Festschrift 25 Jahre (2008) - Grüner Kreis
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grünerkreisSozialökonomischeArbeitsprojekte |<br />
Catering „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“<br />
Seit über vier <strong>Jahre</strong>n bieten wir unseren PatientInnen<br />
im Zuge der Arbeitstherapie nun<br />
schon die Möglichkeit, im Cateringservice zu<br />
arbeiten. Anlässlich der Eröffnung von Pool 7,<br />
dem Ausstellungs- und Verkaufslokal des<br />
„Grünen <strong>Kreis</strong>es“ im ersten Wiener Bezirk,<br />
wurde überlegt, wie wir die erwarteten 200<br />
Personen auch kulinarisch versorgen könnten.<br />
Da ich aus der Gastronomie komme, schlug<br />
ich vor, ein Buffet in Zusammenarbeit mit<br />
den Patienten der Therapieeinrichtung Villa<br />
auszurichten. Es wurde ein schöner Erfolg,<br />
viele der damals Anwesenden genossen „Speis<br />
und Trank“ und buchten kurz darauf diverse<br />
Buffets bei uns. Nun war es an der Zeit, unser<br />
anfangs recht improvisiertes Arbeiten Stück<br />
für Stück in Richtung Professionalität zu bringen,<br />
um den Wünschen unserer KundInnen<br />
auch entsprechen zu können.<br />
Anfangs gestaltete es sich recht mühsam, allen<br />
Anforderungen eines professionellen Caterings<br />
gerecht zu werden. Es war ein manchmal<br />
steiniger, aber immer spannender Weg<br />
dorthin, wo wir uns heute mit unserer Arbeit<br />
befinden. In erster Linie ging und geht es aber<br />
dabei immer um unsere PatientInnen, das<br />
heißt, sie sollen im Rahmen der Arbeitstherapie<br />
durch ein sehr praxisorientiertes<br />
Arbeiten Fähigkeiten erlernen, die es ihnen<br />
ermöglichen, nach der stationären<br />
Therapie erfolgreich in den Arbeitsmarkt<br />
einzusteigen. Ihre speziellen Bedürfnisse,<br />
Ängste, Schwächen, aber auch Fähigkeiten<br />
sind Basis für unser Tun. Der eigentliche<br />
Zweck der Arbeitstherapie, also das Lernen<br />
mit den PatientInnen, bleibt aber unseren<br />
KundInnen größtenteils verborgen. Das soll<br />
es auch, schließlich haben wir den Anspruch<br />
an uns, ein professionelles Cateringservice<br />
von hervorragender Qualität zu bieten. Die<br />
Zufriedenheit der KundInnen messen wir an<br />
ihrer Bewertung mittels Fragebögen. Eine<br />
Durchschnittsbenotung von 1,3 (nach dem<br />
Schulnotensystem) gibt uns recht und bestätigt<br />
die Qualität unseres Angebots.<br />
Obendrein zeigen wir durch die Verwendung<br />
von Fairtrade Produkten und Grundprodukten<br />
aus biologischem Anbau ökologisches und soziales<br />
Engagement. Speisen, die bei diversen<br />
Veranstaltungen übrig bleiben, werden von<br />
uns an karitative Einrichtungen wie z.B. die<br />
„Gruft“ weiter gegeben.<br />
Von kleinen Konferenzen mit Kaffeepausen<br />
über Firmenfeiern mit Galabuffet bis hin zu<br />
mehrtägigen Großveranstaltungen, bei denen<br />
über tausend Personen bewirtet werden, reicht<br />
unsere Palette. Speziell bei Großaufträgen für<br />
mehrere hundert Gäste wird unser Team, das<br />
durchwegs aus PatientInnen bzw. ehemaligen<br />
PatientInnen des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ besteht,<br />
auf die Probe gestellt. Es ist jedes Mal schön<br />
zu sehen, wie wir als Team alle Aufgaben<br />
und logistischen Herausforderungen lösen<br />
und dabei auch noch jede Menge Spaß an<br />
der Arbeit haben.<br />
Für mich persönlich ist es das größte Lob,<br />
wenn unsere Gäste ganz erstaunt darüber sind,<br />
dass es sich bei unseren MitarbeiterInnen um<br />
PatientInnen mit einer Suchtkrankheit handelt,<br />
und wenn sie uns positiv rückmelden,<br />
dass unser Service genauso gut, wenn nicht<br />
sogar besser, wie bei anderen professionellen<br />
Cateringfirmen ist. Letztes Jahr konnten wir<br />
an die 9000 Gäste bewirten. Ihnen vermitteln<br />
wir ein anderes, ein positiveres Bild von suchtkranken<br />
Menschen und können sie vielleicht<br />
sogar davon überzeugen, dass Menschen, die<br />
eine stationäre Therapie hinter sich gebracht<br />
haben, einen Arbeitsplatz und somit wieder<br />
einen Platz in der Gesellschaft verdienen.<br />
Anfangs gab es natürlich Überlegungen, ob<br />
wir bei unserem Service auf die Ausschank<br />
von Alkohol verzichten sollten. Nach langen<br />
Gesprächen mit unseren PsychotherapeutInnen<br />
wagten wir das Experiment und schenkten<br />
Alkohol bei allen Veranstaltungen aus. Denn<br />
einerseits wäre ein Cateringunternehmen, das<br />
keine alkoholischen Getränke im Sortiment<br />
anbietet, wirtschaftlich sicherlich im Nachteil<br />
gegenüber anderen AnbieterInnen, und<br />
andererseits wäre das auch nicht wirklich<br />
praxisbezogen. Nach vierjähriger Erfahrung<br />
auf diesem Gebiet kann ich heute bestätigen,<br />
dass es für unsere PatientInnen eine Bereicherung<br />
darstellt, zu lernen, mit dem für sie<br />
„gefährlichen“ Produkt Alkohol schon während<br />
der Therapie verantwortungsbewusst<br />
umzugehen. Natürlich kommt es immer wieder<br />
zu Konfliktsituationen. Diese bieten den<br />
PsychotherapeutInnen und mir Anlass, das<br />
Thema offen und praxisnahe ansprechen zu<br />
können. Vor allem werden die PatientInnen<br />
langsam und begleitet darauf vorbereitet, was<br />
sie nach ihrer stationären Therapie im Alltag<br />
erwartet, nämlich eine ständige Konfrontation<br />
mit Alkohol und somit mit ihrer Sucht.<br />
In über vier <strong>Jahre</strong>n gab es keinen einzigen<br />
Rückfall mit Alkohol während einer Veranstaltung.<br />
Das alleine zeigt deutlich, dass mehr<br />
in unseren PatientInnen steckt als manchmal<br />
vermutet.<br />
Für die nächsten <strong>Jahre</strong> haben wir uns vorgenommen,<br />
unser Service weiter zu perfektionieren,<br />
unsere langjährigen StammkundInnen<br />
weiterhin von unserer Arbeit zu überzeugen,<br />
und natürlich, wie jedes Jahr, neue zufriedene<br />
Gäste zu gewinnen. Zukünftige PatientInnen<br />
des „Grünen <strong>Kreis</strong>es“ sollen so, wie viele andere<br />
zuvor, Spaß an einer spannenden, herausfordernden<br />
und abwechslungsreichen Arbeit im<br />
Catering finden.<br />
TEXT UND FOTOS: KLAUS TOCKNER, SUCHTBERATER,<br />
HOTELKAUFMANN, LEITER CATERING<br />
<strong>25</strong> <strong>Jahre</strong> „<strong>Grüner</strong> <strong>Kreis</strong>“ 47