WOHI.FÜHLEN Rei^e - Siglinde Fischer KG
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<strong>WOHI</strong>.<strong>FÜHLEN</strong> <strong>Rei^e</strong><br />
Malerisch<br />
In ihrer Wahlheimat hört es das ganze Jahr nicht auf zu blühen, und die Ködie<br />
zaubern mit flüssigem Gold: Seit 18 Jahren lebt die Kölner Künstlerin Marina<br />
Bretschneider in Ligurien und hat sogar einen eigenen Olivenhain. In emotion<br />
verrät sie ihre Lieblingsplätze Text: Brigitte Jurczyk; Fotos; Eckard Wentorf
ilder wie aus einem Traum.<br />
Auf der einen Tafel ein<br />
leuchtender Vogel, auf der anderen<br />
ein großer Lebensbaum vor bronzefarbenem<br />
Hintergrund. Farbstark und<br />
eindrucksvoll. Gegenüber Fotos von hellen,<br />
fast durchscheinenden Fresken, die<br />
auf Plexiglaspiatten gedruckt sind. „Ich<br />
habe sie ganz in der Nähe aufgenommen",<br />
sagt Marina Bretschneider, in deren Ateher<br />
wir stehen. Ihre braunen Augen blicken<br />
konzentriert. Dann lächelt sie: „Ich<br />
zeige euch nachher, wo genau. Auch einer<br />
meiner Lieblingsorte."<br />
Vor 18 Jahren ist die Kölner Malerin<br />
nach Montalto di Ligure gezogen. Ein<br />
mittelalterliches Dorf, das auf der Spitze<br />
eines Hügels thront und mit seinen<br />
schmalen Gassen, über die sich Steinbögen<br />
spannen, die perfekte Kulisse für<br />
Klassikfestivals und Opernauffiihrungen<br />
bietet. Marinas Haus, das sie sich mit acht<br />
Katzen und einem gutmütigen Hund<br />
teilt, hegt an der Via Parlamento, einer<br />
der ältesten Straßen des Ortes. „Es hat<br />
einmal einem ,Capitano' gehört", erzählt<br />
die 55-Jährige. „Und später einem Notar<br />
aus San Remo, der noch mit Pferd vorritt."<br />
Als Marina es kaufte, war es in<br />
einem erbärmlichen Zustand: das Dach<br />
undicht, Brandschäden im oberen Stockwerk,<br />
die Zwischendecken morsch und<br />
einsturzgefährdet. ,Aber ich fand es wunderbar,<br />
alles nach meinen Vorstellungen<br />
gestalten zu können", sagt sie. Bei den<br />
Umbauten ging sie sehr behutsam vor, um<br />
die Patina zu bewahren. Viele der alten<br />
Dinge hat sie genau so gelassen, wie sie<br />
sie vorfand: die alte Schiefertreppe zum<br />
Beispiel und die Dachbalken.<br />
Schon als Kind hatte Marina von der Ferne<br />
geträumt. Und seit ihrem 23. Lebensjahr<br />
lebt sie -<br />
mit ein paar Unterbrechungen<br />
- in ihrer „seelischen Heimat",<br />
wie sie Italien nennt. Sie wohnte bereits in<br />
Florenz, Rom und in einem Ort in Umbrien.<br />
Aber Ligurien, der schmale Streifen,<br />
der sich von der französischen Grenze<br />
im Westen bis nach La Spezia im Osten<br />
am Mittelmeer entlangzieht, hat einen<br />
ganz besondern Platz in ihrem Herzen:<br />
„Ich liebe die Vielfalt der Landschaft auf<br />
engstem Raum - in 20 Minuten ist man<br />
entweder am Meer oder in den Bergen."<br />
Und das. Schönste: ^uch im Winter blühen<br />
hier die Blumen in allen Farben, es<br />
hört einfach nickt auf, grün zu sein!"<br />
Marina ruft ihre Nachbarin Giovanna<br />
Boeri an. Sie ist die Bürgermeisterin von<br />
Montalto di Ligure und hat den Schlüssel<br />
zur Kirche San Giovanni Battista, die sich<br />
gleich neben Marinas Haus befindet und<br />
nur während der Messe geöffnet ist. Von<br />
außen wirkt der Bau bescheiden: Die Farbe<br />
blättert von der Fassade, die große,<br />
schwere Holztür quietscht beim Offnen.<br />
Doch hinter den verwitterten Mauern tut<br />
sich eine goldghtzernde Pracht auf, die<br />
uns die Bürgermeisterin stolz zeigt. Engel<br />
und Putten scheinen zwischen Heiligen<br />
118 emotion .\I.'\R7,2013
Am nächsten Tag geht es ans Meer. „Pack<br />
den Bikini ein!", ruft Marina mir zu, bevor<br />
wir uns in ihrem dunkelblauen Peugeot-Cabrio<br />
die heftigen Kurven nach<br />
unten kurbeln. Unterwegs fällt der Rhein-<br />
^ länderin ein, dass sie ja noch ihrer ameri-<br />
I kanischen Freundin Lynn einen Besuch<br />
3 versprochen hat: „Die müsst ihr kennen-<br />
I lernen, sie macht zauberhaften Schmuck."<br />
^ Bei der nächsten Kreuzung biegen wir<br />
I schwoingvoll nach rechts ab und schon<br />
j g^ht es wieder bergan, die steilen, schma-<br />
^ len Wege hinauf, durch silbrig schillernde<br />
S Olivenhaine und wilde Kastanien- und<br />
t£ Eichenwälder<br />
Der Magen will schon rebelheren, da hält<br />
der Wagen endlich vor einem alten Steinhaus.<br />
Hunde bellen und Lynn kommt zur<br />
Holztür heraus, blinzelt in die Sonne und<br />
ruft: „Da seid ihr ja!" Die Amerikanerin,<br />
die vor zehn Jahren mit ihrem Mann ein<br />
Sabbatjahr in Ligurien verbrachte — und<br />
bheb, betreibt eine kleine Schmuckwerkstatt.<br />
Ihr Label heißt nach dem Ort, in<br />
dem die beiden wohnen: Maberga.<br />
Beim Fertigen der Ketten, Anhänger,<br />
Armbänder und Ohrringe aus himmelblauem,<br />
wassergrünem oder milchigweißem<br />
Muranoglas lässt sie sich gern über<br />
die Schukern schauen. „Meine Ideen<br />
stammen aus der Natur", sagt die ehemalige<br />
Lehrerin und zeigt auf die Berge, die<br />
sich vor ihrem Fenster in ein grünes Wellenmeer<br />
verwandeln und Wanderer aus aller<br />
Welt anziehen.<br />
Tatsächlich ist Ligurien ein klassisches<br />
Ziel für Outdoorfreaks, die die Ausläufer<br />
der Alpen und des Apennins in Bergstiefeln<br />
oder per Mountainbike erobern. Es<br />
gibt gut ausgeschilderte Routen und kleine<br />
Herbergen, in denen man einkehren<br />
kann. Marina: „Wenn ich Besuch aus<br />
Deutschland habe, packen wir auch immer<br />
wieder den Rucksack für eine Wanderung<br />
mit Picknick." Nach einer tages-<br />
M\RZ2013 emotion 121
füllenden Tour geht es zur Belohnung<br />
Richtung Meer. So, wie wir das jetzt tun.<br />
Unten an der Küste bei Riva Ligure<br />
sind noch längst nicht alle Strandcafes<br />
und Restaurants geöffnet. Es ist früh im<br />
Jahr, das Meer kalt, aber die Sonne hat<br />
schon Kraft und Ausdauer Einige Strandschönheiten<br />
haben ihre Handtücher im<br />
hellen Sand ausgebreitet und genießen es,<br />
dass ihnen das Terrain zu dieser Jahreszeit<br />
fast allein gehört. „Im Hochsommer siehst<br />
du vor lauter Sonnenschirmen das Meer<br />
nicht", lacht Marina, setzt die Brille mit<br />
den dunklen Gläsern auf und streckt sich<br />
auf einer der Liegen vor den hölzernen<br />
Umziehkabinen aus, deren weiße Fronten<br />
mit der Sonne um die Wette strahlen. Unsere<br />
Ligurienfiihrerin fährt fast täglich ans<br />
Meer, zu jeder Jahreszeit. Weil sie die<br />
Weite des Wassers so genießt.<br />
„Auf dem Rückweg nach Montalto di<br />
Ligure stelle ich euch noch einen der<br />
wichtigsten Männer in meinem Leben<br />
vor", sagt Marina augenzwinkernd. Der<br />
freut sich: „Kommt rein", sagt Giovanni<br />
Batista und öffnet die Tür zur Küche seines<br />
Hauses in Badalucco, in der ein großer<br />
Holztisch den meisten Platz einnimmt.<br />
Auf dem rot-weiß karierten Wachstuch<br />
steht Olivenöl der letzten Ernte vom Dezember<br />
Und sofort sind Marina und Giovanni<br />
mitten in einer lebhaften Diskussion,<br />
die im melodiösen Italienisch wie eine<br />
Arie klingt und sich um das Lieblingsthema<br />
der beiden dreht: Olivenöl. Denn Marina<br />
hat, wie wir erfahren, einen eigenen<br />
Olivenhain - und Giovanni presst in seinerjahrhundertealten<br />
Mühle ihre Früchte.<br />
„Wenn es ihn nicht gäbe, wäre ich aufgeschmissen",<br />
lacht unsere Begleiterin: „Ich<br />
liebe Olivenöl wie alle naturbelassenen<br />
Produkte, aber seit ich meine eigenen Oliven<br />
ernte, habe ich natürlich einen ganz<br />
anderen Bezug dazu." Ihr gefällt, dass<br />
Giovanni noch immer die schweren Stein-<br />
122 emotion M\RZ2()];5
Reise WOHL<strong>FÜHLEN</strong><br />
P Tipps<br />
Per Flugzeug zum Beispiel mit Swiss von<br />
verschiedenen deutschen Flughäfen nach<br />
Nizza {ab Hamburg: 149 Euro, wwwswiss.<br />
com), weiter mit dem Mietwagen etwa<br />
von Europcar (für ein Wochenende ab 72<br />
Euro, www.europcQr.de).<br />
Ferienwohnungen in Ligurien zum Beispiel<br />
in Montalto über www.doicevitaliguria<br />
com oder www.che-beila-visio.de<br />
Hotel: Ein Arrangement im kleinen Vier-<br />
Sterne-Hotel „Relais San Damian" nahe<br />
der Stadt Imperia (drei Übernachtungen<br />
in einer Suite plus diverse Extras: 250 Euro<br />
pro Person im DZ). Zu buchen über<br />
Charming Piaces, Tel. 07355/93360, www.<br />
siglinde-<strong>Fischer</strong>de/code=htsä<br />
blocke zum Pressen des Fruchtfleischs benutzt.<br />
Wie schon sein Vater und sein<br />
Großvater. Das Rad der Mühle wird von<br />
dem Fluss Argentina angetrieben, der so<br />
viel zum Charakter dieses Tals beiträgt.<br />
Natürlich kann man bei Giovanni das<br />
flüssige Gold auch kaufen. Und natürlich<br />
schmeckt es herrlich fruchtig, einfach<br />
köstlich. Aber jetzt woUen wir unbedingt<br />
noch Marinas Olivenhain sehen!<br />
Ein weiteres Mal schrauben wir uns<br />
durch Haarnadelkurven die Hügel hinauf<br />
Weit geht der Blick über die Dörfer, die an<br />
den Hängen emporklettern, bis im Hintergrund<br />
das Meer silbrig blau glitzert. Was<br />
für eine Aussicht! Wir steigen aus. „Benvenuti<br />
al Paradiso", ruft Marina glücklich,<br />
breitet die Arme aus - und wartet mit noch<br />
einer Überraschung auf: In ihrem Olivenhain<br />
steht ein kleines Häuschen, wie ein<br />
Nest hoch oben in den Bergen. .JVlein Wochenend-Versteck",<br />
verrät die Künstlerin,<br />
als sie eine Flasche Rotwein entkorkt. Und<br />
ich vvTJsste keinen magischeren Ort, um auf<br />
das Leben anzustoßen. Und darauf, wie<br />
wichtig es ist, seine Träume zu leben.<br />
uchtipps finden Sie auf Seite 140<br />
^T7F•<br />
Olivenmühle: J\nüco Frantoio Ligure' in<br />
Badalucco, Im dazugehörigen Museum<br />
kann man sich über die traditionelle Olivenölzubereitung<br />
informieren. www.oliomeelLLit<br />
Schmuckwerkstatt: Maberga Designs<br />
von Lynn Serpe in Maberga. Vorher bitte<br />
telefonisch anmelden Te/. +39/033/9583 T313,<br />
www.mabergadesigns. com<br />
Enoteca: Das relativ neue Lokal „Banca del<br />
vino" wird von einem Deutschen mit seinem<br />
Freund betrieben Montags geschlossen,<br />
Kirchplati von Badalucco.<br />
Restaurant: Im „La Capanna dei Celti"<br />
kocht der ehemaliger Banker Salvatore<br />
mit viel Leidenschaft, Suada Provinciak, 20,<br />
Montalto Ligure, Tel. -1-39/ 0939/ 9930527.<br />
Osteria: Im „Cian de Biä" bereitet Ivo<br />
Orengo aus regionalen Produkten ligurische<br />
Spezialitäten zu. Großartig! Via Silvio<br />
Pelko H Badalucco, Tel +39/0320/<br />
662 20 79, Tisch nur auf Bestellung.<br />
Marina Bretschneider, Malerin und Inleriordesignerin;<br />
www.manna-bretschneider.com<br />
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