Das Blut
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Das Blut
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<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong><br />
Schülerinformation<br />
<strong>Blut</strong>spendedienst SRK<br />
Service de transfusion sanguine CRS<br />
Servizio trasfusione di sangue CRS
Inhaltsverzeichnis<br />
Der Mythos <strong>Blut</strong> 3<br />
1. Die Aufgaben des <strong>Blut</strong>es 4<br />
1.1 Der Stofftransport 4<br />
Die Zellatmung 4<br />
Chemische Reaktion der Zellatmung 6<br />
1.2 Unser Abwehrsystem 6<br />
Die spezifische Abwehrreaktion 7<br />
Impfungen 8<br />
1.3 Der Wundverschluss 9<br />
Die Krustenbildung 9<br />
Gerinnungskaskade und <strong>Blut</strong>erkrankheit 10<br />
4. Der Weg des <strong>Blut</strong>es 21<br />
vom Spender zum Empfänger<br />
4.1 Die <strong>Blut</strong>spende 21<br />
Die <strong>Blut</strong>konservierung und -untersuchung 22<br />
Spendearten 23<br />
4.2 <strong>Das</strong> Komponentensystem 23<br />
Die wichtigsten Komponenten 24<br />
Die Fraktionierung des Plasmas 24<br />
5. Der <strong>Blut</strong>spendedienst 25<br />
in der Schweiz<br />
2. Die Zusammensetzung 11<br />
des <strong>Blut</strong>es<br />
2.1 Rote <strong>Blut</strong>körperchen 11<br />
Aussehen und Eigenschaften der Erythrozyten 12<br />
Hämoglobin 12<br />
2.2 Weisse <strong>Blut</strong>körperchen 12<br />
Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten 13<br />
Leukämie 14<br />
2.3 <strong>Blut</strong>plättchen 14<br />
Thrombose 14<br />
Arteriosklerose 15<br />
2.4 <strong>Blut</strong>plasma 15<br />
Albumin, Immunglobuline, 15<br />
Komplementsystem und Lipoproteine<br />
Verbrennungen 16<br />
3. Die <strong>Blut</strong>gruppen 17<br />
3.1 <strong>Das</strong> AB0-System 17<br />
Merkmale der <strong>Blut</strong>gruppen 17<br />
Vererblichkeit 19<br />
3.2 Weitere wichtige <strong>Blut</strong>gruppen 19<br />
Der Rhesusfaktor 20<br />
Schwangerschaft 20<br />
2
Der Mythos <strong>Blut</strong><br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> hat den Menschen seit Jahrtausenden fasziniert. Schon der vorgeschichtliche Mensch wusste, dass ein<br />
Tier bald sterben würde, wenn es eine bestimmte Menge <strong>Blut</strong> verloren hatte. <strong>Blut</strong> bedeutete also Leben. In manchen<br />
Kulturen trank man beispielsweise Tierblut in der Hoffnung, dadurch die Kraft und den Mut eines Löwen zu<br />
erhalten. Ja es wurden sogar Menschen getötet, um mit diesem «<strong>Blut</strong>opfer» die Götter günstig zu stimmen.<br />
Der Versuch, einem Menschen das <strong>Blut</strong> eines anderen<br />
zu übertragen, wurde bereits im Altertum unternommen.<br />
<strong>Blut</strong> diente damals vor allem als Heil- und<br />
Verjüngungsmittel. Begüterte Römer tranken das<br />
<strong>Blut</strong> getöteter Gladiatoren, dem sterbenden Papst<br />
Innozenz III (13. Jh.) gab der Arzt das <strong>Blut</strong> von drei<br />
Zehnjährigen zu trinken. Jedoch ohne Erfolg, alle vier<br />
starben.<br />
Erst verschiedene Erkenntnisse, wie die Entdeckung<br />
des <strong>Blut</strong>kreislaufes 1628, ebneten schrittweise den<br />
Weg zu erfolgreichen <strong>Blut</strong>übertragungen. Richard<br />
Lower wagte in England, nach einem Test zwischen<br />
Hunden, tierisches <strong>Blut</strong> auf den Menschen zu übertragen. Besonders beliebt waren Schafe als <strong>Blut</strong>spender.<br />
Ende des 17. Jahrhunderts soll ein Fünfzehnjähriger durch solch eine Transfusion geheilt worden sein. Meist aber<br />
misslangen solche Transfusionen, da Krankheiten auftraten; vor allem aber, weil man das System der verschiedenen<br />
<strong>Blut</strong>gruppen und den Rhesusfaktor noch nicht kannte.<br />
Heute kennt man die Eigenschaften des <strong>Blut</strong>es ziemlich gut. Was weisst du über diesen wichtigen Saft?<br />
Beantworte folgende Fragen – es können mehrere Antworten richtig sein!<br />
Falls du etwas noch nicht weisst, wirst du die Antwort und viele weitere spannende Aspekte des <strong>Blut</strong>es in<br />
dieser Broschüre erfahren.<br />
Welche Aufgaben erfüllt das <strong>Blut</strong>?<br />
❏ Stofftransport<br />
❏ Wundverschluss<br />
❏ Abwehr von Krankheitserregern<br />
Wo werden <strong>Blut</strong>zellen gebildet?<br />
❏ Im <strong>Blut</strong><br />
❏ In der Leber<br />
❏ Im Knochenmark<br />
Wie viele Liter <strong>Blut</strong> besitzt der<br />
erwachsene menschliche Körper?<br />
❏ 1–2 Liter<br />
❏ 5–6 Liter<br />
❏ 10–12 Liter<br />
Welche <strong>Blut</strong>zellen existieren?<br />
❏ Rote <strong>Blut</strong>körperchen<br />
❏ <strong>Blut</strong>plättchen<br />
❏ Gelbe <strong>Blut</strong>körperchen<br />
Welche <strong>Blut</strong>gruppen gibt es nicht?<br />
❏ AB0<br />
❏ AB<br />
❏ Rhesus<br />
Wie viel <strong>Blut</strong> wird bei der <strong>Blut</strong>spende<br />
entnommen?<br />
❏ So viel wie möglich<br />
❏ 450 ml<br />
❏ 1 Liter<br />
Was sind die Voraussetzungen, um <strong>Blut</strong><br />
spenden zu können?<br />
❏ Mindestens 18 Jahre alt<br />
❏ Mindestkörpergewicht 50 kg<br />
❏ 1 Monat nicht krank gewesen<br />
Wer organisiert <strong>Blut</strong>spendeaktionen?<br />
❏ Spitäler<br />
❏ Krankenkassen<br />
❏ <strong>Blut</strong>spendedienst SRK<br />
3
Fragen<br />
Wie viele Liter <strong>Blut</strong> besitzt du<br />
ungefähr? Berechne dein<br />
<strong>Blut</strong>volumen anhand deines<br />
Körpergewichtes.<br />
Nenne weitere Organe und<br />
die Aufgaben, die sie im<br />
Körper erfüllen.<br />
1. Die Aufgaben des <strong>Blut</strong>es<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> gilt als «flüssiges Gewebe» und ist eines der wichtigsten und grössten<br />
Organe in unserem Körper. Ein erwachsener Mensch besitzt rund 5–6 Liter <strong>Blut</strong>,<br />
das macht etwa 8 Prozent seines Körpergewichtes aus.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> fliesst in Gefässen und ist das grösste und weitläufigste Transportsystem<br />
unseres Körpers: ungefähr 96 000 km lang ist dieses Leitungssystem, das alle Zellen<br />
des Körpers verbindet und dadurch den nötigen Stoffaustausch ermöglicht. <strong>Das</strong> <strong>Blut</strong><br />
ist immer in Bewegung und versorgt jede Zelle mit Energie und wichtigen Stoffen.<br />
Einzig die Hornhaut der Augen, die Haare, der Zahnschmelz, die Zehen- und die<br />
Fingernägel sind nicht durchblutet.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> erfüllt wesentliche Aufgaben in unserem Körper:<br />
• Stofftransport<br />
• Abwehr von Krankheitserregern<br />
• Wundverschluss<br />
Wann spricht man von<br />
Unterkühlung, erhöhter<br />
Temperatur und Fieber?<br />
Welche Fieber-Temperatur ist<br />
lebensgefährlich und warum?<br />
Zudem ist es für die Wärmeverteilung im menschlichen Körper verantwortlich.<br />
Sowohl bei kaltem Winterwetter wie im heissen Sommer soll das Innere des menschlichen<br />
Körpers eine Temperatur von ca. 37 °C aufweisen. Die Körperwärme entsteht<br />
vor allem in den arbeitenden Zellen. <strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> transportiert diese Wärme durch den<br />
Körper zu allen Organen. Überschüssige Wärme wird über die Haut abgestrahlt.<br />
Wenn nötig wird die Wärmeabgabe durch Schwitzen (Verdunstung von Wasser)<br />
verstärkt.<br />
1.1 Der Stofftransport<br />
Vitamine sind Schutzstoffe.<br />
Welche Vitamine kennst du,<br />
und welche Funktionen haben<br />
sie?<br />
Welche Giftstoffe kennst<br />
du, und wie gelangen sie in<br />
deinen Körper?<br />
Um leben zu können, benötigt jede Zelle unseres Körpers Energie. Diese gewinnt sie<br />
durch «Verbrennung» von Traubenzucker mit Sauerstoff zu Kohlendioxid und Wasser.<br />
Den Transport dieser Stoffe übernimmt das <strong>Blut</strong>.<br />
Die Nährstoffe sowie Mineralsalze und Vitamine, die über die Darmwand in unseren<br />
<strong>Blut</strong>kreislauf gelangen, werden vom <strong>Blut</strong> in alle Körperteile transportiert und stehen<br />
den Zellen als Energieträger, Baustoffe oder Schutzstoffe zur Verfügung.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> transportiert nicht nur brauchbare Stoffe in die Zellen, sondern bringt auch<br />
Abfallstoffe in die Ausscheidungsorgane, vor allem in die Nieren. Giftstoffe, die von<br />
aussen in den Körper gelangen oder im Körper entstehen, werden vom <strong>Blut</strong> zu den<br />
Entgiftungsorganen wie Leber und Nieren geführt und dort verarbeitet.<br />
Die Zellatmung<br />
Die Energiegewinnung in der Zelle durch das Verbrennen von Traubenzucker nennt<br />
man Zellatmung.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> transportiert die Stoffe für die Zellatmung zu den Zellen und die Reaktionsprodukte<br />
aus den Zellen zu den Ausscheidungsorganen.<br />
<strong>Das</strong> zur Verbrennung erforderliche Gas Sauerstoff gelangt durch Einatmen von Luft in<br />
unsere Lungen. In den Lungen wird der Sauerstoff ans <strong>Blut</strong> übergeben. Die roten<br />
4
<strong>Blut</strong>körperchen laden die Sauerstoffteilchen auf und bringen sie zu den Zellen in<br />
Geweben und Muskeln. In den Zellen trifft der Sauerstoff auf Traubenzucker, der im<br />
<strong>Blut</strong> gelöst vorkommt und aus dem Darm oder anderen Speicherorganen in die Zelle<br />
transportiert wurde.<br />
Die bei der Verbrennungsreaktion in der Zelle entstehenden Abfallprodukte<br />
Kohlendioxid und Wasser werden vom <strong>Blut</strong> aufgenommen und zu den<br />
Ausscheidungsorganen geführt. <strong>Das</strong> Kohlendioxid wird durch die Lunge ausgeatmet<br />
und das Wasser entweder durch die Niere als Urin oder durch die Schweissdrüsen als<br />
Schweiss ausgeschieden.<br />
Fragen<br />
Warum isst man kurz vor oder<br />
während einer körperlichen<br />
Leistung einen Traubenzucker,<br />
wenn man sich müde fühlt?<br />
Einatmen<br />
des Sauerstoffs<br />
Lungenflügel<br />
Ausatmen des<br />
Kohlendioxids<br />
Hauptbronchien<br />
Mit jedem Atemzug gelangt Luft in<br />
die Lunge, die aus zwei Lungenflügeln<br />
besteht. Die Wege, die in die Lunge führen,<br />
heissen Bronchien. Die Bronchien verzweigen<br />
sich in den Lungenflügeln zu<br />
immer feineren Ästchen und enden mit<br />
den Lungenbläschen, den so genannten<br />
Alveolen.<br />
Lungenbläschen<br />
Lungenbläschen<br />
Sauerstoffmolekül<br />
Durch die sehr dünnen Wände der<br />
Lungenbläschen dringt ein Teil der Luft,<br />
die Sauerstoffmoleküle, ins <strong>Blut</strong>. Im <strong>Blut</strong><br />
werden die Sauerstoffmoleküle an die<br />
roten <strong>Blut</strong>körperchen gebunden.<br />
Menschen und Tiere veratmen<br />
Sauerstoff zu Kohlendioxid,<br />
weil sie jeden Tag Sauerstoff<br />
für die Zellatmung brauchen.<br />
Also muss immer wieder<br />
neuer Sauerstoff produziert<br />
werden. Wer ist dafür zuständig,<br />
und wie geschieht dies?<br />
Kohlendioxidmolekül<br />
Rotes <strong>Blut</strong>körperchen<br />
<strong>Blut</strong>bahn<br />
Körperzellen<br />
Die roten <strong>Blut</strong>körperchen versorgen alle<br />
Zellen des ganzen Körpers mit Sauerstoff.<br />
Aus den Zellen nimmt das <strong>Blut</strong> das<br />
Kohlendioxid auf und trägt es zurück zu<br />
den Lungenbläschen. <strong>Das</strong> Kohlendioxid<br />
verlässt anschliessend durch Ausatmen<br />
den Körper.<br />
Sauerstoffmolekül<br />
Kohlendioxidmolekül<br />
Rotes <strong>Blut</strong>körperchen<br />
5
Fragen<br />
Chemische Reaktion der Zellatmung<br />
Die Zellatmung ist eine chemische Reaktion und lässt sich durch eine<br />
Reaktionsgleichung beschreiben:<br />
Stell dir die chemische<br />
Reaktion der Zellatmung in<br />
umgekehrter Reihenfolge<br />
(von rechts nach links) vor.<br />
Bist du dieser Reaktion schon<br />
begegnet?<br />
Traubenzucker + Sauerstoff Kohlendioxid + Wasser<br />
1 C 6 H 12 O 6 + 6 O 2 6 CO 2 + 6 H 2 O<br />
Links sind die Stoffe aufgeführt, die vom <strong>Blut</strong> zur Zelle, rechts diejenigen Stoffe, die<br />
von der Zelle wegtransportiert werden.<br />
Bei der Zellatmung entsteht Energie, die in Form einer chemischen Substanz, des<br />
ATP (Adenosin-Tri-Phosphats), im Körper gespeichert wird. Jedes ATP-Molekül stellt<br />
ein Energiepaket dar, aus dem die Zelle die benötigte Energie erhält.<br />
1.2 Unser Abwehrsystem<br />
Welche Krankheitserreger<br />
kennst du? Wie kannst du<br />
dich mit ihnen anstecken?<br />
Nenne drei konkrete Beispiele.<br />
In der Umwelt leben zahlreiche Krankheitserreger wie Viren, Bakterien, pflanzliche<br />
(Pilze) und tierische Parasiten (z. B. Malariaerreger). Unser Organismus braucht ein<br />
Abwehrsystem, um sich gegen diese bedrohlichen Eindringlinge zur Wehr zu setzen.<br />
Dringen Fremdkörper in unseren Körper ein, so nennt man dies eine Infektion.<br />
An diesem Abwehrsystem sind <strong>Blut</strong>zellen, und zwar die weissen <strong>Blut</strong>körperchen,<br />
beteiligt. Sie stellen die Polizei unseres Körpers dar.<br />
Sobald sie einen Eindringling entdecken, schlagen sie Alarm und lösen eine<br />
Verteidigungsreaktion im Körper aus.<br />
Die erste Abwehrlinie des Organismus sind die mengenmässig am zahlreichsten vorhandenen<br />
Granulozyten, eine Untergruppe der weissen <strong>Blut</strong>körperchen. Diese Zellen<br />
bleiben einige Stunden im <strong>Blut</strong>kreislauf, bevor sie durch die <strong>Blut</strong>gefässwände in das<br />
Gewebe eindringen. Bei einer Infektion vermehren sie sich sehr schnell und bekämpfen<br />
die Verletzung an Ort und Stelle, indem sie Fremdkörper, insbesondere Bakterien,<br />
zerstören. Sie haben phagozytische Eigenschaften (Aufnahme und Zerstörung einverleibter<br />
lebender Partikel). Ferner setzen sie Proteine frei, die Fieber erzeugen, und<br />
Enzyme, die bei <strong>Blut</strong>gefäss- und Gewebsverletzungen wichtig sind. Ist die Infektion<br />
bedeutend, werden die Granulozyten selbst geschädigt, sterben ab und bilden Eiter.<br />
Was heisst Anti? Kennst du<br />
noch andere Wörter, die mit<br />
Anti beginnen?<br />
Sobald sie ihre Aufgabe erfüllt haben, bilden sie sich zurück und werden von anderen<br />
weissen <strong>Blut</strong>körperchen, den sogenannten Makrophagen, zerstört. Makrophagen<br />
sind Zellen, die von den Monozyten des <strong>Blut</strong>es stammen und ebenfalls phagozytisch<br />
wirken. Diese Reaktion nennt man allgemeine Abwehrreaktion oder Resistenz.<br />
Eine andere Art von weissen <strong>Blut</strong>körperchen, die Lymphozyten, wehren auf eine ganz<br />
spezielle Weise Fremdlinge ab. Diese Reaktion wird spezifische Abwehrreaktion<br />
genannt. Die Lymphozyten erkennen die Eindringlinge an der Struktur der Oberfläche<br />
und beginnen, gezielte Waffen, die Antikörper, zu produzieren. Diese Antikörper passen<br />
wie Schloss und Schlüssel auf die Oberflächenstruktur der Eindringlinge, verbinden<br />
sich mit ihnen und führen sie den Riesenfresszellen zu, welche sie vernichten.<br />
6
Die spezifische Abwehrreaktion –<br />
am Beispiel einer Grippeinfektion<br />
Fragen<br />
Ein Krankheitserreger dringt in den Körper<br />
ein. Sofort sind Riesenfresszellen, auch<br />
Makrophagen genannt, zur Stelle und<br />
fressen so viele Fremdkörper, wie sie können,<br />
auf. Dieser Vorgang des Verschlingens<br />
wird auch Phagozytose genannt.<br />
Diejenigen Krankheitserreger, die überlebt<br />
haben, schlüpfen in Körperzellen und<br />
vermehren sich darin. Die befallenen<br />
Körperzellen nennt man Wirtszellen.<br />
Die Riesenfresszellen senden, wenn sie nicht<br />
alle Viren vernichten können, eine Botschaft<br />
an die Helferzellen. Sie teilen ihnen mit, wie<br />
die Oberfläche des Eindringlings aussieht.<br />
Daran erkennen die Helferzellen, um<br />
welchen Eindringling es sich handelt.<br />
Lies den Comic durch und<br />
notiere auswendig alle beteiligten<br />
<strong>Blut</strong>zellen. Halte ihre<br />
Aufgaben stichwortartig auf<br />
einem Notizblatt fest.<br />
Die Helferzellen aktivieren einerseits<br />
Killerzellen, die die Wirtszellen vernichten.<br />
Andererseits aktivieren die Helferzellen<br />
Plasmazellen, die spezifische, das heisst<br />
genau auf die Fremdkörper passende,<br />
Abwehrstoffe produzieren. Die Fremdkörper<br />
werden Antigene, die Abwehrstoffe<br />
Antikörper genannt.<br />
Die Antikörper verbinden sich mit den<br />
Antigenen. Diese Verbindung ist der<br />
erste Schritt zur Zerstörung der Antigene.<br />
Makrophagen fressen sowohl die abgetöteten<br />
Wirtszellen wie auch die mit<br />
Antikörpern verbundenen Antigene. So<br />
werden alle im Körper befindlichen<br />
Antigene – ob frei im <strong>Blut</strong> oder in einer<br />
Wirtszelle versteckt – zerstört.<br />
7
Fragen<br />
Weshalb muss bei Organtransplantationen<br />
das Abwehrsystem<br />
künstlich ausser<br />
Kraft gesetzt werden?<br />
Um bei einem nächsten Angriff der<br />
gleichen Antigene frühzeitig die<br />
richtigen Antikörper produzieren<br />
zu können, bilden Lymphozyten<br />
sog. Gedächtniszellen.<br />
Diese Zellen behalten das Rezept für<br />
die Bildung der spezifischen Antikörper<br />
in ihrer Erinnerung. Greifen gleiche<br />
Erreger auch Jahre später den Körper<br />
wieder an, können die entsprechenden<br />
Antikörper sehr rasch hergestellt werden<br />
und die Eindringlinge zerstören,<br />
bevor sie sich stark vermehrt haben.<br />
Der Körper ist gegen diese Krankheit<br />
immun geworden, der Betroffene<br />
erkrankt deshalb nicht mehr oder<br />
nur noch leicht.<br />
Impfungen<br />
Die körpereigene Abwehrreaktion muss in einigen Fällen künstlich unterstützt<br />
werden, um mit starken Eindringlingen fertig zu werden. Es werden zwei Arten von<br />
Impfungen angewendet.<br />
Kennst du den Fachbegriff für<br />
Starrkrampf? Wann besteht<br />
Gefahr, sich mit Starrkrampf-<br />
Erregern anzustecken?<br />
Aktive Immunisierung<br />
Die aktive Immunisierung verläuft gleich wie die spezifische Abwehrreaktion,<br />
ausser dass bewusst kleine Mengen von Krankheitserregern in den Körper gespritzt<br />
werden. Diese lösen die Kettenreaktion der Immunisierung aus, ohne dass die<br />
Krankheit ausbricht. Da der Körper die Antikörper selbstständig gebildet hat, spricht<br />
man von aktiver Immunisierung. Diese Impfung nennt man auch Schutzimpfung,<br />
da sie dem Körper durch die gebildeten Gedächtniszellen langfristigen Schutz gegen<br />
einen bestimmten Krankheitserreger bietet. Nach einer Schutzimpfung, zum<br />
Beispiel gegen Starrkrampf, kann man sich müde fühlen, denn der Körper kämpft<br />
gegen den gespritzten Eindringling.<br />
Forsche im Internet nach<br />
Krankheiten, die mit einer<br />
passiven Immunisierung<br />
bekämpft werden. Suche<br />
zwei Beispiele.<br />
Passive Immunisierung<br />
Die passive Immunisierung wird angewendet, wenn der Körper bereits erkrankt<br />
ist oder wenn unmittelbar eine Infektion mit einer schweren Krankheit droht. Bei<br />
dieser Impfungsart wird ein Serum mit Antikörpern gespritzt. Die Antikörper verbinden<br />
sich mit den Krankheitserregern und führen sie den Riesenfresszellen zur<br />
Vernichtung zu.<br />
Die Antikörper werden durch eine aktive Immunisierung von Tier- und Menschenblut<br />
gewonnen. Eine passive Immunisierung wird Heilimpfung genannt und bietet<br />
keinen dauerhaften Schutz.<br />
8
1.3 Der Wundverschluss<br />
Bei einer Verletzung bildet sich schnell eine Kruste, welche die <strong>Blut</strong>ung stoppt<br />
und die Wunde vor dem Eindringen von Schmutzpartikeln und Krankheitserregern<br />
schützt. Unter dieser Kruste wird die neue Haut gebildet. Erst wenn der Aufbau der<br />
neuen Haut abgeschlossen ist, wird die Kruste abgestossen. Die Kruste besteht aus<br />
geronnenem <strong>Blut</strong>. Für die Gerinnung sind die <strong>Blut</strong>plättchen und verschiedene Eiweissstoffe<br />
(Gerinnungsfaktoren) aus der <strong>Blut</strong>flüssigkeit, dem <strong>Blut</strong>plasma, verantwortlich.<br />
Fehlen, wie zum Beispiel im Fall der <strong>Blut</strong>erkrankheit, diese Gerinnungsfaktoren,<br />
kann bereits die kleinste Verletzung lebensgefährlich sein, da die Wunde<br />
nicht zu bluten aufhört.<br />
Ein <strong>Blut</strong>verlust von mehr als zwei Litern kann tödlich sein. Bei grösseren Verletzungen<br />
mit hohem <strong>Blut</strong>verlust muss die Wunde deshalb verbunden werden, in schweren<br />
Fällen mit einem Druckverband. Oft sind anschliessend <strong>Blut</strong>transfusionen nötig, um<br />
den Verlust zu ersetzen.<br />
Fragen<br />
Ein Freund hat sich in die<br />
Hand geschnitten und blutet<br />
sehr stark. Wie hilfst du ihm?<br />
Die Krustenbildung<br />
Bei einer Verletzung ziehen sich die beschädigten <strong>Blut</strong>gefässe zusammen und verringern<br />
somit den <strong>Blut</strong>verlust. Gleichzeitig bleiben die <strong>Blut</strong>plättchen am Rand der<br />
Verletzung haften.<br />
Sie ändern ihre Form und verfestigen sich zu einem ersten, anfänglich noch recht<br />
unstabilen <strong>Blut</strong>pfropfen. In den verletzten Zellen entstehen unterdessen Proteinfaktoren,<br />
die das Gerinnungssystem aktivieren.<br />
Dies ist der Beginn einer komplexen Kettenreaktion, bei der ein unlösliches fadenförmiges<br />
Protein – das sogenannte Fibrin – gebildet wird. Seine Fäden, die Filamente,<br />
bilden ein Netz, welches das <strong>Blut</strong>gerinnsel festigt. Die Wunde, die sich minutenschnell<br />
geschlossen hat, ist somit geschützt, und der Heilungsprozess kann beginnen.<br />
Wunde<br />
Verletzte<br />
Gefässzellen<br />
Die verletzten Gefässe ziehen sich zusammen;<br />
dadurch tritt weniger <strong>Blut</strong> aus der<br />
Wunde.<br />
Warum beginnt die Wunde<br />
wieder zu bluten, wenn du die<br />
Kruste abkratzt, bevor sie von<br />
selbst abfällt?<br />
<strong>Blut</strong>plättchen<br />
Botenstoffe<br />
<strong>Blut</strong>plättchen lagern sich an die verletzten<br />
Gefässzellen und geben gleichzeitig<br />
Gerinnungsfaktoren ab. Diese treten in<br />
Wechselwirkung mit anderen aktivierten<br />
Proteinen, die von den Gefässzellen abgegeben<br />
werden.<br />
Verletzte<br />
Gefässzellen<br />
9
Fragen<br />
<strong>Blut</strong>plättchen<br />
Fibrinfasern<br />
Die Gerinnungsfaktoren und Botenstoffe<br />
setzen die Gerinnungsreaktion in Gang.<br />
In mehreren Schritten werden Fibrinfasern<br />
gebildet, welche die Kruste aus<br />
<strong>Blut</strong>plättchen verstärken.<br />
Verletzte<br />
Gefässzellen<br />
<strong>Blut</strong>plättchen<br />
Die Öffnung wird innert kurzer Zeit durch<br />
die <strong>Blut</strong>plättchen und Fibrinfasern verschlossen;<br />
eine Kruste bildet sich.<br />
Kruste<br />
Fibrinfasern<br />
Gerinnungskaskade und <strong>Blut</strong>erkrankheit<br />
Forsche nach weiteren<br />
Erbkrankheiten.<br />
Welcher Fall muss eintreten,<br />
damit eine Frau an<br />
Hämophilie leidet?<br />
Der Vorgang des Wundverschlusses ist sehr kompliziert. Er besteht aus zwei anfänglich<br />
voneinander unabhängigen Systemen und läuft in mehreren Phasen hintereinander<br />
ab. Jede Aktivierung eines Gerinnungsfaktors löst den nächsten Schritt aus,<br />
deshalb nennt man den Vorgang Gerinnungskaskade. Sobald die Gerinnungsstoffe<br />
aus den Thrombozyten und den verletzten Zellen freigesetzt worden sind, entsteht<br />
über mehrere Zwischenstufen das Enzym Thrombin. Dieses Thrombin startet die<br />
Umwandlung des Fibrinogen, welches im <strong>Blut</strong>plasma gelöst ist, in das nicht wasserlösliche<br />
Fibrin. Es bilden sich lange Fibrinfasern, die sich miteinander zu einem<br />
engen Netz verknüpfen. Die roten <strong>Blut</strong>körperchen verfangen sich beim Austreten<br />
aus der Wunde in diesem Netz und verstopfen damit die defekte Stelle.<br />
Bei manchen Menschen funktioniert die Gerinnungskaskade nicht optimal. Sie besitzen<br />
erblich bedingt einen Mangel an wichtigen Gerinnungsfaktoren. Die Symptome<br />
sind umso dramatischer, je gravierender der Mangel ist. Die Betroffenen laufen bei<br />
Verletzungen Gefahr zu verbluten. Bei schweren Formen kommt es bereits bei minimalen<br />
Verletzungen zu unstillbaren <strong>Blut</strong>ungen nach aussen, ins Gewebe oder in die<br />
Gelenke. Diese Erbkrankheit wird <strong>Blut</strong>erkrankheit oder Hämophilie genannt.<br />
Betroffen sind vor allem Männer, was durch die Kombination ihrer Geschlechtschromosomen<br />
bedingt ist.<br />
Männer besitzen ein X- und ein Y-Chromosom, Frauen zwei X-Chromosomen. <strong>Das</strong><br />
Gen, das für die Gerinnungsfaktoren zuständig ist und bei einem Defekt die<br />
Hämophilie auslöst, ist auf dem X-Chromosom lokalisiert.<br />
Besitzt eine Frau ein defektes Gen, so wird die Auswirkung durch das zweite, gesunde<br />
Gen aufgehoben. Da Männer kein zweites X-Chromosom besitzen, löst bereits ein<br />
defektes Gen die <strong>Blut</strong>erkrankheit aus.<br />
Behandelt werden <strong>Blut</strong>er, indem ihnen intravenös der fehlende Gerinnungsfaktor<br />
verabreicht wird. Gerinnungsfaktoren werden aus Spenderblut gewonnen oder<br />
künstlich hergestellt.<br />
10
2. Die Zusammensetzung des <strong>Blut</strong>es<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> ist nicht nur eine Flüssigkeit, sondern setzt sich zusammen aus mehreren<br />
Bestandteilen.<br />
Lässt man eine kleine Menge <strong>Blut</strong> über längere Zeit ruhig in einem Reagenzglas stehen,<br />
so beginnen sich die einzelnen Bestandteile voneinander zu trennen:<br />
• <strong>Blut</strong>zellen<br />
• Rote <strong>Blut</strong>körperchen<br />
• Weisse <strong>Blut</strong>körperchen<br />
• <strong>Blut</strong>plättchen<br />
• <strong>Blut</strong>plasma<br />
Fragen<br />
Wodurch wird das <strong>Blut</strong> durch<br />
unseren Körper bewegt?<br />
Nenne 2 weitere Gemische,<br />
bei denen sich bei längerem<br />
Stehenlassen Bestandteile<br />
absetzen.<br />
Am Gefässboden sammelt sich eine rote, undurchsichtige Masse aus <strong>Blut</strong>zellen.<br />
Darüber bleibt eine leicht getrübte, gelbliche Flüssigkeit stehen, hierbei handelt es<br />
sich um das <strong>Blut</strong>plasma.<br />
Präzise Zusammensetzung des menschlichen <strong>Blut</strong>es<br />
49,5 % Wasser<br />
1,09 % Fett, Zucker, Kochsalz<br />
4,4 % Eiweisse (Proteine)<br />
42,8 % Rote <strong>Blut</strong>körperchen<br />
0,07 % Weisse <strong>Blut</strong>körperchen<br />
2,14 % <strong>Blut</strong>plättchen<br />
Die <strong>Blut</strong>zellen bilden sich nicht im <strong>Blut</strong>, sondern im Knochengewebe: bei Erwachsenen<br />
in den platten Knochen (Brustbein und Beckenrand), bei Kindern auch in den<br />
Langknochen (Unterschenkel).<br />
Sie stammen also aus dem Knochenmark, das im Innern des Knochens gut geschützt<br />
ist. Pro Minute werden ca. 180 Millionen rote <strong>Blut</strong>körperchen produziert. Sobald sie<br />
ausgereift sind, gelangen die Zellen ins <strong>Blut</strong>, um dort ihre Aufgaben zu erfüllen.<br />
Berechne, wie viele rote<br />
<strong>Blut</strong>körperchen pro Tag<br />
produziert werden.<br />
2.1 Rote <strong>Blut</strong>körperchen<br />
Rote <strong>Blut</strong>körperchen werden Erythrozyten genannt. Dieser Fachbegriff stammt aus<br />
dem Griechischen und wird gebildet aus den Wortteilen «erythros» (rot) und «zytos»<br />
(Zelle). Den Namen haben die Erythrozyten bekommen, weil sie dem <strong>Blut</strong> die rote<br />
Farbe geben.<br />
In 1 mm 3 <strong>Blut</strong> sind etwa 5 Millionen Erythrozyten enthalten. Die Erythrozyten<br />
stehen dem Organismus etwa 100 bis 120 Tage zum Sauerstofftransport zur<br />
Verfügung. Anschliessend werden die alten Erythrozyten in der Milz aus dem<br />
<strong>Blut</strong>strom ausgesondert und abgebaut.<br />
An welcher Stelle deines<br />
Körpers befindet sich die Milz?<br />
Erythrozyten<br />
11
Fragen<br />
Forsche im Internet nach<br />
Symptomen von Durchblutungsstörungen.<br />
Aussehen und Eigenschaften der Erythrozyten<br />
Erythrozyten sind scheibenförmige Gebilde (ihre Form ähnelt einer oben und unten<br />
eingedrückten Scheibe) mit einem Durchmesser von 7,5 µm und einer Dicke von<br />
2 µm, die sich stark verformen können, wenn sie sich durch die engsten <strong>Blut</strong>gefässe,<br />
die Kapillaren, zwängen müssen. Die ausgewachsenen Erythrozyten besitzen keinen<br />
Zellkern. Um Sauerstoff aufnehmen zu können, sind die Erythrozyten mit einer konzentrierten<br />
Hämoglobinlösung gefüllt, die den Erythrozyten die rote Farbe gibt.<br />
Bei bestimmten Belastungen und Krankheiten (starkes Rauchen, Zuckerkrankheit) verlieren<br />
die Erythrozyten die Fähigkeit, sich zu verformen: Die notwendige Durchblutung<br />
ist nicht mehr gewährleistet, da die Erythrozyten durch die Kapillaren nicht mehr hindurchpassen.<br />
Als Folge verstopfen die Kapillaren, und Gewebe kann absterben.<br />
Hämoglobin<br />
Weshalb sollten schwangere<br />
Frauen nicht rauchen?<br />
Früher wurde in Weinkellern<br />
immer eine Kerze brennen<br />
gelassen bzw. ein Haustier,<br />
z. B. ein Hund, in den Keller<br />
geschickt, bevor er betreten<br />
wurde. Erkläre, weshalb diese<br />
Massnahme überlebenswichtig<br />
war.<br />
Stell dir einen Würfel mit den<br />
Kantenlängen 1 mm vor. <strong>Das</strong><br />
stellt das Volumen von 1 mm 3<br />
dar.<br />
Der Farbstoff Hämoglobin bildet den Hauptinhaltsstoff der Erythrozyten. <strong>Das</strong><br />
Hämoglobin besitzt vier Häm-Moleküle, von denen jedes ein Sauerstoffmolekül binden<br />
kann. <strong>Das</strong> Hämoglobin hat dadurch die Fähigkeit, in der Lunge Sauerstoff aufzunehmen,<br />
diesen an die Zellen abzugeben und anschliessend Kohlenstoffdioxid<br />
aus den Zellen in die Lungen zurückzutransportieren, wo dieses mit der Luft wieder<br />
ausgeatmet wird.<br />
Kohlenstoffmonoxid (CO), welches zum Beispiel bei unvollständiger Verbrennung<br />
entsteht und unter anderem im Zigarettenrauch eingeatmet wird, bindet sich auch<br />
an die Häm-Moleküle. Kohlenstoffmonoxid kann den Sauerstoff sogar von seinem<br />
Platz verdrängen. Dadurch nimmt es den lebenswichtigen Sauerstoffmolekülen den<br />
Transport-Platz weg, und die Zellen werden unzureichend versorgt. In schweren<br />
Fällen kann dies zum Erstickungstod führen.<br />
2.2 Weisse <strong>Blut</strong>körperchen<br />
Auch hier hat der Name seinen Ursprung im Griechischen, «leukos» bedeutet weiss.<br />
«Weiss» nennt man diese an sich farblosen <strong>Blut</strong>zellen deshalb, weil sie, abgetrennt<br />
von den übrigen <strong>Blut</strong>zellen, eine weisse Paste ergeben. Leukozyten sind etwa doppelt<br />
so gross wie die Erythrozyten und besitzen einen Zellkern, aber kein Hämoglobin.<br />
Pro mm 3 <strong>Blut</strong> hat es zwischen 4000 und 10 000 Leukozyten, ihre Grösse beträgt<br />
7–15 µm, je nach Art, denn genau genommen handelt es sich bei den Leukozyten<br />
um einen Sammelbegriff. Es sind drei Untergruppen mit verschiedenen Aufgaben zu<br />
unterscheiden:<br />
• Granulozyten<br />
• Monozyten (Makrophagen)<br />
• Lymphozyten<br />
Lymphozyten<br />
12
Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten<br />
Fragen<br />
Granulozyten<br />
Die Granulozyten enthalten charakteristische Zellkern-Körnchen, daher der Name<br />
Granulozyten, der vom lateinischen «granula» (Körnchen) abgeleitet wird. Sie<br />
machen 65 % der Leukozyten aus. Aktiv werden Granulozyten, wenn Fremdkörper<br />
in unseren Körper eindringen, das heisst, wenn eine Infektion auftritt oder sich eine<br />
Stelle entzündet. Sie werden im Knochenmark gebildet und leben einige Stunden.<br />
Monozyten<br />
Die Monozyten oder Makrophagen sind die grössten Leukozyten. 10 % der<br />
Leukozyten sind Monozyten, die im Knochenmark gebildet werden und eine<br />
Lebensdauer von 1–2 Tagen haben.<br />
Monozyten heissen sie, weil ihr Zellkern aus einem einzigen Kernteil besteht. Sie<br />
sind «Riesenfresszellen», die herumliegende Krankheitserreger und tote Zellen<br />
auffressen und diese in ihrem Inneren verdauen.<br />
Granulozyten und Monozyten nehmen Krankheitserreger in sich auf und verdauen<br />
sie. Diesen Vorgang nennt man Phagozytose.<br />
Zellkern<br />
Der Monozyt<br />
bewegt sich auf<br />
den Fremdkörper<br />
zu.<br />
Der Monozyt<br />
beginnt den<br />
Fremdkörper zu<br />
umfassen.<br />
Makrophagen fressen<br />
Fremdkörper nicht nur auf<br />
und verdauen sie, sondern<br />
sie leisten auch einen wichtigen<br />
Beitrag zur spezifischen<br />
Abwehr. Welchen?<br />
Makrophage<br />
Fremdkörper<br />
Die Enden des<br />
Monozyten vereinigen<br />
sich und<br />
der Fremdkörper<br />
ist im Monozyten<br />
aufgenommen.<br />
Der Fremdkörper<br />
wird vom Monozyten<br />
zersetzt<br />
und verdaut.<br />
Lymphozyten<br />
Die Lymphozyten machen ein Viertel der Leukozyten aus und sind im <strong>Blut</strong> nur auf der<br />
Durchreise. Sie werden zusätzlich zum Knochenmark auch in den Lymphknoten gebildet.<br />
Sie zirkulieren ebenfalls ständig im Körper, sei es, dass sie wie die anderen<br />
Leukozyten an einen Entzündungsort gelangen, sei es, dass sie in ihr Depot wandern,<br />
das heisst in die überall im Körper verteilten Lymphknoten. Von diesen Lymphknoten<br />
aus sind die Lymphozyten für die spezifische Abwehr tätig. Sie sind das Zentrum des<br />
Immunsystems, in dem sie drei wesentliche Aufgaben erfüllen: Als Killerzellen vernichten<br />
sie Wirtszellen, als Plasmazellen bilden sie Antikörper gegen Antigene (eine<br />
Plasmazelle kann in einer Stunde bis zu 2000 Antikörper produzieren), und sie bilden<br />
Gedächtniszellen aus, die jahrzehntelang überleben können.<br />
Während die Erythrozyten passiv im <strong>Blut</strong> mitgeschwemmt werden, können sich die<br />
Leukozyten selbstständig wie Amöben fortbewegen. Dadurch können sie auch gegen<br />
den <strong>Blut</strong>strom schwimmen, die Gefässwände passieren und so an alle Stellen im<br />
Körper gelangen, wenn sie gebraucht werden.<br />
Lies im Biologiebuch oder<br />
im Internet, wie sich eine<br />
Amöbe bewegt, und erstelle<br />
ein kleines Daumenkino.<br />
13
Fragen<br />
Welche anderen Krebsarten<br />
kennst du? Was haben die<br />
Krebserkrankungen gemeinsam?<br />
Welche verschiedenen<br />
Methoden zur Krebsheilung<br />
können angewendet werden?<br />
Leukämie<br />
Die Leukämie ist eine Krebsform, welche die Leukozyten betrifft. Leukämie bedeutet<br />
«weisses <strong>Blut</strong>». Bei Betroffenen werden Leukozyten stark vermehrt gebildet, aber<br />
unreif aus dem Knochenmark in die <strong>Blut</strong>bahn entlassen. Dadurch sind sie nicht<br />
fähig, ihre Aufgabe zu erfüllen. Gleichzeitig wird die normale <strong>Blut</strong>bildung vermindert,<br />
und es entstehen weniger der funktionstüchtigen <strong>Blut</strong>zellen. Diese <strong>Blut</strong>armut<br />
(Anämie) hat zur Folge, dass der Erkrankte an Müdigkeit, Blässe und Herzklopfen<br />
leidet. Durch den Mangel an Leukozyten und <strong>Blut</strong>plättchen ist das Infektionsund<br />
<strong>Blut</strong>ungsrisiko stark erhöht.<br />
Weil das Knochenmark nicht optimal funktioniert, bestehen die besten Heilungschancen<br />
durch eine Knochenmarktransplantation. Dabei wird dem Patienten durch<br />
starke Medikamente (Chemotherapie) das Knochenmark abgetötet und durch<br />
Knochenmarkzellen eines Spenders ersetzt.<br />
In der Zeit vor und vor allem nach der Operation, bis sich die Knochenmarkzellen<br />
festgesetzt und mit der Produktion von gesunden <strong>Blut</strong>zellen begonnen haben, ist<br />
der Leukämiepatient stark infektionsgefährdet. Da jeder Krankheitserreger eine<br />
tödliche Infektion auslösen kann, muss der Patient in einem sterilen Zimmer leben.<br />
2.3 <strong>Blut</strong>plättchen<br />
Ähnlich den Erythrozyten sind Thrombozyten kernlose, scheibenförmige Gebilde,<br />
die aus Knochenmarksriesenzellen entstehen. Sie sind mit 1–3 µm die kleinsten<br />
<strong>Blut</strong>zellen, pro mm 3 <strong>Blut</strong> hat es 150 000–400 000 Thrombozyten, die 8–10 Tage<br />
überleben.<br />
<strong>Blut</strong>plättchen sorgen dafür, dass das <strong>Blut</strong> innerhalb der <strong>Blut</strong>gefässe bleibt. Kleinste<br />
Verletzungen der Gefässe, sogar Risse in der Gefässwand, werden sofort mit Thrombozyten<br />
verklebt. Bei diesem Vorgang der <strong>Blut</strong>stillung verlieren die Thrombozyten<br />
ihre Scheibenform: Sie werden kugelig und bekommen eine stachelige Oberfläche.<br />
Eine Anhäufung von Thrombozyten (mit Beimischung von Gerinnungseiweissen)<br />
nennt man Thrombus. Diese <strong>Blut</strong>gerinnsel dürfen nicht zu gross werden, da sie sonst<br />
<strong>Blut</strong>gefässe verstopfen.<br />
Thrombozyten<br />
Thrombose<br />
Bei einer Thrombose verstopft ein Thrombus das <strong>Blut</strong>gefäss. Die Ursachen für die<br />
Entstehung eines Thrombus sind eine Verlangsamung des <strong>Blut</strong>stromes, eine<br />
Schädigung der Gefässwand und eine Veränderung der Zusammensetzung des<br />
<strong>Blut</strong>es, die eine verstärkte <strong>Blut</strong>gerinnung zur Folge hat. An der Schädigung der<br />
Gefässwand, zum Beispiel durch Ablagerung, bleiben die <strong>Blut</strong>plättchen hängen,<br />
verkleben und bilden einen Thrombus.<br />
14
Wird der Thrombus vom <strong>Blut</strong>strom abgerissen und mitgeschwemmt, so kann er in<br />
der Lunge eine Embolie, im Herz einen Infarkt und im Gehirn einen Hirnschlag auslösen,<br />
weil er die Kapillaren verstopft. Durch den Verschluss der <strong>Blut</strong>gefässe werden die<br />
Körperzellen nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und können ihrer<br />
Funktion nicht nachgehen.<br />
Thrombosen können unter anderem bei Bewegungsmangel infolge längerer Bettlägerigkeit<br />
entstehen. Bei einem Spitalaufenthalt wird zur Verhinderung einer<br />
Thrombenbildung ein Medikament zur <strong>Blut</strong>verdünnung gespritzt.<br />
Veränderungen der Gefässwand treten bei starken Rauchern, bei Personen mit<br />
<strong>Blut</strong>hochdruck und Fettleibigkeit und bei Diabeteskranken gehäuft auf.<br />
Fragen<br />
Arteriosklerose<br />
Unter Arteriosklerose versteht man die krankhafte Veränderung der <strong>Blut</strong>gefässwand<br />
durch Ablagerung und Verkalkung. Durch Rauchen, Stress, Übergewicht,<br />
hohen <strong>Blut</strong>druck, Cholesterin, Zuckerkrankheit, Alter und Bewegungsmangel wird<br />
die Ausbildung der Arteriosklerose begünstigt. Verschiedene Stoffe lagern sich über<br />
Jahre an der Gefässwand ab und verstopfen die <strong>Blut</strong>bahn immer stärker. Erst im<br />
fortgeschrittenen Stadium machen sich Durchblutungsstörungen bemerkbar. Die<br />
Nachfolgekrankheiten, wie unter anderem Herzinfarkt und Schlaganfall, zählen<br />
zu den häufigsten Todesursachen.<br />
Was sind die Symptome<br />
eines Herzinfarktes und<br />
eines Schlaganfalls?<br />
Querschnitt einer<br />
gesunden Arterie.<br />
2.4 <strong>Blut</strong>plasma<br />
Ohne <strong>Blut</strong>plasma könnten die festen <strong>Blut</strong>zellen nicht durch den Körper transportiert<br />
werden. <strong>Das</strong> Plasma bildet den flüssigen Teil des <strong>Blut</strong>es. Neben Wasser (90 %) und<br />
Salzen enthält das durchsichtige, gelbliche <strong>Blut</strong>plasma Fette, Hormone und<br />
Eiweissstoffe. Wird der Eiweissstoff Fibrinogen bei der Gerinnung verbraucht, so<br />
bleibt das Serum zurück.<br />
Du hast sicher schon dein<br />
eigenes <strong>Blut</strong>serum gesehen.<br />
Wann kommt es zum<br />
Vorschein?<br />
Albumin, Immunglobuline, Komplementsystem und Lipoproteine<br />
Albumin<br />
<strong>Das</strong> mengenmässig wichtigste Plasmaprotein ist das Albumin. Sein Anteil an den<br />
Eiweissen beträgt 60 %. Albumin hat neben dem Transport von Nährstoffen die<br />
Aufgabe eines «Wasserträgers». Es verhindert, dass das <strong>Blut</strong> während der Zirkulation<br />
durch die engen, an sich wasserdurchlässigen Gefässe zu viel Wasser verliert und dickflüssig<br />
wird. Fehlt Albumin aufgrund ungenügender Ernährung, so entweicht<br />
In Spendenaufrufen von<br />
Hilfsorganisationen sieht<br />
man häufig Kinder mit stark<br />
aufgedunsenen Bäuchen.<br />
Erkläre den Hintergrund.<br />
15
Fragen<br />
Weshalb sind Antikörper<br />
wichtig für die spezifische<br />
Abwehr?<br />
Wasser aus dem <strong>Blut</strong> und es bilden sich Wasseransammlungen in den Geweben, so<br />
genannte Hungerödeme.<br />
Immunglobuline und Komplementsystem<br />
Immunglobuline werden von den Lymphozyten gebildet und sind die Antikörper, die<br />
gemeinsam mit den Leukozyten eine wichtige Rolle bei der spezifischen Abwehr spielen.<br />
Die Abwehr wird verstärkt durch die mehr als 20 verschiedenen Eiweisse des<br />
Komplementsystems, die, wenn sie unreguliert auftreten, eine stark gewebeschädigende<br />
Wirkung haben können.<br />
Lipoproteine<br />
Lipoproteine sind Fetteiweisse und transportieren die aus der Nahrung aufgenommenen<br />
Fette und Cholesterin. Störungen im Haushalt der Lipoproteine können zu<br />
Arteriosklerose, Herzinfarkt oder Hirnschlag führen.<br />
Verbrennungen<br />
Welche Verbrennungsgrade<br />
gibt es und wie sind sie<br />
charakterisiert?<br />
Bei Verbrennungen tritt Plasma aus. Es sammelt sich unter der Haut und es bilden<br />
sich Blasen, oder es rinnt aus, wenn die Haut platzt.<br />
Grossflächige Verbrennungen führen zu einem schnellen und starken Plasmaverlust,<br />
was unter anderem zur Folge hat, dass ein Plasmaprotein-Mangel entsteht. Durch<br />
die Verminderung des Albuminspiegels wird das Wasser nicht mehr im <strong>Blut</strong> gebunden,<br />
tritt aus und verdunstet. Der Flüssigkeitsverlust muss sofort ausgeglichen werden.<br />
Dies geschieht durch Wasserzuführen und durch die Übertragung einer<br />
Albuminlösung, die aus dem Plasma von Spenderblut gewonnen wird.<br />
Jeder <strong>Blut</strong>beutel (hier Thrombozyten) wird exakt beschriftet, unter anderem mit<br />
Angaben zu <strong>Blut</strong>gruppe und Rhesusfaktor.<br />
16
3. Die <strong>Blut</strong>gruppen<br />
Fragen<br />
<strong>Blut</strong>übertragungen von einem Menschen auf den anderen sind in den vergangenen<br />
Jahrhunderten nicht nur wegen mangelhafter hygienischer Vorkehrungen gescheitert,<br />
sondern vor allem infolge Unkenntnis der <strong>Blut</strong>gruppensysteme. <strong>Blut</strong> ist nämlich<br />
nicht gleich <strong>Blut</strong>; was der eine verträgt, kann für den anderen schädlich sein. Die<br />
<strong>Blut</strong>gruppen der Spender müssen deshalb auf diejenigen der Empfänger abgestimmt<br />
sein. Folgende Faktoren bestimmen die <strong>Blut</strong>gruppe:<br />
• AB0-System (gesprochen A-B-Null-System)<br />
• Rhesus-Faktor<br />
• HLA-System<br />
Der Wiener Arzt Karl Landsteiner führte im Jahr 1901 das entscheidende Experiment durch<br />
und wurde dadurch zum Entdecker der <strong>Blut</strong>gruppen. Er entnahm seinen Mitarbeitern und sich<br />
selbst <strong>Blut</strong>proben und trennte sie in Serum und <strong>Blut</strong>zellen. Er vermischte jeweils das Serum<br />
einer Person mit den <strong>Blut</strong>zellen einer anderen Person und beobachtete dabei, dass das Serum<br />
einer Person die Erythrozyten gewisser anderer Personen immer verklumpen lässt.<br />
3.1 <strong>Das</strong> AB0-System<br />
Jeder Mensch gehört einer der <strong>Blut</strong>gruppen A, B, AB oder 0 (Null) an. In der Schweiz<br />
kommt die <strong>Blut</strong>gruppe A am häufigsten vor. Nicht überall auf der Welt sind die<br />
<strong>Blut</strong>gruppen gleich verteilt wie in der Schweiz. So findet man bei den Indianern<br />
Nord- und Südamerikas fast ausschliesslich die <strong>Blut</strong>gruppe 0, bei den Bewohnern<br />
Zentralasiens und Nordindiens sowie der umliegenden Länder vorwiegend die<br />
<strong>Blut</strong>gruppe B.<br />
8 %<br />
B<br />
4 %<br />
AB<br />
Kennst du deine <strong>Blut</strong>gruppe?<br />
47 %<br />
A<br />
41 %<br />
0<br />
<strong>Blut</strong>gruppen-Verteilung<br />
in der Schweiz<br />
Merkmale der <strong>Blut</strong>gruppen<br />
Die Antigene A und B, die auf der Oberfläche der Erythrozyten vorhanden sind, werden<br />
vererbt und bestimmen die <strong>Blut</strong>gruppe(n) (A, B, AB und 0).<br />
<strong>Das</strong> Abwehrsystem des Organismus erkennt seine eigenen, «natürlichen» Antigene<br />
und bekämpft sie nicht.<br />
Während der ersten sechs Lebensmonate bilden sich im <strong>Blut</strong>serum zusätzliche Antikörper:<br />
Anti-A bei Menschen mit der <strong>Blut</strong>gruppe B, Anti-B bei jenen der <strong>Blut</strong>gruppe A,<br />
Anti-A und Anti-B bei Personen der <strong>Blut</strong>gruppe 0.<br />
Kommen Antikörper mit inkompatiblen Erythrozyten in Kontakt (z. B. bei einer Transfusion<br />
von <strong>Blut</strong> der <strong>Blut</strong>gruppe B auf eine Person der <strong>Blut</strong>gruppe A), verbinden sie<br />
sich mit der Oberfläche der körperfremden roten <strong>Blut</strong>körperchen, der so genannten<br />
Membran, und zerstören die <strong>Blut</strong>zelle (Agglutination).<br />
Warum ist es schädlich,<br />
wenn die Erythrozyten<br />
agglutinieren?<br />
17
Fragen<br />
<strong>Blut</strong>gruppe A<br />
Antigene A<br />
<strong>Blut</strong>gruppe B<br />
Antigene B<br />
Antikörper Anti-B<br />
Antikörper Anti-A<br />
<strong>Blut</strong>gruppe AB <strong>Blut</strong>gruppe 0<br />
Antigene A & B<br />
Keine Antigene<br />
Keine Antikörper<br />
Antikörper Anti-A & Anti-B<br />
Der Begriff «Antigene» wird<br />
nicht nur für die Merkmale<br />
der <strong>Blut</strong>gruppen benützt.<br />
Wo kommt dieser Begriff<br />
sonst noch vor und was<br />
bedeutet er?<br />
Kommen bei einer Transfusion unverträgliche Antigene und Antikörper zusammen,<br />
wird der Empfänger geschädigt. Um dies zu vermeiden, wird vor jeder Transfusion<br />
eine «Verträglichkeitsprüfung» zwischen den Erythrozyten des Spenders und dem<br />
Serum des Empfängers durchgeführt.<br />
Die Agglutination wird bei <strong>Blut</strong>gruppentests genutzt. Die zu testende <strong>Blut</strong>probe wird<br />
mit Testseren der <strong>Blut</strong>gruppen A und B vermischt. Je nachdem, welche Antikörper im<br />
Serum vorhanden sind, agglutiniert das Gemisch bzw. bleibt es gelöst. Aus dem<br />
Ergebnis wird auf die in der getesteten <strong>Blut</strong>probe vorhandenen Antigene und daraus<br />
auf die <strong>Blut</strong>gruppenzugehörigkeit geschlossen.<br />
<strong>Blut</strong>gruppentest<br />
<strong>Blut</strong> der Testperson Testserum 1 (mit Testserum 2 (mit Testserum 3 (mit<br />
Antikörper Anti-B) Antikörper Anti-A) Antikörper Anti-A u. B)<br />
<strong>Blut</strong>gruppe A<br />
<strong>Blut</strong>gruppe B<br />
> Agglutination<br />
> Agglutination<br />
<strong>Blut</strong>gruppe AB<br />
> Agglutination<br />
> Agglutination<br />
<strong>Blut</strong>gruppe 0<br />
> Agglutination<br />
> Agglutination<br />
> Agglutination<br />
Überlege dir weitere solche<br />
Aufgabenbeispiele zu <strong>Blut</strong>gruppentests<br />
und stelle sie<br />
einem Klassenkollegen.<br />
Im <strong>Blut</strong> der Testperson sind Antigene und Antikörper vorhanden. Im Testserum hat es<br />
nur Antikörper der entsprechenden <strong>Blut</strong>gruppe. Treffen die passenden Antigene und<br />
Antikörper aufeinander, bringen sie die Probe zur Agglutination.<br />
Beispiel: <strong>Das</strong> <strong>Blut</strong> der Testperson verklumpt nur in Verbindung mit einem Testserum,<br />
welches Antikörper Anti-A enthält. <strong>Das</strong> bedeutet, dass in der <strong>Blut</strong>probe das Antigen A<br />
vorhanden ist und das Antigen B fehlt. Somit gehört die Testperson zur <strong>Blut</strong>gruppe A.<br />
18
Vererblichkeit<br />
Die <strong>Blut</strong>gruppen werden von den Eltern an die Nachkommen vererbt. Im Zellkern<br />
jeder menschlichen Körperzelle befindet sich ein doppelter Chromosomensatz.<br />
Ein Chromosomensatz setzt sich aus 23 Chromosomen zusammen. Einen<br />
Chromosomensatz bekommt das Kind vom Vater, den anderen von der Mutter.<br />
Die Erbfaktoren, die so genannten Gene, liegen auf den Chromosomen und bestimmen<br />
alle Merkmale eines Individuums, so auch die <strong>Blut</strong>gruppe. Die Gene bilden den<br />
Genotyp, die durch sie ausgebildeten Merkmale werden Phänotyp genannt.<br />
Fragen<br />
Vererbt werden viele Merkmale.<br />
Was hast du von<br />
deinem Vater, was von deiner<br />
Mutter geerbt?<br />
Ein Gen kann in verschiedenen Formen vorkommen; diese Formen nennt man Allele.<br />
<strong>Das</strong> bedeutet also, dass ein Individuum von jedem Elternteil jeweils ein Allel erbt<br />
und somit von jedem Gen 2 Allele besitzt.<br />
<strong>Das</strong> <strong>Blut</strong>gruppengen ist auf dem Chromosom Nr. 9 lokalisiert. Es existieren die Allele<br />
A, B und 0. A und B sind stärker als das Allel 0; man sagt, A und B sind gegenüber 0<br />
dominant. A und B sind gleich stark. Die verschiedenen Stärken sind dafür verantwortlich,<br />
welche <strong>Blut</strong>gruppe im Phänotyp gezeigt wird.<br />
Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Ein Kind erhält vom Vater das Allel A, von der<br />
Mutter das Allel 0. Die Gen-Kombinationen A0 führt dazu, dass das Kind die<br />
<strong>Blut</strong>gruppe A ausbildet, weil das Allel A über das Allel 0 dominiert, es sozusagen<br />
überdeckt.<br />
<strong>Blut</strong>gruppe (Phänotyp) Möglicher Genotyp Möglicher Genotyp<br />
(Gen-Kombination)<br />
(Gen-Kombination)<br />
A AA A0<br />
B BB B0<br />
AB AB -<br />
0 00 -<br />
Beispiel:<br />
Vater / <strong>Blut</strong>gruppe A<br />
Mutter / <strong>Blut</strong>gruppe A<br />
A 0 A 0<br />
= Erbfaktoren-<br />
Kombination der Eltern<br />
A A 0 A A 0 0 0<br />
<strong>Blut</strong>gruppe A <strong>Blut</strong>gruppe A <strong>Blut</strong>gruppe A <strong>Blut</strong>gruppe 0<br />
= mögliche Erbfaktoren-<br />
Kombinationen des Kindes<br />
Die Vererbungseigenschaften der <strong>Blut</strong>gruppen können bei der Abklärung von<br />
Vaterschaftsfragen eingesetzt werden.<br />
19
Fragen 3.2 Weitere wichtige <strong>Blut</strong>gruppen<br />
Nenne 4 Organe, die<br />
transplantiert werden<br />
können.<br />
Kennst du deinen<br />
Rhesusfaktor?<br />
Bei <strong>Blut</strong>transfusionen genügt es nicht, die <strong>Blut</strong>gruppe des AB0-Systems zu kennen,<br />
sondern es muss auch noch auf andere Faktoren geachtet werden. Ein solcher Faktor<br />
ist der Rhesusfaktor. Mit dem Begriff Rhesusfaktor bezeichnet man ein erbliches<br />
<strong>Blut</strong>gruppenmerkmal, das vom Wiener Arzt Landsteiner im Jahre 1940 am Rhesusaffen<br />
entdeckt wurde. Dieses Merkmal ist ein Protein, Antigen genannt, welches auf<br />
der Oberfläche der Erythrozyten lokalisiert ist. Werden Erythrozyten mit positivem<br />
Rhesusfaktor an einen Patienten transfundiert, der dieses Antigen nicht besitzt, so<br />
produziert dessen Körper Antikörper. Diese Antikörper greifen die Erythrozyten an<br />
und vernichten sie.<br />
Ist das Antigen auf den Erythrozyten vorhanden, so sagt man, die Person sei rhesuspositiv,<br />
andernfalls rhesus-negativ. Der Rhesusfaktor wird an die <strong>Blut</strong>gruppe angefügt,<br />
zum Beispiel: Herr Müller hat die <strong>Blut</strong>gruppe «A positiv». <strong>Das</strong> bedeutet, er hat<br />
die <strong>Blut</strong>gruppe A und der Rhesusfaktor ist vorhanden.<br />
Nicht nur <strong>Blut</strong>zellen besitzen Antigene, sondern auch die verschiedenen Gewebezellen<br />
des Körpers. Dies ist auch der Grund, weshalb der Körper versucht, fremde<br />
Organe nach einer Organverpflanzung abzustossen. <strong>Das</strong> hierfür verantwortliche,<br />
sehr komplizierte System wird HLA-System genannt.<br />
Der Rhesusfaktor<br />
Was würde geschehen, wenn<br />
einem rhesus-positiven<br />
Empfänger rhesus-negatives<br />
<strong>Blut</strong> gespendet würde?<br />
Als Rhesusfaktor wird das Rhesus-Antigen D bezeichnet. Rund 85 % der Europäer sind<br />
rhesus-positiv (Rh+), die übrigen 15 % sind rhesus-negativ (Rh-). Bei einer <strong>Blut</strong>übertragung<br />
muss darauf geachtet werden, dass einem rhesus-negativen Empfänger kein<br />
rhesus-positives <strong>Blut</strong> transfundiert wird. Der Empfänger, der das Antigen D nicht hat,<br />
würde Antikörper ausbilden, was bei einer weiteren rhesus-positiven Transfusion zu<br />
einer gefährlichen Reaktion führen kann. Rhesusfaktor von Spender und Empfänger<br />
müssen also wie die <strong>Blut</strong>gruppe aufeinander abgestimmt sein.<br />
Schwangerschaft<br />
Der Rhesusfaktor muss auch vor einer Schwangerschaft bestimmt werden. Ist ein<br />
Embryo rhesus-positiv, die Mutter aber rhesus-negativ, kann dies zu Komplikationen<br />
führen.<br />
Gegen Ende der Schwangerschaft kann es vorkommen, dass die Plazenta stellenweise<br />
reisst und das <strong>Blut</strong> des Embryos in den mütterlichen <strong>Blut</strong>kreislauf gelangt.<br />
Bei der ersten Schwangerschaft erfolgt die Abwehrreaktion des mütterlichen gegen<br />
das embryonale <strong>Blut</strong> spät, so dass die Gefahr für das Kind gering ist. Bei einer neuen<br />
inkompatiblen Schwangerschaft (Mutter rhesus-negativ, Embryo rhesus-positiv)<br />
erfolgt die Reaktion sehr viel schneller, da der Organismus der Mutter die Reaktionen<br />
der ersten Schwangerschaft nicht vergessen hat (Gedächtniszellen). Die<br />
Antikörperkonzentration nimmt rasch zu. Die Antikörper bleiben in grosser Zahl an<br />
den Erythrozyten des Embryos haften. Für das Kind besteht eine akute, anämiebedingte<br />
Lebensgefahr (Zerstörung der Erythrozyten), und die Geburt muss ohne<br />
Verzögerung per Kaiserschnitt erfolgen, damit so schnell wie möglich eine <strong>Blut</strong>transfusion<br />
oder eine Austauschtransfusion (Austausch des gesamten <strong>Blut</strong>es des<br />
Kindes) vorgenommen werden kann.<br />
20
4. Der Weg des <strong>Blut</strong>es<br />
vom Spender zum Empfänger<br />
Fragen<br />
Gespendetes <strong>Blut</strong> ist lebenswichtig und in der modernen Medizin unentbehrlich. <strong>Blut</strong><br />
ist ein lebendiger Saft und sein Aufbau so kompliziert, dass alle Bemühungen, es als<br />
Ganzes künstlich herzustellen, zum Scheitern verurteilt sind. Wo hohe <strong>Blut</strong>verluste<br />
oder Mangel an einem bestimmten <strong>Blut</strong>bestandteil vorliegen, genügen ärztliche<br />
Kunst und medizinische Einrichtungen nicht. Spitäler, Unfallstationen und Ärzte<br />
benötigen das <strong>Blut</strong> von freiwilligen Spendern.<br />
<strong>Blut</strong> spenden im <strong>Blut</strong>spendezentrum oder bei mobilen Equipen können in der<br />
Schweiz alle gesunden Personen ab 18 Jahren mit einem Mindestkörpergewicht<br />
von 50 kg. Zwischen zwei <strong>Blut</strong>spenden muss ein Abstand von drei Monaten liegen.<br />
Bei jeder <strong>Blut</strong>spende werden 450 ml <strong>Blut</strong> gespendet. Diese Menge beeinträchtigt<br />
weder die körperliche noch die geistige Leistungsfähigkeit des Spenders, da der<br />
<strong>Blut</strong>verlust innert kurzer Zeit vom Körper wieder ausgeglichen wird.<br />
4.1 Die <strong>Blut</strong>spende<br />
Der erste Schritt im <strong>Blut</strong>spendezentrum führt zum Empfang. Wenn der Spender oder<br />
die Spenderin zum ersten Mal hier ist, werden die Personalien aufgrund von offiziellen<br />
Dokumenten wie Reisepass oder Fahrausweis aufgenommen. Diese Daten unterliegen<br />
selbstverständlich dem Datenschutz.<br />
Wo finden <strong>Blut</strong>spenden in<br />
deiner Gemeinde statt?<br />
Der Spender muss seine<br />
Bereitschaft, <strong>Blut</strong> zu spenden, durch<br />
seine Unterschrift bestätigen und<br />
vor jeder Spende einen Fragebogen<br />
zu Krankheiten, bevorstehenden<br />
Operationen oder Risikosituationen<br />
ausfüllen. Durch gewissenhafte<br />
Antworten helfen die Spender,<br />
eine maximale Sicherheit der<br />
<strong>Blut</strong>produkte zu gewährleisten.<br />
Kennst du jemanden, der <strong>Blut</strong><br />
spendet? Befrage ihn nach<br />
seinen Erfahrungen.<br />
Insbesondere erstmaligen Spenderinnen und Spendern wendet das ausgebildete<br />
Fachpersonal seine besondere Aufmerksamkeit zu. Es geht im kurzen Gespräch<br />
darum, Fragen zum Gesundheitszustand des Spendewilligen vertieft abzuklären und<br />
allfällige unbeantwortete Fragen zu erläutern. Hier werden auch der <strong>Blut</strong>druck, der<br />
Puls sowie das Hämoglobin bestimmt.<br />
Auf dem Liegebett sollte man sich<br />
möglichst entspannen. Den kleinen<br />
Einstich spürt man ohnehin kaum,<br />
und während der anschliessenden<br />
<strong>Blut</strong>entnahme von 450 ml spürt<br />
man überhaupt nichts.<br />
21
Fragen<br />
Nach etwa 10 Minuten ist alles bereits<br />
vorbei: Die Nadel wird schmerzlos entfernt<br />
und der Einstich mit einem kleinen<br />
Pflaster und einem<br />
Verband überklebt.<br />
Nach der Spende<br />
muss sich der<br />
Spender einen<br />
Moment ausruhen.<br />
Anschliessend<br />
wird eine kleine<br />
Stärkung offeriert, denn es ist wichtig,<br />
etwas zu trinken, um den Flüssigkeitsverlust<br />
auszugleichen.<br />
Ein anderer wichtiger Meilenstein in der Transfusionsmedizin war die Entdeckung der Wirkung<br />
des Natriumzitrates im Jahre 1914. Dem <strong>Blut</strong> beigefügt, verhindert diese Substanz die Gerinnung<br />
ausserhalb des Körpers. Damit war eine wichtige Voraussetzung für die Konservierung von<br />
<strong>Blut</strong> geschaffen. Im Jahre 1915 wurde die erste erfolgreiche Übertragung von konserviertem<br />
<strong>Blut</strong> vorgenommen. Fünfzig Jahre später ersetzte man die Glasflaschen durch moderne Kunststoffbeutel<br />
und entwickelte zweckmässige Entnahme- und Transfusionsgeräte. Damit konnte<br />
die Gefahr der Verunreinigung des <strong>Blut</strong>es weitgehend ausgeschaltet werden.<br />
Was bedeutet desinfizieren?<br />
Wie und wann wird eine<br />
Körperstelle desinfiziert?<br />
Wie kann man sich mit<br />
Geschlechtskrankheiten<br />
anstecken? Welche Schutzmassnahmen<br />
kennst du?<br />
Die <strong>Blut</strong>konservierung und -untersuchung<br />
Von dem Moment an, in dem <strong>Blut</strong> aus der Vene des Spenders in den <strong>Blut</strong>beutel<br />
fliesst, muss der wertvolle Saft fachgerecht verarbeitet und konserviert werden.<br />
Ähnlich wie bei der Haltbarmachung von Nahrungsmitteln muss eine Verunreinigung<br />
durch Bakterien verhindert werden.<br />
Dem leeren Beutel wird eine wässrige Salzlösung beigegeben, die bewirkt, dass das<br />
<strong>Blut</strong> nicht gerinnt und die <strong>Blut</strong>zellen mit Nährstoffen versorgt werden. Um eine<br />
Verunreinigung während der Spende selbst zu verhindern, wird die Einstichstelle<br />
gründlich desinfiziert.<br />
<strong>Das</strong> gespendete <strong>Blut</strong> kann aber auch vom Spender infiziert sein, zum Beispiel, wenn<br />
dieser an einer Leberentzündung (Hepatitis) leidet oder HIV-infiziert ist. Die Erreger<br />
dieser gefährlichen Krankheiten befinden sich in seinem <strong>Blut</strong> und könnten via<br />
<strong>Blut</strong>konserve auf einen anderen Menschen übertragen werden. Damit dies nicht<br />
geschieht, wird jede <strong>Blut</strong>konserve<br />
mit Hilfe empfindlicher Testverfahren<br />
auf Hepatitis-Viren, HIV<br />
sowie auf Syphilis (ansteckende<br />
Geschlechtskrankheit) untersucht.<br />
Dem Empfänger von <strong>Blut</strong>produkten<br />
gewährleisten diese <strong>Blut</strong>tests ein<br />
Maximum an Sicherheit, indem sie<br />
dafür sorgen, dass nur qualitativ<br />
einwandfreies <strong>Blut</strong> eingesetzt wird.<br />
Teströhrchen mit Spenderblut.<br />
22
Spendearten<br />
Vollblutspende<br />
Die «klassische» <strong>Blut</strong>spende ist die Vollblutspende: Hier werden dem Spender oder<br />
der Spenderin 450 ml <strong>Blut</strong> abgenommen. Erst nach der Spende wird das <strong>Blut</strong> in die<br />
einzelnen Bestandteile aufgeteilt.<br />
Eine Eigenblutspende kann sinnvoll sein, wenn z. B. eine anstehende Operation<br />
bereits mehrere Wochen im Voraus planbar ist. Ist der Patient gesund genug,<br />
können ihm zwei bis vier Spenden in relativ kurzer Zeit entnommen werden.<br />
Schätzungen zufolge können maximal 10 Prozent der Fremdblutspenden durch<br />
Eigenblut ersetzt werden.<br />
Fragen<br />
Hattest du oder hatte ein<br />
Bekannter von dir schon<br />
einmal eine <strong>Blut</strong>transfusion?<br />
Falls ja, weshalb?<br />
Apheresen-Spende<br />
Bei der Apheresen-Spende werden dem Spender nicht alle Bestandteile des <strong>Blut</strong>es<br />
entnommen: <strong>Das</strong> entnommene <strong>Blut</strong> wird maschinell in die gewünschten<br />
Komponenten aufgetrennt, und die nicht benötigten <strong>Blut</strong>bestandteile werden im<br />
gleichen Arbeitsgang dem Spender wieder zurückgegeben. Solche Spenden bedingen<br />
einen Zeitaufwand zwischen einer und zweieinhalb Stunden. Es gibt zwei<br />
wichtige Apheresearten: die Plasma- und die Thrombozytenspende.<br />
4.2 <strong>Das</strong> Komponentensystem<br />
Heutzutage wird die <strong>Blut</strong>spende nicht mehr als Vollblut verwendet, sondern man<br />
trennt sie in ihre Bestandteile, Erythrozyten, <strong>Blut</strong>plasma und <strong>Blut</strong>plättchen. Dies hat<br />
den Vorteil, dass den Patienten nur jene Bestandteile verabreicht werden können,<br />
die sie auch wirklich brauchen.<br />
Zur Erkenntnis, dass es oftmals genügt, einem Patienten nur bestimmte Teile des <strong>Blut</strong>es zu<br />
ersetzen, kamen die Forscher, als sie sich in Kriegszeiten intensiv mit <strong>Blut</strong> beschäftigten.<br />
<strong>Blut</strong>transfusionen hatten erstmals während des Spanischen Bürgerkrieges (1936–1939)<br />
breite Anwendung gefunden. Ende der sechziger Jahre konnte das Komponentensystem<br />
entwickelt und eingeführt werden.<br />
Dieses Komponentenprogramm erlaubt eine gezielte Behandlung und bringt<br />
folgende Vorteile:<br />
• Wirksamere Krankheitsbehandlung<br />
• Sparsamere Verwendung des Spenderblutes<br />
• Mehrere Patienten profitieren von einer <strong>Blut</strong>spende<br />
• Optimale und angepasste Lagerung der Komponenten<br />
Zu den grössten Herausforderungen der heutigen Transfusionsmedizin gehört die<br />
Entwicklung und kostengünstige Herstellung von grossen Mengen künstlicher<br />
<strong>Blut</strong>bestandteile, die beliebig lange haltbar sind.<br />
Überlege, welche Vorteile es<br />
hätte, wenn man künstliche<br />
<strong>Blut</strong>komponenten herstellen<br />
könnte.<br />
23
Fragen<br />
Kennst du nichtmedizinische<br />
Produkte, die ebenfalls aus<br />
einem Stoff gewonnen und<br />
dann konzentriert werden?<br />
Die wichtigsten Komponenten<br />
Erythrozytenkonzentrat<br />
<strong>Das</strong> Erythrozytenkonzentrat besteht nur aus Zellen und ist als Standardpräparat das<br />
wichtigste <strong>Blut</strong>produkt. Es ist bei 4–6 °C bis zu 42 bzw. 49 Tage haltbar und wird dort<br />
eingesetzt, wo ein Mangel an roten <strong>Blut</strong>körperchen behoben werden muss.<br />
Thrombozytenkonzentrat<br />
Bei <strong>Blut</strong>erkrankungen (Leukämie) oder nach Krebsbehandlungen weist das <strong>Blut</strong>bild<br />
des Patienten nicht nur einen Mangel an Erythrozyten, sondern auch an <strong>Blut</strong>plättchen<br />
auf. Aus <strong>Blut</strong>spenden gewonnene <strong>Blut</strong>plättchenkonzentrate können<br />
5 Tage bei Zimmertemperatur gelagert werden.<br />
Frisch gefrorenes Plasma<br />
Plasma wird innerhalb von 24 Stunden nach der <strong>Blut</strong>spende tiefgefroren. Es enthält<br />
alle Plasmaproteine und die Gerinnungsfaktoren in funktionstüchtigem Zustand. Bei<br />
minus 25 °C kann es bis zu zwei Jahre aufbewahrt werden.<br />
Kannst du erklären, weshalb<br />
das Erythrozytenkonzentrat<br />
die wichtigste Komponente<br />
ist?<br />
Fertige Erythrozytenkonzentrate<br />
im<br />
Auslieferungslager.<br />
Die Fraktionierung des Plasmas<br />
Plasma kann nicht nur transfundiert werden, aus Plasma können auch wertvolle<br />
Medikamente hergestellt werden.<br />
Plasma, das nicht für Transfusionen benötigt wird, wird deshalb an die plasmaverarbeitende<br />
Industrie geliefert. Dort erfolgt die aufwändige Zerlegung oder<br />
«Fraktionierung» des Plasmas zur Gewinnung von mehr als 100 hochwertigen<br />
Proteinen, aus denen etwa zwanzig verschiedene Medikamente hergestellt werden.<br />
Erwähnenswert sind besonders:<br />
• das Albumin, das <strong>Blut</strong> vorübergehend ersetzen kann und vor allem bei grossen<br />
<strong>Blut</strong>verlusten nach Operationen oder Verbrennungen eingesetzt wird<br />
• die Immunglobuline, die zur Behandlung und Vorbeugung zahlreicher<br />
Infektionskrankheiten eingesetzt werden<br />
• die Gerinnungsfaktoren, die meist zur Behandlung der vererbten <strong>Blut</strong>erkrankheit<br />
eingesetzt werden<br />
24
5. Der <strong>Blut</strong>spendedienst in der Schweiz<br />
Grundsätze und Aufgaben des <strong>Blut</strong>spendedienstes<br />
Die Versorgung der Spitäler und Patienten mit <strong>Blut</strong> und <strong>Blut</strong>produkten ist mit viel Arbeit verbunden und erfordert<br />
eine zuverlässige, gut eingespielte Organisation.<br />
Der <strong>Blut</strong>spendedienst SRK ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft des Schweizerischen Roten Kreuzes und<br />
hat zusammen mit den Regionalen <strong>Blut</strong>spendediensten folgende Aufgaben:<br />
• Sammeln von freiwilligen, unentgeltlichen <strong>Blut</strong>spenden in der ganzen Schweiz<br />
• Aufbereitung und Herstellung von <strong>Blut</strong>produkten<br />
• Aufrechterhaltung einer Lager- und Verteilorganisation für die kostengünstige, zeit- und mengengerechte<br />
Versorgung von Ärzten und Spitälern mit <strong>Blut</strong>produkten<br />
• Zweckgerichtete Forschung auf dem Gebiet des <strong>Blut</strong>spendewesens<br />
• Erbringen von Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Gewinnung und Verabreichung von <strong>Blut</strong>produkten<br />
• Information, Schulung und Beratung der Ärzte, des Pflegepersonals und des medizinisch-technischen Personals<br />
Organisation des <strong>Blut</strong>spendedienstes<br />
Als Organisationsgrundsatz gilt das Prinzip der Kundennähe: der Kundennähe zu den Spitälern, um die<br />
Versorgung mit <strong>Blut</strong>produkten zu gewährleisten, aber auch der Kundennähe zu den Spendern, um ihnen den<br />
Gang zur <strong>Blut</strong>spende zu erleichtern.<br />
• Deshalb gehören zum <strong>Blut</strong>spendedienst SRK 13 Regionale <strong>Blut</strong>spendedienste.<br />
Diese versorgen die Spitäler ihrer Region mit <strong>Blut</strong>produkten. Sie garantieren die Sicherheit und Qualität von<br />
<strong>Blut</strong>produkten in der ganzen Schweiz. Auch die Regionalen <strong>Blut</strong>spendedienste sind Non-Profit-Organisationen,<br />
zumeist in Form von Stiftungen.<br />
• <strong>Blut</strong> spenden kann man in der Schweiz in rund 60 <strong>Blut</strong>spendezentren, namentlich in grösseren Ortschaften.<br />
Zusätzlich finden regelmässig <strong>Blut</strong>spendeaktionen durch Mobile <strong>Blut</strong>spendeequipen statt, um auch die<br />
Bevölkerung ausserhalb der grösseren Ballungszentren zu erreichen.<br />
Kosten der <strong>Blut</strong>produkte<br />
Obschon der <strong>Blut</strong>spendedienst SRK eigentlich im Auftrag des Bundes tätig ist, erhält weder er noch das<br />
Schweizerische Rote Kreuz für diese Tätigkeit irgendwelche Entschädigungen oder Subventionen der öffentlichen<br />
Hand. Als Non-Profit-Organisation strebt der <strong>Blut</strong>spendedienst keine Gewinne an: Die <strong>Blut</strong>produkte werden zu<br />
Selbstkostenpreisen an die Spitäler verkauft.<br />
Der Spender – das wichtigste Glied in der Kette<br />
<strong>Das</strong> wichtigste Glied in der Kette der <strong>Blut</strong>versorgung bilden aber die <strong>Blut</strong>spender. Jahr für Jahr tragen fast<br />
200000 Personen in der Schweiz freiwillig und unentgeltlich zu den etwa 400000 <strong>Blut</strong>spenden bei, die nötig<br />
sind, um den Bedarf in unserem Land zu decken. Fast 1000 Personen, darunter Ärzte, Chemiker, Biologen,<br />
Laboranten und Laborantinnen, Pflegefachpersonal, Techniker und Verwaltungsfachleute, sorgen für die Bewältigung<br />
der mit dem <strong>Blut</strong>spenden zusammenhängenden Arbeiten. Hinzu kommen viele freiwillige Herlferinnen<br />
und Helfer, namentlich Mitglieder der Samaritervereine, zur Unterstützung der Mobilen <strong>Blut</strong>spendeaktionen.<br />
25
Regionale <strong>Blut</strong>spendedienste SRK<br />
Neuchâtel/Jura<br />
Basel<br />
Aargau/<br />
Solothurn<br />
Zürich<br />
Zentralschweiz<br />
Nordostschweiz<br />
Bern<br />
Vaud<br />
Fribourg<br />
Graubünden<br />
Genève<br />
Valais<br />
Svizzera<br />
italiana<br />
Impressum<br />
Herausgeber<br />
<strong>Blut</strong>spendedienst SRK<br />
Direktion<br />
Laupenstrasse 37<br />
Postfach 5510<br />
3001 Bern<br />
www.blutspende.ch<br />
info@blutspende.ch<br />
Bildnachweis<br />
Seite 3: Aderlass, Illustration aus Avicennas «Kanon der<br />
Medizin», um 1030; Prof. Dr. Martin Steinmann, Handschriften-<br />
Abteilung der Universitätsbibliothek Basel<br />
Seite 11: Universität Bern, Institut für Anatomie<br />
Seite 12, 13, 14: Roche, Basel<br />
Seite 15 Prof. Dr. A. Kress, Anatomisches Institut Basel<br />
Seite 21 u., 22: Markus Senn, Biel<br />
Seite 16, 21 o., 22 u., 24: Christoph Hoigné, Bern<br />
© 2004/2007 <strong>Blut</strong>spendedienst SRK, Bern<br />
Pädagogische Bearbeitung, Gestaltung<br />
und Illustrationen<br />
kik AG, Baden<br />
2. Auflage<br />
Sämtliche geschlechtsspezifischen Ausdrücke in<br />
dieser Broschüre betreffen sowohl weibliche wie<br />
auch männliche Personen.<br />
Für weiterführende Informationen rund um das <strong>Blut</strong><br />
und die <strong>Blut</strong>spende: www.blutspende.ch<br />
26
Kontaktadressen und<br />
<strong>Blut</strong>spendemöglichkeiten<br />
<strong>Blut</strong>spendedienst SRK<br />
Direktion<br />
Laupenstrasse 37<br />
Postfach 5510<br />
3001 Bern<br />
Gratisnummer 0800 000 757<br />
Telefon 031 380 81 81<br />
Fax 031 380 81 80<br />
www.blutspende.ch<br />
info@blutspende.ch<br />
Regionale <strong>Blut</strong>spendedienste SRK<br />
Aargau - Solothurn<br />
<strong>Blut</strong>spendezentrum SRK Aarau<br />
Kantonsspital Aarau<br />
5001 Aarau<br />
Basel<br />
<strong>Blut</strong>spendezentrum SRK beider Basel<br />
Hebelstrasse 10<br />
4031 Basel<br />
info@bsz-basel.ch<br />
Bern<br />
<strong>Blut</strong>spendedienst SRK Bern AG<br />
Murtenstrasse 133<br />
Postfach 5512<br />
3001 Bern<br />
info@bsd-be.ch<br />
Fribourg<br />
Service régional fribourgeois de transfusion<br />
sanguine CRS<br />
Hôpital Cantonal<br />
1700 Fribourg<br />
srtsfr@bluewin.ch<br />
Genève<br />
Centre de transfusion sanguine<br />
Hôpital Cantonal<br />
Rue Micheli-du-Crest 24<br />
1211 Genève 14<br />
accueil.donneurs@hcuge.ch<br />
Graubünden<br />
Regionaler <strong>Blut</strong>spendedienst Graubünden<br />
Loestrasse 170<br />
7000 Chur<br />
info@blutspende-gr.ch<br />
Neuchâtel - Jura<br />
Service régional neuchâtelois et jurassien<br />
de transfusion sanguine CRS<br />
Rue Sophie-Mairet 29<br />
2300 La Chaux-de-Fonds<br />
srnjts.cx@ne.ch<br />
Nordostschweiz<br />
<strong>Blut</strong>spendezentrum des SRK<br />
am Kantonsspital St. Gallen<br />
Rorschacherstrasse 95<br />
9007 St. Gallen<br />
Svizzera italiana<br />
Servizio trasfusionale della Svizzera Italiana<br />
Fondazione Croce Rossa Svizzera<br />
Via Tesserete 50<br />
6900 Lugano<br />
info@donatori.ch<br />
Valais<br />
Centre de transfusion de Sion<br />
Avenue Grand-Champsec<br />
1950 Sion<br />
Transfusion.valais@ichv.ch<br />
Vaud<br />
Sérvice régional vaudois de transfusion sanguine<br />
Rue du Bugnon 27<br />
1005 Lausanne<br />
info@transfusion.ch<br />
Zürich<br />
<strong>Blut</strong>spendezentrum Zürich<br />
Hirschengraben 60<br />
8001 Zürich<br />
info@zhbsd.ch<br />
Zentralschweiz<br />
Regionales <strong>Blut</strong>spendezentrum Luzern<br />
Museggstrasse 14<br />
6004 Luzern<br />
blutspendedienst@bsd-luzern.ch<br />
27
<strong>Blut</strong>spendedienst SRK<br />
Service de transfusion sanguine CRS<br />
Servizio trasfusione di sangue CRS<br />
Laupenstrasse 37<br />
Postfach 5510<br />
3001 Bern<br />
www.blutspende.ch<br />
info@blutspende.ch