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Sonne, Wind & Wärme 11/2009: ENERCON – Erfolg durch Technik

Sonne, Wind & Wärme 11/2009: ENERCON – Erfolg durch Technik

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<strong>Wind</strong>energie<br />

<strong>ENERCON</strong><br />

<strong>Erfolg</strong><br />

<strong>durch</strong> <strong>Technik</strong><br />

In den 25 Jahren<br />

seines Bestehens<br />

hat das Unternehmen<br />

Enercon der<br />

<strong>Wind</strong>energietechnik<br />

immer wieder<br />

entscheidende Impulse<br />

gegeben.<br />

Zahlreiche Innovationen<br />

untermauern<br />

die Technologieführerschaft.<br />

Wer langfristig erfolgreich sein will, muss<br />

rechtzeitig die richtigen Entscheidungen<br />

treffen. Im Idealfall steht eine bahnbrechende<br />

Entscheidung gleich am Anfang. Als Aloys Wobben<br />

vor 25 Jahren die Firma Enercon gründete, steckte die<br />

<strong>Wind</strong>energietechnik noch in den Kinderschuhen. Keine<br />

einzige Hauptkomponente einer <strong>Wind</strong>kraftanlage<br />

war ausgereift. Es gab zwar theoretische Vorstellungen,<br />

wie die unberechenbare Energie des <strong>Wind</strong>es gebändigt<br />

und in Strom verwandelt werden könnte, der<br />

den Anforderungen einer modernen Energieversorgung<br />

entspricht. Praktisch waren die <strong>Wind</strong>energieanlagen<br />

der frühen 1980er Jahre davon noch weit entfernt.<br />

Die meisten <strong>Wind</strong>turbinen waren starr mit dem<br />

Netz gekoppelt, und zwar nach einem einfachen Prinzip:<br />

Das monoton mit 50 Hz schwingende Netz zwang<br />

dem Generator die Drehzahl auf, und der gesamte<br />

Triebstrang einschließlich Rotor musste mit konstanter<br />

Drehzahl laufen. Das war zwar eine damals relativ<br />

leicht zu verwirklichende Lösung, entspricht aber<br />

nicht dem Charakter des <strong>Wind</strong>es, der bekanntlich<br />

„weht wie er will“. Deshalb muss ein Rotor, der die<br />

schwankende Leistung des <strong>Wind</strong>es optimal aufnehmen<br />

soll, mit variabler Drehzahl laufen. Irgendwo zwischen<br />

dem launischen, oftmals böigen <strong>Wind</strong> und dem<br />

monotonen Netz muss es also Komponenten geben,<br />

die die beiden „übermächtigen Kontrahenten“ verträglich<br />

miteinander verbinden. Dafür kommen im<br />

Prinzip mehrere Komponenten in Frage: Beispielsweise<br />

ein Rotor mit verstellbaren Rotorblättern, eine hydrodynamisch<br />

regelbare Getriebestufe oder ein Generator<br />

mit variablem Schlupf. Diese technischen Lösungen<br />

sind heute verwirklicht, aber 1984 war all das noch<br />

Zukunftsmusik.<br />

Wobben erkannte, dass zwischen Generator und<br />

Netz eine Frequenztrennung erforderlich ist, um den<br />

Rotor mit variabler Drehzahl laufen zu lassen. Er traf<br />

die richtige Entscheidung zur rechten Zeit. Diese Frequenztrennung<br />

gibt dem gesamten Antriebsstrang,<br />

also Rotor, Getriebe und Generator, die Freiheit, sich<br />

mit variabler Frequenz zu drehen. Notwendigerweise<br />

muss dann zwischen Generator und Netz eine zusätzliche<br />

Komponente eingebaut werden, die in der Lage<br />

ist, die variable Frequenz des Generators in die konstante<br />

Netzfrequenz umzuwandeln: Der Frequenzum-<br />

82<br />

<strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> <strong>11</strong>/<strong>2009</strong>


erste Schritt des eigenständigen Weges getan. Der<br />

speziell für den Einsatz in der <strong>Wind</strong>turbine entwickelte<br />

Frequenzumrichter war sozusagen die Basiserfindung<br />

der Firma Enercon.<br />

Drei Schritte zum <strong>Erfolg</strong><br />

Enercon-Generatorenfertigung in Magdeburg<br />

<br />

Fotos (2): Jan Oelker<br />

richter <strong>–</strong> häufig auch als Wechselrichter bezeichnet <strong>–</strong><br />

gehörte von Anfang an zur Grundausstattung der<br />

Enercon-<strong>Wind</strong>turbinen. Diese wichtige Entscheidung<br />

verdankt Wobben dem Umstand, dass er bis 1984 am<br />

Institut für Elektrische Bahnen und Antriebe der TU<br />

Braunschweig gearbeitet hatte. Durch die Mitarbeit<br />

an Industrieprojekten wie Magnetschwebebahn und<br />

Drehstromlok war ihm die Frequenzumrichtung vertraut.<br />

Wie kaum ein zweiter <strong>Wind</strong>energiepionier war er<br />

daher in der Lage, die Anforderungen des Netzes zu<br />

berücksichtigen.<br />

Das Netz braucht „sauberen“ Strom mit einer Frequenz<br />

von 50 Hz. Oberschwingungen sind unerwünscht.<br />

Sie traten aber als Folge der damals schlecht<br />

regelbaren <strong>Wind</strong>energietechnik häufig auf und waren<br />

ein Ärgernis für die regionalen Stromversorger. Der<br />

von Wobben an die Anforderungen der <strong>Wind</strong>energietechnik<br />

angepasste Frequenzumrichter war zwar damals<br />

auch noch längst nicht ausgereift, ermöglichte<br />

aber ab 1985 die Erprobung des drehzahlvariablen Betriebs<br />

anhand des Prototyps der E-15. Diese <strong>Wind</strong>kraftanlage<br />

war den dänischen 55-kW-Vorbildern noch sehr<br />

ähnlich, doch mit dem Einbau des Umrichters war der<br />

Im ersten Jahrzehnt baute das Unternehmen seine<br />

Position in drei Schritten zielstrebig aus. Als Enercon<br />

den drehzahlvariablen Betrieb im Griff hatte, folgte<br />

1988 die Verstellung der Rotorblätter (Pitchregelung)<br />

und 1992 die erstmalige Erprobung einer getriebelosen<br />

<strong>Wind</strong>turbine, die ein Jahr später mit vergrößertem<br />

Rotor als E-40 in Serie ging und das Unternehmen<br />

weltweit bekannt machte. Denn nun genügten drei<br />

Stichworte, um Enercon von allen Konkurrenten abzugrenzen:<br />

drehzahlvariabel, pitchgeregelt, getriebelos.<br />

Daran hat sich bis heute nur wenig geändert. Zwar<br />

laufen inzwischen alle modernen <strong>Wind</strong>turbinen drehzahlvariabel<br />

und pitchgeregelt, doch es ist bisher keinem<br />

Konkurrenten gelungen, mit einer getriebelosen<br />

<strong>Wind</strong>turbine die Vorherrschaft der Firma Enercon zu<br />

brechen.<br />

Das liegt auch daran, dass es Wobben und seinem<br />

Team gelungen ist, das 1993 zur Serienreife entwickelte<br />

Konzept auf <strong>Wind</strong>turbinen mit immer größerer Leistung<br />

zu übertragen. Bereits Ende 1995 ging der Prototyp<br />

der E-66 mit 1,5 MW ans Netz, sieben Jahre später<br />

folgte die E-<strong>11</strong>2 (4,5 MW) und 2007 wurde die E-126 (6<br />

MW) erstmals errichtet.<br />

Dass die ganz großen <strong>Wind</strong>turbinen bis auf weiteres<br />

nicht über das Stadium der Kleinserienfertigung<br />

hinauskommen werden, lässt Geschäftsführer Hans-<br />

Dieter Kettwig im Interview (siehe Seite 85/86) <strong>durch</strong>blicken.<br />

Viel Geld verdienen will das Auricher Unternehmen<br />

also nicht unbedingt mit den Megawatt-Riesen,<br />

sondern erst einmal nur zeigen, dass mit der Enercon-<strong>Technik</strong><br />

die leistungsstärksten <strong>Wind</strong>turbinen<br />

realisierbar sind. Diesen Luxus kann sich nur eine Firma<br />

leisten, bei der die Kunden Schlange stehen, obwohl<br />

das Produkt relativ teuer ist.<br />

Hoher Aufwand für höheren Ertrag<br />

Enercon nimmt einen hohen technischen Aufwand in<br />

Kauf, wenn da<strong>durch</strong> eine bessere Qualität und ein höherer<br />

Ertrag erzielt werden kann. Das betrifft vor allem<br />

den Umrichter, das Rotorblatt und den Turm.<br />

Der Umrichter war anfangs ein zusätzliches Bauteil,<br />

das die Kosten erhöhte. Also eigentlich ein Wettbewerbsnachteil,<br />

denn die anderen <strong>Wind</strong>turbinen hatten<br />

ja nichts dergleichen, sondern waren direkt mit dem<br />

Netz gekoppelt und darum preisgünstiger herzustellen.<br />

Aber schon nach wenigen Jahren wurde deutlich,<br />

dass <strong>durch</strong> den Umrichter der Strom mit einer besseren<br />

Qualität ins Netz gespeist werden kann. Spätestens<br />

seit dem Erscheinen der Netzrichtlinie wurde klar,<br />

dass Enercon genau den Strom liefern kann, den die<br />

Energieversorger brauchen. Dafür gewährt das EEG<br />

seit Anfang <strong>2009</strong> sogar einen „Systemdienstleistungsbonus“<br />

<strong>–</strong> eine Art Ritterschlag für das seit 1984 weiterentwickelte<br />

Enercon-Konzept.<br />

<strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> <strong>11</strong>/<strong>2009</strong> 83


<strong>Wind</strong>energie<br />

Chronik der Firma Enercon<br />

Enercon<br />

•1984 Gründung der Enercon GmbH<br />

<strong>durch</strong> Aloys Wobben in Aurich. Entwicklung<br />

der ersten <strong>Wind</strong>energieanlagen-Generation.<br />

•1985 Serienproduktion und Installation<br />

der drehzahlvariablen E-15/16 (55 kW).<br />

•1988 Bau des ersten eigenen Produktionsgebäudes<br />

(900 m²). Entwicklung und<br />

Installation der pitchgeregelten E-32 (300<br />

kW).<br />

•1992 Inbetriebnahme des Prototypen einer<br />

getriebelosen <strong>Wind</strong>turbine (E-36, 450<br />

kW) in Hamswehrum.<br />

•1993 Beginn der Serienproduktion der<br />

E-40 (500 kW) und Start der getriebelosen<br />

<strong>Wind</strong>energieanlagen-Generation. Bau<br />

einer Fertigungsstätte zur Serienproduktion<br />

von Rotorblättern in Aurich.<br />

•1994 Bau einer Fertigung zur Serienproduktion<br />

der Ringgeneratoren.<br />

•1995 Installation des Prototypen der<br />

E-66 (1.500 kW) auf dem Betriebsgelände<br />

in Aurich.<br />

•1997 Errichtung einer E-66 auf einem<br />

Betonturm (98 m Nabenhöhe).<br />

•1998 Beteiligung an der SKET Maschinen-<br />

und Anlagenbau GmbH, Magdeburg,<br />

da<strong>durch</strong> Verdoppelung der Fertigungskapazitäten.<br />

•2000 Weiterentwicklung der E-40 auf<br />

600 kW und der E-66 auf 1.800 kW Leistung.<br />

Aufbau eines Werks für Betonfertigteiltürme<br />

in Magdeburg.<br />

•2002 Errichtung des Prototyps der E-<strong>11</strong>2<br />

(4.500 kW) in Egeln bei Magdeburg, Inbetriebnahme<br />

einer E-66 mit Betonfertigteilturm<br />

(<strong>11</strong>4 m Nabenhöhe).<br />

•2003 Weiterentwicklung der E-66/18.70<br />

Ein hoher Aufwand ist auch für die Produktion der<br />

Enercon-Rotorblätter erforderlich. Sie sind von der<br />

Blattspitze bis zur Wurzel aerodynamisch geformt,<br />

werden also zur Nabe hin breiter und unterscheiden<br />

sich da<strong>durch</strong> schon rein äußerlich von allen anderen<br />

Rotorblättern. Auf diese Weise nutzen die Enercon-Rotoren<br />

auch die Energie des <strong>Wind</strong>es aus, der direkt an<br />

der Nabenverkleidung vorbeistreicht. Da<strong>durch</strong> kann<br />

der Jahresertrag so gesteigert werden, dass der erhöhte<br />

konstruktive Aufwand und die da<strong>durch</strong> erhöhten<br />

Kosten gerechtfertigt sind.<br />

Ähnliches gilt für den Turm. Da der <strong>Wind</strong> in Bodennähe<br />

stark abgebremst und immer schwächer wird, je<br />

weiter man ins Binnenland vordringt, hat Enercon<br />

schon sehr früh begonnen, größere Nabenhöhen zu<br />

erproben. Bereits Ende 1995, nur zwei Jahre nach Beginn<br />

der Serienfertigung, war die E-40 mit 65 m Nabenhöhe<br />

lieferbar und damit 23 m höher als der Prototyp.<br />

Der höhere Turm kostete zwar rund 13 % mehr,<br />

steigerte aber an vielen Binnenland-Standorten den<br />

Ertrag so stark, dass sich die Investition lohnte. Auf<br />

diesem Weg ist Enercon immer weiter gegangen. Der<br />

(1.800 kW) zur 2-MW-Anlage E-70. Aufbau<br />

einer Serienproduktion für E-<strong>11</strong>2 Rotorblätter<br />

in Magdeburg.<br />

•2004 Enercon entwickelt ein neues Rotorblatt<br />

zur Serienreife, das zur Blattwurzel<br />

hin breiter wird und den Ertrag deutlich<br />

steigert. Errichtung einer E-<strong>11</strong>2 in der Emsmündung<br />

bei Emden. Es ist die erste deutsche<br />

Nearshore-<strong>Wind</strong>energieanlage.<br />

•2005 Der Prototyp der E-82 (2 MW) wird<br />

kurz vor der Jahreswende in Simonswolde<br />

bei Emden fertig gestellt.<br />

•2006 Enercon sichert sich 1.200 MW<br />

Netzanschlusskapazität für die Einspeisung<br />

von <strong>Wind</strong>energie in Portugal. Damit<br />

verbunden ist die Errichtung von fünf Fabriken<br />

zur Fertigung nahezu aller Hauptkomponenten<br />

der E-82.<br />

•2007 In Hilchenbach (Siegerland) werden<br />

fünf E-82 errichtet, erstmals auf 138-<br />

m-Fertigteilbetontürmen. Im Oktober wird<br />

der Prototyp der E-126 (6 MW) auf dem<br />

Rysumer Nacken bei Emden errichtet. Im<br />

November weiht Enercon die erste Fabrik<br />

in Viana do Castelo (Portugal) ein.<br />

•2008 Gemeinsam mit sieben anderen<br />

Firmen gewinnt Enercon in einer Ausschreibung<br />

des Energieversorgers Hydro-<br />

Québec (Kanada) den Zuschlag für die<br />

Einspeisung von 1.050 MW. Im November<br />

werden in Lanheses (Portugal) drei Fabriken<br />

(Generatorfertigung, E-Modulbau und<br />

Assembling) eingeweiht.<br />

•<strong>2009</strong> Im Mai wird in Eemshaven der<br />

größte <strong>Wind</strong>park der Niederlande eingeweiht,<br />

mit 64 Anlagen des Typs E-82 mit jeweils<br />

3 MW Leistung. Der Standort dient<br />

als Feldversuch für die 3-MW-Maschine.<br />

nächste Meilenstein war der 98-m-Betonturm für die<br />

E-66 im Jahr 1997. Die Fertigung dieses Turmes in<br />

Gleitschalenbauweise erwies sich aber als zu kostspielig.<br />

Also entwickelte Enercon einen Betonturm, der<br />

sich aus Fertigteilen zusammensetzt, die im Werk serienmäßig<br />

produziert und mit Tiefladern zum Standort<br />

transportiert werden. Da<strong>durch</strong> ist heute die Errichtung<br />

einer E-82 mit 138 m Nabenhöhe möglich.<br />

Nur die Kilowattstunden zählen<br />

Vereinfacht ausgedrückt, beruht der <strong>Erfolg</strong> der Firma<br />

Enercon darauf, dass zwei wichtige Fragestellungen im<br />

Vordergrund stehen: Welche Qualität muss der Strom<br />

haben, den ich ins Netz einspeise? Und: Wie viele Kilowattstunden<br />

bekomme ich zu welchem Preis?<br />

Die Frage nach der Stromqualität ist inzwischen<br />

beantwortet. Immer mehr Hersteller trennen den Generator<br />

<strong>durch</strong> einen Umrichter vollständig vom Netz<br />

und können da<strong>durch</strong> die <strong>Wind</strong>turbinen wie Kraftwerke<br />

laufen lassen, die bei Netzstörungen Strom in der gewünschten<br />

Qualität einspeisen können. Enercon<br />

schlug diesen Weg schon 1984 ein und hat da<strong>durch</strong><br />

natürlich einen enormen Vorsprung.<br />

Die zweite Frage entscheidet jeder Hersteller für<br />

sich. Einige versuchen, die <strong>Wind</strong>turbinen möglichst<br />

preisgünstig herzustellen. Enercon macht das Gegenteil:<br />

Mit einem erheblichen technischen Aufwand wird<br />

ein möglichst hoher Ertrag angestrebt, um möglichst<br />

viele Kilowattstunden aus dem Standort „herauszuholen“.<br />

Anschließend werden die Kosten <strong>durch</strong> Serienproduktion<br />

so weit heruntergedrückt, dass sich der finanzielle<br />

Mehraufwand lohnt. Es ist stets das Ziel, die<br />

Kilowattstunde unter dem Strich billiger zu produzieren<br />

als alle anderen.<br />

Untermauert wird diese Ertragssteigerung <strong>durch</strong><br />

einen flächendeckenden Service, um sicherzustellen,<br />

dass die Enercon-<strong>Wind</strong>turbinen eine möglichst hohe<br />

Verfügbarkeit erreichen. Um diesen Service kümmert<br />

sich Enercon selbst, ebenso um die Fertigung, die eine<br />

beeindruckende Tiefe erreicht hat und laufend optimiert<br />

wird.<br />

Weltmarktanteil nicht so wichtig<br />

Außerdem steht bei Enercon der wirtschaftliche <strong>Erfolg</strong><br />

im Vordergrund und nicht der Weltmarktanteil. Im Gegensatz<br />

zu den vier oder fünf etwa gleich großen <strong>Wind</strong>turbinenherstellern,<br />

die alle an der Börse notiert sind,<br />

ist Enercon „nicht verpflichtet, Umsatzsteigerungen<br />

anzukündigen“, wie Hans-Dieter Kettwig im Interview<br />

betont. Das privat geführte Unternehmen kann es sich<br />

leisten, auch mal eine Verschnaufpause einzulegen.<br />

Mit dem in guten Zeiten verdienten Geld können die<br />

Phasen der Konsolidierung für die Entwicklung neuer<br />

Technologien genutzt werden.<br />

In den 25 Jahren seines Bestehens hat das Unternehmen<br />

Enercon auf dem Markt immer wieder <strong>durch</strong><br />

Technologie gepunktet. Solange die Innovationen für<br />

den Kunden messbare Vorteile bringen, braucht sich<br />

Aloys Wobben um die Nachfrage keine Sorgen zu machen.<br />

Detlef Koenemann<br />

84<br />

<strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> <strong>11</strong>/<strong>2009</strong>


„Stabilität auf<br />

hohem Niveau“<br />

Trotz heftiger Konkurrenz ist die Steigerung des Weltmarktanteils<br />

für Enercon zurzeit nicht so wichtig. Im Gespräch<br />

mit <strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> erläutert Hans-Dieter<br />

Kettwig, warum Eigenständigkeit, Ertrag und Innovation<br />

im Vordergrund stehen.<br />

SW&W: Herr Kettwig, die <strong>Wind</strong>turbinen<br />

werden immer größer. Enercon hat sich<br />

vor sieben Jahren mit der E-<strong>11</strong>2 an die<br />

Spitze gesetzt. Nun entsteht ein <strong>Wind</strong>park<br />

mit elf Anlagen des Typs E-126 in<br />

Belgien. Doch die Stückzahlen dieser<br />

Großanlagen waren bisher klein. Wann<br />

rechnen Sie mit einer Serienproduktion?<br />

Hans-Dieter Kettwig: Die E-82 ist zurzeit die<br />

meistverkaufte Serienmaschine bei uns, sozusagen<br />

als Nachfolgerin der E-70. Da passt<br />

alles: die Gewichte, die Hallen, die Logistik.<br />

Bei der E-126 gehen wir in ganz andere Dimensionen,<br />

was natürlich einen Mehraufwand<br />

in der Produktion, im Transport oder<br />

im Aufbau bedeutet. Eine jährliche Stückzahl<br />

von über 20 Anlagen wäre daher bereits<br />

eine Herausforderung. In den nächsten<br />

drei, vier Jahren planen wir eine Produktion<br />

zwischen 10 und 15, vielleicht maximal<br />

20 Maschinen pro Jahr. Und danach werden<br />

wir weitersehen.<br />

SW&W: Welchen Ertrag erwarten Sie von<br />

der E-126? Zum Beispiel am Standort in<br />

Belgien?<br />

Kettwig: Wir rechnen für die E-126 auf dem<br />

135-Meter-Turm im Binnenland mit 15 bis<br />

18 Mio. kWh pro Jahr. Wir haben auch<br />

Standorte im Fokus, die 20 bis 22 Mio. kWh<br />

bringen. Wir sehen den großen Vorteil dieser<br />

Maschine darin, dass wir die Kosten der<br />

Onshore-kWh genau berechnen können.<br />

Offshore gibt es vielleicht mehr kWh. Aber<br />

letztendlich ist wichtig, dass eine Maschine<br />

verfügbar ist. Und onshore erreicht die<br />

E-126 bereits heute die Verfügbarkeit der<br />

anderen Enercon-<strong>Wind</strong>energieanlagen, d.h.<br />

eine Verfügbarkeit von mindestens 97 %.<br />

Das bedeutet Sicherheit für den Kunden,<br />

günstige Kilowattstundenpreise und Stabilität<br />

auf lange Sicht.<br />

SW&W: Es ist allgemein bekannt, dass<br />

Enercon nicht offshore bauen möchte.<br />

Kann es sein, dass Sie mit der E-126 beweisen<br />

wollen, dass die Nutzung der<br />

<strong>Wind</strong>energie auf dem Meer vielleicht gar<br />

nicht notwendig ist?<br />

Kettwig: Wir sehen einfach, dass das Onshore-Potenzial<br />

noch lange nicht ausgeschöpft<br />

ist und ein sicheres Geschäft für<br />

Enercon darstellt.<br />

„Wir bleiben<br />

dabei, dass das<br />

Herzstück der<br />

Maschine in<br />

Aurich entwickelt<br />

und hergestellt<br />

wird.“<br />

SW&W: Im Gegensatz zu anderen führenden<br />

Unternehmen bietet Enercon eine<br />

große Bandbreite an. Von der E-10/30 kW<br />

Nennleistung bis zur E-82 sind es insgesamt<br />

acht Anlagentypen.<br />

Einige dieser Serienanlagen<br />

haben<br />

bisher nur kleine<br />

Stückzahlen erreicht.<br />

Ist es nicht ein teures<br />

Vergnügen für einen<br />

Hersteller, so viele verschiedene<br />

Produkte<br />

anzubieten?<br />

Kettwig: Mit unserer<br />

Produktpalette können<br />

wir nahezu alle Länder<br />

beziehungsweise alle Arten von Standorten<br />

inklusive solcher in netzschwachen Regionen<br />

bedienen und werden unserem Leitspruch<br />

„Energie für die Welt“ gerecht. Zumal<br />

sich die kleineren Anlagen hervorragend<br />

für <strong>Wind</strong>-Diesel-Systeme und Stand-<br />

Alone-Systeme eignen.<br />

Hans-Dieter Kettwig ist seit Januar 1988<br />

für die Enercon GmbH tätig, seit 1994 als<br />

kaufmännischer Geschäftsführer. <br />

<br />

Foto: Enercon<br />

SW&W: Wird die E-82 demnächst auch in<br />

Portugal oder Kanada komplett produziert?<br />

Kettwig: In Portugal werden die Hauptkomponenten<br />

wie Rotorblätter, Generatoren<br />

und Türme gebaut. Aber wir bleiben dabei,<br />

dass das Herzstück der Maschine <strong>–</strong> die<br />

Leistungselektronik <strong>–</strong> in Aurich entwickelt<br />

und hergestellt wird. Auch in Kanada werden<br />

wir nicht die komplette Maschine produzieren,<br />

sondern vorerst nur den Betonturm.<br />

Wo die nächsten Fabriken entstehen<br />

werden, haben wir noch nicht festgelegt.<br />

SW&W: Ist die E-82 als eine Universalturbine<br />

für alle Standorte weltweit gedacht?<br />

Lieferbar wahlweise mit 2 MW und mit<br />

3 MW Leistung?<br />

Kettwig: Derzeit ist die E-82 nicht mit 3 MW<br />

lieferbar. Es gibt bisher einen Standort in<br />

den Niederlanden, der als „Feldversuch“<br />

für die E-82 mit 3 MW<br />

dient. Natürlich werden wir von<br />

Kunden schon gefragt, ob wir<br />

nicht auch eine Anlage anbieten<br />

wollen, die zwischen der E-82<br />

und der E-126 liegt. Derzeit ist<br />

die E-82 neben der E-70 für uns<br />

die zentralste Anlage. Neben<br />

der Nennleistung ist auch die<br />

Nabenhöhe ein entscheidendes<br />

Kriterium, und wir werden verstärkt<br />

auf hohe Nabenhöhen<br />

onshore setzen, damit wir nahezu jeden<br />

Standort bedienen können, vor allem auch<br />

das Binnenland.<br />

SW&W: Dann ist also die E-82 eine Universalmaschine<br />

für etwa 80 % des Marktes,<br />

den Sie bearbeiten?<br />

Kettwig: Ich würde es so ausdrücken, dass<br />

die E-82 derzeit die meistverkaufte Maschine<br />

im Enercon-Anlagenportfolio ist, da sie<br />

sehr flexibel einsetzbar ist. Zudem gibt es ja<br />

noch die E-70 und die E-53.<br />

SW&W: Enercon ist in allen wichtigen<br />

Märkten präsent, nur nicht in den USA<br />

und China. Es hieß immer, dass Enercon<br />

deshalb nicht in den USA verkauft, weil es<br />

dort Patentstreitigkeiten mit GE gibt. Die<br />

sind aber inzwischen beigelegt, und es<br />

<strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> <strong>11</strong>/<strong>2009</strong> 85


<strong>Wind</strong>energie<br />

enercon<br />

müsste nun doch eigentlich möglich sein,<br />

auch den US-Markt zu beliefern.<br />

Kettwig: Nach Beilegung des Patentstreits<br />

haben wir uns die Weltkarte noch einmal<br />

angeschaut mit dem Fazit, den Schwerpunkt<br />

weiterhin auf die europäischen Länder<br />

zu legen. Hier haben wir bisher sehr gute<br />

Erfahrungen gemacht. Wir kommen mit<br />

der Mentalität der Menschen in diesen Ländern<br />

sehr gut zurecht. Darüber hinaus haben<br />

die europäischen Märkte noch ein immenses<br />

Ausbaupotenzial im Bereich der<br />

<strong>Wind</strong>energie. Zumal diese Länder über stabile<br />

Rahmenbedingungen verfügen.<br />

SW&W: Die beiden größten Märkte, USA<br />

und China, kommen zusammen auf insgesamt<br />

über 50 % des Marktvolumens.<br />

Dieser Anteil steht für Sie nicht zur Verfügung,<br />

wenn Sie diese Märkte<br />

meiden.<br />

Kettwig: Ich bin nicht davon<br />

überzeugt, dass diese Märkte<br />

für uns so gewinnbringend<br />

sind. Die Wettbewerber, die<br />

dort mit wehenden Fahnen<br />

hingegangen sind, müssen<br />

jetzt richtig <strong>durch</strong>atmen, weil<br />

die Märkte eben nicht so stabil<br />

sind, wie alle gedacht haben.<br />

SW&W: Aber es gibt ja noch andere Märkte<br />

in der Region, die für Enercon wichtig<br />

sind, zum Beispiel Japan, Südkorea, Taiwan,<br />

Australien. Wäre es nicht sinnvoll,<br />

auch dort eine Produktion aufzubauen?<br />

Kettwig: Nein, das sehen wir derzeit nicht.<br />

SW&W: Enercon ist auch in anderen Bereichen<br />

tätig, zum Beispiel in der Wasserkraft.<br />

Was versprechen Sie sich davon?<br />

Kettwig: Wir können die Erfahrungen und<br />

langjährig erprobten Enercon-Serienkomponenten<br />

aus der <strong>Wind</strong>energietechnik für<br />

die Wasserkrafttechnik sinnvoll einsetzen,<br />

wie zum Beispiel die Leistungselektronik<br />

und die Generatortechnik. Die Verwendung<br />

dieser Serienprodukte sichert auch die Ersatzteilversorgung<br />

über die langjährige Betriebszeit<br />

eines Wasserkraftwerkes. Auch<br />

verfolgen wir einen komplett differenzierten<br />

Ansatz in der Turbinentechnik im Vergleich<br />

zur konventionellen Wasserkraftturbinentechnik.<br />

Unser Pilotprojekt in Raguhn,<br />

Sachsen Anhalt, läuft<br />

„Ich rechne damit,<br />

dass wir am Ende<br />

dieses Jahres<br />

mindestens 60 %<br />

Marktanteil in<br />

Deutschland haben<br />

werden.“<br />

bereits sehr <strong>Erfolg</strong> versprechend.<br />

SW&W: Es gibt neben<br />

der <strong>Wind</strong>energie noch<br />

einen zweiten großen<br />

Markt, der boomt: die<br />

Photovoltaik. Enercon<br />

könnte dort einsteigen<br />

und zum Beispiel<br />

Wechselrichter anbieten.<br />

Ist in dieser Richtung etwas geplant?<br />

Kettwig: Wenn wir einen Kunden haben, der<br />

von uns einen Wechselrichter haben möchte,<br />

dann liefern wir den auch. Aber wir werden<br />

nicht in die Photovoltaik-Produktion<br />

einsteigen, sondern höchstens<br />

den einen oder anderen<br />

Wechselrichter liefern. Wir<br />

werden das nicht offensiv vermarkten.<br />

SW&W: Und wenn sie die<br />

Photovoltaik wenigstens als<br />

zusätzliche Ausstattung Ihrer<br />

Fabriken nutzen würden? Sie haben<br />

auf den Hallendächern ja sehr viel Platz.<br />

Da würden doch Tausende von Modulen<br />

drauf passen.<br />

Kettwig: Schöne Anregung.<br />

Kettwig: Wir haben es in diesem Jahr vermieden<br />

und waren auch nicht verpflichtet,<br />

Umsatzsteigerungen anzukündigen. Ein<br />

Beispiel: Wir haben von 2002 bis Ende<br />

2004 die Umsätze nicht sehr stark gesteigert,<br />

sondern Stabilität erreicht. Von 2005<br />

bis 2008 waren wir praktisch in der Lage,<br />

unsere Betriebsleistung zu verdoppeln. Für<br />

<strong>2009</strong> und 2010 ist es unser Ziel, dass wir in<br />

den derzeit etwas unruhigen Fahrwassern<br />

ebenfalls Stabilität auf hohem Niveau halten.<br />

SW&W: Wie wird sich der Markt in diesem<br />

Jahr entwickeln? Wird Enercon den Export<br />

verstärken? Oder wird der Markt im<br />

Inland wichtiger werden?<br />

Kettwig: Wir haben uns trotz einer erschwerten<br />

Marktsituation abermals als<br />

Marktführer in Deutschland behaupten<br />

können und halten den deutschen Markt<br />

weiterhin für relativ stabil und wichtig. Wir<br />

werden dieses Jahr sicherlich die Waage<br />

halten zwischen 50 % Export und 50 %<br />

Deutschland. Wir sehen auch, dass in Osteuropa<br />

und in den USA die Märkte eher instabil<br />

sind und der Wettbewerb zunehmend<br />

auch in die Märkte drängt, in denen wir vertreten<br />

sind. Darauf müssen wir entsprechend<br />

reagieren, damit die europäischen<br />

Märkte wie Frankreich, Portugal, Italien,<br />

Griechenland, Türkei und Schweden auch<br />

in Zukunft für uns so stabil bleiben.<br />

„Wir werden<br />

verstärkt auf hohe<br />

Nabenhöhen<br />

onshore setzen.“<br />

SW&W: Aber wenn Sie im Ausland jetzt<br />

vorübergehend nicht so viel verkaufen<br />

können wie geplant,<br />

müssen Sie<br />

ja in Deutschland<br />

umso mehr verkaufen.<br />

Rechnen<br />

Sie damit, dass der<br />

deutsche Markt in<br />

diesem Jahr noch<br />

mal zulegt?<br />

Kettwig: Das Auslandsgeschäft läuft für uns<br />

sehr positiv, und der Auftragseingang ist<br />

stabil. Dennoch ist für uns auch der deutsche<br />

Markt weiterhin wichtig und wird unseres<br />

Erachtens noch einmal anziehen.<br />

Werksgelände von Enercon in Magdeburg<br />

SW&W: In Deutschland machen Sie damit<br />

sicherlich kein Verlustgeschäft.<br />

Kettwig: Man kann das machen. Schauen<br />

wir mal.<br />

SW&W: Sie haben kürzlich drei Säulen genannt,<br />

auf die sich Enercon stützt: Eigenständigkeit,<br />

Ertrag und Innovation. Von<br />

Umsatzsteigerung ist nicht die Rede. Und<br />

auch nicht vom Weltmarktanteil. Ist das<br />

für Enercon nicht so wichtig?<br />

SW&W: Aber Enercon hat doch schon<br />

50 % Marktanteil in Deutschland. Können<br />

Sie in diesem Jahr den Anteil nochmals<br />

steigern?<br />

Kettwig: Ich rechne damit, dass wir am Ende<br />

dieses Jahres eine Sechs vorne sehen, dass<br />

wir also mindestens 60 % Marktanteil haben<br />

werden in Deutschland. Ziele müssen<br />

wir haben <strong>–</strong> und das ist ja ein schönes Ziel.<br />

<br />

Das Interview führte Detlef Koenemann.<br />

86<br />

<strong>Sonne</strong> <strong>Wind</strong> & <strong>Wärme</strong> <strong>11</strong>/<strong>2009</strong>

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