Sprache macht stark! - Offensive Bildung - aviva beisel
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<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
<strong>Sprache</strong><br />
<strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!<br />
Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung<br />
1
Inhaltsverzeichnis<br />
Kurzzusammenfassung 3<br />
Projektaufbau 3<br />
Auftrag der wissenschaftlichen Begleitung 4<br />
Evaluationsdesign 5<br />
Ergebnisse 7<br />
Bewertung der Ergebnisse 20<br />
Perspektiven und Empfehlungen 21<br />
Anhang 22<br />
Kontakt / Impressum 23<br />
Projektteam wissenschaftliche Begleitung<br />
Maren Krempin, Kerstin Mehler, Prof. Dr. Rosemarie Tracy
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Kurzzusammenfassung<br />
Bei dem folgenden Bericht handelt es sich um die Kurzfassung eines Evaluationsberichts über die Implementierung der<br />
Sprachförderkonzeption von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!, einem der sieben Projekte der <strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong>. Einer Zusammenfassung<br />
von Zielen, Struktur und Ablauf des Projekts folgen die Darlegung und kritische Würdigung zentraler Ergebnisse sowie<br />
Empfehlungen für die Verstetigung der Konzeption über das Ende der Laufzeit der Förderung durch die BASF SE hinaus.<br />
Einzelheiten zum Gesamtkonzept und weitere Teilergebnisse lassen sich bereits verfügbaren bzw. in Vorbereitung befindlichen<br />
Publikationen entnehmen (Lemke et al. 2007, Krempin et al. 2009, Tracy & Lemke 2009, Krempin et al. in Vorb.,<br />
Kühn in Vorb.). An dieser Stelle bedanken wir uns bei allen beteiligten pädagogischen Fachkräften, Eltern und Kindern, ohne<br />
deren Mithilfe die wissenschaftliche Begleitstudie nicht möglich gewesen wäre. Unser Dank gebührt auch den Trägern und<br />
Mitwirkenden im Lenkungskreis für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit.<br />
Projektaufbau<br />
Bundesweit laufen seit mehreren Jahren Bestrebungen, die pädagogische Arbeit in den Kindertagesstätten durch zusätzliche<br />
Sprachförderangebote zu ergänzen. Kindern soll so Gelegenheit gegeben werden, bis zum Schulbeginn ihre sprachlichen<br />
Kompetenzen so weit auszubauen, dass ein unbeschwerter Einstieg in das schulische <strong>Bildung</strong>ssystem möglich ist.<br />
Wichtige Voraussetzungen für die erfolgreiche Implementierung von Sprachfördermaßnahmen sind in erster Linie eine<br />
entsprechende Qualifizierung von Fachkräften sowie die Möglichkeit, die für eine effektive Sprachförderung notwendigen<br />
organisatorischen, infrastrukturellen und sozialen Bedingungen zu schaffen. <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! ist ein umfassendes<br />
Förderkonzept, das diesem Anspruch gerecht wird und sich sowohl durch frühen Beginn der Förderung (ab zwei Jahren)<br />
von Kindern aus Familien mit Migrationsbiografie und/oder aus sozial benachteiligten und bildungsfernen Familien, als auch<br />
durch Vernetzung von Förderkontexten, eine intensive Schulung von Sprachförderkräften und Qualifizierung ganzer Kita-<br />
Teams sowie durch die feste Verankerung der Kooperation mit den Eltern der geförderten Kinder auszeichnet.<br />
Das Konzept basiert auf drei parallelen, inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmten Säulen: Sprachförderung<br />
in Kleingruppen von vier Kindern, im pädagogischen Alltag und unter Berücksichtigung von Erst- und Zweitsprache in Eltern-<br />
Kind-Gruppen. Die Sprachförderung beruht auf aktuellen Erkenntnissen über typische Meilensteine des kindlichen <strong>Sprache</strong>rwerbs<br />
im Allgemeinen und über spezifische Herausforderungen des Erwerbs des Deutschen als frühe Zweitsprache. Der<br />
Weiterbildungskonzeption für die beteiligten Kita-Fachkräfte liegt eine explizit kompetenzorientierte Perspektive zugrunde.<br />
Die Kita-Fachkräfte werden darin geschult, individuelle kindliche Kompetenzen wahrzunehmen und im Rahmen der Förderung<br />
daran anzuknüpfen und ihr Sprachangebot am grammatischen Entwicklungsstand und den kommunikativen Interessen<br />
von Lernern auszurichten. Die spezifische Sprachförderung in den Kleingruppen besteht aus einstündigen Treffen,<br />
die mindestens dreimal pro Woche stattfinden. Die Förderung orientiert sich inhaltlich an einer Auswahl alltagsrelevanter<br />
Themenfelder und dem dazugehörigen Wortschatz. Die Kleingruppensituationen werden durch fördernde Aktivitäten im<br />
pädagogischen Alltag ergänzt, an denen alle Kinder teilnehmen. Auf diese Weise erhalten die Kinder Gelegenheit, den zunächst<br />
in der Kleingruppe eingeführten Wortschatz in variierenden Spiel- und Sprechkontexten in der gesamten Gruppe und<br />
in verschiedenen Äußerungszusammenhängen, z.B. auch aus dem Mund der anderen Kinder, nochmals zu hören und so<br />
allmählich immer komplexere lexikalische Netze aufzubauen. Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen – einmal pro Woche<br />
treffen sich Eltern, Kinder und Fachkräfte gemeinsam in der Kita – zielt auf die Sensibilisierung der Eltern für eine optimale<br />
Unterstützung des Erst- und Zweitspracherwerbs ihrer Kinder ab. Dieses Projektmodul unterstützt auch die Kommunikation<br />
zwischen Eltern und Kindern in der Erstsprache, indem es Eltern Anregungen für vielfältige Möglichkeiten bietet, im häuslichen<br />
Alltag Kommunikationsanlässe zu nutzen. Bei diesen Treffen werden die Themenbereiche der Kleingruppenförderung<br />
in Spielen und sonstigen Gruppenaktivitäten (u.a. gemeinsame Ausflüge) ebenfalls aufgegriffen und vertieft. Zugleich wird<br />
durch Eltern-Kind-Gruppen eine wichtige Vertrauensbasis zwischen der Familie und den pädagogischen Fachkräften in der<br />
Kita geschaffen.<br />
3
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Unabhängig von einzelnen Förderkontexten (d.h. Kleingruppe, pädagogischer Alltag oder Eltern-Kind-Gruppe) basiert<br />
die Sprachförderung auf folgenden Prinzipien: Immersion („Sprachbad“, d.h. die Zweitsprache ist zentrales Kommunikationsmedium<br />
im Kita-Alltag), dialogische Interaktion von Erwachsenen und Kindern in alltagsrelevanten Gesprächskontexten<br />
mit geteiltem Aufmerksamkeitsfokus, systematisch strukturierter Input auf allen sprachlichen Ebenen<br />
und Berücksichtigung des individuellen Entwicklungsstands und der kommunikativen Interessen der Kinder. Das umfassende<br />
Qualifizierungskonzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! beinhaltet Schulungen, eine kontinuierliche fachliche Begleitung in<br />
Form eines regelmäßig stattfindenden fachlichen Austausches und Praxiscoachings. 1 In jeder Kita werden mindestens zwei<br />
Fachkräfte zu Sprachförderkräften weiterqualifiziert, die Aktivitäten in Kleingruppen und Eltern-Kind-Gruppen planen und<br />
durchführen. Sie geben zudem als Multiplikatorinnen ihre Kompetenzen an ihre Teams weiter, indem sie kollegiale Beratung<br />
und gegenseitiges Feedback anbieten.<br />
Das ganze Team der Kitas wird geschult, um eine gegenseitige Unterstützung sicher zu stellen und Sprachförderung zu<br />
einer gemeinsamen Aufgabe werden zu lassen, von der alle Kinder profitieren. Infrastrukturelle Voraussetzung ist die Verfügbarkeit<br />
von Räumlichkeiten für die Förderung in kleinen Gruppen und die Durchführung der Eltern-Kind-Gruppen sowie<br />
ausreichende personelle und zeitliche Ressourcen für diese Angebote.<br />
Auftrag der wissenschaftlichen Begleitung<br />
Die Evaluation des Konzepts <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! besteht aus zwei Komponenten: Einer formativen Evaluation, die das<br />
Konzept als quasi „lernendes Projekt“ in der Anfangsphase begleitete und in enger Abstimmung mit den beteiligten Kitas<br />
überarbeitete, und einer summativen Evaluation, die einer abschließenden Bewertung der Machbarkeit an sich (Programmimplementierung)<br />
und einer Überprüfung von Wirkungserwartungen dient. Da es sich bei <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! um eine<br />
sehr komplexe Konstellation handelt, erschien es ratsam, die Ergebnisse der Pilotierungsphase des Jahres 2006-2007 zu<br />
nutzen, um im Zuge einer formativen Evaluation notwendige Korrekturen vorzunehmen. Die Erkenntnisse aus der formativen<br />
Evaluation sind daher bereits in die Erstellung des schriftlichen Konzepttextes (Lemke et al. 2007) eingeflossen und<br />
haben zur Optimierung der Qualifizierungsmaßnahmen beigetragen. Gegenstand des vorliegenden Kurzberichts sind die<br />
Ergebnisse der summativen Evaluation, die in Form von qualitativen und quantitativen Aussagen zusammengefasst werden.<br />
Die nachfolgenden, übergeordneten Fragestellungen der Evaluation orientieren sich eng am Projektauftrag und werden im<br />
Abschnitt „Ergebnisse“ beantwortet und diskutiert.<br />
Sprachförderung in Kleingruppen:<br />
• Entwickeln sich die Kinder so, wie dies aufgrund von Longitudinal- und Querschnittsstudien zum L2-Erwerb<br />
angenommen wird? (Rothweiler 2006, Thoma & Tracy 2006, Tracy 2008, Tracy & Thoma 2009)<br />
• Gelingt es den Kindern, die Grundstrukturen des Deutschen im Laufe des Förderjahres zu erwerben?<br />
• Wie hat sich der Wortschatz, u.a. im Bereich der Themenfelder, nach einem Kitajahr Sprachförderung entwickelt?<br />
• Kann man bei einem Vergleich mit unspezifisch geförderten Kindern zeigen, dass die mit <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!<br />
geförderten Kinder vom frühen Beginn der intensiven Förderung profitieren?<br />
Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen:<br />
• Inwiefern ist es gelungen, die Eltern in die Sprachförderaktivitäten einzubeziehen?<br />
• Welchen langfristigen Nutzen versprechen sich sowohl die Eltern, als auch die beteiligten Kindertagesstätten?<br />
1<br />
Für eine ausführliche Darstellung des Qualifizierungskonzepts vgl. Lemke et al. 2007.<br />
4
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Qualifizierungskonzept:<br />
• Ist es sowohl den Sprachförderkräften als auch dem gesamten Kita-Team anhand des Weiterbildungskonzepts<br />
gelungen, die Sprachförderung in ihren verschiedenen Kontexten durchzuführen und in den Alltag der Einrichtung zu<br />
integrieren?<br />
Nachhaltigkeit:<br />
• Kann <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! langfristig in seiner ursprünglichen Form in den verschiedenen Konzeptionen der<br />
Einrichtungen verankert werden?<br />
• Wo liegen die Grenzen des Konzepts?<br />
• Welche Rahmenbedingungen fördern bzw. erschweren eine Umsetzung des Konzepts?<br />
Evaluationsdesign<br />
1) Sprachförderung in Kleingruppen: Erfassung sprachlicher Kompetenzen<br />
Um die sprachliche Entwicklung der Kinder im Zeitraum der Förderung zu dokumentieren, wurden in den Kitajahren<br />
2006/2007 und 2007/2008 von allen Kindern, die an der Kleingruppe teilnahmen, vier Sprachaufnahmen angefertigt. Die<br />
erste Aufnahme – zeitgleich mit Beginn der Förderung erstellt – erfasste eine vollständige Kleingruppeninteraktion von vier<br />
Kindern und einer Sprachförderkraft auf Video. Zum Zeitpunkt der zweiten bis vierten Erhebung wurden Einzelaufnahmen<br />
von allen Kindern mit Hilfe eines digitalen Aufnahmegeräts gespeichert und in einer Datenbank anonymisiert transkribiert<br />
und annotiert. Die Erhebungen im Kitajahr 2008/2009 wurden auf drei Messzeitpunkte begrenzt, um zusätzliche Aufnahmen<br />
in fünf Kitas aus den Jahren 2006/2007 und 2007/2008 erstellen zu können. 2 Die Auswertung dieser weiteren<br />
Daten soll zeigen, ob sich die erhöhte Sprachförderkompetenz der bereits erfahrenen Förderkräfte in der sprachlichen<br />
Entwicklung der Kinder niederschlägt. Zehn Kinder, die bereits im Kitajahr 2006/2007 an der Sprachförderung teilnahmen,<br />
wurden bis Ende des Kitajahres 2008/2009, d.h. bis kurz vor Schuleintritt, weiter beobachtet. Von diesen Kindern konnten<br />
über den Beobachtungszeitraum eines Kitajahres hinaus (vier Erhebungen) vier weitere Sprachaufnahmen in der jeweiligen<br />
Kindertagesstätte angefertigt werden. 3 Sie sollen dazu dienen, langfristigere Auswirkungen beziehungsweise die Stabilität<br />
der Wirkungen von Fördermaßnahmen einzuschätzen. Nach der Videodokumentation einer Kleingruppensequenz (erste Erhebung)<br />
wurden die Kinder während der zweiten Erhebung einzeln in natürlichen Spielsituationen (im Dialog mit einem Projektmitarbeiter<br />
oder einer Mitarbeiterin) 4 aufgenommen. Während der dritten und vierten Erhebung kam der Produktionsteil<br />
des Sprachstandsverfahrens LiSe-DaZ® zum Einsatz. 5 Im Kitajahr 2007/2008 wurde zum vierten Erhebungszeitpunkt zusätzlich<br />
der Wortschatz der kitaübergreifend in allen Kleingruppen behandelten Themenfelder elizitiert. Ein Wortschatzspiel<br />
(Memory) mit 25 zufällig aus den Themenfeldern ausgewählten Items diente als Basis für diese Überprüfung. Im Kitajahr<br />
2008/2009 wurde die Komplettversion von LiSe-DaZ® (Produktion und Verstehen) eingesetzt, um einen Vergleich mit den<br />
Normierungsdaten zu ermöglichen. 6 Der Sprachstand der Kinder, die an der weiteren Beobachtung teilnehmen, wurde<br />
insgesamt mit Hilfe folgender Verfahren überprüft:<br />
2<br />
Für eine detaillierte Übersicht vgl. Krempin et al. in Vorb.<br />
3<br />
Bei zwei der zehn Kinder konnte die weitere Beobachtung aus organisatorischen Gründen seitens der Kita nicht fortgeführt werden.<br />
4<br />
Die Aufnahmen wurden von Mitarbeitern der Universität Mannheim in einem ruhigen Raum der jeweiligen Kindertagesstätte durchgeführt. Alle Mitarbeiter<br />
verfügen sowohl über sprachwissenschaftliche Kenntnisse als auch über langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Kindern.<br />
5<br />
Das Diagnoseinstrument LiSe-DaZ® (Linguistische Sprachstandserhebung Deutsch als Zweitsprache) wurde im Auftrag der Landesstiftung Baden-<br />
Württemberg im Rahmen des Projekts „Sag´ mal was“ von der Universität Mannheim und der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt und wird zur Zeit<br />
bundesweit normiert (vgl. Schulz et al. 2008; Schulz & Tracy in Vorb.). Verwendet wurden die Pilotversionen II und III sowie die Normierungsversion.<br />
6<br />
Der Vergleich wird nach Abschluss der Normierung von LiSe-DaZ® möglich und ist in Vorbereitung.<br />
5
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
1.-4. Erhebungszeitpunkt (Förderjahr): Material/Methoden aus Kitajahr 2006/2007, u.a. Spontansprachuntersuchung<br />
5. Erhebungszeitpunkt (Jan/Febr. 08): Produktionsteil LiSe-DaZ®<br />
6. Erhebungszeitpunkt (August 08): Produktionsteil LiSe-DaZ®, Wortschatz-Memory<br />
7. Erhebungszeitpunkt (Febr./März 09): LiSe-DaZ® (Verständnis- und Produktionsteil)<br />
8. Erhebungszeitpunkt (Juli 09): Elizitation von Erzählungen /Spontansprachuntersuchung<br />
Die Daten sämtlicher Aufnahmezeitpunkte wurden mit EXMARaLDA transkribiert, in einer relationalen Datenbank erfasst<br />
und bezüglich einer Reihe von grammatischen Phänomenen kodiert. Der Wortschatztest wurde separat ausgewertet.<br />
2) Sprachförderung in Kleingruppen: Erfassung von Hintergrundinformationen<br />
Der für die Evaluation konzipierte Fragebogen „Grunddaten“ wurde von den Kita-Fachkräften der jeweiligen Einrichtung<br />
ausgefüllt. Er enthält hauptsächlich biografische Daten zum Kind und Informationen zu Lebenssituation und Sprachpraxis<br />
in der Familie. Die Sprachförderkräfte wurden gebeten, in vorgefertigten Anwesenheitslisten die Teilnahme der Kinder an<br />
der Kleingruppenförderung zu notieren. Parallel zu den Aufnahmezeitpunkten (siehe unten) wurden die Kita-Fachkräfte (d.h.<br />
nicht die Sprachförderkräfte) gebeten, anhand eines zusätzlichen Fragebogens das kommunikative Verhalten der Kinder<br />
im pädagogischen Alltag zu beschreiben.<br />
3) Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen<br />
Um die Zielerreichung von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! hinsichtlich der Kooperation mit den Eltern zu ermitteln, wurden in den<br />
Kitajahren 06/07, 07/08 und 08/09 leitfragengestützte Elterninterviews eingesetzt. Die Leitfragen wurden auf der Basis<br />
der im Projektauftrag festgelegten Ziele für die Eltern entworfen. In einer ersten Erhebung wurden mit je zwei Müttern 7 aus<br />
den Eltern-Kind-Gruppen jeder teilnehmenden Kita gegen Ende des Kitajahres ca. 15-20-minütige Gespräche geführt (März/<br />
April 2007 und im April/Mai 2008). Ende des Kitajahres 08/09 fand eine zweite Erhebung statt; die bereits interviewten<br />
Mütter wurden auf freiwilliger Basis erneut befragt (Juni/Juli 2009), um Ergebnisse zur Nachhaltigkeit der Förderung in<br />
Eltern-Kind-Gruppen zu erhalten. Die Interviews wurden nach Einverständniserklärung der Befragten auditiv gespeichert<br />
oder durch ein schriftliches Gesprächsprotokoll festgehalten. Die Auswahl der Mütter erfolgte in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Sprachförderkräften der Einrichtung. Es wurde darauf geachtet, dass Mütter mit verschiedenen Erstsprachen<br />
und Mütter mit unterschiedlicher Deutsch-Kompetenz befragt wurden. Die Gespräche wurden in den Kindertagesstätten in<br />
einem separaten Raum durchgeführt. Die Terminvereinbarung erfolgte durch Absprache der Sprachförderkräfte mit den<br />
beteiligten Müttern. Alle Interviews wurden anonymisiert archiviert und qualitativ ausgewertet. Ergänzt werden die Ergebnisse<br />
der Befragung durch Anwesenheitslisten aus den Eltern-Kind-Gruppen, die von den Sprachförderkräften während<br />
des Kitajahres geführt wurden. Des Weiteren hatte die wissenschaftliche Begleitung Einblick in die Dokumentation der<br />
fachlichen Begleitung (vgl. Kühn in Vorb.).<br />
7<br />
Die Eltern-Kind-Gruppen sind offen für Mütter und Väter. Aufgrund geringer Teilnahme von Vätern wurden nur Mütter interviewt. Bei einem Gespräch<br />
nahm der Ehepartner der Befragten mit teil.<br />
6
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
4) Das Qualifizierungskonzept<br />
Mithilfe von Fragebögen zu den Schulungsmaßnahmen und der fachlichen Begleitung wurde die Effektivität der Qualifizierungsmaßnahmen<br />
aus Sicht der Sprachförderkräfte der beteiligten Einrichtungen erhoben. 8 Zum Einsatz kamen diese<br />
Instrumente jeweils nach dem Abschluss der Qualifizierungsmaßnahmen in den Kitajahren 2006/2007, 2007/2008 und<br />
2008/2009. Um die Machbarkeit der Sprachförderung in den Kindertagesstätten erfassen zu können, wurden – zusätzlich<br />
zu den Berichten der Projektmitarbeiter – sowohl Aussagen zu den vorhandenen Rahmenbedingungen in den jeweiligen<br />
Kitas als auch zu einzelnen Aspekten der Durchführung der Fördermaßnahmen erhoben.<br />
5) Nachhaltigkeit<br />
Die Befragung aller Leitungskräfte der Kitas, die <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! im Rahmen der <strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong> implementiert<br />
haben, fand im September 2009 durch Einsatz des Fragebogens „Nachhaltigkeit“ statt. Es wurde dokumentiert, unter<br />
welchen Bedingungen die Förderung in Kleingruppen, im pädagogischen Alltag und in Eltern-Kind-Gruppen nach Abschluss<br />
der Implementierung ohne zusätzliche Personalressourcen in den jeweiligen Einrichtungen umgesetzt wird.<br />
Ergebnisse<br />
Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht die Überprüfung der wichtigsten Aspekte der Sprachförderung in Klein- und Eltern-<br />
Kind-Gruppen, der Befragung der Sprachförderkräfte und Leitungskräfte zu den Themen Durchführung der Sprachförderung,<br />
Rahmenbedingungen und Nachhaltigkeit. Die Darstellung der Ergebnisse gliedert sich nach den genannten Bereichen,<br />
die relevante Stichprobe wird jeweils vorab kurz skizziert. Um die Ergebnisse mit dem aktuellen Forschungsstand<br />
zum Erst- und frühen Zweitspracherwerb in Zusammenhang bringen zu können, wird zunächst ein knapper Überblick über<br />
theoretische Aspekte des <strong>Sprache</strong>rwerbs gegeben. Fokussiert wurden dabei die für die Auswertung der Sprachaufnahmen<br />
relevanten Kriterien.<br />
1) Sprachförderung in Kleingruppen: Forschungsüberblick zum Zweitspracherwerb bei Zwei- bis Vierjährigen<br />
Kinder, die bereits in der frühen Kindheit erstmals in Kontakt mit einer zweiten <strong>Sprache</strong> kommen, durchlaufen in grammatischen<br />
Kernbereichen die gleichen Phasen, die wir aus der Forschung zum Erwerb des Deutschen als Erstsprache kennen<br />
(Rothweiler 2006, Kroffke/Rothweiler 2006; Thoma/Tracy 2006; Tracy 2008; Tracy/Thoma 2009). Da grammatische<br />
Strukturen in dieser Altersgruppe implizit erworben werden, ist der Einsatz expliziter Vermittlungsstrategien oder verschulter<br />
Förderprogramme aus sprachwissenschaftlicher Perspektive ungeeignet. Wichtige Einflussgrößen für den zügigen Erwerb<br />
grammatischen und lexikalischen Wissens sind quantitative und qualitative Merkmale des Sprachangebots, vor allem<br />
die Intensität und Dauer des Kontakts mit der Zweitsprache. Aber auch Persönlichkeitsvariablen, z.B. die Bereitschaft,<br />
sich trotz anfänglich rudimentärer Kenntnisse, früh an Gesprächen in einer neuen <strong>Sprache</strong> zu beteiligen, haben einen<br />
Einfluss. Im Gegensatz zum Erwerb einer Zweitsprache bei Kindern im Grundschulalter scheinen dabei Interferenzen aus<br />
der Erstsprache eine geringere Rolle zu spielen. Zu den wichtigsten Merkmalen des Deutschen, die sich Lerner anhand<br />
des Inputs erschließen, gehören die sog. „Satzklammer“ und die Subjekt-Verb-Kongruenz. Kinder müssen erkennen, dass<br />
im deutschen Hauptsatz das finite Verb in zweiter Position (V2) steht, und dass alle nicht- finiten Verben sowie abtrennbare<br />
Verbpartikeln in der Verbendposition (VE) auftreten. Im Nebensatz hingegen steht das finite Verb nach allen nicht-finiten<br />
Verbteilen am Satzende.<br />
8<br />
Alle Fragebögen wurden vorab in zwei Kindertagesstätten zu einem Testdurchlauf ausgegeben und nach Feedback der Sprachförderkräfte gegebenenfalls<br />
entsprechend modifiziert.<br />
7
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Diese Zusammenhänge lassen sich in einem topologischen Schema darstellen (vgl. DUDEN 2006, 874ff), das die Satzbaupläne<br />
des Deutschen zusammenfasst und das hier exemplarisch mit möglichen Kinderäußerungen gefüllt wurde (aus Tracy &<br />
Thoma 2009, vgl. auch Tracy 2008, Tracy & Lemke 2009).<br />
Tabelle I: Satzbaupläne des Deutschen<br />
Satzklammer<br />
V2 Mittelfeld VE Meilenstein<br />
Bus<br />
rein<br />
Mama auch Bus<br />
Mama auch Bus<br />
fahrn<br />
ich bau ein Turm mit ein Uhr<br />
dann fressen die Vögeln alles auf<br />
M II<br />
M III<br />
➞<br />
Konjunktion<br />
➞<br />
Wenn die Julia Futter reintut M IV<br />
Der Erwerb der syntaktischen Baupläne des Deutschen lässt sich vereinfacht in vier Stufen oder „Meilensteine“ einteilen.<br />
Diese Meilensteine reichen von Einwortäußerungen (Meilenstein I) bis zur Produktion komplexer Sätze, wie beispielsweise<br />
der <strong>Bildung</strong> von Nebensatzstrukturen (Meilenstein IV) (vgl. Tracy 2008, 75ff.). Kinder, die mit Deutsch als Erstsprache aufwachsen,<br />
produzieren zielsprachliche Hauptsätze im Alter von zweieinhalb bis drei Jahren (Schulz 2007, Tracy 1991, Weissenborn<br />
2000). Sie erreichen Meilenstein IV (und damit die Phase der Produktion von komplexen Sätzen) mit drei bis vier<br />
Jahren (vgl. Fritzenschaft et al. 1990, Rothweiler 1993). Zweitsprachlerner, deren Erwerbsbeginn zwischen drei und fünf<br />
Jahren liegt, durchlaufen nicht nur die gleichen Erwerbssequenzen. Sie können sogar, gemessen vom ersten Auftreten von<br />
Einwortäußerungen bis zum zielsprachlichen Gebrauch von V2-Hauptsatzstrukturen, schneller sein als Erstsprachlerner, da<br />
sich bei ihnen die Satzklammer und die Subjekt-Verb-Kongruenz bereits im Laufe eines Kontaktjahrs etablieren kann (vgl.<br />
Thoma & Tracy 2006, Tracy/Thoma 2009). Nebensätze mit zielsprachlicher Verbendstellung und einleitender Konjunktion<br />
finden sich in der Regel im Laufe des zweiten Jahres. Schulz et al. (2008) haben in einer Querschnittsuntersuchung mit<br />
91 L2-Lernern des Deutschen im Alter von drei bis sieben Jahren nachgewiesen, dass die meisten dieser Kinder<br />
2-2 ½ Jahre Kontaktzeit benötigen, um Meilenstein IV zu erreichen.<br />
Das Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! setzt zum einen auf diese natürliche Begabung von Kindern, sich bereits in der<br />
frühen Kindheit parallel mehrere grammatische Systeme anzueignen, und zum anderen auf ihre Fähigkeit, sehr schnell<br />
Wort-Konzept-Verknüpfungen aufzubauen, d.h. ihren Wortschatz zu erweitern. Eine intensive Förderung des Wortschatzerwerbs<br />
bei gleichzeitiger Nutzung der kindlichen Sensibilität für syntaktische und morphologische Variation ist besonders<br />
sinnvoll, da sich ein Zusammenhang zwischen dem Repertoire an lexikalischen Verben und der syntaktischen Entwicklung,<br />
vor allem der Etablierung der Satzklammer, abzeichnet (vgl. Tracy/Thoma 2009): Kinder mit einem größeren Repertoire<br />
von Verben erschließen sich syntaktische Baupläne schneller als Kinder mit reduziertem Verbwortschatz.<br />
Aufgrund des aktuellen Stands der Forschung ist daher bei einer intensiven und vor allem spezifisch auf Problembereiche<br />
der Zielsprache ausgerichteten Förderung Folgendes zu erwarten:<br />
• Die im Rahmen von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! geförderten Kinder sollten sich - sofern sie nicht von einer <strong>Sprache</strong>rwerbsstörung<br />
betroffen sind - mindestens ebenso schnell entwickeln, wie dies aufgrund verfügbarer Longitudinalstudien<br />
zum L2-Erwerb angenommen werden kann (s.o.)<br />
• Sie sollten eher besser abschneiden als Kinder einer Vergleichsgruppe, die im sprachlichen Bereich unspezifisch<br />
(also ohne ausdrücklich auf spezifische Eigenschaften der Zielsprache ausgerichtete Maßnahmen) gefördert<br />
wurden.<br />
8
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Um dies zu überprüfen, wurden für die Analysen folgende Kriterien herangezogen:<br />
• spezifische Meilensteine I-IV des frühen Zweitspracherwerbs (syntaktische und morphologische Entwicklung,<br />
Etablierung der Satzklammer, Subjekt-Verb-Kongruenz)<br />
• kommunikatives Verhalten, erfasst über die mittlere Äußerungslänge (mean length of utterance, MLU, gemessen<br />
in Wörtern), Fragebogen „Kommunikatives Verhalten“<br />
• Wortschatz (Type-Token-Verhältnis und Wortschatzmemory)<br />
• Verständnis von W-Fragen und Verbbedeutungen<br />
Mehrsprachige Kinder können – wie wir es auch von mehrsprachigen Erwachsenen kennen – situations-, themen- oder personenbezogene<br />
Präferenzen für den Einsatz ihrer <strong>Sprache</strong>n entwickeln bzw. ihre sprachlichen Ressourcen zum Füllen von<br />
lexikalischen oder strukturellen Lücken in der einen oder anderen <strong>Sprache</strong> einsetzen. Dieser Gesichtspunkt wurde bei der<br />
Auswertung der Daten ebenso berücksichtigt wie die Tatsache, dass Verweigerungen zu einzelnen Aufnahmezeitpunkten<br />
der allgemeinen Tagesform eines Kindes geschuldet sein können. Durch die Vertrautheit mit den Kindern und die Möglichkeit,<br />
sie über einen längeren Zeitraum zu beobachten und zu mehreren Zeitpunkten testen zu können, ließ sich das Risiko<br />
entsprechender Fehleinschätzungen minimieren.<br />
2) Sprachförderung in Kleingruppen: Beschreibung der Stichprobe<br />
Insgesamt nahmen an der wissenschaftlichen Begleitstudie von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! in den Jahren 2006 – 2009<br />
13 Ludwigshafener Kitas teil. In diesen 13 Kitas wurden 53 Kleingruppen und 204 Kinder näher betrachtet. Zusätzlich<br />
wurden in fünf Ludwigshafener Einrichtungen einmalig Daten für eine Vergleichsstudie erhoben (vgl. Ergebnisse einer zusätzlichen<br />
Vergleichsstudie).<br />
3) Sprachförderung in Kleingruppen: Ergebnisse<br />
3.1) Ergebnisse zu Kindern aus den Kitajahren 06/07 und 07/08<br />
Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Erhebungen, die in den Kitajahren 2006/07 und 2007/08 in acht Kitas mit<br />
113 Kindern durchgeführt wurden. Für die Auswertungen wurden je vier Sprachaufnahmen von 73 Kindern berücksichtigt.<br />
40 Kinder mussten aus verschiedenen Gründen aus der Auswertung der summativen Evaluation ausgeschlossen werden,<br />
wenngleich ihre Daten zum Zweck der individuellen Förderung analysiert wurden. Der Ausschluss aus der vorliegenden<br />
Auswertung beruht auf unvollständigen Erhebungen durch Fehlen bei einer Aufnahmerunde, dem Ausscheiden des Kindes<br />
aus der Kita oder dem Verdacht auf Vorliegen einer spezifischen <strong>Sprache</strong>rwerbsstörung. Die 73 Kinder verteilen sich<br />
auf 14 verschiedene Erstsprachen; die größte Gruppe bilden Kinder mit türkischer Erstsprache. In der Stichprobe sind<br />
10 Kinder mit Deutsch als Erstsprache enthalten. Das Durchschnittsalter der Kinder, die in die Auswertung einbezogen<br />
wurden, liegt während der ersten Erhebung bei 3;4 Jahren (Altersangabe: Jahr; Monate) und während der vierten Erhebung<br />
bei 4;1 Jahren. Der durchschnittliche Zeitraum, den die Kinder zum Zeitpunkt der vierten Erhebung in der Kita verbracht<br />
haben, liegt bei 11 Monaten, von denen sie acht Monate spezifisch gefördert wurden. In dieser Zeit nahmen die Kinder<br />
im Schnitt an 76 Stunden Sprachförderung in Kleingruppen teil. 9 Um die Effekte der Sprachförderung für diese 73 Kinder<br />
zu ermitteln, wurden vorrangig diejenigen Aspekte betrachtet, die sich im <strong>Sprache</strong>rwerbsprozess als besonders relevant<br />
erwiesen haben (vgl. Forschungsüberblick zum Zweitspracherwerb).<br />
9<br />
Das durchschnittliche Alter und die durchschnittliche Zeit in der Kita wurde aufgrund der Angaben im Fragebogen „Grunddaten“ errechnet, der für jedes<br />
Kind vorliegt. Die durchschnittliche Förderzeit hingegen wurde auf der Basis vorhandener Anwesenheitslisten einiger Kitas grob hochgerechnet.<br />
9
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Für alle Kinder der Stichprobe wurde bestimmt, mit welchem Meilenstein des Erwerbs sie zum Zeitpunkt der ersten Erhebung<br />
starteten und welchen Meilenstein sie nach ca. acht Monaten Förderung erreicht haben. Abbildung I veranschaulicht<br />
diese Auswertung. Dabei wurde zusätzlich zu den bereits erwähnten vier Meilensteinen als eine weitere Zwischenstufe nach<br />
dem Erwerb von Hauptsatzstrukturen eine Phase typischer Vorläuferstrukturen von Nebensätzen unterschieden (Meilenstein<br />
IIIb).<br />
Abbildung I: Meilensteine der Förderkinder 06/07 und 07/08<br />
Anzahl Kinder<br />
Die Kinder waren in Bezug auf die syntaktischen<br />
Meilensteine mit sehr unterschiedlichen<br />
Kompetenzniveaus in die Förderung<br />
eingestiegen: Lediglich 17 der Kinder<br />
befanden sich zum Zeitpunkt der ersten<br />
Aufnahme bei Meilenstein I, 23 Kinder bei<br />
Meilenstein II und die größte Gruppe, d.h.<br />
33 Kinder, bei Meilenstein IIIa. Anders als<br />
in den Folgejahren nahmen die Kitas im<br />
Implementierungsjahr auch Kinder in die<br />
Kleingruppenförderung auf, die bereits die<br />
frühen Phasen des L2-Erwerbs gemeistert<br />
hatten. Daher waren nicht alle Förderkinder<br />
Meilenstein I oder II zuzuordnen. Von<br />
17 Kindern, die mit Meilenstein I in die Förderung eingestiegen waren, erreichten die meisten nach der Förderung (insgesamt<br />
11 Kinder) mindestens Meilenstein IIIa oder waren in den Erwerb von Nebensätzen eingestiegen. Insgesamt erwerben<br />
62 von 73 Kindern im Laufe von nur acht Fördermonaten die Satzklammer und damit die Grundlage für deutsche Satzbaupläne<br />
schlechthin. Diese Einschätzung nach Meilensteinen der Entstehung der Satzklammer liefert einen wichtigen Einblick<br />
in die Fortschritte der Kinder und wurde durch weitere, für den Sprachstand wichtige Analysen ergänzt. Das kommunikative<br />
Verhalten der Kinder aus den Jahren 06/07 und 07/08 wurde anhand der mittleren Äußerungslänge (MLU) und dem Verhältnis<br />
von Types zu Tokens 10 von der ersten bis zur letzten Erhebung verglichen. Bezugsgröße für die relativen Häufigkeiten<br />
ist die Anzahl der Sätze pro Transkript.<br />
10<br />
D.h. wie viele unterschiedliche Ausprägungen kommen von Wörtern aller Wortklassen in Bezug auf die insgesamte Äußerungslänge vor.<br />
10
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Abbildung II: MLU und MLU x Type-Token-Ratio<br />
3,00<br />
Die MLU der 63 L2-Kinder hat sich zwi-<br />
L 2<br />
schen der ersten und vierten Erhebung<br />
2,50<br />
signifikant erhöht, t (62) = 5,94, p =<br />
0,001. Die Reichhaltigkeit des Wortschatzes,<br />
gemessen im Verhältnis<br />
2,00<br />
unterschiedlicher Wörter zu allen Wörtern<br />
gewichtet mit der jeweiligen Tran-<br />
1,50<br />
skriptlänge (Type-Token-Ratio x MLU)<br />
1,00<br />
hat sich bei den L2-Lernern ebenfalls<br />
signifikant verbessert, t (62) = 5,99,<br />
0,50<br />
p = 0,001. 11<br />
Bei den 10 Kindern mit Deutsch als<br />
0,00<br />
Erstsprache (L1) sind die Veränderungen<br />
im Rahmen des Beobachtungs-<br />
Erhebung 1 MLU Erhebung 4 MLU Erhebung 1 TT x MLU Erhebung 4 TT x MLU<br />
zeitraums nicht signifikant. Dies verwundert nicht, da die Kinder bereits mit einem höheren Wortschatzniveau starten konnten,<br />
so dass keine großen Zuwächse zu erwarten waren. 12 Insgesamt erreichen die L2-Kinder weitestgehend das Niveau<br />
der untersuchten L1-Kinder hinsichtlich der durchschnittlichen Äußerungslängen und des Wortschatzes. Die Ergebnisse<br />
des Fragebogens „Kommunikatives Verhalten“ sind ergänzend in die oben dargestellten Auswertungen eingeflossen. 13 Für<br />
50 Kinder aus dem Kitajahr 2006/2007 wurde quantitativ der Erwerb der Satzklammer anhand der Entwicklung der Verwendung<br />
von Verben nachgezeichnet. Die folgende Grafik zeigt sowohl für die deutschen Kinder, als auch für die Kinder<br />
mit Deutsch als Zweitsprache, die Verwendungshäufigkeit von Verben für die Erhebungszeitpunkte:<br />
MLU und MLU x Type-Token Ratio<br />
Abbildung III: Verbentwicklung der Förderkinder 06/07<br />
Vorkommenshäufigkeit in %<br />
Abgebildet wird sowohl die Verwendung<br />
1,00<br />
0,90<br />
aller Verben in jeder Aufnahme,<br />
als auch die Vorkommenshäufigkeit<br />
0,80<br />
der finiten Verben in der Position der<br />
linken Satzklammer, die morphologisch<br />
0,70<br />
0,60<br />
zielsprachlich flektiert sind. Die V2fin+<br />
Kurven stellen den Anteil der korrekt<br />
flektierten Verben in V2-Position dar.<br />
0,50<br />
Die V2fin+ Kurven der deutschen Kinder<br />
0,40<br />
0,30<br />
zeigen eine Tendenz nach unten,<br />
da die Kinder aufgrund der standardisierten<br />
Testsituation bei den späteren<br />
0,20<br />
Erhebungen, anders als bei den Spontanspracherhebungen,<br />
0,10<br />
0,00<br />
weniger Gele-<br />
genheit hatten, Äußerungen mit Verben<br />
Erhebung 1 Erhebung 2 Erhebung 3 Erhebung 4<br />
zu produzieren. Alles in allem kann<br />
nachgewiesen werden, dass sich die Mehrheit der Kinder (62 von 73) in den Kitajahren 2006/2007 bzw. 2007/2008) im<br />
Laufe des Förderzeitraums die Grundstruktur deutscher Sätze angeeignet hat und z.T. in den Erwerb von Nebensätzen<br />
eingestiegen ist. Nach Abschluss der LiSe-DaZ® Normierung wird ein weiterer Vergleich mit den Kindern der Normierungsstichprobe<br />
möglich sein.<br />
11<br />
Durchgeführt wurde ein T-Test mit Messwiederholung.<br />
12<br />
Die deutschen Kinder haben vor Eintritt in die Kita in der Regel natürlich mehr deutschen Input erhalten und starten daher mit einem höheren Wortschatz<br />
niveau als die L2-Kinder, was jedoch nichts über den jeweiligen Förderbedarf insgesamt aussagt, der auch bei den L1-Kindern festgestellt wurde.<br />
13<br />
Der Fragebogen wurde von den Gruppenerzieherinnen jeweils parallel zu den Erhebungszeitpunkten ausgefüllt. Nicht alle Fragebögen wurden vollständig<br />
ausgefüllt abgegeben.<br />
Verben L1<br />
Verben L2<br />
V2 fin+ L1<br />
V2 fin+ L2<br />
L 1
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
3.2) Ergebnisse einer zusätzlichen Vergleichsstudie<br />
Um die Effekte von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! bewerten zu können, wurde im September und Oktober 2009 in insgesamt fünf<br />
Kitas eines Ludwigshafener Stadtteils eine Vergleichsstudie durchgeführt. Alle Kitas waren hinsichtlich ihres Anteils an<br />
Kindern mit Deutsch als Zweitsprache vergleichbar.<br />
Zwei der Kitas hatten im Sommer 2007 die Implementierungsphase von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! abgeschlossen und arbeiteten<br />
seitdem nach diesem Förderkonzept. In den anderen drei Kitas liefen <strong>Bildung</strong>sprojekte ohne spezifische sprachliche Fördermaßnahmen<br />
für Kinder unter vier Jahren. 14 Insgesamt wurden Daten von 46 Kindern erhoben. In allen Einrichtungen wurden<br />
die pädagogischen Fachkräfte gebeten, nach folgenden Kriterien neun Kinder auszuwählen: Die Kinder sollten seit einem<br />
Jahr regelmäßig am Kita-Alltag teilnehmen. Alle Kinder sollten mit einer anderen <strong>Sprache</strong> als Deutsch als Erstsprache<br />
aufgewachsen sein. Je ein Drittel der ausgewählten Kinder sollte sich nach Einschätzung der Fachkräfte im sprachlichen<br />
Bereich schnell, eher durchschnittlich oder langsam entwickelt haben. Für die Auswertung wurden 34 Kinder berücksichtigt,<br />
von denen 17 Kinder nach <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! (Altersdurchschnitt: 4;2) und 17 unspezifisch gefördert wurden<br />
(Altersdurchschnitt 4;4). Ausgeschlossen wurden Kinder, mit denen die Erhebungen nicht vollständig durchgeführt werden<br />
konnten sowie für die Vergleichsgruppe vorgeschlagene Kinder, die sich post hoc als deutschsprachige Kinder ohne<br />
Migrationshintergrund herausstellten. Als Erhebungsinstrumente wurden der Produktions- und Verstehensteil des LiSe-<br />
DaZ®-Verfahrens (Normierungsversion) eingesetzt. Im Verstehensmodul wurde die Interpretation von Verbbedeutungen<br />
(z. B. trinken vs. austrinken) und das Verstehen unterschiedlicher W-Fragen (Wen hat sie gefüttert? Wem gibt sie eine Nuss?)<br />
untersucht. Zusätzlich wurde mit den Kindern ein Wortschatztest durchgeführt. Eine Auswahl der Ergebnisse der Subtests<br />
wird im Folgenden vorgestellt.<br />
Für die 34 Kinder der Vergleichsstudie wurde der Meilenstein zum Zeitpunkt der Erhebung dokumentiert:<br />
Abbildung IV: Meilensteine Vergleichsgruppe<br />
Anzahl Kinder<br />
spezifisch gefördert<br />
unspezifisch gefördert<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
M I M II M IIIa M IIIb M IV<br />
Anders als bei den Kindern der Kitajahre 2006-2008<br />
konnte für die Vergleichsgruppe der Meilenstein zu<br />
Beginn der Förderung nicht bestimmt werden, da<br />
hierzu keine Daten zur Verfügung standen. Abbildung<br />
IV zeigt, welchen Meilenstein sowohl die spezifisch,<br />
als auch die unspezifisch geförderten Kinder nach<br />
ca. einem Jahr in der Kita erreicht haben. Während<br />
13 der 17 unspezifisch geförderten Kinder maximal<br />
Meilenstein IIIa zugeordnet werden können, stehen<br />
10 von 17 spezifisch geförderten Kindern bereits bei<br />
Meilenstein IIIb oder Meilenstein IV.<br />
Dieser vergleichende Überblick liefert also ein erstes<br />
Indiz für die Wirksamkeit der spezifischen Förderung<br />
nach dem Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! Nachfolgend<br />
werden die Entwicklungsunterschiede auf<br />
stärker differenzierten sprachlichen Ebenen betrachtet.<br />
Die Auswertung des Produktionsteils von LiSe-DaZ® zeigt, dass bei gleicher Aufgabenstellung und bei identischem<br />
Stimulus die spezifisch geförderten Kinder insgesamt mehr Voll- und Modalverben produzieren als die Kinder der Vergleichsgruppe.<br />
Sie verwenden auch deutlich mehr Komplementierer. Letzteres deutet darauf hin, dass sie häufiger Gelegenheit<br />
hatten, syntaktisch komplexe Sätze zu hören.<br />
14<br />
Alle an der Vergleichsstudie teilnehmenden Kinder waren mit vier Jahren noch zu jung für eine Teilnahme an durch Landesmittel geförderten<br />
Sprachfördermaßnahmen.<br />
12
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Abbildungen V: Produktion LiSe-DaZ®<br />
Abbildung: VI: Subjekt-Verb-Kongruenz<br />
Anzahl (Mittelwert)<br />
16<br />
spezifisch gefördert<br />
unspezifisch gefördert<br />
Anzahl (Mittelwert)<br />
16<br />
SVK gesamt<br />
SVK zielsprachlich<br />
14<br />
14<br />
12<br />
12<br />
10<br />
10<br />
8<br />
8<br />
6<br />
6<br />
4<br />
4<br />
2<br />
2<br />
0<br />
Vollverben Modalverben Präpositionen Komplementierer<br />
0<br />
spezifisch gefördert<br />
unspezifisch gefördert<br />
Der Untertest Subjekt-Verb-Kongruenz überprüft, ob Kinder in der Lage sind, die in finiten Haupt- und Nebensätzen<br />
notwendige Übereinstimmung von Subjekt und Verb herzustellen, und zwar einmal im Hinblick auf den prinzipiellen<br />
Finitheitsstatus eines Verbs ungeachtet der zielsprachlichen „Wohlgeformtheit“ (ich gehst, er bist, formales Detail noch<br />
abweichend, vgl. Abb. 6: SVK gesamt), und zweitens hinsichtlich der korrekten Form des Erwachsenensystems (ich geh(e),<br />
er ist …) (= SVK zielsprachlich).<br />
Abbildung VII: Verständnis LiSe-DaZ®<br />
korrekte Items (Mittelwert)<br />
14<br />
spezifisch gefördert<br />
unspezifisch gefördert<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
Die Auswertungen der Untertests zum Verständnis von<br />
Verben und W-Fragen zeigen ähnliche Tendenzen.<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Verbbedeutung<br />
W-Fragen<br />
Die spezifisch geförderten Kinder erzielten also in allen dargestellten Untertests bessere Ergebnisse. Die Mittelwertvergleiche<br />
wurden anhand von T-Tests unter Annahme unabhängiger Stichproben durchgeführt. Statistisch signifikante<br />
Unterschiede zeigten sich bei den Komplementierern, den W-Fragen, im Bereich SVK gesamt und SVK zielsprachlich.<br />
15 Durch den Einsatz eines Wortschatzmemoryspiels wurde überprüft, ob die spezifisch geförderten Kinder den in<br />
der Sprachförderung angebotenen Wortschatz diverser Themenbereiche aktiv gebrauchen können. Die Items orientieren<br />
sich an den Themenfeldern Neu in der Kita, Kleidung, Essen und Trinken, Mein Körper, Natur und Straßenverkehr. 16<br />
15<br />
Komplementierer: t (23,85) = 2,66, p = 0,014; W-Fragen: t (32) = 2,04, p = 0,049; SVK gesamt: t (24,7) = 2,23, p = 0,035; SVK zielsprachlich:<br />
t (23,81) = 2,51, p = 0,019.<br />
16<br />
Verteilung der Items: Kita 14, Essen/Trinken 13, Kleidung 10, Straße 8, Körper 5.<br />
13
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
korrekte Items (%)<br />
100<br />
90<br />
spezifische Förderung<br />
unspezifische Förderung<br />
Abbildung VIII:<br />
Wortschatztest Vergleichsgruppe<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Kleidung Essen+Trinken Neu i.d. Kita Straße/Verkehr Körper<br />
Die Ergebnisse zeigen, dass die spezifisch geförderten<br />
Kinder bei allen Themenfeldern besser abschneiden<br />
als die unspezifisch geförderten Kinder.<br />
Daraus lässt sich schließen, dass der gezielt an den<br />
Themenfeldern orientierte Input in allen Förderkonstellationen<br />
(Kleingruppe, pädagogischer Alltag,<br />
Eltern-Kind-Gruppe) die Kinder unterstützt, ihren<br />
Wortschatz auszubauen. Dabei sind die lexikalischen<br />
Unterschiede bei Themenbereichen, die sich am Alltag<br />
der Kita orientieren (Neu in der Kita, Körper) nicht<br />
so deutlich wie bei Wortschatz, den man eher mit<br />
Aktivitäten außerhalb des Alltagsgeschehens einer<br />
Kita in Verbindung bringt. Da der Wortschatzerwerb<br />
in hohem Maße von Zufälligkeiten individueller Erfahrung und somit von sehr spezifischen Erwerbsgelegenheiten abhängt,<br />
kann es im Grunde nicht überraschen, dass die unspezifisch geförderten Kinder mit Themenfeldern, die außerhalb ihres<br />
Erfahrungsbereichs liegen, deutlich weniger gut zurecht kommen als die spezifisch geförderten Kinder, bei denen sich die<br />
Kitas explizit um die Förderung des Wortschatzerwerbs bemüht haben.<br />
Die Vergleichsstudie gibt zu Optimismus Anlass. Sowohl bei der Betrachtung der erreichten Meilensteine als auch auf<br />
einzelnen grammatikalischen und lexikalischen Ebenen haben die spezifisch geförderten L2-Kinder einen höheren Entwicklungsstand<br />
erreicht als die Kinder in der Vergleichsgruppe. Einschränkend wäre hervorzuheben, dass angesichts des<br />
geringen Stichprobenumfangs (N=34) weiterführende Kontrollgruppenstudien wünschenswert wären.<br />
3.3) Ergebnisse Langzeituntersuchung Esa<br />
Im folgenden Abschnitt wird eins von insgesamt acht Kindern, die ab dem Zeitpunkt der intensiven Förderung bis kurz vor<br />
Schuleintritt regelmäßig aufgenommen wurden (insgesamt acht Aufnahmen) exemplarisch vorgestellt. In die Analyse fließen<br />
die Aufnahmen eins bis sieben ein. 17<br />
Die nachfolgende Tabelle gibt einen kurzen Überblick zu Alter, Erstsprache und Entwicklung der mittleren Äußerungslänge<br />
des Kindes zu den sieben Aufnahmezeitpunkten:<br />
Tabelle II: Übersicht Esa<br />
Name 18<br />
Erstsprache<br />
Alter zum Alter Zeitpunkt der<br />
Aufnahmen (Jahre; Monate)<br />
MLU (Wörter)<br />
Min<br />
Max<br />
Esa Türkisch 3;5 – 5;8 1,37 4,12<br />
17<br />
Aufnahme acht konnte für den vorliegenden Bericht nicht mehr berücksichtigt werden.<br />
18<br />
Die Namen der Kinder wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen geändert.<br />
14
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Esa besucht zum Zeitpunkt der ersten Aufnahme seit einem knappen Monat die Kindertagesstätte.<br />
Esas Mutter ist in Deutschland geboren und verfügt über gute Deutschkenntnisse. Sie spricht gelegentlich Deutsch mit ihr<br />
und ihren jüngeren Geschwistern. Die Hauptfamiliensprache ist jedoch Türkisch, da der Vater kaum Deutsch spricht. Esa<br />
und ihre Mutter nehmen nicht an der Eltern-Kind-Gruppe teil, der Zeitraum der intensiven Förderung (in der Kleingruppe und<br />
im pädagogischen Alltag) erstreckt sich von Oktober 2006 bis Juli 2007. Während der ersten Wochen in der Kita wirkt Esa<br />
sehr zurückhaltend und spricht insgesamt wenig. Sie produziert nur wenige Einwortäußerungen wie hallo, ja, zwei, drei.<br />
Ab dem Zeitpunkt der zweiten Aufnahmerunde wird sie von den Kita-Fachkräften bereits als sehr kommunikationsfreudig<br />
wahrgenommen, sie spricht vermehrt und gerne auch außerhalb der Kleingruppe. Nicht-finite Konstruktionen mit Verbendstellung<br />
(mh Karotte essen) treten im Alter von 3;8 Jahren neben ersten, finiten V2-Strukturen auf (und die putzt Zähne).<br />
Einen Monat später hat sie, wie folgende Beispiele veranschaulichen, Meilenstein III erreicht: Darf ich auch? Wo gehen wir?<br />
Zum Zeitpunkt der vierten Aufnahme treten erste Vorläufer von Nebensätzen auf (weil/ wie kann net gehen), im Alter von<br />
4;7 Jahren zeigt sich der erste Nebensatz mit Verbendstellung (wenn du net wohin rennst). Zum Zeitpunkt der siebten Aufnahme<br />
(im Alter von 5;8) versucht Esa, Ereignisse, die in vorangegangenen Aufnahmen eher fragmentarisch oder knapp<br />
dargestellt wurden, in einen narrativen Zusammenhang zu bringen (Großschreibung zeigt betonte Silben an, Pfeile eine<br />
steigende bzw. fallende Intonation; M = Name der durchführenden Person, E = Esa):<br />
Bild von Kindern beim Skateboardfahren, eins der Kinder Lise trägt einen Sturzhelm.<br />
M: un WAS hat Lise mit dem HELM ge<strong>macht</strong><br />
E: un den HElm ham de AUCH angeZO: da/ das wenn a RUNtafallt dasse nicht bei ihr kopf WEH dut oder<br />
BLUtet oder n RIES nbeule ist meine kleine schwester hat EH schon eine ries nbeule<br />
e<br />
Bild von Kindern, die mit einem Hund im Park spazieren gehen. Der Hund möchte weglaufen.<br />
e<br />
M: Ibo SCHIMPFT mi dem hund der hund wollte WEGlauf n weil er ein lautes geRÄUSCH gehört hat<br />
E: weil er hat gesagt ähm WENNS noch eima WEG ist dann nehm wir disch NISCHT mit aber wenn’s du/ wenn’s<br />
nischt mehr WEGlauft dann nehm n wir disch MIT<br />
e<br />
Nachfolgend wird die Entwicklung von Esas Verbstellung über sieben Aufnahmen hinweg abgebildet:<br />
e<br />
Vorkommenshäufigkeit (%)<br />
1,00<br />
0,90<br />
0,80<br />
0,70<br />
0,60<br />
0,50<br />
0,40<br />
0,30<br />
0,20<br />
Esa Aufnahme 1 - 7<br />
V<br />
V2fin+<br />
VEfin+<br />
V3<br />
Abbildung X: Verbentwicklung Esa<br />
Die morphologisch korrekt flektierten finiten Verben<br />
in der V2-Position steigen – im Verhältnis zur relativen<br />
Häufigkeit aller Verben – stetig an. In diesem<br />
Zeitraum gehen nach kurzem Anstieg zielsprachlich<br />
abweichende Sätze (Bsp: dann die gehen da rein)<br />
fast völlig zurück (V3-Linie). Die ansteigende Kurve<br />
für finite Verbendstrukturen repräsentiert Vorläuferstrukturen<br />
und schließlich zielsprachliche Kandidaten<br />
von Nebensätzen.<br />
0,10<br />
0,00<br />
40 45 50 55 60 65 70<br />
Alter (Monate)<br />
15
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
4) Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen: Beschreibung der Stichprobe<br />
Der zentralen Frage, ob die Projektziele für Eltern erreicht werden konnten, wird in diesem Abschnitt anhand der Auswertung<br />
der fortlaufenden Dokumentation seitens der fachlichen Begleitung, der Sprachförderkräfte und der Elterninterviews<br />
nachgegangen. In den Jahren 2006 – 2009 wurden in 13 Kindertagesstätten insgesamt 17 Eltern-Kind-Gruppen für die<br />
wissenschaftliche Begleitstudie berücksichtigt. An diesen Eltern-Kind-Gruppen haben ca. 160 Elternteile mit ihren Kindern<br />
und teilweise mit Geschwisterkindern teilgenommen. Während dieses Zeitraums wurden 17 Mütter aus insgesamt acht<br />
Kitas in persönlichen Gesprächen befragt. Es wurde darauf geachtet, Mütter mit verschiedenen Erstsprachen einzubeziehen<br />
(Albanisch, Deutsch, Griechisch, Italienisch, Türkisch und Kurdisch). Im Kitajahr 2008/2009 wurden sechs Mütter aus<br />
insgesamt vier Kitas nach ihrer Teilnahme an der Eltern-Kind-Gruppe ein zweites Mal interviewt.<br />
4.1) Das Angebot von Eltern-Kind-Gruppen und die Beteiligung der Eltern<br />
Die Dokumentation der fachlichen Begleitung (vgl. Kühn, in Vorb.) erlaubt einen quantitativen Überblick über die Eltern-<br />
Kind-Gruppen in allen beteiligten Einrichtungen und liefert ferner Informationen darüber, in welchem Ausmaß das Angebot<br />
von den Eltern angenommen wurde. Ebenso wurden Gründe für das Ausfallen von Treffen und den Abbruch der Teilnahme<br />
erfasst. In die aktuelle Auswertung wurden die 13 Einrichtungen einbezogen, die an der Implementierungsphase von<br />
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! beteiligt waren. Das Konzept der Eltern-Kind-Gruppe konnte während des Implementierungsjahres in<br />
allen Kindertagesstätten wie geplant umgesetzt werden. In den Einrichtungen fanden durchschnittlich 26 Treffen statt. 19 Im<br />
Schnitt kam es zu sechs Ausfällen. Als Gründe wurden von den Kitas vor allem folgende genannt: Feier- und Festtage (17x),<br />
Erkrankung von Sprachförderkräften (15x), andere Verpflichtungen 20 (16x), Personalmangel (8x), Urlaub (8x), Kita-Streik<br />
(7x) und mangelnde Teilnahme von Eltern (4x). Die Tatsache, dass „mangelnde Teilnahme der Eltern“ nicht häufiger genannt<br />
wurde, zeigt, dass das Angebot seitens der Eltern gern und regelmäßig wahrgenommen wurde. Dies unterstreichen auch<br />
die konstanten Teilnehmerzahlen der Eltern über ein gesamtes Kitajahr hinweg. Die Gründe für Eltern, die Eltern-Kind-<br />
Gruppe nach anfänglicher Teilnahme nicht mehr zu besuchen, sind kaum bekannt, da größtenteils keine Angaben ge<strong>macht</strong><br />
wurden. Zu den genannten Gründen zählen Arbeit, der Besuch eines Deutschkurses oder Umzug.<br />
Die vorliegenden Daten illustrieren, dass es grundsätzlich allen Einrichtungen gelungen ist, die Sprachförderung in den<br />
Eltern-Kind-Gruppen während des Implementierungsjahres in den Kindergartenalltag zu integrieren. 21 Die Treffen erfahren<br />
großen Zuspruch, wie nicht nur die regelmäßig geführten Anwesenheitslisten dokumentieren, sondern auch die Aussagen<br />
der Teilnehmenden selbst, die im folgenden Abschnitt zu Wort kommen.<br />
4.2) Die Eltern-Kind-Gruppe aus Sicht der Eltern: „So fühle ich mich auch ein bisschen wichtiger hier“<br />
Die sprachliche Förderung der Kinder und der spielerische Umgang mit <strong>Sprache</strong> und Mehrsprachigkeit standen auch in<br />
den Eltern-Kind-Gruppen im Mittelpunkt (vgl. dazu Lemke et al. 2007). Relevant ist daher, welchen Informationszuwachs die<br />
Eltern in Bezug auf den <strong>Sprache</strong>rwerb/die Mehrsprachigkeit ihrer Kinder erfahren haben und wie sich dieses Wissen auf<br />
das eigene Sprachverhalten im Umgang mit den Kindern ausgewirkt hat. Erfragt wurde ferner, inwiefern sich die Bindung<br />
an die Kindertagesstätte aus Sicht der Eltern in Folge der Eltern-Kind-Gruppen verändert hat. In zahlreichen Gesprächen mit<br />
Müttern kam zum Ausdruck, dass anfänglich ein sehr großer Informationsbedarf zum Thema <strong>Sprache</strong> bestand und dass<br />
insbesondere Eltern mit Migrationshintergrund mitunter diesbezüglich sehr verunsichert waren.<br />
19<br />
In einer Einrichtung fand die Eltern-Kind-Gruppe nur alle zwei Wochen statt.<br />
20<br />
Unter „andere Verpflichtungen der Kita“ wurden folgende Angaben subsumiert: externe Evaluation, Konzeptions- oder Planungstage, Weiterbildungen<br />
und sonstige Veranstaltungen in der Kita.<br />
21<br />
Der Abschnitt zur Nachhaltigkeit zeigt, wie die Eltern-Kind-Gruppen nach der Implementierung fortgeführt wurden.<br />
16
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Informationsdefizite bestanden unter anderem im Hinblick auf die Sprachwahl in der Familie (Schadet es dem Kind, wenn<br />
in der Erstsprache kommuniziert wird?) und auf die Auswirkungen einer zweisprachigen Entwicklung im Allgemeinen (Muss<br />
man sich Sorgen machen, wenn Kinder ihre <strong>Sprache</strong>n mischen?). So bedauerte eine türkische Mutter – stellvertretend für<br />
andere Mütter – explizit, dass sie das, was sie zum Thema Mehrsprachigkeit in der Eltern-Kind-Gruppe erfuhr, nicht schon<br />
früher wusste, denn dann hätten auch ihre älteren Kinder schon von ihrem Wissen profitieren können. Auch deutschsprachige<br />
Eltern ohne Migrationshintergrund waren sich häufig nicht bewusst, wie sie ihre Kinder durch eine Anreicherung ihrer<br />
sprachlichen Umgebung und anregende Kommunikationsanlässe unterstützen und im positiven Sinne fordern können.<br />
Einige brachten zum Ausdruck, ihnen sei zum ersten Mal klar geworden, dass sie für ihre Kinder wichtige Sprach- und<br />
<strong>Bildung</strong>svorbilder sind, wie das folgende Originalzitat einer Mutter belegt:<br />
Ich bin froh auch, dass der Kindergarten des angeboten hat, weil, wenn ich mit ihr zu Hause so alleine gesprochen hätt,<br />
hätt ich halt als Mutter ganz normal—[Selbstunterbrechung]. Dass ich mein Kind jetzt extra fördern kann, wenn ich mir<br />
jede Woche ein Thema aussuche, da muss man erst mal druffkomme als Mutter.<br />
Im geschützten Rahmen der Eltern-Kind-Gruppe wurden Empfehlungen und Tipps zum Thema <strong>Sprache</strong> und Sprachverhalten<br />
mit offenkundigem Interesse aufgenommen. Auch Ängste zum Thema Verlust der Erstsprache durch den Einfluss<br />
der Zweitsprache konnten durch eine bewusst artikulierte Wertschätzung der Familiensprachen abgebaut werden. Eine<br />
türkische Mutter, die selbst fließend Deutsch spricht, berichtete, dass die deutsche <strong>Sprache</strong> im Verlauf des Förderjahres<br />
eine zunehmend gewichtigere Rolle im Alltag der Familie spielte. Während sie dies anfangs mit Besorgnis sah, fürchtete sie<br />
im Laufe der Zeit nicht mehr, dass das Türkische völlig durch die Zweitsprache Deutsch verdrängt werden könnte. Fast alle<br />
Mütter berichteten, dass sie Anregungen in Form von Materialien, Spielen und Vorschlägen zu Aktivitäten zu Hause gerne<br />
umsetzten. Die gemeinsame Zeit in der Eltern-Kind-Gruppe wurde aber auch gerade dann als besonders positiv empfunden,<br />
wenn im familiären Alltag nicht genügend Zeit blieb, um sich selbst Spiele und Anregungen für die Kommunikation mit ihren<br />
Kindern auszudenken. Sprachliche Fortschritte der Kinder in ihrer Zweitsprache Deutsch wurden von allen Müttern bewusst<br />
wahrgenommen, ganz besonders im Bereich des Wortschatzes:<br />
Sie ist wie ein Schwamm, sie lernt jeden Tag viele neue Wörter.<br />
Resultate der intensiven Förderung <strong>macht</strong>en sich unter anderem dadurch bemerkbar, dass die Kinder laut Aussage der<br />
Eltern öfter und vermehrt Deutsch zu Hause sprachen, Bezeichnungen aus den aktuellen Themenfeldern produzierten<br />
und nach Meinung der befragten Mütter „stolz“ berichteten, was sie in der Kleingruppe gelernt hatten. Diese positiven<br />
Auswirkungen waren auch für Ehepartner ersichtlich, wie einige Mütter anmerkten. Die Gespräche und Diskussionen rund<br />
um das Thema <strong>Sprache</strong> und Mehrsprachigkeit hatten auch Auswirkungen auf das eigene Sprachverhalten der Mütter:<br />
Diejenigen, die selbst gut Deutsch sprachen, bisher aber nur in der Muttersprache mit dem Kind kommunizierten, hatten<br />
mit der Zeit weniger Hemmungen, auch mehr Deutsch zu sprechen, und Mütter mit Deutsch als Erstsprache berichteten<br />
von ihren Bemühungen um einen bewussteren, variationsreichen Input. Alle Mütter sagten aus, dass sie insgesamt mehr<br />
mit dem Kind/ihren Kindern kommunizierten und sich selbst daran erinnerten, alltägliche Handlungszusammenhänge und<br />
Ereignisse zu versprachlichen. Mütter, die über geringe Deutschkenntnisse verfügen, konnten erfahren, dass es richtig und<br />
sinnvoll war, wenn sie sich auf die Muttersprache konzentrierten, gleichzeitig aber Interesse für den Zweitspracherwerb<br />
ihres Kindes zeigten – indem sie sich beispielsweise neu gelernte deutsche Wörter übersetzen ließen. Einigen Müttern fiel<br />
es – auch aufgrund fehlender Sprachkenntnisse im Deutschen - schwer, Informationen, die sie zum Thema <strong>Sprache</strong>rwerb<br />
und Mehrsprachigkeit erhielten, explizit aufzuführen, während wiederum andere detailliert Auskunft über mündlich und<br />
schriftlich erhaltene Information und konkrete, in den Eltern-Kind-Gruppen vorgestellte Anregungen geben konnten. Von<br />
mehreren Müttern wurde angesprochen, dass zu den Sprachförderkräften ein Vertrauensverhältnis entstanden war. Eine<br />
Mutter, deren ältere Kinder eine andere Einrichtung besucht hatten, führte an, dass sie sich durch die Teilnahme an der<br />
Eltern-Kind-Gruppe von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! besser integriert fühlte, und dass der Kontakt zur Kita und zu anderen Eltern<br />
viel intensiver sei, als sie es von anderen Kitakontexten kannte. Jetzt verspüre sie auch mehr Interesse daran, sich aktiv in<br />
der Kita einzubringen:<br />
Es hat sich schon vieles geändert, vorher war es mehr hin und her, einfach das Kind holen und gehen. Ich bin sehr<br />
traurig, dass in einem halben Jahr die Eltern-Kind-Gruppe wieder vorbei ist.<br />
17
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Etabliert wurde also nicht nur ein enger Kontakt zur Kindertagesstätte, sondern auch zu anderen Müttern der jeweiligen<br />
Einrichtung, so dass Nationalitäten und ethnisch übergreifende Freundschaften entstanden sind. Manche Kontakte blieben<br />
über die Laufzeit der Eltern-Kind-Gruppen hinweg erhalten (vgl. Krempin et al. in Vorb.).<br />
5) Befragung der Fachkräfte: Qualifizierungskonzept und Machbarkeit der Sprachförderung<br />
Gegen Ende der jeweiligen Implementierungsphasen wurden die Sprachförderkräfte der beteiligten Einrichtungen gebeten,<br />
das Qualifizierungskonzept und die Machbarkeit des Sprachförderkonzepts mit Hilfe von Fragebögen zu bewerten. Die<br />
folgende Tabelle zeigt den jeweiligen Rücklauf.<br />
Tabelle III: Übersicht Fragebögen Fachkräftebefragung<br />
Schulung/fachliche<br />
Begleitung (Version 1)<br />
Schulung/fachliche<br />
Begleitung (Version 2) 22<br />
Durchführung<br />
Anzahl ausgegebene Bögen 11 18 29<br />
Rücklauf 6 15 24<br />
Die Ergebnisse im Bereich der Fachkräftebefragung 23 zeigen, dass die Sprachförderkräfte alle Qualifizierungsmaßnahmen<br />
geschätzt und als hilfreich für die Arbeit mit dem Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! empfunden haben. Der zeitliche Umfang<br />
sowohl der Workshops (sechs ganze Tage), des fachlichen Austauschs (acht halbe Tage) und der Coachings (zwei<br />
Mal/Jahr, jeweils Eltern-Kind-Gruppe und Kleingruppe) wurde von fast allen befragten Sprachförderkräften als ausreichend<br />
eingeschätzt. Dank der Qualifizierungsmaßnahmen und der damit einhergehenden Information zum Thema <strong>Sprache</strong>rwerb<br />
und Mehrsprachigkeit fühlen sich 20 von 21 Sprachförderkräften dazu in der Lage, die Kleingruppenförderung eigenständig<br />
bzw. in Kooperation mit Kolleginnen zu planen und durchzuführen. Mit dem Coaching der Kleingruppen waren alle Fachkräfte<br />
zufrieden und beurteilten den Umfang als angemessen. Noch mehr Unterstützung wünschte sich fast die Hälfte der<br />
Sprachförderkräfte bei der Einschätzung der sprachlichen Entwicklung und des Sprachstandes der Kinder. Dies überrascht<br />
nicht, da diagnostische Aufgaben zeitaufwändig sind, gute sprachwissenschaftliche Grundlagen und Gelegenheit zum Einüben<br />
erfordern. Der Zeitumfang der Kleingruppenförderung (drei Std./Woche) wurde von einem Viertel der Befragten als zu<br />
groß empfunden, alle anderen hielten den Umfang jedoch für angemessen. Auch mit der zur Verfügung stehenden Vor- und<br />
Nachbereitungszeit sind drei Viertel der Befragten zufrieden, nur ein Viertel hält sie für zu gering; die übrigen Sprachförderkräfte<br />
kommen mit dem vorgegebenen Zeitfenster (eine Std./Woche) gut zurecht. Die Fachkräfte konnten außerdem<br />
nach eigenen Angaben die Qualifizierungsmaßnahmen nutzen, um die Eltern-Kind-Gruppen zu planen und vorzubereiten.<br />
Die Kita-Fachkräfte fühlten sich alles in allem in der Lage, die Eltern-Kind-Gruppen durchzuführen. Die Fachkräfte waren<br />
größtenteils mit dem Umfang sowohl der eigentlichen Eltern-Kind-Gruppe, als auch mit der Vor- und Nachbereitungszeit zufrieden.<br />
18 Sprachförderkräfte hielten den zeitlichen Umfang der Eltern-Kind-Gruppen (zwei Std./Woche) für angemessen,<br />
fünf befragten Fachkräften war der Umfang zu groß. Ähnliches gilt für die Beurteilung der Vor- und Nachbereitungszeit (eine<br />
Std./Woche): Vier Fachkräften reichte die vorgegebene Zeit nicht aus, 20 kamen gut damit zurecht. Ein Drittel der Sprachförderkräfte<br />
gab an, dass es ihnen nur teilweise gelungen ist, die Inhalte der Sprachförderung in die Eltern-Kind-Gruppen zu<br />
transportieren. Mit dem Coaching zu den Eltern-Kind-Gruppen waren 11 von 15 befragten Sprachförderkräften zufrieden.<br />
22<br />
Anpassung des Fragebogens aufgrund von Änderungen im Qualifizierungskonzept<br />
23<br />
Befragt wurde nicht das gesamte Team einer Einrichtung, sondern alle Sprachförderkräfte der beteiligten Einrichtungen.<br />
18
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Als besondere Herausforderung erwies sich die Integration der Sprachförderung in den pädagogischen Alltag: 19 Sprachförderkräfte<br />
gaben an, diese Verknüpfung nur teilweise für realisierbar zu halten, während fünf Sprachförderkräfte mit der<br />
Umsetzung keine Probleme hatten. Von 21 befragten Fachkräften (von insgesamt 29) hielten die meisten den Umfang der<br />
Schulungen zum pädagogischen Alltag für angemessen. Für die Hälfte der Sprachförderkräfte hätten die Schulungen sogar<br />
noch intensiver sein können. Sieben Sprachförderkräfte hielten fest, dass die Qualifizierungsmaßnahmen sie nur teilweise<br />
darauf vorbereiteten, die Sprachförderung in den pädagischen Alltag einzubauen (s.o).<br />
Eine Erklärung für Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Sprachförderung im pädagogischen Alltag legen folgende<br />
Aussagen nahe: Nur 17 von 24 Sprachförderkräften fühlten sich durch ihr Team ausreichend unterstützt, in Bezug auf die<br />
Unterstützung der Leitung fanden sich sogar nur 14 positive Antworten. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, dass ein<br />
Konzept wie <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! bzw. Sprachförderkonzepte im Allgemeinen von allen Beteiligten einer Kita akzeptiert<br />
und getragen werden. Nur unter dieser Bedingung kann auch die Sprachförderung im pädagogischen Alltag gewährleistet<br />
werden (vgl. Perspektiven und Empfehlungen). Das Projektteam hat unter anderem mit der Anpassung des Qualifizierungskonzepts<br />
und der Entwicklung und Intensivierung des Teamcoachings auf diese Herausforderungen reagiert. Die meisten<br />
Sprachförderkräfte haben diese Modifikation entsprechend positiv angenommen.<br />
6) Nachhaltigkeit<br />
Nach Abschluss der Implementierung von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! in 13 Kitas gaben die Leitungen mit Hilfe eines Fragebogens<br />
Auskunft darüber, wie <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! in ihrer Einrichtung zum Zeitpunkt der Befragung umgesetzt wird. 24 Von<br />
13 Einrichtungen arbeiten fünf vollumfänglich nach dem Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!. In diesen fünf Kitas laufen im<br />
Herbst 2009 insgesamt ca. 28 Kleingruppen und sieben Eltern-Kind-Gruppen. Diese Gruppen werden von 18 Sprachförderkräften<br />
durchgeführt. In vier dieser fünf Einrichtungen ist <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! schriftlich niedergelegter Bestandteil der<br />
Konzeption, eine Einrichtung erarbeitet gerade die Aufnahme des Konzepts. Die Leitungen dieser Einrichtungen geben an,<br />
dass die Themenfelder der Kleingruppen mindestens zwei Mal in der Woche im pädagogischen Alltag aufgegriffen werden.<br />
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! ist in allen fünf Einrichtungen fester Bestandteil der Teamsitzungen. Die kollegiale Beratung findet<br />
statt und wird gut angenommen.<br />
Weitere fünf Einrichtungen setzen das Konzept mit Einschränkungen um. Im Herbst 2009 laufen dort insgesamt 13 Kleingruppen<br />
und fünf Eltern-Kind-Gruppen. Allerdings divergieren die jeweiligen Durchführungsmodelle dieser fünf Einrichtungen<br />
voneinander und vom ursprünglichen Konzept. So findet beispielsweise die Sprachförderung nur ein oder zwei Mal pro<br />
Woche für ca. 30 – 60 Minuten in Gruppen von vier bis sechs Kindern statt. Die Eltern-Kind-Gruppen werden alle zwei<br />
oder alle vier Wochen durchgeführt. Eine von fünf Einrichtungen gab an, das Konzept in der Konzeption der Kita schriftlich<br />
fixiert zu haben. Die drei am Häufigsten genannten Gründe für Einschränkungen in der Implementierung des Konzepts sind<br />
Personalmangel, Raummangel sowie Konkurrenz durch andere Projekte und Schwerpunkte im Haus. Aus diesen Gründen<br />
kann auch eine der fünf Einrichtungen die Themenfelder der Sprachförderung nicht wie vorgesehen mindestens zweimal<br />
wöchentlich im pädagogischen Alltag aufgreifen. Die kollegiale Beratung untereinander findet nur teilweise statt. In einer<br />
Kita besteht dafür nach Angaben der Leitung kein Bedarf, sonstige Gründe sind ebenfalls Personal- und Zeitmangel.<br />
Drei Kitas führen momentan keine Förderung nach <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! durch, planen aber, zukünftig wieder damit zu<br />
beginnen.<br />
24<br />
An dieser Stelle wurde eine Auswahl der Ergebnisse zusammengestellt. Für eine ausführliche Auswertung des Fragebogens „Nachhaltigkeit“ siehe<br />
Krempin et al. in Vorb.<br />
19
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Insgesamt zeigt die Auswertung der Befragungen der Kita-Fachkräften, dass es sehr gut möglich ist, auch nach der<br />
Implementierungsphase nach den Vorgaben des ursprünglichen Konzepts zu arbeiten. Wichtig ist zweifelsohne, dass die<br />
Förderung nicht nur auf einzelnen Schultern ruht, sondern vom gesamten Team einer Einrichtung getragen wird. Es wird<br />
deutlich, dass Kitas mit mehreren geschulten Sprachförderkräften das Konzept organisatorisch leichter umsetzen können<br />
(z.B. Vertretungsregelungen) und auch die Integration der Förderung in den pädagogischen Alltag leichter bewältigen.<br />
Dabei fällt auf, dass die Einbeziehung des Teams in allen beteiligten Einrichtungen sehr unterschiedlich vollzogen wird.<br />
Während in fünf Einrichtungen <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! für mindestens 15 Minuten fester und regelmäßiger Bestandteil der<br />
wöchentlichen Teamsitzungen ist, geben andere Einrichtungen an, mit einer halbjährlichen Teaminformation auszukommen.<br />
Die meisten Einrichtungen, die vollständig oder eingeschränkt nach dem Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! arbeiten,<br />
sehen einen nachhaltig positiven Effekt durch die Eltern-Kind-Gruppen. Nach Angaben der Leitungen entstand ein besserer<br />
Kontakt unter den Eltern in der Kita und sie empfanden die Eltern insgesamt offener. Dadurch nehmen die Eltern mehr an<br />
allgemeinen Eltern-Veranstaltungen in den Kitas teil. Eine Einrichtung bemerkte sogar ein erhöhtes Interesse der Eltern an<br />
Deutschkursen. 25<br />
Bewertung der Ergebnisse<br />
Die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass Sprachförderung nach dem Konzept von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! auf unterschiedlichen<br />
Ebenen Wirkung zeigt. Dies gilt für die Kinder, für den Kompetenzerwerb auf Seiten der Kita-Fachkräfte (und<br />
damit für die Qualität von Fördermaßnahmen in den Einrichtungen) und für die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Das<br />
integrierte Konzept beinhaltet einen Förderansatz, der durch seine individuelle und partizipative Ausgestaltung wegweisend<br />
für die weitere Forschung und die konkrete pädagogische Praxis sein kann.<br />
Bezüglich der Fortschritte der Kinder im Bereich der zielsprachlichen Grammatik ist einschränkend zu betonen, dass<br />
man aufgrund der natürlichen Entwicklung auch bei weniger intensivem Sprachkontakt in manchen Bereichen Fortschritte<br />
erwarten kann. Dies belegen bereits vorliegende Fallstudien mit ungeförderten oder unspezifisch geförderten Kindern<br />
(Tracy & Thoma 2009). Diese Studien geben aber auch zu erkennen, dass sehr zurückhaltende und schüchterne Kinder,<br />
die wenig persönliche Ansprache erfahren, wesentlich mehr Zeit benötigen, um sich die Baupläne deutscher Sätze zu<br />
erschließen, d.h. die Satzklammer aufzubauen, als dies bei der überwiegenden Mehrheit der durch <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!<br />
geförderten Kinder der Fall war. Auch die eigens durchgeführte Vergleichsstudie liefert wichtige Hinweise auf positive (und<br />
z.T. signifikante) Effekte einer Optimierung von Fördermaßnahmen durch den frühen Beginn einer spezifisch sprachlichen<br />
und sprachwissenschaftlich fundierten Förderung und durch eine reflektierte Vernetzung von Förderkontexten. Welcher<br />
Faktor (früher Beginn, Kleingruppe zusätzlich zum pädagogischen Alltag etc.) sich dabei als besonders ausschlaggebend<br />
erweist, müssten umfangreichere Kontrollstudien eruieren.<br />
Erkennbar ist auch, dass eine noch so intensive Förderung im ersten Kitajahr eine Fortsetzung von Fördermaßnahmen nicht<br />
überflüssig <strong>macht</strong>. Sie gibt den Kindern aber die Gelegenheit, sich grammatische und lexikalische Grundlagen anzueignen,<br />
auf denen dann im Laufe der verbleibenden Kitajahre weiter aufgebaut werden kann.<br />
Deutlich wurde, dass die Implementierung des Konzepts eine anspruchsvolle Herausforderung für alle Beteiligten (Kinder,<br />
Eltern, Fachkräfte und ihre Teams) darstellt. Eine Umsetzung, die auch die beteiligten pädagogischen Fachkräfte als Erfolg<br />
werten, gelingt denjenigen Einrichtungen besonders gut, in denen die Förderung als gemeinsame Aufgabe erkannt wird, die<br />
sich auf möglichst viele Schultern verteilen sollte und bei der man sich kollegial unterstützen kann. Besonders ermutigend<br />
ist es, dass es mehreren Kitas, die <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! in den Jahren 2006–2009 implementiert haben, gelungen ist, das<br />
Konzept auch weiterhin in vollem Umfang umzusetzen.<br />
25<br />
Im Kitajahr 2008/2009 wurden erneut Eltern befragt, die in den vorangegangenen Kitajahren an Eltern-Kind-Gruppen teilgenommen haben.<br />
Die qualitativen Ergebnisse diese Befragung können an dieser Stelle nicht dargestellt werden (vgl. Krempin et al. in Vorb.).<br />
20
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Perspektiven und Empfehlungen<br />
Die im Rahmen der <strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong> ermöglichte Implementierung von <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! bildet eine bisher einmalige<br />
Gelegenheit, viele der in der aktuellen Forschung als wichtig erachtete Faktoren in eine kohärente Förderkonzeption zu<br />
integrieren: Kooperation mit den Familien, spezifische Förderung von Kindern in unterschiedlichen, aufeinander abgestimmten<br />
Kontexten, intensive Weiterqualifizierung und kontinuierliche Beratung von ganzen Teams und Förderkräften.<br />
Auf der Grundlage der im Verlauf des Projekts <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! gewonnenen Erfahrungen und Evaluationsergebnissen<br />
wird die Berücksichtigung folgender Aspekte bei der Durchführung von Sprachfördermaßnahmen empfohlen:<br />
• Förderbeginn mit Eintritt der Kinder in die Kindertagesstätte<br />
• Kleine Fördergruppen von max. 4 Kindern<br />
• Kontinuierliche Sprachförderung (Regelungen für gegenseitige Vertretung)<br />
• Förderung (in Kleingruppen) aller neuen Kinder mit Sprachförderbedarf<br />
• Ausreichend Zeit für Vor- und Nachbereitung von Kleingruppe und Eltern-Kind-Gruppe<br />
• Anschlussförderung nach Ablauf des ersten Kita-Jahres und darüber hinaus<br />
• Qualifizierung aller MitarbeiterInnen im Kita-Team<br />
• Bereitschaft des gesamten Teams, an der Förderaufgabe mitzuwirken (Offenheit für kollegiale Beratung)<br />
• Regelmäßiger Austausch über Inhalte / Erfolge im Team (Themenübersicht, Aushänge, Agenda Teamsitzungen)<br />
• Intensives Coaching der Sprachförderkräfte in Ergänzung zu Workshops und fachlichem Austausch<br />
• Wertschätzende Erziehungspartnerschaft (über die Eltern-Kind-Gruppen hinaus), Beteiligung der Eltern an Kita-Arbeit<br />
auf Augenhöhe<br />
• Management der zeitlichen, personellen und räumlichen Ressourcen durch Kita-Leitung (Qualitätsmanagement,<br />
Personalentwicklung, Motivation, Raumplanung)<br />
• Integration der Sprachförderung einschließlich der Rahmenbedingungen in die Konzeption der Kindertagesstätte<br />
• Betreuung/Unterstützung der Kitas seitens der Träger<br />
Der <strong>Sprache</strong>rwerb gehört zu den besonders beeindruckenden Leistungen der frühen Kindheit. Er vollzieht sich in der Regel,<br />
d.h. im Fall des ungestörten Erwerbs, problemlos, sofern zwei Faktoren aufeinandertreffen: Die jedem Menschen angeborene<br />
Fähigkeit, eine oder mehrere <strong>Sprache</strong>n zu erwerben, und die Erwerbsgelegenheit in Form des Sprachangebots der<br />
Umgebung.<br />
Eine frühe Förderung ist deshalb besonders bedeutsam, weil sich sehr junge Zweitsprachlerner in entscheidenden grammatischen<br />
Bereichen noch so verhalten, als ob sie mit zwei Erstsprachen konfrontiert wären. Daher sollte man Kindern<br />
so früh wie möglich die Gelegenheit geben, mit der zweiten <strong>Sprache</strong> und ihren Sprechern in Kontakt zu treten. So kann<br />
man die Frage, welche Fördermaßnahmen von Beginn an auf den Weg gebracht werden sollten, wie folgt beantworten:<br />
Bei einem erfreulicherweise immer breiteren Spektrum von Förderangeboten in nichtsprachlichen und sprachlichen Bereichen<br />
ist eine Priorisierung von sprachlichen Angeboten sinnvoll, denn <strong>Sprache</strong> ist eine wichtige soziale Kompetenz, die<br />
Zugang zur Teilhabe an weiteren <strong>Bildung</strong>sangeboten und Lernfeldern eröffnet. Eine sprachspezifische Förderung schafft<br />
also die Grundlagen für die bessere Nutzung weiterer Förderbereiche. Es erscheint daher ausgesprochen hilfreich, früh<br />
und idealerweise über mehrere Jahre hinweg in spezifische Fördermaßnahmen zu investieren. Eine Investition in die frühe<br />
Sprachförderung ist damit eine Investition über die <strong>Sprache</strong> hinaus.<br />
21
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> Stark!<br />
Anhang<br />
Bibliografie<br />
DUDEN (2006). Die Grammatik. Band 4. Dudenverlag: Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich.<br />
Fritzenschaft, Agnes / Gawlitzek-Maiwald, Ira / Tracy, Rosemarie / Winkler, Susanne (1990): Wege zur komplexen Syntax.<br />
In: Zeitschrift für Sprachwissenschaft 9, 52-134.<br />
Krempin, Maren/Lemke, Vytautas/Mehler, Kerstin (2009): <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! Erste Ergebnisse aus einem Sprachförderprojekt<br />
für Zwei- bis Vierjährige. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.). Empirische Befunde zum Deutsch-als-Zweitsprache-Erwerb<br />
und zur Sprachförderung. Beiträge aus dem 3. Workshop Kinder mit Migrationshintergrund. Freiburg: Fillibach. 63-80.<br />
Krempin, Maren/Mehler, Kerstin/Tracy, Rosmarie (in Vorb.): <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! –<br />
Wissenschaftliche Begleitstudie eines Konzepts für die Förderung sprachlicher und kommunikativer Kompetenzen bei zweibis<br />
vierjährigen Kindern.<br />
Kroffke, Solveig/Rothweiler, Monika (2006): Variation im frühen Zweitspracherwerb des Deutschen durch Kinder mit<br />
türkischer Erstsprache. In: Vliegen, M. (Hrsg.): Variation in Sprachtheorie und <strong>Sprache</strong>rwerb. Frankfurt: Lang, 145-153.<br />
Kühn, Susanne (in Vorb.): Sprachförderung in Eltern-Kind-Gruppen. Ergebnisse und Erfahrungen aus dem Projekt <strong>Sprache</strong><br />
<strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!.<br />
Lemke, Vytautas/Kühn, Susanne/Long, Jennifer/Ludwig, Gerda/Messinger, Sibylle/Wagner, Bianka (2007): <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong><br />
<strong>stark</strong>! Konzepttext. Stadt Ludwigshafen am Rhein.<br />
Rothweiler, Monika (1993): Nebensatzerwerb im Deutschen. Tübingen: Niemeyer.<br />
Rothweiler, Monika (2006): The Acquisition of V2 and subordinate clause structure in early successive acquisition of<br />
German. In: Lleó, C. (Hrsg.): Interfaces in Multilingualism. Amsterdam: Benjamins, 91-113.<br />
Schulz, Petra (2007): Erstspracherwerb Deutsch: Sprachliche Fähigkeiten von Eins bis Zehn. In: Graf, U. & Moser Opitz, E.<br />
(eds.). Diagnostik am Schulanfang. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, 67-86.<br />
Schulz, Petra/Tracy, Rosemarie (in Vorb.): Linguistische Sprachstandsergebung –Deutsch als Zweitsprache (LiSe-Daz).<br />
Göttingen: Hogrefe.<br />
Schulz, Petra/Tracy, Rosemarie/Wenzel, Ramona (2008): Entwicklung eines Instruments zur Sprachstandsdiagnose von<br />
Kindern mit Deutsch als Zweitsprache: Theoretische Grundlagen und erste Ergebnisse. In: Ahrenholz, B. (Hrsg.): Zweitspracherwerb:<br />
Diagnosen, Verläufe, Voraussetzungen. Freiburg: Fillibach, 9-33.<br />
Thoma, Dieter/Tracy, Rosemarie (2006). Deutsch als frühe Zweitsprache: zweite Erstsprache? In: Ahrenholz, B. (Hrsg.):<br />
Kinder mit Migrationshintergrund. <strong>Sprache</strong>rwerb und Fördermöglichkeiten. Freiburg: Fillibach, 58-79.<br />
Tracy, Rosemarie (1991): Sprachliche Strukturentwicklung: Linguistische und kognitionspsychologische Aspekte einer<br />
Theorie des Erstspracherwerbs. Tübingen: Narr.<br />
Tracy, Rosemarie (2008): Wie Kinder <strong>Sprache</strong>n lernen. Und wie wir sie dabei unterstützen können. Tübingen: Francke.<br />
Tracy, Rosemarie/ Lemke, Vytautas (Hrsg.) (2009): <strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>! Praxishandbuch. Cornelsen Scriptor.<br />
Tracy, Rosemarie/Thoma, Dieter (2009): Convergence on finite V2 clauses in L1, bilingual L1 and early L2 acquisition.<br />
In: Christine Dimroth and Peter Jordens, Functional Categories in Learner Language. Berlin, New York: Mouton de Gruyter. 1-43.<br />
Weissenborn, Jürgen (2000): Der Erwerb von Morphologie und Syntax. In: Grimm, H. (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie.<br />
Band 3: <strong>Sprache</strong>ntwicklung. Göttingen: Hogrefe, 141-169.<br />
22
Kontakte · Impressum<br />
Kontakt<br />
Projektträger:<br />
Stadt Ludwigshafen am Rhein<br />
Bereich Schulen und Kindertagesstätten<br />
Westendstraße 17, 67059 Ludwigshafen<br />
Bereichsleitung: Dipl.-Verwaltungswirt Rudolf Leidig<br />
Tel.: 0621/504-2800<br />
Ansprechpartnerin: Dipl.-Päd. Sibylle Messinger<br />
Tel.: 0621/504-2850<br />
E-Mail: Sibylle.Messinger@ludwigshafen.de<br />
Internet: www.ludwigshafen.de<br />
Projektleitung:<br />
Dr. des. Vytautas Lemke, Mannheimer Zentrum für<br />
empirische Mehrsprachigkeitsforschung,<br />
Schloss EW 266, Universität Mannheim,<br />
68131 Mannheim, Tel.: 0621/181-3165<br />
E-Mail: mazem@rumms.uni-mannheim.de<br />
Fachliche Beratung:<br />
Bianka Wagner, Westendstraße 17,<br />
67059 Ludwigshafen, Tel.: 0621/504-3983<br />
E-Mail: Bianka.Wagner@ludwigshafen.de<br />
Dipl.-Päd. Susanne Kühn<br />
fachliche Begleitung Eltern-Kind-Gruppen<br />
Internet: www.susanne-kuehn.de<br />
Tatjana Spaerke, M.A., Universität Mannheim<br />
fachliche Begleitung Kleingruppen/pädagogischer Alltag<br />
Wissenschaftliche Begleitung:<br />
Prof. Dr. Rosemarie Tracy,<br />
Maren Krempin, M.A. und Kerstin Mehler, M.A.,<br />
Mannheimer Zentrum für<br />
empirische Mehrsprachigkeitsforschung,<br />
Schloss EW 266, Universität Mannheim,<br />
68131 Mannheim, Tel.: 0621/181-2337<br />
E-Mail: mazem@rumms.uni-mannheim.de<br />
Wissenschaftliche Dokumentation ist als<br />
pdf-Datei zum Download hinterlegt unter:<br />
www.offensive-bildung.de<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Stadt Ludwigshafen am Rhein<br />
Bereich Schulen und Kindertagesstätten<br />
Westendstraße 17, 67059 Ludwigshafen<br />
Internet: www.ludwigshafen.de<br />
Redaktion (verantwortlich):<br />
Prof. Dr. Rosemarie Tracy, Universität Mannheim<br />
Stand: November 2009<br />
Gestaltung/Druck: <strong>aviva</strong> Beisel GmbH<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
© 2009 Ludwigshafen am Rhein<br />
Foto/Bild: Susanne Kühn, Christopher Tracy<br />
23
<strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong><br />
Die sieben Projekte der <strong>Offensive</strong> <strong>Bildung</strong> haben zum Ziel, die frühkindliche <strong>Bildung</strong> in Kindertagesstätten<br />
zu fördern. Die innovativen Projekte wurden im Jahr 2005 von der Stadt Ludwigshafen<br />
am Rhein, dem Protestantischen Kirchenbezirk Ludwigshafen und den katholischen<br />
Trägerorganisationen aus der Praxis heraus entwickelt. Sie werden trägerübergreifend in allen<br />
90 Ludwigshafener Kindertagesstätten umgesetzt, von anerkannten <strong>Bildung</strong>sexperten begleitet<br />
und nachhaltig in den pädagogischen Alltag implementiert. Ab Herbst 2008 wurden die Projekte<br />
in die Region übertragen. Unterstützt werden die Projekte durch BASF SE.<br />
<strong>Sprache</strong> <strong>macht</strong> <strong>stark</strong>!<br />
<strong>Sprache</strong> ist der Schlüssel zum <strong>Bildung</strong>serfolg und zur Integration. Dieses Projekt unterstützt<br />
den <strong>Sprache</strong>rwerb 2-4-jähriger Kinder durch die Förderung in Kleingruppen und<br />
im pädagogischen Alltag sowie die aktive Beteiligung der Eltern.<br />
Natur-Pur<br />
Mit dem Projekt wird das naturpädagogische Angebot in den Kindertagesstätten gefördert.<br />
Dazu werden die pädagogischen Fachkräfte im Haus der Naturpädagogik qualifiziert<br />
und angeleitet. In einem begleiteten Prozess werden die Innen- und Außenbereiche<br />
der Kitas umgestaltet.<br />
Vom Klein-Sein zum Einstein<br />
Zielsetzung dieses Projektes ist es, Kinder für naturwissenschaftliche Phänomene zu interessieren<br />
und sie darin zu unterstützen, die Fähigkeit zu erwerben, ihre Erfahrungen<br />
und Erlebnisse zu artikulieren und zu reflektieren.<br />
Erzählwerkstatt<br />
Das lebendige Erzählen von Geschichten aus eigenen und fremden Kulturen fasziniert nicht<br />
nur Kinder, sondern hilft ihnen, die eigene Lebenswelt und fremde Kulturen besser zu<br />
verstehen.<br />
Von Piccolo bis Picasso<br />
Die Entwicklung kreativer Kompetenz bei Kindern zu fördern, ist Ziel dieses Projekts, im<br />
Rahmen dessen das ästhetisch-künstlerische Angebot in den Kitas verstärkt wird.<br />
Qualität von Anfang an<br />
Dieses Projekt bietet Kita-Fachkräften die Chance, in ihren Kindertagesstätten ein Instrument<br />
zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Prozessen, Strukturen und Ergebnissen<br />
einzuführen.<br />
BeobAchtung und ErziehungsPartnerschaft<br />
Ziel dieses Projekts ist es, Kita-Fachkräfte in ihrer Beobachtungskompetenz zu unterstützen.<br />
Kinder sollen so in ihrer Einzigartigkeit besser wahrgenommen werden können,<br />
damit auf dieser Basis eine individuelle Begleitung des Kindes erfolgen kann.<br />
Prot. Kirchenbezirk<br />
Ludwigshafen am Rhein<br />
Katholisches<br />
Dekanat<br />
Ludwigshafen<br />
Mit freundlicher Unterstützung von BASF SE