnischen Grenze erstreckte. Ein<br />
weiterer Konzentrationsschwerpunkt befand sich im Greifswalder Bodden (Abb. 41).<br />
Bei fast allen Beobachtungen handelte es sich um rastende, Nahrung suchende oder<br />
fressende Tiere. Einzelne Zwergmöwen wurden auch Offshore im Bereich der<br />
Oderbank sowie nördlich davon gesichtet.<br />
Abb. 41: Verbreitung der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee im August 2003<br />
(Schiffserfassung).<br />
Im August / September 2004 konnte während einer viertägigen Kompletterfassung der<br />
deutschen Ostsee mit dem Flugzeug dieses küstennahe Vorkommen mit hohen<br />
Dichten im Greifswalder Bodden sowie südwärts vor Usedom bis zur polnischen<br />
Grenze bestätigt werden. Zudem erstreckte sich das Vorkommen weit seewärts in die<br />
AWZ, mit z.T. hohen Dichten nordwestlich von Rügen sowie zahlreichen küstenfernen<br />
Einzelnachweisen in weiten Teilen der östlichen deutschen Ostsee (Abb. 42).<br />
Insbesondere die küstennahen Gebiete scheinen daher auf dem Wegzug der<br />
Zwergmöwe von sehr großer Bedeutung zu sein, nicht nur als Durchzugs- sondern<br />
auch als Rast- und Nahrungsgebiet. Da die Zwergmöwe auf dem Anhang I der EU-
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 45<br />
Vogelschutzrichtlinie aufgelistet ist, ergibt sich eine besondere Verantwortung <strong>für</strong> den<br />
Schutz dieser Art. Auch SCHIRMEISTER (2001, 2002) beobachtet regelmäßig<br />
zahlenstarke Ansammlungen im Spätsommer vor der Insel Usedom.<br />
Die Beobachtungen im Offshore-Bereich der Pommerschen Bucht betrafen vielfach<br />
ziehende Individuen.<br />
Neben dem Vorkommen in der Pommerschen Bucht wurden Zwergmöwen in geringer<br />
Anzahl auch in der westlichen Ostsee, insbesondere im Bereich der Hohwachter und<br />
Mecklenburger Bucht sowie nördlich von Darß und Zingst, beobachtet.<br />
Abb. 42: Verbreitung der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee im August / September 2004<br />
(Flugzeugerfassung).<br />
Um die Monatswende Oktober/November verlassen die Zwergmöwen die Ostsee<br />
größtenteils. Zugbeobachtungen bei Helgoland (GARTHE 1993a) zeigen, dass das<br />
Verschwinden in der Ostsee mit dem Einzug in die Nordsee zeitlich einher geht. Im<br />
Winter tritt die Zwergmöwe verstreut in geringen Dichten in der deutschen Ostsee auf.<br />
Häufungen wurden bisher in der Kieler und der Pommerschen Bucht beobachtet<br />
(Abb. 43).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 46<br />
Abb. 43: Verbreitung der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee im Winter (Schiffserfassung).<br />
Während des Heimzuges im Frühjahr gibt es eher punktuelle, aber keine zusammenhängenden<br />
Vorkommen der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee (Abb. 44). Während<br />
der Brutzeit fehlt die Art bis auf wenige Einzelvögel nahezu völlig (Abb. 45).<br />
Abb. 44: Verbreitung der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee im Frühjahr<br />
(Flugzeugerfassung).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 47<br />
Abb. 45: Verbreitung der Zwergmöwe in der deutschen Ostsee im Sommer<br />
(Flugzeugerfassung).<br />
3.1.4 SEESCHWALBEN<br />
Für Brand-, Fluss- und Küstenseeschwalben scheinen die deutschen Ostseegewässer<br />
trotz einiger Brutkolonien entlang der Küste nur eine untergeordnete Bedeutung zu<br />
haben. Als Nahrungshabitate dienen hier überwiegend die angrenzenden<br />
Boddengewässer oder küstennahe Binnenseen (Klafs & Stübs 1987; Scheller et al.<br />
2002). Im Offshore-Bereich der Pommerschen Bucht gelangen bei den Schiffs- und<br />
Flugzeugzählungen bisher nur vereinzelte Nachweise. Im Küstenbereich wurden die<br />
drei Arten bisher in geringer Anzahl im Greifswalder Bodden und der Tromper Wiek<br />
beobachtet.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 48<br />
3.2 Aktuelle Bestände der SPAs in der AWZ von Nord- und<br />
Ostsee<br />
Im Folgenden werden aktuelle Bestandszahlen der wichtigsten Seevogelarten in den<br />
beiden Seevogelschutzgebieten in Nord- und Ostsee angegeben. Im Vergleich zu<br />
Garthe (2003) erfolgten die Berechnungen auf Grundlage anderer Schutzgebiets-<br />
Kulissen, anderer Bezugsjahre sowie neuer, aktueller Jahreszeiten-Einteilungen <strong>für</strong><br />
die einzelnen Arten (vgl. Tab. 2).<br />
Tab. 6: Bestände der wichtigsten Seevogelarten im SPA „Östliche Deutsche Bucht“<br />
Seetaucher: berechnet nach Flugzeugdaten (Bezugszeitraum 2002-2005); übrige Arten:<br />
berechnet nach Schiffsdaten (Bezugszeitraum 1996-2005)<br />
Größenklassen (in Anlehnung an Standarddatenbogen): I: 1-5 Ind., II: 6-10 Ind., III: 11-50 Ind.<br />
VII: 501-1000 Ind.<br />
Frühjahr Sommer Herbst Winter<br />
Sterntaucher 3300 0 0 540<br />
Prachttaucher 280 0 0 60<br />
Eissturmvogel III 100 100 III<br />
Basstölpel 230 110 ? III<br />
Trauerente 0 550 480 III<br />
Lachmöwe 1200 III 80 70<br />
Zwergmöwe III 0 III 330<br />
Sturmmöwe 1700 130 320 7800<br />
Silbermöwe 460 III III 900<br />
Heringsmöwe 1000 1600 1100 III<br />
Mantelmöwe 390 60 VII 200<br />
Dreizehenmöwe 1200 3500 150 950<br />
Brandseeschwalbe III 140 70 0<br />
Flussseeschwalbe 0 240 900 0<br />
Küstenseeschwalbe 190 100 650 0<br />
Trottellumme 2600 140 370 1300<br />
Tordalk 140 0 0 700
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 49<br />
Tab. 7: Bestände der wichtigsten Seevogelarten im SPA „Pommersche Bucht“<br />
Alle Berechnungen nach Schiffsdaten (Bezugszeitraum 2000-2005)<br />
Größenklassen (in Anlehnung an Standarddatenbogen): I: 1-5 Ind., II: 6-10 Ind., III: 11-50 Ind.<br />
Frühjahr Sommer Herbst Winter<br />
Sterntaucher 750 III 0 III<br />
Prachttaucher 310 60 700 270<br />
Ohrentaucher 180 0 500 490<br />
Rothalstaucher 50 III 90 170<br />
Haubentaucher III 0 II III<br />
Eiderente 0 0 0 130<br />
Eisente 77000 270 46000 130000<br />
Trauerente 170000 160000 54000 47000<br />
Samtente 43000 360 22000 30000<br />
Kormoran 0 100 II 0<br />
Lachmöwe III 0 III 0<br />
Zwergmöwe III 0 130 II<br />
Sturmmöwe 320 90 III 270<br />
Silbermöwe 300 240 1000 850<br />
Heringsmöwe 0 III I 0<br />
Mantelmöwe III 60 60 150<br />
Trottellumme III 90 80 550<br />
Tordalk II III 0 110<br />
Gryllteiste 120 I 50 220<br />
3.3 Neue Erkenntnisse zu Störungen und Gefährdungen<br />
von Seevögeln in Nord- und Ostsee<br />
3.3.1 STÖRUNGEN DURCH FLUGVERKEHR<br />
Effekte niedrigen Flugverkehrs auf rastende Seevögel – Erfahrungsbericht von<br />
Flugzeugzählungen<br />
(zusammengestellt von Dr. Volker DIERSCHKE)<br />
Wie Fluchtreaktionen gegenüber dem Flugzeug bei den Zählungen einzuschätzen<br />
sind, wurde bereits in einer Übersicht im MINOS-Endbericht dargestellt (GARTHE et al.<br />
2004). Demzufolge zeigen die meisten Seevogelarten keine oder wenig Reaktion.<br />
Starke Fluchtbewegungen gibt es dagegen bei Trauer- und Samtenten sowie in
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 50<br />
geringerem Ausmaß bei Bergente, Eisente und Mittelsäger (Tab. 8). Eine detaillierte<br />
Betrachtung der Zählergebnisse (Tab. 9) zeigt, dass Fluchttauchen offenbar keine<br />
Rolle spielt, denn es wird nur selten registriert. Am häufigsten wurden vor dem<br />
Flugzeug abtauchende Trauerenten während der Mauserzeit auf der Oderbank<br />
festgestellt (knapp 12 % aller beobachteten Vögel). Es kann aber wegen des bei der<br />
Zählung nicht nach vorn, sondern zur Seite gerichteten Blicks nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass deutlich vor dem Flugzeug bereits weitere Individuen abtauchen bzw.<br />
dass dieses Verhalten auch bei anderen Arten auftritt.<br />
Hohe Anteile fliegender Vögel betreffen bei Basstölpel und Zwergmöwe fast<br />
ausschließlich Nahrung suchende Tiere, bei Trauer- und Samtenten jedoch nahezu<br />
ausschließlich Fluchtbewegungen. Dies wird auch an den nur bei diesen Arten hohen<br />
Anteilen auffliegender, d.h. bei Annäherung des Flugzeugs von der Wasseroberfläche<br />
startender Vögel deutlich. Bei Trauer- und Samtente betreffen deshalb die fliegenden<br />
Vögel zumeist solche, die aufgrund der Störung durch das Zählflugzeug schon<br />
aufgeflogen sind, bevor sie ins Blickfeld des Beobachters gerieten.<br />
Eine Nachfrage bei Ib Krag Petersen (NERI, Dänemark) ergab, dass der Störeffekt<br />
durch tief fliegende Flugzeuge auch bei einer Flughöhe von 600 Fuß auftritt. Dabei tritt<br />
die Reaktion der Meeresenten schon früher ein, vermutlich weil sie das Flugzeug<br />
bereits aus größerer Entfernung erblicken oder hören können.<br />
Anmerkung: Für zivile Flugzeuge gilt in Deutschland die sog. Sicherheitsmindesthöhe<br />
von 2000 Fuß, die bei tief liegender Bewölkung bis auf 500 Fuß herabgesetzt werden<br />
darf. Dies gilt sowohl über Land als auch über dem Meer (Zählflüge in 250 Fuß finden<br />
mit Sondergenehmigung statt). Fotoflüge dürfen jedoch auch in geringerer Flughöhe<br />
stattfinden.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 51<br />
Tab. 8: Fluchtreaktion der 35 in deutschen Gewässern vorkommenden Seevogelarten (nach<br />
GARTHE et al. 2003) gegenüber dem Erfassungsfahrzeug bei Zählungen vom Flugzeug aus.<br />
A: selten auffliegend/abtauchend; B: gelegentlich auffliegend/abtauchend; C: meistens<br />
auffliegend/abtauchend. Nach Angaben von A. DIEDERICHS, V. DIERSCHKE, J. KOTZERKA, P.<br />
SCHWEMMER und N. SONNTAG. Quelle: GARTHE et al. 2004 (MINOS-Endbericht).<br />
Art Fluchtreaktion Art Fluchtreaktion<br />
Sterntaucher A Zwergmöwe A<br />
Prachttaucher A Lachmöwe A<br />
Haubentaucher A Sturmmöwe A<br />
Rothalstaucher A Heringsmöwe A<br />
Ohrentaucher A Silbermöwe A<br />
Eissturmvogel A Mantelmöwe A<br />
Dunkler Sturmtaucher A Dreizehenmöwe A<br />
Basstölpel A Raubseeschwalbe ?<br />
Kormoran A Brandseeschwalbe A<br />
Bergente B Flussseeschwalbe A<br />
Eiderente A Küstenseeschwalbe A<br />
Eisente B Trauerseeschwalbe ?<br />
Trauerente C Trottellumme A<br />
Samtente C Tordalk A<br />
Mittelsäger B Gryllteiste A<br />
Spatelraubmöwe A Krabbentaucher ?<br />
Schmarotzerraubmöwe A Papageitaucher ?<br />
Skua<br />
A
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 52<br />
Tab. 9: Verhalten ausgewählter Seevogelarten bei Flugzeugzählungen in der deutschen Nordund<br />
Ostsee (38 Befliegungen von Februar 2003 bis Februar 2005). Es ist zu beachten, dass<br />
„Fliegen“ sowohl Nahrungssuche, Zug und Ortswechsel als auch Reaktion auf Störungen<br />
durch das sich annähernde Zählflugzeug beinhaltet. „Auffliegen“ betrifft in den meisten Fällen<br />
eine Reaktion auf das sich annähernde Zählflugzeug, bei „Abtauchen“ ist der Grund meist<br />
unklar (Ausnahme: bei Trauer- und Samtente Reaktion auf Störung). Quelle: FTZ unveröff.<br />
%<br />
% % %<br />
Art Gebiet Saison n Schwimmen Abtauchen Auffliegen Fliegen<br />
Stern-/Prachttaucher Nordsee Winter 439 92,5 2,5 0,7 4,3<br />
Stern-/Prachttaucher Nordsee Frühjahr 2135 96,8 2,1 0,4 0,7<br />
Stern-/Prachttaucher Ostsee Winter 450 91,8 0,2 3,1 4,9<br />
Stern-/Prachttaucher Ostsee Frühjahr 766 95,7 1,2 1,6 1,6<br />
Basstölpel Nordsee Frühjahr 160 45,6 0,0 7,5 46,9<br />
Basstölpel Nordsee Sommer 35 34,3 0,0 8,6 57,1<br />
Eiderente Nordsee Winter 4286 98,3 0,0 0,1 1,6<br />
Eiderente Nordsee Frühjahr 8320 96,3 0,0 0,0 3,7<br />
Eiderente Nordsee Sommer 4153 99,9 0,0 0,0 0,1<br />
Eiderente Ostsee Winter 16945 98,0 0,0 0,4 1,6<br />
Eiderente Ostsee Frühjahr 637 98,6 0,3 0,8 0,3<br />
Eiderente Ostsee Sommer 191 100,0 0,0 0,0 0,0<br />
Eisente Ostsee Winter 9511 92,9 0,2 1,7 5,3<br />
Eisente Ostsee Frühjahr 9596 94,7 0,1 2,9 2,3<br />
Trauerente Nordsee Winter 29451 66,4 0,1 20,5 13,0<br />
Trauerente Nordsee Frühjahr 9747 30,8 0,0 14,4 54,8<br />
Trauerente Nordsee Sommer 217 12,4 0,5 44,7 42,4<br />
Trauerente Ostsee Winter 1017 30,1 0,0 38,1 31,9<br />
Trauerente Ostsee Frühjahr 8613 58,5 0,0 26,3 15,3<br />
Trauerente Ostsee Sommer 1172 44,8 11,8 16,6 26,8<br />
Samtente Ostsee Winter 194 95,4 0,0 2,1 2,6<br />
Samtente Ostsee Frühjahr 240 69,2 0,0 20,8 10,0<br />
Zwergmöwe Nordsee Winter 90 12,2 0,0 1,1 86,7<br />
Zwergmöwe Nordsee Frühjahr 793 35,4 0,0 8,2 56,4<br />
Zwergmöwe Nordsee Sommer 26 19,2 0,0 7,7 73,1<br />
Zwergmöwe Ostsee Frühjahr 48 68,8 0,0 0,0 31,3<br />
Zwergmöwe Ostsee Sommer 350 57,4 0,0 1,1 41,4<br />
Tordalk/Trottellumme Nordsee Winter 2147 97,1 1,5 0,2 1,2<br />
Tordalk/Trottellumme Nordsee Frühjahr 2343 97,6 1,2 0,2 1,0<br />
Tordalk/Trottellumme Nordsee Sommer 365 93,4 0,8 0,0 5,8<br />
Tordalk/Trottellumme Ostsee Winter 49 95,9 0,0 2,0 2,0<br />
Tordalk/Trottellumme Ostsee Frühjahr 70 100,0 0,0 0,0 0,0<br />
Tordalk/Trottellumme Ostsee Sommer 59 94,9 5,1 0,0 0,0
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 53<br />
Zu Störungen von Vögeln durch Flugzeuge gibt es u.a. folgende Publikationen:<br />
BRUDERER, B. & KOMENDA-ZEHNDER, S. (2005): Einfluss des Flugverkehrs auf die<br />
Avifauna : Schlussbericht mit Empfehlungen / Bruno Bruderer ; Susanna<br />
Komenda-Zehnder. - Schriftenreihe Umwelt Nr. 376. <strong>Bundesamt</strong> <strong>für</strong> Umwelt,<br />
Wald und Landschaft, Schweiz / Bern. 100 S.<br />
COMMON SECRETARIAT FOR THE COOPERATION ON THE PROTECTION OF THE WADDEN SEA<br />
(1991): Air traffic in the Wadden Sea area : An analysis of the air traffic in the<br />
Wadden Sea area with respect to disturbance of man and wildlife. – Working<br />
Document. Wilhelmshaven. 37 S.<br />
HÜPPOP, O. (2001): Auswirkungen menschlicher Störungen auf den Energiehaushalt<br />
und die Kondition von Vögeln und Säugern. Angew. Landschaftsökol. 44: 25-<br />
32.<br />
KELLER, V. (1995): Auswirkungen menschlicher Störungen auf Vögel - eine<br />
Literaturübersicht. Ornithol. Beob. 92: 3-38.<br />
KEMPF, N. & HÜPPOP, O. (1996): Auswirkungen von Fluglärm auf Wildtiere: ein<br />
kommentierter Überblick. J. Ornithol. 137: 101-113.<br />
KEMPF, N. & HÜPPOP, O. (1998): Wie wirken Flugzeuge auf Vögel? Eine bewertende<br />
Übersicht. <strong>Naturschutz</strong> Landschaftspl. 30: 17-28.<br />
KETZENBERG, C. (1993): Auswirkungen von Störungen auf nahrungssuchende<br />
Eiderenten (Somateria mollissima) im Königshafen/Sylt. Corax 15: 241-244.<br />
KOOLHAAS, A., DEKINGA, A. & PIERSMA, T. (1993): Disturbance of foraging Knots by<br />
aircraft in the Dutch Wadden Sea in August-October 1992. Wader Study Group<br />
Bull. 68: 20-22.<br />
SMIT, C.J. & VISSER, G.J.M. (1993): Effects of disturbance on shorebirds: a summary<br />
of existing knowledge from the Dutch Wadden Sea and Delta area. Wader<br />
Study Group Bull. 68: 6-19.<br />
STOCK, M. & HOFEDITZ, F. (1994): Beeinflussen Flugbetrieb und Freizeitaktivitäten das<br />
Aktivitätsmuster von Ringelgänsen (Branta bernicla) im Wattenmeer?<br />
Artenschutzrep. 4: 13-19.<br />
STOCK, M., & HOFEDITZ, F. (1996): Zeit-Aktivitäts-Budgets von Ringelgänsen (Branta<br />
bernicla bernicla) in unterschiedlich stark von Menschen beeinflussten<br />
Salzwiesen des Wattenmeeres. Vogelwarte 38: 121-145.<br />
STOCK, M., HOFEDITZ, F., MOCK, K. & POHL, B. (1995): Einflüsse von Flugbetrieb und<br />
Freizeitaktivitäten auf Verhalten und Raumnutzung von Ringelgänsen (Branta<br />
bernicla bernicla) im Wattenmeer. Corax 16: 63-68.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 54<br />
3.3.2 GEFÄHRDUNGEN DURCH STELLNETZFISCHEREI<br />
In der deutschen Ostsee findet intensive Stellnetzfischerei statt, insbesondere in den<br />
Küstengebieten, aber auch in den Offshore-Bereich der Pommerschen Bucht (Abb.<br />
46). Sie stellt dort v.a. <strong>für</strong> nach Nahrung tauchende Arten eine große Gefahr dar, da<br />
die Tiere sich in den Netzen verfangen und ertrinken können. Besonders betroffen<br />
sind die Benthosfresser Eiderente, Eisente, Trauerente und Samtente, die<br />
Fischfresser Sterntaucher, Prachttaucher, Haubentaucher, Rothalstaucher,<br />
Ohrentaucher, Kormoran, Mittelsäger, Tordalk und Trottellumme sowie die Gryllteiste<br />
mit benthopelagischer Ernährung.<br />
Bisher wurden die Auswirkungen der Stellnetzfischerei auf tauchende Seevögel in den<br />
deutschen Ostseegewässern noch nicht systematisch untersucht. Es gibt jedoch<br />
einige wenige publizierte Studien, die bereits einen Einblick in die Größenordnungen<br />
der betroffenen Individuenzahlen ermöglichen und lokal hohe Verluste belegen (z.B.<br />
KIRCHHOFF 1982; SCHIRMEISTER 1992/93, 2003).<br />
Abb. 46: Vorkommen von Stellnetzfahnen in der deutschen Ostsee. Zusammengefasste<br />
Daten aller Monate basierend auf den Schiffskartierungen 2000-2005.<br />
Vorkommen und Intensität der Stellnetzfischerei unterscheiden sich im Jahresverlauf.<br />
Für den Bereich der Pommerschen Bucht zeigen die Abbildungen 47-50 die während
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 55<br />
der SAS-Fahrten 2000-2005 kartierten Stellnetze in den vier Standardjahreszeiten<br />
(Raster 2'x3'). Zu beachten ist, dass es sich hierbei – wie auch bei der<br />
Gesamtübersicht in Abb. 46 – nicht um eine vollständige Übersicht über das<br />
Vorkommen und die Intensität der Stellnetzfischerei in den einzelnen Jahreszeiten<br />
handelt, da immer nur an einigen Tagen innerhalb der Zeiträume Kartierungen<br />
durchgeführt wurden. Die Darstellungen geben jedoch einen ersten Überblick über die<br />
Schwerpunkte der Stellnetzfischerei im Untersuchungsgebiet.<br />
Abb. 47: Stellnetzvorkommen in der östlichen deutschen Ostsee im Herbst (September-<br />
November).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 56<br />
Abb. 48: Stellnetzvorkommen in der östlichen deutschen Ostsee im Winter (Dezember-<br />
Februar).<br />
Abb. 49: Stellnetzvorkommen in der östlichen deutschen Ostsee im Frühjahr (März-Mai).<br />
Beachte die im Vergleich zu den anderen Monatszeiträumen unterschiedliche Skalierung.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 57<br />
Abb. 50: Stellnetzvorkommen in der östlichen deutschen Ostsee im Sommer (Juni-August).<br />
Im Küstenbereich von Rügen und Usedom wurden nahezu ganzjährig Stellnetze<br />
beobachtet. Im Greifswalder Bodden treten die höchsten Anzahlen von März bis<br />
November auf. Am Adlergrund und auf der Oderbank wurden v.a. im Frühjahr und in<br />
geringerer Anzahl auch im Sommer Stellnetze erfasst.<br />
Auch das Vorkommen tauchender Seevogelarten weist zu den verschiedenen<br />
Jahreszeiten deutliche Unterschiede auf. Abb. 51-54 zeigen – analog zu den<br />
Stellnetzkarten Abb. 47-50 - die Verbreitung in der Pommerschen Bucht in den vier<br />
Standardjahreszeiten, basierend auf Schiffzählungen der Jahre 2000-2005 (Raster<br />
3'x5'). Hier<strong>für</strong> wurden die folgenden Arten zusammengefasst: Sterntaucher,<br />
Prachttaucher, Haubentaucher, Rothalstaucher, Ohrentaucher, Kormoran, Eisente,<br />
Trauerente, Samtente, Mittelsäger, Trottellumme, Tordalk, Gryllteiste.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 58<br />
Abb. 51 Vorkommen tauchender Seevogelarten in der östlichen deutschen Ostsee im Herbst<br />
(September-November).<br />
Abb. 52 Vorkommen tauchender Seevogelarten in der östlichen deutschen Ostsee im Winter<br />
(Dezember-Februar).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 59<br />
Abb. 53 Vorkommen tauchender Seevogelarten in der östlichen deutschen Ostsee im<br />
Frühjahr (März-Mai).<br />
Abb. 54 Vorkommen tauchender Seevogelarten in der östlichen deutschen Ostsee im<br />
Sommer (Juni-August).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 60<br />
Die Überschneidung der Stellnetzfischerei mit dem Vorkommen tauchender<br />
Seevogelarten kann daher je nach Vogelart räumlich oder zeitlich variieren, da die<br />
einzelnen Arten im Jahresverlauf unterschiedlich in der Ostsee auftreten (z.B.<br />
Jahresvogel, Wintergast) bzw. verschiedene Gebiete nutzen (z. B. Inshore/Offshore).<br />
Tab. 10 stuft das Konfliktpotenzial mit der Stellnetzfischerei <strong>für</strong> die einzelnen<br />
betroffenen Arten in fünf Regionen der östlichen deutschen Ostsee (Abb. 55) in<br />
Abhängigkeit von der Jahreszeit ein. Dazu wurde das Vorkommen der Arten in diesen<br />
Regionen anhand der vorliegenden Informationen beurteilt (kein Vorkommen,<br />
Einzelvorkommen, starkes Vorkommen, Hauptvorkommen) und daraus das<br />
Konfliktpotenzial <strong>für</strong> die jeweilige Art mit möglicher Stellnetzfischerei abgeschätzt. Das<br />
tatsächliche Vorkommen von Stellnetzfischerei in den einzelnen Gebieten wurde<br />
aufgrund fehlender Daten zum Fischereiaufwand nicht berücksichtigt.<br />
Abb. 55: Einteilung der Pommerschen Bucht in fünf Regionen zur Abschätzung des<br />
Konfliktpotenzials mit der Stellnetz-Fischerei.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 61<br />
Tab. 10: Abschätzung des Konfliktpotenzials tauchender Vogelarten mit der Stellnetzfischerei in fünf Regionen der Pommerschen Bucht. Die<br />
Bewertung erfolgte anhand der relativen Stärke des Vorkommens der einzelnen Arten in den vier Jahreszeiten.<br />
- kein Konfliktpotenzial, o geringes/mäßiges Konfliktpotenzial, + starkes Konfliktpotenzial, ++ sehr starkes Konfliktpotenzial<br />
? kein Kartieraufwand<br />
Status (in Pommerscher Bucht): J = Jahresvogel, W = Wintergast, M = Mauser<br />
Jahreszeitenzuordnung <strong>für</strong> die einzelnen Arten: Siehe Tab. 2.<br />
Küste Rügen<br />
Adlergrund Küste Usedom Oderbank Greifswalder Bodden<br />
Art Status Frühjahr Sommer Herbst Winter Frühjahr Sommer Herbst Winter Frühjahr Sommer Herbst Winter Frühjahr Sommer Herbst Winter Frühjahr Sommer Herbst Winter<br />
Sterntaucher W ++ - - + + - - o o - - o + o - o o - ? -<br />
Prachttaucher J o o o ++ o - - o o - o o o + ++ ++ - - ? -<br />
Haubentaucher W o - - + o - - - - - o o o - o o o - + ++<br />
Rothalstaucher W, M - o o + o - o o - - - o + o + ++ - - - o<br />
Ohrentaucher W - - - o - - - o - - - - ++ o ++ ++ - - - -<br />
Kormoran J o + + + - - - - - ++ ++ + - o - - ++ ++ o +<br />
Mittelsäger W - o o + - - - - - - + + - - - - - - + + +<br />
Eiderente W o o o o - - - - - - o o - - - o o - o o<br />
Eisente W + - o + ++ o ++ ++ o - + ++ ++ o ++ ++ ++ - + ++<br />
Trauerente J + o o + + o o o + o o o ++ ++ ++ ++ o - o o<br />
Samtente W,M o o o o ++ - o + o - - o ++ ++ ++ ++ o - o o<br />
Trottellumme W o o - o o o o + - - - - o o o + - - - -<br />
Tordalk W o o - + o - - o - o - o o o - + - - - -<br />
Gryllteiste W o - o + + - + ++ - - - - o - o o - - - -
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 62<br />
Aus der Tabelle kann man entnehmen, dass beispielsweise am Adlergrund im<br />
Sommer kein oder nur ein<br />
geringes Konfliktpotenzial mit tauchenden Arten besteht,<br />
während es von Herbst bis Frühjahr z.T. große Überschneidungen gibt, beispielsweise<br />
mit dem Vorkommen von Eisente oder Gryllteiste. Auf der Oderbank hingegen sind<br />
Stellnetze ganzjährig problematisch, insbesondere <strong>für</strong> Trauer- und Samtente bzw.<br />
See- und Lappentaucher. Im Küstenbereich kommt es v.a. zu Überschneidungen mit<br />
dem Vorkommen von Kormoranen und Seetauchern.<br />
Die Überlappung von Stellnetzfischer<br />
ei mit Seevogelvorkommen soll ergänzend zu<br />
Tab. 10 anhand einiger Einzelbeispiele dargestellt werden.<br />
Während der Seevogelkarti erung in der Pommerschen Bucht im Mai 2005 konnte im<br />
Bereich der Oderbank ein<br />
aufgrund des<br />
wird.<br />
großes Vorkommen von Trauerenten beobachtet werden<br />
(Abb. 56).<br />
Gleichzeitig war<br />
in diesem Gebiet ein hohes Stellnetzaufkommen, so dass<br />
es deutliche Überschneidungen zwischen der Fischerei und den Rastgebieten der<br />
Trauerente<br />
gab. Auf dem Adlergrund hingegen bestand im Mai 2005 trotz hoher<br />
Stellnetzzahlen keinen Konflikt mit Vogelvorkommen. Trauerenten scheinen den<br />
Adlergrund<br />
zu dieser Jahreszeit k aum oder gar nicht zu nutzen. Arten, <strong>für</strong> die der<br />
Adlergrund<br />
in anderen Monaten eine große Bedeutung als Rastgebiet hat (z.B.<br />
Eisente, Gryllteiste), haben<br />
das Gebiet im Mai zum größten Teil schon in Richtung<br />
Brutgebiete verlassen. Somit<br />
schätzen wir das Konfliktpotenzial am Adlergrund nach<br />
derzeitigem<br />
Kenntnisstand als relativ gering ein, während es auf der Oderbank<br />
ganzjährigen Vorkommens tauchender Arten als sehr hoch eingestuft
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 63<br />
Abb. 56: Verbreitung von Trauerenten und Vorkommen von Stellnetzen im Mai 2005.<br />
Im April 2005 konnte im Greifswalder Bodden eine starke Überschneidung von<br />
Stellnetzfischerei mit dem Vorkommen der Eisente beobachtet werden (Abb.57).<br />
Eisenten halten sich im Frühjahr in hohen Dichten im Bodden auf, um Heringslaich als<br />
proteinreiche Nahrungsquelle zu nutzen (vgl. auch LEIPE 1985; Sellin 1990).<br />
Gleichzeitig findet eine intensive Stellnetzfischerei auf Hering mit hoher Netzdichte<br />
statt. Im April 2005 wurden große Eisententrupps in unmittelbarer Nähe zu den<br />
Stellnetzfahnen beobachtet. Vermutlich suchen die Vögel ebenso wie die Fischer die<br />
Bereiche höchster Fischdichten auf, wodurch es zu dieser starken Überlappung von<br />
Vogelvorkommen und fischereilicher Nutzung kommt.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 64<br />
Abb. 57: Verbreitung von Eisenten und Vorkommen von Stellnetzen im April 2005; beachte<br />
die unterschiedliche Skalierung der Stellnetz-Daten im Vergleich zu Abb. 51.<br />
Die dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass es auf der einen Seite durch die<br />
hohe zeitliche und räumliche Dynamik in der Seevogelverbreitung aber auch in der<br />
Stellnetzverteilung durchaus immer wieder temporär zu starken Überschneidungen<br />
und somit hohen Konfliktpotenzialen kommen kann. Auf der anderen Seite werden<br />
nicht alle Gebiete in der Pommerschen Bucht dauerhaft<br />
von tauchenden Seevögeln<br />
genutzt, so dass Überlappungen z.T. nur <strong>für</strong> wenige Tage oder in einigen Gebieten<br />
auftreten. Durch eine räumliche oder zeitliche Einschränkung der Stellnetzfischerei<br />
könnte der Konflikt daher möglicherweise schon entschärft werden. Daneben hat auch<br />
die Wahl des Netzmaterials einen Einfluss auf die Fängigkeit der Stellnetze. Die<br />
größte Gefahr <strong>für</strong> tauchende Seevögel geht von Netzen mit einer Maschenweite über<br />
50 mm aus (z.B. DAGYS & ZYDELIS 2002). Die Stellnetzfischerei in der Ostsee ist<br />
jedoch ein überregionales Problem, wie Studien anderer Anrainerstaaten deutlich<br />
zeigen (Zusammenstellung in Garthe et al. 2003). Eine wirkungsvolle Lösung des<br />
Konfliktes kann daher auch nur auf internationaler Ebene erfolgen.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 65<br />
In jedem Fall sind eine intensive Untersuchung und Überwachung der Vogel- und<br />
Stellnetzvorkommen in der Pommerschen Bucht nötig, denn auch eine Überlappung<br />
an wenigen Tagen kann eine erhebliche Mortalität bewirken. Systematische Studien<br />
zum Ausmaß der Verluste in der deutschen Ostsee fehlen bisher, doch machen die<br />
Untersuchungen von KIRCHHOFF (1982) und SCHIRMEISTER (1992/93, 2003) deutlich,<br />
dass es lokal zu sehr hohen Opferzahlen kommen kann. Stellnetzfischerei muss<br />
daher als eine der stärksten Gefährdungen tauchender Seevogelarten in der<br />
deutschen Ostsee angesehen werden. Zur Zeit kann noch nicht abgeschätzt werden,<br />
inwiefern die Verluste in Stellnetzen Auswirkungen auf die Populationen der einzelnen<br />
Arten haben können. In Schweden gibt es deutliche Hinweise darauf, dass die<br />
beobachtete Abnahme der Überlebensrate adulter Trottellummen auf die Mortalität in<br />
Stellnetzen zurückzuführen ist (ÖSTERBLOM et al. 2002).<br />
Für fundierte Aussagen zur Bedrohung von Seevögeln durch Stellnetzfischerei<br />
insbesondere im Seevogelschutzgebiet „Pommersche Bucht“ sind dringend weitere<br />
Studien nötig. Bisher wurden Stellnetze im SPA fast ausschließlich im Frühjahr und<br />
Sommer beobachtet. Die Ausbringung von Netzen mit den meist sehr kleinen<br />
Fischerbooten hängt in diesen küstenfernen Gebieten vermutlich stark von den<br />
Wetterbedingungen ab. Offizielle Angaben über den Fischereiaufwand in der<br />
Pommerschen Bucht würden eine umfassendere Beurteilung ermöglichen, da durch<br />
Schiffs- und Flugzeugerfassungen bisher immer nur einzelne Tage innerhalb der<br />
verschiedenen Zeiträume untersucht wurden. Da jedoch auch im Sommerhalbjahr<br />
insbesondere Trauerenten in großer Anzahl im Schutzgebiet rasten, muss das<br />
Konfliktpotential dort schon jetzt als sehr hoch eingestuft werden.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 66<br />
3.3.3 STÖRUNGEN DURCH SCHIFFSVERKEHR<br />
In der Nord- und Ostsee herrscht sehr intensiver Schiffsverkehr. Aus Untersuchungen<br />
in der Deutschen Bucht (Nordsee) ist bekannt, dass einige Seevogelarten häufig<br />
befahren Schifffahrtsstrecken meiden, insbesondere Seetaucher und Meeresenten<br />
(HÜPPOP et al. 1994; MITSCHKE et al. 2001).<br />
Abb. 58 zeigt die Verteilung von Seetauchern (Anzahl pro 1-minütigem Zählintervall)<br />
während eines Zählfluges im März 2002. Auch hierbei wird deutlich, dass in den<br />
regelmäßig und intensiv befahren Schifffahrtsstraßen (Daten modelliert durch<br />
Germanischen Lloyd, siehe KNUST et al. 2003) nahezu keine Seetaucher vorkommen,<br />
interessanterweise aber Nachweise im Verkehrstrennungsgebiet zwischen den beiden<br />
Hauptschifffahrtslinien existieren. Dies deutet darauf hin, dass es durch intensiven<br />
Schiffsverkehr zu einem Habitatverlust <strong>für</strong> Seevögel kommen kann.<br />
Abb. 58: Verbreitung von Seetauchern im März 2002 und modellierter Schiffsverkehr. Quelle:<br />
Seetaucher-Daten erhoben durch BioConsultSH im Auftrag des FTZ; Projekt MINOS.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 67<br />
Auch während der SAS-Fahrten sind z.T. starke Fluchtbewegungen von Seevögeln<br />
gegenüber dem Zählschiff zu beobachten. Tab. 11 stuft die Fluchtbewegungen der<br />
einzelnen Arten anhand von Erfahrungsberichten der SAS-Zähler ein. Die stärksten<br />
Fluchtbewegungen zeigen demnach Seetaucher und Meeresenten, die meist schon in<br />
Entfernungen von 1-2 km vor dem Schiff auffliegen. Auch Lappentaucher und Alken<br />
ergreifen bei Annäherung des Schiffes die Flucht, neben Auffliegen häufig auch durch<br />
Abtauchen. Möwen und Seeschwalben dagegen zeigen nur geringe oder keine<br />
Fluchtreaktionen gegenüber dem Zählschiff.<br />
Tab. 11: Fluchtreaktion der 35 in deutschen Gewässern vorkommenden Seevogelarten (nach<br />
GARTHE et al. 2003) gegenüber dem Erfassungsfahrzeug bei Zählungen vom Schiff aus.<br />
A: selten auffliegend/abtauchend; B: gelegentlich auffliegend/abtauchend; C: meistens<br />
auffliegend/abtauchend. Einteilung nach Expertenmeinung von A. DIEDERICHS, V. DIERSCHKE,<br />
J. KOTZERKA, P. SCHWEMMER, N. SONNTAG und T. WEICHLER. Quelle: GARTHE et al. 2004<br />
(MINOS-Enbericht).<br />
Art Fluchtreaktion Art Fluchtreaktion<br />
Sterntaucher C Zwergmöwe A<br />
Prachttaucher C Lachmöwe B<br />
Haubentaucher B Sturmmöwe B<br />
Rothalstaucher B Heringsmöwe B<br />
Ohrentaucher C Silbermöwe B<br />
Eissturmvogel B Mantelmöwe B<br />
Dunkler Sturmtaucher A Dreizehenmöwe B<br />
Basstölpel A Raubseeschwalbe A<br />
Kormoran B Brandseeschwalbe A<br />
Bergente B Flussseeschwalbe A<br />
Eiderente B Küstenseeschwalbe A<br />
Eisente C Trauerseeschwalbe A<br />
Trauerente C Trottellumme B<br />
Samtente C Tordalk B<br />
Mittelsäger B Gryllteiste B<br />
Spatelraubmöwe A Krabbentaucher B<br />
Schmarotzerraubmöwe A Papageitaucher B<br />
Skua<br />
A
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 68<br />
Im Folgenden werden erste Ergebnisse zur Störanfälligkeit von Vögeln gegenüber<br />
Schiffen außerhalb von festen Schifffahrtsrouten anhand eigens erhobener Daten zum<br />
Schiffsverkehr dargestellt. Die Daten basieren auf ausgewählten Flugzeugzählungen.<br />
Es handelt sich bei dieser Auswertung jedoch nur um eine erste Pilotstudie.<br />
Für einige Beispieltage ist das synchrone Auftreten von Seevögeln und Schiffen in<br />
Abb. 59-66 dargestellt. Dabei zeigen sich unterschiedliche Muster. Tendenziell<br />
wurden in Gebieten mit den größten Vogeldichten nur selten Schiffe in unmittelbarer<br />
Umgebung der Vogelvorkommen gesichtet. Besonders deutlich zeigt dies die „Lücke“<br />
im Vorkommen von Eis- und Trauerente westlich der Oderbank am 12.04.2003 (Abb.<br />
59 und 60). Am 13.07.2005 (Abb. 66) wurden während des Zählflugs in der Ostsee 30<br />
Schiffe erfasst, 25 davon befanden sich in unmittelbarer Nähe des Schutzgebiets bzw.<br />
südwestlich davon. Eine erste Auswertung ergab, dass nur in einem Fall ein Schiff<br />
weniger als drei Kilometer von dem Aufenthaltsort eines größeren Trauerententrupps<br />
entfernt war. Bei der Betrachtung des Nordseefluges vom 01.11.2004 (Abb. 64) zeigt<br />
sich jedoch, dass sich Trauerenten auch in geringerer Entfernung zu Schiffen<br />
aufhalten können. In vier von 13 ausgewählten Fällen befanden sich einzelne Enten in<br />
einer Entfernung von maximal drei km zum Schiff, in einem weiteren Fall konnten<br />
sogar 80 Individuen in dieser geringen Entfernung beobachtet werden. Am 12.04.2003<br />
wurden in der Ostsee viele Schiffe östlich von Rügen in tieferen Gewässern<br />
beobachtet. Gleichzeitig wurden in diesem Gebiet kaum Seetaucher oder<br />
Meeresenten beobachtet ( Abb. 59- 62) . Auch bei Betrachtung der Verbreitung von<br />
Seetauchern bzgl. Schiffsverkehrs in der No rdsee (Abb. 63 und 65) deutet sich an,<br />
dass Seetaucher nur selten in unmittelbarer Nähe der beobachteten Schiffe<br />
vorkamen. Hier muss man jedoch berücksichtigen, dass insbesondere am 22.04.2005<br />
(Abb. 65) Schiffe überwiegend außerhalb der Seetaucher-Kernvorkomm en gesichtet<br />
wurden.<br />
Man kann daher aufgrund der vorlieg enden Daten noch keine eindeu tige Aussage<br />
darüber treffen, ob eine a bsolute Meidung der Gebiete mit viel Schiffsverkehr<br />
stattfindet. Zwar scheinen die Seetaucher- und Meeresentenvorkommen in der Nähe<br />
von Schiffen geringer zu sein, auf der anderen Seite gibt es aber auch in manchen<br />
Gebieten<br />
ohne Schiffsverkehr Lücken in der Verbreitung. Bei weiterführenden<br />
Auswertungen müssen daher dringend auch natürliche Habitatfaktoren und die<br />
ökologischen Ansprüche der verschiedenen Arten an ihren Lebensraum berücksichtigt<br />
werden.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 69<br />
Abb. 59: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
Abb. 60: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
schwimmender Eisenten<br />
schwimmender Trauerenten<br />
(12.04.2003, Ostsee). (12.04.2003, Ostsee).<br />
Abb. 61: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
Abb. 62: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
schwimmender Samtenten<br />
schwimmender Seetaucher<br />
(12.04.2003, Ostsee). (12.04.2003, Ostsee).
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 70<br />
Abb. 63: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
Abb. 64: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
schwimmender Seetaucher schwimmender Trauerenten<br />
(01.11.2004, Nordsee). (01.11.2004, Nordsee).<br />
Abb. 65: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
Abb. 66: Schiffsverkehr und Verteilung<br />
schwimmender Seetaucher<br />
schwimmender Trauerenten<br />
(22.04.2005, Nordsee). (13.07.2005, Ostsee).<br />
Die vorliegende Pilotstudie ist ein erster interessanter Ansatz; allerdings können<br />
momentan weder detaillierte noch verallgemeinerungsfähige Aussagen über mögliche<br />
Auswirkungen von Schifffahrtsstrecken auf die Verteilung von Seevögeln getroffen<br />
werden. Um präzisere Angaben zum Einfluss von Schiffsverkehr auf die Verteilung<br />
von Seevögeln machen zu können, müssten in Zukunft an mehreren Tagen
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 71<br />
hintereinander im gleichen Gebiet Erfassungen durchführt werden. Erst durch<br />
intensivere Befliegungen an Tagen mit gleichen jahreszeitlichen Bedingungen können<br />
verschiedene Szenarien von Vogel- und Schiffsverteilungen herausgearbeitet werden.<br />
Für weitere Untersuchungen ist es außerdem nötig, auch die Fahrtrichtung des<br />
Schiffes zu erfassen. Dadurch könnte man Aussagen darüber treffen, ob das Schiff<br />
auf die Vögel zufährt oder ob diese sich eventuell schon wieder hinter dem Schiff<br />
niedergelassen haben.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 72<br />
4 Schlussbetrachtung<br />
Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens war es möglich, ergänzend zu<br />
früheren Projekten weitreichende Untersuchungen über die Verbreitung und<br />
Häufigkeit von Seevögeln in der deutschen Nord- und Ostsee durchzuführen, vor<br />
allem im Bereich der beiden EU-Vogelschutzgebiete in der AWZ. Insbesondere <strong>für</strong> die<br />
deutschen Ostseegewässer konnte umfassendes Datenmaterial gesammelt und<br />
ausgewertet und somit Kenntnislücken geschlossen werden. Durch intensive<br />
Kartierungen mit Schiff und Flugzeug konnten nennenswerte<br />
Seevogelkonzentrationen auch <strong>für</strong> das Sommerhalbjahr nachgewiesen werden, womit<br />
die Bedeutung der deutschen Ostsee als Rastgebiet zusätzlich zu den bereits zuvor<br />
beschriebenen wichtigen Wintervorkommen verstärkt wird. Das Mauservorkommen<br />
der Trauerente sowie das Sommervorkommen der Zwergmöwe in der Pommerschen<br />
Bucht können als international bedeutsam eingestuft werden. Die Funktion des<br />
Gebietes als Mauserhabitat ist besonders hervorzuheben, da Meeresenten und<br />
Lappentaucher während der Mauser phasenweise flugunfähig sind und somit<br />
besonders sensibel auf Störungen reagieren (HENNIG 2001). Sie sind dann im<br />
besonderen Maße auf störungsfreie Meeresgebiete angewiesen. Zudem besteht bei<br />
der Trauerente während der Mauserzeit eine Bindung an Flachgründe, um während<br />
des energetisch sehr aufwendigen Federwechsels die Kosten <strong>für</strong> den<br />
Nahrungserwerb zu minimieren (HENNIG 2001; DEPPE 2003). Die Oderbank mit<br />
Wassertiefen unter 10 m stellt hier<strong>für</strong> ein besonders geeignetes Habitat dar, das<br />
wegen seiner Einzigartigkeit in der Pommerschen Bucht daher einen besonderen<br />
Schutzstatus benötigt. Entsprechende Schutzmaßnahmen und -ziele wurden in<br />
GARTHE (2003) und GARTHE et al. (2003) ausführlich dargelegt. Deren Notwendigkeit<br />
wird durch die im Bereich der Oderbank vorgefundenen hohen Dichten des<br />
Ohrentauchers zusätzlich Nachdruck verliehen. Da diese Art im Anhang I der EU-<br />
Vogelschutzrichtlinie geführt wird und zudem im Rahmen des Afrikanisch-Eurasischen<br />
Wasservogelabkommens relevant ist, besitzt Deutschland hier eine besondere<br />
Verantwortung <strong>für</strong> den Schutz dieser Art.<br />
Des Weiteren konnten im Rahmen von EMSON die allgemeinen Verteilungsmuster<br />
durch Aspekte der räumlichen und zeitlichen Variabilität von Seevogelvorkommen<br />
ergänzt werden. Die Kenntnis dieser Variabilität ist elementar wichtig, um natürliche<br />
von anthropogen bedingten Bestands- und Verbreitungsunterschieden trennen zu<br />
können. Obwohl die Untersuchungen der letzen drei Jahre mit einem enormen
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 73<br />
Kenntnisgewinn verbunden waren, ist in Zukunft ein umfassendes Monitoring nötig,<br />
um die Beständigkeit der Seevogelvorkommen in der deutschen Ostsee überprüfen<br />
und Änderungen frühzeitig erkennen zu können. Die Untersuchungen zum Einfluss<br />
von Schiffs- und Flugzeugverkehr haben deutlich gemacht, dass Seevögel in Nordund<br />
Ostsee zahlreichen Störungen ausgesetzt sind. Insbesondere Seetaucher und<br />
Meeresenten mit ihren großen Fluchtdistanzen müssen oft auffliegen und können<br />
nicht mehr ungestört der Nahrungssuche und anderen Aktivitäten nachgehen. Die<br />
Vielzahl von Schifffahrtsstrecken in Nord- und insbesondere Ostsee engen daher von<br />
vornherein die Rast-, Mauser-, Nahrungs- und Überwinterungsplätze <strong>für</strong> diese Arten<br />
stark ein. Umso wichtiger ist der Schutz der Arten an wenig befahrenen Plätzen. Zu<br />
prüfen wäre außerdem, ob es in häufiger befahrenen Gebieten zu<br />
Gewöhnungseffekten kommt. Hier besteht noch reichlich Forschungsbedarf.<br />
Deutlich herausgestellt wurde die Gefahr tauchender Seevogelarten durch die<br />
intensive Stellnetzfischerei in der Ostsee. Auch hier sind dringend weitere Studien<br />
nötig, um abschätzen zu können, ob es durch Verluste in Stellnetzen zu einem<br />
Einfluss der Bestände auf Populationsniveau kommen kann.<br />
Schließlich besteht noch erheblicher Forschungsbedarf in der weiteren Beschreibung<br />
und Analyse der Funktion von Verbreitungsschwerpunkten. Diese können sehr<br />
unterschiedliche Ursachen haben, je nachdem, ob ein Gebiet beispielsweise als<br />
Nahrungsgrund, Rastplatz oder Mauserhabitat genutzt wird. Daraus lassen sich<br />
jeweils unterschiedliche Aussagen zu deren Schutzwürdigkeit ableiten.<br />
Untersuchungen zur Habitat- und Nahrungswahl müssen bei weiteren Projekten<br />
ebenfalls in den Vordergrund gestellt werden. Erst dann sind belastbare Aussagen zu<br />
den Gebietsansprüchen der Seevogelarten und die Ableitung entsprechender<br />
Schutzmaßnahmen möglich.
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 74<br />
5 Literaturverzeichnis<br />
BAUER, K.M. & GLUTZ VON BLOTZHEIM, U.N. (1966): Handbuch der Vögel Mitteleuropas.<br />
Bd. 1. Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Akademische Verlagsgesellschaft,<br />
Wiesbaden.<br />
BAUER, K.M. & GLUTZ VON BLOTZHEIM, U.N. (1969): Handbuch der Vögel Mitteleuropas.<br />
Band 3: Anseriformes (2. Teil). Akademische Verlagsgesellschaft, Frankfurt am<br />
Main.<br />
BERNDT, R.K. & BUSCHE, G. (1991): Vogelwelt Schleswig-Holsteins. Band 3:<br />
Entenvögel I. Wachholtz Verlag, Neumünster.<br />
BERNDT, R.K. & BUSCHE, G. (1993): Vogelwelt Schleswig-Holsteins. Bd. 4. Entenvögel<br />
II. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster.<br />
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Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 78<br />
Anhang I: Lage der im Text genannten Gebiete der deutschen Ostsee.<br />
10° 11° 12° 13° 14°<br />
55° 55°<br />
F<br />
B<br />
C<br />
Kieler Bucht<br />
1<br />
2 3 4<br />
Pommersche<br />
Bucht<br />
Hohwachter<br />
Bucht<br />
A<br />
G<br />
E<br />
Mecklenburger<br />
Bucht<br />
A Sagasbank<br />
1 Fehmarn<br />
B Plantagenetgrund<br />
5<br />
54° 2 Darß<br />
C Tromper Wiek<br />
54°<br />
3 Zingst<br />
D Prorer Wiek<br />
4 Rügen<br />
Hoheitsgrenze<br />
E Greifswalder Bodden<br />
AWZ-Grenze<br />
F Adlergrund<br />
5 Usedom<br />
G Oderbank<br />
10° 11° 12° 13° 14°<br />
D
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 79<br />
Anhang II: Liste der deutschen, englischen und wissenschaftlichen Namen aller<br />
genannten Seevogelarten.<br />
Sterntaucher Red-throated Diver Gavia stellata<br />
Prachttaucher Black-throated Diver Gavia arctica<br />
Haubentaucher Great crested Grebe Podiceps cristatus<br />
Rothalstaucher Red-necked Grebe Podiceps grisegena<br />
Ohrentaucher Slavonian Grebe Podiceps auritus<br />
Eissturmvogel Northern<br />
Fulmar Fulmarus glacialis<br />
Dunkler Sturmtaucher Sooty Shearwater Puffinus griseus<br />
Basstölpel Northern Gannet Sula bassana<br />
Kormoran Great Cormorant Phalacrocorax carbo<br />
Bergente Greater Scaup Aythya marila<br />
Eiderente Common Eider Somateria mollissima<br />
Eisente Long-tailed Duck Clangula hyemalis<br />
Trauerente Common Scoter Melanitta nigra<br />
Samtente Velvet Scoter Melanitta fusca<br />
Mittelsäger Red-breasted Merganser Mergus serrator<br />
Spatelraubmöwe Pomarine Skua Stercorarius pomarinus<br />
Schmarotzerraubmöwe Arctic Skua Stercorarius parasiticus<br />
Skua Great Skua Catharacta skua<br />
Zwergmöwe Little Gull Hydrocoloeus minutus<br />
Lachmöwe (Common) Black-headed Gull Larus ridibundus<br />
Sturmmöwe Common Gull Larus canus<br />
Heringsmöwe Lesser Black-backed Gull Larus fuscus<br />
Silbermöwe Herring Gull Larus argentatus<br />
Mantelmöwe Greater Black-backed Gull Larus marinus<br />
Dreizehenmöwe Black-legged Kittiwake Rissa tridactyla<br />
Raubseeschwalbe Caspian Tern Hydroprogne caspia<br />
Brandseeschwalbe Sandwich Tern Sterna sandvicensis<br />
Flussseeschwalbe Common Tern Sterna hirundo<br />
Küstenseeschwalbe Arctic Tern Sterna paradisaea<br />
Trauerseeschwalbe Chlidonias niger Chlidonias niger<br />
Trottellumme (Common) Guillemot Uria aalge<br />
Tordalk Razorbill Alca torda<br />
Gryllteiste Black Guillemot Cepphus grylle<br />
Krabbentaucher Little Auk Alle alle<br />
Papageitaucher Atlantic Puffin Fratercula arctica
Erfassung von Seevögeln in der deutschen AWZ von Nord- und Ostsee 80<br />
Anhang III: Sonntag, N., Engelhard, O. & Garthe, S. (2004): Sommer- und<br />
Mauservorkommen von Trauerenten Melanitta nigra und Samtenten M. fusca auf der<br />
Oderbank (südliche Ostsee). Vogelwelt 125: 77-82.