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Pressemappe "The Whole Earth" PDF / 1047 kb - Haus der Kulturen ...

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<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

Ein Projekt im Rahmen des „Anthropozän-Projektes 2013/2014" am <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt<br />

26.4. – 01.07.2013<br />

Eröffnung 25.04.2013, 19 h<br />

Pressekonferenz<br />

25.4.2013, 12 h<br />

Ausstellungshalle<br />

Än<strong>der</strong>ungen vorbehalten


<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

Ausstellung<br />

26.4. – 1.7.2013<br />

Eröffnung 25.4.2013, 19 h<br />

Konferenz<br />

21. – 22.6.2013<br />

Pressekonferenz<br />

25.4.2013, 12 h<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Pressemitteilung<br />

Die Kuratoren<br />

Die 7 Kapitel <strong>der</strong> Ausstellung<br />

Werkliste<br />

Ausstellungsbezogene Künstlerbiografien<br />

Ausz üge aus dem Katalog<br />

‐ Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen: Pop‐Musik und Gegenkultur: die ganze Welt und jetzt<br />

‐ Anselm Franke: Earthrise und das Verschwinden des Außen<br />

Ausstellungsarchitekten und ‐designer<br />

Das Buch<br />

Die Konferenz<br />

Vermittlungsprogramm<br />

Das Anthropozän‐Observatorium<br />

Foto‐Details<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


PRESSEMITTEILUNG<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

Ausstellung<br />

26.4. – 1.7.2013<br />

Eröffnung 25.4.2013, 19 h<br />

Konferenz<br />

21. – 22.6.2013<br />

PRESSEKONFERENZ: 25.4.2013, 12 h<br />

25.04.2013<br />

Im Jahr 1966 verteilte ein junger Mann namens Stewart Brand in San Francisco einen Button mit <strong>der</strong><br />

Aufschrift: „Warum haben wir noch kein Bild <strong>der</strong> ganzen Erde gesehen?“ Zwei Jahre danach zierte das<br />

NASA-Bild des Blauen Planeten das Cover <strong>der</strong> ersten Ausgabe des „<strong>Whole</strong> Earth Catalog“. Das Bild des<br />

Blauen Planeten trat als neue universalistische Ikone an, die das große Ganze versinnbildlichte, und<br />

löste damit ein an<strong>der</strong>es Motiv ab, das die Nachkriegszeit unmittelbar dominiert hatte: den Atompilz.<br />

Der „<strong>Whole</strong> Earth Catalog" trug das Motiv des Blauen Planeten nicht nur auf je<strong>der</strong> seiner zahlreichen<br />

Ausgaben, auch sein Inhalt widmete sich ganz und gar <strong>der</strong> Nachricht, die das Foto <strong>der</strong> Erde zu<br />

überbringen schien: die ganze Erde als geschlossenes System zu verstehen.<br />

Mit dem Katalog, häufig als ein analoger Vorläufer von Google bezeichnet, sowie seinen zahlreichen<br />

Nachfolgern hatte Stewart Brand eine <strong>der</strong> einflussreichsten Publikationen <strong>der</strong> letzten Jahrzehnte<br />

geschaffen, die zwischen Kybernetikern und Hippies, Natur-Romantikern und Technologie-Verehrern,<br />

Psychedelia und Computerkultur vermittelte und damit entscheidende Impulse für die<br />

Umweltbewegung ebenso wie den Aufstieg <strong>der</strong> digitalen Netzwerk-Kultur gab.<br />

Die Ausstellung „<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth“ ist ein Essay aus kulturhistorischen Materialien und<br />

künstlerischen Positionen, <strong>der</strong> sich kritisch mit dem Aufstieg des Bilds <strong>der</strong> „einen Erde“ und des mit ihm<br />

verbundenen ökologischen Paradigmas als einer Form des Universalismus auseinan<strong>der</strong>setzt und<br />

zahlreiche überraschende Verbindungen aufzeigt. Die Sichtbarkeit <strong>der</strong> ganzen Erde als Planet und die<br />

Verarbeitung dieses Bildes in den Projekten, Ideologien, künstlerischen und architektonischen,<br />

musikalischen und politischen Aktivitäten <strong>der</strong> kalifornischen Gegenkultur erweist sich als Quelle<br />

aktueller Konstellationen. Sie zeigt, wie sich <strong>der</strong> politische Impetus <strong>der</strong> Gegenkultur mit den<br />

kybernetischen Regelungsmodellen anfreundete, die in <strong>der</strong> Nachkriegszeit entstanden sind – oft in<br />

unmittelbarer Nähe jenes militärisch-industriellen Komplexes, von dem sich Lebensreformer, Hippies<br />

und Kommunebewegung absetzen wollten. Doch geht es bei „<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth“ weniger um das alte<br />

Narrativ <strong>der</strong> gekauften und gescheiterten Gegenbewegung. Vielmehr beschreibt die Ausstellung<br />

ideologische und visuelle Kippfiguren, Umschlagpunkte, etwa den Moment, an dem die Fotografie des<br />

Blauen Planeten die nach Außen gerichtete Blickrichtung des Raumfahrtzeitalters umdrehte und das<br />

neue ökologische Krisenbewusstsein ein „Umdenken" einfor<strong>der</strong>te.<br />

Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke untersuchen im Rahmen des „Anthropozän-Projektes<br />

2013/2014” am <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt Ikonen, die die Sichtbarkeit <strong>der</strong> Welt nach 1945<br />

verän<strong>der</strong>t haben. In einer direkten gedanklichen Linie entspinnt sich ein Narrativ vom Atompilz über<br />

Hiroshima (1945) zur Ausstellung „Family of Men“ (1955), dem ersten Bild des „ganzen“ Blauen<br />

Planeten bis hin zur legendären, die New Economy <strong>der</strong> 1990er-Jahre prägenden Zeitschrift „Wired“.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon ++49 30 397 87-153, Fax ++49 30 3948679, presse@hkw.de , www.hkw.de


PRESSEMITTEILUNG<br />

Mit Arbeiten von Nabil Ahmed, Ant Farm, Eleanor Antin, Martin Beck, Jordan Belson, Ashley Bickerton,<br />

Dara Birnbaum, Erik Bulatov, Angela Bulloch, Bruce Conner, Öyvind Fahlström, Robert Frank, Jack<br />

Goldstein, Nancy Holt und Robert Smithson, Lawrence Jordan, Silvia Kolbowski, Philipp Lachenmann,<br />

David Lamelas, Sharon Lockhart, Piero Manzoni, Raymond Pettibon, Adrian Piper, Robert<br />

Rauschenberg, Ira Schnei<strong>der</strong>, Richard Serra, Alex Slade, Jack Smith, Josef Strau, <strong>The</strong> Center for Land Use<br />

Interpretation, <strong>The</strong> Otolith Group, Suzanne Treister, Andy Warhol, Bruce Yonemoto u. a.<br />

Kuratiert von Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke<br />

Eine Produktion vom <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt<br />

Geför<strong>der</strong>t durch den Hauptstadtkulturfonds, unterstützt von <strong>der</strong> Botschaft <strong>der</strong> Vereinigten Staaten von<br />

Amerika und FWD Display Services<br />

Zur Konferenz im Juni 2013 erscheint im Verlag Sternberg Press ein umfassen<strong>der</strong> Katalog mit<br />

Texten von u. a. Fred Turner, Erich Hörl, Eva Meyer, Mercedes Bunz, John Palmesino, Laurence A.<br />

Rickels, Kodwo Eshun, Sabeth Buchmann sowie zahlreichen Abbildungen in deutscher und<br />

englischer Sprache, herausgegeben von Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen / <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. California and<br />

the Disappearance of the Outside<br />

ISBN: 978-3-943365-76-4 (deutsch), ISBN: 978-3-943365-64-1 (englisch), im Buchhandel 26 Euro<br />

Das HKW bietet zur Ausstellung ein abwechslungsreiches Kin<strong>der</strong>- und Jugendprogramm an.<br />

Sonntags finden jeweils um 15 h zeitgleich zu den Führungen durch die Ausstellung verschiedene<br />

Workshops statt.<br />

Parallel dazu startet die Reihe „Anthropozän-Observatorium“ in <strong>der</strong> Studiogalerie, die in mehreren<br />

neu produzierten filmischen Episoden und Archivpräsentationen Feldforschungen in den politischen,<br />

institutionellen, geologischen und diskursiven Räumen des Anthropozän betreibt. Im Zentrum <strong>der</strong><br />

ersten Episode „Plan the Planet" steht die Diskussion des Anthropozän-Konzepts im Zusammenhang<br />

mit dem Klimawandel und den Institutionen und Apparaturen, die sich mit <strong>der</strong> globalen Er<strong>der</strong>wärmung<br />

befassen.<br />

Das „Anthropozän-Observatorium" ist ein Projekt von Territorial Agency, Armin Linke und Anselm<br />

Franke. Bis 26.8. in <strong>der</strong> Studiogalerie.<br />

Das <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt wird durch den Beauftragten <strong>der</strong> Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch das<br />

Auswärtige Amt geför<strong>der</strong>t.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon ++49 30 397 87-153, Fax ++49 30 3948679, presse@hkw.de , www.hkw.de


DIE KURATOREN<br />

Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke kuratieren “<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth”<br />

Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen war in den 1980er Jahren Redakteur und Herausgeber von<br />

Musikzeitschriften, in den 1990er Hochschullehrer als Gastprofessor o<strong>der</strong> Lehrbeauftragter u.a. in<br />

Frankfurt, Stuttgart, Pasadena, Offenbach, Gießen, Weimar, Bremen, Wien, St. Louis, Köln, Los<br />

Angeles und Gainesville. 1998 – 2007 Professor für Ästhetische <strong>The</strong>orie/Kulturwissenschaften an<br />

<strong>der</strong> Merz-Akademie, Stuttgart, seit 2006 Professor für <strong>The</strong>orie, Praxis und Vermittlung von<br />

Gegenwartskunst am Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Bildenden<br />

Künste, Wien. Letzte Buch-Veröffentlichungen: <strong>The</strong> Sopranos, Zürich: diaphanes-booklet 2012/<br />

Psicodelia y ready-made, Buenos Aires: Edición Adriana Hidalgo 2010/ Utopia of Sound (Co-Hg., mit C.<br />

Ruhm), Wien: Schleebrügge/Akademie <strong>der</strong> Bildenden Künste 2010/ Stein, Schere, Papier (Co-Hg.),<br />

Graz: Kunsthaus Graz 2009/ Über den Mehrwert (in <strong>der</strong> Kunst), Amsterdam/New York/Berlin: Witte<br />

de With/Lukas & Sternberg, 2008/ Kritik des Auges – Texte zur Kunst, Hamburg: Philo Fine Arts,<br />

2008/ Eigenblutdoping – Selbstverwertung, Künstlerromantik, Partizipation, Köln: Kiepenheuer &<br />

Witsch 2008. Veröffentlicht regelmäßig zu Gegenwartskunst, Pop-Musik und zeitgenössischer Musik,<br />

Kino, <strong>The</strong>ater, Design und Politik; regelmäßig u.a. in die tageszeitung, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit,<br />

theater heute, Texte zur Kunst. Ausführliche Liste siehe: http://diedrich-die<strong>der</strong>ichsen.de<br />

Anselm Franke, Kritiker und Kurator, übernahm am 1.1.2013 den Bereich Bildende Kunst und Film<br />

am <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt. 2012 war er Kurator <strong>der</strong> Taipei Biennale. In Berlin war im Frühjahr<br />

2012 das von ihm kuratierte Ausstellungs- und Katalogprojekt „Animismus“ im <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong><br />

Welt zu sehen. Das war die vorerst letzte Station eines Projektes, das in unterschiedlichen<br />

Kooperationen und Kapiteln in Antwerpen, Bern, Wien, Berlin und New York präsentiert wurde. 2006<br />

– 2010 war er Direktor von Extra City Kunsthal Antwerpen, wo er u.a. „Sergei Eisenstein – <strong>The</strong><br />

Mexican Drawings“ o<strong>der</strong> „Mimetismé“ kuratierte. 2008 war er Ko-Kurator <strong>der</strong> Manifesta 7 und <strong>der</strong><br />

Brüsseler Biennale (2009). Franke hat einen Forschungsauftrag am Goldsmiths College University of<br />

London und hält Vorlesungen an <strong>der</strong> Hochschule für Gestaltung Karlsruhe. Seit 2006 firmiert er als Ko-<br />

Kurator <strong>der</strong> experimentellen Filmreihe „Forum Expanded“ <strong>der</strong> Berlinale, Internationale Filmfestspiele<br />

Berlin.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

Eine Produktion vom <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt<br />

Geför<strong>der</strong>t durch den Hauptstadtkulturfonds, unterstützt von <strong>der</strong> Botschaft <strong>der</strong> Vereinigten Staaten von<br />

Amerika und FWD Display Services<br />

Das <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt wird durch den Beauftragten <strong>der</strong> Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch das<br />

Auswärtige Amt geför<strong>der</strong>t.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon ++49 30 397 87-153, Fax ++49 30 3948679, presse@hkw.de , www.hkw.de


DIE 7 KAPITEL DER AUSSTELLUNG<br />

Universalismus<br />

Die wohl eindrucksvollste Machtdemonstration <strong>der</strong> USA auf <strong>der</strong> Höhe des Kalten Krieges produzierte<br />

ein folgenreiches Bild, die Fotografie des Blauen Planeten. Das Bild <strong>der</strong> Erde ist zu einer globalen Ikone<br />

geworden, das ein letztes Mal eine Utopie im ausgehenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>t versinnbildlichen sollte. Das<br />

Diktum, dass die Kontrolle des Weltraums über die Vormacht in <strong>der</strong> Welt entscheiden würde, hatte sich<br />

zumindest auf <strong>der</strong> Ebene medial zirkulieren<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> bestätigt.<br />

Doch blieb dieses Bild nicht nur die Trophäe einer Weltmacht. Zugleich inspirierte die Fotografie vom<br />

Blauen Planeten eine globale Umweltbewegung und kündete von einem neuen Zeitalter einer globalen<br />

Einheit, die sich gegen die aktuellen Machthaber und ihre Ausbeutung des Planeten richtete. Der<br />

konkrete, sichtbare Planet mahnte gegen dessen Bedrohtheit durch Umweltzerstörung und Kriege und<br />

zeigt zugleich eine Erde, die nationale und ideologische Konflikte hinter sich zu lassen versprach und<br />

die alten Grenzziehungen zugunsten einer neuen Verbundenheit überwunden hatte.<br />

Das Bild des Blauen Planeten ist ein Kippbild, das Außenraum und Innenraum in ein neues Verhältnis<br />

zueinan<strong>der</strong> setzt: <strong>der</strong> nach außen gerichtete, expansive Blick dreht sich darin um 180 Grad und nimmt<br />

nun nicht mehr den fernen Weltraum in den Fokus, son<strong>der</strong>n den Planeten, von dem aus <strong>der</strong> Blick<br />

ursprünglich geworfen wurde. Der Planet erscheint nun als <strong>der</strong> Horizont <strong>der</strong> Betrachtung und dabei<br />

paradoxerweise zugleich als das, was wir betrachten und den Ort, von wo aus wir betrachten. Er<br />

erscheint uns abwechselnd als ein Ganzes, auf das wir wie Externe Bezug nehmen könnten, und zeigt<br />

uns doch als Teil davon, als Teil eines Systems, in dem alles mit allem verbunden ist. Ein neues,<br />

planetarisches Bewusstsein vom großen Ganzen wird darin beschworen, und die ganze Erde ist im Feld<br />

einer neuen, permanenten Sichtbarkeit, Teil einer globalen medialen Jetztzeit.<br />

Als letzte gültige universalistische Ikone löste diese Fotografie historisch ein an<strong>der</strong>es Motiv ab, das die<br />

globalen Verhältnisse nach 1945 bestimmt hatte: das Bild <strong>der</strong> nuklearen Explosion, den „Atompilz“. Im<br />

Gegensatz zum Blauen Planeten trug dieses Bild eine Erinnerung vom Ursprung <strong>der</strong> neuen<br />

Weltordnung im 2. Weltkrieg weiter. Die im Kalten Krieg omnipräsente Bedrohung durch den<br />

nuklearen Holocaust aktualisierte die Erinnerung an die unheilvolle Verbindung von mo<strong>der</strong>ner<br />

Technologie, Massenpsychologie und Terror im Faschismus und rief das Zerstörungspotential<br />

mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften und ihrer Technologie vor Augen. Für die Schrecken <strong>der</strong> Shoah gab es kein<br />

Bild, aber mit dem Atompilz war eine Ikone absoluten Grauens gefunden worden, die bald ins<br />

Alltagsleben einging und die umkämpfte Grenze wie das mögliche Ende <strong>der</strong> Zivilisation als Bild<br />

domestizierte. Gleichzeitig war die Atombombe ein Zeichen eines kontinuierlichen Machtanspruchs<br />

westlicher Zivilisation, legitimiert durch den universellen Wahrheitsanspruch mo<strong>der</strong>ner Wissenschaft<br />

und getrieben von <strong>der</strong> Ideologie des Fortschritts, in dessen Zeichen das Weltraumzeitalter noch<br />

ungebrochen stand. Die Fotografie des Blauen Planeten schien mit dieser Ideologie und ihrem<br />

historischen Bezugsrahmen zu brechen.<br />

Frontier: An <strong>der</strong> Mauer des Pazifik<br />

In Kalifornien stößt die koloniale Expansion nach Westen an ihr geographisches Limit, die „Mauer des<br />

Pazifik“ (Lyotard). Aber während die geographische Eroberung des amerikanischen Kontinents durch<br />

europäische Siedler vollständig ist, findet <strong>der</strong> für das koloniale Amerika zentrale Mythos <strong>der</strong> Frontier<br />

seine Fortsetzung. Eroberung und Fortschritt machen am Strand Kaliforniens nicht halt. Die Frontier<br />

sucht nach neuen Territorien, nach einem neuen Außen, <strong>der</strong> Wille zur Expansion ist ungebrochen. Die<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin,<br />

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DIE 7 KAPITEL DER AUSSTELLUNG<br />

Geschichte <strong>der</strong> Mutationen <strong>der</strong> Frontier ist in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts eine Geschichte<br />

<strong>der</strong> Avantgarden Kaliforniens. Von dort aus eroberten Technologien, Kulturtechniken und Bildökonomien<br />

in den letzten Jahrzehnten die gesamte kapitalistische Welt. Wie jedoch die Kamera <strong>der</strong><br />

Apollo-Mission den alten Blick europäischer Astronomen auf das Weltall um 180 Grad drehte, indem<br />

sie aus dem Außen des Weltalls auf unseren Planeten blickte, so dreht sich auch die Expansionsrichtung<br />

<strong>der</strong> neuen Frontier an <strong>der</strong> Mauer des Pazifik. Während Expansion, Ausbruch und Entgrenzung<br />

zum Motto <strong>der</strong> Gegenkultur werden, verschwindet das jeweilige Außen, ob es sich dabei um eine<br />

unberührte Natur, den Gedanken radikaler Freiheit jenseits „des Systems“ o<strong>der</strong> das große Unbekannte<br />

im inneren Selbst handelt.<br />

System und Holismus<br />

Nach 1945 vollzog sich in den Wissenssystemen und <strong>der</strong> Technologie westlicher Gesellschaften ein<br />

grundlegen<strong>der</strong> Wandel. In dessen Zentrum standen die Informationstheorie, die Kybernetik, und die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Computer. Information wurde zum vorherrschenden Realitätsprinzip. Alle bisherigen<br />

Unterscheidungen, Abgrenzungen und Hierarchien waren damit in Frage gestellt.<br />

In den Nachkriegsjahren war in den USA die Hoffnung weit verbreitet, dass wissenschaftlicher<br />

Fortschritt und neue Technologien das alte, irrationale System rivalisieren<strong>der</strong> Nationalstaaten bald<br />

ablösen und durch ein Zeitalter globaler Planung ersetzen würden, in dem <strong>der</strong> gesamte Globus <strong>der</strong><br />

technologisch-rationalen Kontrolle unterstellt werden könnte. Effizientes Management, nicht<br />

hierarchische Macht und Ideologie, lautete die Losung. Zunehmend kam es zu einer Gleichsetzung<br />

technologischer, sozialer und natürlicher Systeme. Im Verständnis vieler Menschen aber standen<br />

technologische Systeme mit sozialen und ökologischen in einem oft als existentiell verstandenen<br />

Konflikt. Die technologischen Systeme wurden oft als menschenverachtend einerseits und als<br />

naturzerstörend an<strong>der</strong>erseits angesehen. In den 1970er Jahren lösten sich diese Konflikte unter dem<br />

Einfluss <strong>der</strong> kalifornischen Ideologie mit ihrer Begeisterung für ganzheitliche Lösungen zunehmend<br />

auf. Die Fotografie des Blauen Planeten hatte für diese Universalisierung die Vorlage geliefert: Ein Bild,<br />

mit dem sich ein ganzes, integriertes System denken ließ. Das große Ganze in seinen Zusammenhängen<br />

in den Blick nehmen: Auf diese Herausfor<strong>der</strong>ung schien nur die Systemtheorie die Antwort zu<br />

liefern. Der <strong>Whole</strong> Earth Catalog spielte mit seiner eklektischen Mischung aus systemtheoretischen<br />

Beiträgen eine wichtige Rolle dabei, die Gegensätze zwischen Kultur, Technologie und Natur in <strong>der</strong><br />

öffentlichen Wahrnehmung aufzulösen.<br />

Apocalypse, Babylon, Simulation<br />

Der Blaue Planet war nicht das erste fotografische Bild des Ganzen, das in <strong>der</strong> globalen Massenkultur<br />

kursierte. Gerade in dissidenten und subkulturellen Kreisen gab es einen mächtigen Vorgänger: den<br />

Atompilz und, mit ihm verbunden, die Apokalypse, das Ende <strong>der</strong> menschlichen Zivilisation. Dieses Bild<br />

war aber nicht nur mit den öffentlichen Debatten <strong>der</strong> 1950er verbunden, entscheidend bei <strong>der</strong><br />

Entstehung von Anti-Kriegs-Bewegungen in <strong>der</strong> ganzen Welt, es verknüpfte auch auf zahllosen<br />

Collagen die Idee des ganzen sichtbaren Planeten mit <strong>der</strong> Vollständigkeit seiner möglichen Vernichtung.<br />

So wurde es auch zu einem Bild des Übergangs zwischen positiv und negativ besetzten Vorstellungen<br />

des Planetarischen, vom Weltfrieden bis hin zu nun auch immer häufiger ökologisch verstandenen<br />

Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Apokalypse. Dass das Ganze falsch sei – ein System, eine Lebensform, die zum Untergang<br />

verdammt ist – fand dann ab den mittleren 1970ern seinen Ausdruck in <strong>der</strong> Rede von „Babylon“, die,<br />

von <strong>der</strong> neoalttestamentarischen Wi<strong>der</strong>standsreligion <strong>der</strong> Rastafarians ausgehend, in die Pop- und<br />

Punk-Kultur einging. Hier war das Apokalyptische auf Dauer gestellt und lud zum Exodus ein – ob nun,<br />

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DIE 7 KAPITEL DER AUSSTELLUNG<br />

wie bei den Rastafarians, in ein mythisches, präkoloniales, biblisches Äthiopien, o<strong>der</strong> nur in die<br />

Freiräume urbaner Subkulturen o<strong>der</strong> die künstlichen Paradiese des Ganja. Die intellektuelle Version<br />

einer auf Dauer gestellten Auflösung <strong>der</strong> Welt war die in den 1980er Jahren insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong><br />

Bildenden Kunst populär gewordene Rede von <strong>der</strong> „Simulation“ im Anschluss an die Schriften von Jean<br />

Baudrillard. Nun war die Blaue-Planet-Situation umgedreht: Das Sichtbare war nicht mehr <strong>der</strong><br />

Ausgangspunkt einer neuen Denkmöglichkeit, die massenhaft kursierenden Zeichen <strong>der</strong> Warenkultur<br />

und ihrer Medien verwiesen auf keine Wirklichkeit mehr. Auch <strong>der</strong> Planet war so im Zuge seines<br />

Sichtbarwerdens für Eingriffe aller Art abhanden gekommen. Interessanterweise suchte Baudrillard,<br />

genau wie enttäuschte Hippies, Kommunenbewohner und Land-Art-Künstler, Zuflucht in <strong>der</strong><br />

(scheinbar) zeichenlosen kalifornischen Wüste.<br />

Uferlose Innenwelt<br />

Auf das Bild aus dem All folgt eine historische Periode <strong>der</strong> symbolischen „Rückkehr zur Erde“, die aus<br />

kybernetischer Sicht gleichzeitig ein Prozess ist, bei dem wir Menschen lernen, uns immer schon als<br />

Teil von Systemen, als Knoten und Muster innerhalb von Energie- und Informationsströmen<br />

wahrzunehmen und innerhalb dieser zu agieren. Dass die Logik <strong>der</strong> Expansion, die große<br />

amerikanische Erzählung <strong>der</strong> Frontier in Kalifornien an ein natürliches Ende gestoßen war, bedeutete<br />

nicht das Ende von Entgrenzung und Kolonisierung. Je<strong>der</strong> weitere Vorstoß aber scheint nun, ob<br />

absichtlich o<strong>der</strong> nicht, verbunden zu sein mit dem Entstehen neuer Innenräume. Der einschließende<br />

Kreis löst den fernen Horizont für immer ab. Alles existiert als Teil einer Einheit, die immer schon<br />

vorgängig ist und existiert hat, die aber trotzdem von den entfremdeten mo<strong>der</strong>nen Menschen in einem<br />

Prozess des Bewusstseinswandels erst (wie<strong>der</strong>) realisiert werden muss. „We can’t put it together. It is<br />

together“, lesen wir auf <strong>der</strong> Rückseite des <strong>Whole</strong> Earth Catalog. Die Menschen <strong>der</strong> westlichen<br />

Zivilisation, so ein weitverbreiteter, eng mit <strong>der</strong> Ökobewegung verbundener Glaube, müssen wie<strong>der</strong><br />

lernen, sich in das als harmonisch und selbstregulierend vorgestellte Naturganze einzufügen.<br />

Der technologische Fortschritt im Zeichen militärischer Aufrüstung hatte auf den Mond geführt, im<br />

Blick von dort zurück auf die Erde verdichtete sich die Einsicht zur Evidenz, dass auf <strong>der</strong> Erde alles mit<br />

allem verbunden sei. Das dualistische Weltbild <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne wurde von jenen, die diese Verbundenheit<br />

zu realisieren suchten, als historisches Feindbild ausgemacht. Das aus dem „westlichen Dualismus“<br />

hervorgehende Bewusstsein, das grundlegende, wesenhafte Unterschiede zwischen Geist und Materie,<br />

Natur und Kultur, Technologie und Lebewesen macht, sowie die damit verbundenen sozialen<br />

Abgrenzungen und Pathologien galt es nun zu überwinden. Das erklärte Ziel dieser Überwindung war<br />

eine neue kosmische Harmonie, bei <strong>der</strong> eine weitreichende Einheit von individuellem Bewusstsein und<br />

Kosmos den Erwartungshorizont bildete. Selbst = Welt: Aus dieser Gleichung speisen sich spirituelle,<br />

therapeutische und selbstoptimierende Trainingsprogramme bis heute.<br />

Die Suche nach Einheit und Harmonie und <strong>der</strong> Abschied von <strong>der</strong> instrumentell objektivierten Welt mit<br />

ihren zahlreichen Dichotomien und Grenzphobien wurden mit Hilfe eines massiven Ideenimports<br />

insbeson<strong>der</strong>e aus Fernost betrieben. Vom Zen-Buddhismus bis zum Tibetanischen Totenbuch wurde<br />

die von Figuren <strong>der</strong> Avantgarde, wie beispielsweise dem Dichter <strong>der</strong> Beat Generation Allen Ginsberg<br />

o<strong>der</strong> dem Komponisten John Cage, eingeführte östliche Weisheit zunehmend zu einem Importschlager,<br />

<strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e in Kalifornien eine Verbindung mit <strong>der</strong> Drogenkultur, neuen therapeutischen<br />

Methoden und psychologischen Experimenten einging. Um das Selbst zu befreien, das Bewusstsein<br />

und damit letztlich die Welt zu verän<strong>der</strong>n, schien es nicht mehr hinzureichen, antiautoritär das Über-<br />

Ich zu bekämpfen, son<strong>der</strong>n nun auch notwendig, romantisch-spirituell die „Mauern des Ego“<br />

nie<strong>der</strong>zureißen. Zum Blauen Planeten gesellten sich die Mandalas und das Symbol <strong>der</strong> ineinan<strong>der</strong>greifenden<br />

Kräfte vom Yin und Yang, Ausdruck einer übergeordneten kosmischen Einheit, in <strong>der</strong><br />

Gegensätze immer schon vermittelt erscheinen. Fernöstliche Spiritualität schien so den Weg aus dem<br />

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DIE 7 KAPITEL DER AUSSTELLUNG<br />

Gefängnis von Rationalität und Disziplin zu weisen, in dem das neurotische Selbst <strong>der</strong><br />

Massengesellschaft sich eingesperrt wähnte. So wurde zum Beispiel das Tao Te King des chinesischen<br />

Weisen Lao Tse von Stewart Brand einmal als „erstes Buch <strong>der</strong> Systemtheorie“ angepriesen.<br />

„Taoismus für Manager“ gehört heute ganz selbstverständlich zur ideologischen Innenausstattung des<br />

Neoliberalismus.<br />

Selbst mit beschränkter Haftung<br />

Viele <strong>der</strong> diversen und heterogenen Ziele und Obsessionen <strong>der</strong> Counterculture kamen erfolgreich in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> Gesellschaft an. Dieses Ankommen nahm aber eher selten die Gestalt einer Durchsetzung <strong>der</strong><br />

ursprünglichen Ziele, eines reinen Erfolges an. So sind es meist weniger die unmittelbar politischen<br />

For<strong>der</strong>ungen als eher die warenförmige und die kulturelle Gestalt, die sich durchsetzen konnte, oft<br />

getrennt von den ursprünglichen Inhalten: Ein drastisches Beispiel für die kulturellökonomische<br />

Verdrehung eines politischen Befreiungsansatzes wäre die Entstehung <strong>der</strong> Porno-Industrie als<br />

Reaktion auf die For<strong>der</strong>ung nach sexueller Befreiung.<br />

In einem noch viel weitergehenden Sinne gilt das für die Kategorie des Selbst, die in Begriffen wie<br />

Selbstverwirklichung, wahres Selbst o<strong>der</strong> Selbstfindung im Zentrum vieler Gegenkulturen stand, gerade<br />

auch in <strong>der</strong>en unpolitischen und esoterischen Fraktionen. Das Selbst ist heute nicht nur wie so viele<br />

an<strong>der</strong>e For<strong>der</strong>ungen als Ware im Angebot. Zahllose Kurse, <strong>The</strong>rapien, Self-Help-Bücher bieten seine<br />

Bestandteile als wohlfeile Module einer vollständig zusammen kaufbaren Persönlichkeit an. Das<br />

verwirklichte, emanzipierte, bewun<strong>der</strong>te und narzisstisch aufgepeppte Selbst ist vor allem zu einer<br />

Ressource für viele <strong>der</strong> immateriellen Produkte und Produktionsformen geworden, die in <strong>der</strong><br />

postindustriellen Ökonomie wirtschaftswichtig geworden sind. Das Gefühl, mit dem eigenen Selbst bei<br />

<strong>der</strong> Sache zu sein, gewährleistet nicht nur eine hohe Identifikation mit dem Job, son<strong>der</strong>n garantiert<br />

auch eine gewisse Freiwilligkeit – die Volunteers of America, von denen Jefferson Airplane sangen,<br />

machen heute in postindustriellen Kulturjobs das, was sie tun, für viel Sinn und wenig Geld. In immer<br />

mehr Produktionssektoren, von <strong>der</strong> Gastronomie bis zur Galerie, vom Tourismus bis zum Taxifahren,<br />

gelten gutes Aussehen, geschmackvolle Kleidung, eine angenehme Ausstrahlung und an<strong>der</strong>e<br />

Eigenschaften <strong>der</strong> Person als wichtigere Kriterien wertvoller Arbeitskraft als erlernbare und erlernte<br />

Skills, die man in Bildungseinrichtungen erworben hat. <strong>The</strong>rapie und psychologische<br />

Selbstbeobachtung sind nicht mehr freiwillige Beschäftigungen von um ihr Selbst besorgten<br />

Gegenkulturellen, son<strong>der</strong>n notwendig, um im Arbeitsleben bestehen zu können.<br />

Von dieser in den letzten Jahren vielfach beschriebenen Entwicklung gibt es zwei Interpretationen. Die<br />

eine ist die pessimistische, wie sie etwa Thomas Frank (<strong>The</strong> Conquest of Cool) vertritt: Die Gegenkultur<br />

war nur eine Entwicklungsabteilung des Kapitalismus, die die kulturelle und immaterielle Produktion<br />

vorbereitet hat und zur Zerschlagung und Abwertung <strong>der</strong> Institutionen <strong>der</strong> alten Arbeiterbewegung<br />

beigetragen hat. Die an<strong>der</strong>e ist die weniger pessimistische wie sie im Umfeld des italienischen (Post)<br />

Operaismo vertreten wird, nicht zuletzt von Toni Negri. Dieser Position zufolge stehen die weniger<br />

hierarchischen, immateriellen Arbeitsverhältnisse des Postfordismus zwar durchaus für ein neues<br />

Stadium kapitalistischer Wertschöpfung, sie stellen aber auch einen Fortschritt gegenüber<br />

fordistischer Industriearbeit dar – und diesen Fortschritt haben sich die abhängig Beschäftigten<br />

durchaus auch in den Erscheinungsformen <strong>der</strong> Gegenkultur erkämpft. Auch wenn es ihnen nicht<br />

gelungen ist, sich diesen anzueignen.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87-153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


DIE 7 KAPITEL DER AUSSTELLUNG<br />

<strong>The</strong> Earth is not <strong>Whole</strong><br />

Das Bild <strong>der</strong> ganzen Erde konnte natürlich niemals als Konzept ernst genommen werden, es war ein<br />

Bild, das alle möglichen Ideen, Utopien und Denkmöglichkeiten anregte. Als Information, dass wir alle<br />

auf einem Planeten leben, enthielt es nichts Neues. Dass aber die Anrufung des gemeinsamen<br />

Interesses aller Menschen ohne die gleichzeitige Anerkennung <strong>der</strong> politischen Ursachen ihrer Unterund<br />

Geschiedenheit Ideologie bleiben muss, war nicht von Anfang an offensichtlich. Die Verführung<br />

durch ein grenzüberschreitend eindrucksvolles Bild ist nicht zu überschätzen. Doch gerade in <strong>der</strong><br />

Kultur <strong>der</strong> späten 1960er Jahre stellte sich heraus, dass nicht mehr eine Revolte mit einer universellen<br />

historischen Position <strong>der</strong> aktuellen Lage gerecht werden kann, son<strong>der</strong>n ein „Patchwork <strong>der</strong><br />

Min<strong>der</strong>heiten“, wie Jean François Lyotard es nannte. Dass diese Min<strong>der</strong>heiten – minoritäre Positionen<br />

aller Art im Sinne von Gilles Deleuze, also nicht nur zahlenmäßige Min<strong>der</strong>heiten – später meist nur<br />

noch Partikularinteressen vertreten sollten, trug eben so zur Entpolitisierung <strong>der</strong> Gegenkultur bei wie<br />

die Tatsache, dass die einzigen vereinheitlichenden Kräfte die des Marktes und <strong>der</strong> Technologieentwicklung<br />

waren. Die Dialektik <strong>der</strong> minoritären Revolte – dass eben nur am Schicksal <strong>der</strong> Min<strong>der</strong>heit<br />

die rechtmäßig universale For<strong>der</strong>ung geprüft werden kann – geriet vielfach in Vergessenheit und<br />

scheint sich erst in den letzten Jahren <strong>der</strong> Repolitisierung nach <strong>der</strong> Bankenkrise wie<strong>der</strong> zu zeigen: nun<br />

allerdings nicht mehr unter dem Zeichen des Planeten Erde.<br />

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WERKLISTE<br />

Ant Farm<br />

Expedicion Delphin<br />

at Bahia Los Angeles, Baja, Mexico<br />

(Jim Nolman and Curtis Schreier playing music for dolphins)<br />

1977<br />

Reproduktion / reproduction<br />

Foto / Photo: Chip Lord<br />

Courtesy University of California, Berkeley Art Museum und / and Pacific Film Archive<br />

Ant Farm<br />

Expedicion Delphin<br />

at Bahia Los Angeles, Baja, Mexico<br />

(Jim Nolman and Nancy Cal<strong>der</strong>wood playing music for dolphins)<br />

1977<br />

Reproduktion / reproduction<br />

Foto / Photo: Chip Lord<br />

Courtesy University of California, Berkeley Art Museum und / and Pacific Film Archive<br />

Ant Farm<br />

Doug Michels explaining the Dolphin Embassy to a dolphin in a tank<br />

Surfers Paradise, Australia<br />

1977<br />

Foto / Photo: Ant Farm<br />

Courtesy University of California,<br />

Berkeley Art Museum und / and Pacific Film Archive<br />

Ant Farm<br />

Dolphin Embassy Viewed from Directly Astern<br />

1977<br />

Farbfotokopie einer Originalzeichnung<br />

Color photocopy from an original drawing.<br />

Foto / Photo: Benjamin Blackwell. University of California,<br />

Berkeley Art Museum and Pacific Film Archive; purchase made possible through a bequest from<br />

Thérèse Bonney, by exchange, a partial gift of Chip Lord and Curtis Schreier, and gifts from an<br />

anonymous donor and Harrison Fraker.<br />

Eleanor Antin<br />

Molly Barnes from California Lives<br />

1969; repliziert / replicated 1998<br />

Badevorleger aus Acryl, Epiliergerät, Tabletten, Talkum und Textpaneel / acrylic bath mat, lady’s<br />

electric razor, pills, talcum pow<strong>der</strong>, and text panel<br />

Maße variabel / dimensions variable<br />

Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York<br />

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WERKLISTE<br />

Eleanor Antin<br />

Jeanie from California Lives<br />

1969; repliziert / replicated 1998<br />

Klapptisch, Tasse und Untertasse aus Melamin, Plastik‐Lockenwickler, king‐size Filterzigarette,<br />

Streichholzbriefchen und Textpaneel / Folding TV snack table, melamine cup and saucer, plastic hair<br />

curler, king‐size filter‐tipped cigarette, matchbook, and text panel<br />

Maße variabel / dimensions variable<br />

Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York<br />

Eleanor Antin<br />

Tim from California Lives<br />

1969; repliziert / replicated 1998<br />

U.S. Army‐Beutel, "Auto Racing" Zeitschrift, Trockenobst als Geschenk verpackt unter Plastik,<br />

Textpaneel / U.S. Army bag, “Auto Racing” magazine, preserved fruit, gift boxed and covered with<br />

plastic, and text panel<br />

Maße variabel / dimensions variable<br />

Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York<br />

Eleanor Antin<br />

Merrit from California Lives<br />

1969; repliziert / replicated 1998<br />

Benzinkanister, Buschhut mit "peace"‐Aufnäher, Metallkamm und Textpaneel / Gasoline can, bush hat<br />

with “peace” decal, metal comb, and text panel<br />

Maße variabel / dimensions variable<br />

Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York<br />

Eleanor Antin<br />

Harold Beard from California Lives<br />

1969; reprliziert/ replicated 1998<br />

Klei<strong>der</strong>stän<strong>der</strong>, Camouflage‐Anzug, vier Entenattrappen, Textpaneel / Clothes tree, camouflage suite,<br />

four decoy ducks, and text panel<br />

Maße variabel / dimensions variable<br />

Courtesy Ronald Feldman Fine Arts, New York<br />

Eleanor Antin<br />

Going Home, from Roman Allegories<br />

2004<br />

C‐Print / chromogenic print<br />

124 x 260 cm<br />

Courtesy Anonymous<br />

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WERKLISTE<br />

Martin Beck<br />

“Panel 2—‘Nothing better than a touch of ecology and catastrophe to unite the social classes…’”<br />

2008/2013<br />

Installation/ installation<br />

Courtesy Martin Beck und/ and 47 Canal, New York<br />

Elemente <strong>der</strong> Installation/ installation elements:<br />

Eli Noyes and Claudia Weill IDCA 1970, 1970<br />

22:18 min<br />

16 mm Film, digitalisiert/ digital transfer from 16 mm film<br />

Courtesy Eli Noyes<br />

Martin Beck<br />

June 14–19, 1970<br />

2008<br />

24‐seitige Offset Broschüre / twenty‐four‐page offset print brochure<br />

Martin Beck<br />

Untitled Square (version)<br />

2008/13<br />

Abgehängte Stoffdecke / floating fabric ceiling<br />

Maße variable / dimensions variable<br />

Martin Beck<br />

Panel (red, yellow, black)<br />

2008/13<br />

Stoffpanele / fabric panels<br />

Maße variable / dimensions variable<br />

Martin Beck<br />

Sculpture<br />

2008<br />

Fünf Kuben aus Chromstahl / five chrome steel cubes<br />

Gesamtmaße variable / overall dimensions variable<br />

Martin Beck<br />

<strong>The</strong> Environmental Witch‐Hunt<br />

2008<br />

10:02 min<br />

HD<br />

Video, projiziert / HD video, projected<br />

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WERKLISTE<br />

Martin Beck<br />

Aspen (“Man‐Made Environment” – Ivan Chermayeff for Reyner Banham for IDCA)<br />

Aspen (“Problems, Problems” – Ivan Chermayeff for Reyner Banham for IDCA)<br />

Aspen (“Beetle Country” – Ivan Chermayeff for Reyner Banham for IDCA)<br />

Aspen (“<strong>The</strong> Or<strong>der</strong>s of Freedom” – Ivan Chermayeff for Reyner Banham for IDCA)<br />

Aspen (“Polarization” – Ivan Chermayeff for Reyner Banham for IDCA), 2008<br />

Fünf gerahmte Siebdrucke/ set of five framed serigraphs<br />

je / each: 46. 4 cm × 34.6 cm<br />

Martin Beck<br />

Panel 1 – Social Abstraction<br />

2008<br />

Gerahmte Fotografie/ framed photograph<br />

75 cm × 90 cm<br />

<strong>The</strong> Architecture Machine Group<br />

<strong>The</strong> Interactive Movie Map: A Surrogate Travel System, 1981<br />

8:27 min<br />

Video<br />

Courtesy MIT und / and the Architecture Machine Group<br />

Jordan Belson<br />

Re‐Entry<br />

1964<br />

6 min, Farbe, Ton / color, sound<br />

16mm transferiert auf DVD<br />

16mm transferred to DVD<br />

© Center for Visual Music<br />

Ashley Bickerton<br />

Anthroposhere #1<br />

1989<br />

Eloxiertes Aluminium, Holz, Gummi, Le<strong>der</strong>, Glas, Studioabfälle / Anodized aluminum, wood, rubber,<br />

leather, glass, studio garbage<br />

190,5 x 295,1 x 52,1 cm<br />

Courtesy Mur<strong>der</strong>me<br />

Ashley Bickerton<br />

Commercial Piece #1<br />

1989<br />

Eloxiertes Aluminium, Holz, Le<strong>der</strong>, Acrylfarbe, Gummi / Anodized aluminum, wood, leather, acrylic<br />

paint, rubber<br />

177,8 x 259,1 x 50,8 cm<br />

Courtesy Lehmann‐Art Ltd. und / and Rashel‐Art Ltd.<br />

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WERKLISTE<br />

Dara Birnbaum<br />

Technology/Transformation: Won<strong>der</strong> Woman<br />

1978‐79<br />

5:50 min, Farbe , Ton / color, sound<br />

Courtesy Electronic Arts Intermix<br />

Erik Bulatov<br />

Sunrise or Sunset<br />

1989<br />

Öl auf Leinwand / oil on canvas<br />

200 x 200 cm<br />

Schenkung Ludwig ‐ Ludwig Forum für Internationale Kunst, Aachen<br />

Angela Bulloch<br />

Night Sky: E.T. from Pluto.9<br />

2008/2012<br />

LED‐Installation, Neopren, Alu‐Profile / LED installation, neoprene, aluminum profile<br />

198 x 198 x 12 cm<br />

Unikat / Unique<br />

Courtesy die Künstlerin / the artist und / and Esther Schipper, Berlin<br />

Bruce Conner<br />

CROSSROADS<br />

1976<br />

36 min, s‐w, Ton / b&w, sound<br />

35mm transferiert auf digitales Video<br />

35mm transferred to digital video<br />

Courtesy Michael Kohn Gallery und / and the Conner Family Trust<br />

Öyvind Fahlström<br />

Section of World Map ‐ A Puzzle<br />

1973<br />

Siebdruck auf Vinyl, Magnete und Emaille auf Metalltafel, Auflage :100 / Silkscreen on vinyl, magnets<br />

and enamel on metal plate, print run of 100<br />

50,8 x 81,3 x 0,6 cm<br />

Drucker / printer: Styria Studio, New York<br />

Herausgeber / editor: Multiples, Inc., New York<br />

Courtesy Eva Schmidt, Siegen<br />

Öyvind Fahlström<br />

Sketch for a World Map Part I (Americas Pacific)<br />

197286,4 x 101,6 cm<br />

Offset‐Lithographie, Auflage ca. 7.300 / Offset‐Lithography, print run approx 7.300<br />

Drucker / printer: Triggs Color Printing Corp. New York<br />

Courtesy Eva Schmidt, Siegen<br />

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WERKLISTE<br />

Robert Frank<br />

Liferaft Earth<br />

1969<br />

37 min, Farbe, Ton / color, sound<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist und / and <strong>The</strong> Museum of Fine Arts, Houston<br />

© Robert Frank, distributed by <strong>The</strong> Museum of Fine Arts, Houston<br />

Jack Goldstein<br />

Untitled<br />

1983<br />

Acryl und Sprayfarbe auf Leinwand / Acrylic and spray paint on canvas<br />

152 x 152 cm<br />

Courtesy Sammlung Daniel Buchholz und / and Christopher Müller, Köln<br />

Jack Goldstein<br />

Untitled<br />

1988<br />

Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas<br />

215,3 x 243,8 x 16,5 cm<br />

Courtesy Vanmoerkerke Collection, Belgium<br />

Jack Goldstein<br />

Untitled<br />

1986<br />

Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas<br />

183 x 211 cm x 10 cm<br />

Courtesy Vanmoerkerke Collection, Belgium<br />

Jack Goldstein<br />

Untitled<br />

1984<br />

Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas<br />

244 x 91,4 cm x 5 cm<br />

Courtesy Vanmoerkerke Collection, Belgium<br />

Nancy Holt and Robert Smithson<br />

East Coast, West Coast<br />

1969<br />

22 min, s‐w, Ton / b&w, sound<br />

Courtesy Electronic Arts Intermix<br />

Lawrence Jordan<br />

Tryptich in Four Parts<br />

1958<br />

12 min, s‐w, Ton / b&w, Sound<br />

16 mm Film transferiert auf HD<br />

16 mm Film transferred to HD<br />

Courtesy<br />

Lawrence Jordan und / and LUX, London<br />

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WERKLISTE<br />

Silvia Kolbowski<br />

Auszug aus Here and <strong>The</strong>re,<br />

ausgestellt bei Nature Morte Gallery,<br />

New York, Dezember 1986<br />

Excerpted from Here and <strong>The</strong>re,<br />

exhibited at Nature Morte Gallery,<br />

New York, December 1986<br />

In FILE 28, 1987<br />

Reproduktion / reproduction<br />

Courtesy die Künstlerin / the artist<br />

Philipp Lachenmann<br />

SHU‐Still<br />

2003/2008<br />

Lightjet Druck / LightJet print<br />

Edition: 6 + 1 AP<br />

125,5 x 167,5 cm<br />

Courtesy Galerie Andreas Bin<strong>der</strong><br />

David Lamelas<br />

<strong>The</strong> Desert People<br />

1974<br />

48 min, Ton, Farbe / sound, color<br />

16mm transferiert auf Video<br />

16mm transferred to video<br />

Courtesy David Lamelas und / and Sprüth‐Magers, Jan Mot und / and LUX, London<br />

Sharon Lockhart<br />

Models of Orbits in the System of Reference, Eshkol‐Wachman<br />

Movement Notation System: Sphere Seven at Three Points in Its Rotation<br />

2011<br />

drei gerahmte C‐Prints / three framed chromogenic prints<br />

je / each: 50 x 39,7 cm<br />

Edition 5/6, + 2 AP<br />

Courtesy die Künstlerin / the artist und / and neugerriemschnei<strong>der</strong>, Berlin<br />

Sharon Lockhart<br />

Models of Orbits in the System of Reference, Eshkol‐Wachman<br />

Movement Notation System: Sphere Six at Three Points in Its Rotation<br />

2011<br />

drei gerahmte C‐Prints / three framed chromogenic prints<br />

je / each: 50 x 39,7 cm<br />

Edition 5/6, + 2 AP<br />

Courtesy die Künstlerin / the artist und / and neugerriemschnei<strong>der</strong>, Berlin<br />

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WERKLISTE<br />

Piero Manzoni<br />

Socle du monde<br />

1961, Replik / replica 2013<br />

Eisen, Bronze / iron, bronze<br />

82 x 100 x 100 cm<br />

Courtesy Herning Museum of Contemporary Art und / and Fondazione Manzoni<br />

Raymond Pettibon<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> World is Watching ‐<br />

Weatherman ‘69<br />

1989<br />

122 min, Farbe, Ton / color, sound<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist, Regen Projects, Los Angeles und / and Contemporary Fine Arts,<br />

Berlin<br />

Raymond Pettibon<br />

Citizen Tania<br />

1989<br />

87 min, Farbe, Ton / color, sound<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist, Regen Projects, Los Angeles und / and Contemporary Fine Arts,<br />

Berlin<br />

Raymond Pettibon<br />

No title (For of course)<br />

1997<br />

Tinte auf Papier/ Pen and ink on paper<br />

49,5 x 34,3 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist, Regen Projects, Los Angeles und / and Contemporary Fine Arts,<br />

Berlin<br />

Adrian Piper<br />

Negative Self‐Portrait<br />

1965<br />

Schwarzer Filzstift auf Papier/ black magic marker on paper<br />

45 x 37,5 cm<br />

Courtesy Collection Emi Fontana Milano / Los Angeles<br />

Adrian Piper<br />

LSD Womb<br />

1965<br />

Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas<br />

65 x 65 cm<br />

Courtesy Collection Emi Fontana Milano / Los Angeles<br />

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WERKLISTE<br />

Adrian Piper<br />

Self‐Portrait from the Inside Out<br />

1965<br />

Acryl auf Leinwand / acrylic on canvas<br />

103 x 77,5 cm<br />

Courtesy Collection Emi Fontana Milano / Los Angeles<br />

Robert Rauschenberg<br />

Earth Day<br />

1970<br />

Offset Lithografie Poster / Offset lithograph poster<br />

85,7 x 64,1 cm<br />

Courtesy Collection, International Institute of Social History, Amsterdam<br />

Ira Schnei<strong>der</strong> & Raindance / Radical Software<br />

Selections from the 1970s concerning the <strong>Whole</strong> Earth, Ecology and Earth Day<br />

1970s / 2013<br />

20:25 min, Farbe, Ton / color, sound<br />

Courtesy Ira Schnei<strong>der</strong> und / and ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe<br />

Richard Serra<br />

Boomerang<br />

1974<br />

11 min<br />

Digital Betacam transferiert auf DVD<br />

digital Betacam transferred to DVD<br />

Im Verleih von / distributed by Arsenal Distribution, Arsenal ‐ Institut für Film und Videokunst, Berlin<br />

Alex Slade<br />

Cogentrix SEGS II/Yarrow Ravine Rattlesnake Habitat Area, Daggett, CA<br />

2013<br />

Fotografie / Photograph<br />

122 x 153 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Alex Slade<br />

Nextera SEGS VI‐IX/ Harper Lake Wildlife Viewing Area, Lockhart, CA<br />

2013<br />

Fotografie / Photograph<br />

122 x 153 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Alex Slade<br />

Calenergy Geothermal Generating Plants/Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge, Calipatria, CA<br />

2013<br />

Fotografie / Photograph<br />

122 x 153 cm<br />

Courtesy<br />

<strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

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WERKLISTE<br />

Jack Smith<br />

Scotch Tape<br />

1959‐1962<br />

3 min<br />

16mm Film transferiert auf DVD /<br />

16mm film transferred to DVD<br />

Im Verleih von / distributed by Arsenal Distribution, Arsenal ‐ Institut für Film und Videokunst, Berlin<br />

Josef Strau<br />

“17h 03m / ‐55º“<br />

1990<br />

C‐Print / chromogenic print<br />

29,9 x 19,7 cm<br />

Courtesy Privatsammlung, Berlin<br />

<strong>The</strong> Center for Land Use Interpretation<br />

Landfills of Los Angeles<br />

2013<br />

Digitale Diashow / digital slideshow<br />

ca. / approx. 5 min<br />

Courtesy <strong>The</strong> Center for Land Use Interpretation<br />

<strong>The</strong> Otolith Group<br />

Otolith I<br />

2003<br />

22:16 min, Farbe, Sound / color, sound<br />

Video<br />

Courtesy <strong>The</strong> Otolith Group und / and LUX, London<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0/Diagrams/From Diogenes of Sinope to Anarcho‐Primitivism and the Unabomber via Science<br />

‐ Fiction<br />

2009‐2011<br />

Rotrink Tusche auf Papier / Rotring ink on paper<br />

152 x 122 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy Annely Juda Fine Art<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0/Diagrams/From MKULTRA via the Counterculture to Technogaianism<br />

2009‐2011<br />

Rotring Tusche auf Papier / Rotring ink on paper<br />

152 x 122 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy<br />

Annely Juda Fine Art<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

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WERKLISTE<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0/Diagrams/From National Socialism via Cybernetics and the Macy Conferences to Neo‐<br />

Totalitarianism<br />

2009‐2011<br />

Rotring Tusche auf Papier / Rotring ink on paper<br />

152 x 122 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy Annely Juda Fine Art<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0/Diagrams/<strong>The</strong> Computer ‐ From the Antikithera Mechanism to Quantum Telepathology<br />

2009‐2011<br />

Rotring Tusche auf Papier / Rotring ink on paper<br />

152 x 122 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy Annely Juda Fine Art<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0/Diagrams/From ARPANET to DARWARS via the Internet<br />

2009 ‐ 2011<br />

Rotring Tusche auf Papier / Rotring ink on paper<br />

152 x 122 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy Annely Juda Fine Art<br />

Suzanne Treister<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / II <strong>The</strong> High Priestess – Macy Conferences<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / VII <strong>The</strong> Chariot – Norbert Wiener<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / VIII Justice – One World Government<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / IX <strong>The</strong> Hermit – <strong>The</strong>odore Kaczynski / Unabomber<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / X Wheel of Fortune – Cybernetics<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XI Strength – Networked Revolution<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XII <strong>The</strong> Hanged Man – Stewart Brand<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XIII Death – John von Neumann<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XIV Temperance – ARPANET<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XVIII <strong>The</strong> Moon – Transhumanism<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / XXI <strong>The</strong> World – WWIWWIIWWW<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / Seven of Chalices – Utopia<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / Knave of Pentacles – Technogaianism<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / King of Pentacles – Economic Cybernetics<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / Three of Swords – MK ULTRA<br />

HEXEN 2.0 / Tarot / Knave of Swords – Interplanetary Internet<br />

Archival giclée Prints auf Hahnemühle Bamboo Papier /<br />

Archival giclée prints on Hahnemuhle Bamboo paper<br />

je / each 29.7 × 21 cm<br />

Copyright die Künstlerin / the artist<br />

Courtesy Annely Juda Fine Art<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


WERKLISTE<br />

Andy Warhol<br />

Outer and Inner Space<br />

1965<br />

33 min Doppelprojektion, s‐w, Ton / in double screen, b&w, sound<br />

16mm film transferiert in digitale Datei (DVD)<br />

16mm film transferred to digital file (DVD)<br />

Collection of <strong>The</strong> Andy Warhol Museum, Pittsburgh<br />

Contribution <strong>The</strong> Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc.<br />

Bruce Yonemoto<br />

La Vie Secrete<br />

1997<br />

Closed‐circuit Installation / Closed‐circuit installation<br />

183 x 111,76 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist und / and Tomio Koyama Gallery<br />

Bruce Yonemoto<br />

La Vie Secrete (Moi)<br />

2001<br />

C‐Print aufgezogen auf Aluminium / C‐print mounted on aluminum<br />

162,6 x 124,5 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Bruce Yonemoto<br />

Journey to the Center of the Earth<br />

2002<br />

Vintage Tischglobus, DVD, Videomonitor, Monokel (courtesy LA Eyeworks) / Desktop vintage globe,<br />

DVD, video monitor, monocle (courtesy of LA Eyeworks)<br />

40,6 x 33 x 33 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Bruce Yonemoto<br />

Spaceship Earth<br />

2002<br />

Vintage Tischglobus, DVD, Videomonitor, Monokel (courtesy LA Eyeworks) / Desktop vintage globe,<br />

DVD, video monitor, monocle (courtesy of LA Eyeworks)<br />

40,6 x 33 x 33 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Bruce Yonemoto<br />

It's a Small Small World<br />

2002<br />

Mit Musik arrangiert von / With music arranged by Mayo Thompson<br />

mit Gipsputz bedeckter Vintage Globus, CD, eingebauter Lautsprecher / Stucco covered vintage globe,<br />

CD, embedded speaker.<br />

40,6 x 33 x 33 cm<br />

Courtesy <strong>der</strong> Künstler / the artist<br />

Stand: 25.4.2013 / Än<strong>der</strong>ungen vorbehalten<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Nabil Ahmed (*1977, Bangladesch) ist Künstler, Musiker, Autor und Kurator. Er ist einer <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><br />

des Klangkunstkollektivs Call & Response in London. Seine Arbeiten befassen sich mit politischen<br />

Geografien und den Transformationen postkolonialer Nationalstaaten. Sein Schwerpunkt liegt dabei<br />

<strong>der</strong>zeit auf <strong>der</strong> Analyse des Verhältnisses von Katastrophen – insbeson<strong>der</strong>e Naturkatastrophen – zu<br />

politischen Ereignissen und Umwälzungen.<br />

Ant Farm ist ein 1968 in Kalifornien gegründetes Kollektiv von Künstlern und Architekten, das, bis<br />

Ende <strong>der</strong> 1970er Jahre aktiv, für seine architektonischen Arbeiten und Performances bekannt ist.<br />

Inspiriert von Buckminster Fuller und dem utopischen Architekturverständnis etwa von Archigram<br />

ging es bei den Projekten um das Verhältnis von Industrie, Konsumgesellschaft und Umwelt. Sie griffen<br />

die Kritik <strong>der</strong> Gegenkultur an <strong>der</strong> amerikanischen Massen‐ und Konsumgesellschaft auf, gleichzeitig<br />

sind ihre Aktionen und Medieninstallationen aber auch durch eine spielerische und ironische Distanz<br />

gekennzeichnet. Konzipiert als „nomadische Architektur“ wurde eine ihrer mobilen, aufblasbaren<br />

Strukturen auch einmal zum Produktionsort eines <strong>Whole</strong> Earth Catalog. Die „Dolphin Embassy“ ist ein<br />

nicht‐realisierter Entwurf für eine mobile Begegnungsstätte, <strong>der</strong> Vorschlag einer Infrastruktur für das<br />

Begehren <strong>der</strong> kalifornischen Gegenkultur nach Kommunikation mit an<strong>der</strong>en Spezies.<br />

Eleanor Antin (*1935) zog Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre von New York nach Kalifornien, wo sie narrative<br />

und performative Arbeiten zu produzieren begann, die heute zum Kanon feministischer und<br />

konzeptueller Kunst gehören, darunter ihre Fotoserie „100 Boots“ (1971–73) und ihre Arbeiten mit<br />

verschiedenen personae, „the King“, „the Ballerina“ und „the Nurse“. Eleanor Antin spielt dabei mit<br />

stereotypen Motiven westlicher Politik, Kultur und Mythologie. In <strong>der</strong> Fotoserie „Roman Allegories“<br />

von 2004 setzt Antin Ereignisse aus <strong>der</strong> Antike, <strong>der</strong> „Wiege <strong>der</strong> westlichen Kultur“, mit einer an<br />

Charaktere aus <strong>der</strong> Comedia Dell'Arte angelehnten Gruppe von Darstellern in <strong>der</strong> südkalifornischen<br />

Landschaft in Szene. Dabei werden Genres <strong>der</strong> europäischen Bildtradition wie die Salonmalerei des 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts zitiert, innerhalb <strong>der</strong>er die Idealisierung <strong>der</strong> Antike dazu diente, Frankreich als<br />

rechtmäßigen Erben Roms in Szene zu setzen, während draußen in <strong>der</strong> Welt die finale Phase <strong>der</strong><br />

imperialen Expansion tobte.<br />

Die hier gezeigte Arbeit zeigt die Gruppe am Strand in Kalifornien. Antin bezieht sich in <strong>der</strong> polemisch<br />

„Going Home“ (2004) betitelten Szene auf die Heimatlosigkeit nomadischer Existenz, auf Vertreibung<br />

und Sehnsucht nach Rückkehr zu schon lange nur noch in <strong>der</strong> Imagination existenten Wurzeln. Es ist<br />

aber auch in an<strong>der</strong>er Hinsicht eine archetypische Szene: Am terrestrischen Limit westlicher<br />

Expansion – hier dem Strand von San Diego – wirft die „Mauer des Pazifik“ die Frage des Ursprungs<br />

auf.<br />

Martin Becks Installation „Panel 2: ‘Nothing better than a touch of ecology and catastrophe to unite<br />

the social classes…’“ (2008/2013) zeichnet ein mehrschichtiges Bild eines historischen<br />

Umbruchmoments anhand <strong>der</strong> International Design Conference in Aspen (IDCA), Colorado, die seit den<br />

1950 Jahren jährlich stattfand und 1970 unter dem Titel „Environment by Design“ erstmals spezifisch<br />

auf Umweltthemen ausgerichtet war. Die Aspen‐Konferenz war ein wichtiger Treffpunkt <strong>der</strong><br />

Avantgarde <strong>der</strong> Designer und Architekten einerseits und <strong>der</strong> Industrie an<strong>der</strong>erseits. Der Ort selbst hat<br />

seinen Namen von <strong>der</strong> dort beheimateten Espe, <strong>der</strong>en Wurzeln im Untergrund miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />

sind und die so die Landschaft als ein großer Organismus wie ein Netz dominiert. Die Blätter des<br />

Baums zittern beim leisesten Wind, was die Photosynthese‐Produktivität erhöht, weil das Sonnenlicht<br />

auch die unteren Blätter erreicht.<br />

Martin Beck, <strong>der</strong> sich in seiner Arbeit mit Autorschaft, Ausstellungsgeschichte, Architektur und <strong>der</strong><br />

Ideologie von Design befasst, übersetzt den historischen Moment in eine Installation, die die<br />

Transformation des Kapitalismus angesichts von Gegenkultur und Öko‐Krise reflektiert. Der Untertitel<br />

<strong>der</strong> Installation zitiert ein Statement <strong>der</strong> sogenannten „Französischen Gruppe“ auf <strong>der</strong> Aspen‐<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Konferenz, das Jean Baudrillard geschrieben hatte und unter an<strong>der</strong>en an den renommierten<br />

Architekturkritiker Reyner Banham gerichtet war, <strong>der</strong> die Konferenz beraten hatte (und selbst als<br />

Sprecher mit dem Satellitenfoto <strong>der</strong> ganzen Erde und einer geodesischen Struktur im Hintergrund<br />

auftrat). Die „Französische Gruppe“ argumentierte, dass die Ausrichtung auf Ökologie die<br />

ideologischen Konflikte <strong>der</strong> Gegenwart „auf Flüsse und Nationalparks“ abschiebe.<br />

Die Installation Becks besteht aus mehreren „Panels“ aus Siebdrucken mit unterschiedlichen Mustern<br />

von Espenblättern, einer Reihe von Kuben aus Chromstahl, die an die Formsprache des Minimalismus<br />

erinnern, und einer Broschüre zur Konferenz von 1970. Dazu werden zwei Dokumentationsvideos<br />

präsentiert: Eines davon ist ein Film über die Konferenz von 1970, ein weiteres zeigt die 1978 zuerst<br />

in Aspen getestete, vom US‐Militär geför<strong>der</strong>te Aspen Movie‐Map, ein spektakulärer Vorläufer heutiger<br />

GPS‐Navigation, die es dem Nutzer durch eine Mischung von virtuellen und aktuellen Bil<strong>der</strong>n erlauben<br />

sollte, sich schnell in einer unbekannten Umgebung zu orientieren. Ein von Martin Beck gedrehtes<br />

Video mit dem Titel „<strong>The</strong> Environmental Wit ch‐Hunt“ (2008), gefilmt im Wald von Colorado, schließt<br />

das Ensemble ab.<br />

Reyner Banham gab im Jahr 1974 den Band <strong>The</strong> Aspen Papers zur Geschichte <strong>der</strong> Konferenz heraus.<br />

Baudrillards Text ist darin unter <strong>der</strong> Sektion „Polarization“ unter eben jenem Titel <strong>The</strong> Environmental<br />

Witch‐Hunt abgedruckt. Gestaltet wurde das Buchs von Ivan Chermayeff von <strong>der</strong> berühmten Design‐<br />

Agentur Chermayeff & Geismar, die die aufkommende Konsumkultur <strong>der</strong> 1960er Jahre in Amerika von<br />

New York aus wesentlich mitprägte. Chermayeff verwandte für das Buch unterschiedliche<br />

Illustrationen mit variierenden Mustern <strong>der</strong> Espenblätter. In <strong>der</strong> Sektion „Polarization“ wird das Muster<br />

unruhig, fast unordentlich.<br />

Jordan Belson (1926–2011), in Chicago geboren und in den 1950er Jahren nach Kalifornien gezogen,<br />

war ein Pionier des Experimentalfilms. In seinen Arbeiten geht es häufig um die Umsetzung<br />

psychedelisch‐spiritueller Erfahrungen in visuelle Kompositionen. Vom abstrakten Kino Oskar<br />

Fischingers und Norman McLarens beeinflusst, entwickelte er <strong>der</strong>en visuelle Formensprache<br />

systematisch in Richtung einer meditativen und immersiven sinnlichen Erfahrung weiter, bei <strong>der</strong><br />

visuelles Erleben und „inneres Auge“ in eins fallen sollten. Belsons wesentliche Bezugspunkte waren<br />

die Raumfahrt und östliche spirituelle Traditionen: Auch Weltraum und Bewusstsein, außen und innen<br />

sind in Belsons „kosmischem Kino“ ein und <strong>der</strong>selbe Raum. Der immersive Kreis ist in Form des<br />

Mandalas o<strong>der</strong> des planetarischen Zirkels stets das vorherrschende Motiv.<br />

Ashley Bickerton (*1959) gehörte zu einer Gruppe von Objektkünstlern, die in den mittleren 1980er<br />

Jahre bekannt wurden und zu <strong>der</strong> man damals auch Haim Steinbach und Jeff Koons rechnete.<br />

Bickerton mischte aber sehr direkte Witze (kleine Kommentare an die Adresse <strong>der</strong> Galerie‐Arbeiter auf<br />

<strong>der</strong> Unterseite seiner Assemblagen) und politische Statements mit seinem Interesse am ästhetischen<br />

Jargon avancierter Konsumkultur. Zwanzig Jahre nach Jack Smith und ironischerweise in dessen<br />

Todesjahr erstmals ausgestellt, ist Bickertons „Anthroposphere“ (1989) eine von menschlichen<br />

Wie<strong>der</strong>aneignungsversuchen gereinigte reine Müllvitrine – <strong>der</strong> ein analoges, von Logos aus Kunst und<br />

Konsum<br />

verziertes „Commercial Piece“ (1989) gegenübersteht.<br />

Dara Birnbaum (*1946) hat schon in den mittleren 1970er Jahren feministische Ansätze und ein<br />

neues Verständnis von Medienkunst zusammengeführt, bei <strong>der</strong> den öffentlich kursierenden Bil<strong>der</strong>n<br />

und ihrer medienspezifischen Ausgabeform in ähnlicher Weise kritische Aufmerksamkeit geschenkt<br />

wird. Ihre Videoinstallationen, die sich auf alltägliche TV‐Formate wie Quizshows, Serien, Soaps und<br />

Werbung bezogen, widmen sich Ende <strong>der</strong> 1970er Jahre und zu Beginn <strong>der</strong> 1980er Jahre stark <strong>der</strong><br />

Dialektik aus Unsichtbarkeit und Ausstellbarkeit von Frauen als Stars und Sex‐Objekte, die Birnbaum<br />

in <strong>der</strong> Adaption <strong>der</strong> „Won<strong>der</strong> Woman“ synthetisiert. Der neoliberale Imperativ <strong>der</strong> Selbstoptimierung<br />

trifft als erstes die Frauen als immer schon immaterielle und seelische Arbeiterinnen.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Erik Bulatov (*1933), wohl <strong>der</strong> bekannteste <strong>der</strong> sogenannten Moskauer Konzeptualisten, hat immer<br />

wie<strong>der</strong> Landschaftsbil<strong>der</strong> in einem spezifischen, markierenden und distanzierenden Stil als<br />

konzeptuelle Objekte gemalt. Damit hat er die Karriere, die Bildideen und konzeptualisierte Bil<strong>der</strong> in<br />

Werbung, Öffentlichkeit und Bilden<strong>der</strong> Kunst im Westen gemacht haben (wie die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erdkugel<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kalifornischen Wüstenlandschaften), nicht anhand von schon vorhandenen Ikonografien wie<br />

<strong>der</strong> westlichen Pop‐Art, son<strong>der</strong>n durch eine selbst entwickelte Stilisierung thematisierbar gemacht,<br />

die aber ganz von individuellen Obsessionen absieht.<br />

Angela Bulloch (*1966), in Kanada geboren und in Großbritannien aufgewachsen, hat am Goldsmiths,<br />

University of London studiert und an vielen Orten, von <strong>der</strong> Wiener Secession bis zum New Yorker<br />

Guggenheim Museum, ausgestellt. Sie arbeitet zwar meist mit neuen Medientechnologien, wobei<br />

speziell dem Sound eine große Bedeutung zukommt, aber aus einer konzeptuellen Perspektive. In<br />

ihrer Ausstellung im Münchener Lenbachhaus <strong>The</strong> Space That Time Forgot (2008) hat sie sich mit<br />

ungewöhnlichen Raumtheorien auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Dabei hat sie mithilfe eines allgemein<br />

zugänglichen Computerprogramms den Blick aufs Universum von entfernten Sternen und <strong>der</strong>en<br />

Planeten aus berechnet. Die Beobachtungsstationen dieser alternativen Nachthimmel <strong>der</strong> Serie „Night<br />

Sky“ sind solche Exo‐Planeten, die nach heutigem Wissen die Bedingungen für erdähnliches Leben<br />

bieten.<br />

Das Center for Land Use Information – CLUI, gegründet 1994, ist eine Forschungs‐ und<br />

Bildungseinrichtung, die neben einem Archiv und einer Bibliothek auch einen Ausstellungsraum in<br />

Los Angeles betreibt. Gemeinsamer Nenner <strong>der</strong> Projekte von CLUI ist die Erforschung <strong>der</strong> massiven<br />

Transformationen und kulturellen Inskriptionen <strong>der</strong> Erdoberfläche durch menschliche Einwirkung.<br />

CLUI trägt <strong>der</strong> zentralen Stellung von Landbesitz und ‐nutzung in <strong>der</strong> amerikanischen Geschichte<br />

Rechnung und interpretiert im Umkehrschluss die amerikanische Kultur <strong>der</strong> Gegenwart über<br />

territoriale Analysen und Kulturarchäologie. Ihre Erkundungen, Dokumentationen und Analysen<br />

unternehmen die Mitglie<strong>der</strong> von CLUI vor allem in Kalifornien. Für die Ausstellung <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

hat CLUI eine Dokumentation von Landfills, aufgefüllten Müllgruben rund um Los Angeles, produziert.<br />

Bruce Conner (1933–2008) war eine <strong>der</strong> zentralen avantgardistischen Künstlerfiguren Kaliforniens.<br />

Er wurde in den 1960er Jahren durch Assemblagen und Installationen bekannt. Conner suchte eine<br />

künstlerische Sprache für die verdrängte Seite <strong>der</strong> amerikanischen Lebensrealität zu finden; seine<br />

Arbeiten befassen sich im weitesten Sinn mit sozialer Desintegration und Gewalt, immer wie<strong>der</strong><br />

tauchen dabei auch Referenzen auf das kulturelle Imaginäre <strong>der</strong> Gegenkultur auf, wobei er <strong>der</strong>en Hang<br />

zum Ornament entschieden surrealistisch wendet. Conner zählt auch zu den Pionieren des<br />

Experimentalfilms, beispielsweise arbeitete er bereits Ende <strong>der</strong> 1950er Jahre mit vorgefundenem<br />

Filmmaterial. „Crossroads“, <strong>der</strong> 1976 kurz nach dem Ende des Vietnamkriegs entstand, basiert<br />

vollständig auf Archivmaterialen <strong>der</strong> „Operation Crossroads“, einer Serie von Nukleartests <strong>der</strong><br />

Streitkräfte <strong>der</strong> USA im Jahr 1946 auf dem Bikini‐Atoll. Conner benutzte für seinen Film Aufnahmen<br />

des Atomtests „Baker“, <strong>der</strong> am 25. Juli 1946 durchgeführt wurde. Die Tests auf dem Atoll wurden von<br />

Hun<strong>der</strong>ten von Kameras verfolgt. Selten war ein Vorgang weltweit so sichtbar. Entgegen dem ersten<br />

Eindruck bestand Conner darauf, die Abspielgeschwindigkeit <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> nicht manipuliert zu haben.<br />

Ihm ging es darum aufzuzeigen, dass die Bombe eine Verschiebung <strong>der</strong> Raum‐ und Zeit‐Koordinaten<br />

produziert. Viele Kommentatoren sprachen von <strong>der</strong> Explosion als „kosmischer“ Ansicht <strong>der</strong> Zerstörung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Genesis „einer neuen Welt“.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Für den schwedisch‐brasilianischen Künstler Öyvind Fahlström (1928–1976) war die Landkarte,<br />

lange bevor „Mapping“ zum Begriff für kognitive und argumentative Strategien werden konnte, ein<br />

Mittel, um politische Verhältnisse und Verbindungen zu verdeutlichen und produktiv in Frage zu<br />

stellen. Gerade nicht das fotografierte Ganze, son<strong>der</strong>n das gezeichnete, mit Mitteln von Comics und<br />

Karikatur und den grafischen Stilen <strong>der</strong> Un<strong>der</strong>ground‐Kultur dargestellte Zerklüftete und Vernetzte von<br />

Ausbeutungs‐ und Machtbeziehungen ergeben bei ihm das unwahre Ganze <strong>der</strong> Erde.<br />

Robert Frank (*1924), Fotograf und Filmemacher, wurde in <strong>der</strong> Schweiz geboren und lebt seit den<br />

frühen 1950er Jahren in den USA. Berühmt wurde er mit einer großangelegten Bildreportage über die<br />

Vereinigten Staaten, für die er von 1955 bis 1956 das Land bereiste und 28.000 Fotos machte, von<br />

denen er 83 zu seinem Buch Die Amerikaner zusammenstellte, in dem ein Bild von Amerika freigelegt<br />

wird, das eindrucksvoll die sozialen Realitäten jenseits <strong>der</strong> Oberflächen <strong>der</strong> Konsumkultur<br />

dokumentierte. Die Amerikaner wurde erstmals 1958 veröffentlicht und ein Jahr später mit einer<br />

Einleitung von Jack Kerouac neu aufgelegt. Als enger Freund von Allen Ginsberg wurde Frank auch zum<br />

Fotografen und Dokumentaristen <strong>der</strong> Beat‐Kultur. Ab 1958 wandte er sich von <strong>der</strong> Fotografie<br />

weitgehend ab und machte vor allem Filme. Er war bei mehreren von Stewart Brand organisierten<br />

Events zugegen. „Liferaft Earth“ ist seine Dokumentation des gleichnamigen Events von 1969, dessen<br />

Besprechung sich auch auf den hier reproduzierten Seiten des <strong>Whole</strong> Earth Catalog findet.<br />

Jack Goldstein (1945–2003) Absolvent des California Institute of the Arts – CalArts und von seinem<br />

Biografen Richard Hertz zur Zentralfigur einer „CalArts Mafia“ ernannt, war einer <strong>der</strong> Künstler, die den<br />

lakonischen Blick <strong>der</strong> kalifornischen Kulturindustriekritik auch in New York bekannt machten – etwa<br />

mit seinen Schallplattenobjekten und Filmen. In den 1980er Jahren begann Goldstein brillante Bil<strong>der</strong><br />

von echten und fiktiven Naturereignissen zu malen. In gewisser Hinsicht hat er damit die Erfahrung<br />

<strong>der</strong> Sichtbarkeit des Ganzen, den Blue‐Marble‐Schock weitergetrieben: „Bei den Bil<strong>der</strong>n, nach denen ich<br />

suche, handelt es sich um Bil<strong>der</strong>, die über eine gewisse Totalität verfügen“, sagt er im Gespräch mit<br />

Chris Dercon. Der ergänzt: „Und alles kommt von oben, vom Himmel“. Darauf Goldstein: „So ist es ja<br />

auch. Weil man den Himmel nicht sehen kann beziehungsweise das Himmelreich nichts mit den<br />

Sinnen zu tun hat.“ Beziehungsweise eben doch.<br />

Lawrence Jordan (*1934) wurde als visionärer Collagist und experimenteller<br />

Zeichentrickfilmemacher <strong>der</strong> Beat‐Kultur bekannt. Sein vierteiliger Film „Triptych in Four Parts“ von<br />

1958 ist emblematisch für die Drogenkultur in <strong>der</strong> Bay Area in den 1950er Jahren, speziell auch in<br />

ihrer quasi‐religiösen Dimension, die den Weg für die allgemeine „Spiritualisierung“ <strong>der</strong> Gegenkultur<br />

bereitete und in die Kultur des New Age mündete. In diesem Film geht Jordan gemeinsam mit den<br />

Dichtern Michael McClure und Phillip Lamantia und den Künstlern John Reed und Wallace Berman auf<br />

die Suche nach Peyote im Hinterland von Mexiko und Texas.<br />

Silvia Kolbowski (*1953, Argentinien) zog Ende <strong>der</strong> 1970er Jahre nach New York und stellt in ihren<br />

Installationen in Anlehnung an die Konzeptkunst <strong>der</strong> 1960er und 1970er Jahre den<br />

Objektivitätsanspruch von Aussagen – seien es Bil<strong>der</strong>, Töne o<strong>der</strong> Gesten – zugunsten einer<br />

Politisierung <strong>der</strong>selben in Frage. Ausgangspunkt ihrer künstlerischen Praxis war vor allem eine<br />

intensive Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Feminismus, feministischer Filmtheorie, Avantgardefilm und<br />

Psychoanalyse.<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Philipp Lachenmann (*1963) ist ein deutscher Künstler, <strong>der</strong> zeitweilig in Kalifornien lebte. In seinen<br />

Arbeiten, die die Film‐ und Mediengeschichte erforschen, schöpft er konsequent die Möglichkeiten<br />

digitaler Bildbearbeitung und Montage aus. So auch in „SHU Still“ (2003/2008), einer Arbeit, die es in<br />

einer Version als Fotografie und in einer zweiten als Video gibt. Sie zeigt ein in <strong>der</strong> kalifornischen<br />

Mojave‐Wüste stehendes Hochsicherheitsgefängnis zur Zeit <strong>der</strong> blue hour. Im Gefängnis sind schon die<br />

Lichter angeschaltet, parallel dazu erscheinen am Abendhimmel die Lichter anfliegen<strong>der</strong> Flugzeuge.<br />

Bei dem gefilmten Gefängnis handelt es sich um das California Correctional Institution (CCI), das <strong>der</strong><br />

Künstler bei <strong>der</strong> Arbeit im Archiv des Center for Land Use Interpretation (CLUI) als Drehort auswählte.<br />

Das CCI ist eines von vier kalifornischen Hochsicherheitsgefängnissen, die das berüchtigte SHU<br />

bereitstellen: „Security Housing Unit“ = „Level IV für sicherste Verwahrung“, das heißt Einzelhaft,<br />

teilweise lebenslänglich. Einzelhaft beziehungsweise Sicherheitsverwahrung (SHU‐Solitary<br />

Confinement) ist nach <strong>der</strong> Todesstrafe (Condemned‐Death Penalty) die schwerste Strafe im US‐<br />

Amerikanischen Strafgesetz. Seit 1998 klassifiziert Amnesty International die Verwahrungskategorie<br />

SHU‐Solitary Confinement als „Folter“. Die während <strong>der</strong> frühen Abendstunden in Einflugschneisen<br />

ankommenden Flugzeuge wurden auf den Flughäfen von Los Angeles, New York, Las Vegas und<br />

Frankfurt gefilmt und anschließend digital in das Bild des CCI‐Gefängnisses eingebaut. In <strong>der</strong><br />

Verbindung von irreal vielen Flugzeuglichtern im Anflug (auf einen hinter dem Betrachter liegenden<br />

unsichtbaren Ort) mit <strong>der</strong> „dokumentarischen“ Aufnahme eines Hochsicherheitsgefängnisses am<br />

Abend bewegt sich „SHU Still“ auf <strong>der</strong> Produktionsebene klassisch romantischer Sehnsuchtsmomente,<br />

mit Referenzen zu alten Kin<strong>der</strong>büchern wie auch zu Animations‐ und Science‐Fiction‐Filmen aus<br />

Hollywood. Insbeson<strong>der</strong>e aber ist die Kombination des Gefängnisses mit den Lichtern am Himmel eine<br />

Variation auf das über Kalifornien zum universellen Romantik‐, Verzauberungs‐ und Animationsmotiv<br />

gewordene „Dornröschen‐Schloss mit Sternenstaub“, das sich im Logo <strong>der</strong> Firma Walt Disney findet.<br />

David Lamelas (*1946), argentinischer Bewegtbild‐Konzeptualist im weiteren Sinne, später in<br />

London, Brüssel, aber auch Los Angeles beheimatet, hat für seinen Film „<strong>The</strong> Desert People“ (1974)<br />

die <strong>The</strong>men <strong>der</strong> Gegenkultur anhand von einem formal relativ strengen Roadmovie aufgelistet und auf<br />

fünf Personen verteilt, die bestimmte Archetypen darstellen: ein progressiver Mann, eine<br />

feministische Frau, ein kalifornischer männlicher Hedonist, eine mondäne New Yorker weibliche<br />

Hedonistin, ein vermeintlich echter Indianer. Dabei steht die Wüste hier für Beginn und Ende<br />

kalifornischer Utopien, die Roadmovie‐Erzählung aber auch für die Grenze, an die die<br />

konzeptualistischen Verfahren gestoßen sind, mit denen Lamelas zuvor zu tun hatte.<br />

Vor vier Jahren stieß die kalifornische Künstlerin Sharon Lockhart (*1964) auf das Werk <strong>der</strong><br />

israelischen Choreografin und Tanz‐Komponistin Noa Eshkol (1924–2007), das sie daraufhin in einer<br />

Reihe von Ausstellungen und Projekten neu vorstellte und interpretierte – stets in Zusammenarbeit<br />

mit Weggefährten <strong>der</strong> verstorbenen Künstlerin. Eshkol hatte nicht nur eine sehr spezielle, strenge und<br />

mo<strong>der</strong>nistische Bewegungsauffassung, sie hatte auch ein universell einsetzbares Notationsverfahren<br />

für die Bewegungen des menschlichen Körpers entwickelt, das großen Anklang bei Kybernetikern,<br />

aber auch <strong>der</strong> NASA fand. Heinz von Foerster verschaffte Eshkol eine Professur an <strong>der</strong> University of<br />

Illinois. Basis <strong>der</strong> Bewegungs‐Notation waren kleine standardisierte Globen, in die sich jedes<br />

Bewegungsstadium<br />

eintragen ließ.<br />

Piero Manzoni (1933–1963), italienischer Vorläufer einer lakonischen proto‐konzeptuellen Kunst<br />

wie <strong>der</strong> Arte Povera, konnte schon 1961 vorführen, dass die Erde keine Repräsentation braucht,<br />

son<strong>der</strong>n nur einen Sockel: Sie ist als Kunstwerk schon fertig und bedarf keiner Verdoppelung. Mit so<br />

einem planetarischen Denken, das seine Möglichkeit gleich wie<strong>der</strong> als Witz verwirft, war Manzoni<br />

genauso seiner Zeit ein paar Jahre voraus wie mit seinen künstlerischen Strategien.<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Niemand hat die alte Gegenkultur so scharf kritisiert wie die neue Gegenkultur <strong>der</strong> Punks, die in den<br />

späten 1970er Jahren in Kalifornien von Bands wie Black Flag o<strong>der</strong> den Dead Kennedys getragen<br />

wurde. Dabei war nie ganz klar, ob sich die Kritik gegen die Positionen <strong>der</strong> alten Gegenkultur o<strong>der</strong><br />

ihren Verrat an diesen Positionen richtete, die in <strong>der</strong> Entwicklung von Geschäfts‐ und<br />

Regierungsmodellen bestand. Der Zeichner und Videofilmer Raymond Pettibon (*1957), <strong>der</strong> vor<br />

seiner Karriere als bilden<strong>der</strong> Künstler zahllose Flyer und Schallplattencover <strong>der</strong> L.A.‐Punk‐Szene<br />

gestaltet hat, setzt sich mit diesen inter‐gegenkulturellen Konflikten in verschiedenen Medien und<br />

Formaten sarkastisch auseinan<strong>der</strong>. 1989 drehte er vier Spielfilme zur Geschichte <strong>der</strong> alten Gegenkultur,<br />

die er mit Akteuren <strong>der</strong> Punk‐Szene besetzte; zwei davon sind in <strong>der</strong> Ausstellung zu sehen – „<strong>The</strong><br />

<strong>Whole</strong> World’s Watching – Weathermen 69“ (1989) und „Citizen Tania“ (1989) – sowie eine<br />

Zeichnung und Poster.<br />

Adrian Piper (*1948) Künstlerin, Philosophin und Yogi, lebte lange an <strong>der</strong> Ostküste <strong>der</strong> USA und zog<br />

2005 nach Berlin. Hier sind frühe Arbeiten aus <strong>der</strong> Serie <strong>der</strong> sogenannten „LSD Paintings“ (1965–67)<br />

zu sehen, die, obwohl erst vor wenigen Jahren <strong>der</strong> Öffentlichkeit bekannt geworden, mittlerweile zum<br />

Kanon psychedelischer Kunst gezählt werden. Piper wandte sich unmittelbar nach dieser Phase <strong>der</strong><br />

Konzeptkunst zu und gehört zu den Protagonisten <strong>der</strong> ersten Generation dieser Bewegung. In den hier<br />

gezeigten Arbeiten deuten sich wesentliche Motive an, die Piper ihr Leben lang verfolgt: Die radikale<br />

Infragestellung des Konzepts des Selbst (hier in Form ornamentaler Verflüssigung) und <strong>der</strong> normativen<br />

Moralvorstellungen ist ein Motiv ihrer Philosophie in Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Klassikern <strong>der</strong><br />

Aufklärung, ebenso wie in ihrer Berufung auf die spirituellen Dimensionen des Yoga. Während auch<br />

ihre frühe Konzeptkunst mit Motiven <strong>der</strong> Meditation und Bewusstseinsstrukturen arbeitet, wendet sie<br />

sich in den 1970er Jahren zunehmend einer radikalen Kritik von Identitätszuschreibungen, speziell<br />

Rassen‐ und Geschlechterstereotypen, zu. Seit dem Jahr 2000 überwiegen Motive aus <strong>der</strong> vedischen<br />

Tradition.<br />

Robert Rauschenberg (1925–2008) wird oft als Wegbereiter <strong>der</strong> Pop‐Art bezeichnet. Er wurde mit<br />

sogenannten Combines in den 1950er Jahren bekannt – Malerei, die zuerst Alltagsobjekte und Müll von<br />

den Straßen New Yorks und später auch gefundenes Bildmaterial verwendete –, mit ikonoklastischen<br />

Arbeiten wie dem „Erased De Kooning Drawing“ (1953) sowie mit seinen Collagen, zu denen auch die<br />

hier gezeigte Arbeit zum „Earth Day“ (1970) gehört. 1966 gründete Rauschenberg mit Billy Klüver die<br />

Organisation Experiments in Art and Technology, die die Kollaboration von Künstlern und Ingenieuren<br />

propagierte. 1969 war Rauschenberg einer <strong>der</strong> Künstler, die auf Einladung <strong>der</strong> NASA dem Start <strong>der</strong><br />

Apollo 11‐Rakete beiwohnten.<br />

Alex Slade (*1961) studierte bis 1993 unter an<strong>der</strong>em am California Institute of the Arts – CalArts und<br />

arbeitet zu Idee und Begriff <strong>der</strong> Landschaft (in und außerhalb von Städten) mit vorwiegend<br />

fotographischen und skulpturalen Mitteln. Er hat auf den Biennalen von Prag und Liverpool, in vielen<br />

kalifornischen und amerikanischen Museen (Hammer, California Museum of Photography, MoMA)<br />

ausgestellt, aber auch in Hamburg und Berlin. „Cogentrix SEGS II/Yarrow Ravine Rattlesnake Habitat<br />

Area, Daggett, CA“, “Nextera SEGS VI‐IX/Harper Lake Wildlife Viewing Area, Lockhart, CA“ und<br />

“Calenergy Geothermal Generating Plants/Sonny Bono Salton Sea National Wildlife Refuge, Calipatria,<br />

CA” (2013) wurden für diese Ausstellung in Auftrag gegeben. Sie zeigen das Zusammenspiel zwischen<br />

den philosophisch, utopisch wie dystopisch aufgeladenen kalifornischen Wüsten und an<strong>der</strong>en<br />

Randzonen mit ökonomischen Nutzungen und ökologischen Desastern. Slade lebt und arbeitet in Los<br />

Angeles, er lehrt am Otis College of Art and Design.<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Ira Schnei<strong>der</strong> (*1939) gehört zur ersten Generation von Videokünstlern, die sich <strong>der</strong> Erkundung <strong>der</strong><br />

Bedingungen und Möglichkeiten dieser neuen Technologie widmeten und sich für eine radikale<br />

Demokratisierung <strong>der</strong> Medienlandschaft im historischen Umfeld <strong>der</strong> Gegenkultur einsetzten. Schnei<strong>der</strong><br />

hat zahlreiche bekannte Videoarbeiten produziert, darunter „<strong>The</strong> Woodstock Festival“ (1969) und<br />

„Manhattan is an Island“ (1977). Er war einer <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong> des Magazins für Videokultur Radical<br />

Software. Hier wird ein speziell für die Ausstellung produzierter Zusammenschnitt aus dem Archiv Ira<br />

Schnei<strong>der</strong>s und <strong>der</strong> Raindance Foundation zur Gegenkultur gezeigt, in dem unter an<strong>der</strong>em Ausschnitte<br />

von Reden von Buckminster Fuller und Gregory Bateson sowie Aufnahmen des ersten Earth Day<br />

(1970) zu sehen sind.<br />

Richard Serra (*1939) wurde bekannt durch seine riesigen Skulpturen, die aus Stahlblättern<br />

sphärische Konstruktionen bilden. Die Skulpturen zählen zum Minimalismus und stehen<br />

kunstgeschichtlich in <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> kritischen Auseinan<strong>der</strong>setzung <strong>der</strong> Bildhauererei mit<br />

Monumentalität. Serra erforscht in seinen Arbeiten die Erfahrungen, die durch die Dimensionen des<br />

menschlichen Körpers vorgegeben sind, im Verhältnis zu Raum und Materialität. Er hat auch eine<br />

Reihe von Filmen gedreht, die zum Kanon <strong>der</strong> konzeptuellen Erkundungen <strong>der</strong> Grammatik des<br />

Mediums aus den 1970er Jahren zählen. „Boomerang“ (1974) kann man als eine Meditation über den<br />

Feedback‐Loop zwischen Selbst und medialem Bild verstehen. In dem Video sehen wir <strong>der</strong> Künstlerin<br />

Nancy Holt dabei zu, wie sie, während sie zu sprechen versucht, das gerade Gesprochene über<br />

Kopfhörer zeitverzögert zu hören bekommt. Durch Holts Schwierigkeiten, Sprache und Denkprozess<br />

unter diesen Bedingungen zu koordinieren, öffnet sich die mediale Situation <strong>der</strong> Reflexion. Die Arbeit<br />

wurde für das öffentliche Fernsehen produziert.<br />

Jack Smith (1932–1989), sagenhafter Erfin<strong>der</strong> eines Queer Cinema <strong>der</strong> flammenden Kreaturen und<br />

des Maria‐Montez‐Kults und <strong>der</strong> langsamsten Performance‐Abende aller Zeiten, war auch Ökonom und<br />

Kapitalismuskritiker. Als solcher interessierte er sich vor allem für das aus <strong>der</strong> Zirkulation<br />

herausgefallene Objekt, den Müll. Während die zu Ende gehende Hippie‐Kultur Kaliforniens sich in<br />

Müllbergen untergehen sah, hatten die Smith’schen Creatures schon in den frühen 1960er Jahren<br />

damit begonnen, auf den New Yorker Müllhalden warenfreie Zonen zu feiern, wie in Smiths kurzem<br />

Film „Scotch Tape“ (1959/62) zu sehen.<br />

Der österreichische Künstler Josef Strau (*1957) entwickelte in den 1990er Jahren ein beson<strong>der</strong>es<br />

Verfahren <strong>der</strong> Appropriation fotografischer Bil<strong>der</strong>. Als Assistent von Thomas Ruff überredete er diesen,<br />

bei <strong>der</strong> Produktion von dessen astronomischen Himmelsbil<strong>der</strong>n jeweils einen Print Strau zu überlassen,<br />

<strong>der</strong> dann die großen Himmelsbil<strong>der</strong> in kleinere Teilbereiche auftrennte. Strau setzte so <strong>der</strong> klassischen<br />

Erhabenheitserfahrung, die gedreht ja auch in <strong>der</strong> Bewun<strong>der</strong>ung des Bildes von <strong>der</strong> Erde steckt, eine<br />

Verkleinerung entgegen: sowohl auf <strong>der</strong> Ebene auratischer Originalität wie auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

unendlichen Weiten des Weltalls, von denen man immer auch eine Küchenversion herstellen kann.<br />

<strong>The</strong> Otolith Group (gegründet von Anjalika Sagar und Kodwo Eshun 2002 in London) hat ihren<br />

Namen von dem Organ im Inneren des Ohrs, das für den Gleichgewichtssinn verantwortlich ist. Die<br />

Gruppe befasst sich in ihren Arbeiten mit dem Konzept <strong>der</strong> Zukunft und dem Nachleben <strong>der</strong><br />

utopischen Projektionen <strong>der</strong> Spätmo<strong>der</strong>ne und <strong>der</strong> emanzipatorischen politischen Befreiungs‐ und<br />

Solidaritäts‐Bewegungen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> damaligen „Dritten Welt“.<br />

„Otolith I“ aus dem Jahr 2003 ist <strong>der</strong> erste Film <strong>der</strong> Gruppe. Der Film versetzt uns in eine Zukunft, in<br />

<strong>der</strong> längere Perioden schwacher Gravitation auf den Raumstationen dauerhaft zu einer Störung des<br />

Gleichgewichtsinns geführt haben, so dass die Menschen die Fähigkeit verloren haben, sich <strong>der</strong><br />

Erdgravitation anzupassen. Die Verbindung zur Erde ist abgerissen, alles ist schwerelos und außer<br />

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AUSSTELLUNGSBEZOGENE KÜNSTLERBIOGRAFIEN<br />

Balance. Aus dieser imaginierten Zukunft blickt ein gewisser Dr. Usha Adebaran‐Sagar von <strong>der</strong><br />

Internationalen Space Station im Jahr 2103 zurück auf das Raumfahrtprogramm <strong>der</strong> Sowjetunion,<br />

während gleichzeitig die Großmutter des Erzählers aus <strong>der</strong> Vergangenheit über die Bedeutung des<br />

Raumfahrtprogramms für die sozialistische und feministische Bewegung auf dem indischen<br />

Subkontinent berichtet.<br />

Suzanne Treisters (*1958) Projekt „HEXEN 2.0“ (2009‐2011) befasst sich mit den von Regierungen<br />

in Auftrag gegebenen wissenschaftlichen Forschungsprogrammen zur Kontrolle <strong>der</strong> Massen in den<br />

Mediendemokratien, sowie mit den Berührungspunkten dieser Programme mit <strong>der</strong> Gegenkultur und<br />

aktivistischen Bewegungen. „HEXEN 2.0“ setzt bei dem politisch‐militärischen Rahmen an, <strong>der</strong> durch<br />

die USA nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurde, und innerhalb dessen es im Zeichen <strong>der</strong><br />

Kybernetik zu einer Verschränkung von Technologie und Sozialwissenschaften kam, die zur<br />

Entwicklung des Internet führte und mit dem Web 2.0 eine allgemeine Datenerhebung in bis dato<br />

unden<strong>kb</strong>aren Umfang zur Folge hatte. „HEXEN 2.0“ verfolgt dabei insbeson<strong>der</strong>e die Spur <strong>der</strong><br />

Teilnehmer <strong>der</strong> Macy‐Konferenzen, <strong>der</strong>en erklärtes Ziel es war, die Grundlagen für eine allgemeine<br />

Wissenschaft <strong>der</strong> Funktionsweise des menschlichen Geistes zu schaffen. Die künstlerische<br />

Umsetzungsform <strong>der</strong> „Mappings“ bezieht sich dabei auf Szenarienplanung und ‐projektion, auf die<br />

Ästhetik von okkulten Geheimbünden, Tarot‐Karten, sowie Diagramme <strong>der</strong> Alchemie.<br />

Für „Outer and Inner Space“ (1966) hat Andy Warhol (1928–1987) seinen Superstar Edie Sedgwick<br />

mit Fernsehbil<strong>der</strong>n ihrer selbst konfrontiert, die Warhol mit einer <strong>der</strong> ersten Videokameras<br />

aufgenommen hatte, die ihm zu Testzwecken überlassen worden war. Die mehrfach gebrochene<br />

Situation unterscheidet sich von einem Spiegelkabinett dadurch, dass ähnlich wie später bei Dan<br />

Graham die verschiedenen Versionen <strong>der</strong>selben Person nicht nur (medien‐)ontologisch, son<strong>der</strong>n auch<br />

zeitlich getrennt sind: das innere o<strong>der</strong> das äußere Selbst sind jeweils entwe<strong>der</strong> dem Tod o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Geburt näher – und sie sind durch die Medienschranke scheinbar absolut separiert. Man kann zwar<br />

immer neue Innen‐ und Außenräume im Verhältnis zum letzten Stadium betreten, aber sie fügen sich<br />

nicht wie<strong>der</strong> zusammen. Wovon Edie amüsiert ist.<br />

Bruce Yonemoto (*1949) ist einer <strong>der</strong> wichtigsten kalifornischen Medienkünstler. Er hat in seiner<br />

Arbeit mehrfach auf die Sichtbarkeit <strong>der</strong> Erde und ihre Objektivierung reagiert, beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong><br />

Arbeit „Journey to the Center of the Earth“ (2002) wo er den Film von 1959, <strong>der</strong> auf Jules Vernes<br />

gleichnamigen Roman basierte, im Inneren eines Globus zeigt – und so dem Verlust des Außen den<br />

fragwürdigen Gewinn eines neuen Innen, in <strong>der</strong> neuen Immanenz des ökologischen Weltbezugs,<br />

gegenüberstellt.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

Pop-Musik und Gegenkultur: die ganze Welt und jetzt<br />

Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen<br />

Planeten und Musik<br />

Stewart Brand ersucht die NASA in den 1960er-Jahren Bil<strong>der</strong> vom blauen Planeten freizugeben. Auf<br />

dem <strong>Whole</strong> Earth Catalog erscheint das Bild schließlich. Bereits 1969 veröffentlicht die CBS über ihr<br />

dem Blues-Rock gewidmetes Sub-Label Blue(!) Horizon eine Compilation Doppel-LP <strong>The</strong> Blues mit<br />

einer Farbabbildung des Blauen Planeten. Die in den USA damals noch weitgehend segregiert<br />

behandelte und vermarktete afroamerikanische Blues-Musik erscheint im Zeichen eines neuen<br />

globalen Modells: weiße, vor allem, britische Blues-Rock-Bands wie Steamhammer und Fleetwood Mac<br />

erscheinen hier abwechselnd mit schwarzen Veteranen wie Ma Rainey, Sunnyland Slim, Son House<br />

o<strong>der</strong> auch Bessie Smith, die 1937 starb, weil im segregierten Süden – Clarksdale, Mississippi - nach<br />

einem Autounfall kein Krankentransporter zur Verfügung stand, <strong>der</strong> Schwarze aufnehmen durfte. Jetzt<br />

sind plötzlich <strong>der</strong> Signifikat „traurig“ und <strong>der</strong> Signifikat „blau“ des englischen „Blue“ in Bild und Musik<br />

verschmolzen.<br />

Die planetarische Idee als neuer Universalismus steht auch am Anfang <strong>der</strong> neuen Musik des 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts. In seinem zweiten Streichquartett lässt Arnold Schönberg mit einigen Zeilen von Stefan<br />

George „Luft von an<strong>der</strong>en Planeten“ wehen. Jeweils neue Musik und die Ideologie des Planetarischen<br />

haben sich offensichtlich gut verstanden: schließlich sei die Idee <strong>der</strong> Harmonie schon bei Plato aus <strong>der</strong><br />

Konstruktion des Sonnensystems abgeleitet und von Sun Ra bis Karlheinz Stockhausen versuchen<br />

Musiker des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts mit diesem kosmischen Resonanzraum umzugehen. Herbert Marcuse,<br />

<strong>der</strong> Gegenkultur und kritische <strong>The</strong>orie zu versöhnen versuchte, fragt indes, ob die Negation<br />

Schönbergs nicht zu abstrakt war, die an<strong>der</strong>en Planeten zu weit entfernt und sieht erst in <strong>der</strong> Pop-<br />

Musik und <strong>der</strong> „schwarzen“ Musik <strong>der</strong> Gegenwart, in einem im Juni 1968 gehaltenen Vortrag, die<br />

Einlösung dieses Programms: „Diese Werte, diese Triebe wollen Stimme, Gesang und Rhythmus<br />

werden. Sie sind zum Schrei <strong>der</strong> Jugend überall auf <strong>der</strong> Erde geworden (…) Sie wollen tatsächlich<br />

‚Musik von an<strong>der</strong>en Planeten‘, sehr wirklichen und sehr nahen Planeten.“ 1 Denn konkret wurde erst<br />

die Pop-Musik zu einer musikalischen Praxis, die sich über fixierte kulturelle und politische Grenzen<br />

hinwegsetzte, beziehungsweise <strong>der</strong>en Ideologie dies behauptete. Das hat zentrale Bedeutung für die<br />

Rolle, die die Pop-Musik im Komplex <strong>der</strong> Gegenkultur spielen sollte. Fast alle wesentlichen Positionen<br />

wurden in <strong>der</strong> Pop-Musik behandelt, oft bevor sie in irgendeinem an<strong>der</strong>en Kontext formuliert wurden.<br />

Telstar: Russische und britische Bedrohungen<br />

Pop-Musik beginnt als ein neuer multisensorischer, Fernsehen und Kofferplattenspieler, Radios und<br />

Werbeplakate verschalten<strong>der</strong> Medienverbund ungefähr zur selben Zeit wie die Raumfahrt. Dies sind<br />

die Ereignisse <strong>der</strong> späten 1950er-Jahre: <strong>der</strong> Sputnik, Elvis, die sowjetische Weltraumhündin, Little<br />

Richard und Pop-affine Ereignisse in an<strong>der</strong>en Sphären: Cassius Clay, die Independent Group, Richard<br />

Hamilton und Andy Warhol. Die ersten Satelliten steigen zeitgleich mit den Versuchsballons eines<br />

neuen kulturellen Formats auf, das die Verbindung zwischen einzelnen Massenmedien dadurch zu<br />

steigern versucht, dass es diese Verbindung nicht länger Inhalten und Imperativen überlässt, son<strong>der</strong>n<br />

1 Herbert Marcuse, „Musik von an<strong>der</strong>en Planeten“, in: <strong>der</strong>s., Nachgelassene Schriften 2 – Kunst und<br />

Befreiung, herausgegeben von Peter-Erwin Jansen, Lüneburg: zu Klampen 2000, S.87–92.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

die Rezipienten selbst damit beauftragt: diese bilden an Frisuren und Klei<strong>der</strong>n erkennbare Gangs und<br />

Stämme, die sich mit Musik verbinden, die einerseits sakral, schmachtend und zuhause rezipiert wird<br />

– in <strong>der</strong> suburbanen architektonischen Neuheit Kin<strong>der</strong>zimmer – an<strong>der</strong>erseits selbstbewusst in die<br />

Öffentlichkeit getragen wird: Musikclubs, Jukeboxes, Transistor-Radios. Die Fans – wie man sie zu<br />

2nennen beginnt – sind die Medien dieser Verknüpfung. Eine neue soziale Choreografie beginnt, die<br />

sehr laut wird und immer schwerer zu überblicken ist. Schließlich werden ein Jahrzehnt später<br />

gedrittelte Breitwand-Projektionen und Hubschrauber-Aufnahmen nötig sein, um die Festivals in<br />

Woodstock und Monterrey zu dokumentieren.<br />

Eine entscheidende Station des Pop-Musik-Komplexes war die British Invasion. Warum war dies so<br />

wichtig? Britische, europäische Sensibilitäten erreichen einen US-amerikanischen Massenmarkt. Sie<br />

haben einen verfremdenden und einigenden Effekt. Sie sind an<strong>der</strong>s als an<strong>der</strong>e US-amerikanische Pop-<br />

Musik keine lokal o<strong>der</strong> ethnisch definierte Musik, trotzdem aber auch keine charakterlose<br />

unspezifische Musik, son<strong>der</strong>n von einer an<strong>der</strong>en, neuen Spezifik. Der latente Dandyismus, die<br />

Aufsteiger-Nervosität <strong>der</strong> Mods, <strong>der</strong> antiautoritäre Sarkasmus, <strong>der</strong> Einfluss <strong>der</strong> legendären Art Schools<br />

auf die dort studierenden jungen Musiker – das alles ergibt eine Mischung, die in den USA nicht<br />

unmittelbar lesbar aber attraktiv ist, zumal sie sich ja ihrerseits in musikalischen Idiomen spiegelt, die<br />

die Briten aus den USA, speziell Afroamerika übernommen haben.<br />

Doch <strong>der</strong> erste europäische, britische Track, <strong>der</strong> in den USA Nummer eins wird, ist kein Song <strong>der</strong><br />

Beatles o<strong>der</strong> Stones, Who o<strong>der</strong> Small Faces, son<strong>der</strong>n ein Instrumental-Stück, das <strong>der</strong> Raumfahrt<br />

gewidmet ist. Der seinerzeit bahnbrechende erste Produzenten-Auteur <strong>der</strong> Pop-Geschichte Joe Meek<br />

hatte zu Ehren des am 10.7.1962 gestarteten ersten kommerziellen, nämlich gemeinschaftlich von<br />

NASA und dem Telefonunternehmen AT&T initiierten Satelliten Telstar zwei Monate später eine<br />

Instrumental-Single veröffentlicht. Als <strong>der</strong>en Urheber firmierten die Tornados 3 , eine von mehreren<br />

semi-fiktiven Bands, die Meek als Vehikel für seine damals völlig neuartige, auf Sound-Effekten<br />

basierende Produzenten-Musik nutzte. Diesem neuen Akteur (und Auteur) Produzent wurde von<br />

Meek erstmals und sehr folgenreich <strong>der</strong> Weltraum, die Satellitenperspektive, <strong>der</strong> Blick auf das Ganze<br />

zugewiesen: eine ebenso größenwahnsinnige wie erfolgreiche Idee. Die Massenkultur und ihre<br />

Horizonte hatten sich mit <strong>der</strong> Etablierung eines global-westlichen Jugendmarktes geweitet, die<br />

Umwertung <strong>der</strong> fordistischen lebensstilistischen Vorgaben zu einer hedonistischen Lockerung schien<br />

unterschiedlichen Interessenten sehr viel versprechend, je nachdem ob man sie als emanzipatives<br />

Projekt o<strong>der</strong> als ökonomisches verstand. Die Weltraum-Perspektive, <strong>der</strong> Aufbruch ins All war einerseits<br />

eine Deckerzählung für diesen sexuell-hedonistischen und bürgerrechtlichen Aufbruch, zum an<strong>der</strong>en<br />

eine starke Metapher, die nicht mehr verschwinden sollte.<br />

Hey, Mr. Spaceman<br />

Wenige Jahre später begannen immer mehr Aliens sich zu den aus Großbritannien kommenden<br />

Fremden zu gesellen. Wenn es etwas gab, das in den USA dem britischen Beat in seiner zugleich<br />

ethnisch beziehungsweise traditionell unspezifischen und doch fest umrissenen mo<strong>der</strong>nen<br />

Klanglichkeit entsprechen sollte, dann war das <strong>der</strong> elektrifizierte Folk-Rock, wie ihn die Byrds vertraten<br />

und wie er bald vor allem in Kalifornien zur Grundlage des West-Coast-Sound und <strong>der</strong> Hippie-Musik<br />

werden sollte. Die Byrds spielten auf ihrer dritten LP, die 1966 erschienen ist 4 , dem Jahr des<br />

Durchbruchs psychedelischer und bewusstseinserweitern<strong>der</strong> Motive in <strong>der</strong> Massenkultur, bereits alles<br />

2 Various Artists, <strong>The</strong> Blues, 1969, CBS/Blue Horizon.<br />

3 <strong>The</strong> Tornados, Telstar, August 1962, Decca.<br />

4 <strong>The</strong> Byrds, 5D, 1966, Columbia/CBS, enthält u. a. „Mr. Spaceman“, „Eight Miles High“ und „5D“.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

durch, was mit <strong>der</strong> nachhaltigen Entdeckung zusammenhängt, dass unsere Welt nur ein Planet ist, ein<br />

von außen beobachtbarer Brocken in einem unbegrenzten Universum. Das bedeutete erstens, es<br />

könnte unseresgleichen geben, an<strong>der</strong>e Planetenbewohner „Mr Spaceman“). Zweitens, eine Expansion<br />

unserer Erlebensmöglichkeiten, wir könnten uns von <strong>der</strong> Verbundenheit mit Scholle und Erde lösen<br />

und fliegen, von oben schauen („Eight Miles High“). Drittens, wir müssen die Apriori unseres<br />

Weltbildes neu bedenken („5D“) und in mindestens fünf Dimensionen denken. Hier verbindet sich das<br />

planetarische Denken, das die (bemannte) Raumfahrt und <strong>der</strong> Blick auf die Erde als einen ganzen,<br />

begrenzten, aber eben auch verfügbaren Planeten, mit <strong>der</strong> Machtübernahme <strong>der</strong> Pop-Musik bei <strong>der</strong><br />

Definition von Gefühlen und ihrem Verhältnis zu Öffentlichkeit. Die öffentliche Tatsache, dass man<br />

seine Musik überall mit hinnahm und sie sichtbar für an<strong>der</strong>e rezipierte, auch dadurch dass man sich<br />

auf eine bestimmte Weise kleidete, frisierte und in einer bestimmten Körpersprache ausdrückte,<br />

verband sich auf eine merkwürdige Weise mit <strong>der</strong> intimen und intensiven Natur, <strong>der</strong> Musik, die auf<br />

eine direkte und körperliche Weise einen persönlich anzusprechen schien. Dieser Zusammenhang<br />

ähnelte aber strukturell <strong>der</strong> Kippfigur des planetarischen Bewusstseins: die Sichtbarkeit <strong>der</strong> Erde als<br />

Planet, die Sichtbarkeit des Planeten als ganzer Himmelskörper machte zugleich den eigenen Blick<br />

sichtbar. Man wurde ja im selben Maße angesehen wie man selber etwas ansah, das die eigene Erde<br />

war. Die strukturelle Verbundenheit <strong>der</strong> Weltraumreise mit <strong>der</strong> Reise zum Ich, zum Inneren, wie sie die<br />

Schlussszene von Stanley Kubricks 2001– A Space Odyssey orchestriert, gibt es auch schon bei den<br />

Byrds, die 1966, für das nächste Album, zu den „Mind Gardens“ 5 aufbrechen. Hier zelebriert dann<br />

David Crosby bereits eine ebenso detaillierte abenteuerliche Reise in einen inneren Space – <strong>der</strong><br />

wesentliche Unterschied ist eigentlich nur <strong>der</strong>, dass die Klänge indischer Sitars und Tamburas für das<br />

sonische Dekor stehen, das laut Byrds-Chef Roger McGuinn für den Rest ihrer Musik von den Klängen<br />

von Düsentriebwerken inspiriert war.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> World Is Watching<br />

Wenn aber Sehende und Gesehenes sich umdrehen lassen, seit die Erde zum sichtbaren planetarischen<br />

Objekt geworden ist, dann sehen auch alle, die auf <strong>der</strong> Welt sind zu. Der Slogan „<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> World Is<br />

Watching“ begleitete die Demonstrationen zum Parteitag <strong>der</strong> Demokraten 1968 in Chicago, als es zu<br />

brutalen Polizei-Übergriffen kommt. Nicht nur <strong>der</strong> Semi-Spielfilm Medium Cool erzählt davon, die Band<br />

Chicago Transit Authority integriert den Schlachtruf in ihren Song „Someday“ 6 . Es ist aber nicht nur<br />

das Unrecht in Chicago, son<strong>der</strong>n wie Jimi Hendrix in seiner berühmten Widmung <strong>der</strong> Live-Versionen<br />

seines „Machine Gun“ – „This is for all the soldiers fighting in Chicago, ah, and all the soldiers fighting<br />

in Vietnam“ – klarstellt, eben auch das in Vietnam, das den Augen <strong>der</strong> Welt nicht entgeht. Grateful Dead<br />

entwickeln sich zu <strong>der</strong> Zeit nicht nur zur <strong>Haus</strong>band <strong>der</strong> Hippie-Kultur in San Francisco und Umgebung<br />

entwickeln, son<strong>der</strong>n werden – ohne explizit politische Statements – zu den musikalischen Begleitern<br />

<strong>der</strong> gesamten Politisierung. Sie spielen umsonst für die Besetzer <strong>der</strong> Columbia University in New York,<br />

für die Black Panther in Oakland, aber auch für das Bay Area Chapter <strong>der</strong> Hell’s Angels; die Gegenkultur<br />

ist heterogen. Dem neuen Verhältnis zum Sehen und Gesehen Werden, zur Sichtbarkeit des Ganzen, <strong>der</strong><br />

Erde widmen sie die Zeile „Wake up to find out that you are the eyes of the world.“ You – das waren die<br />

Massen <strong>der</strong> von zuhause weggelaufenen, die Großstädte <strong>der</strong> Westküste übervölkernden<br />

herumstromernden Jugendlichen mit ebenso neugierigen wie drogenverhangenen Augen, die sehr<br />

weit weg o<strong>der</strong> nach ganz tief innen blickten.<br />

5 <strong>The</strong> Byrds, Younger Than Yesterday, 1967, Columbia/CBS, enthält unter an<strong>der</strong>em „Mind Gardens“.<br />

6 Chicago Transit Authority, self titled, 1968, Columbia/CBS.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

Dem You, dem Ihr und dem Wir, stand aber auch ein <strong>The</strong>y gegenüber. Wenn es ein planetarisches<br />

Ganzes gab und dennoch keinen Frieden, dann musste es ein zweites Ganzes geben, einen Komplex, <strong>der</strong><br />

den Planeten überwucherte und mit Atombomben bedrohte. Auch dieses immer schon Bekannte war<br />

also ein Ganzes; es wurde „das System“ genannt, nicht mehr als kybernetische Kategorie, son<strong>der</strong>n als<br />

Wort für eine undurchdringliche, undemokratische Erscheinungsform von Macht, z.B. als militärischindustrieller<br />

Komplex, vor allem aber wurde deutlich, dass auch diese Seite dadurch an Drastik, an<br />

Dynamik gewann, dass sie ganz war und die ganze Erde betraf und bedrohte.<br />

What have they done to the earth?<br />

Dass mit <strong>der</strong> neuen Freiheit auch das Ende bevorstehen könnte, dämmerte zuerst Jim Morrison und er<br />

musste offen lassen, ob er das existenzialistisch o<strong>der</strong> politisch meinte: Jetzt, wo wir<br />

eigenverantwortlich wählen müssen, droht uns das Ende als Konsequenz o<strong>der</strong> jetzt, wo wir die Augen<br />

aufschlagen und aus unserer selbst verschuldeten Unmündigkeit aufwachen, sehen wir schon das Ende<br />

dieser von uns vergeigten Welt vor uns. „<strong>The</strong> End“, <strong>der</strong> Song bleibt eine Kippfigur, deswegen ist er auch<br />

für Francis Ford Coppola attraktiv als Untermalung von Apocalypse now!. Doch schon in dem nächsten<br />

epischen und wie<strong>der</strong> vom Ende träumenden Langsong, „When <strong>The</strong> Music Is Over“ vom zweiten Album<br />

<strong>der</strong> Doors Strange Days (1967) wird Morrison deutlicher: „What have they done to the earth“, ruft er,<br />

während Schlagzeuger John Densmore konkrete Foltergeräusche simuliert: „ravaged and plun<strong>der</strong>ed<br />

and raped her and bit her and stuck her with knives in the side of the dawn and tied her with fences<br />

and dragged her down.“ Zivilisation o<strong>der</strong> Kapitalismus, Ackerbau und instrumentelle Vernunft, ja<br />

einfach schon die konkrete Anwesenheit des Menschen auf dem Planeten hat die Erde, unsere „fair<br />

sister“, wie sie Morrison als männlicher Beschützer nennt, gefoltert und vergewaltigt. Die Erde ist<br />

nicht unsere, sie ist wie wir, eine Verwandte, eine Freundin. Wenig später for<strong>der</strong>t Morrison aber mit<br />

seinem vielleicht bekanntesten Satz: „We want the world and we want it ……now!“<br />

Die Welt also soll uns gehören, man soll sie uns aushändigen wie den Kasseninhalt einer<br />

Supermarktkasse, die wir überfallen, mit vorgehaltener Waffe. Die Welt – abstrakt, unendlich – ist uns<br />

nahe und fast schon zu Händen, während die Erde – konkret, begrenzt – uns verloren geht, uns<br />

genommen wird. Die Welt ist dagegen wie die Diskurshoheit, die Hippies und Freaks um 1967 zu<br />

erobern scheinen, ein Werkzeug, das man sich nehmen kann. Der Schock o<strong>der</strong> das Versprechen, dass<br />

die Welt und die Erde identisch sein könnten, zeichnet sich in dem schamanistischen Prozess ab, im<br />

Zuge dessen Morrison die For<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Welt Eingang in seinen assoziativen poetischen Prozess<br />

finden lässt. Nachdem er nämlich um die Erde geklagt hat, durchaus absichtlich an die Gestalt ritueller<br />

Klagen <strong>der</strong> amerikanischen Ureinwohner über die Verbrechen <strong>der</strong> weißen Kolonisten erinnernd,<br />

vernimmt er einen „sanften Klang“, <strong>der</strong> zu ihm dringt, wenn er sein Ohr an den Boden hält, an den<br />

„ground“, <strong>der</strong> nun nicht nur Boden, son<strong>der</strong>n auch Grund ist, wie in „common ground“, wenn auch nicht<br />

„reason“. Dann erreicht ihn die For<strong>der</strong>ung: Welt erobern! Um Erde zu retten?<br />

Jim Morrison macht sich in diesen Tagen einige Gedanken über strategische Fragen, die naturgemäß<br />

das Ganze <strong>der</strong> Erde, <strong>der</strong> Welt in uns aufgreifen und sie spalten. „<strong>The</strong>y got the guns while we got the<br />

number“, singt er in „Five To One“. Eine an<strong>der</strong>e Zahl nennen die Seeds, auch eine Band, die sich um<br />

einen maskulinistischen Charismatiker, Sky Saxon, und eine Orgel geschart hat. Sie beziehen eine<br />

Hoffnung aus einer Summe, nicht aus einem Teilungsverhältnis: „900 Million People Daily, All Making<br />

Love.“<br />

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Feed your head: Inner space<br />

Timothy Leary ist nicht beson<strong>der</strong>s angesehen an <strong>der</strong> kalifornischen Westküste. Laut Owsley Stanley,<br />

dem großen LSD-Chemiker, Grateful-Dead-Roadie und Acid-Tester hat er mit egomanischer<br />

Propaganda dazu beigetragen, dass die ursprünglich legale Droge eine schlechte Presse bekam. 7 Dass<br />

die Reise nach innen genauso eine Überraschung bereithielt wie <strong>der</strong> Blick von außen, ja, dass durch<br />

den Blick auf den Planeten ein neuer unendlicher Innenraum entsteht, in dem äußerer und innerer<br />

Kosmos sich vermischen – all das hat vor allem ein Song weltberühmt gemacht, den Grace Slick,<br />

Sängerin <strong>der</strong> Great Society, immer noch 1967, ihrer zweiten Band Jefferson Airplane mitgebracht hat.<br />

„White Rabbit“ endet mit einer klaren Auffor<strong>der</strong>ung, die keine Ausflüchte zulässt: „Feed Your Head!“<br />

Füttere gefälligst Deinen Kopf mit allen Pilzen und Pillen, <strong>der</strong>er Du habhaft werden kannst! „White<br />

Rabbit“ war ein auf spanisch-nordafrikanischer Melodik basieren<strong>der</strong> Marsch, <strong>der</strong> die LSD-Erfahrung<br />

anhand ihrer Ähnlichkeiten mit den Pilzen und Puscheltieren aus Alice im Wun<strong>der</strong>land zu einem<br />

apodiktischen Appell zum Ausbau des eigenen Kopfes nutzte. Je<strong>der</strong> hat damals Songs über die<br />

psychedelische Erfahrung geschrieben („I Had Too Much To Dream Last Night“), aber noch hat keiner<br />

daran gedacht, sie normativ anzulegen. Kein Wun<strong>der</strong>, dass Grace Slick glaubte, sie könne Nixon dosen, 8<br />

weil sie einmal wegen ihrer gemeinsamen Schulzeit mit dessen Tochter eine Einladung ins Weiße<br />

<strong>Haus</strong> ergattern konnte. Als Tischherren nahm sie den psychedelischen Studentenführer und<br />

Revolutionär Abbie Hofmann mit und jede Menge LSD für die Getränke <strong>der</strong> Party. Doch die<br />

Sicherheitsleute hatten Hofmann erkannt.<br />

Jefferson Airplane: Die <strong>Haus</strong>band einer Generation<br />

„Ich vertrau Dir ein Geheimnis an. Nur zwischen uns beiden. Ich weiß nicht wohin ich gehe, ich weiß<br />

nicht, was aus mir wird. Das ist die an<strong>der</strong>e Seite des Lebens.“ 9 Oft eröffneten die Airplane in dieser Zeit<br />

mehrstimmig und for<strong>der</strong>nd ihre Konzerte mit diesem Manifest, das sie aus einer eher friedfertigen<br />

Coming-of-Age-Ballade des Folkie Fred Neill gewonnen hatten. So etwa hat sich auch Andre Breton<br />

gefühlt, als er 1919 bindungslos durch Paris trottete, zwischen Verlorenheit und Größenwahn. Doch so,<br />

wie Breton zwar fühlte wie je<strong>der</strong> verblühte Romantiker seit 100 Jahren, und zugleich wusste, dass es<br />

mit diesen alten Gefühlen nicht weiterging, so hatten Jefferson Airplane, indem sie die Bekenntnisse<br />

zum ganz an<strong>der</strong>en Leben, zum grundsätzlich an<strong>der</strong>en Leben von drei Sängern durcheinan<strong>der</strong> brüllen<br />

7 Vgl. http://forum.lowcarber.org/showpost.php?p=6064486&postcount=1637 [abgerufen 27.2.2013]<br />

sowie Robert Forte, Timothy Leary: Outside Looking In, Rochester: Park Street Press 1999.<br />

8 Gemeinsam mit Abbie Hofman plante Grace Slick, Richard Nixon zu „dosen“, d. h. ihn auf einen<br />

unerwünschten LSD-Trip zu schicken. Weil die junge Grace Slick auf dieselbe Schule gegangen war wie<br />

Nixons Tochter Patricia bekam sie eine Einladung zum Tee ins Weiße <strong>Haus</strong> und nannte einen „Leonard<br />

Haufmann“ als ihren Begleiter. In letzter Sekunde verhin<strong>der</strong>te das State Department die Aktion: „In our<br />

pockets was more than enough pow<strong>der</strong>ed acid to get a lot of people very high, but we weren’t interested<br />

in a lot of people. Richard Milhous Nixon was our mark […] <strong>The</strong> plan was for me to reach my overly long<br />

picky fingernail, grown especially for easy cocaine snorting, into my pocket, fill it with 600 mics of pure<br />

pow<strong>der</strong>ed LSD, and with a large entertainer’s gesture, drop the acid into Tricky Dick’s teacup […] Of<br />

course, from what we learned later about Nixon, he walked around the White House talking to pictures<br />

anyway, so nobody might have noticed much of a change.“, Vgl. Grace Slick with Andrea Cagan, Somebody<br />

To Love – A Rock-and-Roll-Memoir, New York: Warner Books 1999, S.192/193<br />

9 „Would you like to know a secret, just between you and me, I don’t know where I am going, I don’t know<br />

who I am gonna be – Yeah, that’s the other side of this life”, “<strong>The</strong> Other Side of This Life”, zu hören etwa auf<br />

Jefferson Airplane, Live – Bless Its Pointed Little Head, 1969, RCA Victor.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

ließen, auch begriffen, dass es eine ganz neue Situation gab, die man hier nur noch notdürftig mit den<br />

romantischen Worten dieses Beatniks artikulieren konnte. Es waren nämlich nicht nur ein paar<br />

Bohemiens auf dem Weg zu dieser legendären an<strong>der</strong>en Seite, es waren Millionen. Tatsächlich in etwa<br />

die Hälfte einer Generation. Das war nicht nur ein vor allem in den Straßen von San Francisco<br />

wahrnehmbares Phänomen des täglichen Lebens. Diese Millionen manifestierten sich immer häufiger<br />

in einer noch nie da gewesenen Weise in <strong>der</strong> städtischen Öffentlichkeit, bei freien Konzerten,<br />

Demonstrationen, beim Rumlungern in Parks, bei Be-Ins und Festivals.<br />

Die Airplane rangen in diesen Momenten hörbar überschwänglich kurzatmig nach Worten für diese<br />

Neuheit. Dafür dass hier etwas Unerhörtes passierte: jahrhun<strong>der</strong>tealte Entfremdungs-, Vereinzelungs-,<br />

Aufbruchs- und Abhauerfahrungen, die immer nur einzelne unter großen Opfern o<strong>der</strong> qua Privilegien<br />

gemacht und beschrieben hatten, elektrisierten plötzlich sichtbar viele. Niemand kann diese<br />

Beschreibung mehr dem Ausdrucksspektrum eines einzelnen, von einem Sänger aufgeführten<br />

lyrischen Ich überlassen, Chöre kommen wegen Unterworfenheit und Uniformität auch nicht infrage,<br />

vielstimmige und unfestgelegte Instrumentalmusik half, aber erst die durcheinan<strong>der</strong> singenden<br />

Stimmen von Polit-Folkie (Paul Kantner), aggressiver weiblicher Schönheit (Grace Slick) und White-<br />

Soul-Boy (Marty Balin) bildeten eine musikalisch-performativ angemessene Präsentation dieses neuen<br />

wie<strong>der</strong>um paradoxen Zustands: eines exaltierten Ichs auf <strong>der</strong> Suche nach einem Wir-Gefühl.<br />

Die Krone <strong>der</strong> Schöpfung: 1968<br />

Im nächsten Jahr, eben 1968, ist es soweit. Das Wir-Gefühl ist fertig und hat einen Namen: „Ihr seid<br />

die Krone <strong>der</strong> Schöpfung“, heißt es im Titel-Song <strong>der</strong> vierten LP, Crown Of Creation. „Ihr seid die Krone<br />

<strong>der</strong> Schöpfung, aber ihr wisst nicht, wohin ihr gehen sollt“. Die Ziellosigkeit ist plötzlich auch ein<br />

Problem, nicht mehr nur eine Chance. Die an<strong>der</strong>en, die Gegenseite wird auch immer bestimmbarer:<br />

„Ich habe ihresgleichen oft genug gesehen“ 10 und: „Solange sie ihresgleichen loyal sind, werden sie uns<br />

nicht aushalten können.“ Die Konfrontation nimmt Konturen an. Für die große Offenheit wurde ein<br />

großer Euphemismus gefunden. Wir (hier noch: ihr) sind diejenigen, denen die Erde gehört. Die<br />

an<strong>der</strong>en sind einstweilen noch die, <strong>der</strong>en Fressen man einfach zu oft gesehen hat. Wer wollte das<br />

bezweifeln? Doch <strong>der</strong> Endkampf um das neue Ganze wird möglicherweise härter. Sein Einsatz ist das<br />

Bild <strong>der</strong> letzten Auseinan<strong>der</strong>setzung ums Ganze: die nukleare Apokalypse. Die psychedelisch<br />

phasenverschobenen Porträts <strong>der</strong> Bandmitglie<strong>der</strong> sind auf dem Cover über einen Atompilz montiert.<br />

Zu dritt?<br />

Doch Grace Slick offeriert noch eine an<strong>der</strong>e konkrete Utopie und die ist deutlich brisanter. David<br />

Crosby hatte einen Song geschrieben, in dem er zwei junge Frauen zu einer Dreier-Beziehung<br />

auffor<strong>der</strong>te, etwas säuselig, aber auch ganz elegant indisch verzirpt, wie es <strong>der</strong> Crosby halt so konnte,<br />

als er noch die erste Nasenscheidewand hatte. Dennoch muss man bei diesem barockmännlichschnauzbärtigen<br />

Hauchen immer auch an den großgewachsenen Hippie-Zuhälter denken, den Harvey<br />

Keitel in Taxi Driver spielt. Dreier-Beziehung? Kulturrevolution? Von wegen! Ganz an<strong>der</strong>s aber, als die<br />

schneidende Slick-Stimme sich <strong>der</strong> Sache annimmt und eine Coverversion von „Triad“ für „Crown of<br />

Creation“ aufnimmt. Sie hält da eine kleine kulturrevolutionäre Rede gegen die Kleinfamilie an ihre<br />

beiden Lover, nimmt <strong>der</strong>en abwartend bis peinlich berührte Spießigkeit liebevoll, aber nicht gerade<br />

endlos geduldig auseinan<strong>der</strong> um dann zu schließen:“ I don’t really see – why can’t we go on as three?“<br />

10 „I’ve seen their ways too often for my liking“, dies und die an<strong>der</strong>en Zitate aus Crown of Creation, auf<br />

Jefferson Airplane, Crown Of Creation, 1968, RCA Victor.<br />

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Diesmal handelt es sich also nicht mehr um einen Namen, eine Fixierung für das Unbekannte, son<strong>der</strong>n<br />

um den konkreten Vorschlag für eine neue Sorte Vertrag. Nicht mehr nur um die vielen neuen Akte,<br />

son<strong>der</strong>n eine Regelung, nicht nur um ein Wir-Gefühl, son<strong>der</strong>n um eine neue organisierte Zelle<br />

möglicher Wir-Gefühle. Die Dreier-Beziehung ist wie die Bauteile <strong>der</strong> geodäsischen Dome eine neue<br />

Formel für die innere Architektur des Wir – nicht hoch genug einzuschätzen, wenn man sich klar<br />

macht, wie sehr es heute an alternativen Bil<strong>der</strong>n zu den traditionellen Familien mangelt.<br />

In <strong>der</strong> historischen Realität werden aus vielen Bands Kommunen, viele Kommunen wie<strong>der</strong>um<br />

orientieren sich an <strong>der</strong> Mischung aus Arbeitsteilung und Kollektivität, die das lockere Soziale <strong>der</strong> Band<br />

ausmacht, auch wenn ihre Sozialästhetik gar nicht von Musikern getragen wird. Zugleich wächst aber<br />

das Unbehagen am Sexismus <strong>der</strong> neuen Familien, 11 in denen entwe<strong>der</strong> die Mehrheit <strong>der</strong> Guys den Ton<br />

angibt, o<strong>der</strong> gleich einzelne wie <strong>der</strong> Banjo-Spieler Mel Lyman o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sänger und Songwriter Charles<br />

Manson zu patriarchalen Gurus werden. Es entstehen erste schwule und lesbische o<strong>der</strong> auch rein<br />

weibliche Kommunen. Zu den elaboriertesten und rätselhaftesten unter den neuen Patriarchen<br />

gehörten Musiker und Bandlea<strong>der</strong> wie Father Yod (1922–75), auch bekannt als YaHoWa13, und seine<br />

Source Family, Am einflussreichsten aber war Mel Lyman, den Brandon Joseph, einen Acid-Faschisten<br />

nennt: 12 erst ein Musiker in Jim Kweskins Jug Band, einer in <strong>der</strong> Hippie-Kultur beliebten Folkie-<br />

Truppe, <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> zum Teil in seiner Kommune endeten, dann <strong>der</strong> Herausgeber eines<br />

einflussreichen Journals <strong>der</strong> Ostküsten-Gegenkultur, Avatar, und schließlich <strong>der</strong> unumschränkte<br />

Herrscher einer devoten Truppe von Musikern, Künstlern und an<strong>der</strong>en spezialisierten<br />

Kulturarbeitern, die ihre Einkünfte bei ihm abgaben. Zu seinen Verehrern gehörte Robin Williamson<br />

von <strong>der</strong> Incredible String Band und auch die beiden Hauptdarsteller aus Zabriskie Point endeten in<br />

seinem Lager. Daria Halprin konnte entkommen und heiratete Dennis Hopper, Marc Frechette nahm<br />

an einem Bankraub mit Kommune-Mitglie<strong>der</strong>n teil und landete im Knast, wo er bald darauf (1975)<br />

unter dubiosen Umständen starb.<br />

Abschaffung des Privateigentums<br />

Für ihre nächste, 1969, zum Herbst, unmittelbar nach Woodstock erscheinende Platte Volunteers<br />

nehmen sich die Airplane als politischer Flügel <strong>der</strong> Hippie-Bewegung endlich vor, das ganze<br />

Unternehmen auf die Begriffe zu bringen; dabei werden sie genauer und auch radikaler vorgehen als<br />

irgendeiner ihrer (musikalischen) Zeitgenossen. „Wir sind Gesetzlose in den Augen Amerikas. Um zu<br />

überleben, stehlen, lügen und betrügen wir.“ In <strong>der</strong> ersten Zeile von „We Can Be Together“ wird die<br />

Gesetzlosigkeit nur von den an<strong>der</strong>en zugeschrieben, in <strong>der</strong> zweiten zugegeben und als edler Mundraub<br />

deklariert; ein Mundraub freilich, <strong>der</strong> nicht mit materieller Armut, son<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong> Unerträglichkeit <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en erklärt wird. Man kann mit ihnen nicht nur nicht mehr zusammenleben, sich nach ihren<br />

Regeln richten, man muss sie unmittelbar bekämpfen: „Euer Privateigentum ist das Angriffsziel eurer<br />

Feinde. Und eure Feinde – das sind wir.“ Trefflich deduziert. Es geht gegen das Privateigentum, weil ihr<br />

an <strong>der</strong>en Ablehnung eure Feinde erkennt. Da wir aber eure Feinde sein wollen, nehmen wir euch weg,<br />

was euch am liebsten ist. Nicht konkret am liebsten, son<strong>der</strong>n als Prinzip. Die Zeit des Ganzen ist<br />

vorbei, eine neue (und natürlich auch alte) Freund-Feind-Unterscheidung wird ausprobiert. Um<br />

1969/70 geschieht das auf <strong>der</strong> ganzen Welt und verschärft sich. Nicht nur die deutsche RAF schreibt:<br />

„zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich ziehen“ auf ihre strategische Broschüre,<br />

11 Vgl. Vivian Estellachild, „Two Hip Communes: A Personal Experience“, in: Richard Fairfield et al. (Hg.),<br />

<strong>The</strong> Mo<strong>der</strong>n Utopian, Port Townsend: Processmedia 2010, S. 158–162.<br />

12 Vgl. Brandon Joseph, „‚My Mind Split Open‘, Andy Warhol Exploding Plastic Inevitable“, in: Grey Room<br />

#8, Summer 2002 Cambridge, Ma.:MIT Press, S. 80–107<br />

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auch ernst zu nehmende Bewegungen wie die Black Panther sehen sich in einem globalen Konflikt mit<br />

nicht mehr nur lokalen Gegnern in Polizei und Staatsapparat, son<strong>der</strong>n mit den Besitzern <strong>der</strong><br />

Produktionsmittel.<br />

Zugleich bleibt es in <strong>der</strong> kalifornischen Gegenkultur ein relativ seltener Move, direkt das kapitalistische<br />

Privateigentum zum Feind zu erklären; die Freundschaft zu den Yippies und Abbie Hoffman mag hier<br />

eine Rolle gespielt haben, während die kalifornische Ideologie sich auf lange Sicht ja gerade dadurch<br />

auszeichnen wird, dass ihre Vertreter von Stewart Brand bis Perry Barlow anarchoide und libertäre<br />

Motive mit dem Kapitalismus nicht nur versöhnen wollen, son<strong>der</strong>n dazu nutzen, seine asozialen<br />

Komponenten noch zu verschärfen. Die Spaltung zwischen einem solchen immer noch <strong>der</strong> Kommune-<br />

Bewegung, freiheitlichen und nichttraditionellen Lebensformen verpflichteten, aber prokapitalistischen,<br />

anti-etatistischen Zweig einerseits und einem revolutionär antikapitalistischen Zweig<br />

<strong>der</strong> Gegenkultur an<strong>der</strong>erseits entscheidet sich 1970, auch wenn er im stilistischen Konsens <strong>der</strong> langen<br />

Haare und <strong>der</strong> Freiheits- und Unabhängigkeitsgesten noch nicht wahrgenommen wird. „Wir sind die<br />

Kräfte von Chaos und Anarchie. Alles, was ihr sagt, dass wir es wären, das sind wir auch. Und wir sind<br />

sehr stolz auf uns.“ Sagen Airplane. Ja, wir sind stolz, dass ihr uns als Feinde anerkennt, je mehr ihr uns<br />

das sagt, desto besser. Doch können sich mit diesem Satz womöglich auch diejenigen<br />

Gegenkulturalisten anfreunden, die das Chaos des Marktes und die Anarchie <strong>der</strong> Warengesellschaft<br />

meinen. 13<br />

„We Can Be Together“ hat als Hymne und Polit-Manifest noch ein Gegenstück auf <strong>der</strong> Platte, den<br />

Titelsong, “Volunteers”. Auch dies eine ziemlich einmalige Erkenntnis in <strong>der</strong> 68er-Populärkultur: dass<br />

wir nämlich alle Freiwillige sind – nicht im moralischen Sinne, son<strong>der</strong>n in dem Sinne, dass uns keine<br />

leicht erkennbare objektive Lage wie drastische Armut, Hunger, Verfolgung zu Revolutionären<br />

gemacht hat, son<strong>der</strong>n etwas, das zunächst nach so etwas wie einem plötzlichen Entschluss aussah.<br />

Sicher, die Eskalation rassistischer Abwehr <strong>der</strong> Bürgerrechtsbewegung, <strong>der</strong> alltägliche Rassismus in<br />

den US-Städten, die späten Schatten des McCarthyismus in Figuren wie Gouverneur Reagan und<br />

Präsident Nixon, vor allem natürlich die allgemeine Wehrpflicht und <strong>der</strong> mit ihr verbundene Zwang,<br />

sein Leben in einem Krieg zu riskieren, den man auch abgelehnt hätte, wenn es nicht um die eigenen<br />

Knochen gegangen wäre – all das hat dem Politischen an sich eine Dringlichkeit und auch eine<br />

deutliche Gestalt gegeben. Aber als Erklärung des energetischen Ausbruchs dieser Jahre reicht es nicht<br />

aus: Der blieb ja nicht politisch, son<strong>der</strong>n – das übersehen die meisten Deuter – ist zu allererst davon<br />

gekennzeichnet, dass Politik und Kultur, Position und Lebensform sich (außer vielleicht in zwei, drei<br />

deutschen Hörsälen) nie trennen ließen. Die Erklärung „Freiwilligkeit“ reicht natürlich nicht für diesen<br />

Zustand, auch nicht weit verbreitete Legenden, die vom unpolitischen Gegenpol <strong>der</strong> Bewegung<br />

kommen, dass es sich um spirituelle Nöte in einer materiell orientierten Welt gehandelt hätte, die sich<br />

Bahn gebrochen hätten. Nahe liegen<strong>der</strong> ist es, glaube ich, die historischen Gründe nicht im Horizont<br />

<strong>der</strong> Zeitgenossen suchen zu wollen.<br />

Der Umbau einer konformistischen Disziplinargesellschaft in eine, wie wir sie heute kennen, wo<br />

Kreativität und Eigensinn als Ressourcen genutzt werden und die kommunitären Modelle <strong>der</strong> Hippies<br />

von Werbeagenturen unter Zwang in <strong>der</strong> Mitarbeitermotivation eingesetzt werden, wo<br />

Konkurrenzkampf und Kumpelton zur Ununterscheidbarkeit konvergiert sind, war auf einer Ebene<br />

nichts an<strong>der</strong>es als ein ganz normaler – kapitalistischer – Zyklus: Hier wurden neue Märkte und neue<br />

Produktionsmodelle und Produkte erschlossen. Natürlich hat <strong>der</strong> Kapitalismus sich das nicht in dunkler<br />

Nacht zusammen konspiriert und die Kulturrevolution nur zu seinem Zweck eingesetzt: die<br />

13 „We are forces of chaos and anarchy, everything you say we are, we are. And we’re very proud of<br />

ourselves” und “Your private property is target for your enemy. And your enemy is we.” Diese und die<br />

an<strong>der</strong>en Zitate aus „We Can Be Together“, auf Jefferson Airplane, Volunteers, 1969, RCA Victor.<br />

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antidisziplinäre Dynamik, <strong>der</strong> man ihre berechtigten wie durchgeknallten Utopien und Ziele nicht<br />

abzusprechen braucht, konnte nur so stark und erfolgreich werden, weil sie weitgehend synchron mit<br />

dem politisch-wirtschaftlichen Umbruch von <strong>der</strong> materiellen zur immateriellen Arbeit ablief, zuweilen<br />

als <strong>der</strong>en Avantgarde. Dieser Umbruch ist nicht nur ein Ergebnis kapitalistischer Perfidie und ihrer<br />

systemischen Logik, son<strong>der</strong>n auch ein Erfolg <strong>der</strong> Lockerungsrevolten um 68. Unterm Strich gibt es<br />

heute eine Individualkonkurrenz in allen Berufen und Klassen, die nicht mehr die Ruhezonen <strong>der</strong><br />

Individualität in <strong>der</strong> so genannten Freizeit kennt, son<strong>der</strong>n nun, getreu den von sozialistischen wie<br />

esoterischen 68ern vorgebrachten For<strong>der</strong>ungen nach Ganzheitlichkeit, den kompletten, sich ständig<br />

selbstverwirklichenden Menschen zum auch seelisch durchökonomisierten Wirtschaftssubjekt und -<br />

objekt gemacht hat.<br />

Diese historische Dynamik aber konnte den damals Agierenden nicht verständlich sein; ihr Erfolg, ihr<br />

revolutionäres Voranschreiten und Erobern immer neuer Domänen des bis dahin Stabilen und<br />

Statischen konnten sie nur sich selbst zurechnen. Der Name für diese Zurechnung ist Volunteer. Der<br />

Song „Volunteers“ ruft also zum Durchbruch auf, das Wort Revolution ist hier Substantiv und wird<br />

auch zum Verb: „Gotta revolution, gotta revolution“, wie es die ganze Zeit heißt, bedeutet sowohl, dass<br />

wir die Revolution schon haben, wie auch, dass wir – sozusagen – „Revolution müssen“. Denn als<br />

Volunteers, als Freiwillige müssen wir sowieso nicht auf Gelegenheiten warten, brauchen keinen<br />

günstigen Kairos, wir können den Zeitpunkt bestimmen. Zum an<strong>der</strong>en ist aber die revolutionäre<br />

Situation längst da. Und zum dritten herrscht bei allem Pathos in dieser Revolution ja auch die ganze<br />

Zeit <strong>der</strong> gute LSD-Humor einer gesunden Distanz zum eigenen Bramabarsieren: Marty Balin hatten<br />

den Slogan „We are volunteers of America“ von einer – schon damals, versteht sich – privaten<br />

Müllfirma übernommen, die in Haight-Ashbury den Hippie-Dreck wegmachte.<br />

Apokalypse<br />

Doch wo Revolution, ist Apokalypse nicht weit. Schon 1968 auf dem Cover von Crown of Creation wird<br />

<strong>der</strong> ganze Hippie-Nietzscheanismus gebrochen (o<strong>der</strong> forciert), indem die Band vor einem<br />

formatfüllenden Atompilz steht. Für diese Platte entsteht denn auch die erste, enorm breitwandige<br />

Katastrophen-Oper <strong>der</strong> Gruppe. Ein Paar läuft durch die abstoßende Gegenwartsscheiße – „Wir beide<br />

und die Scheiße um uns herum“ 14 – und verlängert ihre gnadenlose Perspektive zu einer entvölkerten<br />

Erde: „Die Idioten sind endlich weg.“ Die Küsten krachen in die Ozeane, alles Menschenwerk wird<br />

zermatscht und man sieht das durchaus gerne. Endlich ist wie<strong>der</strong> Ruhe auf diesem Planeten, <strong>der</strong> Krieg<br />

ist vorbei, dann allerdings spürt man, wie man selber getötet wird. Von hier bis zum Himmel (Heaven)<br />

bleibt eine Narbe, letzte Erinnerung an die Menschen. „<strong>The</strong> House At Pooneil Corner“ ist noch weniger<br />

eindeutig als dieses Referat: Die expressionistische Heiterkeit des Von Hoddis’schen „Weltendes“<br />

mischt sich mit schwerem, grummelnden Kitsch über Tränen, die den Krieg nicht beenden können und<br />

ein weiteres lieb-weises LSD-Tier, Pooh, <strong>der</strong> Bär, meldet sich als Pooneil. Programmmusikartig zischen<br />

und fauchen die Stürme des jüngsten Tages durch die elektrisch hochgeladene Klanglandschaft. Jean-<br />

Luc Godard, <strong>der</strong> mit Jefferson Airplane eine „One Plus One“-Erweiterung, nun auf die USA bezogen,<br />

drehen wollte (One A.M. o<strong>der</strong> One American Movie), organisierte, dass sie diesen Song mitten im<br />

schärfsten New Yorker Winter auf dem Dach eines Wolkenkratzers spielen. Der Godard-Film wurde nie<br />

fertig, aber D.A. Pennebaker und Richard Leacock haben die Szene wie<strong>der</strong>um für ihre Version dieses<br />

14 „You and me we keep walking around and we see all the bullshit around us“, aus “<strong>The</strong> House At Poonelil<br />

Corner” auf Jefferson Airplane, Crown Of Creation, 1968.<br />

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Projekts (One P.M. o<strong>der</strong> One Parallel Movie, 1972 fertig gestellt) dokumentiert, wie Godard aus dem<br />

Fenster eines an<strong>der</strong>en Gebäudes die Airplane filmt und halbnackte Pärchen aus dem<br />

gegenüberliegenden Hotel ihre Lieblingsband erkennen. Am Schluss kommt die Polizei, Marty Balin<br />

wird abgeführt.<br />

Holzschiffe, Barbarei<br />

Das Weltende wird auf Crown of Creation eindeutig als atomares Ende inszeniert. Die Fortsetzung auf<br />

Volunteers entstand wie<strong>der</strong> gemeinsam mit dem alten Freund David Crosby. Zunächst säuselt ein<br />

Hippie den an<strong>der</strong>en an: „Wenn Du mich anlächelst, werde ich Dich verstehen, denn das tun die Leute<br />

überall in <strong>der</strong>selben Sprache“. Aber warum ist die Verständigung plötzlich ein Problem. „Ich kann,<br />

mein Freund, an Deinem Mantel erkennen, dass Du von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite stammst“, meldet sich eine<br />

weitere Stimme zu Wort und scheint die Aufsplitterung in antagonistische subkulturelle Stämme zu<br />

meinen, die man an <strong>der</strong> Kleidung erkennt, um jedoch hinzuzufügen: „Kannst Du mir bitte eines sagen:<br />

Wer hat den Krieg gewonnen?“ Es wird klar, dass auch in „Wooden Ships“ sich einzelne freundliche<br />

Typen, die das letzte Essbare – „Magst Du von meinen Beeren, ich esse sie seit sieben Wochen und war<br />

nicht einmal krank?“ 15 – teilen, durch eine postapokalyptische Welt bewegen und doch an<strong>der</strong>s als in<br />

„House At…“ nicht mit Genugtuung auf das Ende allen Lebens zufrieden schauen, son<strong>der</strong>n die<br />

Gelegenheit nutzen, eine neue Welt <strong>der</strong> Langhaarigen und Ursozialisten aufzubauen. Das Lied folgt<br />

schließlich auf die Revolutionsszenarien von „We Can Be Together“ und „Volunteers“.<br />

Schließlich gibt es, auch auf Volunteers, eine dritte untergegangene Welt, nunmehr eine ökologisch<br />

zerstörte. In „Eskimo Blue Day“ 16 , wird, wie<strong>der</strong> mit LSD-überlegener Genugtuung, auf<br />

Anthropozentriker herabgesehen, nur nicht von <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> wohlig genossenen Zerstörung,<br />

son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Perspektive des Natur: „Der menschliche Traum ist nur ein Scheiß für einen Baum.<br />

Mach Dir klar, wie klein Du bist!“ schleu<strong>der</strong>t Grace Slick wie<strong>der</strong> ziemlich wuchtig, unter an<strong>der</strong>em dem<br />

selbstverliebten Woodstock-Publikum entgegen. Dabei wird die Bewegung des Wassers, das Gleiten<br />

von Aalen und Schlangen als sexuell-utopisches Bild einer triumphierenden Natur gezeichnet, von <strong>der</strong><br />

wir vielleicht ein Teil werden können.<br />

Alle drei Songs schwelgen in Erhabenheitsszenarien, unendlichen Weiten, planetarischen<br />

Zuspitzungen, kosmischen Katastrophen, während auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite immer ein paar sehr coole<br />

Typen stehen, die wissen, wo es langgeht. Zum einen sind das schon Fluchtpläne für eine Zeit ohne<br />

o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Revolution – überlegenes Ausschreiten in überwältigenden Landschaften, das machten<br />

damals viele, denen es nicht schnell genug ging o<strong>der</strong> sie sahen es sich wenigstens im Italo-Western an –<br />

, zum an<strong>der</strong>en bildeten diese Szenarien aber auch die allgemeine Stimmung ab, dass die Alternative zur<br />

allfälligen Revolution <strong>der</strong> Untergang sein muss: Socialisme ou barbarie, wie sich in Frankreich die<br />

Gruppe nannte, <strong>der</strong> von Castoriadis über Lefebvre bis Lyotard so ziemlich je<strong>der</strong> satisfaktionsfähige<br />

unabhängige Linke angehörte. Das war nicht nur die Evidenz des Wir-Erlebnis, das auf ein ebenso<br />

eindeutiges „Die“ schließen ließ, son<strong>der</strong>n auch ein disziplinargesellschaftlicher Status Quo, <strong>der</strong> auch<br />

noch keinen Kompromiss erkennen ließ – außer in <strong>der</strong> Werbung, im Produktdesign.<br />

15 „When you smile at me then I will un<strong>der</strong>stand, ‘cause that is something everyone everywhere does in<br />

the same language – Well I can see by your coat, my friend, that you’re from the other side. Can you tell me<br />

please, who won the war? – Can I have some of your berries? – Yes, I’ve been eatin’ them for six or seven<br />

weeks, haven’t been sick once, probably keeps us both alive”, aus “Wooden Ships”, Jefferson Airplane,<br />

Volunteers, 1969.<br />

16 „Consi<strong>der</strong> how small you are, compared to your scream the human dream doesn’t mean shit to a tree“,<br />

aus: “Eskimo Blue Day”, Jefferson Airplane, Volunteers, 1969, aber auch Woodstock II, 1971.<br />

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Nostalgie und Esoterik<br />

Die Airplane blieben noch wenige Jahre zusammen, während ihre Mitglie<strong>der</strong> neue Bands gründeten<br />

und sich auseinan<strong>der</strong> lebten, wenn auch punktuell immer wie<strong>der</strong> zusammenfanden. Schon 1970 blies<br />

eine erste Splittergruppe unter <strong>der</strong> Führung von Paul Kantner gegen das damals schon so genannte<br />

„Empire“ 17 , eine LP, <strong>der</strong> Negri/Hardt kürzlich die <strong>The</strong>orie nachreichten. Er schrieb auch weiter<br />

Revolutionshymnen, die er nun ein bisschen weiter, aber nicht sehr viel weiter in die Zukunft verlegte.<br />

1975, so meinte er 1971, würden sich die Leute in den Landkommunen erheben und die Regierungen<br />

vertreiben 18 . Grace Slick verantwortete weiterhin die gewaltigsten Nummern, auch die aggressivsten 19<br />

und hin und wie<strong>der</strong> wurde sie weich. Einmal predigte sie den jungen Mädchen, sich nicht zu<br />

schminken, denn man wäre nur so schön, wie man sich fühle. 20 Die Verachtung <strong>der</strong> Maske, ein ähnlich<br />

gruslig erfolgreiche Fixierung von Hippie-Befreiungsideen zu einem Ideologem, erhob hier ihr<br />

hässliches Haupt. 1973 beschworen sie alle zusammen noch mal die große Linie <strong>der</strong> Revolutionäre,<br />

die amerikanischen <strong>der</strong> 1770er-Jahre, die mexikanischen <strong>der</strong> 1910er-Jahre, Lenin, aber auch Jesus<br />

und Eldridge Cleaver. 21 Zugleich handelten auch die gelungensten Songs nur noch von Esoterik,<br />

Nahto<strong>der</strong>fahrungen und China. 22 Im nächsten Jahr wurde gar <strong>der</strong> westlichen Zivilisation vorgeworfen,<br />

bei Tränen nur an Salz, Karbon und Wasser zu denken, während <strong>der</strong> Osten an die Liebe denken<br />

müsse. 23 Es wurde danach auch nicht mehr besser. Die meisten Mitglie<strong>der</strong> sind noch am Leben, Grace<br />

wird nächstes Jahr fünfundsiebzig und malt. Vor Kurzem hat sie erklärt, dass sie im Gegensatz zu den<br />

an<strong>der</strong>en Airplane-Mitglie<strong>der</strong>n keine Kompromisse machen muss, weil sie rechtzeitig, mitten in <strong>der</strong><br />

Drogenzeit, ihr Geld in Sicherheit gebracht hätte. Politisch stünde sie links von den Sandinisten.<br />

Neulich hat sie für Virgin Airlines ein Flugzeug auf den Namen „Jefferson Airplane“ getauft.<br />

Exorcising the evil spirits from the pentagon: <strong>The</strong> garden is open<br />

Nichtwestliches Denken und das, was später als Esoterik und Holismus helfen sollte, zeitgenössische<br />

Formen falschen Bewusstseins auszustatten, war keine Neuigkeit <strong>der</strong> späten 1960er; es gehörte zum<br />

intellektuellen Grundbestand schon <strong>der</strong> von den Hippies <strong>der</strong> Bay Area beerbten Beatnik-Generation<br />

und so unterschiedlicher Köpfe wie die minimalistischen Musikerneuerer La Monte Young und Terry<br />

Riley, <strong>der</strong> durchaus auch politisierten Dichter-Generation von Allen Ginsberg, dem gelegentlichen<br />

Stewart-Brand-Mitarbeiter Gary Sny<strong>der</strong> bis zu Tuli Kupferberg und Ed San<strong>der</strong>s, die um 1965 das<br />

anarchistische Lyriker-Rock-Trio <strong>The</strong> Fugs gründen sollten. Auch bei vielen gegenkulturellen Linken,<br />

sei es in <strong>der</strong> Fluxus-Bewegung, sei es unter den Anarcho-Hippies <strong>der</strong> kalifornischen Westküste<br />

mischte sich nichteuropäisch-religiöses mit linkem Gedankengut. In einer heiteren Wendung dieses<br />

Komplexes beschlossen die Fugs, allen voran Ed San<strong>der</strong>s und sein Freund Allen Ginsberg im Namen<br />

aller Gottheiten und einiger erfundener Religionen in einer rituellen Zeremonie das Pentagon zum<br />

17 Paul Kantner, Blows Against <strong>The</strong> Empire, 1970, RCA.<br />

18 „In 1975 all my people rose from the countryside, locked together hand in hand to move against you,<br />

Government man!“, aus „War Movie“ auf Jefferson Airplane, Bark, 1970, Grunt/RCA.<br />

19 „You know my old man’s gun has never been fired but there`s a first time, and this could be, this could<br />

be the first time”, aus “Law Man”, Jefferson Airplane, Bark, 1970.<br />

20 „You’re only pretty as you feel, just as pretty as you feel inside (…) don’t wear no plastic face“ aus<br />

„Pretty As You Feel“, Bark 1970.<br />

21 „Flowers Of <strong>The</strong> Night“, auf Kantner/Slick/Freiberg, Baron Von Tollbooth & the Chrome Nun, 1973,<br />

Grunt/RCA.<br />

22 „Your Mind Has Left Your Body“, “Sketches Of China”, auf Kantner/Slick/Freiberg, Baron Von Tollbooth<br />

& <strong>The</strong> Chrome Nun, 1973.<br />

23 „Ride <strong>The</strong> Tiger“, auf Jefferson Starship, Dragon Fly, 1974, Grunt/RCA.<br />

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Schweben zu bringen und meldeten diese Absicht sogar bei den Behörden an. Ed San<strong>der</strong>s hatte die<br />

Zeremonie in enger Konsultation mit dem Filmemacher und Folk-Musik-Archivisten Harry Smith, dem<br />

Obermagier <strong>der</strong> New Yorker Beatnik-Szene geplant. Die Behörden fanden die erstrebte Höhe von<br />

mehreren 100 Metern zu viel, ließen sich aber auf den Kompromiss ein, dass das Pentagon drei Meter<br />

hoch schweben dürfe. Die Zeremonie ist auf <strong>der</strong> <strong>The</strong>-Fugs-LP Ten<strong>der</strong>ness Junction akustisch<br />

dokumentiert, sowohl Chris Marker als auch Shirley Clarke hielten sie filmisch fest. 24 Auch Kenneth<br />

Anger wurde mit einer Kamera gesehen.<br />

Die Mischung aus einer heiter angeturnten Applikation angelesener Exotika mit ernst gemeinten<br />

politischen Positionen ist ein fixes Molekül <strong>der</strong> kleinen, städtischen und literarischen Beatnik-Kultur,<br />

das in die psychedelische, teilpolitisierte Massenkultur <strong>der</strong> 1960er-Jahre hinein bestehen bleibt. In dem<br />

Moment, wo es zur Massenkultur wird und sich auf verschiedenen, darunter eben auch ökonomischen<br />

und ökologischen Ebenen Gedanken um das Ganze statt nur um die Belange des Oppositionellen macht,<br />

kommt es zu Antworten des Systems, das nun nicht mehr nur ein Gegenüber ist, son<strong>der</strong>n entwe<strong>der</strong><br />

besiegt o<strong>der</strong> übernommen werden will – o<strong>der</strong> von einer stabilen Grenze zurückgehalten. Etwa, indem<br />

man sich aufs Land absetzt o<strong>der</strong> einen an<strong>der</strong>en Exodus plant.<br />

We are refugees/I Talk To <strong>The</strong> Wind<br />

Neben <strong>der</strong> Anpassung, dem Übernahmeversuch und <strong>der</strong> Kriegserklärung gibt es ab den frühen 1970er<br />

Jahren auch eine Re-Formulierung des alten Individualismus. Greg Lake singt bei King Crimson den<br />

Song „I Talk To <strong>The</strong> Wind“ und feiert den romantischen Einzelgänger, den an <strong>der</strong> kalifornischen<br />

Westküste Tim Buckley weiter entwickelt. Beide greifen auf musikalische und weltanschauliche<br />

Modelle zurück, mit <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> prä- und proto-politische Folk von <strong>der</strong> fordistischen Massenkultur<br />

abgesetzt hat (und damit erst für die Politisierung bereit gemacht hat) und nutzen sie nun zur<br />

Abwendung von <strong>der</strong> neuen Massenkultur <strong>der</strong> Hippies und lockeren Alternativ-Hedonisten. Der<br />

fragwürdig-verklärte Typus des „late man“ wird bei King Crimson dem „straight man“ entgegen<br />

gesetzt, <strong>der</strong> auffällig die Züge sowohl des Politisierten wie des üblichen Spießers trägt. Dialektischer<br />

wird dieses Verhältnis von Peter Hammill und seiner Band Van Der Graaf Generator gefasst. In dem<br />

Song „Refugees“ sind die neuen Menschen, die die Gegenkultur hervorgebracht hat, immer schon<br />

Flüchtlinge, die die Konditionen, die sie sich als lebenswerte geschaffen haben, wie<strong>der</strong> verlassen<br />

müssen, sobald sie sich nie<strong>der</strong>gelassen haben. Doch auch für Hammill ist am Ende klar, dass es keinen<br />

an<strong>der</strong>en Endpunkt dieser Flucht geben kann als Kalifornien – von da aus kommt man nicht weiter, ist<br />

die Frontier erreicht.<br />

You got to make way for the homo superior<br />

Und an dieser Stelle fällt <strong>der</strong> gegenkulturelle Komplex auseinan<strong>der</strong>. David Bowie hat den einen Komplex<br />

immer wie<strong>der</strong> benannte, wenn er in „All You Pretty Things“ beklagt o<strong>der</strong> begrüßt: „You gotta make way<br />

for the homo superior.“ Die Hippies haben sich schon immer auch als „Stardust“ und als „golden“<br />

bezeichnen, wie in Joni Mitchels „Woodstock“ o<strong>der</strong> als „Child(ren) of God“ (ebenda), als „new children“<br />

(Tim Buckley) und <strong>der</strong> Weg zu einer neuen Rasse war nie so ganz weit, so dass dann schließlich die<br />

australische Spätversion <strong>der</strong> Stooges auch einmal kurz so hieß (New Race). Dass daraus ein biologisch<br />

neuer Homo Superior hervorgehen würde, war durchaus kongruent mit einer (Selbst-)Bil<strong>der</strong>welt in<br />

<strong>der</strong> Aliens, Astronauten und an<strong>der</strong>e überirdische Kunstfiguren beherrschend wurden: Die Bandbreite<br />

24 Vgl. Ed San<strong>der</strong>s, Fug You, New York: DaCapo 2011, S. 266, 277–82, sowie <strong>The</strong> Fugs, Ten<strong>der</strong>ness Junction,<br />

1968 (verschiedene Label).<br />

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reicht dabei immer noch von queeren, fliehenden zu rassistischen Aliens – gemein ist ihnen nur, dass<br />

sie den Universalismus <strong>der</strong> Gegenkultur im Angesicht des Blauen Planeten per einseitiger<br />

Aufkündigung verlassen haben. Die an<strong>der</strong>en verfügten sich zurück in die durch Klasse und Ethnie<br />

bestimmten traditionellen kulturellen Einzugsräume, <strong>der</strong>en selbstverständliche Grenzen zwar<br />

erschüttert blieben – aber ohne irgendein Gegenversprechen. Es blieb allenfalls die Karriere – homo<br />

superior – o<strong>der</strong> die Esoterik.<br />

We are only in it for the money<br />

Frank Zappa hat die Gegenkultur, obwohl augenscheinlich eines ihrer Bestandteile, von Anfang an<br />

ridikülisiert. Der sprichwörtliche gewordene Titel seiner dritten LP mit den Mothers Of Invention,<br />

auch wie<strong>der</strong> aus dem entscheidenden Jahre 1967, We Are Only In It For <strong>The</strong> Money bedient sicher einen<br />

populistischen Reduktionismus, aber auf <strong>der</strong> Platte selbst wird den planetarischen Bil<strong>der</strong>n ein<br />

sarkastisch realistisches Pandämonium nachgeliefert: Die Liebesbedürftigkeit <strong>der</strong> nach „Frisco“<br />

flüchtenden Kids ist <strong>der</strong> toten körperlosen Lieblosigkeit ihrer Eltern geschuldet, über <strong>der</strong>en Niveau sie<br />

sich kaum erheben können. Ideologiekritik auf <strong>der</strong> Suche nach dem „ugliest part of your body“ –<br />

gemeint ist „your mind“ – bestimmt hier schon die Agenda, bevor die großen Enttäuschungen <strong>der</strong><br />

Gegenkultur absehbar waren. Zugleich stiftet Zappa eine an<strong>der</strong>e Mythologie, eine an<strong>der</strong>e Gegenkultur –<br />

und Mitstreiter wie Captain Beefheart, die Tänzer Vito und Carlo Franzoni, Kim Fowley und an<strong>der</strong>e<br />

sarkastische Geister von Los Angeles tragen zu diesem Anti-San-Francisco-Programm bei – die Kultur<br />

des Freak Out und <strong>der</strong> daraus hervorgehenden hässlichen Blumenkin<strong>der</strong>, jener Freaks, die nicht<br />

werbefähig werden und freiwillig wie Ausgeburten kulturpessimistischer Szenarien agieren.<br />

California über alles<br />

Dennoch kommt die Abrechnung mit Kalifornien erst an ein Ende, als eine komplett neue Gegenkultur,<br />

die sich dann später ebenfalls als zum Teil aus ehemaligen Hippies bestehend erwies, in Erscheinung<br />

trat. Die amerikanische Version von Punk, genannt Hardcore, und an verschiedenen Orten beheimatet,<br />

am nachdrücklichsten aber schon in den späten 70ern in Kalifornien, in Los Angeles und San<br />

Francisco. Natürlich hatte Hardcore viele Elemente <strong>der</strong> Gegenkultur übernommen: Selbst-Organisation<br />

von Musikproduktion, Kommunen, Anarchismen – aber Hardcore war ohne Universalismus. Man<br />

operierte in lokalen Zellen, entwickelte teilweise bizarre, teilweise vernünftige strategische Szenarien<br />

und fügte sich zu keinem politischen Zusammenhang, man hasste Hippies und konnte sich in diesem<br />

Ressentiment einigen, auch wenn man damit zuweilen <strong>der</strong>en Politik, zuweilen <strong>der</strong>en apolitischen<br />

Rückzug meinte. Hardcore gab es vorwiegend in nihilistischen und linksradikalen Ausführungen, aber<br />

auch als rechte Männlichkeitskulte o<strong>der</strong> sogar als Buddhisten, Krishna-Anhänger und Rastafaris. Eine<br />

<strong>der</strong> hellsichtigsten und vollständigsten Abrechnungen mit <strong>der</strong> Counterculture als Vorläuferin <strong>der</strong><br />

kalifornischen Ideologie, also <strong>der</strong> Transformation von Befreiungsideen in eine Befreiung von Märkten<br />

und Liberalisierung von kapitalistischer Ökonomie sowie als Stifterin einer eskapistischen und<br />

unterwürfigen Ideologie von Wellness, Fitness und New Age verdanken wir den Dead Kennedys aus<br />

San Francisco und ihrem Sänger Jello Biafra, als er 1978 die Single „California Über Alles“<br />

veröffentlichte, die sich vor allem gegen den Hippie-Governeur und Grünen Jerry Brown richtete.<br />

Biafra entwirft einen totalitären Staat von „Zen-Faschisten“, die ihre Untertanen kontrollieren, ob sie<br />

das vorgeschriebene Lächel-Gesicht zeigen, erzwungene gute Laune ausstrahlen und wo die<br />

„uncoolen“ ins Lager gebracht werden. Als kurze Zeit später Ronald Reagan, ein an<strong>der</strong>er ehemaliger<br />

kalifornischer Gouverneur die Macht in den USA übernimmt, singt Biafra zur Melodie seiner Jerry-<br />

Brown-Schmähung den Text: „We’ve Got A Bigger Problem Now.“<br />

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Earthrise und das Verschwinden des Außen<br />

Anselm Franke<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth: Hier geht es um das „planetarische Paradigma“ <strong>der</strong> Gegenwart. <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth ist<br />

als kulturhistorische Ausstellung gedacht, <strong>der</strong> es um die implizit gewordenen<br />

Hintergrundbedingungen und die Geschichte dieses Paradigmas geht. Das Projekt behandelt die<br />

Ausstellung als eine Erzählform, die Bil<strong>der</strong>, Texte, Musik und an<strong>der</strong>e Materialien integriert. Die Kunst<br />

hat darin einen speziellen Platz, nicht zuletzt weil sie diese Erzählform immer wie<strong>der</strong> durchkreuzt,<br />

aufsprengt und verschiebt. Aber im Vor<strong>der</strong>grund stehen Ideengeschichte und das Imaginäre <strong>der</strong><br />

Epoche. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis <strong>der</strong> Gegenwart zum Vorstellungs- und Erwartungshorizont<br />

<strong>der</strong> unmittelbaren Vergangenheit. Das Medium Ausstellung, ebenso wie dieses Buch, benutzen wir als<br />

einen Archiv-Raum, <strong>der</strong> es erlaubt, in die Bildwelt einer Zeit einzutreten. Durch die Geste <strong>der</strong><br />

Historisierung wollen wir einen kritischen Abstand zu kulturhistorischen Tendenzen herstellen, zu<br />

denen wir eigentlich kaum Distanz haben, weil sie – zumindest in ihren Konsequenzen – fester<br />

Bestandteil unserer Lebenswelten geworden und in den neuen Designs <strong>der</strong> „Umwelten“ und den nun<br />

systemisch gesetzten Rahmenbedingungen aufgegangen sind.<br />

Mit diesem Abstand soll die Differenz zwischen <strong>der</strong> Gegenwärtigkeit und <strong>der</strong> Vergangenheit von<br />

wirkmächtigen Epochenträumen aufleuchten. Wir haben versucht, die Erzählung selbst nicht nur<br />

durch, son<strong>der</strong>n in den Bil<strong>der</strong>n virulent werden zu lassen, wobei die Bil<strong>der</strong> dabei idealerweise zu<br />

Kippbil<strong>der</strong>n werden, die wie<strong>der</strong>um historische Umschlagpunkte identifizierbar machen. Das Kippbild<br />

ist in <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth ein mehrfach angewandtes und unterschiedlich gewendetes Mittel.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth geht es zum einen um die Transformation <strong>der</strong> universalistischen Wert- und globalen<br />

Ordnungsvorstellungen <strong>der</strong> unmittelbaren Vergangenheit. Zum an<strong>der</strong>en steht die letzte<br />

universalistische Ikone im Mittelpunkt, das Bild des Blauen Planeten, und dessen Wirkungsgeschichte<br />

im Zusammenhang mit <strong>der</strong> „großen Transformation“ <strong>der</strong> westlichen Wissens- und Ordnungssysteme<br />

nach 1945, <strong>der</strong> Kybernetisierung und dem Aufstieg <strong>der</strong> Computertechnologie, sowie <strong>der</strong>en<br />

Auswirkungen in Bezug auf das anti-cartesianische Entgrenzungs-, Kommunikations-, und<br />

Immanenzparadigma, das weiterhin spürbar ist. Zum dritten geht es uns um die konkrete Verortung<br />

dieser Geschichte im Kalifornien <strong>der</strong> 1960er- und 1970er-Jahre. Hier ist <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog, 1968<br />

erstmals herausgegeben von Stewart Brand, die zentrale Referenz, <strong>der</strong> eine wesentliche Vermittlerrolle<br />

zwischen Technik-Determinismus einerseits und Hippie-Revolte beziehungsweise Natur-Romantik<br />

an<strong>der</strong>erseits innehatte. Darüber hinaus stellt er durch seine spezielle Struktur als „Katalog“ ein Archiv<br />

<strong>der</strong> Gegenkultur, wesentlicher Teile <strong>der</strong> amerikanischen Umweltbewegung und <strong>der</strong> aufsteigenden<br />

Computerkultur <strong>der</strong> Bay Area in Kalifornien dar, jener Mischung, aus <strong>der</strong> später die sogenannte<br />

Kalifornische Ideologie und <strong>der</strong> digitale Netzwerkkapitalismus hervorgehen sollten – wobei letzterer<br />

wie<strong>der</strong>um die postmo<strong>der</strong>ne Globalisierungseuphorie <strong>der</strong> New Economy maßgeblich prägen sollte.<br />

Viertens geht es uns darum, aufzuzeigen, wie die gegenwärtige Welle von Rufen nach „planetarischen“<br />

Lösungen insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> ökologischen Krise im Zeichen des Klimawandels identisch ist mit <strong>der</strong><br />

planetarischen Krisen-Rhetorik, die in den frühen 1970er-Jahren unter an<strong>der</strong>em von Seiten des <strong>Whole</strong><br />

Earth Catalog ihren Weg in den Mainstream-Diskurs gefunden hat.<br />

Rund um das Jahr 1968 wird dabei ein umfassen<strong>der</strong> Bruch identifiziert, <strong>der</strong> aber in zentralen Punkten<br />

gerade nicht das oft beschworene Ende <strong>der</strong> kolonialen kapitalistischen Mo<strong>der</strong>ne zur Folge hatte,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>en Kontinuität erst ermöglichte. Das Schema dieses Umbruchs wurde in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

ungenügend allein durch die Kooptierung o<strong>der</strong> Assimilierung <strong>der</strong> Dissidenz <strong>der</strong> Gegenkultur<br />

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beschrieben. Unser Anliegen ist zu zeigen, dass das nur ein Teil <strong>der</strong> Geschichte ist. Denn diese<br />

Beschreibung muss erweitert und integriert werden in die Kritik dieser Mo<strong>der</strong>ne, die vielleicht etwas<br />

voreilig längst als eine <strong>der</strong> großen Erzählungen verabschiedet worden war. Die hier vorgeschlagene<br />

neue Adressierung eines Aspekts dieser großen Erzählung definiert die expansive Phase <strong>der</strong> kolonialen<br />

Mo<strong>der</strong>ne als Konstruktion eines mehrfachen Außen, das durch eine Reihe von Exporten, das heißt<br />

effektiven Auslagerungen, Zuschreibungen und gleichzeitigen Aneignungen von Exterritorialien<br />

charakterisiert wird. Das Jahr 1968 würde in diesem Kontext nicht durch den Mai, son<strong>der</strong>n durch die<br />

von <strong>der</strong> Apollo 8-Mission übermittelten spektakulären Bil<strong>der</strong> des Planeten Erde und die gleichzeitig am<br />

Scheidepunkt stehende kalifornische Gegenkultur definiert. An dieser Stelle kippt eine Entwicklung, die<br />

schon seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs vom zunehmenden Re-Import dessen bestimmt ist, was<br />

im Zuge <strong>der</strong> Expansion <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne zunächst ausgeschlossen und alterisiert worden war: das Fremde,<br />

Affektive, Spielerische, Irrationale, Exotisierte. Ein solches Ausschließen war die – immer schon<br />

paradoxe – Bedingung <strong>der</strong> Expansion, <strong>der</strong> Verwertung des Kolonisierten. Im Bild <strong>der</strong> Erde aus dem<br />

Weltraum schlägt diese Entwicklung um: Die Expansion in das Außen des Weltraums produziert<br />

nunmehr den ultimativen, immanenten planetarischen Innenraum. Die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />

Gegenkultur artikulierten Kritik müssen im Rahmen dieser größeren Erzählung vielleicht neu<br />

interpretiert werden.<br />

Heute scheint es, um nur ein Beispiel zu nennen, vielleicht schon wesentlich naheliegen<strong>der</strong>, dass etwa<br />

die For<strong>der</strong>ung, die Imagination gehöre an die Macht, nicht etwa den tatsächlichen Beginn eines solchen<br />

Regimes hervorrufen konnte, son<strong>der</strong>n genau im Gegenteil das Ende einer bestimmten kolonialen Phase<br />

markierte. Nie war die Imagination mehr an <strong>der</strong> Macht gewesen als im Zeitalter <strong>der</strong> Repräsentation<br />

und <strong>der</strong>en multidimensionalem „großen Außen“ – das in unterschiedlicher Form den Namen des<br />

Primitiven, Archaischen, Irrationalen, Animalischen und Unentdeckten trug. Im Zeichen <strong>der</strong><br />

Diskussionen um das „Anthropozän“ als Begriff für ein vom menschlichen Einfluss geprägtes<br />

Erdzeitalter, in dem die Menschheit zu einem geologischen Faktor wird und die Grenzen von „Natur“<br />

und „Mensch“ im Zeichen eines ökologischen Paradigmas neu zu denken sind, geht es <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

darum, die Anrufungen des „großen Ganzen“ in einem spezifischen historischen Rahmen zu situieren,<br />

ohne den es zunehmend schwierig wird, die neuen Formen <strong>der</strong> Macht- und Ausbeutungsverhältnisse<br />

überhaupt als solche zu adressieren.<br />

Das Bild des Blauen Planeten steckte den größtmöglichen Rahmen ab und beansprucht eine<br />

übergreifende Geltung. Auf einer abstrakten, formalistischen Ebene ist es <strong>der</strong> Kreis des Erdganzen, <strong>der</strong><br />

die Linie des Horizonts ablöst; <strong>der</strong> Kreis, <strong>der</strong> wie die Null in <strong>der</strong> Mathematik eine reine Funktion ist,<br />

und dem damit die kleinste Einheit <strong>der</strong> Relation entspricht: als Ort, <strong>der</strong> seit den 1970er-Jahren das<br />

„Selbst“ als relationale Funktion mit dem planetarischen Verhältnis gleichsetzt. Dieser Übergang und<br />

die Anwendungen dieser Funktion sind das stetig wie<strong>der</strong>kehrende, dieses Projekt rhythmisierende<br />

Motiv, und die Ausstellung befasst sich mit eben jener historischen Periode, in <strong>der</strong> diese Gleichung<br />

gleichzeitig „universell“ operativ und erkennbar wird. Das Bild des Blauen Planeten muss kontemplativ<br />

verortet werden, von <strong>der</strong> scheinbar evidenten und auf ästhetischen Affekten aufbauenden<br />

Zustandsbeschreibung (die planetarische Einheit, <strong>der</strong> zufolge wir alle im gleichen Boot sitzen, und die<br />

Fragilität und Einmaligkeit <strong>der</strong> Erde als Ökosystem, als Grundbedingung allen Lebens) zu den feineren<br />

Nuancen <strong>der</strong> „Aussage“ o<strong>der</strong> „Message“ des Bildes vorzudringen, nicht zuletzt um dieser den „Text“<br />

ihrer ideologischen Anrufung zu entreißen. Je<strong>der</strong> universalistische Diskurs hat den Anspruch, das<br />

Partikulare, also spezifische lokale Bedingungen zu transzendieren. Und doch ist je<strong>der</strong> universalistische<br />

Diskurs lokalisierbar. Und er ist partikular, weil ihm die spezifische Fähigkeit einer Ermächtigung,<br />

einer situierten Sprechposition zugrunde liegt. Das Bild des Blauen Planeten ist hier ein beson<strong>der</strong>er<br />

Fall, dessen spezifische Situiertheit und Geschichtlichkeit schnell vergessen und negiert wird. „Die<br />

ganze Erde“: das ist ein Rahmen, <strong>der</strong> kein Außen zulässt und dabei in Anspruch nimmt, außerhalb <strong>der</strong><br />

Geschichte zu stehen. Sie beför<strong>der</strong>t eine bestimmte anti-historische Position und unterscheidet sich<br />

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darin von ihrem Vorgänger, dem Atompilz mit seinem Verweis auf den historischen Umbruch, <strong>der</strong> mit<br />

<strong>der</strong> nuklearen Explosion von Hiroshima verbunden ist und als Zeichen für den Kollaps <strong>der</strong> westlichen<br />

Zivilisation auch mit Auschwitz in Verbindung steht. Die Ikone des Atompilzes stellte den<br />

Universalismus <strong>der</strong> westlichen Mo<strong>der</strong>ne radikal in Frage, und mit ihm ihren mit dem Begriff des<br />

Fortschritts verbundenen Legitimationsdiskurs.<br />

Das Bild des Blauen Planeten hat eine ganz an<strong>der</strong>s gelagerte Tendenz zur Beendigung <strong>der</strong> Geschichte.<br />

Es scheint alle Rahmungen, Grenzen und präkonfigurierten Ordnungsvorstellungen in einem<br />

ozeanischen Vertigo zu transzendieren: mit „No Frames, No Boundaries“ überschreibt <strong>der</strong> Astronaut<br />

Russell Schweickart seine Erinnerungen an den Anblick <strong>der</strong> Erde aus dem All. 1 Alle Antagonismen,<br />

Grenzen und Konflikte „da unten“ treten hier in den Hintergrund, und mit ihnen auch die Geschichte<br />

mit ihren Wi<strong>der</strong>sprüchen und Kämpfen. Und das ist nicht zuletzt das Versprechen einer Erlösung, weil<br />

die konkrete Geschichte in einer universalen aufzugehen verspricht. Aber die Negation jeglichen<br />

Rahmens ist gleichzeitig <strong>der</strong> größtmögliche Rahmen. Die „Blue Marble“ wird so das ultimative Kippbild.<br />

Die Universalisierung <strong>der</strong> Rahmenbedingung in einem Rahmen, <strong>der</strong> keine Rahmen mehr kennt. Das<br />

Resultat: eine grenzenlose Einschließung.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth ist <strong>der</strong> Versuch, dem alles Partikulare und Geschichtliche transzendierenden Bild seine<br />

lokale, situierte Geschichte wie<strong>der</strong>zugeben. Den universalistischen Anspruch <strong>der</strong> Ikone des Blauen<br />

Planeten abzuschwächen, indem dieser wie<strong>der</strong> an die partikularen ideologischen Umstände seiner<br />

Produktion rückgebunden wird, bedeutet für uns auch, darauf zu bestehen, dass es ein Außen zum<br />

Geltungsanspruch <strong>der</strong> mit dem Bild verbundenen Anrufung gibt. Und darum eben geht es: nicht das<br />

Verschwinden des Außen in ökologischer Hinsicht in Frage zu stellen, wohl aber gegenüber <strong>der</strong> je<br />

damit verbundenen ideologischen Einschließung, also <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Ikone des Blauen Planeten<br />

als einer alle Differenz und Ideologie scheinbar transzendierenden und grenzenlosen Konsens<br />

produzierenden Vereinheitlichungsmaschine skeptisch zu bleiben. In dem Maße, wie die historischen<br />

und strukturellen Bedingungen dieser Einschließung explizit werden, entsteht zumindest auch wie<strong>der</strong><br />

die Option eines ideologischen Außen.<br />

Die grenzenlose Einschließung, die in Form <strong>der</strong> systemischen Universalisierung des digitalen<br />

Netzwerkkapitalismus <strong>der</strong> Geschichte eine Ende hat bereiten wollen, hat selbst eine Geschichte, sie hat<br />

Hauptfiguren, sie hat sich durch Ausschlüsse konstituiert und produziert diese weiterhin, und zwar<br />

nicht weniger als je<strong>der</strong> vorgängige imperiale Universalismus, aber unter einem neuen Paradigma von<br />

nunmehr überwiegend systemisch-indirekt und medial-modulierend agierenden Kultur- und<br />

Machttechnologien. Und diese Geschichte vermittelt sich geografisch und kulturell wesentlich über<br />

Kalifornien, den Ort, an dem die westlich-koloniale Expansion an ihre natürliche terrestrische Grenze<br />

stieß, und sich damit die Richtung dieser Expansion verän<strong>der</strong>te, von <strong>der</strong> Expansion hin zu einer<br />

Intensivierung im Innenraum.<br />

Daher <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e wesentliche Bezugsrahmen <strong>der</strong> Ausstellung: <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog,<br />

herausgegeben von dem Biologen, Unternehmer, Künstler und Publizisten Stewart Brand. Seit seinem<br />

erstmaligen Erscheinen im Jahr 1968 wurde <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog schnell eine populäre<br />

publizistische Plattform <strong>der</strong> kalifornischen Gegenkultur. Die kalifornische Gegenkultur in den Blick zu<br />

nehmen ist unerlässlich für jedes Unterfangen, das sich mit <strong>der</strong> kulturellen und technologischen<br />

Entwicklung <strong>der</strong> kapitalistischen Mo<strong>der</strong>ne am Übergang zur Informationsgesellschaft befasst. Und<br />

innerhalb <strong>der</strong> Parameter <strong>der</strong> europäisch geprägten, westlichen Kultur <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, die lange für sich<br />

die Identität mit <strong>der</strong> Geschichte in Anspruch nahm, ist die radikale Kritik <strong>der</strong> Gegenkultur am<br />

herrschenden System so etwas wie eine letzte große Anrufung des Außen gewesen, wobei, wie zu<br />

1 Russell Schweickart, „No Frames, No Boundaries“, in: In Context. A Quarterly of Humane Sustainable<br />

Culture 3, Bainbridge Island 1983, S. 16–18.<br />

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AUSZUG AUS DEM KATALOG<br />

sehen sein wird, alle vorgängigen Spielarten dieses Außen noch einmal an- und aufgerufen werden,<br />

mit dem paradoxen Effekt, dass eben dieses Außen verschwinden sollte, womit sich nicht zuletzt die<br />

Bedingungen von Negation und Kritik nachhaltig än<strong>der</strong>n sollten, weil sich das gesamte Gefüge <strong>der</strong><br />

Machttechnologien verschob.<br />

Was aber hat das Bild des Blauen Planeten mit Kalifornien und <strong>der</strong> Gegenkultur zu tun? Es ist zu diesem<br />

Zeitpunkt nicht nur <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog und die überwiegend in Kalifornien angesiedelte<br />

Raumfahrtindustrie, son<strong>der</strong>n vor allen Dingen die affektive, unbeirrbare Hinwendung zu<br />

Grenzüberschreitungen, die Negation aller autoritären Ordnungsvorstellungen und<br />

Rahmenbedingungen bei gleichzeitiger Suche nach „spontaner Harmonie“ <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Organisation und Beziehung zum „Heimatplaneten“, die das Bild auf dem Cover des <strong>Whole</strong> Earth<br />

Catalog zur Ikone <strong>der</strong> weißen Gegenkultur werden lassen.<br />

Im Umfeld des <strong>Whole</strong> Earth Catalog kam es Ende <strong>der</strong> 1960er- und in den 1970er-Jahren zu einer<br />

einzigartigen Allianz zwischen Hippies und Kybernetikern, Natur-Romantikern und<br />

Technologieverehrern, zwischen Psychedelia und Computerkultur, die ihre Gemeinsamkeit in <strong>der</strong><br />

Ablehnung hierarchischer Machtstrukturen und autoritärer Institutionen und in <strong>der</strong> Suche nach<br />

utopischen outlaw areas fanden. Aber schon in diesem Narrativ manifestiert sich nicht nur <strong>der</strong> Wille<br />

zu einem radikalen Bruch, son<strong>der</strong>n auch die Kontinuität einer in Kalifornien an die physischterritoriale<br />

Grenze gelangten frontier, die sich neue Territorien sucht: etwa in <strong>der</strong> Technologie, dem<br />

Virtuellen und Immateriellen und in <strong>der</strong> Psychologie. Die eben genannten Allianzen waren maßgeblich<br />

beteiligt an <strong>der</strong> konkreten Form, die die Umweltbewegung einerseits und die digitale Netzwerkkultur<br />

an<strong>der</strong>erseits annahm. In vielerlei Hinsicht war Kalifornien im Allgemeinen und das rasant wachsende<br />

Einzugsgebiet des <strong>Whole</strong> Earth Catalog im Speziellen die Avantgarde weltweiter Entwicklungen an dem<br />

entscheidenden Umschlagpunkt, an dem sich das oben so bezeichnete Paradigma des Re-Imports<br />

formiert o<strong>der</strong>, in an<strong>der</strong>en Worten, eine scheinbar unwi<strong>der</strong>stehliche Epoche <strong>der</strong> Immanentisierung und<br />

Intensivierung beginnt, <strong>der</strong>en Zeugen wir noch sind. Die Gründe dafür gilt es über das Potenzial <strong>der</strong> auf<br />

allen Ebenen zum Paradigma gewordenen „Transformation“ zu befragen, entlang des Nexus von<br />

Negation und Affirmation und dessen Ökonomie. Die kalifornische Antwort, nach <strong>der</strong> großen<br />

Romantisierung des „Außen“ als Raum unbegrenzter Freiheit und spontaner Harmonien durch die<br />

Gegenkultur folgend, vertraute auf die selbsterfüllende Kraft des Positiven im Zeichen scheinbar<br />

unbegrenzter Pluralität. Sie verlangt letztendlich nicht nach politischer Transformation, son<strong>der</strong>n<br />

errichtet eine Ökonomie <strong>der</strong> Selbsttransformation, in <strong>der</strong> die Re-Importe entwe<strong>der</strong> zur Ressource o<strong>der</strong><br />

als eingeschlossener Ausschluss in den Bereich des Negativen abgeschoben werden, die aber kaum<br />

mehr ein romantisches Freiheitsversprechen bereithält. Das Negative wird statt dessen unter soziale<br />

Quarantäne gestellt.<br />

Es gilt auch zu hinterfragen, welche Parallelen es außerhalb dieser Bewegungen, speziell in nichtwestlichen<br />

Län<strong>der</strong>n, ehemaligen Kolonien und „an<strong>der</strong>en Mo<strong>der</strong>nen“ gab, die auf entscheidende weitere<br />

Dimensionen <strong>der</strong> epochalen Transformation in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts verweisen,<br />

wobei hier nicht wie im Falle <strong>der</strong> Gegenkultur die vormals unter dem „objektiven Bewusstsein“<br />

verdinglicht-erstarrte Welt durch kybernetische Informationskreisläufe und Drogenerfahrung wie<strong>der</strong><br />

zu „sprechen“ anhebt, son<strong>der</strong>n die für die kolonialen Regimes zu Objekten gewordenen Subjekte die<br />

unbeschränkten, mit dem Subjektstatus verbundenen Rechte einzuklagen begannen. Was aus dieser<br />

den Universalismus einklagenden und sich gegen die imperialen Zentren wendenden Historie<br />

geworden ist, wird aber überschattet von den neuen „universellen“ Standards, die über Kalifornien die<br />

Epoche <strong>der</strong> kapitalistischen Globalisierung bestimmen sollten, ökonomisch und technologisch, und in<br />

<strong>der</strong>en Zuge, insofern sie die ganze Welt in einem kybernetischen Neo-Animismus subjektivierte, sich<br />

gleichzeitig das „Subjekt“ als Ort <strong>der</strong> universalistischen For<strong>der</strong>ung aufzulösen begann. Der <strong>Whole</strong> Earth<br />

Catalog war eine wesentliche Kraft hinter dieser doppelten Tendenz.<br />

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Der <strong>Whole</strong> Earth Catalog stellte auch gewissermaßen die Weichen für Synthesen etwa zwischen<br />

Techno-Deterministen und Back to Nature-Romantikern, die an<strong>der</strong>swo in <strong>der</strong> westlichen Welt ihre<br />

Antagonismen nicht so leicht überwinden konnten. Das, was auf den Seiten des Katalogs abgedruckt<br />

wird – Hinweise und Besprechungen von tools aller Art, von geodesischen Kuppeln über Garten- und<br />

Outdoor-Equipment bis zu frühen Computern, und nicht zuletzt unzählige knappe Rezensionen von<br />

Büchern zu <strong>The</strong>men wie Kybernetik, Psychologie, Esoterik und Umweltschutz – steht buchstäblich im<br />

Zeichen <strong>der</strong> „ganzen Erde“ und zielt auf die ganz große Synthese, auch gerade von Technologie und<br />

Natur ab. Der entscheidende Punkt ist, dass diese Synthese in <strong>der</strong> Figur des Blauen Planeten, wenn<br />

dieser als immanentes System verstanden wird, immer schon gegeben ist, und nicht erst durch Politik<br />

und das erklärte Feindbild des <strong>Whole</strong> Earth Catalog, „Ideologie“, mühsam hergestellt werden muss.<br />

Konsequenterweise ziert nahezu jede Ausgabe des <strong>Whole</strong> Earth Catalog eine Variation des Bilds des<br />

blauen Planeten, dessen Veröffentlichung Stewart Brand mit einer von LSD und Buckminster Fuller<br />

inspirierten Kampagne (er verteilte zahlreiche Buttons mit <strong>der</strong> Aufschrift „Why haven't we seen an<br />

image of the whole Earth yet?“) schon 1966 einklagte.<br />

Wie kaum eine an<strong>der</strong>e Publikation ist <strong>der</strong> Katalog daher nicht nur ein Spiegel <strong>der</strong> Wirkungsgeschichte<br />

des Bilds vom Blauen Planeten, son<strong>der</strong>n direkt ein Agent dieser Wirkung. Man kann soweit gehen zu<br />

sagen, dass alles, was das Bild des Blauen Planeten uns zu sagen hat, auf den Seiten des <strong>Whole</strong> Earth<br />

Catalog und seiner späteren Nachfolger artikuliert worden ist. Der <strong>Whole</strong> Earth Catalog ist damit so<br />

etwas wie das Presseorgan <strong>der</strong> Ikone vom Blauen Planeten, die als kosmischer Bote aus dem Weltall zu<br />

uns kommt und die Nachricht vom „Earthrise“ (so die Bezeichnung <strong>der</strong> überwältigenden Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Apollo-8-Mission 1968 von <strong>der</strong> hinter dem Mond „aufgehenden“ Erde) als einer kommenden<br />

„planetarischen“ Epoche mit sich bringt. Die „Earthrise“-Epoche ist die bewusstseinsverän<strong>der</strong>nde,<br />

lange Ankunft <strong>der</strong> kosmischen Ikone auf <strong>der</strong> Erde, <strong>der</strong> Prozess <strong>der</strong> Universalisierung jenes Kippbilds,<br />

das im Außen des Weltraums entstand, als <strong>der</strong> bis dahin expansiv nach außen gerichtete Blick sich<br />

zurückrichtete, um die paradoxe Nachricht zu verbreiten dass es kein Außen mehr gibt.<br />

Die erste Nachricht, die <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog notiert und seinem Inhalt als Motto voranstellt, lautet:<br />

„We ARE as gods and might as well get good at it.“ Wenn es eine Divinität hinter <strong>der</strong> Ikone aus dem<br />

Kosmos gibt, ist es <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> zum Manager, Gestalter und „Comprehensive Designer“<br />

(Buckminster Fuller) des Planeten werden muss. 2 Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist alles, was nicht im Katalog<br />

enthalten ist (alle sozialen Kämpfe, die sich durch eine starke Negativität auszeichnen), auch vom Bild<br />

des Blauen Planeten ausgeschlossen. Von oben, davon zeugen die Aussagen <strong>der</strong> Astronauten, sieht man<br />

sie sowieso nicht.<br />

Durch den Diskurs des Anthropozäns treten Mensch, Natur und Technologie in ein permanentes<br />

Kippbild-Verhältnis, weil alles, was dem vorherrschenden Diskurs vormals als stabiler Hintergrund (<strong>der</strong><br />

Planet) galt, instabil wird, und weil die bisherige „Figur“, das transzendentale humanistische Subjekt<br />

(<strong>der</strong> Geschichte), sich in posthumanistischen Gefügen und techno-soziologischen Milieus aufzulösen<br />

beginnt. Figur und Grund, die Variablen einer jeden Kippfigur, werden übertragbar auf das instabile,<br />

mediale Verhältnis am Nexus von Aktiv und Passiv, von Machen und Gemacht-Sein. Das Anthropozän<br />

ist ein techno-ökologischer Diskurs zur Rekonzeptionalisierung des anthropos als planetarischem<br />

Verhältnis, dessen universalistische Dimension unschwer in <strong>der</strong> permanenten Anrufung<br />

größtmöglicher Rahmen erkennbar wird, die sich nicht als solche zu erkennen geben wollen, auch weil<br />

2 Das Konzept des „Comprehensive Designer“ als einer Synthese aus Erfin<strong>der</strong>, Künstler, Mechaniker,<br />

Ökonom und „evolutionärem Strategen“ stellte Buckminster Fuller in seinem Buch Ideas and Integrities: A<br />

Spontaneous Autobiographical Disclosure, Englewood Cliffs: Prentice-Hall 1963, vor.<br />

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sie schlicht kein Außen, keine Alterität mehr kennen – sie sind ihrer eigenen Auffassung nach<br />

gleichzeitig alternativlos als auch für jegliche Alterität „offen“. Die Negation des Rahmens ist <strong>der</strong> größte<br />

Rahmen.<br />

Ein Vorstoß in das Archiv <strong>der</strong> Umweltbewegung und Gegen-, später <strong>der</strong> Computerkultur, wie es sich im<br />

<strong>Whole</strong> Earth Catalog aufsuchen lässt, ergibt nicht selten ein „anthropozänes“ Déjà-vu: Die Diskurse<br />

und Probleme, die heute mit großer Dringlichkeit in dem Begriff des Anthropozäns verhandelt werden,<br />

sind in großen Zügen identisch mit den Diskursen und Problemen, die <strong>der</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalog<br />

adressiert. Was also liegt zwischen uns und dem Kalifornien am Umbruch <strong>der</strong> späten 1960er-Jahre?<br />

Was ist seither geschehen? Nicht viel, so scheint es, außer dass die Rhetorik, mit <strong>der</strong> sowohl das<br />

utopische Außen als auch die planetarische Einheit angerufen werden, heute im Zeichen eines<br />

digitalen Neo-Positivismus nüchterner geworden ist. Das Außen ist verschwunden, auf dem Weg dahin<br />

transformierten sich einige <strong>der</strong> epischen Visionen <strong>der</strong> Gegenkultur in die Delirien des New Age, und<br />

mit dem Außen verschwindet auch <strong>der</strong> Geschmack für die Negation und im Schatten <strong>der</strong> ewigen<br />

medialen Jetztzeit <strong>der</strong> Sinn für Geschichte, was dazu führt, dass insbeson<strong>der</strong>e gegenkulturelle<br />

Grenzüberschreitungen als reine Gesten <strong>der</strong> Transgression einen mehrfachen Auftritt auf <strong>der</strong> Bühne<br />

<strong>der</strong> Geschichte bekommen, vorwiegend in kommerzieller, aber auch in künstlerischer Form. Aber<br />

gleichzeitig ist unglaublich viel geschehen: Der gesamte Hintergrund einer jeden Aussage, einer<br />

jeglichen politischen Artikulation und Subjektivierung hat sich verschoben. Ohne Außen än<strong>der</strong>t sich<br />

die Funktionsweise von Macht: Diese begrenzt nicht mehr vorwiegend, son<strong>der</strong>n operiert aus <strong>der</strong> Mitte<br />

des medialen Nexus heraus.<br />

Die einzige Utopie, die unbeschadet vom 20. an das 21. Jahrhun<strong>der</strong>t weitergereicht wurde, ist die <strong>der</strong><br />

Ökologie. Es ist die Idee einer zukünftigen mo<strong>der</strong>nen Zivilisation, die ihren „Frieden mit <strong>der</strong> Natur“<br />

(Richard Nixon, 1970) gemacht hat. 3 Den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ökologie wi<strong>der</strong>setzt sich außer<br />

schurkischen Warlords und den Sarah Palins dieser Welt kaum mehr jemand ernsthaft. Wer wäre<br />

schon für die blinde Destruktion <strong>der</strong> eigenen Lebensgrundlage? Nichts ist, nichts sollte, nichts müsste<br />

eher geeignet sein zur Produktion eines übergreifenden, ja globalen Konsens als eben die Rettung <strong>der</strong><br />

lebenserhaltenden Systeme <strong>der</strong> Erde.<br />

Bei näherem Hinsehen allerdings präsentiert sich die Sache <strong>der</strong> ökologischen Utopie, so alternativlos<br />

sie sich auch darstellt, als überaus kompliziert. Der Weg von <strong>der</strong> Einsicht zur Umsetzung ist<br />

offenkundig steinig, weil er von einer Gemengelage sich wi<strong>der</strong>sprechen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> offen antagonistischer<br />

Kalküle durchkreuzt wird, und zwar ganz gleich ob es sich dabei um den Klimagipfel <strong>der</strong> Nationen in<br />

Kopenhagen o<strong>der</strong> das subjektive Bewusstsein eines einzelnen Konsumenten auf <strong>der</strong> Suche nach<br />

ökologisch verantwortungsvollen Prinzipien handelt. Der Konsequenz aus <strong>der</strong> Fragilität dieses<br />

Konsenses, dass sich nämlich immer nur temporäre Annäherungen und Vereinbarungen realisieren<br />

lassen, kann die Ideologie <strong>der</strong> Ökologie nur mit größerer Dringlichkeit begegnen. Es gibt zwar einen<br />

ökologischen Imperativ <strong>der</strong> Gegenwart, aber jenseits bestimmter Rituale <strong>der</strong> Selbstvergewisserung, zu<br />

denen auch eine immer machtvoller werdende Bio-Ästhetik gehört, bleibt unklar, was er außer<br />

Dringlichkeit politisch besagt. Die dem Anspruch nach universelle ökologische Utopie führt nämlich<br />

doch immer nur hin zur Politik, und das heißt: zur Politik als Vermittlerin von Partialperspektiven und<br />

Interessenskonflikten, wobei hier, wie häufig betont wird, immer mehr Handlungsträger und nichtmenschliche<br />

Faktoren ihre Berücksichtigung einfor<strong>der</strong>n. Die Politik versucht sich in dieser Situation<br />

3 In seiner Rede zur Lage <strong>der</strong> Nation am 22. Januar 1970 sagte Nixon: „<strong>The</strong> great question of the seventies<br />

is, shall we surren<strong>der</strong> to our surroundings, or shall we make our peace with nature and begin to make<br />

reparations for the damage we have done to our air, to our land, and to our water?“ Richard M. Nixon,<br />

„Annual Message to the Congress on the State of the Union“, 22. Januar 1970, in: Public Papers of the<br />

President of the United States, Washington, DC: U.S. Government Printing Office 1971, S. 8–16.<br />

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an die Wissenschaft zu wenden, die die Isolierung und Reduktion in <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />

zum Erfolgsprinzip entwickelt hatte, um den Objekten <strong>der</strong> Natur ihre stabilen und daher technologisch<br />

stabilisierbaren, anwendbaren, mobilisierbaren Gesetzmäßigkeiten zu entlocken; aber auch die<br />

Wissenschaft ist von dieser Krise betroffen. Als Legitimationsdiskurs wird sie zunehmend in die<br />

politischen Interessenskonflikte verwickelt und kann so auch keine Exterritorialität mehr<br />

beanspruchen. Das Außen verschwindet, auch hier, die Wissenschaft ist embedded in Politik und<br />

umgekehrt.<br />

1971 veröffentlicht <strong>der</strong> Biologe Barry Commoner das Buch <strong>The</strong> Closing Circle: Nature, Man, and<br />

Technology. 4 Er attackiert darin eine Reihe von Annahmen seiner Kollegen, die die ökologische Krise<br />

dem „explosiven“ Bevölkerungswachstum zuschreiben, und setzt dagegen, dass es vor allen Dingen die<br />

kapitalistischen Technologien und Ausbeutungsverhältnisse seien, die die Krise verursachten. Und er<br />

postuliert eine Reihe von ökologischen Grundsätzen. Die ersten beiden handeln vom Verschwinden des<br />

Außen: Erstens sei alles mit allem verbunden, alles Leben bewohne ein und dieselbe Ökosphäre; was<br />

das eine betreffe, betreffe daher alle. Und zweitens gehe alles irgendwo hin. Die Ökosphäre kenne<br />

keinen „Müll“, es gebe kein „Außerhalb“, in das man den Abfall werfen könne. Das Außen verschwindet,<br />

ein weiteres Mal. Hier ist es jenes Außen außerhalb <strong>der</strong> unmittelbaren Wahrnehmung, des eigenen<br />

Gesichtskreises und <strong>der</strong> Isolierungstechniken in den Laboren, in denen die Dinge aus ihren relationalen<br />

Milieus herausgelöst worden waren. Für Barry Commoner war vielleicht noch nicht vollkommen<br />

deutlich, dass damit auch die „Natur“ verschwinden sollte, in dem Maße zumindest wie „Natur“ als dem<br />

Menschen (will sagen: dem Menschen des Humanismus, <strong>der</strong> westlichen Mo<strong>der</strong>ne und <strong>der</strong><br />

instrumentellen Vernunft) äußerlich, als passiver, zu formen<strong>der</strong> materieller Hintergrund gegolten<br />

hatte. Dies war die cartesianische res extensa, die als konzeptionelles Außen auch nur solange<br />

praktisches Außen sein konnte, wie sich einerseits die Fiktion des autonomen Subjekts und <strong>der</strong><br />

symmetrischen Passivität <strong>der</strong> Materie aufrechterhalten ließ, und an<strong>der</strong>erseits die Natur als<br />

unerschöpfliche Ressource und quasi unendliche Größe gelten konnte. Das Ende <strong>der</strong> Operativität<br />

dieser Fiktion manifestiert sich nicht zuletzt im Begriff des Anthropozäns. Denn dessen Hypothese<br />

lautet ja, dass die Eingriffe des Menschen auf den Planeten geologische Maßstäbe erreicht haben. Der<br />

Kreis schließt sich, und es ist eine Schließung planetarischen Ausmaßes, was sich nicht zuletzt an dem<br />

nur global den<strong>kb</strong>aren Begriff des Klimawandels zeigt.<br />

Die kalifornische Antwort auf die Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ökologie, wie sie sich im <strong>Whole</strong> Earth Catalog<br />

exemplarisch formiert, hat seit <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Gegenkultur nicht an Einfluss verloren. Diese Antwort hat<br />

ihren Ursprung in <strong>der</strong> Kybernetik, und sie besteht im Versuch <strong>der</strong> systemischen Angleichung von<br />

Gesellschaft an die Natur – einer Natur wohlgemerkt, die im Computer als System modelliert worden<br />

ist, und vielleicht mehr mit dessen Möglichkeiten zu tun hat als mit Biologie.<br />

Diese Antwort hat ökologisch weit weniger bewirkt als gesellschaftlich: Sie hat den Kapitalismus im<br />

Zeichen des Netzwerks, <strong>der</strong> Systeme und <strong>der</strong> konstruierten environments neu gestaltet. Die Kybernetik<br />

war zuallererst ein Durchbruch auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Integration von Mensch und Maschine und <strong>der</strong><br />

Vorhersagbarkeit und Berechenbarkeit komplexer, nicht-linearer dynamischer Prozesse. Dieser<br />

Durchbruch aber produziert nichts weniger als ein neues Realitätsprinzip. Die Kybernetik wird zu<br />

einer universellen Disziplin in dem Grad, wie sie eine Welt plausibel macht, die aus Systemen und<br />

Kommunikationsflüssen besteht. Auch hier beginnt <strong>der</strong> Kreis die Linie zu ersetzen: Lineare<br />

Kausalitäten werden im Konzept des Feedback durch zirkuläre ersetzt. Feedback: Die verdinglichte,<br />

verstummte, objektivierte Welt reagiert, beginnt wie<strong>der</strong> zu sprechen, auch wenn zuerst nur in <strong>der</strong><br />

Sprache <strong>der</strong> Computersysteme. Das neue Realitätsprinzip <strong>der</strong> Information beinhaltet Versprechen, alle<br />

bisher schlicht als gegeben vorausgesetzten und nun als rein „disziplinarische“ erkennbaren Grenzen<br />

4 Barry Commoner, <strong>The</strong> Closing Circle: Nature, Man, and Technology, New York: Knopf 1971.<br />

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nivellieren zu können, indem es Maschinen, Menschen und Natur gleichermaßen als<br />

informationsgesteuerte Systeme erfasst. „System“ wird geradezu zum Zauberwort, anhand dessen das<br />

Trauma <strong>der</strong> Entfremdung von <strong>der</strong> Welt und des „Außen“ <strong>der</strong> cartesianischen Subjektivität zusammen<br />

mit dem Trauma ideologischer Planung und erzwungener Unterordnung unter autoritäre Macht<br />

beendet werden kann. Das Zeitalter <strong>der</strong> hierarchisch organisierten Autorität und <strong>der</strong> Ideologien ist<br />

damit im Begriff unterzugehen. Diese werden nun ersetzt durch dezentralisierte, indirekte Formen <strong>der</strong><br />

Macht, Steuerung und ein sich nun auf dynamische, computermodellierte Szenarien stützendes<br />

Management.<br />

Aber erst die psychedelischen Drogen und <strong>der</strong> Import asiatischer Spiritualitäten beglaubigen in<br />

Kalifornien die Kybernetik als neo-animistisches Prinzip. Die große Rüc<strong>kb</strong>indung, Versöhnung und<br />

Aufhebung <strong>der</strong> Entfremdung beginnt, und damit auch die Naturalisierung und Humanisierung des<br />

Kapitalismus. Objektive Realität löst sich in Informationsflüsse und Relationen auf, auch das Verhältnis<br />

von Selbst und Welt wird einfach nur als dynamischer Teil o<strong>der</strong> Funktion dieser Informationsmuster<br />

verstanden: Alles ist demnach eins im großen Netz des Lebens und des immanenten Bewusstseins. Die<br />

Frage bleibt nur: In welcher Relation?<br />

Der <strong>Whole</strong> Earth Catalog spielte eine zentrale Rolle dabei, sowohl „Natur“ als auch „Technologie“ in dem<br />

Maße neu zu fassen, in dem beide im Zeichen universeller Zeichen kybernetischer Systeme als Teil und<br />

Erweiterung des Lebens auf dem Planeten Erde begriffen wurden. Die Silicon-Valley-Ideologen <strong>der</strong><br />

globalisiert-entgrenzten Netzwerkgesellschaft <strong>der</strong> 1990er-Jahre, viele davon verbunden mit dem <strong>Whole</strong><br />

Earth Catalog, sahen sich in diesem Sinn als Teil eines techno-biologischen Systems, als Teil eines<br />

Super-Organismus und seiner Evolution. Im Moment einer solchen Universalisierung und<br />

Vereinheitlichung im Zeichen biologisierter Systeme aber verschwindet Politik einfach. Lässt sich<br />

Politik und Geschichte auf die an<strong>der</strong>e Seite dieses Umschlagpunkts retten? Grundlegend dafür mag<br />

vielleicht die Kritik <strong>der</strong> im langen Schatten <strong>der</strong> Kybernetik noch immer wirkmächtigen Tendenz sein,<br />

die in <strong>der</strong> relationalen Auflösung von Grenzziehungen ihren heiligen Zweck sieht, und dabei letzten<br />

Endes immer betont, das alles ja schon immer relational gewesen sei, und häufig unbemerkt den<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Kritik – die Mechanismen <strong>der</strong> Exklusion, die historischen Kontinuitäten <strong>der</strong><br />

Unterdrückung – aus den Augen verliert. Diese Kritik ruft nach Alternativen gegenüber einer Form<br />

von Macht (hierarchisch organisierter Autorität), die sich an die Alternative (das nicht-hierarchische<br />

Netzwerk) angepasst und mit dieser schon lange versöhnt hat. In dieser Situation scheitern konkrete<br />

partikulare For<strong>der</strong>ungen zunehmend an <strong>der</strong> Aufgabe, einen gegen-universalistischen Horizont<br />

aufzubauen. Daher rührt die notorische Unfähigkeit <strong>der</strong> Kritik heute, eine substanzielle Differenz zum<br />

Objekt <strong>der</strong> Kritik aufbauen zu können. Gegen ihren Willen trägt diese so immer häufiger zu dem<br />

allgemeinen Sentiment bei, das es kein Außen und keine wirkliche Alternative zum „System“ geben<br />

würde. Anstatt weiter an Mechanismen und Institutionen zu arbeiten, die in <strong>der</strong> Lage sind,<br />

hierarchische Macht demokratisch verantwortlich zu machen, neigt die allgemein propagierte Tendenz<br />

zum Nicht-Hierarchischen immer mehr dazu, gegen die Ziele <strong>der</strong>jenigen zu arbeiten, die Autorität und<br />

Macht ablehnen. Denn wie die historische Erfahrung nicht zuletzt <strong>der</strong> utopischen Hippie-Kommunen<br />

zeigt, verschwinden diese Phänomene nicht, son<strong>der</strong>n gehen auf in modulierten Milieus, innerhalb<br />

<strong>der</strong>er Machtverhältnisse nicht mehr als solche benennbar und damit quasi „geschichtslos“ werden.<br />

Gegen diesen Zustand gilt es, sich mit Edward Said daran zu erinnern, dass die Kritik eine Kritik <strong>der</strong><br />

großen Erzählungen sein muss, weil nur durch diese die Strukturen adressierbar werden, und die<br />

großen Erzählungen eben nun im Hintergrund wirksam geblieben sind. Es gilt, dem Hintergrund<br />

„Planet Erde“ diese Geschichten zu entreißen.<br />

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AUSSTELLUNGSARCHITEKTEN UND ‐DESIGNER<br />

Die Kooperative für Darstellungspolitik – Jesko Fezer, Anita Kaspar und Andreas Müller – wurde<br />

2009 gegründet und untersucht die Darstellung politischer und kultureller Anliegen in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit. Sie gestaltet Ausstellungsarchitekturen als diskursive Räume öffentlicher<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung. Die Kooperative für Darstellungspolitik realisierte bereits Architekturen und<br />

Ausstellungsgestaltungen für das erste und zweite Berlin Documentary Forum (2010 und 2012), für<br />

das Projekt Utopie und Monument im Rahmen des Steirischen Herbsts in Graz (2009 und 2010) und<br />

für die Ausstellung In <strong>der</strong> Wüste <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne im <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt in Berlin (2008).<br />

Matthias Görlich arbeitet mit seinem Studio seit 2000 im Bereich grafischer Gestaltung, Forschung<br />

und Konzeptentwicklung für diverse Kunst‐ und Kulturinstitutionen im In‐ und Ausland. U.a. enstanden<br />

hierbei Ausstellungsgrafiken und Ausstellungsbeiträge für Stealth Architecture im Weltkulturen<br />

Museum Frankfurt am Main (2013), Space Time Diginity Rights im Deutschen Architekturzentrum<br />

Berlin (2012), Melanchotopia im Witte de With Gallery Rotterdam (2011), Khoj. In India and far<br />

beyond<br />

in <strong>der</strong> Galerie des Institut für Auslandsbeziehungen Stuttgart+Berlin (2011) und an<strong>der</strong>e.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


DAS BUCH<br />

Zur Konferenz im Juni 2013 erscheint im Verlag Sternberg Press ein umfassen<strong>der</strong> Katalog mit<br />

Texten von u. a. Fred Turner, Erich Hörl, Eva Meyer, Mercedes Bunz, John Palmesino, Laurence A.<br />

Rickels, Kodwo Eshun, Sabeth Buchmann sowie zahlreichen Abbildungen in deutscher und<br />

englischer Sprache, herausgegeben von Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen / <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. California<br />

and the Disappearance of the Outside<br />

ISBN: 978‐3‐943365‐76‐4 (deutsch)<br />

ISBN: 978‐3‐943365‐64‐1 (englisch)<br />

Juni 2013, Preis Buchhandelsausgabe: € 26,00, während <strong>der</strong> Ausstellung €22,00.<br />

Die Vorbestellung erfolgt über die Liste im Bookshop des HKW o<strong>der</strong> per Email an books@hkw.d e.<br />

Die Vorbestellung ist auch über Sternberg Press zum normalen Buchehandelspreis von 26,00€<br />

möglich unter or<strong>der</strong>@sternberg‐press.com.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


DIE KONFERENZ<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

Konferenz<br />

21.6. ab 18 h<br />

22.6.2013 ab 14 h<br />

Eintritt frei<br />

In englischer und deutscher Sprache mit Simultanübersetzung<br />

Von Öko‐Psychedelia zum Internet‐Neoliberalismus: Die Konferenz wirft Fragen nach dem Erbe <strong>der</strong><br />

kalifornischen Gegenkultur auf. Wie kam es dazu, dass einige ihrer Konzepte zu globalen Prinzipien<br />

neuer kapitalistischer Frontiers wurden? Roundtables befragen die historischen Quellen und Bezüge<br />

von Diskurs‐ und Politikfel<strong>der</strong>n wie <strong>der</strong> Ökologiebewegung, <strong>der</strong> Kybernetik, <strong>der</strong> antikonformistischen<br />

<strong>Kulturen</strong>, <strong>der</strong> neuen Kunstpraxen im Zeichen <strong>der</strong> Entgrenzung sowie <strong>der</strong>en<br />

Transformationen bis zum globalistischen Netzwerkkapitalismus <strong>der</strong> 1990er‐Jahre. Untersucht<br />

werden damit die Hintergrundbedingungen jener Diskurse, die heute im Begriff vom Anthropozän<br />

verhandelt, aktualisiert o<strong>der</strong> auch vergessen werden. Strukturiert ist die Konferenz durch die<br />

unterschiedlichen Interpretationen jenes „Außen“, von dessen Verschwinden <strong>der</strong> Untertitel <strong>der</strong><br />

Ausstellung handelt.<br />

Mit Lars Bang Larsen, Mercedes Bunz, Katja Diefenbach, Erich Hörl, Tom Holert, Fred Turner u.a.<br />

Zur Konferenz im Juni 2013 erscheint im Verlag Sternberg Press ein umfassen<strong>der</strong> Katalog mit<br />

Texten von u. a. Fred Turner, Erich Hörl, Eva Meyer, Mercedes Bunz, John Palmesino, Laurence A.<br />

Rickels, Kodwo Eshun, Sabeth Buchmann sowie zahlreichen Abbildungen in deutscher und<br />

englischer Sprache, herausgegeben von Diedrich Die<strong>der</strong>ichsen und Anselm Franke.<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

ISBN: 978‐3‐943365‐76‐4 (deutsch), Juni 2013, Preis Buchhandelsausgabe: € 26,00<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


VERMITTLUNGSPROGRAMM/KINDER‐ UND JUGENDPROGRAMM<br />

Zur Ausstellung bietet das HKW ein abwechslungsreiches Kin<strong>der</strong>‐ und Jugendprogramm an.<br />

Sonntags finden jeweils um 15 h parallel zu den Kuratorenführungen sowie den thematischen<br />

Führungen für Erwachsene verschiedene Workshops für Kids & Teens statt.<br />

Am 28.4. nimmt <strong>der</strong> Fotograf Jan von Holleben im Foto‐Workshop „Outer Space“ Kin<strong>der</strong> ab 6 Jahren<br />

mit auf eine Reise in den Weltraum und lässt sie durch eine optische Täuschung schwerelos<br />

erscheinen, so dass sie durch ihre selbst inszenierte Galaxie schweben.<br />

Am 5.5. nimmt <strong>der</strong> Berliner VJ Christian Sonntag alias CHRS SMTHNG Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmer ab 10 Jahren mit auf eine Tour durch „Musik‐Galaxien“. Mittels Video, Computer und<br />

Overhead‐Projektionen werden die Teilnehmer selbst zu Musik‐Bild‐Künstlern und ergründen die<br />

visuelle Sprache <strong>der</strong> Blumenkin<strong>der</strong> im Kalifornien <strong>der</strong> 60er und 70er Jahre. Die Ergebnisse werden<br />

hint erher zu einem Musikvideo zusammengeschnitten.<br />

Am 26.5. bauen Kin<strong>der</strong> ab 6 Jahren eine „Hippie‐Kuppel“ aus Naturmaterialien. In Anlehnung an den<br />

visionären Architekten Richard Buckminster Fuller werden Technik und Ökologie miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden. Unterstützt wird dieser Workshop v on den Prinzessinnengärten.<br />

Für Teens gibt es mehrtägige Workshops: Vom 8.‐9.6. lädt die Reihe C/O Berlin Junior/Teens goes<br />

HKW 10‐ bis 13‐Jährige dazu ein, sich nach dem Ausstellungsbesuch auf kreative Art fotografisch mit<br />

dem <strong>The</strong>ma auseinan<strong>der</strong>setzen. Im fünftätigen Ferien‐Workshop (19.‐23.6) drehen Jugendliche ab 14<br />

Jahren einen Kurzfilm.<br />

Vom 29.‐30.6. entwickeln Teens ab 13 Jahren die „Zeitkapsel“. Nach einer Analyse <strong>der</strong> Gegenwart<br />

werden Bildbotschaften für die Zukunft in <strong>der</strong> Erde konserviert.<br />

Für Kin<strong>der</strong>gärten, Grund‐ und Oberschulen bietet das HKW altersgerechte Führungen durch die<br />

Ausstellung mit einer anschließenden praktischen Übung.<br />

Am 20.6. führen Studierende des Fachbereichs Kulturwissenschaften <strong>der</strong> Universität Potsdam am<br />

Students’ Day durch die Ausstellung.<br />

Im Rahmen des Projekts entwickeln Schülerinnen und Schüler an vier Schulen in Berlin und<br />

Brandenburg in enger Zusammenarbeit mit Künstlern einen neuen Katalog für die Gegenwart.<br />

Dies<br />

ist eine Zusammenarbeit mit dem Modellprogramm „Kulturagenten für kreative Schulen“.<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


VERMITTLUNGSPROGRAMM/KINDER‐ UND JUGENDPROGRAMM<br />

Anmeldung zu den HKW‐Workshops: kids_teen s@hkw.de<br />

Teilnahmebeitrag für alle eintägigen Workshops (28.4.; 5.5.; 26.5., jeweils ab 15 h): 5€<br />

Teilnahmebeitrag für die Zeitkapsel (29.‐ 30.6., jeweils 11‐16:30 h): 15€<br />

Anmeldung zu den Workshops von C/O Berlin: junior@cos‐berlin.de<br />

Teilnahmebeitrag für den Foto‐Workshop (8.‐9.6., 11‐16:30 h): 40€<br />

Teilnahmebeitrag für den Film‐Workshop (19.6., 17‐19 h; 20.‐23.6., 11‐16:30 h): 50€<br />

Student’s Day (20.6., 13‐18 h): Eintritt frei für Studierende<br />

Anmeldung zu Führungen für Kin<strong>der</strong>gärten, Grund‐ und Oberschulen: education@hkw.de<br />

Teilnahme kostenlos<br />

Pressekontakt: <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt, Anne Maier, John‐Foster‐Dulles‐Allee 10, 10557 Berlin,<br />

Fon +49 30 397 87‐153, Fax +49 30 3948679, presse@hkw.de, www.hkw.de


VERMITTLUNGSPROGRAMM/THEMATISCHE FÜHRUNGEN<br />

Parallel zu den Workshops für Kids & Teens finden sonntags um 15 h thematische Führungen und<br />

Kuratorenführungen statt.<br />

Am 5.5., 26.5., 23.6. und 30.6. sind Erwachsene herzlich eingeladen, an einer Kuratorenführung<br />

teilzunehmen. Die thematischen Führungen finden am 12.5, 19.5., 2.6., 9.6. und 16.6.2013 statt.<br />

12.05. <strong>The</strong>ma: Soziale Unruhen und Gegenkultur (Norbert Witzgall)<br />

Apocalypse now? Von Vietnam nach Zabriskie Point<br />

Die restriktiv‐patriarchale Hegemonialkultur <strong>der</strong> Industrienationen <strong>der</strong> 50er Jahre provozierte die<br />

Formierung einer Gegenkultur, die in Kalifornien einen ihrer Hauptschauplätze fand – was wurde aus<br />

den dort entwickelten diversen sozialen und politischen Utopien? Welche Relevanz haben <strong>der</strong>en<br />

kulturelle Produkte heute?<br />

19.05. Grenzen – Prolog, Kalifornien als Limit <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne (Anne Fäser)<br />

This is the end ‐ is this the end?<br />

Die Idee <strong>der</strong> Frontier ist so alt wie die von <strong>der</strong> Neuen Welt ‐ problematisch in <strong>der</strong> Geschichte des<br />

Genozids an den Ureinwohnern, romantisch verklärt in den Erzählungen <strong>der</strong> Pioniere. Kalifornien ist<br />

dabei gleichzeitig Endpunkt jener Landnahme wie Aufbruchsort für neue Verheissungen ‐ <strong>der</strong><br />

Goldgräber von Hollywood, Haight Ashbury und Silicon Valley. Wo lagen <strong>der</strong>en Grenzen und mit<br />

welchen Mitteln versuchten sie sie zu überwinden? Und wie sähe eine Geschichte <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne aus,<br />

wenn sie vom geographischen Limit <strong>der</strong> Westküste aus rückwärts erzählt würde?<br />

02.06. Das Paradigma <strong>der</strong> Kommunikation und die Entwicklung des Selbst und seiner Techniken<br />

(Norbert Witzgall)<br />

Interiors: Kybernektik, die Pforten <strong>der</strong> Wahrnehmung und das Selbst als Corporate Identity<br />

Der expansive Wettstreit <strong>der</strong> Supermächte um die Vorherrschaft im All vollzog sich zeitgleich mit einer<br />

Neukartographie <strong>der</strong> Psyche sowie <strong>der</strong> Entwicklung diverser Technologien <strong>der</strong> Selbstoptimierung, mit<br />

<strong>der</strong>en Vermarktung diese von Kalifornien aus global wirksam wurden – welche Identitätsmodule<br />

produziert diese Lifestyle‐Industrie? Wo liegen <strong>der</strong>en Wurzeln und wie infiltrieren sie Leben und<br />

Kunst? Und was hat das alles mit Kybernetik zu tun?<br />

09.06. Das Ende <strong>der</strong> Natur und die Bedeutung des Spirituellen bzw. die Entwicklung <strong>der</strong> Land Art (Anne<br />

Fäser)<br />

„We can´t put it together. It is together.“ – Das Ende <strong>der</strong> Natur und die Bedeutung des Spirituellen<br />

Mit dem Blick auf die Erde aus dem All entstand auch ein neues Verhältnis zur Natur. Das dualistische<br />

Weltbild <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne mit <strong>der</strong> wesentlichen Abgrenzung von Kultur und Natur wurde abgelöst von dem<br />

Bestreben nach einer neuen kosmischen Harmonie. Während Land‐Kommunen <strong>der</strong> 1960er und<br />

1970er Jahre in <strong>der</strong> Rückkehr zur Natur die Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> verloren geglaubten Einheit<br />

zwischen Mensch, Natur und Kosmos suchten, reagierten Künstler <strong>der</strong> Land Art mit ihren Werken in<br />

<strong>der</strong> Natur zunächst auf Konsum‐ und Urbanisierungsprozesse in den USA. Was ist geblieben von den<br />

daran geknüpften spirituellen Erwartungen und was hat sich bis heute verän<strong>der</strong>t?<br />

16.06. WEC, WELL, www, .com (Anne Fäser und Norbert Witzgall)<br />

WEC, WELL, www, .com<br />

Deterritorialisierte Formen <strong>der</strong> Frontier und globale kapitalistische Expansion: Zwischen dem<br />

visionären Projekt "<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth Catalogue" und dem .com‐Zeitalter liegen dreissig Jahre<br />

Pionierarbeit ‐ wo liegen die Grenzen jetzt? Und wer sind die Akteure innerhalb <strong>der</strong> Ziehung,<br />

Verteidigung und Verschiebung dieser Grenzen?<br />

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VERMITTLUNGSPROGRAMM/THEMATISCHE FÜHRUNGEN<br />

Anne Fäser realisiert dialogische und partizipative Kunstvermittlungsprojekte, konzipiert Ausstellungen<br />

und schreibt Texte über Kunst. Seit 2007 ist sie Kunstvermittlerin im Hamburger Bahnhof ‐ Museum für<br />

Gegenwart ‐ Berlin und in <strong>der</strong> Neuen Nationalgalerie. Von 2010‐2012 war sie Projektleiterin bei<br />

Stedefreund, Berlin und gestaltet seit 2007 das künstlerische Programm im Projektraum Souterrain,<br />

Berlin mit. Als Kunstvermittlerin arbeitete sie bereits im <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt (2012), bei <strong>der</strong> 5.<br />

berlin biennale (2008), <strong>der</strong> documenta12 (2007) und dem Museum Mo<strong>der</strong>ner Kunst Stiftung Ludwig<br />

Wien (2001‐2005).<br />

Norbert Witzgall ist neben seiner künstlerischen Arbeit als Kunstvermittler tätig. 2005‐12 arbeitete er als<br />

Dozent in <strong>der</strong> Sammlung Hoffmann, Berlin. 2010 und 2012 mo<strong>der</strong>ierte er auf <strong>der</strong> Berlin Biennale 6/7.<br />

Seit 2013 begleitet er durch Ausstellungen am Hamburger Bahnhof ‐ Museum für Gegenwart ‐ Berlin.<br />

Weitere Projekte seit 2007 umfassen die Kuration und Organisation von Ausstellungen sowie die<br />

Mitarbeit<br />

am Projektraum Souterrain.<br />

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PRESSEMITTEILUNG<br />

Das Anthropozän – Observatorium<br />

Dokumentation, Filme, Ausstellung<br />

#1 Den Planeten planen<br />

26.4. – 26.8.2013<br />

Eröffnung: 25.4.2013, 19 h<br />

Studiogale rie<br />

Mi – Mo und feiertags<br />

11 – 19h<br />

Eintritt frei<br />

25.04.2013<br />

Parallel zur Ausstellung „<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth“ startet die Reihe Anthropozän‐Observatorium.<br />

Dokumentation, Filme, Ausstellung in <strong>der</strong> Studiogalerie, die in mehreren neu produzierten<br />

filmischen Episoden und Archivpräsentationen Feldforschungen in den politischen, institutionellen,<br />

geologischen und diskursiven Räumen des Anthropozän betreibt.<br />

Im Zentrum <strong>der</strong> ersten Episode Plan the Planet steht die Diskussion des Anthropozän‐Konzepts im<br />

Zusammenhang mit dem Klimawandel und den Institutionen und Apparaturen, die sich mit <strong>der</strong><br />

globalen Er<strong>der</strong>wärmung befassen.<br />

Welche neuen Institutionen bringt das „Menschenzeitalter“ hervor? Als filmische Beobachtungsstation<br />

beleuchtet das Projekt die Genese <strong>der</strong> Anthropozän‐Idee. An Beispielen wie Organisationen<br />

aus Zeiten des Kalten Krieges und aktuellen Maßnahmen zum Klimawandel dokumentiert die erste<br />

Episode, wie die Erde zum Gegenstand <strong>der</strong> Planung wird.<br />

Episode #2 eröffnet am 7. September 2013.<br />

Das Anthropozän‐Observatorium ist ein Projekt von Territorial Agency, Armin Linke und Anselm<br />

Franke im Rahmen des „Anthropozän‐Projektes 2013/2014“.<br />

Das <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> <strong>Kulturen</strong> <strong>der</strong> Welt wird durch den Beauftragten <strong>der</strong> Bundesregierung für Kultur und Medien<br />

sowie durch das Auswärtige Amt geför<strong>der</strong>t.<br />

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PHOTO DETAILS<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

Kalifornien und das Verschwinden des Außen<br />

<strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

California and the Disappearance of the Outside<br />

26.04. – 01.07.2013<br />

25.04.2013<br />

Fotos zum Download finden Sie unter www.hkw.de/pres sefotos<br />

unter <strong>der</strong> Rubrik <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

weitere Fotos und Installationsaufnahmen auf Anfrage.<br />

/pressefotos<br />

Photos for download are available on www.hkw.de/en<br />

go to <strong>The</strong> <strong>Whole</strong> Earth<br />

further images and installation views upon request.<br />

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