Ausgabe 8, Dezember 2012 - Quartier-Anzeiger Archiv - Quartier ...
Ausgabe 8, Dezember 2012 - Quartier-Anzeiger Archiv - Quartier ...
Ausgabe 8, Dezember 2012 - Quartier-Anzeiger Archiv - Quartier ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mit der Sonne duschen<br />
Seit Juli dieses Jahres wird im Tennisclub<br />
Witikon (TCW) kein Öl mehr verbrannt<br />
um warm zu duschen. Nicht nur<br />
die recht massiven Kosten für das Heizöl<br />
fallen nun weg, sondern wir haben<br />
als Sportclub im<br />
<strong>Quartier</strong> auch einen<br />
kleinen Beitrag zur<br />
Reduktion der Umweltbelastung<br />
geleistet.<br />
Es war ein recht langer<br />
Weg von meinem<br />
Antrag an den Vorstand<br />
zur Prüfung einer<br />
Realisierung dieses<br />
Projektes über erste<br />
allgemeine Kontakte<br />
mit Fachleuten<br />
bis zur Klärung der<br />
Frage der Finanzierung<br />
durch den Vorstand.<br />
Doppelt wohltuender Solarstrom.<br />
(Foto Paul Hofer-Peissard)<br />
In Mitgliederkreisen fand das Projekt<br />
nicht nur ungeteilte Zustimmung. In der<br />
ordentlichen Rechnung hatte die Finanzierung<br />
der Anlage keinen Platz, deshalb<br />
wurde knapp die Hälfte der Erstellungskosten<br />
von 30 000 Franken erfreulicherweise<br />
von einigen Clubmitgliedern<br />
gesponsert. Den hälftigen Rest<br />
deckten die Subventionen vom Sportamt<br />
der Stadt Zürich, dem Sporttoto und<br />
dem EWZ. Die engagierte fachliche Betreuung<br />
des Projekts machte Architekt<br />
und TCW-Vizepräsident Andreas Meier,<br />
und ohne das positive Wirken von Präsident<br />
Otto Künzle würden wir wohl immer<br />
noch ohne Sonne duschen und Oel<br />
verbrennen.<br />
Dass es noch sehr viele Clubhäuser von<br />
Sportvereinen in der Stadt, im Kanton<br />
und in der Schweiz gibt, in denen im<br />
Sommer ebenfalls geduscht wird, versuchte<br />
ich dem Tennisverband, anderen<br />
Sportverbänden und einigen kantonalen<br />
Politikern näher zu bringen. Es wäre<br />
schön, wenn es dabei nicht nur bei einer<br />
positiven Aha-Kenntnisnahme bleiben<br />
würde.<br />
Paul Hofer-Peissard<br />
Witiker Wahllokal anno dazumal<br />
Dieser Text entstand im Rahmen der Serie «Zwischen gestern<br />
und heute» von Senioren für Senioren Witikon und ist auf der<br />
Website des Vereins aufgeschaltet. Der Verfasser hat darin die<br />
Erinnerungen eines Vereinsmitglieds verarbeitet, das früher<br />
Stimmenzähler war und noch heute leuchtende Augen bekommt,<br />
wenn es sich an die Wahlen im längst geschlossenen <strong>Quartier</strong>büro<br />
erinnert. Der <strong>Quartier</strong>-<strong>Anzeiger</strong> möchte die Schilderung<br />
einem grösseren Publikum bekannt machen. (Der Redaktor)<br />
Gehen Sie zuweilen ins Langmattschulhaus,<br />
um Ihre Stimm- oder Wahlzettel<br />
in die Urne zu werfen? Oder stimmen<br />
Sie nur noch brieflich ab (falls Sie es<br />
nicht ganz sein lassen)? Der Raum im<br />
Neubau ist zwar hell und freundlich,<br />
freundlich auch die Helfer, die am Eingangstisch<br />
oder hinter den Urnen sitzen,<br />
aber als Publikumsmagneten haben sie<br />
noch nie gewirkt.<br />
Hie und da tröpfelt jemand herein: «Tzi<br />
tenand», Papier, Papier, Papier, «Diö<br />
tenand», das war’s. Ein bisschen langsamer,<br />
wenn’s ein Vater mit Kleinkind im<br />
Tragtuch ist: «Lueg de Maa. De luegt<br />
jetz, dass de Bappi de Schii richtig inetuet.»<br />
Selten einmal ein Grüppchen; dazwischen<br />
würde es an den Urnen reichen,<br />
um ein Paar Socken zu stricken.<br />
Schummriges Langmattschulhaus<br />
Drehen wir das Rad der Zeit ein paar<br />
Jahre zurück: Immer noch Langmattschulhaus,<br />
aber vor dem Altbau. Das<br />
Stimmlokal gleicht, im Winter vor allem,<br />
einem feuchten, dunklen Keller,<br />
schummrig beleuchtet von 25 Watt-<br />
Lampen (die damaligen, versteht sich,<br />
mit 200 Lumen). Dennoch hat es deutlich<br />
mehr «Kunden».<br />
Vor der Tür werben Männer und Frauen<br />
mit Unterschriftenbogen für Initiativen<br />
– von der Freihaltung der Langmattwiese<br />
über die Forderung nach einem <strong>Quartier</strong>bus<br />
bis zu Problemen mit der Versäuberung<br />
von Hunden. Solange man<br />
noch die Abstimmungszettel in der<br />
Hand hält, kann man guten Gewissens<br />
an ihnen vorbeischreiten und sich drinnen<br />
anstellen, bis man an die Reihe<br />
kommt.<br />
Beim Hinausgehen wird man ziemlich<br />
energisch angesprochen. Es kommt zu<br />
Diskussionen, viele kennen sich, man<br />
ist ein bisschen stolz, auch zu denen zu<br />
gehören, die… Briefliche Abstimmung<br />
ist noch etwas Exotisches.<br />
Eigentlich wäre es hier schon ganz interessant,<br />
wären da nicht das düstere<br />
Lokal und im Winter die vereisten Gehsteige<br />
der Heilighüslistrasse und der<br />
spiegelblanke Vorplatz.<br />
Wohnliches <strong>Quartier</strong>büro<br />
Versuchen wir es also noch etwas<br />
früher, z.B. mit einer Punktlandung im<br />
Jahr 1985. Damals besitzt Witikon nicht<br />
nur ein schmuckes Postbureau im Einkaufszentrum<br />
und eine Polizeiwache an<br />
der Carl Spitteler-Strasse, sondern auch<br />
ein <strong>Quartier</strong>büro, das noch nicht den<br />
stadträtlichen Sparübungen zum Opfer<br />
gefallen ist. Und siehe da, jetzt wird es<br />
richtig gemütlich an Wahl- und Abstimmungstagen.<br />
Der <strong>Quartier</strong>büro-Chef hat den Raum<br />
wohnlich eingerichtet, die Leute kommen<br />
nicht nur, um ihre Papierchen einzuwerfen,<br />
sondern sitzen auch noch an<br />
die aufgestellten Tische und schwatzen<br />
miteinander. Witikon hat, trotz seinem<br />
schon damals enormen Wachstum, noch<br />
ziemlich viel Dorfcharakter behalten.<br />
Man kennt sich, man grüsst sich, man<br />
kommt von der Kirche oder geht in die<br />
Kirche, es ist ein wenig wie weiland in<br />
den Dörfern, wo am Sonntag vor der<br />
Kirche, etwas weniger drin, dafür umso<br />
mehr danach in der gegenüber liegenden<br />
Beiz die meisten Anwohner zusammenkamen<br />
und manchmal auch eine<br />
Kuh den Besitzer wechselte.<br />
Hohe Stimmbeteiligung<br />
Vom <strong>Quartier</strong>büro an der Witikonerstrasse<br />
365 ist es nicht weit bis zur<br />
nächsten Beiz, wo man bei einem Bierchen<br />
das Gespräch weiterführen kann.<br />
Am 6. <strong>Dezember</strong> schaut der Samichlaus<br />
herein und lässt Nüsschen und Mandarinen<br />
auf den Tischen zurück, und vor<br />
Ostern sollen auch schon Schokoladeeier<br />
erschienen sein. Da ist es wohl kein<br />
Zufall, wenn Witikon damals eine der<br />
höchsten Stimmbeteiligungen in der<br />
Stadt Zürich hatte.<br />
Ob das Leben in Witikon damals schöner<br />
war? Schwer zu sagen. Sicher aber<br />
waren Abstimmungen nicht nur politische,<br />
sondern auch gesellige Ereignisse,<br />
was man von Briefabstimmungen, ins<br />
Handy gedäumelten Kandidatenküren<br />
und dem kommenden E-Voting bestimmt<br />
nicht sagen kann. Auch 1657<br />
Freunde auf Facebook können uns online<br />
keine duftenden Mandarinchen<br />
schicken.<br />
Erwin Bernhard<br />
5