Magazin 198004
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pitel "Zivilverteidigung" 1963 wurde dokumentiert,<br />
daß diese als Teil der Gesamt<br />
Militärstrategie angesehen wurde.<br />
• Am 16. März gab Marschall Tschuijkow<br />
der Zeitung "Moskowskaja Prawda" ein<br />
Interview. Darin brachte er u. a. zum Ausdruck:<br />
"Wenn wir die möglichen Folgen<br />
einer Atomraketenkatastrophe nüchtern<br />
bewerten und sie in keiner Weise verkleinern,<br />
sind wir Kommunisten fest davon<br />
überzeugt, daß die Menschheit und Zivilisation<br />
der Welt nicht verschwinden werden,<br />
und daß der uns aufgezwungene Vernichtungskrieg<br />
zum endgültigen Zusammenbruch<br />
des Kapitalismus als sozial-ökonomische<br />
Formation und zum Sieg des<br />
neuen, fortschrittlichen sozialistischen Systems<br />
führen wird." Welch ein Unterschied<br />
zur Auffassung Chruschtschows!<br />
• Beim XXIII. Parteitag 1966 forderte Generalsekretär<br />
Breshnew, daß die Zivilverteidigung<br />
"vervollkommnet" werden müsse.<br />
Der Parteitag selbst beschloß, daß diese"<br />
Vervollkommnung" ein "ständiges Anliegen<br />
von Partei und Gesellschaftsordnung"<br />
sein müsse. Damit wurde der Zivilverteidigung<br />
eine erheblich größere Bedeutung<br />
beigemessen.<br />
• 1971 wurde Generaloberst Altunin, ein<br />
jüngerer, dynamischer Offizier, mit der Leitung<br />
der Zivilverteidigung beauftragt, Anfang<br />
1972 wurde er auch Stellvertretender<br />
Verteidigungsminister, kurze Zeit später<br />
wurde er zum Armeegeneral befördert.<br />
• Schon 1967 wurde in Moskau eine Militärakademie<br />
der Zivilverteidigung eröffnet,<br />
die in Drei-Jahre-Lehrgängen Offiziere für<br />
die mechanisierten Verbände der Zivilverteidigung<br />
ausbildet.<br />
• In seinem 1975 herausgegebenen Buch<br />
" Die Streitkräfte des Sowjetstaates "<br />
schrieb Marschall Gretschko, Verteidigungsminister<br />
und Mitglied des Politbüros,<br />
daß die "Zivilverteidigung heute eine Angelegenheit<br />
von strategischer Bedeutung"<br />
sei. Nach seiner Ansicht erfordere die moderne<br />
Kriegführung die Bildung eines<br />
"sorgfältig durchdachten Systems, das die<br />
Stabilität der gesamten nationalen Wirtschaft<br />
und den zuverlässigen Schutz der<br />
Bevölkerung des Landes gewährleistet".<br />
Die Organisation der sowjeti·<br />
schen Zivilverteidigung<br />
Chef ist, wie bereits erwähnt, Armeegeneral<br />
Altunin. Er gehört mit der von ihm geleiteten<br />
Hauptverwaltung Zivilverteidigung<br />
zum Verteidigungsministerium.<br />
Unter ihm gibt es allein mindestens 70<br />
Generale, die als Leiter der Zivilverteidigung<br />
in den verschiedenen Republiken<br />
und darunter tätig sind.<br />
Die Anzahl der Soldaten, die in den über<br />
das ganze Territorium der UdSSR dislozierten<br />
mechanisierten Bataillonen dienen,<br />
wird auf 70 000 bis 100 000 geschätzt. Die<br />
Offiziere dieser Verbände werden an der<br />
Moskauer Militärakademie für Zivilverteidigung<br />
ausgebildet. Über die weitere Organisation<br />
schweigen sich sowjetische Veröffentlichungen<br />
beharrlich aus. Es ist aber<br />
offensichtlich, daß diese Spezialverbände<br />
auf das ganze Land verstreut disloziert,<br />
weitgehend motorisiert oder mechanisiert<br />
sind, und Großstädte und Ballungsgebiete<br />
meiden. Sokolowski schreibt darüber:<br />
"Da bei thermonuklearen Schlägen des<br />
Gegners mit ungeheuer großen Zerstörungen<br />
und Verlusten zu rechnen ist, muß eine<br />
große Anzahl von Spezialverbänden der<br />
zivilen Verteidigung für die Beseitigung der<br />
Folgen eines feindlichen Angriffs auf das<br />
Hinterland aufgestellt werden. Hierbei kann<br />
es sich um Abteilungen des Rettungs- und<br />
Instandsetzungsdienstes sowie um Kraftfahrzeugkolonnen<br />
handeln. Diese Abteilungen<br />
müssen so ausgerüstet sein, daß<br />
sie in der Lage sind, mit eigenen Fahrzeugen<br />
größere Entfernungen zurückzulegen.<br />
Damit die Truppen der zivilen Verteidigung<br />
imstande sind, ihre Aufgaben zu erfüllen,<br />
müssen sie in entsprechender Entfernung<br />
von großen Städten und Industrieanlagen<br />
stationiert werden."<br />
Die sowjetische zivile Verteidigung ist straff<br />
zentral organ isiert. Unterhalb der ministeriellen<br />
Hauptverwaltung Zivile Verteidigung<br />
sieht es wie folgt aus:<br />
• Jede Sowjetrepublik verfügt über einen<br />
Zivilverteidigungsstab, der jeweils von einem<br />
aktiven General der Streitkräfte geführt<br />
wird.<br />
• Jedem Befehlshaber eines Militärbezirks<br />
ist eine Stabsabteilung unterstellt, die für<br />
die Zivilverteidigung zuständig ist.<br />
• Auf allen darunter liegenden Ebenen der<br />
staatlichen Verwaltung bestehen Dienststellen<br />
der Zivilverteidigung, die eng mit<br />
den reg ionalen Organen von Partei und<br />
Staat zusammenarbeiten. Sie sind fast ausschließlich<br />
Reserveoffiziere.<br />
• Daneben gibt es einen funktionellen Befehlsweg,<br />
der von verschiedenen Ministerien<br />
herunter zu volkswirtschaftlichen Objekten<br />
wie Fabriken, Sowchosen, Kolchosen<br />
u. a. m. führt. So sind die Direktoren<br />
der Fabriken bzw. Vorsitzenden der Sowchosen<br />
und Kolchosen gleichzeitig für die<br />
Zivilverteidigung verantwortlich.<br />
• Für die vielfältigen Aufgaben zum Schutze<br />
der Städte und Betriebe gibt es mehrere<br />
Zivilschutzdienste, deren wichtigste sind:<br />
- Brandschutzdienst,<br />
- Technischer Dienst,<br />
- Chemischer Dienst I (Entgiften von Personen<br />
und Bekleidung),<br />
- Chemischer Dienst II (Entgiften von Gebieten<br />
und Gebäuden),<br />
- Ordnungs- und Sicherheitsdienst,<br />
- Nachrichten-, Warn- und Alarmdienst,<br />
- Medizinischer Dienst,<br />
- Veterinärdiensl,<br />
- SChutzraumdiensl,<br />
- Verdunkelungsdienst.<br />
Auf den untersten Ebenen der örtlichen<br />
Zivilverteidigung gibt es Selbstschutzgruppen<br />
mit ähnlichen Aufgaben wie bei den<br />
Zivilschutzdiensten. Hier sei noch ein mal<br />
Sokolowski zitiert:<br />
"Das Prinzip der zivilen Verteidigung beruht<br />
in der UdSSR auf dem Prinzip einer<br />
straffen, zentralisierten Verwaltung. Sie besteht<br />
unter der Führung des Aliunionsstabes<br />
der zivilen Verteidigung. Außerdem<br />
gibt es auf Republik-, Gebiets- und Stadtebene<br />
Stäbe, die sich aus Vertretern verschiedener<br />
Behörden zusammensetzen.<br />
Ihnen sind Spezialdienste unterstellt, und<br />
zwar solche für ärztliche Hilfe, Ernährung,<br />
Verkehr, Warnsystem, Nachrichtenwesen<br />
u. a. Die Stäbe organisieren eigene Führungsstellen.<br />
Diese Organisation entbindet<br />
jedoch die Ministerien, Behörden, Dienststellen<br />
und Organisationen nicht von ihrer<br />
Verantwortung für die planmäßige Arbeitsleistung<br />
in den Betrieben und Dienststellen<br />
sowie für die Befriedigung der Bedürfnisse<br />
der Bevölkerung und für ihre allseitige Betreuung<br />
im Falle eines Krieges."<br />
Aufgaben der Zivilverteidigung<br />
Sokolowski hat die Aufgaben der zivilen<br />
Verteidigung wie folgt formuliert:<br />
"Die zivile Verteidigung hat vor allem die<br />
für eine normale Tätigkeit aller FührungssteIlen<br />
des Landes im Kriege und für eine<br />
hohe Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft<br />
erforderlichen Voraussetzungen zu<br />
schaffen. Das geschieht durch weitgehenden<br />
Schutz der Bevölkerung vor Massenvernichtungsmitteln,<br />
durch umfassende<br />
und vielseitige Hilfeleistungen für die Geschädigten<br />
und durch rasche Beseitigung<br />
der Folgen nuklearer Angriffe des Gegners.<br />
"<br />
Nach sowjetischer Auffassung sind diese<br />
Aufgaben eng miteinander verflochten,<br />
und die Erfüllung einer jeden von ihnen<br />
erleichtert die Lösung der anderen sehr<br />
wesentlich. Die Durchführungsmethoden<br />
sind verschieden:<br />
• Ein Teil der Maßnahmen wird auf Beschluß<br />
der Regierung für das ganze Land<br />
durchgeführt, wie zum Beispiel die gegebenenfalls<br />
notwendige Evakuierung der<br />
Bevölkerung, die Aufrechterhaltung des<br />
Verkehrs, des Fernmeldewesens sowie<br />
der staatlichen Verwaltung, die Aufstellung<br />
von Spezialtruppen der Zivilverteidigung<br />
usw.<br />
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