Pornografie aus Sicht des Feminismus - Frauenzentrale
Pornografie aus Sicht des Feminismus - Frauenzentrale
Pornografie aus Sicht des Feminismus - Frauenzentrale
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong> <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
F<br />
e<br />
m<br />
i<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Maturitätsarbeit 2012 <br />
<br />
Pia Schneider A6 <br />
<br />
betreut von Dorothee Kohler <br />
<br />
Kantonsschule Zürcher Oberland <br />
<br />
<br />
<br />
n<br />
i<br />
s<br />
m<br />
u<br />
s
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Inhaltsverzeichnis <br />
1. Einleitung 4 <br />
2. <strong>Pornografie</strong>: Definitionsschwierigkeiten 5 <br />
2.1 Definitionen <strong>Pornografie</strong> 6 <br />
2.2 Schweizerisches Strafgesetzbuch 9 <br />
2.3 Unterscheidung zwischen harter und weicher <strong>Pornografie</strong>: 10 <br />
2.4 Auffälligkeiten 11 <br />
2.4.1. Die Schwammigkeit gängiger Definitionen 12 <br />
2.4.1.1 Gesetzestexte 12 <br />
2.4.1.2 Weitere Definitionen 13 <br />
2.5 Eigene Definition 14 <br />
3. Einige Zahlen und Fakten zur <strong>Pornografie</strong> 14 <br />
4. <strong>Feminismus</strong> und <strong>Pornografie</strong> 16 <br />
4.1 Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> 17 <br />
4.1.1 Eine Biografie: Alice Schwarzer, Feministin, Verlegerin, Autorin 18 <br />
4.1.2 Alice Schwarzers Einstellung zur <strong>Pornografie</strong> 20 <br />
4.1.2.1 Schwarzers Kritik an der <strong>Pornografie</strong> 20 <br />
4.1.2.2 Warum ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong>? 21 <br />
4.1.3.1 Der Prozess 23 <br />
4.1.3.2 Das Resultat 24 <br />
4.1.4 Emma heute 25 <br />
4.2 Analyse <strong>des</strong> Anti‐Porno <strong>Feminismus</strong> 26 <br />
4.2.1 Kriterien <strong>des</strong> Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> 26 <br />
4.2.2 Einige Zitate der berühmtesten Anti‐Porno‐Feministinnen 26 <br />
4.2.3 Schwächen in der Argumentation <strong>des</strong> Anti‐Porno <strong>Feminismus</strong> 28 <br />
4.2.4 Der Zusammenhang von <strong>Pornografie</strong> mit Sexualstraftaten 28 <br />
4.2.5 Erniedrigung in der <strong>Pornografie</strong> 30 <br />
4.2.5.1 Die Rolle <strong>des</strong> Mannes im Porno 32 <br />
4.3. Der Liberale <strong>Feminismus</strong> 32 <br />
4.4. Der Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> 33 <br />
4.4.1. Vorteile/ Nutzen der <strong>Pornografie</strong> 34 <br />
4.4.2. Analyse <strong>des</strong> Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> 36 <br />
4.4.3. Wir wollen den Pornomarkt revolutionieren‐ PorYES 38 <br />
4.4.3.1 Verleihung <strong>des</strong> feministischen Porno‐Filmpreises 39 <br />
4.4.3.2. Reaktionen auf PorYES 39 <br />
2
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.4.4. Kommentar zu PorYES 40 <br />
4.5. <strong>Feminismus</strong> heute – Dafne, das feministische Netz 41 <br />
5. Männer und <strong>Pornografie</strong> 42 <br />
5.1. Verknüpfung mit feministischer Kritik 44 <br />
6. <strong>Pornografie</strong> ‐ heute 45 <br />
6.1 Die Auswirkungen der <strong>Pornografie</strong> auf Werbung, Mode‐ und Musikbranche 46 <br />
6.2. Was hat der <strong>Feminismus</strong> erreicht? 47 <br />
7. <strong>Pornografie</strong> ‐ und wie weiter? 48 <br />
8. Wie ich zur <strong>Pornografie</strong> stehe 50 <br />
9. Meine Maturitätsarbeit ‐ ein Rückblick 52 <br />
10. Danksagung 53 <br />
11. Anhang 54 <br />
11.1. Quellen 54 <br />
11.1.1 Literatur 54 <br />
11.1.2. Zeitungsartikel 54 <br />
11.1.3. Interviews 54<br />
11.1.4 Bildnachweise 55 <br />
<br />
<br />
11.2 Anmerkungen 55 <br />
3
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
1. Einleitung <br />
„<strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong>“ ‐ Mit dieser Antwort hatten diejenigen, die mich nach dem <br />
Thema meiner Maturitätsarbeit fragten, offenbar nicht gerechnet. Dies wurde mir aufgrund der <br />
unterschiedlich <strong>aus</strong>fallenden Reaktionen klar. Da gab es die Entsetzt‐Schockierten, die sich wohl <br />
fragten, wie um Himmels Willen ich auf die Idee gekommen sei, mich in ein solches Thema zu <br />
begeben, über welches man nicht spricht. Es gab die Peinlich‐Berührten, die sich teilweise durch <br />
eigenen <strong>Pornografie</strong>konsum angesprochen fühlten oder die <strong>Pornografie</strong> als etwas Schmutziges, <br />
Beschämen<strong>des</strong> ansahen und sich dementsprechend mit einer verschämten Miene abwandten. Und <br />
schlussendlich gab es diejenigen, welche mich mit misstrauischen, fast missbilligenden Blicken <br />
beäugten, um innerlich abzuwägen, ob ich nun „so eine“ sei, die sich ernsthaft für <strong>Pornografie</strong> <br />
interessiere und diese womöglich konsumiere. <br />
Gen<strong>aus</strong>o wenig gefasst wie die Fragenden auf meine Antwort waren, war auch ich auf ihre Reaktion. <br />
Es verblüffte mich, dass praktisch keine Nachfragen gestellt wurden und dass eben so wenig echtes <br />
Interesse vorhanden war. Gerade weil <strong>Pornografie</strong> eben ein Thema ist, mit dem man in der Schule <br />
nie konfrontiert wird, über das „man“ nicht spricht, sollte doch umso mehr Neugier aufkommen. <br />
„Aus <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong>“ – auch die Wahl meiner Perspektive wurde von vielen KollegInnen nicht <br />
verstanden. Von Porngrafie hatten sie eine Vorstellung, nicht aber von der feministischen Diskussion <br />
darüber. <br />
Das alles lässt darauf schliessen, dass <strong>Pornografie</strong> für die meisten immer noch ein Tabuthema ist. <br />
<strong>Pornografie</strong> kann und soll zwar im stillen Kämmerlein, aber sicherlich nicht im Gespräch auftauchen, <br />
und wenn, dann muss es möglichst schnell überspielt werden. <br />
Mich persönlich überraschten diese Erfahrungen sehr, da ich von einem viel offeneren Umgang mit <br />
<strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>gegangen war. <strong>Pornografie</strong> ist heute allgegenwärtig und für jeden zugänglich, im <br />
Internet, in den Medien, der Werbung und doch reagieren die meisten extrem verklemmt, wenn man <br />
sich in einer Arbeit mit <strong>Pornografie</strong> befasst. Auf mich wirkt dies widersprüchlich und unerklärlich. <br />
<br />
Bereits vor meiner Maturitätsarbeit hegte ich grosses Interesse an <strong>Pornografie</strong>, vorerst aber nicht <br />
den <strong>Feminismus</strong> betreffend, sondern mit der Fragestellung, welche Auswirkungen <strong>Pornografie</strong> auf <br />
Jugendliche hat, die sie konsumieren, und welche Veränderungen im Sexualverhalten der <br />
Jugendlichen in den letzten Jahren bemerkbar wurden, die eventuell mit dem Konsum von <br />
4
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<strong>Pornografie</strong> in Zusammenhang gebracht werden können. Mit diesen Fragen befasste ich mich in <br />
einer Reportage während <strong>des</strong> Selbstlernsemesters. <br />
Ich wurde durch einen Zeitungsartikel, in welchem die amerikanische Soziologin und Feministin Gail <br />
Dines zitiert wurde, auf das Thema aufmerksam 1 : Er handelte von den Inhalten der heutigen <br />
<strong>Pornografie</strong>, den gewalttätigen und erniedrigenden Praktiken und den Auswirkungen der Filme auf <br />
Jugendliche. Die sexuellen Praktiken, die beschrieben wurden, entsetzten und befremdeten mich. Ich <br />
merkte, dass meine Vorstellung von <strong>Pornografie</strong> überhaupt nicht dieser Realität entsprach, welche <br />
mich schockierte. Ebenso beschäftigten mich die im Artikel beschriebenen <strong>Sicht</strong>weisen von <br />
Jugendlichen, die das Ganze als normal ansahen. <br />
Mit der Zeit entwickelte ich eine feministische Position gegenüber <strong>Pornografie</strong>. Vieles, was ich las, <br />
hörte und sah, liess mich nicht mehr kalt, sondern machte mich wütend. Bis heute kann ich nicht <br />
hinnehmen, wie die Realität in der <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>sieht, möchte etwas dagegen tun. Deshalb wählte <br />
ich „<strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong>“ zum Thema meiner Maturitätsarbeit, um die <strong>Sicht</strong>weise <br />
der Feministinnen, besonders die pornografie‐abgeneigte <strong>Sicht</strong>weise, zu untersuchen. Ich möchte <br />
darauf hinweisen, dass ich mich in dieser Arbeit auf Pornofilme und –magazine, also die bildliche <br />
Darstellung von <strong>Pornografie</strong> beschränke, und mich nicht mit der literarischen <strong>Pornografie</strong> befasse. <br />
2. <strong>Pornografie</strong>: Definitionsschwierigkeiten <br />
Um sich überhaupt mit dem Thema <strong>aus</strong>einandersetzen zu können, ist es wichtig, zunächst den Begriff <br />
<strong>Pornografie</strong> zu definieren. Was versteht „man“ unter <strong>Pornografie</strong> überhaupt? Was ist darin <br />
enthalten, was nicht? Was unterscheidet <strong>Pornografie</strong> von Erotik? <br />
All diese Fragen soll eine Definition klären. <br />
Doch wie sich her<strong>aus</strong>stellt, ist <strong>Pornografie</strong> ein äusserst komplexes Thema, das schwierig zu erfassen <br />
ist. Dementsprechend gehen auch die Definitionen von <strong>Pornografie</strong> weit <strong>aus</strong>einander, je nachdem, <br />
ob sie <strong>aus</strong> feministischer, wissenschaftlicher oder juristischer <strong>Sicht</strong> formuliert werden. Hier sind <br />
einige Beispiele aufgeführt: <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
5
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
2.1 Definitionen <strong>Pornografie</strong> <br />
Wikipedia, zitiert nach Angela Frischauf <br />
Der Begriff <strong>Pornografie</strong> leitet sich <strong>aus</strong> dem Altgriechischen ab: <strong>Pornografie</strong> bedeutet wörtlich <br />
unzüchtige Darstellung; von griech. porné= Dirne, pornos= Hurer, auch Unzüchtiger, porneia= <br />
Unzucht und altgriech. graphein=malen, schreiben, beschreiben. 2 <br />
<br />
<br />
Brockh<strong>aus</strong> Enzyklopädie (Grosser Brockh<strong>aus</strong> 1972, 17. Auflage), zitiert nach Herbert Selg <br />
<strong>Pornografie</strong> (griechisch pornos „Hurer“), künstlerisch wertlose, das Obszöne betonende Darstellung <br />
geschlechtlicher Vorgänge in Wort und Bild.(...)Ferner heisst es: Unter den Begriff <strong>Pornografie</strong> fallen <br />
juristisch gesehen diejenigen Erzeugnisse, die das geltende Gesetz oder das überwiegend sittliche <br />
(u.U. auch ästhetische) Empfinden einer Bevölkerung verletzen. <br />
erotische Literatur:: (..) Wo die Behandlung <strong>des</strong> Erotischen ohne künstlerischen Anspruch nur der <br />
Erregung der sexuellen Triebe dient, wird die erotische Literatur zur <strong>Pornografie</strong>. 3 <br />
<br />
<br />
Alice Schwarzer, deutsche Feministin <br />
<strong>Pornografie</strong> ist nicht Nacktheit oder Sexualität, entscheidend für <strong>Pornografie</strong> ist die Verknüpfung von <br />
Lust und Gewalt. <strong>Pornografie</strong> degradiert Frauen zu Objekten, die diese Erniedrigung scheinbar auch <br />
noch geniessen. 4 <br />
<strong>Pornografie</strong> ist die verharmlosende oder verherrlichende Darstellung von Frauen/Mädchen in Bildern <br />
und/oder Worten, die eines oder mehrere der folgenden Elemente enthält: <br />
1. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen geniessen Erniedrigung, Verletzung oder <br />
Schmerz. <br />
2. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen werden vergewaltigt‐ vaginal, anal oder oral. <br />
3. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen werden von Tieren oder Gegenständen <br />
penetriert‐ in Vagina oder After. <br />
4. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen sind gefesselt, geschlagen verletzt, <br />
misshandelt, verstümmelt, zerstückelt oder auf andere Weise Opfer von Zwang und Gewalt. 5 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
6
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Straftrechts‐ Sonder<strong>aus</strong>schuss <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages, zitiert nach Herbert Selg <br />
<strong>Pornografie</strong> beinhaltet Darstellungen, die <br />
1. zum Ausdruck bringen, dass sie <strong>aus</strong>schliesslich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen <br />
Reizes beim Betrachters abzielen und dabei <br />
2. die im Einklang mit allgemeinen gesetzlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen <strong>des</strong> sexuellen <br />
Ausdrucks eindeutig überschreiten. <br />
Die Darstellung <strong>des</strong> nackten Körpers oder von Sexualakten an sich ist noch nicht pornografisch. Nach <br />
der Rechtsprechung liegt <strong>Pornografie</strong> dann vor, wenn unter Ausklammerung aller sonstigen <br />
menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher(anreisserischer)Weise geschildert <br />
werden und der Mensch auf ein physiologisches Reiz‐Reaktionswesen reduziert wird und er dadurch <br />
zum blossen, <strong>aus</strong>wechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde degradiert wird. 6 <br />
<br />
<br />
Edgar Mertner, Herbert Mainusch (1971) zitiert nach Herbert Selg <br />
Eine Definition von <strong>Pornografie</strong> ist nicht möglich, lediglich ein Aufzeigen bestimmter <br />
Grundstrukturen. Zur <strong>Pornografie</strong> kann aufgeführt werden, dass sie unmittelbar sexuell reizen will, <br />
dass sie die Welt auf Sexualität reduziert, Konsumartikel ist, eine heile, verkitschte Welt aufzeigt, <br />
eine Märchenwelt, die sich wahr gibt, in der es kaum Streit, Krankheit und Schmerz, sondern <br />
vorwiegend Genuss gibt, eine Welt, die vorwiegend von Männern geschaffen ist, in der Männer mit <br />
unerschöpflicher Potenz, Frauen mit unermüdlicher Hingabebereitschaft <strong>aus</strong>gestattet sind usw. <br />
Obszönität dagegen hat mehr schockierenden, kritischen Charakter. 7 <br />
<br />
<br />
Matthias T.J. Grimme, Autor, Verleger sadomasochistischer Literatur, Sch<strong>aus</strong>pieler 8 <br />
<strong>Pornografie</strong> benutze ich im strafrechtlichen Sinne, die grob aufdringliche Darstellung sexueller <br />
Vorgänge (unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge) bezeichnend. (in Anlehnung an <br />
StGB.) <br />
Das Pornografische hingegen ist für mich mehr, nämlich all das, was kommerziell hergestellt wird, um <br />
sexuelles Begehren zu wecken. 9 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
7
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Meyers grosses Taschenlexikon(S.208), zitiert nach Angela Frischauf <br />
Definition Erotik <br />
Vieldeutiger Begriff für i. w. S. alle geistigen und körperlichen Erscheinungsformen der Liebe, auch <br />
Liebeskunst. Im eingeengten Sinn wird E. auch synonym zu Sexualität gebraucht, bedeutet jedoch <br />
meistens deren stilisierte Umsetzung in Sitten, Mode, Werbung und Kunst; ist somit Ausdrucksform <br />
zwischenmenschlicher Kommunikation. 10 <br />
<br />
<br />
Angela Frischauf, Autorin <br />
Ich würde die Begriffstrennung so ansetzen, dass <strong>Pornografie</strong> der mehr negativ konnotierte der <br />
beiden Begriffe ist. Werden die Geschlechtsorgane explizit dargestellt, ist die Penetration für den <br />
Beobachter deutlich sichtbar, dann kann man meiner Meinung nach von <strong>Pornografie</strong> sprechen. Ziel <br />
der <strong>Pornografie</strong> ist die sexuelle Erregung und Befriedigung <strong>des</strong> Beobachters, wobei ich auch das Ziel <br />
der Erotik in der sexuellen Stimulation sehen würde. <br />
Doch arbeitet die Erotik mit Techniken der Verhüllung und Anspielung. Die Penetration wird in <br />
Erotikfilmen nicht direkt dargestellt, Brüste und Gesäss sind zwar sichtbar, doch die Geschlechtsteile <br />
werden nicht zur Schau gestellt, was für die <strong>Pornografie</strong> jedoch wesentlich ist. Auch in erotischen <br />
Romanen wird die Penetration nicht so direkt geschildert, wie dies für <strong>Pornografie</strong> typisch ist. Das <br />
Geschlechtliche wird durch die Erotik ein wenig romantisiert, <strong>aus</strong>serdem bietet sie mehr Platz für die <br />
eigene Fantasie. Die <strong>Pornografie</strong> arbeitet sehr direkt, Verhüllungen und Anspielungen haben hier <br />
keinen Platz. Erotik ist meistens ästhetisch, hingegen geht pornografischen Filmen oftmals jegliche <br />
Ästhetik ab. Ich möchte jedoch nicht abstreiten, dass es einige qualitativ hochstehende Pornos gibt, <br />
die sehr wohl in höchstem Grade ästhetisch sind. <br />
Abschliessend möchte ich noch anmerken, dass die Grenzen zwischen <strong>Pornografie</strong> und Erotik meiner <br />
Meinung nach fliessend und somit nicht immer leicht zu ziehen sind. Was für den einen noch unter <br />
Erotik fällt, mag für den anderen schon längst pornografisch sein. 11 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
8
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
2.2 Schweizerisches Strafgesetzbuch 12 <br />
Art. 197 <br />
<br />
4. <strong>Pornografie</strong> <br />
1. Wer pornografische Schriften, Ton‐ oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände <br />
solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet, zeigt, <br />
überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit Freiheitsstrafe bis <br />
zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. <br />
2. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1 öffentlich <strong>aus</strong>stellt oder zeigt oder sie <br />
sonst jemandem unaufgefordert anbietet, wird mit Busse bestraft. <br />
Wer die Besucher von Ausstellungen oder Vorführungen in geschlossenen Räumen im Vor<strong>aus</strong> auf <br />
deren pornografischen Charakter hinweist, bleibt straflos. <br />
3. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1, die sexuelle Handlungen mit Kindern <br />
oder mit Tieren, menschlichen Ausscheidungen oder Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, herstellt, <br />
einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, <strong>aus</strong>stellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich <br />
macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. <br />
Die Gegenstände werden eingezogen. <br />
3 bis .1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft,2 wer Gegenstände oder <br />
Vorführungen im Sinne von Ziffer 1, die sexuelle Handlungen mit Kindern oder Tieren oder sexuelle <br />
Handlungen mit Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, erwirbt, sich über elektronische Mittel oder <br />
sonst wie beschafft oder besitzt. <br />
Die Gegenstände werden eingezogen. <br />
4. Handelt der Täter <strong>aus</strong> Gewinnsucht, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder <br />
Geldstrafe. Mit Freiheitsstrafe ist eine Geldstrafe zu verbinden. <br />
5. Gegenstände oder Vorführungen im Sinne der Ziffern 1–3 sind nicht pornografisch, wenn sie einen <br />
schutzwürdigen kulturellen oder wissenschaftlichen Wert haben. <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
9
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
2.3 Unterscheidung zwischen harter und weicher <strong>Pornografie</strong>: <br />
Hans Heid(1977, s.7) zitiert nach Herbert Selg <br />
Hart: Offene, anreizende, bis ins Kleindetail genaue fotografische, zeichnerische oder literarische <br />
Darstellungen sexueller Vorgänge, von der Masturbation über heterosexuellen Sexualverkehr, <br />
Sexualpraktiken und Variationen der Sexualbefriedigung als Vorspiel oder Ersatz <strong>des</strong> Koitus, <br />
Gruppensexualität mehrerer Paare im Kreuzverkehr, Triolenverkehr... Ziel dieser <strong>Pornografie</strong> ist es, <br />
den Betrachter zur Identifizierung mit den einzelnen Darstellungen zu bewegen, so dass er sexuell <br />
stimuliert wird. 13 <br />
<br />
<br />
Deutsches Strafgesetzbuch, zitiert nach Herbert Selg <br />
hart: Gewalttätigkeiten, sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Handlungen von Menschen mit <br />
Tieren. 14 <br />
<br />
<br />
Susan Brownmiller(Feministin, 1980, S. 208), zitiert nach Herbert Selg <br />
Hart: Extremste Manifestation <strong>des</strong> <strong>des</strong>truktiven Prinzips sexueller Gewalttätigkeiten von Männern <br />
gegen Frauen. 15 <br />
<br />
<br />
Herbert Selg <br />
Hart: Wenn pornografisches Material Modelle anbietet, deren Nachahmung nicht allgemein toleriert <br />
werden kann, beispielsweise wenn Sexualität mit Gewalt vermengt oder wenn Sodomie <br />
verherrlichend demonstriert wird. <br />
Die Darstellung der Geschlechtsorgane wird jedoch als einfache oder weiche <strong>Pornografie</strong> <br />
bezeichnet. 16 <br />
<br />
<br />
Wikipedia, Stichwort harte <strong>Pornografie</strong> <br />
Harte <strong>Pornografie</strong> <br />
Bestimmte Arten von <strong>Pornografie</strong> unterliegen in Deutschland einem generellen Verbreitungsverbot. <br />
Die so genannte harte <strong>Pornografie</strong> darf weder verbreitet noch einem anderen auf sonstige Weise <br />
zugänglich gemacht werden. Dabei wird nicht unterschieden, ob die Darstellungen ein wahres oder <br />
ein fiktives Geschehen wiedergeben. Zur harten <strong>Pornografie</strong> gehören pornografische Darstellungen, <br />
10
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
die Gewalttätigkeiten, also Vergewaltigungen, (§ 184a Halbsatz 1 Alternative 1 StGB, siehe auch <br />
Gewaltpornografie) oder sexuelle Handlungen von Menschen mit Tieren, (§ 184a Halbsatz 1 <br />
Alternative 2 StGB, siehe auch Tierpornografie) oder den sexuellen Missbrauch von Kindern, also <br />
einer Person unter 14 Jahren, (§ 184b StGB, siehe auch Kinderpornografie)zum Inhalt haben. 17 <br />
2.4 Auffälligkeiten <br />
Beim Betrachten der verschiedenen Definitionen fällt einiges auf: Je nach Definition werden <br />
verschiedene Aspekte der <strong>Pornografie</strong> beleuchtet und unterschiedlich gewichtet. <strong>Pornografie</strong> wird <br />
mit den Begriffen Erotik, Kunst und Obszönität assoziiert und anhand von bestimmten Merkmalen <br />
davon unterschieden. Definitionen in Lexika gehen etymologisch vor, gehen von der Herkunft <strong>des</strong> <br />
Begriffs <strong>Pornografie</strong>, also vom griechischen porné, pornos <strong>aus</strong>. <br />
Der Zweck der <strong>Pornografie</strong> wird oft thematisiert und ist vielen Definitionen gemeinsam: Die <br />
unmittelbare sexuelle Stimulation scheint eindeutig das zu sein, worauf die <strong>Pornografie</strong> beim <br />
Betrachter abzielt. Und hier wird auch die Abgrenzung von Erotik hervorgehoben: Erotik dient nicht <br />
allein der sexuellen Reizung, sie hat einen künstlerischen Aspekt. Die Geschlechtsteile sind nicht im <br />
Zentrum, wie dies bei der <strong>Pornografie</strong> der Fall ist. Das lässt sich <strong>aus</strong> Frischaufs Definition lesen. <br />
Augenfällig sind die feministischen Definitionen, wie die von Alice Schwarzer: Sie betrachten <br />
<strong>Pornografie</strong> als frauenfeindliche Männerbranche, die dazu dient, die Macht der Männer zu <br />
demonstrieren, indem die Frau erniedrigt wird. Der Aspekt der Erniedrigung wird in keiner anderen <br />
Definition thematisiert, bzw. so stark ins Zentrum gerückt. Dabei ist von Verherrlichung und <br />
Verharmlosung die Rede. Eine geschlechtsspezifische Zuordnung von Subjekt und Objekt ist ebenfalls <br />
nur bei den feministischen Definitionen vertreten. <br />
Aufgrund dieser Definitionen ist <strong>Pornografie</strong> für Feministinnen ganz klar mit Gewalt verbunden. Die <br />
Gewalt wird jedoch von den übrigen Autoren nur im Zusammenhang mit der harten <strong>Pornografie</strong> <br />
angesprochen: Als harte und damit strafbare <strong>Pornografie</strong> werden laut dem deutschen <br />
Strafgesetzbuch Gewalttätigkeiten, sexuelle Aktivitäten mit Kindern, sowie Sodomie bezeichnet. <br />
Spricht der <strong>Feminismus</strong> also nur von der sogenannt harten <strong>Pornografie</strong>, verallgemeinert er also die <br />
<strong>Pornografie</strong> und bezeichnet er alle Formen von <strong>Pornografie</strong> als hart? <br />
Auch hier gibt es Schwierigkeiten, da sich die Autoren nicht einig sind: Laut Heid ist die Darstellung <br />
von Geschlechtsteilen in Nahaufnahme, von Masturbation und Sexualverkehr harte <strong>Pornografie</strong>, <br />
wobei ihm die restlichen Ausführungen widersprechen. Gemeinsam ist allen, dass sie <br />
Gewalttätigkeiten, Kinderpornografie und Sodomie als harte <strong>Pornografie</strong> definieren. <br />
11
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
2.4.1. Die Schwammigkeit gängiger Definitionen <br />
Susan Brownmiller, eine der bekanntesten amerikanischen Feministinnen, erklärt zur harten <br />
<strong>Pornografie</strong>, was „der extremsten Manifestation <strong>des</strong> <strong>des</strong>truktiven Prinzips sexueller <br />
Gewalttätigkeiten von Männern gegen Frauen dient“. Hier ist unklar, was sie unter dem <br />
„<strong>des</strong>truktiven Prinzip sexueller Gewalttätigkeiten“ versteht. Überhaupt sind die unpräzis <br />
formulierten Sätze bemerkenswert. Was zum Beispiel meint Schwarzer, wenn sie von <br />
„Vergewaltigung“ spricht? Sind Schwarzers Ansicht nach Sexszenen im Porno grundsätzlich <br />
Vergewaltigungen? <br />
Im Strafrechts‐ und Sonder<strong>aus</strong>schuss <strong>des</strong> deutschen Bun<strong>des</strong>tages werden „die mit allgemeinen <br />
gesetzlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen <strong>des</strong> sexuellen Ausdrucks“ genannt. Diese bleiben <br />
undefiniert, für jeden Menschen beginnen und enden sie an einem anderen Ort. Auch Herbert Selg <br />
führt nicht <strong>aus</strong>, was er als „allgemein tolerierbar“ bezeichnet. Dies ist wiederum eine sehr subjektive <br />
Bezeichnung für etwas, <strong>des</strong>sen Konsum in gewissen Bereichen strafbar ist. <br />
Was bedeutet laut Brockh<strong>aus</strong> das “überwiegend sittliche, ästhetische Empfinden einer <br />
Bevölkerung“? Solche Aussagen sind extrem weit gefasst. Dass <strong>Pornografie</strong> mit den <br />
Moralvorstellungen einer Gesellschaft zusammenhängt, hat sich schon an den Reaktionen auf mein <br />
Maturthema gezeigt. Wie diese zum Teil schwammigen und von einer persönlichen Wertvorstellung <br />
geprägten Aussagen zeigen, ist eine präzise und allgemeingültige Definition <strong>des</strong> Begriffs <br />
„<strong>Pornografie</strong>“ unmöglich. Sie ist abhängig von der jeweiligen Herangehensweise und der moralischen <br />
Haltung <strong>des</strong> Definierenden. <br />
2.4.1.1 Gesetzestexte <br />
Gerade in diesem Bereich sticht mir das Schweizerische Strafgesetzbuch ins Auge. Da heisst es: <br />
3 bis .1 „Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Gegenstände oder <br />
Vorführungen im Sinne von Ziffer 1[...] erwirbt, sich über elektronische Mittel oder sonst wie <br />
beschafft oder besitzt.“ <br />
Hierbei ist <strong>aus</strong> dem Paragraphen nicht ersichtlich, was „sich über elektronische Mittel oder sonst wie <br />
beschaffen“ bedeutet. Die Formulierung erlaubt zwei unterschiedliche Lesarten: Einerseits das <br />
Herunterladen von <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> dem Netz (das Bestellen und Kaufen), andererseits das <br />
Anschauen von <strong>Pornografie</strong> im Internet. Wäre letzteres gemeint, könnte man sich in der Schweiz <br />
Kinderpornografie und Sodomie legal anschauen. Dem ist jedoch nicht so. Die missverständliche <br />
Formulierung lässt aber diese Option offen. <br />
Ebenfalls nicht definiert ist die Altersgrenze für Darsteller, wenn es um Kinderpornografie geht. Es <br />
könnten Personen unter achtzehn Jahren gemeint sein, da man in der Schweiz ab achtzehn Jahren als <br />
volljährig und somit als erwachsen gilt. Das Konsumieren von weicher <strong>Pornografie</strong> ist in der Schweiz <br />
12
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
im Unterschied zu Deutschland ab sechzehn Jahren legal. 18 Somit könnte die Altersgrenze der <br />
Darsteller auch bei sechzehn Jahren liegen, schliesslich liegt das Schutzalter in der Schweiz bei <br />
sechzehn Jahren. Ein weiterer Mangel ist das Fehlen einer Definition von <strong>Pornografie</strong>, bzw. einer <br />
Umschreibung <strong>des</strong> Begriffs. Auch in Deutschland fehlt eine solche, im Gegensatz zu den USA: Der <br />
Model Penal Code setzt sich zumin<strong>des</strong>t mit dem Begriff der Obszönität <strong>aus</strong>einander und definiert ihn, <br />
soweit dies möglich ist. 19 <br />
2.4.1.2 Weitere Definitionen <br />
Allgemein konnte ich feststellen, dass Erklärungen, Definitionen, Gesetze zur <strong>Pornografie</strong> oftmals <br />
schwammig formuliert sind, sodass der jeweilige Sinn nicht klar dar<strong>aus</strong> hervorgeht. Da <strong>Pornografie</strong> <br />
mit eigenen Moralvorstellungen zusammenhängt, fallen die Definitionen ebenso subjektiv <strong>aus</strong>, und <br />
es wird schwierig, „Moralvorstellungen oder sittliches Empfinden“ für eine Gesellschaft zu <br />
definieren. <br />
Besonders in Gesetzestexten, die allgemeingültig sein müssen, erscheint mir dies bedenklich. Das <br />
Strafgesetzbuch beschränkt sich wohl darum auf die strafrechtlich relevanten Aspekte der <br />
<strong>Pornografie</strong> und verzichtet auf eine Definition. Diese Unklarheit zeigt ebenfalls die Komplexität <strong>des</strong> <br />
Themas <strong>Pornografie</strong> auf, und die Schwierigkeit, diesen Begriff zu definieren. <br />
Wichtig finde ich demnach, dass man in einer Definition von <strong>Pornografie</strong> keine Moralvorstellungen <br />
einbringt, da diese von Mensch zu Mensch verschieden sind. Dazu weise ich auf eine weitere, oben <br />
nicht aufgeführte Definition hin, jene von Dr. iur. Marco Bundi in „Der Straftatbestand der <br />
<strong>Pornografie</strong> in der Schweiz“ (mit rechtsvergleichendem Blick auf Deutschland und die USA), die <br />
neben der Moral einen anderen wichtigen Punkt beinhaltet, welcher es verunmöglicht, eine <br />
allgemeingültige Definition von <strong>Pornografie</strong> zu finden. Bundi betont, das Verständnis von <strong>Pornografie</strong> <br />
sei einem stetigen Wandel unterworfen: „Zu jeder Zeit und von jeder Kultur wird darunter etwas <br />
anderes verstanden“. 20 <br />
Eine universale, für jeden verbindliche Definition von <strong>Pornografie</strong> gibt es also nicht. Trotzdem habe <br />
ich nun aufgrund der bereits vorhandenen und besprochenen Definitionen eine eigene erstellt. Diese <br />
bezieht sich natürlich <strong>aus</strong>schliesslich auf die heutige, aktuelle Situation. <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
13
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
2.5 Eigene Definition<br />
<strong>Pornografie</strong> ist die Darstellung sexueller Aktivitäten einer oder mehrerer Personen, die für <br />
gewerbliche Zwecke benutzt wird, die darauf abzielt, den Betrachter stark sexuell zu stimulieren und <br />
ihn zur Identifikation mit den Akten zu bringen. Dies geschieht, indem die Beteiligten auf ihr <br />
Geschlecht bzw. auf ihre Sexualität reduziert und jegliche Gefühle weggelassen werden. <strong>Pornografie</strong> <br />
spricht hauptsächlich Männer an, da sie vorwiegend auf deren Fantasien fixiert ist und eine <br />
märchenhafte Welt verspricht, in welcher der Sexualität und dem Genuss keine Grenzen gesetzt <br />
werden. <br />
3. Einige Zahlen und Fakten zur <strong>Pornografie</strong> 21 <br />
(die nachfolgenden Aussagen sind direkt zitiert) <br />
30 Millionen Menschen haben in Deutschland Internetzugang, die Zahl der Süchtigen wird auf 1 <br />
Million geschätzt. <br />
40 Prozent aller Internetangebote enthalten pornografische Inhalte. <br />
74 Prozent aller Einnahmen im Internet werden mit Sex‐Angeboten gemacht. <br />
Der Umsatz wird auf über eine Milliarde Dollar pro Jahr geschätzt. <br />
25 Millionen Menschen surfen pro Woche auf einer Pornoseite. <br />
31 Prozent aller Online‐Nutzer haben Pornoseiten besucht. <br />
60 Prozent aller Webseiten‐Besuche sind sexueller Natur. <br />
200 sex‐bezogene Websites werden jeden Tag neu ins Internet gestellt. <br />
<br />
<br />
"Sex", so die Marktforscher von Alexa Research, wird bei Google häufiger eingetippt als die Begriffe <br />
Games, Reise, Musik, Auto, Wetter, Gesundheit und Jobs zusammen. Zählt man die erotische Offline‐<br />
Welt mit Pay‐TV, Hotlines, Nacht‐Clubs, Zeitschriften‐ und DVD‐Verkäufen hinzu, setzte die Sex‐<br />
Branche 2006 weltweit knapp 100 Milliarden US‐Dollar um. Das ist mehr als die Technologie‐ und <br />
Internet‐Konzerne Microsoft, Google, Yahoo, Apple, Ebay und Amazon zusammen. <br />
Computermagazin CHIP, Andreas Hentschel, Oktober 2007 <br />
<br />
<br />
<br />
14
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<br />
38 % der Erwachsenen glauben, dass der Gebrauch von Pornographie nicht falsch ist. <br />
Barna Research Online, Morality Continues to Decay, Barna Research Group Ltd., 3. November 2003 <br />
<br />
<br />
Eine Untersuchung fand her<strong>aus</strong>, dass 80 % der Besucher von Sexwebsites soviel Zeit mit dem <br />
Herunterladen von Erotika verwendeten, dass sie die Beziehungen <strong>des</strong> realen Lebens und ihre Jobs <br />
gefährdeten. "Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie Cybersex entdeckten, hatten die meisten dieser Leute <br />
keine Probleme mit Sexabhängigkeit", gab der Autor der Untersuchung, Al Cooper, an, ein <br />
Sexualtherapeut der San José Eheberatung und am Zentrum für Sexualtherapie in San José, <br />
Kalifornien, tätig. <br />
Linda Caroll, 27.07.2002 <br />
<br />
<br />
Jede Sekunde werden $3.075,64 im <strong>Pornografie</strong>bereich <strong>aus</strong>gegeben (rund $185.000 pro Stunde). Jede <br />
Sekunde sehen sich 28.258 User pornographische Inhalte im Netz an. Jede Sekunde suchen 372 User <br />
mit erotischen Suchbegriffen nach entsprechenden Inhalten. Alle 39 Minuten wird ein neues Video in <br />
den USA produziert. Insgesamt betrug der Umsatz der Branche im Jahr 2006 $97,06 Milliarden US‐<br />
Dollar. Das ist mehr als der Umsatz der folgenden Firmen zusammengenommen: Microsoft, Google, <br />
Amazon, eBay, Yahoo!, Apple, Netflix und EarthLink. Deutschland gehört mit $640.000.000 zu den <br />
kleineren Ländern auf der Verdienstliste. Ganz oben sind China ($27,40 Milliarden), Süd‐Korea ($25,73 <br />
Milliarden), Japan ($19,98 Milliarden) und die USA ($13,33 Milliarden). <br />
<br />
<br />
4,2 Mio. <br />
<br />
<br />
Pornografische Webseiten gibt es im Internet (12 % aller Webseiten) <br />
42,7 % Aller Internetnutzer sehen sich pornografische Seiten an <br />
72 Mio. <br />
71 Mrd. <br />
Nutzen pro Monat pornografische Webseiten <br />
Euro wurden 2006 durch <strong>Pornografie</strong> im Internet verdient <br />
<br />
17 % aller Frauen kämpfen mit Abhängigkeit von Pornographie. Jeder dritte Besucher von <br />
Erwachsenenwebsites ist eine Frau. 9,4 Millionen Frauen greifen jeden Monat auf <br />
Erwachsenenwebsites zu. <br />
Jerry Ropelato, Internet Filter Review, 2007 <br />
<br />
15
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<br />
Die Queens Universität in Belfast stellte für die pornographie‐filternde Firma SurfControl eine <br />
Untersuchung zusammen von 350 Firmen in den USA, in England und Australien. 28 % der Befragten <br />
gaben an, dass sie während der Arbeit sexuell einschlägigen Inhalt <strong>aus</strong> dem Web herunter geladen <br />
hatten. Bei den Firmen in den USA lag der Prozentsatz geringfügig unter dem der Mitarbeiter in den <br />
anderen Nationen. Die Untersuchung fand ebenfalls her<strong>aus</strong>, dass der Missbrauch bei Firmen mit mehr <br />
als 500 Beschäftigten etwas höher lag. Von den 31 % der Beschäftigten, die vom Arbeitsplatz <strong>aus</strong> <br />
sexuell einschlägiges Material verbreiteten, arbeiteten 36 % in Firmen mit mehr als 500 <br />
Beschäftigten; 27 % arbeiteten in Firmen mit 20 oder weniger Angestellten. <br />
www.msnbc.com, Bob Sullivan, 06.09.2004 www.msnbc.msn.com/id/5899345/ <br />
<br />
<br />
9 von 10 Kindern im Alter von 8 bis 16 Jahren haben online bereits Pornofilme gesehen ‐ meist <strong>aus</strong> <br />
Versehen, während sie ihre H<strong>aus</strong>aufgaben machten. <br />
UK News Telegraph, NOP Research Group, 01.07.02 www.pureonline.com <br />
4. <strong>Feminismus</strong> und <strong>Pornografie</strong> <br />
Wie <strong>aus</strong> den oben erwähnten feministischen Definitionen bereits her<strong>aus</strong>gelesen werden konnte, ist <br />
die Verbindung von <strong>Pornografie</strong> mit Gewalt und <strong>Pornografie</strong> als Mittel zur Erniedrigung der Frauen <br />
durch Männer ein zentraler Aspekt der feministischen Kritik. Von Werner Faulstich, Autor <strong>des</strong> Buches <br />
„Die Kultur der <strong>Pornografie</strong>. Kleine Einführung in Geschichte, Medien, Ästhetik, Markt und <br />
Bedeutung“ (Bardowick: Wissenschaftler Verlag, 1994), wird die Spiegelungstheorie thematisiert. Sie <br />
wurde von Feministinnen aufgestellt, um gegen <strong>Pornografie</strong> vorzugehen, und lautet: <strong>Pornografie</strong> ist <br />
Spiegel der Unterdrückung der Frau durch den Mann und gleichsam theoretische Anleitung zur <br />
realen Vergewaltigung. 22 <br />
Faulstich berücksichtigt aber nur die gegenüber <strong>Pornografie</strong> sehr negativ eingestellten <br />
Feministinnen, als wären grundsätzlich alle Feministinnen bezüglich der <strong>Pornografie</strong>‐Frage einer <br />
Meinung. 23 Dass dem aber überhaupt nicht so ist, wird oftmals nicht beachtet. <br />
Innerhalb <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong> ist <strong>Pornografie</strong> nämlich ein oft diskutiertes, kritisches Thema. <br />
Grundsätzlich kann man den <strong>Feminismus</strong> bezüglich der Haltung gegenüber <strong>Pornografie</strong> nach Wendy <br />
McElroy in drei verschiedene Gruppen einteilen. Es sind dies der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>, der Liberale <br />
<strong>Feminismus</strong>, sowie der Pro‐Sex‐<strong>Feminismus</strong>. 24 <br />
16
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.1 Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> <br />
Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>, den Faulstich kommentiert hat, ist sicherlich die bekannteste <br />
feministische Strömung im Zusammenhang mit <strong>Pornografie</strong>. Deshalb wird, wenn <strong>Pornografie</strong> mit <br />
<strong>Feminismus</strong> in Verbindung gebracht wird, oft einzig der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> thematisiert. <br />
Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> kam in den 70er Jahren in den USA auf, als die sexuelle Freiheit und <br />
deren gesellschaftliche Auswirkungen heftig diskutiert wurden. <br />
Auslöser war unter anderem ein Bericht der Kommission <strong>des</strong> amerikanischen Präsidenten für <br />
Obszönität und <strong>Pornografie</strong>, der erklärte, dass <strong>Pornografie</strong> unschädlich sei. Die Gesetzgebung gegen <br />
<strong>Pornografie</strong> wurde darauf gelockert, jene, die sich dafür <strong>aus</strong>sprachen wie z. B. die „American Civil <br />
Liberties Union“ argumentierten mit der <br />
Meinungsfreiheit 25 . Die zunehmende Akzeptanz von <br />
<strong>Pornografie</strong> und sexuellen Gewaltdarstellungen in den <br />
Medien wurden zum Kritikpunkt und zum Ansatz für die <br />
Kritik verschiedener Frauengruppen. <br />
Ende der 70er, anfangs der 80er Jahre erreichten die <br />
feministischen Debatten ihren Höhepunkt. Feministische <br />
Gruppen wie „Women Against Pornography“ sprachen <br />
sich radikal gegen <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> und vertraten jene <br />
von Faulstich genannte Spiegelungstheorie. 26 Beteiligt Andrea Dworkin <br />
daran waren bekannte Feministinnen wie die Soziologin Andrea Dworkin und die Juristin Catherine <br />
McKinnon. Sie forderten ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong>, um jene gänzlich zu verbieten. Page Mellish, <br />
von den“ Feminists Fighting Pornography“ zum Beispiel behauptete, dass keine Feministenfrage ihre <br />
Wurzeln nicht im Porno‐Problem habe. 27 <br />
Unter anderem wurde der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> durch das berühmte Zitat von Robin Morgan, <br />
einer Zeitgenossin der oben genannten Feministinnen, bekannt: „<strong>Pornografie</strong> ist die Theorie, <br />
Vergewaltigung die Praxis.“ 28 1983 erarbeitete McKinnon mit Dworkin zusammen einen <br />
Gesetzesentwurf, der die Produktion und Verbreitung pornografischen Materials untersagte. Dieser <br />
beinhaltete die Forderung, das Gesetz im Zivil‐ und nicht im Strafrecht zu verankern. 29 Der Stadtrat <br />
von Minneapolis stimmte dem Gesetzesvorschlag zu, der Bürgermeister lehnte ihn ab, mit der <br />
Begründung, dass er verfassungswidrig sei. 30 <br />
Neben den Radikalfeministinnen formierten sich auch feministische Gruppen, die sich gegen diesen <br />
Gesetzesvorschlag stellten, da sie in der <strong>Pornografie</strong> auch die gesellschaftliche Emanzipation und <br />
sexuelle Selbstbestimmung der Frau sahen. 31 Jene feministische <strong>Pornografie</strong>‐Debatte in den 1980er <br />
Jahren innerhalb der USA wird in der Literatur als „Sex Wars“ bezeichnet. 32 <br />
17
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Die ersten Porno‐Protestbewegungen waren ein Vorbild nachfolgender Debatten in Deutschland, wo <br />
Alice Schwarzer eine Anti‐Porno‐Kampagne startete und ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong> forderte. Alice <br />
Schwarzer ist nicht nur für die PorNO‐Kampagne, sondern auch für die Gründung der unabhängigen <br />
feministischen Zeitschrift „EMMA“ bekannt, die bis heute existiert, wenngleich sie nicht mehr <br />
dieselbe Bedeutung hat wie in den 80er Jahren. Schwarzer war massgebend an der Anti‐Porno‐<br />
Entwicklung in Deutschland beteiligt und dafür verantwortlich, dass der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> in <br />
weiteren europäischen Ländern Fuss fasste. Um einen besseren Einblick in die prägende PorNO‐<br />
Kampagne und Alice Schwarzers Wirken im <strong>Feminismus</strong> zu erhalten, werde ich nun detailliert auf die <br />
Arbeit dieser wichtigen Feministin eingehen. <br />
4.1.1 Eine Biografie 33 : Alice Schwarzer, Feministin, Verlegerin, Autorin <br />
1942 <br />
Alice Schwarzer wird am 3. 12. 1942 in Wuppertal geboren, <br />
wächst, nachdem ihre Mutter die Familie verlassen hat, bei <br />
ihren Grosseltern auf, die sie als Ersatzeltern sieht. <br />
1963 <br />
Mit 21 Jahren kommt Schwarzer zum Entschluss, <br />
Journalistin zu werden. Sie zieht nach Paris, wo sie an der <br />
Alliance Française Französisch studiert. <br />
1966 <br />
Schwarzer arbeitet freiwillig bei den Düsseldorfer <br />
Nachrichten als Redakteurin. Sie befasst sich mit Themen <br />
wie der Lebenslage von Prostituierten und der sozialen <br />
Lage weiblicher Teilzeitkräfte. <br />
1970 <br />
Mit französischen Gefährtinnen initiiert Schwarzer die Alice Schwarzer <br />
Frauenbewegung MLF (mouvement pour la libération <strong>des</strong> femmes). Sie setzt sich zu dieser Zeit <br />
zunehmend mit den feministischen Bewegungen in den USA und mit feministischer Literatur wie z.B. <br />
Simone de Beauvoir’s „Das andere Geschlecht“ <strong>aus</strong>einander. <br />
Darauf folgt Schwarzers Treffen mit Beauvoir, mit welcher sie Gespräche führt, die später im Buch <br />
„Weggefährtinnen im Gespräch“ veröffentlicht werden. Sie beginnt ihr Studium der Psychologie und <br />
Soziologie an der „roten“ Pariser Fakultät Vincennes. <br />
1971 <br />
Die ML‐Frauen initiieren die „Selbstbezichtigung der 343“, die mit dem provokanten Slogan <br />
veröffentlicht wird: „Ich habe abgetrieben‐ und ich fordere das Recht dazu für alle Frauen.“ <br />
18
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Schwarzer geht mit dieser Idee nach Deutschland, wo damals (noch) keine Frauenbewegung existiert. <br />
Das Bekenntnis wird am 6.7.1971 im Stern veröffentlicht, worauf ein riesiger Protest gegen das <br />
Abtreibungsverbot folgt, zahlreiche Unterschriften können gesammelt werden: Das Bekenntnis der <br />
343 wird zum Anfang der Frauenbewegung in Deutschland. <br />
1973 <br />
Mit der Zeit kristallisiert sich der Kern von Schwarzers Denkens her<strong>aus</strong>: Die uneingeschränkte <br />
Chancengleichheit von Frauen und Männern. Sie wehrt sich gegen jede Art von Hierarchie und <br />
Rollenstereotypen. In der ersten Frauenbewegung werden solche Feministinnen „die Radikalen“ <br />
genannt, der Gegensatz zu den „Differenzialistinnen“. Diese gehen, im Gegensatz zu den Radikalen, <br />
von unterschiedlichen naturgegebenen Vor<strong>aus</strong>setzungen der Menschen <strong>aus</strong>. Die Menschen sind ihrer <br />
Meinung nach aufgrund der Kultur, <strong>des</strong> Geschlechts oder der Religion verschieden. <br />
Die Radikalen erkennen zwar die in der Realität vorhandenen Differenzen zwischen den <br />
Geschlechtern, betrachten aber alle Menschen als „von Natur <strong>aus</strong> gleich“ und fordern somit die <br />
entsprechend gleichen Chancen und Rechte für alle. <br />
1975 <br />
Am 6.2.1975 wird Schwarzers Streitgespräch mit Esther Villar <strong>aus</strong>gestrahlt, die damals, hauptsächlich <br />
wegen ihres Buches „Der dressierte Mann“, als „exemplarische Antifeministin“ gehandelt wird. <br />
Etliche Zeitungen berichten über das Streitgespräch, unter anderem die Bild‐Zeitung, die Schwarzer <br />
als „Hexe mit dem stechenden Blick“ bezeichnet. <br />
1976 <br />
Mit einer 1. Auflage von 100.000 Exemplaren beginnt Schwarzer die Produktion einer autonomen <br />
feministischen Zeitschrift mit dem Titel EMMA. Diese sollte ihren LeserInnen „eine feministische <br />
Alternative und ein Stück anderen, aufklärerischen Journalismus“ bieten. Die erste Ausgabe <br />
verursacht einen ähnlich grossen Aufruhr in der Gesellschaft wie schon „Der kleine Unterschied“, und <br />
gerade die negativen Reaktionen werben am besten für EMMA. <br />
1978 <br />
Stern‐Prozess: Das Hamburger Landgericht weist die von EMMA initiierte Klage von zehn Frauen <br />
zurück, die den Rückzug sexistischer Darstellungen im Männermagazin Stern fordern. <br />
1987 <br />
Schwarzer lanciert in der EMMA eine Anti‐Porno‐Kampagne, die PorNO‐ Kampagne, die gegen die <br />
erniedrigende und entwürdigende Darstellung von Frauen in der <strong>Pornografie</strong> vorgehen will. Ziel <br />
dieser Kampagne war es ursprünglich, <strong>Pornografie</strong> gänzlich abzuschaffen. <br />
1991 <br />
Schwarzer wird von der Stadt Wuppertal mit dem Von‐der Heydt‐Preis, als „Vorkämpferin der <br />
deutschen Frauenbewegung“ <strong>aus</strong>gezeichnet. <br />
19
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<br />
<br />
2000‐heute <br />
Schwarzer veröffentlicht eines ihrer bekanntesten Bücher, „Der grosse Unterschied. Gegen die <br />
Spaltung von Menschen in Männer und Frauen“. Im Jahr 2002 erscheint ihr Buch „Alice im <br />
Männerland“, 2007 kommt „Die Antwort“ auf den Markt, ihr bis heute aktuellstes Buch. <br />
Verlegerin und Chefredakteurin der politisch und wirtschaftlich unabhängigen EMMA ist Schwarzer <br />
bis heute noch, insgesamt hat sie bisher fünfundzwanzig Bücher veröffentlicht. <br />
4.1.2 Alice Schwarzers Einstellung zur <strong>Pornografie</strong> <br />
4.1.2.1 Schwarzers Kritik an der <strong>Pornografie</strong> <br />
Schwarzer behauptet, dass <strong>Pornografie</strong> die elementarsten Menschenrechte der Frauen bedrohe: Das <br />
Recht auf Würde und Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit und Leben. <strong>Pornografie</strong> sei zuständig <br />
für ein Frauenbild, das Frauen zu Menschen zweiter Klasse degradiere. Die Auswirkungen solcher <br />
durch die <strong>Pornografie</strong> vermittelter Bilder seien nicht anders als bei rassistischen oder antisemitischen <br />
Inhalten: Sie beeinflussten den Menschen in seiner gesellschaftlichen, sozialen und psychischen <br />
Realität. Laut Schwarzer ist <strong>Pornografie</strong> nicht nur Fantasie oder Idee, sondern Realität und somit Teil <br />
der sexuellen Gewalt, die Frauen aufgrund ihres Geschlechts die Menschenwürde abspreche und ihre <br />
Gleichberechtigung verhindere. 34 “<strong>Pornografie</strong> ist nicht Nacktheit oder Sexualität, entscheidend für <br />
<strong>Pornografie</strong> ist die Verknüpfung von Lust und Gewalt. <strong>Pornografie</strong> degradiert Frauen zu Objekten, die <br />
diese Erniedrigung scheinbar auch noch geniessen.“ 35 <br />
Aus eigener Erfahrung bestätigt Alice Schwarzer, dass mit dem zunehmenden Pornokonsum eine <br />
Desensibilisierung gegenüber Gewaltdarstellungen eintritt: Nach monatelangem Konsum von Hard‐<br />
Pornos, wie sie es bezeichnet, blätterte sie einige Playboy‐Hefte durch, und war vollkommen <br />
überrascht: Fast erschien es ihr harmlos, wie hier die Frauen dargestellt wurden. Zurückzuführen war <br />
dies ihrer Ansicht nach auf die Gewalt‐Pornos, die ihre <strong>Sicht</strong> verändert hatten. <br />
So ergeht es laut Schwarzer allen Pornokonsumenten, die harte <strong>Pornografie</strong> über längere Zeit <br />
intensiv konsumieren: Sie konsumieren Pornos, gehen zur Arbeit, verbringen ihren Tag, konsumieren <br />
Pornos, begegnen Frauen und verbinden diese mit den Frauen, die sie in den Filmen zu sehen <br />
bekommen. Sie können nicht mehr zwischen <strong>Pornografie</strong> und Realität unterscheiden. Die <br />
Konsumenten könne man nicht einer bestimmten Gesellschaftsschicht, Religion oder Kultur <br />
zuordnen: Es gebe sie überall. <br />
Und die Frauen? Diese klagt Alice Schwarzer an. Sie verschlössen die Augen, sähen nicht hin, wollten <br />
die Demütigung und Degradierung der Frauen in Pornos nicht wahrhaben, <strong>aus</strong> Scham, eigenen <br />
Widersprüchen und vor allem auch <strong>aus</strong> Angst. Denn es brauche Mut, sich gegen die <strong>Pornografie</strong> zu <br />
20
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
wehren, weil man sich damit nicht nur bei den Männern oftmals sehr unbeliebt mache. Dabei läge es <br />
laut Schwarzer an den Frauen, die Initiative zu ergreifen, zu handeln. <br />
Die immer willige, demütige, sich dem Mann unterwerfende Frau in der <strong>Pornografie</strong>, das sei keine <br />
Realität, die sexualisierten Machtfantasien der Männer jedoch schon: „Die meinen es ernst. Wie <br />
ernst, das zeigt uns die rasende Desensibilisierung und Brutalisierung in der privat wie öffentlich <br />
vorgeführten Erotik: Immer mehr Männer erwarten auch von ihren eigenen Freundinnen/Frauen die <br />
erniedrigenden Re‐Inszenierungen von <strong>Pornografie</strong>. Zunehmend werden Vergewaltigungen und <br />
Sexualmorde nach Porno‐Vorlagen nachgespielt.“ 36 <br />
4.1.2.2 Warum ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong>? <br />
„Darstellungen gelten dann als pornografisch, wenn sie auf Erregung eines sexuellen Reizes beim <br />
Betrachter abzielen und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen <br />
gezogenen Grenzen <strong>des</strong> sexuellen Anstands überschreiten.“ 37 Dies die Definition von <br />
pornografischen Darstellungen beziehungsweise von <strong>Pornografie</strong> gemäss dem geltenden Strafrecht <br />
Deutschlands(§184 StGB). <br />
Aus <strong>Sicht</strong> der Anti‐Porno Feministinnen wie Alice Schwarzer sind in der Definition wesentliche <br />
Mängel enthalten: Sie schütze ein allgemeines „Anstandsgefühl“, nicht aber die Würde der Frauen. <br />
<strong>Pornografie</strong> bedrohe jedoch elementare Menschenrechte von Frauen: Das Recht auf Würde, das <br />
Recht auf Freiheit, auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Leben. Die Bilder, die man in der <br />
<strong>Pornografie</strong> zu sehen bekommt, haben, wie alle Bilder, die man sich von Menschen macht, <br />
Auswirkungen auf die gesellschaftliche und politische Einstellung von Menschen. <strong>Pornografie</strong> werde <br />
somit nicht nur in der Fantasie <strong>aus</strong>gelebt, sondern in der Realität, und trage ihren Teil zur sexuellen <br />
Gewalt bei, zur Degradierung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Sie stehe infolge<strong>des</strong>sen auch <br />
der Gleichberechtigung der Geschlechter im Wege. <br />
Der Entwurf eines neuen Gesetzes, <strong>aus</strong>gearbeitet von der EMMA in Zusammenarbeit mit der Ex‐<br />
Justiz‐Senatorin Peschel Gutzeit, sollte den Paragraphen 184 ergänzen. Dieser ging über die <br />
„geltende, viel zu vage“ strafrechtliche Definition hin<strong>aus</strong> und definierte <strong>Pornografie</strong> „realitätsgerecht, <br />
nämlich in erster Linie als frauenfeindlich und alle Frauen als betroffen“. Er wurde am 25.11.1987 <br />
allen Abgeordneten <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages sowie Justizminister Engelhard und <br />
Familienministerin Süssmuth zugestellt 38 : <br />
<br />
§1 Generalkl<strong>aus</strong>el <br />
Wer Frauen oder Mädchen durch Herstellung, Verbreitung oder Öffentlichmachung von <strong>Pornografie</strong> <br />
in ihrem Recht auf Würde und Freiheit, körperliche Unversehrtheit oder Leben verletzt, ist zum Ersatz <br />
<strong>des</strong> dar<strong>aus</strong> entstehenden Schadens und zur Unterlassung verpflichtet. <br />
<br />
21
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<br />
<br />
§2 Definition von <strong>Pornografie</strong> <br />
<strong>Pornografie</strong> ist die verharmlosende oder verherrlichende, deutlich erniedrigende sexuelle Darstellung <br />
von Frauen oder Mädchen in Bildern und/oder Worten, die eines oder mehrere der folgenden <br />
Elemente enthält: <br />
1. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen geniessen Erniedrigung, Verletzung oder <br />
Schmerz. <br />
2. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen werden vergewaltigt‐ vaginal, anal oder oral. <br />
3. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen werden von Tieren oder Gegenständen <br />
penetriert‐ in Vagina oder After. <br />
4. Die als Sexualobjekte dargestellten Frauen/Mädchen sind gefesselt, geschlagen verletzt, <br />
misshandelt, verstümmelt, zerstückelt oder auf andere Weise Opfer von Zwang und Gewalt. <br />
Die Verbreitung, Sammlung oder Öffentlichmachung von <strong>Pornografie</strong> im Sinne der Absätze 1 bis 4 ist <br />
nur dann zulässig, wenn sie eindeutig wissenschaftlich oder eindeutig gesellschaftlichen Zwecken <br />
dient. Die Herstellung von <strong>Pornografie</strong> aber ist auch in diesem Falle unzulässig. <br />
<br />
§3 Anspruchsberechtigung <br />
1. Jede Frau (je<strong>des</strong> Mädchen), die mit einer pornografischen Darstellung konfrontiert ist, ist <br />
berechtigt, ihre Rechte nach§1 im eigenen Namen geltend zu machen. Der Schadenersatz umfasst <br />
den Anspruch auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden. <br />
2. Das gleiche Recht haben alle Vereine, Verbände oder Institutionen, die sich als juristische Personen <br />
konstituiert und die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen/Mädchen zu ihrem <br />
programmatischen oder satzungsgemässen Ziel erklärt haben. <br />
3. Jede Frau (je<strong>des</strong> Mädchen), die als „Darstellerin“ bei der Herstellung von <strong>Pornografie</strong> in ihrem <br />
Recht auf Würde, Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit verletzt ist, ist berechtigt, gegen die <br />
Verantwortlichen Ansprüche im Sinne dieses Gesetzes geltend zu machen. <br />
<br />
§4 Herstellung von <strong>Pornografie</strong> <br />
Ebenfalls zur Unterlassung und zu Schadenersatz ist verpflichtet: <br />
1. wer Frauen/Mädchen durch Täuschung, Drohung oder Zwang zu pornografischen Darstellungen <br />
bringt; <br />
2. wer die Darstellungen von Frauen/Mädchen nachträglich in einen eindeutig pornografischen <br />
Zusammenhang bringt. <br />
<br />
22
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
<br />
§5 Zwang zur Wahrnehmung von <strong>Pornografie</strong> <br />
Wer in der Öffentlichkeit oder privat, am Arbeitsplatz oder in der Schule Frauen oder Mädchen gegen <br />
deren Willen, vorsätzlich oder fahrlässig, der Wahrnehmung von <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>setzt, kann von <br />
diesen auf Unterlassung und zu Schadenersatz verklagt werden. <br />
<br />
§6 Konsum von <strong>Pornografie</strong> <br />
Wer nachweislich aufgrund <strong>des</strong> Konsums von <strong>Pornografie</strong> Frauen/Mädchen in ihrem Recht auf <br />
Würde, Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit verletzt, ist den direkt Betroffenen zu <br />
Schadenersatz verpflichtet. 39 <br />
<br />
Diesem Gesetzesentwurf ging die Klage von zehn Frauen der EMMA gegen den „Stern“ vor<strong>aus</strong>, den <br />
EMMA wegen seinen sexistischen, frauenfeindlichen Titelbildern <br />
verklagte. Der Richter Engelschall gab den Klägerinnen moralisch <br />
recht („Die Kammer verkennt nicht, dass es ein berechtigtes Anliegen <br />
sein kann“), jedoch juristisch unrecht („Diese Klage hat in dem <br />
geltenden Rechtsschutzsystem keinen Platz. Mit einem solchen <br />
Anliegen müssten sich die Klägerinnen vielmehr an den Gesetzgeber <br />
wenden.“) 40 <br />
Zusammen mit dem Gesetzesentwurf erschien auch eine dreiteilige <br />
Serie zum Thema <strong>Pornografie</strong> in der EMMA. Zur selben Zeit <br />
veröffentlichte Andrea Dworkin ihr Buch „<strong>Pornografie</strong>. Männer <br />
beherrschen Frauen.“ 41 <br />
EMMA‐ Ausgabe 8/1978 <br />
4.1.3.1 Der Prozess 42 <br />
Am 14. September 1988 wurde während zweier Tage über die Durchsetzung eines Anti‐Porno‐<br />
Gesetzes diskutiert. Anwesend waren dabei Abgeordnete der SPD, die zu dieser Versammlung <br />
eingeladen hatte, sowie Experten <strong>aus</strong> Recht, Kultur und Wissenschaft. <br />
Darunter befanden sich Renate Damm, Vorsitzende <strong>des</strong> deutschen Juristinnenbun<strong>des</strong>, fünf <br />
Rechtsexperten, Universitätsprofessor Arndt Teichmann, Manfred Engelschall, Ex‐Vorsitzender <br />
Richter am Oberlan<strong>des</strong>gericht Hamburg, Lore Maria Peschel‐Gutzeit, Vorsitzende Richterin am <br />
Oberlan<strong>des</strong>gericht Hamburg. <br />
Die genannten Personen sprachen sich allesamt für eine Verbandsklage gegen <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>. Eine <br />
Verbandsklage, d.h. eine Klage, die von einem Verband eingereicht wird, der von jedem Menschen <br />
gegründet werden kann. Der Verband muss <strong>aus</strong> min<strong>des</strong>tens sieben Personen bestehen. <br />
23
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Die Malerin und Kunsthistorikerin Gisela Breitling befasste sich mit der Frage, ob <strong>Pornografie</strong> als <br />
Kunst erachtet werden könne, und verneinte: Sobald menschenverachtende Inhalte vorhanden <br />
seien, sei dies zu kritisieren und zu hinterfragen. <strong>Pornografie</strong> von Frauen für Frauen sah sie als absurd <br />
an, da dies nur „den realen Macht‐ und Gewaltverhältnissen dienen würde.“ <br />
Von Seite der Pornoproduzenten waren Beate Uhse, Pornoverlegerin Claudia Gehrke und <br />
Pornoproduzent Gerd Wasmund alias Mike Hunter anwesend. <br />
<strong>Pornografie</strong>‐Wirkungsforscher Herbert Selg, sowie Pädagogin Luise Wagner‐Winterhager bestätigten <br />
den Zusammenhang zwischen dem Konsum von <strong>Pornografie</strong> und der Desensibilisierung gegen <br />
Gewalt. Anders äusserte sich Eberhard Schorsch, Sexualwissenschaftler, der zwar den Aufstand der <br />
Frauen als verständlich empfand, <strong>Pornografie</strong> aber nur als ein „gesellschaftliches Symptom ohne <br />
Auswirkung“ bezeichnete. <br />
Alice Schwarzer kam erst am zweiten Tag zu Wort und betonte noch einmal <strong>aus</strong>drücklich, weshalb <br />
sich diese Frauen <strong>aus</strong>chliesslich zum Schutz der Frauen zusammengetan hätten: „Es geht bei <br />
<strong>Pornografie</strong> ganz zentral um die Schaffung eines entwürdigenden Frauenbil<strong>des</strong>“. Frauen könnten <br />
nicht wie Männer wählen, ob sie sich mit dem Opfer oder mit dem Täter identifizieren wollten, sie <br />
seien fast immer in der Rolle <strong>des</strong> Opfers zu sehen. Überraschenderweise sprach sich die Mehrheit <br />
der Anwesenden für ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong>, zum Schutz der Frauen, <strong>aus</strong>. <br />
4.1.3.2 Das Resultat <br />
Vor der PorNO‐Kampagne und dem Erscheinen von EMMA wurde die Herstellung von und der <br />
Handel mit Kinderpornografie mit maximal einem Jahr Gefängnis bestraft. Der Besitz <br />
kinderpornografischer Darstellungen war sogar straffrei. Nun wurde durch Alice Schwarzer und ihre <br />
PorNO‐Bewegung erreicht, dass der Besitz ebenfalls mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft wird, <br />
Produktion und Handel mit bis zu drei und fünf Jahren Gefängnis. Ein Gesetz, welches <strong>Pornografie</strong> <br />
verbietet, kam aber nicht zustande. 43 Etwas gebracht hat die PorNO‐Kampagne aber trotzdem: Sie <br />
trug wesentlich dazu bei, dass sich zunehmend Feministinnen mit dem Thema der <strong>Pornografie</strong> <br />
beschäftigten und den Mut aufbrachten, dagegen zu protestieren. Somit hatte die PorNO‐Kampagne <br />
zumin<strong>des</strong>t eines ihrer Ziele erreicht, nämlich eine Diskussion <strong>aus</strong>zulösen, um das „Komplott <strong>des</strong> <br />
Schweigens zu brechen“. 44 <br />
Andererseits löste die PorNO‐Kampagne viele feindliche Reaktionen bei den Gegnern, wie den <br />
Produzenten <strong>des</strong> „Stern“, <strong>aus</strong>. Feministinnen, die in diesem Punkt den Anti‐Porno‐Feministinnen <br />
nicht zustimmten, begannen, sich zu organisieren und neue Bewegungen entstanden als Antwort <br />
darauf. Alice Schwarzer selbst erlangte einen Bekanntheitsgrad, der ihr eine starke Medienpräsenz <br />
und viel Kritik einbrachte. Doch auch die negativen Reaktionen waren, wie Schwarzer selbst es <br />
<strong>aus</strong>drückte, oftmals die beste Werbung für ihren <strong>Feminismus</strong>. 45 <br />
24
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.1.4 Emma heute <br />
Auch heute schreiben noch verschiedenste Autoren für EMMA, wenn auch in grösseren <br />
Zeitabständen als früher. Auf der Homepage www.emma.de findet man neben verschiedensten <br />
Dossiers zu feministischen Themen auch sehr aktuelle Beiträge zum Thema Sex, Macht, Gewalt (z.B. <br />
zu den Fällen Str<strong>aus</strong>s‐Kahn und Kachelmann). 46 <br />
Unter dem Suchbegriff „<strong>Pornografie</strong>“ finden sich daneben aber auch etliche Artikel über sehr weit <br />
zurückliegende Ereignisse wie die Stern‐Klage im Jahre 1978. Da findet man unter dem Titel „Der <br />
Traum vom Pornostar“ einen Bericht über eine ehemalige Pornodarstellerin, die von ihren <br />
traumatischen Erfahrungen am Set wie Schmerzen, Beschimpfungen, unhygienischen Verhältnissen <br />
und langen Drehzeiten erzählt. 47 <br />
Ein anderer Artikel handelt von deutschen Rappern wie Sido und Fler von Aggroberlin, deren <br />
Songtexte mit Ausdrücken wie „Fotze, Nutte, Bitch“ gespickt sind und die darin Drogen und Gewalt <br />
verherrlichen. Aufgeführt sind Songtextzeilen von Sidos „Arschficksong“: „Kathrin hat geschrien vor <br />
Schmerz, mir hat’s gefallen [...]Ihr Arsch hat geblutet und ich bin <br />
gekommen“. Oder jene von Bushido, der in seinem Rap <br />
„Gangbang“ eine Art Beschreibung einer Gruppenvergewaltigung <br />
abgibt: „Ein Schwanz in den Arsch, ein Schwanz in den Mund, ein <br />
Schwanz in die Fotze, und jetzt wird richtig gebumst.“ 48 <br />
Auch EMMA hat sich mit der Entwicklung seit 1978, als der <br />
feministische Kampf mit der Anklage gegen „Stern“ begann, <br />
befasst und schreibt: "Was 1978 für EMMA als relativ <br />
überschaubarer Fight begann – der Kampf gegen die <br />
frauenverachtenden Titelbilder <strong>des</strong> „Stern“ – hat längst <br />
epidemische Ausmaße angenommen: <strong>Pornografie</strong> ist heute EMMA‐ Ausgabe Winter 2011 <br />
allgegenwärtig und dank der Neuen Medien auch unbegrenzt zugänglich. Experten schätzen die <br />
Anzahl allein von Kinderpornografie im Netz 2010 auf vier Millionen Seiten“. „2007 zündete EMMA <br />
die vierte Etappe: eine zweite PorNO‐Kampagne. <br />
Jetzt stehen im Zentrum: Die Profite der Porno‐Industrie (allein in den USA 20 Milliarden Dollar im <br />
Jahr), die Rolle der Neuen Medien sowie die Folgen <strong>des</strong> Porno‐Konsums. Denn schon lange ist <br />
wissenschaftlich bewiesen: Der Konsum von Pornos verändert das Gehirn. Er brutalisiert nicht nur die <br />
Sexualität, sondern senkt bei der Zielgruppe (junge) Männer auch allgemein die Fähigkeit zur <br />
Empathie. <br />
<strong>Pornografie</strong> ist also schon lange nicht mehr nur ein Problem von EMMA und den Frauen. Sie <br />
verkrüppelt auch die Fantasie und das Begehren der Männer.“ 49 EMMA berichtet aber auch über <br />
erfreulichere Entwicklungen im Bereich der <strong>Pornografie</strong>. So zum Beispiel über einen 22‐jährigen <br />
25
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Briten, der zusammen mit Kollegen ein Online‐Projekt mitbegründet hat. Er selbst realisierte nach <br />
einem Jahr Porno‐Konsum, dass er auch im Alltag nur in seiner Pornowelt denken konnte. <br />
www.antipornmen.org soll nun Männer, die Pornos konsumieren, nachdenklich stimmen und zum <br />
Reden darüber anregen. 50 <br />
4.2 Analyse <strong>des</strong> Anti‐Porno <strong>Feminismus</strong> <br />
4.2.1 Kriterien <strong>des</strong> Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> <br />
Unter den verschiedensten Kritikerinnen der <strong>Pornografie</strong> lassen sich laut Wendy Mc Elroy einige allen <br />
gemeinsame Kritikpunkte zusammenstellen 51 : <br />
‐ <strong>Pornografie</strong> erniedrigt Frauen <br />
‐ <strong>Pornografie</strong> führt zu Gewalt gegen Frauen <br />
‐ <strong>Pornografie</strong> ist Gewalt gegen Frauen denn <br />
1. Frauen werden physisch zu <strong>Pornografie</strong> gezwungen <br />
2. Frauen, die an der Produktion von Pornographie beteiligt sind, sind durch das Patriarchat <br />
psychologisch so geschädigt, dass sie unfähig sind, eine informierte oder „echte“ Einwilligung zu <br />
geben. <br />
4.2.2 Einige Zitate der berühmtesten Anti‐Porno‐Feministinnen: <br />
Die Eskalation <strong>des</strong> Fremdenhasses hat zur Sensibilisierung gegen <strong>Pornografie</strong> beigetragen, zu <br />
offensichtlich ist die Vermischung <strong>des</strong> Rassenwahns mit dem Männerwahn. 52 <br />
<br />
Drei von vier Männern konsumieren <strong>Pornografie</strong>. [...] Ein Mann, der in seiner Phantasie die <br />
Kommilitonin, Kollegin oder Gefährtin <strong>aus</strong>zieht, fesselt, vergewaltigt, zerstückelt – ein solcher Mann <br />
kann diese Frau nicht als Gleiche sehen. Und das hat Konsequenzen, noch lange vor der und weit über <br />
die sexuelle Gewalt hin<strong>aus</strong>. 53 <br />
<br />
Sexismus ist die Urform eines jeden Rassismus. Die erste „Andere“, die der Mann verachten lernt, ist <br />
die Frau. 54 <br />
<br />
Sehr oft geht die Herstellung pornografischer Kinderfotos und –filme Hand in Hand mit dem realen <br />
körperlichen Missbrauch von Kindern. 55 <br />
<br />
Aber dennoch existiert weiterhin eine parallele, dunkle Welt der Hardpornos, die Frauen völlig <br />
unbekannt ist. Es ist die Welt der Fesseln, Folter und rituellen Frauentötungen. 56 <br />
26
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Monatlich werden in der BRD 500’000 Porno‐Videos <strong>aus</strong>geliehen, 200’000 darunter sind „besonders <br />
gewalttätig“. (...) In Dänemark, wo <strong>Pornografie</strong> uneingeschränkt freigegeben ist, rangiert die <br />
Pornoindustrie heute direkt nach der Landwirtschaft und der Möbelindustrie „als nationaler <br />
Wirtschaftsfaktor an dritter Stelle“. Und in den USA, immer vornean, werden alljährlich sieben <br />
Milliarden Dollar mit <strong>Pornografie</strong> umgesetzt. 57 <br />
<br />
Ihre (Feministinnen) Kriterien: Pornografisch sind diejenigen Darstellungen zur sexuellen Anregung, <br />
die Frauen erniedrigen, sie in einer Ohnmachtsposition gegenüber Männern zeigen und zum <br />
Frauenhass oder gar Mord aufstacheln. 58 <br />
<br />
Im Oktober 1975 – dem Jahr der Frau! – meldet die Presse erstmals die Existenz sogenannter Snuff‐<br />
Filme(...). Für einen dieser Filme, in denen die Massaker an Frauen zur sexuellen Stimulierung von <br />
Männern zelebriert werden, war eine Frau wirklich getötet worden. 59 <br />
<br />
Zensur? Gefahr für die Meinungsfreiheit? – Für welche Freiheit?! Die, aufs Schild zu schreiben „Whites <br />
only!“, oder „Türken r<strong>aus</strong>!?“ Doch sicher nicht. Die, Frauen als erniedrigte Objekte und Opfer <br />
vorzuführen? Ganz sicher nicht. 60 <br />
<br />
Einige werden Serienvergewaltiger und Sexualmörder – <strong>Pornografie</strong> zu benutzen und herzustellen ist <br />
untrennbar mit diesen Handlungen verbunden ‐ entweder als Freischaffende oder in Sex‐Banden, die, <br />
je nachdem, als Sex‐Ringe, organisiertes Verbrechen, religiöse Kultsekten oder Organisationen, die <br />
von der Überlegenheit einer weissen Rasse <strong>aus</strong>gehen, bezeichnet werden. 61 <br />
<br />
Die in der <strong>Pornografie</strong> dargestellte Gewalt ist objektiv und real, weil Frauen dazu gezwungen werden. <br />
Die in der <strong>Pornografie</strong> dargestellte und ursächlich mit ihr verbundene Herabsetzung der Frauen ist <br />
objektiv und real, weil Frauen so benützt werden. Die in der <strong>Pornografie</strong> benützten Frauen werden in <br />
der <strong>Pornografie</strong> benützt. Die in der <strong>Pornografie</strong> systematisch und durchgängig verwendete Definition <br />
von Frauen ist insofern objektiv und real, als reale Frauen innerhalb der Grenzen dieser Definition <br />
existieren und unter ständiger Bezugnahme darauf leben müssen. 62 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
27
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.2.3 Schwächen in der Argumentation <strong>des</strong> Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> <br />
Diese Zitate der wahrscheinlich berühmtesten Radikalfeministinnen der achtziger Jahre zeigen <br />
einmal mehr ihr Verständnis von <strong>Pornografie</strong> als Mittel <strong>des</strong> Mannes zur Erniedrigung der Frau und <br />
den in ihrer Beurteilung unzweifelhaften Zusammenhang zwischen <strong>Pornografie</strong> und <strong>aus</strong>geführten <br />
Sexualstraftaten. Die Fehl<strong>aus</strong>sagen und Übertreibungen sind an manchen Stellen offensichtlich. <br />
Männerwahn, Frauenhass ‐ der Anti‐Porno <strong>Feminismus</strong> neigt zur Verallgemeinerung. <br />
Wenn z.B. <strong>Pornografie</strong> nur ist, was zu Frauenhass oder gar ‐mord anstachelt, dann muss für einen <br />
grossen Teil der <strong>Pornografie</strong> eine andere Bezeichnung gefunden werden. Denn, egal von welchem <br />
Standpunkt <strong>aus</strong> man die Sache betrachtet, so kann <strong>Pornografie</strong> nicht definiert werden. Statt sich <br />
differenziert <strong>aus</strong>zudrücken und eine bestimmte Gruppe von Männern anzusprechen, diejenige, die <br />
harte <strong>Pornografie</strong> konsumiert beispielsweise, ist immer von „den Männern“ und vom „Mann“ die <br />
Rede. <br />
Typisch sind auch wieder die unpräzisen Aussagen wie jene von Alice Schwarzer über die Snuff‐<br />
Pornos: „Für einen dieser Filme, in denen die Massaker an Frauen zur sexuellen Stimulierung von <br />
Männern zelebriert werden[...]“. Bis heute ist die Existenz eines dieser Snuff‐Pornos belegt, den auch <br />
Schwarzer erwähnt, dass überhaupt noch andere existieren, ist von keiner Seite bestätigt. 63 Aus <br />
Schwarzers Darstellung könnte man aber schliessen, dies sei heute eine gängige Form von <br />
<strong>Pornografie</strong>. Das trifft nicht zu. <br />
Von „rituellen Frauentötungen“ ist die Rede‐ der Ausdruck „rituell“ suggeriert etwas Vorgegebenes, <br />
sich immer Wiederholen<strong>des</strong>. Bisher hat sich diese Snuff‐Porno‐Erscheinung in der Öffentlichkeit aber <br />
nicht wiederholt. Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> stützt sich auf diesen einen Fall und benutzt ihn von da <br />
an ständig in seiner Kritik. Glaubt man den Zitaten, könnte man meinen, in der <strong>Pornografie</strong> würden <br />
Frauen gefesselt, gefoltert, vergewaltigt und getötet. Die Autorinnen legen dies explizit nahe. <br />
Catherine A. McKinnon behauptet, alle Sexualstraftaten seien auf <strong>Pornografie</strong>konsum, ‐herstellung <br />
oder sonstigen Kontakt damit zurückzuführen. Dass dem nicht so ist, liesse sich problemlos belegen. <br />
Dem Vorwurf der Zensur wird begegnet, indem ein Beispiel für die Auswüchse von Meinungsfreiheit <br />
herangezogen wird („Türken r<strong>aus</strong>“, „Whites only“). Solche Auswüchse lasse man ja auch nicht gelten, <br />
also könne und solle auch <strong>Pornografie</strong> zensuriert werden. <br />
4.2.4 Der Zusammenhang von <strong>Pornografie</strong> mit Sexualstraftaten <br />
Ein Aspekt, der meistens zur Sprache kommt, wenn <strong>Pornografie</strong> diskutiert wird, ist der <br />
Zusammenhang zwischen <strong>Pornografie</strong>konsum und Sexualstraftaten. Wie eng dieser Zusammenhang <br />
ist, lässt sich nicht so einfach feststellen. Wendy Mc Elroy’s Untersuchungen zeigen auf, dass <br />
zahlreiche Studien, die an den unterschiedlichsten Orten auf der Erde durchgeführt wurden, zu <br />
verschiedensten, sich widersprechenden Ergebnissen gelangten. 64 <br />
28
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Herbert Selg betont, dass viele dieser Studien nicht präzise durchgeführt worden seien und dass ihre <br />
Gültigkeit <strong>des</strong>halb zweifelhaft sei. In den USA wurde 1967 eine staatliche Kommission unter dem <br />
Druck der Öffentlichkeit damit beauftragt, <strong>Pornografie</strong> zu untersuchen. <br />
Damals galt die Meinung, die enorm wachsende Verbreitung von <strong>Pornografie</strong> werde zu einem <br />
nationalen Problem. Die Kommission <br />
untersuchte die Strukturen <strong>des</strong> <br />
<strong>Pornografie</strong>marktes, überprüfte die Gesetze <br />
dazu, bzw. die Notwendigkeit neuer Gesetze, <br />
die die Wirkung von <strong>Pornografie</strong>, sowie deren <br />
Verbreitung regulieren sollten. Der Report <br />
kam zum Schluss, dass <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <br />
von Psychologen und Sozialpädagogen keine <br />
schädlichen Wirkungen auf die Öffentlichkeit <br />
Herbert Selg, der den <strong>Pornografie</strong>‐Report kritisierte <br />
und auf Jugendliche habe. <br />
Die Polizei antwortete gegenteilig: Obszöne Bücher spielten eine wichtige Rolle bei der Entstehung <br />
von Jugendkriminalität. Laut Selg war jener Bericht viel zu schnell erarbeitet, als dass er fundierte, <br />
gründliche Experimente, Umfragen und Ergebnisse enthalten könne. 65 <br />
Auch kommentiert Selg die Untersuchung von Goldstein, der bei Sexualstraftätern weniger Erfahrung <br />
mit <strong>Pornografie</strong> als bei nicht straffälligen Männern fand. 66 Goldstein zog dar<strong>aus</strong> den Schluss, dass das <br />
Fehlen von <strong>Pornografie</strong>konsum vermehrt zu sexuell auffälligem Verhalten führe. Selg bemängelt bei <br />
Goldsteins Untersuchung, dass die Vergleichspersonen bezüglich Alter, sozialer Schicht und Bildung <br />
sehr unterschiedliche Vor<strong>aus</strong>setzungen aufwiesen. <br />
Auch hätten Straftäter bestimmte Gründe, bei solchen Befragungen weniger offen zu sein. Andere <br />
Untersuchungen bestätigten Selg die mangelnden sprachlichen Erklärungen und Einführungen der <br />
Wissenschaftler, da offensichtlich einige der Straftäter die Fragen nicht verstanden. Auf Statistiken <br />
sei oft kein Verlass, weil eben solche wichtigen „Details“ unbeachtet blieben. Herbert Selg selbst <br />
bestätigt die Wirkung von Gewaltpornografie, z.B. Darstellungen von Vergewaltigungen, auf Männer <br />
mit Gewaltorientierung 67 : Auch beim „normalen“ Mann steigerten Vergewaltigungsmodelle die <br />
Neigung zur Aggressivität. Die zentrale Frage, ob der Konsum von <strong>Pornografie</strong> vermehrt zu <br />
Sexualstraftaten führe, lässt sich also nicht klar mit Ja oder Nein beantworten. <br />
Die sogenannte Katharsis‐These 68 , die besagt, dass durch das Ansehen von Gewaltpornografie die <br />
Neigung <strong>des</strong> Betrachters zu entsprechenden Taten reduziert wird, wird auch in Faulstichs <br />
Ventiltheorie bestätigt: Diese Ventiltheorie beschreibt <strong>Pornografie</strong> als „Hilfsmittel zum Ausleben <br />
sexueller Handlungen, die in der Realität, <strong>aus</strong> welchen Gründen auch immer, nicht <strong>aus</strong>gelebt werden <br />
können.“ 69 Die Ventiltheorie schliesst auch Vergewaltigungs‐ und konventionsverletzende Szenarien <br />
29
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
ein. <strong>Pornografie</strong> wirkt also laut dieser Theorie wie ein Ventil und wird als etwas Positives, <br />
Vorbeugen<strong>des</strong> gesehen, da der Mann jene sexuellen Handlungen, die real nicht möglich sind, im <br />
Porno <strong>aus</strong>lebe. <br />
Bis heute konnte keine der Theorien empirisch zweifelsfrei belegt werden, weder die Ventiltheorie, <br />
noch die Spiegelungstheorie, noch das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen <strong>Pornografie</strong>konsum <br />
und Sexualstraftaten. 70 Klar ist, dass die feministische Ansicht nicht zutrifft, da sie Einzelfälle <br />
verallgemeinert und oftmals übertreibt. Ein Zusammenhang zwischen Pornokonsum und <br />
Sexualstraftaten lässt sich dennoch nicht abstreiten, er trifft aber sicherlich nicht auf alle Männer zu, <br />
sondern, wie Selg betont, auf Männer, die ohnehin eine Neigung zu Aggressivität oder Gewalt <br />
besitzen. Auch ist <strong>Pornografie</strong> ein zu wenig genau umrissener Begriff: Nicht in jedem Porno werden <br />
inszenierte Vergewaltigungen gezeigt. <br />
Gewaltpornos können vielleicht bei Männern mit entsprechenden Dispositionen die <br />
Wahrscheinlichkeit, Sexualstraftaten zu begehen, erhöhen. Sicher ist das aber nicht. Dies sieht auch <br />
Dr. iur. Marco Bundi so, der die Diskussion wie folgt abrundet: „Aufgrund mangelnder Beweise wird <br />
auch allgemein eher festgehalten, es sei weniger wahrscheinlich, dass es einen direkten <br />
Zusammenhang zwischen (sexueller) Mediengewalt und Kriminalität gibt.“ 71 <br />
4.2.5 Erniedrigung in der <strong>Pornografie</strong> <br />
Das Kriterium der Erniedrigung ist zwiespältig. Der Begriff „Erniedrigung“ ist ebenso unklar definiert <br />
wie der der <strong>Pornografie</strong> und gen<strong>aus</strong>o subjektiv. Zur Diskussion dieses Aspekts muss sicher die <br />
geschlechtsspezifische Darstellung von Mann und Frau im Porno <br />
untersucht werden. Friederike Sohn hat in ihrem Buch “<strong>Pornografie</strong>, <br />
Anleitung zur sexuellen Gewalt“ die geschlechtsspezifischen <br />
Stereotypen in der <strong>Pornografie</strong> untersucht, indem sie zwei Geschichten <br />
<strong>aus</strong> unterschiedlichen Pornoheften analysierte und zu folgenden <br />
Schlüssen gelangte 72 : Die Frau wird vorwiegend als „Hure“ dargestellt, <br />
sie ist triebhaft und sexuell unersättlich. Sie ist diejenige, die den Mann <br />
verführt. Auf Zärtlichkeit, Nähe oder Vorspiel scheint sie nicht <br />
angewiesen zu sein. <br />
Friederike Sohn <br />
Die Frau hat ständig Männer um sich, die sie penetrieren. Der Gesichts<strong>aus</strong>druck der Frau sagt uns, <br />
dass ihr die Penetrationen Spass machen; solcher Sex muss also der Traum jeder Frau sein. Als Hure <br />
hat die Frau den Status der Bedienenden, die jeden Wunsch <strong>des</strong> Mannes in sexueller Hinsicht mit <br />
Vergnügen erfüllt. Die Wünsche werden jedoch so dargestellt, als wären es ihre eigenen, während <br />
der Mann eher passiv ist. Deshalb wird der Frau auch ein Subjektstatus zugeordnet. <br />
30
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Jedoch wird sie aufgrund ihrer Erscheinung als zu allem bereit, als Hure, als <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chbares <br />
Sexualobjekt wahrgenommen. Ausdrücke wie „Fotze, Schlampe, geil“ verdeutlichen dies. <br />
Schlussendlich scheint die Frau die Gewalt, die ihr angetan wird, ebenfalls zu geniessen, was das Bild <br />
der masochistischen Frau bestätigt und letztendlich eine Rechtfertigung für sexuelle Gewalt an <br />
Frauen ist. <br />
Der Mann wird in den genannten Pornoheften als hyperpotent dargestellt. Er ist über seinen Penis <br />
definiert, und durch die selektive Darstellung auf jenen reduziert. Die männliche Sexualität besteht <br />
vorwiegend <strong>aus</strong> Penetrationen und ist auf den männlichen Orgasmus als krönenden Abschluss hin <br />
inszeniert. Wie bei der Frau bleibt auch bei der Darstellung <strong>des</strong> Mannes Vorspiel und Zärtlichkeit auf <br />
der Strecke. Der Mann wird passiv dargestellt. Durch seinen stark erigierten, zum Abschluss <br />
ejakulierenden Penis und gewisse Reizwörter im Begleittext wird dennoch das Klischee <strong>des</strong> starken, <br />
potenten und erfolgreichen Mannes im patriarchalen System untermauert. <br />
Ich bin mir sicher, dass die Art der Darstellung von Frau und Mann sich bis heute im Porno nicht <br />
wesentlich verändert hat, und gehe <strong>des</strong>halb auch von Friederike Sohn’s 1995 erschienenen Buch <strong>aus</strong>. <br />
Was die These der Erniedrigung anbelangt, so ist die Darstellung der Frau im „Porno“ weitgehend <br />
erniedrigend. „Die Frau“ wird zur Hure degradiert, zum allzeit <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chbaren Sexualobjekt, das dem <br />
Mann zur Verfügung seiner sexuellen Wünsche und Fantasien steht. <br />
Dass <strong>Pornografie</strong> zu Gewalt gegen Frauen führt, ist wie gesagt nicht bewiesen, scheint mir aber <br />
verständlich. Denn den Gesichts<strong>aus</strong>drücken, die darauf schliessen lassen, dass die Frau geniesst, was <br />
ihr angetan wird, und dem übertriebenen Stöhnen, kann der Betrachter entnehmen, dass Frauen <br />
sexuelle Gewalt wollen. <br />
Auch Henner Ertel bestätigt dies in seiner Analyse pornografischen Filmmaterials 73 : In 13% der <br />
angesehenen Filme werden Zwang und Gewalt zur Erreichung sexueller Ziele erfolgreich eingesetzt. <br />
Vorwiegend werden Vergewaltigungen der Frau durch den Mann dargestellt, wobei die Frau anzeigt, <br />
dass sie sich insgeheim eine Vergewaltigung wünscht. <br />
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> mit seiner Kritik am Frauenbild in der <br />
<strong>Pornografie</strong> nicht falsch liegt. Dass Frauen, die freiwillig mit Männern sexuelle Beziehungen <br />
unterhalten, vom Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> verachtet werden, ist falsch. Die Aussage stammt von <br />
Angela Frischauf in ihrem Buch “Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur“ 74 . <br />
Sie ist ähnlich undifferenziert formuliert wie die der Feministinnen selber. <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
31
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.2.5.1 Die Rolle <strong>des</strong> Mannes im Porno <br />
Kritik ist dennoch angebracht: Der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> beleuchtet nur die Darstellung der Frau. <br />
Die Rolle <strong>des</strong> Mannes im Porno sollte dabei auch thematisiert werden. Ist denn die fast vollständige <br />
Reduktion <strong>des</strong> Mannes auf seinen Penis nicht auch erniedrigend? Die Frau nämlich wird im Porno <br />
fast immer als „Ganzes“, also mit ihrem ganzen Körper inklusive Gesicht gezeigt, was ihr etwas <br />
„Persönliches“ gibt, der Mann wird durch seinen Penis ersetzt. Das verstärkt die Wichtigkeit <strong>des</strong> <br />
Penis und die Nebensächlichkeit der Person. Das Hinarbeiten auf den Orgasmus macht den Mann zur <br />
reinen Sexmaschine, bekommt er letztendlich keinen Orgasmus, oder womöglich nicht einmal eine <br />
Erektion, gilt er nicht als „Mann.“ Dass dieses Bild für reale Männer zum Problem werden kann, <br />
bestätigt mir auch Elisabeth Schütz, Sexologin mit Praxis in Uster: „Junge Männer stehen unter einem <br />
enormen Leistungsdruck. Potenz ist das Zeichen der Männlichkeit. Bringt ein Mann keine Erektion <br />
zustande, ist er zeugungsunfähig, gilt nicht mehr als richtiger Mann.“ 75 <br />
Dieser Aspekt wird von Feministinnen kaum beachtet. Das verdeutlicht ein weiteres Mal die <br />
einseitige Argumentation <strong>des</strong> Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>; sie verwendet jene Fakten, die ihre Theorien <br />
bestätigen, während andere Aspekte unbeachtet bleiben. „Gerade eben der Konsum von Pornos <br />
kann den Leistungsdruck, unter dem Männer stehen, mindern“, betont Schütz. Auch könne ein <br />
gesunder Mensch zwischen <strong>Pornografie</strong> und Realität unterscheiden. <br />
Das Argument, das belegt, dass Männer vorwiegend als Penisse im Porno agieren, sei sogar durch <br />
eine Studie in Deutschland bestätigt. Dass Männer sich an den Schmerzen, die Frauen in Pornos <br />
erleiden, erfreuen, ist laut Schütz falsch. Denn Erregung und Schmerz vertrage sich nicht. Wenn <br />
Männer sich an Gewaltpornos erregen könnten, dann, weil sie denken, Gewalt sei für die Frau ein <br />
Genuss. Wobei sich mir hier die Frage stellt, was Schütz zu Sado‐ Maso‐ Praktiken sagen würde, denn <br />
das ist eindeutig mit Erregung verbundener Schmerz. Schütz stützt also eher Pro‐Porno‐Theorien, so <br />
wie es auch teilweise der weniger radikale <strong>Feminismus</strong> tut. <br />
4.3. Der Liberale <strong>Feminismus</strong> <br />
Auf den liberalen <strong>Feminismus</strong> werde ich nur kurz eingehen, da die Gegensätze zwischen Anti‐Porno <br />
und Pro‐Porno mein Hauptthema sind. Der Liberale <strong>Feminismus</strong> ist, wie der Name schon sagt, weder <br />
positiv noch negativ eingestellt gegenüber <strong>Pornografie</strong>. Liberale Feministinnen vertreten teilweise <br />
dieselben Forderungen wie Radikalfeministinnen, begründen sie jedoch anders. Sie setzen sich <br />
beispielsweise für die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ein, versuchen dies aber nicht <br />
im Sinne von revolutionären Bewegungen, sondern mit Reformen im System zu erreichen. <br />
Den Männern wird ebenfalls eine andere Rolle zugeordnet: Statt den Mann als den Machthaber und <br />
Unterdrücker der Frau über Jahrhunderte zu sehen, betrachten liberale Feministinnen den Mann als <br />
32
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
widerspenstigen Partner, der noch keine Aufklärung erfahren hat, womit sie diese Aufklärung zu <br />
ihrer Aufgabe machen. 76 <br />
Trotzdem gibt es auch innerhalb <strong>des</strong> liberalen <strong>Feminismus</strong> Uneinigkeiten, gerade im Bezug auf <br />
<strong>Pornografie</strong>: Grundsätzlich gilt <strong>Pornografie</strong> nicht als erfreuliches Material, im Zusammenhang mit der <br />
sexuellen Befreiung der Frau kann es aber als kulturelles Phänomen akzeptiert werden. Akzeptiert <br />
wird <strong>Pornografie</strong> hauptsächlich, weil die Freiheit <strong>des</strong> Ausdrucks gross geschrieben wird im Liberalen <br />
<strong>Feminismus</strong> und ein <strong>Pornografie</strong>verbot, das hiesse eine Zensur, dieser natürlich widersprechen <br />
würde. Von einigen liberalen Feministinnen werden trotzdem die konservativen Ansichten der Anti‐<br />
Porno‐Feministinnen vertreten. Sie sind bereit, die Meinungs‐ und Redefreiheit einzuschränken, da <br />
dies zum Schutze aller Frauen geschieht. Diese hat für sie einen erheblich höheren Stellenwert als die <br />
Zensurbeseitigung. 77 <br />
4.4. Der Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> <br />
Der Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> entstand als Reaktion auf den Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>, der <strong>Pornografie</strong> <br />
als das wichtigste Mittel zur Unterdrückung der Frau und als Machtdemonstration <strong>des</strong> Mannes <br />
darstellt. Werner Faulstich spricht vom Pro‐Sex‐<strong>Feminismus</strong>. Diese Bezeichnung lehne ich eindeutig <br />
ab. Sie impliziert, die pornofeindlichen Feministinnen stellten sich grundsätzlich gegen jegliche <br />
sexuelle Aktivitäten. Dass dem nicht so ist, habe ich bereits erwähnt. Deshalb nenne ich diese <br />
Strömung den Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>. Er sieht positive Ansätze zur Befreiung der Frau in der <br />
<strong>Pornografie</strong>. Die sexuelle Freiheit stellt einen wichtigen Bestandteil dieser Befreiung dar: Jede Frau <br />
soll das Recht haben, frei über ihren Körper und ihre sexuellen Aktivitäten zu verfügen. 78 <br />
Das Prinzip „der Körper einer Frau, das Recht einer Frau“ ist bezeichnend für diesen <strong>Feminismus</strong>. 79 <br />
Wenn <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong> freier Entscheidung und in gegenseitigem Einvernehmen entsteht, besteht für <br />
den Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> kein Grund, sie zu zensieren. Frauen sollen sich an <strong>Pornografie</strong> beteiligen <br />
und sie konsumieren können, falls dies ihr Wille ist, und diese Entscheidung sollte nicht geächtet <br />
oder verurteilt, sondern respektiert und geschützt werden. 80 <br />
Charlotte Roche, Grimme‐ Preisträgerin, Autorin, Moderatorin und Mutter <strong>aus</strong> München <br />
beispielsweise kann die Argumentation der Anti‐Porno‐Feministinnen nicht nachvollziehen. <br />
<strong>Pornografie</strong> empfindet sie überhaupt nicht als Frauen erniedrigend, bzw. sexistisch, sondern als <br />
Mittel zur Entspannung, Erregung und Inspiration. Auch sie, die sich als Feministin versteht, schaut <br />
gelegentlich Pornos. 81 <br />
33
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.4.1. Vorteile/ Nutzen der <strong>Pornografie</strong> <br />
Die Pro Porno‐Feministinnen gehen sogar noch weiter: Sie sehen zahlreiche Möglichkeiten, durch die <br />
<strong>Pornografie</strong> den Frauen einen Nutzen bringen könnte, sowohl auf persönlicher, als auch auf <br />
politischer Ebene. <br />
Laut Wendy McElroy sind dies folgende (die nachfolgenden Abschnitte dieses Kapitels sind direkt <br />
zitiert 82 ): <br />
1. Sie liefert sexuelle Information auf min<strong>des</strong>tens drei Ebenen: <br />
a. Sie liefert einen Überblick über alle sexuellen Möglichkeiten <br />
der Welt. Dies trifft sogar auf grundlegende sexuelle Information <br />
wie die Masturbation zu, die für Frauen nicht so <br />
selbstverständlich zu sein scheint, wie für Männer. Nicht selten <br />
erreichen Frauen das Erwachsenenalter, ohne zu wissen, wie sie <br />
sich selbst Genuss verschaffen können. <br />
b. Sie erlaubt Frauen, auf „sichere“ Weise sexuelle Alternativen <br />
kennenzulernen und eine gesunde sexuelle Neugier zu <br />
befriedigen. Die Welt ist ein gefährlicher Ort. Dagegen kann <br />
Pornographie eine Quelle einsamer Aufklärung sein. <br />
Wendy McElroy <br />
Pornographie erlaubt es Frauen, in der Privatsphäre ihrer <br />
eigenen Schlafzimmer zu experimentieren, mit einem Fernseher, der <strong>aus</strong>geschaltet werden kann, <br />
wann immer man genug hat. <br />
c. Sie liefert eine andere Art von Information, als Lehrbücher oder Diskussionen. Sie bietet die <br />
emotionale Information, die nur <strong>aus</strong> der Erfahrung kommt, entweder direkt oder <strong>aus</strong> zweiter Hand. <br />
Sie versieht uns mit einem Empfinden dafür, wie es sich „anfühlen“ würde, etwas zu tun. <br />
2. Die Pornographie schiebt die emotionale Verwirrung beiseite, die den Sex in der realen Welt so oft <br />
umgibt. Pornographie erlaubt es Frauen, Szenen und Situationen zu genießen, die im wirklichen Leben <br />
Anathema für sie wären. Nehmen wir zum Beispiel eine der häufigsten Phantasievorstellungen, von <br />
denen Frauen berichten – die Vorstellung, „genommen“, vergewaltigt zu werden. <br />
Zunächst muss man einsehen, dass eine Vergewaltigungsphantasie nicht das Verlangen nach ihrer <br />
Verwirklichung bedeutet. Es ist eine Phantasievorstellung. Die Frau hat die Kontrolle über das kleinste <br />
Detail jeder Handlung. Warum sollte eine gesunde Frau in Träume über ihre Vergewaltigung <br />
verfallen? Es gibt Hunderte von Gründen. Vielleicht wirft sie durch den Verlust der Kontrolle je<strong>des</strong> <br />
Verantwortungs‐ und Schuldgefühl bezüglich Sex von sich. Vielleicht ist dies das genaue Gegenteil zu <br />
dem braven, sanften Sex, den sie jetzt hat. Vielleicht ist es schmeichelhaft, sich vorzustellen, dass ein <br />
bestimmter Mann so überwältigt von ihr ist, dass er sie haben muss. Vielleicht ist sie neugierig. <br />
34
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Vielleicht hat sie etwas masochistische Neigungen, denen sie durch ihre Phantasien Luft verschafft. Ist <br />
es besser, sie zu unterdrücken? <br />
3. Pornographie durchbricht kulturelle und politische Klischees, so dass jede Frau Sex für sich selbst <br />
interpretieren kann. Antifeministen bringen Frauen bei, sich für ihre Neigungen und Triebe zu <br />
schämen. Pornographie bringt ihnen bei, sie zu akzeptieren und zu genießen. Pornographie bietet <br />
Bestätigung und beseitigt Scham. Sie sagt den Frauen: „Du bist nicht allein mit deinen Phantasien und <br />
geheimsten dunkelsten Begierden. Hier auf dem Bildschirm sind andere, die dieselben Triebe <br />
verspüren und so selbstbewusst sind, dass sie sie zur Schau stellen.“ <br />
4. Pornographie kann eine gute Therapie sein. Pornographie schafft ein sexuelles Ventil für solche, die <br />
– <strong>aus</strong> welchen Gründen auch immer – keinen Sexualpartner haben. Vielleicht sind sie fern von zu <br />
H<strong>aus</strong>e, frisch verwitwet, <strong>aus</strong> Krankheitsgründen alleinstehend. Vielleicht ziehen sie es einfach vor, <br />
allein zu sein. Manchmal sind Masturbation und Sex <strong>aus</strong> zweiter Hand die einzigen Alternativen zur <br />
Enthaltsamkeit. Paare benutzen Pornographie auch, um ihre Beziehung zu vertiefen. Manchmal tun <br />
sie dies von sich <strong>aus</strong>, indem sie Videos gucken und ihre Reaktionen zusammen erforschen. <br />
Manchmal gehen die Paare zu einem Sexualtherapeuten, der ihnen empfiehlt, Pornographie als <br />
Mittel zu benutzen, um Kommunikation über Sex zu eröffnen. Durch den gemeinsamen Konsum von <br />
Pornographie sind die Paare imstande, in ihrem Sexleben Abwechslung zu erfahren, ohne einander <br />
untreu werden zu müssen. <br />
Pornographie nützt Frauen politisch in vielen Hinsichten, darunter folgende: <br />
1. Historisch waren Pornographie und <strong>Feminismus</strong> Weggefährten und natürliche Verbündete. Beide <br />
sind während derselben Perioden sexueller Freiheit aufgekommen und erfolgreich gewesen; beide <br />
sind von den selben politischen Kräften attackiert worden, gewöhnlich von Konservativen. Gesetze, <br />
die gegen Pornographie oder Obszönität gerichtet waren, wie das Comstock Law in den späten <br />
1880ern, sind stets verwendet worden, um die Wahrnehmung von Frauenrechten wie <br />
Geburtenkontrolle zu behindern. Obwohl es nicht möglich ist, eine K<strong>aus</strong>albeziehung zwischen dem <br />
Aufkommen der Pornographie und dem <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong> aufzustellen, so setzen sie doch beide <br />
dieselben gesellschaftlichen Bedingungen vor<strong>aus</strong> – nämlich sexuelle Freiheit. <br />
2. Pornographie ist Redefreiheit, angewendet auf den sexuellen Bereich. Redefreiheit ist die <br />
Verbündete derer, die Veränderung suchen: Sie ist die Feindin derer, die Herrschaft aufrecht zu <br />
erhalten suchen. Pornographie sollte, zusammen mit allen anderen Formen sexueller Häresie, wie <br />
Homosexualität, denselben rechtlichen Schutz genießen wie politische Häresie. Dieser Schutz ist für <br />
Frauen besonders wichtig, deren Sexualität durch die Jahrhunderte von der Zensur kontrolliert wurde. <br />
3. Das Ansehen von Pornographie mag durch<strong>aus</strong> eine kathartische Wirkung auf Männer <strong>aus</strong>üben, die <br />
gewalttätige Neigungen Frauen gegenüber haben. Wenn dies stimmt, dann entfernt die <br />
Einschränkung von Pornographie eine Schutzbarriere zwischen Frauen und Missbrauch. <br />
35
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4. Die rechtliche Anerkennung von Pornographie würde Sexarbeiterinnen schützen, die durch unsere <br />
Gesellschaft stigmatisiert werden. Zurzeit untergraben Anti‐Pornographie‐Feministinnen die <br />
Sicherheit von Sexarbeiterinnen, wenn sie sie als „indoktrinierte Frauen“ behandeln. Die <br />
Psychologieprofessorin Dr. Leonore Tiefer bemerkte in ihrem Aufsatz „On Censorship and Women“: <br />
„Diese Frauen haben Feministinnen um Unterstützung, nicht Zurückweisung, gebeten ... In der <br />
Sexbranche Beschäftigte streben, wie alle Frauen, danach, wirtschaftlich zu überleben und ein <br />
anständiges Leben zu führen, und wenn <strong>Feminismus</strong> irgend etwas bedeutet, dann bedeutet er <br />
Schwesternschaft und Solidarität mit diesen Frauen.“ <br />
4.4.2. Analyse <strong>des</strong> Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> <br />
Die Schwierigkeit <strong>des</strong> Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> ist, so denke ich, eine ähnliche wie die <strong>des</strong> Anti‐Porno‐<br />
<strong>Feminismus</strong>. Während dieser vieles dramatisiert, immer wieder emotional und parteiisch <br />
argumentiert, spricht der Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> eher von der „heilen Welt der <strong>Pornografie</strong>, der <br />
Chance zur sexuellen Befreiung der Frau“, und lässt ebenso wichtige Fakten über <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>ser <br />
Acht. <br />
Der Grundstein dieser Bewegung, die Antwort auf die <strong>Pornografie</strong>‐Zensur, scheint verständlich. <br />
<strong>Pornografie</strong> zu zensieren wäre in der heutigen Zeit unmöglich, und schliesslich kann <strong>Pornografie</strong> <br />
durch<strong>aus</strong> positive Auswirkungen wie Entspannung haben, Anregung zu neuen Ideen und teilweise <br />
auch ein „Ventil“ (für gewaltorientierte Männer beispielsweise) sein. Sie aber als die Gelegenheit, die <br />
Chance für Frauen darzustellen, sich auf sexueller, politischer und sogar wirtschaftlicher Ebene zu <br />
etablieren, empfinde ich als falsch. <strong>Pornografie</strong> war und ist ein von Männern dominiertes Genre. <br />
Männer produzieren vorwiegend, Männer konsumieren vorwiegend, die Darstellungen in den <br />
herkömmlichen Pornos sind vorwiegend Männerfantasien. <br />
Dass Pornodarstellerinnen (und auch Darsteller) diesen Job nicht <strong>aus</strong> Wunsch, sondern <strong>aus</strong> <br />
finanzieller Not oder sogar teilweise <strong>aus</strong> Zwang „wählen“, ist eine bekannte Tatsache. Dazu lässt sich <br />
das Beispiel von Linda Lovelace anführen, die im Nachhinein bestätigte, von ihrem Mann zum Porno <br />
„Deep Throat“ gezwungen worden zu sein. 83 Besonders Frauen werden in der Pornobranche <br />
<strong>aus</strong>genutzt und mit einem minimalen Lohn bezahlt. Es sollte also nicht alles toleriert werden, was „in <br />
gegenseitigem Einvernehmen“ geschieht, denn nicht selten bieten sich den Betroffenen keine <br />
besseren Perspektiven. Dass <strong>Pornografie</strong> den „nicht seltenen Frauen, die sich bis ins <br />
Erwachsenenalter keinen Genuss verschaffen können“, dabei helfen würde, sehe ich nicht ein. Wer <br />
bis ins Erwachsenenalter mit seiner Sexualität nicht in Berührung gekommen ist, wird dies vermutlich <br />
auch vermittels <strong>Pornografie</strong> nicht schaffen. <br />
„Eine Quelle einsamer Aufklärung“ würde ich niemals mit dem Begriff <strong>Pornografie</strong> in Verbindung <br />
bringen. Genau das ist aber der springende Punkt: Was in der <strong>Pornografie</strong> gezeigt wird, wird oftmals <br />
36
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
als normal, was man heutzutage mit seinem Partner macht(oder sogar machen muss), angesehen. <br />
Jugendliche, die im frühen Alter mit <strong>Pornografie</strong> in Kontakt kommen, haben danach das Gefühl, <br />
aufgeklärt zu sein. Die Folge davon ist alles andere als eine sexuelle Befreiung, sondern vielmehr ein <br />
Sexualleben nach den im Porno vorgegebenen Praktiken. Dadurch wird die eigene Fantasie total <br />
eingeengt. <strong>Pornografie</strong> bricht vielleicht politische und kulturelle Klischees, schafft aber ebenso neue. <br />
Durch die geschlechtsspezifischen Stereotypen internalisieren wir gewisse Bilder. Der hyperpotente <br />
Mann und die Nymphomanin sind nur zwei der typischen Rollenbilder in der <strong>Pornografie</strong>. Ob bei <br />
Pornodarstellerinnen von selbstbewussten Frauen gesprochen werden kann, ist fraglich. Das ist <br />
natürlich möglich, jedoch wird sich eine Frau, die sich beruflich selbst verwirklichen will, wohl kaum <br />
in die Pornobranche begeben. <br />
Sehr merkwürdig erscheint mir das Zitat, das an diesem Punkt angebracht ist: Sie sagt den Frauen: <br />
„Du bist nicht allein mit deinen Phantasien und geheimsten dunkelsten Begierden“. Es wirkt wie eine <br />
Rechtfertigung für sehr ungewöhnliche, strafbare sexuelle Praktiken. Ich persönlich assoziiere hier <br />
Pädophilie und Kinderpornografie. Das Argument der Therapie hingegen leuchtet mir ein. Auch <br />
Elisabeth Schütz empfiehlt Paaren, die das Interesse am Sex verloren haben oft, zusammen Pornos <br />
anzuschauen. Auch das Ansehen von Sexarbeitern/‐arbeiterinnen kann sich womöglich durch <br />
allgemein akzeptierte <strong>Pornografie</strong> verbessern. <br />
Ganz klar ist den Thesen „<strong>Pornografie</strong> ist sexuelle Freiheit, Redefreiheit auf sexueller Ebene“ zu <br />
widersprechen. Dass dies in ihren Anfängen so war, ist nicht zu bestreiten. <strong>Pornografie</strong> gab es bereits <br />
früher, doch das Aufkommen der Pille, die 68er Bewegung, das waren Grundsteine, die den <br />
<strong>Pornografie</strong>‐Boom überhaupt ermöglichten. Deshalb begeisterten sich anfangs auch noch viele <br />
Feministinnen für sie. Dies liess aber mit den fortschreitenden Veränderungen der Darstellungen, der <br />
zunehmenden Härte und den eben <br />
besprochenen Klischees nach. Man braucht sich <br />
nur im Alltag umzusehen, um bestätigen können, <br />
dass <strong>Pornografie</strong> für die Frau nicht nur eine <br />
sexuelle Befreiung darstellt, denn sie ist <br />
allgegenwärtig. Tally Weijl zum Beispiel, ein <br />
international bekanntes Modegeschäft für <br />
Frauen, wirbt mit einem Plakat, auf dem eine auf <br />
allen Vieren kniende Frau zu sehen ist, spärlich Tally Weijl Werbung <br />
bekleidet, mit tiefem Ausschnitt und halboffenem Mund. Für das Model auf diesem Plakat ist der <br />
Begriff „Sexualobjekt“ viel zutreffender als „selbstbewusste, befreite Frau“. <br />
Nicolai Diamant, zuständig für Kommunikation bei Tally Weijl, sieht das anders: „Nur wer Anstössiges <br />
mit der Lupe sucht, wird die Frau als Objekt dargestellt finden. Unsere Kampagnenbilder <br />
37
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
widerspiegeln die Unbekümmertheit und Selbstsicherheit der heutigen jungen Frauen.“ 84 Sexistische <br />
Werbung ist heutzutage so verbreitet und normal, dass man sie oftmals nicht mehr wahrnimmt. <br />
4.4.3. Wir wollen den Pornomarkt revolutionieren‐ PorYES 85 <br />
In den letzten dreissig Jahren hat sich die Einstellung von Frauen <br />
zu <strong>Pornografie</strong> deutlich gewandelt: Es ergab sich einerseits eine <br />
Sensibilisierung gegenüber gewaltverherrlichenden und <br />
erniedrigenden Pornos. Auf der anderen Seite aber trat die Pro‐<br />
Porno‐ Einstellung in den Vordergrund, auch sexpositiver <br />
<strong>Feminismus</strong> genannt. Begünstigt wurde diese Bewegung durch Das PorYES‐Logo <br />
<br />
zunehmende Aufklärung, Frauen‐Sexspielzeug und allgemein dadurch, dass die Porno‐ und <br />
Sexindustrie nicht mehr nur auf Männer abzielt. Nicht zuletzt geschah dies durch die ersten <br />
Frauenpornos, solche, die auf weibliche Vorlieben und Interessen <strong>aus</strong>gerichtet waren, und nicht, wie <br />
herkömmliche Pornos, typische Männerfantasien darstellten. Ein sexpositiver Flügel <strong>des</strong> Pro‐Porno‐<br />
<strong>Feminismus</strong> macht explizit auf diese Frauenpornos aufmerksam. Wiederum als Antwort auf den Anti‐<br />
Porno‐<strong>Feminismus</strong>, hierbei aber speziell auf Alice Schwarzers PorNO‐Kampagne bezogen, nennt sich <br />
dieser PorYES. <br />
PorYES widerspricht Schwarzer aber nicht grundsätzlich, wie man vielleicht denken könnte: Es zeigt <br />
sich einverstanden damit, dass Pornos, die sexistische, rassistische und gewalttätige Darstellungen <br />
zum Inhalt haben, verboten werden sollten 86 . <br />
Für PorYES passt <strong>Pornografie</strong> und <strong>Feminismus</strong> aber durch<strong>aus</strong> zusammen. Wer sagt denn, dass <br />
<strong>Pornografie</strong> nichts für Frauen sei? Laut PorYES sind die gegenwärtigen Mainstream‐Pornos ganz <br />
einfach auf kollektive Männerfantasien <strong>aus</strong>gerichtet. Damit auch Frauen Spass an Pornos haben <br />
können, braucht es andere Filme. Denn das ist, was PorYES eigentlich bezwecken will: Feministische <br />
Pornos erschaffen und in Umlauf bringen. PorYES‐ Initiatorin, Sexarbeiterin und –beraterin und <br />
Betreiberin von „Sexclusivitäten“ Laura Méritt erklärt: „ Es ist Ziel der Kampagne, dass wir das <br />
Sehverhalten, die Blickrichtung, ja, das ganze Sexualverhalten verändern können.» Sexpositivismus <br />
sei schliesslich eine Richtung <strong>des</strong> <strong>Feminismus</strong>. 87 <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
38
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.4.3.1 Verleihung <strong>des</strong> feministischen Porno‐Filmpreises 88 <br />
Durch die Verleihung <strong>des</strong> feministischen Porno‐<br />
Filmpreises Europas in Berlin zieht die jüngst <br />
aufgekommene Frauenpornografie die <br />
Aufmerksamkeit auf sich. PorYES listet Kriterien auf, <br />
nach denen Pornofilme als feministisch eingeordnet <br />
werden können. Dies sind Pornos ohne Sexismus, <br />
ohne Machtgefälle zwischen Mann und Frau, ohne <br />
Die Trophäe: Die Auster, das Symbol von PorYES <br />
Gewalt oder Diskriminierung. Mann und Frau sollen auf gleicher Ebene miteinander kommunizieren, <br />
Emotionen sind erwünscht. Neben ethischen Arbeitsbedingungen und Safer Sex sind auch <br />
künstlerische Details Inhalt von feministischen Pornos. <br />
Wichtig ist, dass Frauen bei der Produktion dieser Pornos massgeblich beteiligt sind und so ihre <br />
Wünsche und Fantasien einfliessen lassen könnnen. Auf Authentizität der Tonaufnahmen, so wie auf <br />
die Vielfalt der Darsteller wird grossen Wert gelegt. Das heisst, dass nicht nur die stereotypen <br />
Pornodarstellerinnen auftreten. Die Darstellung von Sex als Leistungssport, bzw. das Hinarbeiten auf <br />
den (männlichen) Orgasmus ist in Frauenpornos nicht vorhanden. Sex soll Spass machen, und zwar <br />
allen Beteiligten, insbesondere der Frau. Ein Hauptanliegen ist die weibliche Lust, da diese eben in <br />
herkömmlichen Pornos selten Platz findet: In feministischen Pornos steht sie im Zentrum. <br />
Verliehen wird das Zertifikat „PorYES“ aber nur an Pornos, die min<strong>des</strong>tens die folgenden drei <br />
Kriterien erfüllen: Die Darstellung weiblicher Lust, das Mitwirken von Frauen an der Produktion <strong>des</strong> <br />
Pornos, sowie das vielfältige Aufzeigen sexueller Praktiken und Ausdrucksweisen. <br />
4.4.3.2. Reaktionen auf PorYES 89 <br />
Mittlerweile hat PorYES bei einem grossen Publikum Anklang gefunden. Von verschiedensten Seiten <br />
wird darüber berichtet. Laura Méritt zeigt sich sehr zufrieden mit dem jüngst eingetretenen Wandel: <br />
Für sie ist es notwendig, „den Pornomarkt zu revolutionieren“, da sie genug hat von den <br />
gleichermassen schlechten, degradierenden, dummen und klischeehaften Pornos. 99.9 Prozent der <br />
ganzen Pornobranche setze sich <strong>aus</strong> solchen Pornos zusammen 90 . Es brauche Pornos mit höherem <br />
Niveau, und die Möglichkeit für Frauen, ihre sexuellen Träume und Vorstellungen auch pornografisch <br />
umzusetzen. Da die Nachfrage nach „sexpositiven“ und frauenfreundlichen Pornos enorm gestiegen <br />
sei, sei dies nun der richtige Zeitpunkt für Frauen, in der männerdominierten Pornobranche die <br />
Initiative zu ergreifen. <br />
Laut Méritt haben es auch viele Männer satt, die immer gleich ablaufenden Einwegpornos mit den <br />
immer gleich <strong>aus</strong>sehenden Darstellern zu sehen. Sie ist überzeugt, mit PorYES und der Verleihung <strong>des</strong> <br />
Labels für feministische Pornos den Pornomarkt nachhaltig verändern zu können. Wie schon beim <br />
39
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Sexspielzeug wolle sie Farbe, Qualität und Ästhetik in die Pornobranche bringen. Durch das <br />
Gütesiegel, das für sexpositive Pornos entwickelt wurde, könnte dies erreicht werden. Dann könnten <br />
die Konsumenten vor dem Kauf schon die Entscheidung treffen zwischen guten und herkömmlichen <br />
Pornos. <br />
4.4.4. Kommentar zu PorYES <br />
Eher als <strong>Pornografie</strong> generell ist PorYES ein Zeichen der sexuellen Liberalisierung, besonders <br />
derjenigen der Frau. Dass sich ein solches Genre bilden und Erfolg haben kann mit der Forderung, <br />
Gefühle und Zärtlichkeit in die Pornos zu bringen, die „kollektiven Männerfantasien“ zu ersetzen, <br />
zeugt davon. <br />
Die Betrachtungsweise, dass <strong>Pornografie</strong> nicht etwas Grundschlechtes, „Böses“ ist, das zensiert <br />
werden muss, ist liberal und offen. Das <strong>aus</strong>drückliche Verlangen nach Pornos für Frauen setzt aber <br />
vor<strong>aus</strong>, dass sich Frauen für <strong>Pornografie</strong> interessieren. Momentan ist dem ‐ mit wenigen Ausnahmen <br />
‐ nicht so, was PorYES auf die „schlechten, ewig gleich ablaufenden Einwegpornos“ zurückführt. <br />
Bereits Herbert Selg fand in seinen Untersuchungen her<strong>aus</strong>, dass Mann und Frau nicht auf dieselben <br />
Darstellungen im Porno reagieren 91 : Frauen fanden Zärtlichkeiten im Porno stark erregend, nackte <br />
Männer wie Frauen jedoch wenig bis nicht erregend. <br />
Der erste Teil dieses Ergebnisses verweist auf die Vorliebe der Frauen für emotionale, gefühlvolle <br />
Pornos, in denen kommuniziert wird. Dies ist, was PorYES neu einbringt. Der zweite Teil bekräftigt <br />
meiner Meinung nach eher, dass die überwiegende Mehrheit der Frauen kein Interesse an <br />
<strong>Pornografie</strong> besitzt. Denn Nacktheit ist nun mal der Hauptbestandteil eines jeden Pornos. Elisabeth <br />
Schütz erklärt dies folgendermassen 92 : Aufgrund <strong>des</strong> <strong>aus</strong>serhalb seines Körpers befindlichen Penis <br />
kommt schon der Junge immer wieder mit seinem Geschlecht in Kontakt, er lernt, sich an <strong>des</strong>sen <br />
Anblick zu erregen. Das Geschlecht <strong>des</strong> Mädchens, bzw. der Frau liegt innerhalb seines Körpers, <br />
somit bleibt ihm der visuelle Aspekt der Erregung weitgehend verborgen. Deshalb reagieren Männer <br />
in sexueller Hinsicht viel stärker auf Visuelles als Frauen, welche Berührungen etc. bevorzugen. <br />
Somit scheint einmal mehr klar, weshalb die Pornobranche von Männern für Männer gemacht und <br />
warum selten mit anzüglich gekleideten, resp. unbekleideten Männern geworben wird. <br />
Infolge dieser Ausführung lässt sich abschliessend sagen, dass PorYES eine unterstützenswerte <br />
Bewegung ist, da sich Frauen hier gegen die Erniedrigung und Gewalt im Porno zur Wehr setzen, und <br />
Platz für ihre eigenen Fantasien schaffen. Vermutlich wird es aber kaum gelingen, die Pornobranche <br />
im Sinne von PorYES umzukrempeln, da die Frauen ihre Sexualität weniger als die Männer mit Hilfe <br />
von <strong>Pornografie</strong> entfalten möchten. <br />
<br />
40
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
4.5. <strong>Feminismus</strong> heute – Dafne, das feministische Netz 93 <br />
Stellt <strong>Pornografie</strong> im heutigen <strong>Feminismus</strong> noch ein zentrales Thema dar? Wie sieht es denn heute <br />
mit dem <strong>Feminismus</strong> in der Schweiz <strong>aus</strong>? Existiert der noch? Für viele offenbar nicht. Auf die Frage <br />
nach feministischen Organisationen in der Schweiz wird oft geantwortet, dass dies ja heutzutage <br />
nicht mehr nötig sei. „Dafne‐ das feministische Netz“ <strong>aus</strong> Bern, sieht das anders. 2002 entstand <br />
Dafne <strong>aus</strong> dem Zusammenschluss junger Frauen, die sich ehrenamtlich mit feministischen Themen <br />
<strong>aus</strong>einandersetzen wollten. Seit acht Jahren treffen sich die Dafne‐ Frauen in unterschiedlicher <br />
personeller Zusammensetzung regelmässig zu Sitzungen. <br />
Momentan arbeiten zehn Frauen bei Dafne mit. Die Reitschule Bern gewährt Dafne einen Ort für <br />
Sitzungen und infrastrukturelle Unterstützung. Sie verfolgt teilweise dieselben Ziele wie Dafne, <br />
trotzdem ist Dafne keine Reitschule‐ AG. Sie ist aber regelmässig mit Artikeln in der Zeitschrift der <br />
Reitschule Bern, „Megafon“, präsent. <br />
Als „Netz“ bezeichnete sich Dafne ursprünglich, weil ihre Gründerinnen die Idee hatten, stark mit <br />
anderen Frauen und Gruppen zusammenzuarbeiten, sich zu vernetzen. Dies sollte jedoch nur für ein <br />
jeweiliges Projekt so sein, danach konnte sich die bestehende Zusammensetzung wieder auflösen. So <br />
wird verhindert, dass sich Frauen bei Dafne verpflichtet fühlen und eventuell unter Druck geraten <br />
können. Bis heute hat sich aber eine relativ konstante Konstellation durchgesetzt. <br />
Laut Fabienne Amlinger, Gründerin der Vorläufergruppe von Dafne, FAntifa, die ebenfalls zu den <br />
Dafne‐ Frauen zählt, kann bei Dafne mitmachen, wer interessiert ist und sich von der politischen <br />
Ausrichtung her zugehörig fühlt. In Bern gebe es einige feministische Gruppen und Organisationen, <br />
jedoch für ihren Geschmack viel zu wenige, so Fabienne. Auch sie bestätigt mir, dass <strong>Feminismus</strong> für <br />
viele in der Schweiz heutzutage kein Thema mehr sei, und da Dafne ohnehin eine kleine Gruppe sei, <br />
finde sie keinen breiten Anklang. <br />
Umso mehr werde man als Feministin oft als etwas Komisches betrachtet, und viele empfänden es <br />
als überflüssig, sich mit Themen wie Sexismus überhaupt noch zu befassen. Innerhalb der Dafne sei <br />
man sich aber einig, dass die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern nach wie vor nicht <br />
erreicht sei. In gewissen Gebieten, zum Beispiel hinsichtlich sexistischer Werbung, habe sich die <br />
Situation sogar verschlechtert. <br />
Obwohl <strong>Pornografie</strong> als Thema in der Dafne nie explizit behandelt wurde, ist sich Fabienne Amlinger <br />
sicher, dass die herkömmliche <strong>Pornografie</strong> von Dafne als frauenverachtend, sexistisch und <br />
<strong>aus</strong>beutend bezeichnet würde. Auf meine Frage, ob <strong>Pornografie</strong> eine Bedrohung der Frauen <br />
darstelle, verneint Fabienne; so würde sie es nicht bezeichnen. Sie ist jedoch überzeugt, dass Pornos, <br />
die Gewalt und Sexismus zum Inhalt haben, einen negativen Einfluss auf junge Mädchen und Jungen <br />
haben. Die stereotypen Darstellerinnen und Bilder würden sicherlich als Vorbilder gebraucht und <br />
könnten auch entsprechende Handlungen hervorrufen. <br />
41
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Die Reaktionen von der männlichen Seite fallen sehr unterschiedlich <strong>aus</strong>. Sie reichen von <br />
Unterstützung und Freude bis zur physischen Gewalt gegen Dafne, da sich Männer teilweise von <br />
Dafne persönlich angegriffen fühlen. Um ihre Forderungen und Verbesserungsvorschläge <br />
durchzusetzen, engagiert sich Dafne regelmässig öffentlich, bzw. sorgt dafür, dass ihre Aktionen auch <br />
öffentlich wahrgenommen werden. <br />
Einige Beispiele: <br />
* Emanzengala (anstelle von Helden wurden an einem Abend in Form von einer Gala Heldinnen <br />
vorgestellt, wobei Dafne sich sehr kritisch mit dem Begriff <br />
<strong>aus</strong>einandersetzte) <br />
* Safer Sex und Stop Aids‐Kampagne mit Vortragsabenden <br />
und Plakataktion <br />
* Vorträge zu unterschiedlichen Themen <strong>aus</strong> feministischer <br />
<strong>Sicht</strong> <br />
* Aktion „Goldener Phallus“ gegen Sexismus , bei dem Tally <br />
Weijl wegen seiner sexistischen Werbung mit dieser <br />
Auszeichnung versehen wurde <br />
* Ausstellungsprojekt im Rahmen von „25 Jahre Reitschule <br />
Bern“ <br />
* Diverse Artikel in der Zeitschrift „Megafon“ der Reitschule <br />
Bern <br />
Emanzengala: Eine von vielen Aktionen <br />
der Dafne <br />
5. Männer und <strong>Pornografie</strong> <br />
Der Umgang von Männern mit <strong>Pornografie</strong> wird insbesondere im Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> oft <br />
thematisiert. Ein zentrales, schon oft genanntes Argument gegen <strong>Pornografie</strong> ist, dass männliche <br />
Konsumenten den Bezug zur Realität verlieren und ihr erniedrigen<strong>des</strong> Frauenbild auf die Realität <br />
übertragen. Im Folgenden soll dies mithilfe eines Buches, das von Erfahrungen von Männern mit <br />
<strong>Pornografie</strong> handelt, untersucht werden: „Keine Ehrenrettung, kein Verdammungsurteil und kein <br />
Alibi ‐ Pornos zeigen, wie sie erlebt werden. Heimlichkeiten, Geständnisse, Versteckspiele, Träume, <br />
Beichten, Interviews <strong>aus</strong> der „Szene“, Liebesgedichte, Biografien, „Normales“ und „Perverses“, <br />
Ängste, Süchte, Hoffnungen, Spiele.“ 94 So leitet Matthias T. J.Grimme sein Buch „Käufliche Träume‐ <br />
Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong> “ ein. Darin beschreiben verschiedenste Männer und Frauen ihre <br />
(ersten) Begegnungen, Konfrontationen, Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>. <br />
42
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Bei den jungen Männern, die sich das erste Mal überhaupt ein Pornoheft oder einen Pornofilm <br />
ansehen, wiederholt sich oft das folgende Schema: Das anfängliche Zögern, die Scham, überhaupt <br />
ein Sexheft zu kaufen geschweige denn einen Sexshop zu betreten, dann das Hinterfragen, „bin ich <br />
anders als die anderen, und wer tut es sonst noch?“ Und schliesslich nach dem ersten Gebrauch, der <br />
Masturbation, die Identifikation mit den dargestellten Männern, die beginnende Abhängigkeit von <br />
Pornos. <br />
Das Buch stammt <strong>aus</strong> dem Jahre 1986 und wenn hier von <strong>Pornografie</strong> die Rede ist, sind meist <br />
Pornohefte, Abbildungen und seltener Filme gemeint. Dies, da zu dieser Zeit das Internet noch nicht <br />
für jeden zugänglich war und man sich <strong>des</strong>halb vorwiegend mit „Playboy“ etc. vergnügte. Einige <br />
Erfahrungen handeln von Sex‐Kinos, die damals ebenfalls noch nicht sehr weit verbreitet waren. Dass <br />
dazumal nicht jeder mit <strong>Pornografie</strong> in Kontakt kam, ist klar. Doch auch jene, die dies unbedingt <br />
wollten, erzählen von einem teils lusttötenden Scham‐ und Beklemmungsgefühl, nicht nur beim <br />
Beschaffen der <strong>Pornografie</strong>, auch beim Gebrauch und besonders danach, weil es damals noch als <br />
etwas Ekelhaftes, Schmutziges galt. <br />
Der Ruf der <strong>Pornografie</strong> hat sich in der Zwischenzeit total verändert. Es würde mich wundern, wenn <br />
heute überhaupt noch irgendein Pornokonsument, sei er alt oder jung, sich beim Anschauen von <br />
Internetpornos beschämt oder schmutzig fühlen würde. Heute ist <strong>Pornografie</strong> so normal, dass man, <br />
hier meine ich jugendliche Männer, sich eher schämen muss, wenn man noch nie einen Porno <br />
gesehen hat. <strong>Pornografie</strong> gehört in die Phase der Pubertät, noch bevor Sex für viele überhaupt zum <br />
Thema wird. <br />
Alarmierend in den Berichten dieses Buches finde ich die Rollenverwandlung, der die Konsumenten <br />
beim Pornokonsum erliegen: Einige der Männer schreiben über die dargestellten nackten Frauen, als <br />
hätten sie eine persönliche (Sex‐)Beziehung zu ihnen. Sie stellen sich vor, mit ihnen Sex zu haben, <br />
und die Realität vermischt sich mit dem Gesehenen. „Erwin konnte alle haben. Gut, nicht alle. Aber <br />
irreviele. T<strong>aus</strong>end min<strong>des</strong>tens. Auf alle Fälle so viele er wollte. Und schlapptittige Alte brauchte er <br />
gar nicht zu beachten.“ 95 Jener Erwin überlegt sich vor dem Onanieren, welche Abbildung er <br />
betrachte soll. Dabei erzählt er, dass er „momentan zwei haben kann“, sich nur noch entscheiden <br />
muss. Er stellt sich ihre Lust auf ihn vor, und bildet sich ein, wie eine der beiden sich räkelt, ihn mit <br />
halboffenem Mund anblickt und stöhnt. <br />
Auch bei anderen Berichten dieses Buches finde ich solche Ansätze. Dass die Pornowelt für diese <br />
Männer zur Realität wird, finde ich bedenklich. Ich kann mir vorstellen, dass sie dann im Umgang mit <br />
realen Frauen nur noch in der „Pornowelt“ denken können. Das Argument der Anti‐Porno‐<br />
Feministinnen, dass Pornokonsumenten nicht mehr zwischen der Realität und dem Porno <br />
unterscheiden können, ist für mich hiermit sicherlich teilweise bestätigt. <br />
<br />
43
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
5.1. Verknüpfung mit feministischer Kritik <br />
Interessant ist aber vor allem auch, wie Matthias T. J. Grimme sich selbst darstellt 96 : Im Vorwort <br />
spricht er von zwei Stimmen in seinem Kopf. Die moralische, die sich wegen der Erniedrigung und <br />
Gewalt, die in der <strong>Pornografie</strong> vorhanden sind, total dagegen <strong>aus</strong>spricht. Die andere erliegt seiner <br />
Lust, seiner Erregung beim Betrachten nackter Frauen, sie nimmt Frauen als Objekte wahr und geilt <br />
sich daran auf. Es ist ein sehr ehrlicher, intimer Blick, den Grimme uns in seinem Buch erlaubt. Er <br />
behandelt das Thema ohne Scham, ohne Verstecken, natürlich. Ein Kapitel seines Buches ist allein <br />
diesen zwei Stimmen gewidmet, der moralisch‐gesitteten, die mit der pornografienutzenden Stimme <br />
ein Interview führt, oder, besser gesagt, debattiert, denn das Interview artet in eine hitzige <br />
Diskussion inklusive Beleidigungen <strong>aus</strong> 97 . Dieses Kapitel steht für die alltägliche Debatte der <br />
<strong>Pornografie</strong>‐ Gegner/‐Befürworter. Es kommen typisch feministische Ansätze zur Sprache, die <br />
fehlende Moral wird angeprangert. <br />
Andererseits wird auch die <strong>Sicht</strong> der Leute „der Szene“ berücksichtigt, denen es <strong>aus</strong>schliesslich um <br />
die sexuelle Erregung geht, ohne Nebengedanken an Erniedrigung, fehlende Lust und Gewalt. Es <br />
endet damit, dass sich die „nackte Wirklichkeit“, wie er es nennt, von <br />
der emanzipatorischen Stimme nicht verbiegen lassen will und trotzig <br />
erwidert, sie habe sicherlich wegen diesem Gerede kein schlechtes <br />
Gewissen, und wenn, würde sie auch mit schlechtem Gewissen Pornos <br />
geil finden. <br />
Die moralische Stimme hat das letzte Wort: „Vielleicht diesmal noch...“ <br />
Hier zeigt sich meiner Ansicht nach ein weiteres Mal, dass dieses Buch <br />
nicht aktuell ist, da sich heutzutage die wenigsten Männer wohl solche <br />
Gedanken bezüglich der Moral, der Objektdarstellung der Frau im <br />
Porno etc. machen. Wenn ich mit Männern meines Alters über <br />
<strong>Pornografie</strong> sprach, reagierten <strong>aus</strong>nahmslos alle mit Unverständnis, <br />
wenn ich negative Aspekte der <strong>Pornografie</strong> zur Sprache brachte. <br />
Solange keine Gewalt – wobei ich mich frage, wo ihrer Meinung nach <br />
Gewalt anfängt – im Spiel ist, und auch keine harte <strong>Pornografie</strong> gezeigt wird, sind sie alle der Ansicht, <br />
der Konsum für Männer sei in Ordnung. Den Gesichtspunkt der Erniedrigung der Frau sehen sie nicht <br />
ein, bzw. sie erkennen ihn nicht. <br />
<br />
<br />
M. Grimme ist für seine <br />
sadomasochistische Literatur <br />
bekannt <br />
44
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
6. <strong>Pornografie</strong> ‐ heute <br />
<strong>Pornografie</strong> ist heute allgegenwärtig und ein kontrovers besprochenes Thema. Ob <strong>Pornografie</strong> in der <br />
heutigen Gesellschaft akzeptiert ist und tabufrei diskutiert wird, ist zu bezweifeln. Und doch kommt <br />
der schweizerische Durchschnittsjunge mit zehn Jahren erstmals mit <br />
dem Internet in Kontakt, wo die <strong>Pornografie</strong> nur drei M<strong>aus</strong>klicks weiter <br />
wartet. In meiner Altersklasse, also bei den sechzehn bis <br />
achtzehnjährigen Männern, gibt es keinen, der noch keine Pornos <br />
gesehen hat. Die amerikanische Soziologin und Feministin Gail Dines <br />
fasst dies so: „Der aufgeschlossene Mensch hat überhaupt kein <br />
Problem mit Pornos. Im Gegenteil. Porno ist alltagstauglich geworden, <br />
chic sogar.“ 98 Dines, die 2010 ein neues Buch mit dem Titel „Pornland. <br />
How porn has hijacked our sexuality“ her<strong>aus</strong>gab, beschäftigt sich mit <br />
der zunehmenden Gewalt im Porno. Diese ist hauptsächlich im Gonzo‐ Gail Dines <br />
Porno vertreten, der in der milliardenschweren Pornobranche enormen Erfolg hat. Gonzo‐Pornos <br />
definieren sich durch Frauen, die über zwanzig bis dreissig Minuten von einem bis zu drei Männern <br />
gleichzeitig penetriert werden, aber auch durch Oralsex im Stile von „Deep Throat“, wobei die <br />
Ejakulation auf die Frau das Ende bildet. Die Frauen werden laut Gail Dines erniedrigt, gedemütigt <br />
und geschlagen. <br />
Diese Art der <strong>Pornografie</strong> gilt aber nicht als harte <strong>Pornografie</strong>, ist also legal. Erschreckend ist, wie <br />
wenig sich die Pornoproduzenten um die Gesundheit ihrer Darstellerinnen sorgen. Vielmehr <br />
beunruhigt sie die Nachfrage nach mehr Brutalität, nach härteren Pornos. Die Grenze <strong>des</strong> gesetzlich <br />
Erlaubten ist aber beinahe erreicht. Die Produzenten versuchen demnach, Dinge, die nicht klar durch <br />
das Gesetz verboten sind, noch weiter <strong>aus</strong>zubauen. <br />
Dines betont, wie sehr <strong>Pornografie</strong> besonders die Vorstellung junger Männer von Sexualität präge <br />
und so deren Umgang mit Frauen beeinflusse. Umfragen, die Dines mit Männern im Studentenalter <br />
durchgeführt hat, bestätigen, dass diese genau jene Praktiken, die in Gonzo‐Pornos gezeigt werden, <br />
von ihren Partnerinnen verlangen. Willigen sie nicht ein, reagieren ihre Partner mit totalem <br />
Unverständnis. Vehement reagiert Dines auch auf das Klischee, für Pornodarstellerinnen sei ihr Beruf <br />
lediglich eine Verwirklichung ihres Hobbys. Mit wenigen Ausnahmen seien die Darstellerinnen <br />
schlecht <strong>aus</strong>gebildete, perspektivenlose Frauen, die sich von glamourösen Images verführen liessen <br />
und auf gutes Geld hofften. Pornodarstellerinnen seien Wegwerfware, endeten in schäbigen <br />
Bordellen, seien meist krank, drogensüchtig und psychisch kaputt. <br />
45
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
6.1 Die Auswirkungen der <strong>Pornografie</strong> auf Werbung, Mode‐ und Musikbranche <br />
Betrachtet man die heutige Situation der <strong>Pornografie</strong> und vergleicht sie mit jener vor dreissig, vierzig <br />
Jahren, als erste Proteste dagegen aufkamen, fällt auf, dass sich einiges verändert hat. Die <br />
<strong>Pornografie</strong> ist brutaler und <strong>aus</strong>gefallener als damals. <br />
Besonders verändert hat sich aber auch der Zugang zur <strong>Pornografie</strong>. Während man damals noch mit <br />
Schamgefühl einen „Playboy“ am Kiosk kaufte, sind heute über das Internet Gonzo‐Pornos bereits <br />
Kindern zugänglich. In meinem Alter finde ich keinen Mann, der noch nie einen Porno gesehen hat, <br />
während keine Frau jemals damit in Berührung gekommen ist. Es existieren alle erdenklichen ‐ und <br />
auch nicht erdenklichen ‐ legalen und illegalen Praktiken in der <strong>Pornografie</strong>: Sodomie, Nekrophilie <br />
und <strong>Pornografie</strong> mit Exkrementen. <br />
Aber auch in unserem Alltag ist das Motto „Sex sells“ präsent, und zwar nicht nur in der Werbung für <br />
Mode, sondern auch in der Musikindustrie. Auf Youtube, der weltweit grössten Video‐Community, <br />
findet man in gewissen Musikstilen wie Hip Hop und Pop vorwiegend Videos, in welchen halbnackte <br />
Frauen aufreizend tanzen. Die heutige Hip Hop‐ Kultur ist vom männlichen Geschlecht dominiert, das <br />
Frauen und Geld massenhaft zur Hand hat und sie somit zu Objekten macht, zu Objekten seiner <br />
sexuellen Begierde. Doch die Ansicht, dass Frauen Männern stets sexuell zur Verfügung stehen <br />
sollten, hat sich nun offenbar auch bei den Frauen festgesetzt. <br />
In Keri Hilsons Videoclip zum Song <br />
„The way you love me“ 99 tanzt sie <br />
mit etwa zehn anderen Frauen <br />
spärlich bekleidet. Sie fasst sich am <br />
ganzen Körper an und ahmt <br />
unverkennbar sexuelle Aktivitäten <br />
nach, wird somit auch dem Titel <br />
gerecht. Was ich an diesem Video <br />
befremdlich finde, ist, dass Keri Hilson Keri Hilson im Videoclip zu: „The way you love me“ <br />
sich selbst so darstellt, als wäre sie ein reines Sexobjekt, eine Prostituierte, für jeden zu haben und zu <br />
allem bereit. Und dies anscheinend mit Genuss. Mir erscheint das extrem selbsterniedrigend. Auch <br />
bei anderen weiblichen Sängerinnen beobachte ich einen Fokus auf die weibliche Sexyness und <br />
Nacktheit. <br />
Mit einer solchen Entwicklung hat der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> damals wohl nicht gerechnet. Seine <br />
Protagonistinnen forderten ja eine Zensur von <strong>Pornografie</strong>. Man kann sich fragen, welchen Erfolg die <br />
feministische Anti‐Porno‐Bewegung hatte. Werner Faulstich behauptet, eine totale Legalisierung der <br />
<strong>Pornografie</strong> hätte sie uninteressant gemacht und dazu geführt, dass heute weit<strong>aus</strong> weniger <br />
<strong>Pornografie</strong> konsumiert würde, als es nun der Fall ist 100 . Hat der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> nun falsch <br />
46
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
gehandelt? Hat die erhitzte Debatte um Erniedrigung und Gewalt die <strong>Pornografie</strong> sogar mehr ins <br />
Zentrum der Gesellschaft gerückt? <br />
6.2. Was hat der <strong>Feminismus</strong> erreicht? <br />
Natasha Walter, eine amerikanische Feministin, kommentiert in ihrem 2010 erschienenen Buch <br />
“Living Dolls, the return of sexism“ diesen ungeahnten Wandel: „I once believed that we only had to <br />
put in place the conditions for equality for the remnants of old‐fashioned sexism in our culture to <br />
wither away. I am ready to admit that I was wrong.“ 101 Walter sieht die Entwicklung, die Frauen <br />
sexualisiert und ihnen eintrichtert, dass sie nur mit Sexyness etwas erreichen können, als sehr <br />
beunruhigend an. Alles, worauf sie sich in ihrem Buch bezieht, ist schlussendlich auch mit der <br />
enormen Expansion der <strong>Pornografie</strong> durch das Internet verlinkt. Dadurch, dass <strong>Pornografie</strong> <br />
mainstreamtauglich geworden ist, sei sie nun ein nicht mehr wegzudenkender Teil im Sexleben von <br />
Frauen wie von Männern 102 . <br />
Genau wie Dines beschreibt auch Walter Kinder, die, bevor sie überhaupt jemals eine Beziehung <br />
hatten, geschweige denn sexuellen Kontakt, schon hunderte von Erwachsenen beim Sex beobachtet <br />
haben – im Porno. <strong>Pornografie</strong> sei nicht mehr länger etwas, das zum Sexualleben gehöre, sondern <br />
vielmehr etwas, das erlebtem Sex vor<strong>aus</strong>gehe. 103 <br />
Die Jugendlichen kämen kaum noch in Kontakt mit Kritik an der <strong>Pornografie</strong>, weil Pornokonsum als <br />
normal gelte, weil jeder es tue, und besonders, weil die klassische <br />
(radikal‐)feministische Kritik mehr und mehr verschwinde. Immer mehr <br />
Feministinnen fänden sich mit der Situation ab oder befürworteten <br />
Pornos sogar mit den Argumenten <strong>des</strong> Pro‐Porno‐<strong>Feminismus</strong>: Pornos <br />
ermutige Frauen dazu, offener mit ihrer Sexualität umzugehen, rege zu <br />
Neuem an, bringe mehr Leben und Genuss in die Sexualität der <br />
Frauen. 104 Dass <strong>Pornografie</strong> ganz sicher nicht ein Weg für Frauen ist, zu <br />
ihrer eigenen Sexualität zu stehen, sich befreit zu fühlen, zeigt Walter <br />
anhand der kontinuierlich ansteigenden Schönheitsoperationen in den <br />
UK. 105 Auf einer Website eines Chirurgen, der auf den weiblichen <br />
Genitalbereich spezialisiert ist, steht unter anderem: Viele Frauen bring‐ <br />
en uns „Playboy“ und sagen, dass sie so <strong>aus</strong>sehen wollen, wie die im Heft <br />
Living Dolls: Das Buch, in <br />
welchem Natasha Walter ihre <br />
früheren Aussagen revidiert <br />
dargestellten Frauen. Wäre <strong>Pornografie</strong> wirklich eine Möglichkeit für die sexuelle Befreiung der <br />
Frauen, würden sie nicht zunehmend versuchen, in vorgegebene, enge Ideale zu passen. 106 <br />
Walter interviewte einen <strong>Pornografie</strong>abhängigen, der seit seiner frühesten Kindheit Pornos <br />
konsumiert. Jener berichtete von Beziehungen, die wegen seiner Sucht zu Bruch gingen. Auch konnte <br />
er Sex nie als etwas sehen, das gefühlt wird, sondern erlebte ihn als aufgeführt, wie dies im Porno <br />
47
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
der Fall ist. Auch er, der auf einen bald vierzigjährigen Konsum zurückblicken kann, findet die heutige <br />
<strong>Pornografie</strong> sehr beunruhigend. Die Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht, so etwas habe er früher nie <br />
zu Gesicht bekommen. Er bestätigt, was auch Sexologin Schütz über <strong>Pornografie</strong> sagte: „Hast du <br />
einmal Pornos gesehen, vergisst du es nie mehr, so sehr du auch willst.“ 107 Abschliessend meint <br />
Walter: „Auch wenn es nicht möglich ist, <strong>Pornografie</strong> zu zensieren, wir müssen versuchen, <br />
„pornofreie“ Zonen zu gestalten, in der Öffentlichkeit gen<strong>aus</strong>o wie privat.“ 108 <br />
Ich glaube nicht, dass der <strong>Feminismus</strong> der Grund war, warum heute die Pornobranche zu einem <br />
Milliardengeschäft geworden ist. Sicher hat die Debatte in den achtziger Jahren die Aufmerksamkeit <br />
auf die <strong>Pornografie</strong> gelenkt, doch hat der Anti‐Porno‐<strong>Feminismus</strong> Wesentliches zur Prävention <br />
beigetragen. <br />
Hätte die PorNO‐Kampagne beispielsweise nie stattgefunden, wäre das Gesetz gegen <br />
Kinderpornografie erst viel später in Kraft getreten. Wenn der <strong>Feminismus</strong> nicht seine Kritik an der <br />
Erniedrigung der Frau formuliert hätte, so denke ich, würde man heute Gewaltpornos wohl als <br />
normal ansehen. Meiner Ansicht nach erachten auch viele Jugendliche, die nie mit feministischer <br />
Kritik an <strong>Pornografie</strong> in Berührung gekommen sind, Gewaltpornos als normal. <br />
7. <strong>Pornografie</strong> ‐ und wie weiter? <br />
Die Frage, wie die <strong>Pornografie</strong> der Zukunft <strong>aus</strong>sehen wird, kann keiner beantworten. Jedoch lässt sich <br />
darüber spekulieren. Wie bereits erklärt, brutaler und härter können die aktuellen Gonzo‐Pornos <br />
wohl kaum werden, da sie sonst gegen das Gesetz verstossen würden. Welche Alternativen bieten <br />
sich an? Ein mögliches Szenario wäre, dass die Pornokonsumenten, die auf Gewalt‐ und <br />
Brutalitätspornos fixiert sind, sich allmählich langweilen und ihren Konsum verringern bzw. sogar <br />
einstellen. Es könnte also etwas Ähnliches wie ein „Sättigungseffekt“ eintreten: Durch das Ansehen <br />
der ewiggleich ablaufenden Pornos vergeht die Lust daran nach und nach. Möglicherweise würden <br />
dann wieder zunehmend Hefte als Masturbationsmaterial gebraucht, da dies eine andere Form von <br />
<strong>Pornografie</strong> ist, die womöglich als interessanter empfunden wird. <br />
Auch kann ich mir zunehmende Bordellbesuche als Folge der Abwendung von Pornos vorstellen, da <br />
die Männer einen anderen Weg bräuchten, ihren Trieb zu befriedigen. Auf jeden Fall würden die <br />
Umsätze der Pornoindustrie in diesem Szenario stark zurückgehen. Falls sich kein solcher <br />
Sättigungseffekt einstellt, stehen die Pornoproduzenten bald vor einem Problem. Da die Nachfrage <br />
nach mehr Brutalität nicht zu befriedigen sein wird, müssten sie sich nach Alternativen umsehen. <br />
Alternativen, die aber nicht bereits vorhanden sind. <br />
48
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
Eventuell wird sich die Art der Pornos grundsätzlich ändern, weg vom typischen Porno‐Muster, das <br />
Henner Ertel als „Fastfood‐Sexualitäts‐Fiktionen“ 109 bezeichnet, weil dabei sexuelle Kontakte ähnlich <br />
ablaufen wie Besuche in Fast‐Food‐Restaurants: Schnell, problemlos, erfolgreich. Der Porno <br />
bestünde dann nicht nur <strong>aus</strong> Sex, bzw. sexuellen Aktivitäten, sondern hätte beispielsweise eine <br />
längere Vorgeschichte, würde deutlich mehr Konversationen enthalten. Der Schwerpunkt läge nicht <br />
auf dem männlichen Orgasmus, sondern auf den sexuellen Interaktionen zwischen Mann und Frau, <br />
die sich auf gleicher Ebene begegnen würden. Dies wäre das Szenario, das PorYES begrüsst und sogar <br />
für wahrscheinlich hält. <br />
Allerdings erachte ich vorwiegend die Männer als Konsumenten, während PorYES mit einem <br />
enormen Zulauf an Pornokonsumentinnen rechnet, die dann schliesslich auch die Männer auf den <br />
Geschmack bringen. An diese Entwicklung glaube ich persönlich nicht. <br />
Dass es auch in Zukunft noch einen erheblichen Teil an männlichen Pornokonsumenten gibt, die sich <br />
auf ganz bestimmte, brutale oder sonst wie <strong>aus</strong>gefallene Techniken im Porno konzentrieren, <br />
bezweifle ich nicht. Deshalb liegt die Annahme nicht fern, dass <strong>Pornografie</strong> in Zukunft zunehmend <br />
auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden könnte. Dem ist bekanntlich heute schon so, Zahlen über <br />
den Schwarzmarkt existieren aber logischerweise nicht. <br />
Natürlich kann man auch davon <strong>aus</strong>gehen, dass zukünftig alles gleich bleiben wird, auf <br />
Konsumenten‐ wie auf Produzentenseite. In der nahen Zukunft mag dies der Fall sein, doch ich bin <br />
mir sicher, dass sich eine Entwicklung abzeichnen wird. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass sich <br />
zukünftig ein Sättigungseffekt einstellen wird. Dies bestätigt eine Studie <strong>aus</strong> den USA, die der <br />
amerikanische Wissenschaftler Ogi Ogas durchführte 110 . Er untersuchte eine Million der weltweit <br />
reichweitstärksten Websites nach ihrem Inhalt. Davon sind 42’337 pornografisch, was knapp vier <br />
Prozent <strong>aus</strong>macht. Andere Studien gingen von einer deutlich höheren Verbreitung <strong>aus</strong>, so Ogas. Auch <br />
sei die Zahl pornografischer Suchanfragen gegenüber den Anfängen <strong>des</strong> Internet massiv gesunken. <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
49
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
8. Wie ich zur <strong>Pornografie</strong> stehe <br />
Meine Einstellung zur <strong>Pornografie</strong> habe ich schon anfangs kurz erläutert. Dass ich der heutigen <br />
<strong>Pornografie</strong> negativ begegne und einen feministischen Standpunkt einnehme, ist klar. Das bedeutet <br />
aber nicht, dass ich mit Alice Schwarzer und den Anti‐Porno‐Feministinnen einer Meinung bin. Wie <br />
schon <strong>aus</strong> meiner kritischen Analyse hervorgeht, bin ich mit vielen ihrer Argumentationen nicht <br />
einverstanden. Den Ausgangspunkt ihrer Diskussionen kann ich aber nachvollziehen: Die <br />
erniedrigende Darstellung der Frau, das Machtgefälle, das Degradieren zum Sexobjekt, welches <br />
Pornokonsumenten weitgehend beeinflusst, ist eine Tatsache. Was heutzutage in Pornos gezeigt <br />
wird, ist für mich noch immer unvorstellbar, extrem brutal und erniedrigend. Weil ich mich als Frau <br />
der heutigen „Porno‐Generation“ davon betroffen fühle, ist die Erschütterung, Empörung, und der <br />
Wille, etwas gegen diese Branche zu tun, auch bei mir vorhanden. <br />
Dass diese Pornos eine starke Wirkung, besonders auf junge Männer <strong>aus</strong>üben, beunruhigt mich. Sie <br />
vermitteln ein total realitätsfrem<strong>des</strong> Frauenbild und setzen Männer auch sexuell unter Druck. Gerade <br />
für jene, die sich grundsätzlich überhaupt nicht für <strong>Pornografie</strong> interessieren, wird es schwierig, ihr <br />
zu entkommen. Sei dies in Spam‐ und Junkmails, in Werbeanzeigen oder auf dem Handy, <strong>Pornografie</strong> <br />
ist überall vorhanden. Männner, die pornoabhängig sind, können ihre eigene Sexualität nicht <br />
entfalten, sie wird vielmehr eingedämmt. Erwiesenermassen haben Pornoabhänige oftmals sexuelle <br />
Probleme mit Frauen, das heisst sie leiden unter Impotenz, fehlender Lust etc., weil sie so stark auf <br />
eine bestimmte Art von <strong>Pornografie</strong> fixiert sind. 111 <br />
Mit der Vorstellung, dass Männer in meinem Umkreis Gewaltpornos konsumieren, komme ich nicht <br />
klar. Ich bin mir sicher, dass einen Internetpornos jeglicher Art beeinflussen und dass Gonzo‐Pornos <br />
und andere, die Gewalt und Brutalität zum Inhalt haben, die Neigung zur Aggressivität vergrössern <br />
und die Empathiefähigkeiten einschränken. <br />
Auch den Einfluss, den <strong>Pornografie</strong> auf die Gesellschaft hat, betrachte ich als negativ. An den <br />
Werbungen, die von Sexismus dominiert sind, aber nicht als sexistisch wahrgenommen werden, zeigt <br />
sich die zunehmende „Abstumpfung“ unserer Gesellschaft. Die grösste Gefahr stellt <strong>Pornografie</strong> <br />
meiner Meinung nach für Frauen (und Kinder) dar. Frauen sind einem Sexismus <strong>aus</strong>gesetzt, der sie <br />
zur Ware macht und in typischen Rollenbildern wiedergibt, ob nun als saubere H<strong>aus</strong>frau und Mutter, <br />
die sich einzig um das Wohl ihrer Familie zu sorgen hat, oder dann als Prostituierte, die als sexuell <br />
Befreite betrachtet werden sollte. Sie enttäuschen ihre Partner, wenn sie diese oder jene Praktik, die <br />
in jedem Porno zu sehen ist, nicht mitmachen wollen. Auch sind sie je länger je mehr <br />
Sexualstraftaten <strong>aus</strong>gesetzt, die von der <strong>Pornografie</strong> herrühren 112 . Deshalb sehe ich durch<strong>aus</strong> einen <br />
Zusammenhang zwischen <strong>Pornografie</strong> und Sexualstraftaten. Ich denke aber, dass nur bei Männern, <br />
50
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
die ohnehin zu Gewalt und Aggressivität neigen, oder bei solchen, die einen exzessiven 1 <br />
Pornokonsum aufweisen, ein Zusammenhang zwischen Straftaten und Pornokonsum bestehen <br />
könnte. <br />
Positives kann ich der <strong>Pornografie</strong> wenig abgewinnen. Sie trägt zur steigenden Akzeptanz von <br />
Sexologen und Sexualforschern bei und kann bestimmt für lustlose Paare von Bedeutung sein, und zu <br />
Neuem animieren. Ebenso wirkt das Anschauen von Pornos auf gewisse Männer wie ein Ventil, <br />
infolge<strong>des</strong>sen verhindert <strong>Pornografie</strong> das Ausleben ihrer Fantasien in der Realität. Dass das <br />
Gesehene dennoch das Denken, sowie das Frauenbild jener Männer entscheidend prägt, liegt meiner <br />
Meinung nach auf der Hand. <br />
Aus meiner <strong>Sicht</strong> hat <strong>Pornografie</strong> zwar zur sexuellen Befreiung beigetragen, wobei wir heute in der <br />
<strong>Pornografie</strong> nicht an einem Punkt der sexuellen Befreiung stehen. Beispiele wie das genannte Video <br />
von Keri Hilson bestätigen mir die männliche Dominanz, was Sexualität anbelangt, und dass Frauen <br />
sich bis heute, bzw. heute noch stärker als früher, sexuell nicht frei fühlen können. <br />
<strong>Pornografie</strong> gänzlich abzuschaffen erachte ich als unsinnig, möglich ist es Internet sei Dank ohnehin <br />
nicht. Aber etwas gegen diese wachsende Industrie zu unternehmen, scheint mir unerlässlich. <br />
Wie Natasha Walter denke auch ich, dass es wichtig ist, <strong>Pornografie</strong> von gewissen Gebieten <strong>des</strong> <br />
Privat‐ wie <strong>des</strong> öffentlichen Lebens fernzuhalten. Ich persönlich würde beispielsweise Müttern mit <br />
bald pubertierenden Jungen empfehlen, das Internet zu sperren, wenn sie länger nicht zu H<strong>aus</strong>e sind. <br />
Natürlich kann man den Pornokonsum eines Jugendlichen nicht hundertprozentig kontrollieren, <br />
natürlich gelangt er an <strong>Pornografie</strong>, wenn er dies unbedingt will. <br />
Dennoch erachte ich solche Vorbeugemassnahmen als nötig. Denn die <strong>Pornografie</strong> entwickelt sich <br />
schnell und sie expandiert. Ich kann mir kaum vorstellen, wie sich diese Branche noch weiter <br />
<strong>aus</strong>weiten lässt, aber es wird wahrscheinlich dazu kommen. Ich bin extrem besorgt, was die Zukunft <br />
der <strong>Pornografie</strong> angeht. Von den vorgestellten möglichen Szenarien würde ich einen Sättigungseffekt <br />
mit anschliessendem Rückgang <strong>des</strong> Umsatzes dieser Milliardenbranche begrüssen. <br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
1 Mit „exzessiv“ meine ich Konsumenten, die sich überwiegend oder sogar nur noch mit Pornos selbst <br />
befriedigen können, wenn dies der Fall ist, werde es kritisch, bestätigt auch E. Schütz<br />
51
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
9. Meine Maturitätsarbeit ‐ ein Rückblick <br />
Schon bei der Wahl dieses Themas war mir bewusst, dass es schwierig werden würde, sich damit <br />
eingehend zu befassen und Schlüsse <strong>aus</strong> den verschiedenen Theorien zur <strong>Pornografie</strong> zu ziehen. Von <br />
meiner Familie wurde ich gewarnt, mich nicht in dieses Thema zu begeben, da die Maturitätsarbeit <br />
aufgrund meiner Einstellung zum Pamphlet werden würde. Nichts<strong>des</strong>totrotz wagte ich es, dieses <br />
Thema anzugehen. <br />
In meiner Einleitung habe ich geschrieben, dass mir aufgrund der Reaktionen meiner KollegInnen <br />
aufgefallen ist, dass <strong>Pornografie</strong> immer noch ein Tabuthema ist, das nicht offen angesprochen <br />
werden kann. Dass aber praktisch jeder Mann Pornos schaut, und dies mit Vergnügen und ohne <br />
Schamgefühl, zeigt wiederum diesen Widerspruch: In der Öffentlichkeit gilt <strong>Pornografie</strong> als tabu, <br />
privat ist sie sogar Vor<strong>aus</strong>setzung für spätere sexuelle Erfahrungen. <br />
Während dem Arbeitsprozess lernte ich extrem viel dazu, nicht nur über <strong>Pornografie</strong> im Speziellen, <br />
auch über das Verfertigen einer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit: Beispielsweise las ich <br />
anfangs alles viel zu genau durch, bis mir klar wurde, dass es nicht möglich war, fünfzehn Bücher <br />
noch vor der Schreibphase zu lesen, und dass ich mich ganz im Thema verlieren würde. Nachdem ich <br />
mich eingelesen hatte, wurde mir auch klar, dass ich mich auf die Anti‐Porno‐Bewegungen in den <br />
USA sowie in Deutschland beschränken würde. In der Schweiz hat dieses Thema bisher keine hohen <br />
Wellen geschlagen, ein Gesetz gegen <strong>Pornografie</strong> wurde von kaum jemandem in der Schweiz <br />
gefordert 113 . <br />
Andrea Dworkin beschreibt in ihrem bekanntesten Buch „<strong>Pornografie</strong>: Männer beherrschen Frauen“, <br />
wie sehr ihr der Konsum von harter <strong>Pornografie</strong> zugesetzt habe, wie sie sich mit der Zeit vereinsamt <br />
fühlte und fast paranoid wurde. 114 Nicht dass es mir so ergangen wäre, aber nur schon durch das <br />
Lesen von Büchern war ich teilweise so schockiert, dass ich mich gezielt mit einer anderen Tätigkeit <br />
ablenken musste. Schwer erträglich waren gewisse bekannte Pornofilme, die in der Literatur <br />
detailliert beschrieben waren, Pornodarstellerinnen, die von ihrem Leben berichteten oder eine <br />
Anekdote über das Leben von Marquis de Sade. Es gab immer wieder schockierende, befremdende, <br />
alarmierende Dinge, die ich im Gespräch mit meiner Familie oder mit engen Freunden oft zu <br />
verarbeiten versuchte. In solchen Phasen musste ich mich von meiner Arbeit distanzieren, da ich <br />
mich persönlich betroffen fühlte und sich ein genereller Männerhass in mir breit machte. Gerade das <br />
war die Schwierigkeit, auf die mich meine Familie hingewiesen hatte. <br />
Das Analysieren und Kommentieren verschiedener wissenschaftlicher und feministischer Theorien <br />
war etwas vom Interessantesten an der gesamten Arbeit, gerade weil ich Parallelen erkennen <br />
konnte. Ich realisierte, wie wichtig es ist, genau zu lesen, Formulierungen zu untersuchen und zu <br />
deuten. Spannend war es auch, die Manipulationstechnik auf der Pro‐ wie auf der Anti‐Porno Seite zu <br />
52
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
durchschauen. Während die Anti‐Porno‐Feministinnen zwar emotional argumentieren, ihre <br />
<strong>Sicht</strong>weise aber deutlich zum Ausdruck kommt, bemerkte ich bei liberaler bis Pro‐Porno‐Literatur, <br />
dass kein klarer Standpunkt vertreten wird. In Angela Frischaufs Buch beispielsweise setzt diese sich <br />
nicht klar und kritisch mit <strong>Pornografie</strong> <strong>aus</strong>einander, ihre Argumente bleiben auf einer oberflächlichen <br />
Ebene. Die vielen „ich denke eher, ich würde sagen, vielleicht...etc.“ sind bemerkenswert, wirken <br />
unsicher und lassen an der Ernsthaftigkeit der Darstellung zweifeln. <br />
Dass in so allgemeingültigen Regelwerken wie dem schweizerischen Strafrecht schwammige <br />
Formulierungen und Beschreibungen vorhanden sind, erstaunt mich jetzt noch. Sehr interessant war <br />
auch die <strong>Sicht</strong>weise der Männer, die von ihrem Pornokonsum berichten und teilweise Aufschluss auf <br />
andere Theorien gaben. Der geschichtliche Aspekt meiner Arbeit ist natürlich sehr wichtig, zumal die <br />
Anti‐Porno‐Bewegung etwa dreissig Jahre zurückliegt, und ich so ständig die Vergangenheit mit der <br />
heutigen Situation vergleichen musste. So stiess ich auf entscheidende Veränderungen, die in der <br />
Folge den heutigen <strong>Feminismus</strong> stark beeinflussten. <br />
Überhaupt machten mir Vergleiche, das Abwägen von Argumenten und genaue Hinterfragen Spass. <br />
Die Motivation für meine Arbeit verlor ich nie, ich war und bin noch immer total engagiert bei diesem <br />
Thema. Gerade weil ich das Gefühl habe, etwas gegen diese „Pornografisierung“ tun zu müssen, und <br />
ich die Situation in der Pornoindustrie nicht ändern kann, finde ich es wichtig, meine Haltung <br />
wenigstens in meiner Maturitätsarbeit darzulegen. <br />
10. Danksagung <br />
An dieser Stelle möchte ich mich bei Frau Dorothee Kohler, meiner Betreuungslehrperson für ihre <br />
Unterstützung, sei es bei der Wahl <strong>des</strong> Themas oder bei Schreibblockaden, für die zuverlässige <br />
Beantwortung meiner Fragen während <strong>des</strong> Arbeitsprozesses und ihre Ratschläge bedanken. Auch <br />
danke ich Martin Schneider dafür, dass er sich die Zeit nahm, diese umfangreiche Arbeit <br />
durchzulesen und mir Rückmeldungen zu geben. Pascal Schindler, der mir beim Layouten tatkräftig <br />
zur Seite stand und mir allfällige Ärgernisse ersparte, gebührt ebenfalls mein Dank. <br />
<br />
<br />
<br />
53
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
11. Anhang <br />
11.1. Quellen <br />
11.1.1 Literatur <br />
• Grimme, Matthias T.J.: Käufliche Träume‐ Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>, Rowohlt <br />
Taschenbuch Verlag, 1986 <br />
• Sohn, Frederike: <strong>Pornografie</strong>‐ Anleitung zur sexuellen Gewalt?, Verlag Dr. Kovac, 1995 <br />
• Selg, Herbert, unter Mitarbeit von Mathilde Bauer: <strong>Pornografie</strong>‐ Psychologische Beiträge zur <br />
Wirkungsforschung, Verlag Hans Huber Bern, 1986 <br />
• Schwarzer, Alice: PorNO‐ Opfer und Täter‐ Gegenwehr und Backlash‐ Verantwortung und <br />
Gesetz, Verlag Kiepenheuer & Wintsch, 1994 <br />
• Frischauf, Angela: Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, <br />
Diplomica Verlag, 2009 <br />
• Bundi, Dr. iur. Marco: Der Straftatbestand der <strong>Pornografie</strong> in der Schweiz‐ mit <br />
rechtsvergleichendem Blick auf Deutschland und die USA, Stämpfli Verlag AG Bern, 2008 <br />
• Schmitter, Leena: <strong>Feminismus</strong> und <strong>Pornografie</strong> in der Deutschschweiz(1975‐1992), Verlag <br />
Traugott Bautz GmbH, 2010 <br />
• Dworkin, Andrea: PORNOGRAFIE‐ Männer beherrschen Frauen, Emma‐Frauenverlags‐GmbH <br />
Köln, 1987 <br />
• Walter, Natasha: Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010 <br />
11.1.2. Zeitungsartikel <br />
• Signer, David: Die nackte Gefahr, NZZ am Sonntag, 12.09.2010 <br />
• Weber, Bettina: Stress im Pornoland, Tagesanzeiger, 06.08.2010 <br />
11.1.3. Interviews: <br />
• Interview mit Frau Esther Elisabeth Schütz, klinische Sexologin ISI, 4.10.10 <br />
• Antwort auf mein E‐Mail von Nicolai Diamant, zuständig für Kommunikation bei Tally Weijl, <br />
29.09.10 <br />
• Schriftliches Interview mit Fabienne Amliger, aktive Feministin bei Dafne, Gründerin der <br />
Vorläufergruppe von Dafne, Mail 2011 <br />
54
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
11.1.4 Bildnachweise <br />
<br />
• PorNO‐ Signet, http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐2007/septemberoktober‐<br />
2007/dossier‐por‐no‐5‐2007/, 20.10.11 <br />
• PorYES‐ Logo, http://www.poryes.de/, 20.10.11 <br />
• Andrea Dworkin, http://www.google.ch/imgres?q=andrea+dworkin 20.10.11 <br />
• Alice Schwarzer, http://www.google.ch/imgres?q=alice+Schwarzer / 20.10.11 <br />
• EMMA Ausgabe 8/1978, http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐1978/august‐1978/, <br />
20.10.11 <br />
• EMMA Ausgabe Winter 2011, http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐2011/winter‐2011/, <br />
20.10.11 <br />
• Herbert Selg, http://www.google.ch/imgres?q=herber+selg, 21.10.11 <br />
• <strong>Pornografie</strong>‐Report, <br />
http://www.booklooker.de/app/detail.php?id=588916956&setMediaType=0&&sortOrder=, <br />
21.10.11 <br />
• Friederike Sohn, http://www.pressebox.de/pressemeldungen/dasoertliche‐service‐undmarketinggesellschaft‐mbh/boxid/302399, 20.10.11 <br />
• Wendy McElroy, http://www.google.ch/imgres?q=wendy+mcelroy, 20.10.11 <br />
• Tally Weijl Werbeplakat, <br />
http://home.frognet.net/~mcfadden/evu/Ellen_von_Unwerth_Tally_Weijl_Fall_2005.htm, <br />
• PorYES Auster, <br />
http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=46&Itemid=89 <br />
• Dafne‐ Emanzengala‐Flyer, http://www.google.ch/imgres?q=Das+feministische+netz+bern, <br />
20.10.11 <br />
• M. T.J. Grimme; Das Bondage‐Handbuch <br />
http://www.google.ch/imgres?q=Das+feministische+netz+bern, 20.10.11 <br />
• Gail Dines, https://ubcpsych350.wordpress.com/2011/04/01/gail‐dines‐on‐porn‐feminismand‐capitalism/, 20.10.11 <br />
• Keri Hilson; „The way you love me“, <br />
http://www.google.ch/imgres?q=keri+hilson+the+way+you+love+me, 20.10.11 <br />
• Natasha Walter: Living Dolls, http://www.google.ch/imgres?q=living+dolls+natasha+walter <br />
20.10.11 <br />
11.2 Anmerkungen<br />
1 Signer, David, Die nackte Gefahr, NZZ am Sonntag, 12.09.2010<br />
2 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 7<br />
3 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 24<br />
4 Alice Schwarzer, PorNO, Kiepenheuer & Wintsch, 1994, S.11<br />
5 Alice Schwarzer, PorNO, Kiepenheuer & Wintsch, 1994, S. 40<br />
6 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 22<br />
7 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 26<br />
8 http://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_T._J._Grimme, 10.10.2011<br />
9 Matthias T. Grimme, Käufliche Träume, Rowohlt Taschenbuch, 1986, S. 12<br />
10 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S.7<br />
11 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S.8<br />
55
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
12 http://www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a197.html, 11.09.2011<br />
13 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 27<br />
14 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 27<br />
15 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 28<br />
16 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 28<br />
17 http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Pornografie</strong>#Herkunft_<strong>des</strong>_Begriffs, 14.09.2011<br />
18 http://dejure.org/gesetze/StGB/184.html, 20.10.11<br />
19 Dr. iur. Marco Bundi, Der Straftatbestand der <strong>Pornografie</strong> in der Schweiz, Stämpfli Verlag AG Bern, <br />
2009, S. 294‐295, Deutschland S.197<br />
20 Dr. iur. Marco Bundi, Der Straftatbestand der <strong>Pornografie</strong> in der Schweiz, Stämpfli Verlag AG Bern, <br />
2009, S. 24<br />
21 http://www.nacktetatsachen.at/statistiken‐pornographie.html, 19.10.11<br />
22 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S.23<br />
23 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 23<br />
24 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 26‐27<br />
25 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010 S. 77<br />
26 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010 S. 77‐78<br />
27 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 10.10.11<br />
28 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 27<br />
29 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 79<br />
30 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 78‐79<br />
31 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 79<br />
32 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 80<br />
33 http://www.hdg.de/lemo/html/biografien/SchwarzerAlice/index.html, 12.07.11 <br />
http://www.aliceschwarzer.de/zur‐person/alice‐autobiografischetexte/anmerkungen‐zu‐meinemleben/, 12.07.11<br />
34 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, Kapitel: DIE BEGRÜNDUNG‐ <br />
Warum ein Anti‐Pornogesetz her muss, S.43ff<br />
35 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S.11<br />
36 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, Kapitel: Die Würde der Frau ist <br />
antastbar, S. 34ff.<br />
37 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 44<br />
38 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, Kapitel: Die Würde der Frau ist <br />
antastbar, S. 43ff<br />
39 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S.40‐42<br />
40 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 44<br />
41 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 126<br />
42 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, Kapitel: Auch Experten wollen ein <br />
Gesetz‐ Was beim Anti‐Porno‐Hearing in Bonn her<strong>aus</strong>kam, S. 53ff<br />
43 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, Kapitel: Gesetz gegen <br />
Kinderpornografie‐ Der erste Schritt, S. 59ff<br />
44 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 126<br />
45 http://www.aliceschwarzer.de/zur‐person/alice‐autobiografischetexte/anmerkungen‐zu‐meinemleben/, 12.07.11<br />
46 http://www.emma.de/ressorts/artikel/vergewaltigung/thema‐sex‐macht‐gewalt/, 11.09.11<br />
47 (http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐2011/winter‐2011/der‐traum‐vom‐porno‐star, 11.09.11<br />
56
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
48 http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐2005/septemberoktober‐2005/top‐themen/hass‐rapper/, <br />
11.09.11<br />
49 http://www.emma.de/kampagnen/grosse‐themen‐pornografie/, 11.09.11<br />
50 http://www.emma.de/hefte/<strong>aus</strong>gaben‐2011/winter‐2011/maenner‐gegen‐pornografie/, 14.09.11<br />
51 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 14.09.11<br />
52 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 11<br />
53 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 13<br />
54 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 14‐15<br />
55 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 59‐60<br />
56 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 69<br />
57 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 73<br />
58 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 74<br />
59 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 77<br />
60 Alice Schwarzer, PorNO, Verlag Kiepenheuer und Wintsch, 1994, S. 117<br />
61 Catherine A. McKinnon, Nur Worte, Fischer 1994, S.22, zitiert nach Alice Schwarzer, S. 74<br />
62 Andrea Dworkin, <strong>Pornografie</strong>, Männer beherrschen Frauen, S.242<br />
63 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 25<br />
64 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 14.09.11<br />
65 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 47‐49<br />
66 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 60‐61<br />
67 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 150<br />
68 Dr. iur. Marco Bundi, Der Straftatbestand der <strong>Pornografie</strong> in der Schweiz, Stämpfli Verlag AG Bern, <br />
2009, S. 17<br />
69 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 32<br />
70 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 145<br />
71 Dr. iur. Marco Bundi, Der Straftatbestand der <strong>Pornografie</strong> in der Schweiz, Stämpfli Verlag AG Bern, <br />
2009, S. 294‐295, Deutschland S. 20<br />
72 Sohn, Frederike, <strong>Pornografie</strong>‐ Anleitung zur sexuellen Gewalt?, Verlag Dr. Kovac, 1995, S.88‐90<br />
73 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S.33‐35<br />
74 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 31<br />
75 Interview mit Frau Esther Elisabeth Schütz, klinische Sexologin ISI, 4.10.10<br />
76 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 28<br />
77 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 10.10.11<br />
78 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 29<br />
79 79 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 10.10.11<br />
80 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 10.10.11<br />
81 http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,535158,00.html, 12.09.11<br />
82 http://www.wendymcelroy.com/articles/14‐fem__sicht.html, 14.09.11<br />
83 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 38<br />
84 Antwort auf mein E‐Mail (an contact@tally‐weijl.com) von Nicolai Diamant, zuständig für <br />
Kommunikation bei Tally Weijl, 26.09.10<br />
85 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2&Itemid=2, 19.10.11<br />
86 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=89:tagesanzeiger&catid=<br />
6:pressespiegel&Itemid=88. 19.10.11<br />
57
Maturitätsarbeit 2012 KZO Wetzikon Pia Schneider <br />
87 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=63:20minch‐<br />
20102009&catid=6:pressespiegel&Itemid=88, 19.10.11<br />
88 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2&Itemid=2, 19.10.11<br />
89 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=6&Itemid=6, 19.10.11<br />
90 http://www.poryes.de/index.php?option=com_content&view=article&id=54:derwesten‐<br />
19102009&catid=6:pressespiegel&Itemid=88, 19.10.11<br />
91 Herbert Selg, <strong>Pornografie</strong>, Verlag Hans Huber Bern, 1986, S. 73<br />
92 Interview mit Frau Esther Elisabeth Schütz, klinische Sexologin ISI, 4.10.10<br />
93 Schriftliches Interview mit Fabienne Amliger, aktive Feministin bei Dafne, Gründerin der <br />
Vorläufergruppe von Dafne<br />
94 Matthias T.J. Grimme, Käufliche Träume‐ Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>, Rowohlt Taschenbuch <br />
Verlag GmbH, 1986, Vorwort S. 9‐10<br />
95 Matthias T.J. Grimme, Käufliche Träume‐ Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>, Rowohlt Taschenbuch <br />
Verlag GmbH, 1986, S.102<br />
96 96 Matthias T.J. Grimme, Käufliche Träume‐ Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>, Rowohlt Taschenbuch <br />
Verlag GmbH, 1986, Vorwort S. 9‐10<br />
97 Matthias T.J. Grimme, Käufliche Träume‐ Erfahrungen mit <strong>Pornografie</strong>, Rowohlt Taschenbuch <br />
Verlag GmbH, 1986, S. 209‐216<br />
98 Weber, Bettina, Stress im Pornoland, Tagesanzeiger, 06.08.2010<br />
99 http://www.youtube.com/watch?v=SUAl1H9_‐G0&ob=av2e, 19.10.11<br />
100 Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der Gegenwartsliteratur, Diplomica <br />
Verlag, 2009, S. 36<br />
101 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, Klappentext<br />
102 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 103<br />
103 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 107<br />
104 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 103<br />
105 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 108<br />
106 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 109<br />
107 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 116<br />
108 Natasha Walter, Living Dolls, The return of Sexism, Virago Press, 2010, S. 117<br />
109 Henner Ertel, zitier nach Angela Frischauf, Sexualität und <strong>Pornografie</strong> im Frauenbild der <br />
Gegenwartsliteratur, Diplomica Verlag, 2009, S. 34<br />
110 MBU, Studie zeigt: Interesse an Web‐<strong>Pornografie</strong> erschlafft, 20Minuten vom 10.09.11<br />
111 Interview mit Frau Esther Elisabeth Schütz, klinische Sexologin ISI, 4.10.10<br />
112 http://www.springerlink.com/content/e7538v8527208244/, 20.10.11<br />
113 Leena Schmitter, „Sex Wars“, Verlag Traugott Bautz GmbH, 2010, S. 132<br />
114 Andrea Dworkin, PORNOGRAFIE; Männer beherrschen Frauen, Emma‐Frauenverlags‐GmbH, 1987, <br />
S.15<br />
58