ursprung, zwiespalt und einheit der seele - Gustav Hans Graber ...
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Veröffentlichungen Antwort darauf zu geben versucht <strong>und</strong> vor allem<br />
auch das Verhältnis von Selbst <strong>und</strong> Ich beleuchtet 1 .<br />
Wir stehen in <strong>der</strong> westlichen Psychologie am Anfang <strong>der</strong> Beantwortung<br />
<strong>der</strong> Frage. Noch besteht in den Auffassungen über die seelische Struktur<br />
ein großer Wirrwarr. Die Psychologie, die uns über Herkunft, Funktion,<br />
Beziehungen <strong>und</strong> über das Wesenhafte von Selbst <strong>und</strong> Ich<br />
befriedigende Aufschlüsse gäbe, ist noch nicht geschrieben.<br />
Sie müßte beitragen zur Brückenbildung vom religiösen zum<br />
wissenschaftlichen Weltalter. Die vorliegende Arbeit möchte ein solcher<br />
Beitrag sein. Wir müssen dabei immer besser verstehen lernen, wie das<br />
Leben aus dem inneren Kern, dem unbewußten Selbst wächst, <strong>und</strong><br />
welche seelische Strukturwandlung dabei vor sich geht 2 .<br />
Ob wir es wissen o<strong>der</strong> nicht, <strong>und</strong> ob wir uns spöttisch lächelnd<br />
abwenden: Wir sind alle fortwährend auf dem Wege zum bewußten<br />
Selbst. Das wandelbare Ich, dieses unserem wahren Wesen aufgesetzte<br />
Fremde, diese Maja, die wir uns von außen aneigneten, wird zwar<br />
immerzu vom Selbst angesogen, aber das Ich dreht <strong>und</strong> windet sich<br />
dauernd in Abwehr <strong>und</strong> äffischer Nachahmung. Es will seine Existenz<br />
1 121 Z. B. in "Zeugung, Geburt <strong>und</strong> Tod« (Ges. Schr., Bd. I, S. 200 f.): »Der Verlauf <strong>der</strong><br />
tiefenpsychologischen Kur äußert sich also in einer Lockerung <strong>und</strong> Lösung hemmen<strong>der</strong><br />
Verknotung <strong>der</strong> Psyche mit <strong>der</strong> Welt, in einer Stärkung des Selbstes <strong>und</strong> einer neuen Allianz, in<br />
<strong>der</strong> gleichsam Welt <strong>und</strong> Selbst versöhnter, eines auf das an<strong>der</strong>e för<strong>der</strong>nd einwirkt. Es besteht<br />
nicht mehr die unheilsame Spannung, die das Ich im Abhängigkeitsverhältnis <strong>der</strong> Welt<br />
begehrend <strong>und</strong> abwehrend zugekehrt zeigt, <strong>und</strong> es schwindet ebenfalls die Spannung, die<br />
sich aus einer übertriebenen affektiven Ablehnung <strong>und</strong> Isolierung (Introversion) ergibt.<br />
Die Individuation (Entwicklung <strong>der</strong> Einzel<strong>seele</strong>), die mit <strong>der</strong> Steigerung bei<strong>der</strong><br />
Begehrungstendenzen geschaffen wurde, die wuchs <strong>und</strong> statt - wie gewünscht - zu einer<br />
Quelle <strong>der</strong> Lust, zu einem Strom des Leidens wurde, die statt <strong>der</strong> ersehnten Freiheit die<br />
übermächtige emotionale (gefühlsmäßige) Bindung an die Dinge <strong>und</strong> damit Zerrissenheit <strong>und</strong><br />
Erkrankung brachte, war bloß eine Scheinindividualität, während in <strong>der</strong> Analyse nach<br />
Rückzug dieser Begehrungen das Selbst unbehin<strong>der</strong>ter gedeiht <strong>und</strong> sich in ihm <strong>und</strong> aus ihm<br />
gestaltet, wonach es vordem vergeblich rang.« (S. 202): »Der Psychoanalyse aber gebührt<br />
das Verdienst, dem Ich des einzelnen (<strong>und</strong> dem Ich <strong>der</strong> Welt) aus seiner durch den<br />
Verdrängungsvorgang geschaffenen Isolierung herauszuhelfen <strong>und</strong> im Selbst aufzuheben, mit<br />
ihm zu versöhnen.<br />
Auf Versöhnung <strong>der</strong> wi<strong>der</strong>sätzlichen QUa; (Dyas = Zwiespalt) geht unser aller Trachten. Wir<br />
würden sie dann erreichen, wenn wir sowohl Werden als Vergehen wie Identitäten mit<br />
demselben Gleichmut betrachten <strong>und</strong> - erleben könnten.«<br />
2 Kaum je ist <strong>der</strong> östlidte Ruf an uns zur seelisdten Einkehr so eindrucksvoll <strong>und</strong> so faßbar<br />
erfolgt, w ie aus dem Budte von Heinridt ZIMMER (»Der Weg zum Selbst. Lehre <strong>und</strong> Leben des<br />
indischen Heiligen Shri Ramana Maharshi aus Tiruvannamalai.. Herausgegeben von C. G.<br />
JUNG), dem zu früh verstorbenen großen Indologen, vOn dessen Ubersetzungskunst Prof.<br />
ABEGG in einem Nadtwort sagt, daß sie nur »aus einer ganz neuen, alle Tiefen des indisdten<br />
Denkens ersdtließenden Sdtau. heraus möglidt war. Und Prof. C. G. JUNG, <strong>der</strong> um seinen<br />
Fre<strong>und</strong> trauerte, spradt im Vorwort von dessen »sprühendem Einfallsreidttum <strong>und</strong> seinem<br />
gründlidten Wissen um die Urgründe Indiens..