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Daniel braucht eine Freundin

„Doris hat mir damals vorgeworfen, mein Herz sei nicht bei ihr.“ erklärte ich Emily. „Sondern, wo war es ihrer Meinung nach?“ erkundigte sie sich. „Bei mei­ner Arbeit und allem was damit zusammenhing.“ antwortete ich. „Sie hatte Recht, nicht wahr?“ Emily darauf. „Mein Herz, mein Herz, was ist das schon? Natürlich war die Arbeit das Zentrale. Was sollte ich in Algier mit Doris Herz?“ reagierte ich. „Und wenn du nach Hause kamst? Bedeutete dir das nicht viel?“ erkundigte sich Emily. „Doch, ich bin sehr gern nach Hause gekommen. Wir ha­ben uns auch beide immer sehr gefreut. Auch beim letzten mal. Als wir Sonn­tags spazieren gingen, sagte Doris es mir plötzlich. Es sei immer wie ein Jahr­marktbesuch, dann sei ich wieder verschwunden und existiere nicht mehr. Ich habe Doris nicht verstanden, habe gedacht, sie möchte jemanden, der immer bei ihr ist und nicht so selten wie ich.“ erläuterte ich. „Verstehst du sie denn jetzt?“ wollte Emily wissen. „Ich glaube schon. Sie suchte eine Liebe, die an­ders ist, tiefer geht, in der die Liebe das Zentrum für beide bildet. Aber so et­was kann ich doch gar nicht.“ meinte ich. „Danni, was redest du. Das kann je­der Mensch, empfinden, dass die Liebe für ihn das Wichtigste ist.“ Emily dazu.

„Doris hat mir damals vorgeworfen, mein Herz sei nicht
bei ihr.“ erklärte ich Emily. „Sondern, wo war es ihrer Meinung
nach?“ erkundigte sie sich. „Bei mei­ner Arbeit und allem
was damit zusammenhing.“ antwortete ich. „Sie hatte Recht,
nicht wahr?“ Emily darauf. „Mein Herz, mein Herz, was ist
das schon? Natürlich war die Arbeit das Zentrale. Was sollte
ich in Algier mit Doris Herz?“ reagierte ich. „Und wenn du
nach Hause kamst? Bedeutete dir das nicht viel?“ erkundigte
sich Emily. „Doch, ich bin sehr gern nach Hause gekommen.
Wir ha­ben uns auch beide immer sehr gefreut. Auch beim
letzten mal. Als wir Sonn­tags spazieren gingen, sagte Doris
es mir plötzlich. Es sei immer wie ein Jahr­marktbesuch, dann
sei ich wieder verschwunden und existiere nicht mehr.
Ich habe Doris nicht verstanden, habe gedacht, sie möchte
jemanden, der immer bei ihr ist und nicht so selten wie ich.“
erläuterte ich. „Verstehst du sie denn jetzt?“ wollte Emily
wissen. „Ich glaube schon. Sie suchte eine Liebe, die an­ders
ist, tiefer geht, in der die Liebe das Zentrum für beide bildet.
Aber so et­was kann ich doch gar nicht.“ meinte ich. „Danni,
was redest du. Das kann je­der Mensch, empfinden,
dass die Liebe für ihn das Wichtigste ist.“ Emily dazu.

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<strong>Daniel</strong> <strong>braucht</strong> <strong>eine</strong> <strong>Freundin</strong><br />

Abgrund<br />

„Für alles gibt es <strong>eine</strong>n Grund.“ sagt Emily, m<strong>eine</strong> Schwägerin. Emily darf so<br />

etwas sagen. Wir haben es in unseren Genen, nach Gründen zu suchen, weil<br />

unsere Urahnen nur so überleben konnten. Trotzdem ist es Quatsch. Wenn<br />

Doris, m<strong>eine</strong> Frau, und ich uns nicht getrennt hätten, lebte ich heute nicht allein.<br />

Das ist richtig, aber dass unsere Trennung der Grund für mein heutiges<br />

Singledasein ist, stimmt doch nicht. Unendlich viele Möglichkeiten, dies zu ändern,<br />

hätte es in den zwanzig Jahren seit unserer Trennung gegeben. Nur was<br />

uns ohne Grund erscheint, der Abgrund, hat immer <strong>eine</strong>n Grund, auch wenn er<br />

weit vom Betrachter entfernt liegt, der sich an s<strong>eine</strong>m Rande befindet und hinein<br />

schaut. Am angenehmsten ist es noch am Rande <strong>eine</strong>s Felsmassivs. Da ist<br />

der Grund nur weit entfernt und kaum zu erkennen. In der Regel befindet sich<br />

aber auf dem Grund des Abgrundes das Abscheulichste, Widerwärtigste und<br />

das Böse. Es schaudert <strong>eine</strong>n schon, wenn man nur daran denkt, was man anblicken<br />

müsste, sähe man in <strong>eine</strong>n Abgrund von Landesverrat. Das Vertrackte<br />

daran ist, wir kennen die bestehenden Abgründe nicht alle. Immer wieder kann<br />

sich irgendwo ein neuer Abgrund auftun, und die Gefahr hineingerissen zu werden,<br />

ist nicht gerade gering.<br />

Unbelästigt und frei oder ratlos und leer?<br />

Am Rande <strong>eine</strong>s Abgrundes? Ja, so empfand ich m<strong>eine</strong> Situation. Ich hatte<br />

mich so auf das Ende m<strong>eine</strong>s Arbeitslebens gefreut, zumal mit sechzig doch einiges<br />

beschwerlicher geworden war. Ich könnte tun und lassen, was mir gerade<br />

Spaß machen würde, <strong>braucht</strong>e k<strong>eine</strong> Aufgaben mehr zu erledigen, k<strong>eine</strong> Interviews<br />

mit dämlichen Leuten mehr zu führen. Ein freier Mensch würde ich sein,<br />

so frei wie noch nie in m<strong>eine</strong>m ganzen Leben. Absolut glücklich müsste ich<br />

sein. In den ersten Tagen geschah das auch, aber das waren k<strong>eine</strong> Glücksgefühle,<br />

die sich auf tatsächlich Erlebtes bezogen, sondern auf m<strong>eine</strong> Einstellung,<br />

dass ich doch jetzt glücklich zu sein habe. Das Glück verblasste jedoch sehr<br />

schnell, als ich feststellen musste, dass ich nicht nur von den Mühen der Arbeit<br />

befreit war, sondern auch alles andere, was mir viel bedeutet hatte, jetzt ebenso<br />

verschwunden war. Es gab niemanden mehr, der mich <strong>braucht</strong>e, es gab<br />

nichts mehr zu tun, was mir auch Anerkennung vor mir selbst verschaffen<br />

konnte. In m<strong>eine</strong>m Beruf hatte ich gelebt all die Jahre, und das war plötzlich<br />

verschwunden. Ich empfand mich nicht unbelästigt und frei, sondern ratlos und<br />

leer. Wie sah die Perspektive aus? Zum Besseren entwickeln würde sich mit zunehmendem<br />

Alter nichts. Unwiderruflich ging es auf den Abgrund zu.<br />

<strong>Daniel</strong> <strong>braucht</strong> <strong>eine</strong> <strong>Freundin</strong>– Seite 3 von 25

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