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Laurenburg-Brief Nr. 4.pdf

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<strong>Laurenburg</strong>-<strong>Brief</strong> <strong>Nr</strong>. 4, November 1989<br />

Schutzgebühr DM 1,50


Bergfried vor der Restaurierung<br />

2 31


Bergfried nach der Restaurierung<br />

30<br />

3


Inhalt<br />

Bilder der Burg Seite 2<br />

Vorwort (Erwin Westerhoff) Seite 5<br />

Bericht über Ausgrabungen in der Burg Seite 7<br />

(Gerhard Gemmer)<br />

Burgruine <strong>Laurenburg</strong> bei Gutenacker Seite 26<br />

(Dr. Günther Stanzl)<br />

Mittelalterliche Waffen Seite 28<br />

Bilde oder Schleuder<br />

Der Schleuderarm (1)<br />

schnellt nach Auslösung<br />

durch den Druck der<br />

gespannten Feder (2) und<br />

das Gegengewicht (3) nach<br />

oben. [Einfachere<br />

Ausführungen ohne (2)<br />

waren häufig].<br />

Mange, Ballista oder<br />

Bogengeschütz<br />

Der Stein oder die Kugel wird<br />

in den Korb (1) gelegt. Der<br />

Bogen (2) wird durch den<br />

Schleuderarm (3) durch die<br />

Haspel (4) gespannt.<br />

Bombarde<br />

Schweres Geschütz Ende<br />

15. Jahrhundert.<br />

Schützen zur Zeit Kaiser Maximilians I. (Holzschnitt um 1515)<br />

4 29


d)<br />

Leider lässt sich am aufgehenden Mauerwerk nicht mehr überprüfen, ob der<br />

Bergfried Umbauten erlebt hat.<br />

Für die mittelalterliche Bautechnik interessant ist die Ausführung der Gründung<br />

auf dem Schieferfels. Bearbeitung und Auswertung der Keramikfunde wird die<br />

Datierungsansätze zu präzisieren erlauben, vor allem was die späteren Benutzungsphasen<br />

betrifft.<br />

Dr. Günther Stanzl<br />

Landesamt für Denkmalpflege, Mainz<br />

Referat f. Mittelalterarchäologie<br />

und Bauforschung<br />

Mainz, im Jänner 1988<br />

Liebe Freunde der <strong>Laurenburg</strong> !<br />

ES IST NICHT ZU ÜBERSEHEN. Die LAURENBURG rückt mehr und mehr in<br />

den Blickpunkt des öffentlichen Interesses.<br />

Der Bergfried, ein Wahrzeichen der Esterau und des Dorfes <strong>Laurenburg</strong> , ist<br />

inzwischen gesichert und soweit ausgebaut, dass "Alt und Jung" bequem in das<br />

Innere und auf die Wehr-und Aussichtsplatt form gelangen können. Die Besucherzahlen<br />

vor allem an den Wochenenden, nehmen weiter zu.<br />

Es ist dem Burgherrn, Horst Wienberg, Frau Schuster und einigen Unermüdlichen<br />

Helfern zu danken , dass die Gäste ein Plätzchen im gemütlich ausgestatteten<br />

Turm oder vor der Burg finden können. Kleine Erfrischungen sind auch<br />

zu haben.<br />

Unser "<strong>Laurenburg</strong>- <strong>Brief</strong>" <strong>Nr</strong>. 4 ist ausschließlich den Grabungen im Bergfried<br />

gewidmet. Gerhard Gemmer hat in hervorragender Weise den Grabungsvorgang<br />

aufgezeichnet und die dort gemachten Funde, unter Hinzuziehung weiterer<br />

Fachleute, eingehend untersucht und zugeordnet . Ihm gilt unser besonderer<br />

Dank .<br />

In unserem Schaukasten am<br />

Parkplatz des Hotels "Zum<br />

Schiff" baten wir um die Mitarbeit<br />

an der <strong>Laurenburg</strong>-<br />

Chronik. Für evtl. Beiträge<br />

danken wir.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Erwin Westerhoff<br />

Widder oder Mauerbrecher<br />

Der aufgehängte Rammbalken<br />

wurde in die Mauer<br />

gestoßen.<br />

28<br />

.<br />

Der berühmteste<br />

Minnesänger des<br />

Mittelalters, Walther<br />

von der Vogelweide<br />

Aus der Manessischen<br />

Liederhandschrift<br />

5


Burg und Schloß <strong>Laurenburg</strong> 1935<br />

6 27<br />

c)<br />

Bis auf das Niveau -3,80 m unter der OK des Fußbodens des OG (Schwelle) war<br />

der Raum neben den Verpressmörtellagen in der Hauptsache mit Versturz<br />

(Bruchschiefer) und Gewölberesten gefüllt. Eine Schichtentrennung war wegen<br />

der oben beschriebenen Situation nicht möglich, sodass keine Aussagen über<br />

Verfallszeit und Ablauf gemacht werden können.<br />

Der Fund von 6 Steinkugeln (Katapultgeschoße) in dieser Höhe deutete auf ein<br />

Laufniveau, wohl den Beginn der definitiven Zerstörung. Ob diese mit dem<br />

Überlieferten Datum 1643 übereinstimmt, lässt sich mangels von Befunden nicht<br />

mit Sicherheit feststellen.<br />

Diese Interpretation bestätigte sich durch die folgende Stratigraphie. Es zeigte<br />

sich, dass die eigentlichen Fundamente des Bergfrieds mit einem massiven,<br />

etwa 45 cm hohen, aus grauweißem Mörtel mit kleinem Schieferbruch gebildeten<br />

Fuß verbreitert waren. Als mittelfeste Stein-Mörtelpackung von unterschiedlicher<br />

Dicke überformt diese "Fundamentplatte" das nur teilweise geebnete Felsbett,<br />

Klüfte und Vertiefungen ausfüllend.<br />

Darauf lagern einige Bauschichten (ein wenig Brandspuren, Bauschutt, Lehm,<br />

Kiesel) und sind durch eine humose Abfallschicht, wohl den ersten Benutzungshorizont<br />

abgeschlossen (Holzkohle, angekohlte Keramikfragmente, verrottetes<br />

Holz). Ob das Holz etwa alte Fußbodenreste oder herabgestürzte Deckenbalken<br />

waren, lässt sich auf Grund fehlender Korrelationsbefunde aus dem Bauwerk<br />

nicht entscheiden.<br />

Daran schließt sich eine Auffüllung heterogenen, lockeren, sandig-lehmigen<br />

Materials, die viel Schieferbruch (Versturz ? Zerstörung ?), einige Knochen,<br />

einen Tierschnabel enthielt.<br />

Auf diese Interimsphase breitet sich eine nach der Mitte zu ansteigende Formation<br />

humoser, dukelfarbiger Ablagerungen mit gelegentlichen Holzkohleeinschlüssen<br />

und Verwitterungsspuren (zerflossener Fachwerklehm).<br />

Eine etwa 10 cm starke Wandputz- und Mörtelschuttschicht, gefolgt von einem<br />

einheitlichen Brandhorizont bezeichnen wohl die letzte Benutzungszeit des Bergfrieds,<br />

denn unmittelbar darüber fanden sich die Steinkugeln.<br />

Eine vorläufige Beurteilung der Keramik (Scherbenfunde im Fundamentmörtel,<br />

viel frühes Steinzeug und auch einige andere Typen) lässt die Schlussfolgerung<br />

zu, dass der Bergfried wohl noch im 13.Jh. erbaut wurde; die Entstehung der<br />

oben als "Interimsphase" bezeichneten Ablagerungen fällt vermutlich ins<br />

15./16.Jh.


26<br />

7.<br />

Burgruine <strong>Laurenburg</strong> bei Gutenacker<br />

Vorläufiger Bericht über die Archäologischen Untersuchungen im Bergfried am<br />

22.7.1987<br />

a) Ausgangssituation<br />

b) Vorgangsweise<br />

c) Befund<br />

d) Resümee<br />

a)<br />

Der Felsen und die unteren Mauerwerkspartien des Bergfrieds waren 1986 im<br />

Zuge von Bausicherungsmaßnahmen angebohrt und mit Suspension verpresst<br />

worden. Offenbar bestand damals weder seitens des Bauherrn noch der Bauleitung<br />

die Absicht, das Innere des Turmes auszugraben. Die folgende Entscheidung,<br />

doch auszuschachten, führte zum archäologischen Einsatz durch das<br />

Referat für Archäologie des Mittelalters und Bauforschung des Landesamts für<br />

Denkmalpflege unter der örtlichen Leitung des Berichterstatters.<br />

Durch die Druckvermörtelung und das Verpressen der Bohrungen drang der<br />

Mörtel in mehreren Ebenen, vor allem in den Ecken in die Raumfüllung, durchsetzte<br />

die verschiedenen Kulturschichten und Ablagerungen, und bildete in seiner<br />

extremen Härte massive Blöcke. Obendrein waren im Deckenbereich des<br />

Verließes wegen der Torkretierung alle Baubefunde unleserlich geworden.<br />

Vor dem Beginn der beschriebenen Bausicherungsmaßnahmen war der<br />

Innenraum des Untergeschoßes noch fast bis zum Niveau des OG-Fußbodens<br />

(Balkendecke) mit Ablagerungen gefüllt. Die Chance, mit einer systematischen<br />

Grabung in einem ungestörten Bereich der Kernburg noch datierbares Fundmaterial,<br />

stratigraphische und Baubefunde aus der Erbauungszeit zu bergen,<br />

erwies sich mit zunehmender Tiefe des Vordringens immer mehr eingeschränkt,<br />

sodass schließlich von dem 4,10 x 4,05 m großen Raum nur ein knapp 1,0 x 2,5<br />

m großer Schichtblock mit Maueranschluss erfasst werden konnte.<br />

b)<br />

Eine zunächst in einem Viertel der Fläche begonnene Sondage wurde anschließend<br />

auf die Westhälfte erweitert und in den unteren, ältesten, aber am<br />

meisten gestörten Bereichen auf die ganze Fläche ausgedehnt.<br />

Bericht über Ausgrabungen in der Burg<br />

<strong>Laurenburg</strong><br />

von Gerhard Gemmer<br />

1. Grund der Ausgrabungen<br />

2. Geschichtliches<br />

3. Was wurde wo gefunden (mit einer Fundskizze)?<br />

4. Beschreibung der Funde<br />

5. Versuch einer ersten Auswertung<br />

6. Verschiedene Bilder zu den Texten<br />

7. Vorläufiger Bericht von Herrn Dr. Stanzl vom<br />

Landesamt für Denkmalpflege, Mainz<br />

1.<br />

Grund der Ausgrabungen<br />

Lentner über dem<br />

Kettenhemd (Mitte 14-Jh.)<br />

Nachdem Herr Wienberg im Jahre 1985 die Burgruine <strong>Laurenburg</strong> gekauft hatte,<br />

begann er mit der Sicherung und Renovierung; des Bergfriedes. Der Turm drohte<br />

schon seit einigen Jahren sich längs in zwei Hälften auseinanderzuteilen, und so<br />

wurde diesem mit zwei stählernen Ringankern zunächst ein Korsett angelegt.<br />

Weitere Sicherungsmaßnahmen erfolgten durch Verfestigen des Felsens, auf<br />

dem die Burg steht, sowie auch der Mauern selbst durch Einpressen von Beton -<br />

auch "torkretieren" genannt. Bevor jedoch die Wiederinstandsetzung des Inneren<br />

des Bergfriedes in Angriff genommen werden konnte, musste dieser von dem<br />

Schutt befreit werden, welcher sich in der langen Zeit, in der die Burg unbewohnt<br />

war, ansammelte, bzw. auch vielleicht zum Teil vorher schon vorhanden war.<br />

Die Schuttschichten, in denen Funde gemacht wurden, sind in einer Skizze auf<br />

Seite 6 mit einer Schraffur gekennzeichnet:<br />

7


Schicht I, über dem Tonnengewölbe<br />

Schicht II, im Verlies<br />

Schicht III (aufgeteilt in Einzelschichten 1-7), im Verlies.<br />

Alle Schichten wurden von Hand ausgeräumt und an der Nordseite aus dem<br />

Bergfried geschüttet. Der Schutt soll zum Auffüllen des Wanderweges, welcher<br />

zur Holzappeler Straße führt, genutzt werden.<br />

Die Schicht III wurde unter Anleitung von Herrn Dr. Stanzl vom Landesamt für<br />

Denkmalpflege ausgegraben (s. entsprechenden vorläufigen Bericht auf den<br />

Seiten 20 bis 22). Es sei hier angemerkt, dass die Arbeiten an und in der Burg in<br />

Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Mainz erfolgen und<br />

auch von diesem bezuschusst werden.<br />

Die Ausgrabungen fanden 1987 statt; die Funde sollen nach Renovierung der<br />

Burg dort deponiert werden.<br />

2.<br />

Geschichtliches<br />

Soweit wir den schriftlichen Überlieferungen über die <strong>Laurenburg</strong> folgen können,<br />

existierte sie spätestens 1093, als sie mit Dudo von <strong>Laurenburg</strong> erstmals urkundlich<br />

erwähnt wurde, und sie war bereits 1644 verfallen, wie aus einem <strong>Brief</strong><br />

von Peter Melander hervorgeht, über den Zeitpunkt, ab wann die Burg nicht mehr<br />

bewohnt war, besteht heute Unklarheit. Als die Grafen von <strong>Laurenburg</strong> um 1124<br />

die Burg Nassau bauten und danach auch dorthin zogen, verlor die <strong>Laurenburg</strong><br />

sehr an Bedeutung. Sie war lediglich noch von Burgmannschaften der Grafen<br />

von Nassau bewohnt, welche zwar genealogisch an die Grafen von <strong>Laurenburg</strong>-<br />

Nassau anzuschließen sind, jedoch zählten diese Nachfolgefamilien wie<br />

die<br />

- von <strong>Laurenburg</strong><br />

- Bucher von <strong>Laurenburg</strong> und<br />

- Löner von <strong>Laurenburg</strong><br />

zu 4.1.6: 6 Wurfkugeln (s. hierzu S. 18, die Abbildung einer<br />

Wurfmaschiene oder Bleide<br />

8 25


zum niederen Adel. Bis ins 14. Jahrhundert ist mit diesen Familien die Burg noch<br />

als Wohnsitz bezeugt, aber auch bereits das Schloss <strong>Laurenburg</strong> bzw. andere<br />

Häuser in Zulheim, Scheidt, Cramberg oder auf der Fronau und auf der Weidenau.<br />

Möglicherweise wurde um diese Zeit bereits die Burg verlassen, denn eine<br />

Urkunde aus dem Jahre<br />

6<br />

7<br />

8<br />

1393 könnte evtl. so gedeutet werden: es wird darin vom Burgberg gesprochen<br />

"da unse Burg uffestund"; also: auf dem unsere Burg "oben" stand oder "auf =<br />

offen" stand. Der <strong>Laurenburg</strong>er Lehrer Alfred Alberti hat eventuell noch andere<br />

Unterlagen oder Hinweise gehabt, welche uns heute leider unbekannt sind, denn<br />

er schreibt in einem Artikel in "Heimatblätter für den Unterlahnkreis", 1926, dass<br />

die <strong>Laurenburg</strong> 1637 zerstört wurde. Vielleicht geben uns zur Zeit noch unbekannte<br />

Unterlagen oder die Auswertung der Ausgrabungen noch genauere Aufschlüsse<br />

über diesen Sachverhalt.<br />

zu 4.1.5<br />

1<br />

5<br />

2<br />

Verschiedene Knochenfunde (meist Fragmente)<br />

1. Ellbogen und Gelenke; Hasen<br />

2. Kiefer und Gelenke; Rind<br />

3. Kiefer und Gelenke; Schaf, Ziege (Reh)<br />

4. Kiefer und Gelenke; Schwein<br />

5. verschiedene Rippen<br />

6. verschiedene unbestimmte Knochen<br />

7. verschiedene Wirbel<br />

8. verschiedene Vogelknochen<br />

3<br />

4<br />

3.<br />

Wo wurde was gefunden?<br />

Alle Funde wurden mit einer Fundschicht-Nummer gekennzeichnet. Die flachen<br />

Einzelschichten in der Schicht III waren einerseits nicht über die gesamte Verliesfläche<br />

vorhanden, da sie z. T, zerstört waren, andererseits wurde auch nicht<br />

konsequent stratigraphisch gegraben, sondern es wurden teilweise bis zu 1 m<br />

tiefe "Löcher" gegraben. Die Einzelschichten waren - soweit erkennbar - leicht<br />

zur Verliesmitte hin gewölbt. Der gesamte Umfang der Funde ist auf den Bildern<br />

der Seiten 19 bis 25 dargestellt.<br />

3. 1<br />

Schicht 1, die gesamte Schutt Schicht über dem Tonnengewölbe<br />

- verschiedene Knochen<br />

- Eisenteile (ein sichelähnliches Haumesser, s. Abbildung Seite 23 <strong>Nr</strong>. 14; Teile<br />

einer Granate, wahrscheinlich aus der Zeit des II. Weltkrieges, s. Abbildung Seite<br />

23, <strong>Nr</strong>. 12 + 13)<br />

- eine Ofenkachel (s. Abbildung Seite 21, <strong>Nr</strong>. 3)<br />

- Steinzeugfragmente, braun engobiert (Engoben sind Tonbreie, die als Überzug<br />

die Oberfläche eines keramischen Gegenstandes veredeln).<br />

24<br />

9


3.2<br />

Schicht II, der größte Teil der Schutt Schicht aus dem Verlies, und zwar alles von<br />

der Oberkante des Verlieses bis zu einer Tiefe von 3,80 m und ein tieferer<br />

Aushub in der Südecke bis zur Sohle des Verlieses mit einer Fläche von ca. 1 m²<br />

- Bruchsteine<br />

- verwitterter Schutt aus Bruchsteinen, Mörtel etc.<br />

- verschiedene Knochen<br />

- Steinzeugteile, braun engobiert<br />

- Keramikteile, grün und braun glasiert<br />

- Irdenware (mit niedriger Temperatur gebrannte Keramik)<br />

- ein flaschenstopfenähnliches Keramikteil<br />

- 6 Wurfkugeln (s. Abbildung Seite 25)<br />

- Eisenteile (Scharnier einer Türe, s. Abbildung Seite 23, <strong>Nr</strong>. 6)<br />

Schicht III, die restliche Schuttschicht vom Niveau 3,80 m unter der Oberkante<br />

des Verlieses bis zu dessen Sohle, außer einigen zunächst stehengebliebenen<br />

Blöcken aus Torkretmasse.<br />

Die Schicht III wurde zum Teil stratigraphisch ausgegraben, d. h. soweit die<br />

einzelnen horizontalen Schichten (als Schicht 1 bis 7 anhand von Farbänderungen<br />

und nach Schichtdicken unterschieden) nicht durch die von außen<br />

eingepresste Torkretmasse oder durch andere Maßnahmen gestört waren.<br />

Schicht III.1, ca. 30 cm dick<br />

- Bruchsteine und Schutt<br />

- Steinzeugteile, braun engobiert<br />

- Knochen<br />

Schicht III.2, ca. 3-4 cm dicke Brandschicht - Steinzeugteile, braun engobiert<br />

Schicht III.3, ca. 10 cm<br />

- Wandputz, Mörtel, sonstiger Schutt<br />

- Steinzeug teile, braun engobiert<br />

- Knochen<br />

zu 4.1.4 verschiedene Eisenteile<br />

10 23<br />

6<br />

14<br />

5<br />

4<br />

7<br />

11<br />

9<br />

13<br />

3<br />

8<br />

1<br />

12<br />

2<br />

10


Schicht III.4, ca. 10 cm gelblicher Schutt, sandig bis lehmig, Bruchsteine<br />

- Steinzeugteile, braun engobiert<br />

- Irdenware<br />

- Knochen<br />

Schicht III.5, ca. 10 cm dunkelfarbener Schutt, mit vermodertem Holz und<br />

Fachwerklehm<br />

1 2<br />

5 5<br />

4<br />

3<br />

4<br />

4<br />

- Steinzeugteile, braun engobiert (darunter 17 Bruchstücke, welche sich zu<br />

einem fast vollständigen Krug zusammensetzen ließen; s. Abbildung Seite 21,<br />

<strong>Nr</strong>. 2 bzw. Seite 19)<br />

- Irdenware<br />

- Keramikteile, gelb, braun oder grün glasiert<br />

- ein Keramikteil, dunkelgrau (s. Abbildung Seite 16, <strong>Nr</strong>. 1)<br />

- ein Keramikteil, gelblich (Mundstück eines Blashornes, s. Abbildung Seite 22,<br />

<strong>Nr</strong>. 2)<br />

- Knochen<br />

5 5<br />

- Eisenteile<br />

5<br />

4<br />

Schicht III.6 und 7, ca. 15 cm über der Sohle des Verlieses, Schutt mit Fachwerklehm<br />

- Keramikteile, braun engobiert (unter anderem Teile, welche die Umrisse eines<br />

Grapens oder Dreifußtopfes erkennen lassen, s. Abbildung Seite 21, <strong>Nr</strong>. 1 bzw.<br />

Seite 19)<br />

- Irdenware<br />

4<br />

4<br />

- Knochen<br />

1 zu 4.1.2.5 Fragment eines Kugeltopfes<br />

2 zu 4.1.1.4 Mundstück eines Horns<br />

3 zu 4.1.3 Flaschenhals mit Korken<br />

4 zu 4.1.2.3 Bruchstücke von Nischenkacheln<br />

5 zu 4.1.2.4 Bruchstücke eines bauchigen Gefäßes<br />

Schicht III, Funde aus dieser Gesamtschicht, welche keiner Einzelschicht zugeordnet<br />

wurden<br />

- Teil einer Glasflasche mit Korken (s. Abbildung Seite 22, <strong>Nr</strong>. 3)<br />

- diverse Eisenteile<br />

22<br />

11


1 2<br />

3<br />

1 zu 4.1.1.2 Grapen<br />

2 zu 4.1.1.1 Kanne<br />

3 zu 4.1.2.2 Spitzkachel<br />

12 21


4.<br />

Beschreibung der Funde<br />

Bei der Auswertung verschiedener Teile waren mir folgende Fachleute behilflich,<br />

denen hier für ihre Mitarbeit gedankt sei:<br />

- bei den Keramik- bzw. Glas teilen die Keramikexperten Herr K. Engelbach,<br />

Braunfels, Herr Schmidt-Wallguni, Höhr-Grenzhausen, Herr Böger, Siegburg<br />

- bei den Knochen<br />

Herr W. Hellmund, Studiendirektor (Lehrfach: u. a. Biologie), Troisdorf<br />

- bei den Wurfkugeln<br />

Herr R. Scheid, Holzappel<br />

4.1<br />

Keramikteile<br />

4. 1. 1<br />

Steinzeugteile mit braun engobierter äußerer und z. T. auch innerer Oberfläche<br />

(s. Abbildungen Seite 19 und Seite 21, <strong>Nr</strong>. 1 und <strong>Nr</strong>. 2).<br />

Von diesem Steinzeugtyp finden wir in allen Ausgrabungsschichten zahlreiche<br />

Fragmente, so dass wir die Krüge, Becher, Kannen und Flaschen dieser Art als<br />

die übliche und am meisten benutzte Keramik in den letzten Jahrzehnten, in<br />

denen die Burg noch bewohnt war, ansehen können. Steinzeug in diesen Formen<br />

und aus diesen Werkstoffen wurde in den Steinzeugzentren des Westerwaldes,<br />

des Kannebäcker Landes sowie auch im Rheinland im späten 14. und frühen 15.<br />

Jahrhundert hergestellt. Vergleiche der Funde aus der <strong>Laurenburg</strong> mit anderen<br />

Funden in Keramikmuseen oder Keramiksammlungen zeigen, dass eine besonders<br />

deutliche Ähnlichkeit von vielen "<strong>Laurenburg</strong>er Steinzeugteilen" mit denen<br />

aus dem alten Töpferort Thalheim bei Hadamar vorhanden ist. Dies gilt vor allem<br />

für die innen und außen engobierte Ware, welche bisher nur als in Thalheim hergestelltes<br />

Steinzeug bekannt ist.<br />

Einige braunengobierte Steinzeugteile sind nachstehend beschrieben:<br />

20<br />

zu 4.1.2 Irdenware<br />

13


4.1.1.1 Kanne (s. Abbildung S. 21, <strong>Nr</strong>. 2), 24,5 cm hoch, 12 cm<br />

Durchmesser am Bach, gotisches Steinzeug, spätes 14.<br />

Jahrhundert, nicht ganz durchgesintert, aus 17 Einzelteilen fast<br />

vollständig zusammengesetzt.<br />

4.1.1.2 Grapen (s. Abbildung S. 21, <strong>Nr</strong>. 1) 16,5 ctq hoch, ca. 16 cm<br />

Durchmesser am Bauch, dreifüßiger Topf mit starken<br />

Brandspuren am Boden, frühes 15. Jahrhundert, mit ziemlicher<br />

Sicherheit von Thalheim stammend, innen und außen engobiert.<br />

4.1.1.3 Bruchstück von einem Wächterhorn (auch Aachenhorn genannt),<br />

15. Jahrhundert, facettiert geschnitten<br />

4.1.1.4 Mundstück von einem Hörn, weiß-gelber Ton, salzglasiert, 14.-<br />

15. Jahrhundert (s. Abbildung S. 22, <strong>Nr</strong>. 2). Diese Hörner<br />

wurden im Mittelalter von Pilgern bei sogen. "Heiltumsfahrten"<br />

verwendet. Wenn am Pilgerort Reliquien gezeigt wurden, bliesen<br />

die Pilger in solche Hörner.<br />

4.1.2 Irdenware (s. Abbildungen S. 20, sowie Seite 21, <strong>Nr</strong>. 3 und S.<br />

22, außer <strong>Nr</strong>. 3)<br />

4.1.2.1 Die auf Seite 20 gezeigten Bruchstücke sind ohne Engobe und<br />

sind Teile von Kacheln und Töpfen, 13. und 14. Jahrhundert.<br />

4.1.2.2 Spitzkachel (s. Abbildung S. 21, <strong>Nr</strong>. 3) Länge 21,5 cm, Durchmesser<br />

9,5 cm, dunkelgrauer Scherbenbruch, 13.Jahrhundert.<br />

Diese Spitzkacheln waren in Ofenverkleidungen eingesetzt, mit<br />

der Öffnung zum Ofeninneren und mit der Spitze nach außen<br />

herausstehend, um die Oberfläche des Ofens und damit die<br />

Wärmeabgabe zu vergrößern.<br />

zu 4.1.1 Steinzeugteile, braun engobiert<br />

14 19


Eingehend auf den unter 7. wiedergegebenen vorläufigen Bericht von Herrn Dr.<br />

Stanzl glaube ich, anhand der gut datierbaren Keramik, seiner Annahme, dass<br />

auf dem Niveau, wo die Wurfkugeln gefunden wurden, das Laufniveau gewesen<br />

wäre, widersprechen zu können. Da die gesamte Keramik in allen Schichten zu<br />

finden ist, d. h. von der untersten Einzelschicht bis weit über das Niveau der<br />

Kugeln, und da diese Keramik aus der selben Zeit stammt (1400 ± 30 Jahre), mit<br />

Ausnahme von Einzelstücken, kann man alle Schichten ungefähr der gleichen<br />

Zeit zuordnen.<br />

Daraus kann man sicherlich weiter folgern, dass alle Schuttschichten (mit Funden)<br />

aus dem 15. Jahrhundert stammen und dass zu dieser Zeit auch die Burg<br />

verlassen wurde. Weder beim Graben auf der Höhe der Kugeln noch auf einem<br />

anderen Niveau wurde eine verfestigte Fläche, welche auf ein Laufniveau hindeuten<br />

könnte, gefunden. Ausgenommen bei dieser Betrachtung ist die oberste<br />

Teilschicht der Schicht II (ca. 1,5 m), in welcher keine Funde gemacht wurden.<br />

4.1.2.3 Glasierte Kacheln (s. Abbildung, S. 22, <strong>Nr</strong>. 4) Meist gelb glasierte<br />

(z. T. auch grün glasierte) sogen Nischenkacheln, um 1500,<br />

wahrscheinlich aus Dieburg, Rodgau (zw. Main und Odenwald).<br />

Diese Kacheln galten im Mittelalter als Luxusartikel; da nur wenige<br />

Bruchstücke gefunden wurden, könnte man annehmen,<br />

dass dieser Kachelofen demontiert wurde.<br />

4.1.2.4 Braunglasierte Topfscherben (eisen- und bleiglasiert), bauchiges<br />

Gefäß, 16. - 17. Jahrhundert (s. Abbildung S. 22, <strong>Nr</strong>. 5).<br />

4.1,2.5 Grauschwarzes Fragment eines Kugeltopfes mit 2 Bandhenkeln,<br />

um 1200 (s. Abbildung S. 22, <strong>Nr</strong>. 1).<br />

4. 1. 3 Glas (s. Abbildung S. 22, <strong>Nr</strong>. 3)<br />

6.<br />

Verschiedene Bilder zu den Texten<br />

Dieser Flaschenhals mit Korken passt aufgrund seines möglichen<br />

Herstellungsdatums ebenso wie die unter 4.1.2.4 genannten<br />

Teile nicht zu den übrigen Funden; sie sind wohl als Einzelstücke<br />

- nachdem die Burg nicht mehr bewohnt war - ins Burginnere<br />

gebracht worden. Der Flaschenrest besteht aus Rubinglas,<br />

welches 1680 erstmals in Deutschland herstellt wurde.<br />

Korken hat man in Mitteleuropa erst ab dem frühen 18. Jahrhundert<br />

verwendet.<br />

4. 1.4 Eisenteile (s. Abbildung S. 23)<br />

Eingehende Untersuchungen haben hier noch nicht stattgefunden.<br />

Soweit erkennbar handelt es sich um Scharniere, Ringe,<br />

Messerklinge, Haumesser, Steigbügel, Nagel und Teile vom<br />

Zaumzeug, Die beiden Teile <strong>Nr</strong>. 12 und 13 sind Teile einer Granate.<br />

Diese könnten aus dem 2. Weltkrieg stammen. Als die<br />

Amerikaner gegen Kriegsende durch den Westerwald vorrückend<br />

von Holzappel nach <strong>Laurenburg</strong> kamen, sollen sie auf die<br />

<strong>Laurenburg</strong> mit Panzergranaten geschossen haben.<br />

Abbildung einer mittelalterlichen Wurfmaschine, auch Bleide genannt<br />

18<br />

15


4.1.5 Knochen (s. Abbildung S. 24)<br />

Über 100 Knochen bzw. meist Knochenfragmente wurden von<br />

Herrn Hellmund detailliert bestimmt, wovon hier lediglich eine<br />

Zusammenfassung wiedergegeben wird. Die gruppenweise auf<br />

S. 24 gezeigten Knochen sind:<br />

1. Ellbogen und Gelenk; Hase<br />

2. Kiefer u. Gelenke; Rind<br />

3. Kiefer u. Gelenke; Schaf, Ziege (Reh)<br />

4. Kiefer u. Gelenke; Schwein<br />

5. verschiedene Rippen<br />

6. verschiedene unbestimmte Knochen<br />

7. verschiedene Wirbel<br />

8. verschiedene Vogelknochen<br />

- meistens Huhn<br />

- Gans<br />

- Taube<br />

Alle Knochen können als Speisereste gelten, viele waren zerhackt.<br />

Es fällt auf, dass sich unter den 16 bestimmten Beinknochen<br />

der Vögel (meist Hühner) jeweils 14 linke und nur 2<br />

rechte befanden.<br />

4.1.6 Wurfkugeln (s. Abbildung S. 25)<br />

In der Höhe von 3,50 m unter der Oberkante des Verlies wurden<br />

in der südlichen Ecke 6 Wurfkugeln im Schutt gefunden, welche<br />

früher mit Wurfmaschinen oder Bleiden (Blyden) bei kriegerischen<br />

Auseinandersetzungen verwendet wurden.<br />

Nach ersten Untersuchungen bestehen die Kugeln aus Basalt<br />

welcher aus der östlichen Eifel stammt. Weitere Nachforschungen<br />

über Material, Herkunft, Verwendungszweck etc. sind zur<br />

Zeit noch im Gange.<br />

5.<br />

Daten der 6 Wurfkugeln<br />

Lfd. <strong>Nr</strong>. Ø/cm Gewicht/kg<br />

1 ca. 31,9 38<br />

2 ca. 32,2 38<br />

3 ca. 34,8 48<br />

4 ca. 35,0 49<br />

5 ca. 37,9 56<br />

6 ca. 39,0 60<br />

In der Burg Nassau wurden ähnliche Kugeln gefunden und die<br />

Limburger Chronik berichtet darüber, dass im Jahre 1372 - als<br />

die Burg Nassau belagert wurde - aus dieser Burg mit Bleiden in<br />

die Stadt geworfen wurde. Eine Bleide ist auf der Seite 18<br />

abgebildet.<br />

Versuch einer ersten Auswertung<br />

Das Herstellungsdatum des größten Teils der Funde liegt um 1400 (± 30 Jahre)<br />

oder sie sind älteren Datums, außer den unter 4.1.2.4 und 4.1.3 genannten Teilen<br />

(Einzelstücke). Daraus könnte man folgern, dass die <strong>Laurenburg</strong> nach dem<br />

15. Jahrhundert nicht mehr bewohnt war. Die beiden unter 4.1.2.4 und 4.1.3<br />

angeführten Funde müssten dann bei späteren kurzfristigen Aufenthalten in der<br />

Burg oder evtl. bei früheren Grabungen dort zurückgeblieben sein. Diese Theorie<br />

schließt auch die unter 2. dargelegte Vermutung und Behauptung nicht aus. Zur<br />

Vermutung: dass die Burg 1393 "aufstand", also nicht bewohnt war, könnte vorübergehend<br />

gewesen sein - wie das auch in anderen Burgen oft der Fall war -<br />

und die Behauptung, dass die Burg 1637 zerstört wurde muss nicht falsch sein.<br />

Möglicherweise hatten sich Leute in den Wirren des 30-jährigen Krieges dort verschanzt,<br />

wobei es zu einer endgültigen Zerstörung kam.<br />

Vielleicht geben uns weitere Funde, weitere oder andere Auswertungen oder<br />

auch bisher unbekannte schriftliche Quellen noch genauere Fakten und Daten<br />

hierzu.<br />

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