Grammatikverständnis und –produktion mehrsprachiger Kinder
Grammatikverständnis und –produktion mehrsprachiger Kinder
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„Da gebt den Verkäufer<br />
den Futter.“<br />
<strong>Grammatikverständnis</strong> <strong>und</strong> –<br />
produktion <strong>mehrsprachiger</strong> <strong>Kinder</strong><br />
Dr. Margit Berg
Grammatische Fähigkeiten<br />
zweisprachiger <strong>Kinder</strong><br />
• Betrachtungsweisen:<br />
strukturbezogen<br />
kommunikationsbezogen<br />
• Niveaus<br />
BICS<br />
• basic interpersonal<br />
communicative skills<br />
CALP<br />
• cognitive academic<br />
language proficiency<br />
GRAMMATIK<br />
Produktion Rezeption Reflexion
„Der Vater verbietet dem<br />
Jungen, den H<strong>und</strong> zu<br />
streicheln.“<br />
<br />
„Mach der H<strong>und</strong> streicheln!“<br />
Rezeptive <strong>und</strong> produktive Probleme
Ali 8;2 L1 Türkisch, L2 Deutsch<br />
• Familiensprache: Türkisch<br />
• erste Wörter (L1): 2;6 Jahre<br />
• Beginn des L2-Erwerbs: 3;0 (Kiga)<br />
• erste Wörter (L2): 3;6 Jahre<br />
• phonetisch-phonologische Störung<br />
• Sigmatismus interdent.,<br />
• Alveolarisierung von Plosiven,<br />
• Reduktion von Mehrfachkonsonanz<br />
• morphologisch-syntaktische Fähigkeiten in L2<br />
• SVK erworben<br />
• V2 nicht gesichert; flektierte Verben auch in finaler Position<br />
• Pluralformen unsicher<br />
• Artikelauslassung, unsichere Genuszuweisung<br />
• Nom. im Akk.- <strong>und</strong> Dativkontext, Akk. im Dativkontext
Ali: Testergebnisse<br />
• Problem: Normierung für monolinguale <strong>Kinder</strong>!<br />
• K-ABC<br />
SIF: 94, SED: 73, SGD: 109; SED ‹ SGD<br />
Subtests: signifikante Schwäche bei „Wortreihe“ (5) <strong>und</strong><br />
„Zahlennachsprechen“ (5)<br />
• PET<br />
ZFG (21) ‹ SFG (48)<br />
• Mottier: weit unterdurchschnittlich<br />
• HSET<br />
Gesamt-T-Wert: 41<br />
VS: 28, IS: 17, PS: 35, AM: 45, AD: 30
Problem:<br />
Vergleich mit monolingualen<br />
Gleichaltrigen<br />
• erste Wörter (tk.): 2;6 Jahre<br />
• Beginn des L2-Erwerbs: 3;0<br />
• erste Wörter (L2): 3;6 Jahre<br />
• phonetisch-phonologische<br />
Störung<br />
• Sigmatismus interdent.,<br />
Alveolarisierung, RMK<br />
• morphologisch-syntaktische<br />
Fähigkeiten in L2: ?<br />
• K-ABC<br />
• SED ‹ SGD<br />
• Schwäche bei WR <strong>und</strong> ZNS<br />
• PET: ZFG (21) ‹ SFG (48)<br />
• Mottier: weit unterdurchschnittlich<br />
• HSET: ?
Sonderschulbesuchsquote<br />
in Baden-Württemberg (2007/08)<br />
• Anteil der<br />
Ausländer/Aussiedler im<br />
Schulsystem: 11%<br />
• Anteil der Sonderschüler<br />
im Schulsystem:<br />
bezogen auf die<br />
Gesamtschülerschaft:<br />
4,24 %<br />
bezogen auf SuS mit<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong>:<br />
8,16 %<br />
(Statistisches Landesamt)<br />
Ausländer <strong>und</strong> Aussiedler an Sonderschulen<br />
40,00%<br />
30,00%<br />
20,00%<br />
10,00%<br />
0,00%<br />
Förderschule<br />
Sprachbeh.schule<br />
Reihe2 2,30% 0,60%<br />
Reihe1 31,20% 9,80%
Erfassung <strong>und</strong> Therapieeinleitung<br />
• (zu?) selten:<br />
Unterrepräsentation in<br />
Sprachheilschulen <strong>und</strong> in<br />
sprachtherapeutischer<br />
Versorgung<br />
<br />
Schuleingangsuntersuchungen im<br />
Ges<strong>und</strong>heitsamt Biberach<br />
(Spannenkrebs 2004)<br />
allg. Entwicklungsrückstände<br />
in logopäd.<br />
Behandlung<br />
deutsch türkisch<br />
3 % 13 %<br />
18 % 4 %<br />
mono<br />
biling.<br />
vgl. WHA Mössinger (2009),<br />
Regel-Kiga; 5;0 – 6;4<br />
Sprachtherapie<br />
11 (von<br />
21)<br />
1 (von 5)
Erfassung zweisprachiger sprachbehinderter <strong>Kinder</strong><br />
• zu spät:<br />
• Alter bei Diagnosestellung bei<br />
• deutschen <strong>Kinder</strong>n:<br />
• 51,3%: 1 bis 4;1<br />
• 38,6%: 5;0 – 10;11<br />
• Schwerpunkt: 4;0 – 4;11<br />
• ausländ. <strong>Kinder</strong>n:<br />
• 28,4%: 1 bis 4;11<br />
• 57,9%: 5;0 bis 10;11<br />
• Schwerpunkt: 5 – 7 Jahre<br />
(Wendlandt 1993; n = 632)<br />
• zu <strong>und</strong>ifferenziert:<br />
• bei Entwicklungsstörungen<br />
signifikant seltener neurologische<br />
Abklärung eingeleitet, seltener<br />
weiterführende Maßnahmen<br />
initiiert (Boss-Nünning 1990)<br />
• Parallelisierte deutsch/türkische<br />
Fallgeschichten zur<br />
Entscheidung über Maßnahmen<br />
von Pädagogikstudenten<br />
beurteilt: bei vermeintlich<br />
deutschen <strong>Kinder</strong>n signifikant<br />
häufiger weitergehende<br />
Diagnostik <strong>und</strong> Verdacht auf<br />
Behinderung geäußert (Mertens<br />
1994)
Erfassung<br />
• tendenziell: bei gravierenden Sprach- <strong>und</strong><br />
Entwicklungsstörungen<br />
Crutchley et al. (1997): 26 zweisprachige <strong>Kinder</strong> (in<br />
Gesamtgruppe von 242 SSES-<strong>Kinder</strong>n): signifikant häufiger<br />
expressive <strong>und</strong> rezeptive Probleme; Sprachprobleme<br />
persistieren länger<br />
Wendlandt et al. (1993): somatische Störungen bei 45,1 % der<br />
sprachgestörten ausländischen <strong>Kinder</strong> (davon 1/3 im HNO-<br />
Bereich)<br />
Spannenkrebs (2004): doppelt so häufig unbehandelte<br />
Hörstörungen (verglichen mit monolingualen dt. <strong>Kinder</strong>n)
Störungsbilder<br />
• ähnliche Zusammensetzung wie bei monolingualen SSES-<strong>Kinder</strong>n<br />
• grammatische Störungen meist kombiniert mit anderen Störungen (semlex.,<br />
phon.-phonol.) (Methler 1990, Wendlandt 1990,Berg 2007)<br />
mono- <strong>und</strong> bilinguale SSES-<strong>Kinder</strong> unterschieden sich in Art<br />
<strong>und</strong> Ausmaß der Störung nicht voneinander (Paradis, Rice et al. 2003)<br />
kein Unterschied im Tempuserwerb im Vergleich mono- <strong>und</strong><br />
bilingualer SSES-<strong>Kinder</strong> (engl.-frz.) (ebd.)<br />
• früher L2-Erwerb (Beginn: mit 1-3 Jahren): vergleichbare<br />
Entwicklung mono- <strong>und</strong> bilingualer (schwed./arab.) SSES-<strong>Kinder</strong>;<br />
sprachunauffällige bilinguale <strong>Kinder</strong> dagegen in mindestens einer Sprache<br />
vergleichbar mit monolingualen Gleichaltrigen (Hakansson et al. 2003)
L2: Ungestörter Grammatikerwerb<br />
• hohe Variabilität!<br />
• Interferenzen von L1 <strong>und</strong> L2 (<strong>und</strong> umgekehrt!)<br />
• häufiger Entwicklungsverlauf<br />
Imitation (Der H<strong>und</strong> rannte)<br />
<br />
Erproben von Regeln (Der H<strong>und</strong> rennte)<br />
<br />
zunehmend korrekte Formen (Der H<strong>und</strong> rannte)<br />
Was wie ein Rückschritt aussieht, kann<br />
ein Fortschritt sein!
Sprachvergleich (Grammatik)<br />
Türkisch - Deutsch<br />
• Türkisch<br />
agglutinierend: Suffixe markieren<br />
gramm. Eigenschaften<br />
Verb am Satzende, Reihenfolge S-<br />
O-P<br />
Plural durch Anhängen von –ler / lar;<br />
keine Markierung bei<br />
vorangestelltem Zahlwort<br />
statt Modalverben: Kennzeichnung<br />
durch Suffix (außer: „wollen“)<br />
Personalpronomen nur bei<br />
besonderer Betonung (da Person in<br />
Verbendung erkennbar ist)<br />
kein grammatischer Genus (kein<br />
best. Artikel, ein unbestimmter<br />
Artikel<br />
„Gördüm.“ gör: Verbstamm<br />
dü: Perfekt<br />
m: 1. Ps. Sg<br />
• Deutsch<br />
Ausdruck vieler gramm.<br />
Formen durch Wörter<br />
unterschiedliche Verbstellung<br />
je nach Satztyp (V2, V1, VE)<br />
obligatorische Markierung<br />
des Plurals; Vielfalt der<br />
Pluralformen<br />
Modalverben als Wörter<br />
(unregelmäßige Verben)<br />
obligatorische, konsequente<br />
Verwendung des<br />
Personalpronomens<br />
obligatorische Verwendung<br />
des Artikels; dreiklassiges<br />
Genussystem<br />
„Ich habe gesehen.“
Monolingualer Erwerb<br />
des Türkischen<br />
• eindeutige Form-Funktions-Zusammenhänge<br />
• stark regelgeleitet, keine unregelmäßige Formen<br />
• bis 2;0:<br />
Person- <strong>und</strong> Numerusmarkierungen des Verbs<br />
Kasusendungen <strong>und</strong> Possessivendungen erworben, kaum<br />
entwicklungsspezifische Fehler<br />
• bis 2;6:<br />
Tempusmarkierungen des Verbs<br />
• aber: komplexere Formen ziehen sich lange hin (z. B. Nebensatz-<br />
Äquivalente bis ins 6. Lj.)
Fähigkeiten im Erkennen / Korrigieren / Erklären<br />
grammatischer Fehler in Sätzen:<br />
• Stichprobe:<br />
• je 32 bilinguale (engl./span.),<br />
• monolingual engl. <strong>und</strong><br />
• monoling. span. <strong>Kinder</strong><br />
• Ergebnis:<br />
• Reihenfolge der überprüften Fähigkeiten identisch,<br />
• im Erkennen <strong>und</strong> Korrigieren aber früherer Erwerb bei den<br />
bilingualen <strong>Kinder</strong>n (Galambos & Goldin-Meadow 1990)
Beispiele für Interferenzen aus<br />
L1 Türkisch zu L2 Deutsch<br />
• fehlende Artikel Missachtung der Artikeleinsetzungsregel<br />
H<strong>und</strong> jagt Katze.<br />
• fehlende oder falsche Genuszuweisung<br />
Die H<strong>und</strong> jagt die Katze.<br />
• fehlende Pluralmarkierung nach vorangestelltem Zahlwort<br />
Zwei H<strong>und</strong>.<br />
• Endstellung flektierter Verbformen im Hauptsatz<br />
Die H<strong>und</strong> Katze jagt.<br />
• falsche Position von Fragepronomen (im Tk. keine obligatorische<br />
Erststellung)<br />
H<strong>und</strong> warum bellt?<br />
• Interferenzen werden bei frühem L2-Erwerb meist selbständig<br />
überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sind metasprachlichen Zugängen gut zugänglich!
Erwerb einzelner grammatischer Strukturen<br />
zweisprachiger <strong>Kinder</strong> in L2 Deutsch<br />
• SVK, V 2 im Hauptsatz, Verbklammer: schon im ersten Kontaktjahr<br />
mit L 2 im Kiga (Rothweiler, Kroffke, Bernreuther 2004)<br />
Beispiel L1 türkisch (Kroffke 2007)<br />
• 6. Kontaktmonat: t-Markierung am Verb, verb<strong>und</strong>en mit V2<br />
• 8. Kontaktmonat: - st-Markierung, V2 mit Inversion<br />
• Erwerb der Satznegation: im mono- <strong>und</strong> multilingualen Erwerb<br />
identisch; bei SSES abweichend (Rothweiler et al.)<br />
• Abweichungen im Tempo des Kasuserwerbs bei verschiedenen<br />
Herkunftssprachen (jeweils sequentieller L2-Erwerb):<br />
L1 Russisch, Polnisch: 90% Korrektheit nach 11 Kontaktmonaten<br />
L1 Türkisch: 60% Korrektheit nach 11 Kontaktmonaten (Wegener 1997)
SSES bei zweisprachigen <strong>Kinder</strong>n<br />
• bei SSES sind beide Sprachen betroffen<br />
• erste Wörter <strong>und</strong> erste Wortkombinationen in L1 verspätet<br />
• Grammatikerwerb ähnelt den Auffälligkeiten monolingual<br />
deutschsprechender SSES-<strong>Kinder</strong><br />
• reduzierter MLUm in L1 <strong>und</strong> L2<br />
• langsamerer Entwicklungsverlauf in L1 <strong>und</strong> L2<br />
• in L1 Türkisch (vgl. Rothweiler, Babur & Kroffke 2007)<br />
Verbalmorphologie: häufige Auslassungen von Personal- <strong>und</strong><br />
Numerussuffixen<br />
signifikant niedrigere Korrektheitsrate im Kasus als sprachunauffällige<br />
L2-Lerner<br />
Auslassungen / Ersetzungen von Kasusmarkierungen<br />
• in L2 Deutsch:<br />
signifikant häufiger infinite Verben in V2 (Kroffke 2007)<br />
Verbendstellungssätze mit flektierten Verben
TROG-D: 5- <strong>und</strong> 6-jährige zweisprachige <strong>Kinder</strong><br />
im Regelkindergarten (WHA M. Mössinger)<br />
T-Werte im TROG-D<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
36<br />
31<br />
40<br />
48<br />
33<br />
0<br />
russ chin russ türk türk
Fehlerarten / Sprachverständnis<br />
60<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
40<br />
36<br />
31<br />
33<br />
russ chin russ türk.<br />
Lex.<br />
Fehler<br />
1 0 12<br />
2 1 11<br />
3 0 12<br />
4 0 8<br />
Gramm.<br />
Fehler
TROG-D: SuS der Klassen 1, 2, 3 der<br />
Förderschule (WHA C. Borrmann)<br />
T-Werte im TROG-D<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
42<br />
35 35<br />
26 26 23<br />
26<br />
28<br />
roma alban russ ital türk arab ital türk
Fehlerarten / Sprachverständnis<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
35 35<br />
26 26 23<br />
26 28<br />
roma alban russ ital türk arab türk.<br />
Lex.<br />
Fehler<br />
1 2 25<br />
2 0 7<br />
3 1 8<br />
4 1 17<br />
5 0 15<br />
6 0 9<br />
7 1 22<br />
Gramm.<br />
Fehler
Zielstruktur: Perfekt<br />
• „Der Junge hat die<br />
Blumen gepflückt.“<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga: 0 (von 5)<br />
FöSch.: 3 (von 8)
Zielstruktur: Plural<br />
• Die Katzen schauen<br />
den Ball an.<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga: 2 (5)<br />
FöSch: 5 (8)
Zielstruktur: Präpositionen<br />
„über“ <strong>und</strong> „unter“<br />
• „Der Stift ist über der<br />
Blume.“<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga: 0 (5)<br />
FöSch: 3 (8)
Zielstruktur: Passiv<br />
• „Der Elefant wird vom<br />
Jungen geschoben.“<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga: 0 (5)<br />
FöSch: 1 (8)
Zielstruktur: Doppelobjektkonstruktion<br />
• „Der Mann gibt die<br />
Katze dem H<strong>und</strong>.“<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga:<br />
Angabe<br />
keine<br />
FöSch: 3 (8)
Zielstruktur: Topikalisierung<br />
• „Den braunen H<strong>und</strong><br />
jagt das Pferd.“<br />
• sicheres Verständnis:<br />
Kiga:<br />
FöSch.: 3 (8)<br />
keine Angabe
Projekt „Sprachliche Heterogenität“<br />
(Landesstiftung Baden-Württemberg / PH Heidelberg)<br />
Wer ?<br />
200<br />
<br />
SuS der 6. Klasse<br />
(n = 369)<br />
150<br />
• HS bilingual<br />
• HS monolingual<br />
• SHS mono- <strong>und</strong> bilingual<br />
100<br />
Was?<br />
<br />
<br />
Gesamtgruppe:<br />
Grobauswertung einer<br />
schriftlichen Sprachprobe<br />
(Aufsatz)<br />
Feinauswertung einer schriftl.<br />
<strong>und</strong> mdl. Erzählung (Teilgruppe)<br />
50<br />
0<br />
HS<br />
mono<br />
HS bi<br />
SHS<br />
mono<br />
SHS bi
Vergleich der Gesamtgruppen schriftlich:<br />
Fehleranzahl <strong>und</strong> Förderbedarf<br />
durchschn.<br />
Fehlerzahl<br />
SuS mit<br />
Förderbedarf<br />
(mind. 9 F.)<br />
Junge; 13;9<br />
L1 Polnisch, L2 Deutsch<br />
In Deutschland geboren<br />
HS mono 3,04 6,7 %<br />
HS biling. 6,58 27,1 %<br />
SHS 4,38 13,3 %
Anteil fehlerhafter VP <strong>und</strong> NP<br />
in den Teilgruppen (mündlich)<br />
durchschnittlicher<br />
Anteil fehlerhafter<br />
Verben<br />
HS mono 1,05 6,6<br />
HS biling. 2,42 12,8<br />
SHS 2,30 5,8<br />
durchschnittlicher<br />
Anteil fehlerhafter<br />
Nominalphrasen
Erstes Ergebnis<br />
<strong>und</strong> Konsequenzen<br />
• bilinguale SuS als Gruppe den monolingualen SuS deutlich<br />
unterlegen hoher Förderbedarf<br />
• unzureichende Effektivität bisheriger Förderpraxis<br />
• kein automatisches implizites Mitlernen grammatischer<br />
Strukturen durch allgemeine Kommunikationsförderung<br />
• gezielte Förderung formaler Aspekte erforderlich
Verteilung der Flexionsfehler<br />
in bilingualer Teilgruppe<br />
18,30%<br />
81,70%<br />
Verbalflexion<br />
Nominalflexion
Fehler in der Verbalphrase<br />
60,00%<br />
• Auslassungen<br />
Da haben sie Maus<br />
__geguckt.<br />
40,00%<br />
• Formfehler<br />
regularisiert: Danach gebt<br />
den Verkäufer den Futter.<br />
20,00%<br />
falsch irregularisiert: Er<br />
fante nigs.<br />
• SVK<br />
0,00%<br />
schriftl.<br />
mdl.<br />
Der Junge such in den<br />
kleinen Schrank.<br />
Ausl. Formf. SVK sonst.
Fehler in der Nominalphrase<br />
50,00%<br />
40,00%<br />
30,00%<br />
20,00%<br />
Nom<br />
3%<br />
Akk<br />
10%<br />
10,00%<br />
Dat<br />
87%<br />
0,00%<br />
schriftl.<br />
mdl.<br />
Kasus Genus kombin.
Beispiele<br />
Der Junge wollte der H<strong>und</strong> sein Futter geben.<br />
Das Futter hat er schon in die Tasche.<br />
Dann hat den Mutter der Junge Geld gegeben.<br />
Danach gebt den Verkäufer den Futter.<br />
Das Mädchen schaute mit dem Jungen die Fische an.<br />
Danach kaufte sie eine <strong>und</strong> legte es neben den Tasche von<br />
dem Jungen.
Auffälligkeiten in der Nominalphrase<br />
• „weitere Fehler“<br />
größte Fehlergruppe in der bilingualen Gruppe (46,94%)<br />
Auslassungen (v. a. Artikel, Präpositionen)<br />
Pluralformen<br />
Genuszuweisung<br />
falsch gewählte Präpositionen<br />
• Genusfehler<br />
in größerem Maße nur in der bilingualen Gruppe<br />
Hauptfehlerquelle in der NP<br />
• Kasusfehler<br />
Akkusativfehler: selten<br />
Dativfehler: häufig (Fehler in 41% der mündlichen Dativkontexte)<br />
Besonderheit: Abhängigkeit der Dativfehler vom Kontext: zu 74% im<br />
Zusammenhang mit Präpositionen
Fazit<br />
• diagnostischer Wert schriftlicher Sprachproben<br />
• hohe Fehlerkonzentration auf wenige Typen: bestimmter<br />
Artikel (Genus, Dativ), Pronomen, Nomen (Pluralformen)<br />
• regelgeleitete Strukturen weniger problematisch<br />
• unregelmäßige Formen <strong>und</strong> morphologisches Wortwissen<br />
fehleranfälliger<br />
• Wortschatzarbeit muss um morphologische Aspekte erweitert<br />
werden Nahtstelle zum Grammatikerwerb<br />
• Gezielte Sprachförderung muss früh beginnen, darf aber nicht<br />
früh enden!<br />
• Grammatikförderung muss explizit erfolgen <strong>und</strong> ist kein<br />
automatisches Nebenprodukt einer unspezifischen<br />
Kommunikationsförderung!
Danke<br />
für Ihre Aufmerksamkeit!<br />
berg@ph-heidelberg.de