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KINOKULT KARL MAY<br />
Wild West in Germany<br />
E<br />
s<br />
ist ein Kinomoment, der 1965 den Winnetou-Fans die Tränen<br />
in die Augen treibt: Getreu der Romanvorlage von Karl May stirbt<br />
der Apachenhäuptling im Film Winnetou III in den Armen seines<br />
Blutsbruders Old Shatterhand. Die Kugel, die Winnetou tötet, galt<br />
eigentlich seinem weißen Freund. Es hagelt Protestbriefe – und<br />
Winnetou verabschiedet sich nicht endgültig in die ewigen Jagdgründe.<br />
Bis 1968 erlebt das Kinopublikum mit seinen beiden<br />
Idolen noch einige große Abenteuer. Gemeinsam werden imposant<br />
Felsengebirge überwunden oder die endlose Prärie durchquert.<br />
Gespannt begleiten Millionen von Kinozuschauern<br />
ihre Western-Helden, die nur ein Ziel verfolgen: die<br />
Aufrechterhaltung von Frieden und Gerechtigkeit.<br />
Bereits die Romane des<br />
deutschen Schriftstellers<br />
Karl May (eigentlich Carl<br />
Friedrich May, 1842–<br />
1912) fanden weltweit<br />
Millionen Leser. Die<br />
Erzählungen wurden in<br />
33 Sprachen übersetzt,<br />
Weltauflage: mehr als 200<br />
Millionen Bände. Mays<br />
Reiseschilderungen und<br />
Abenteuergeschichten<br />
entführen in exotische<br />
Länder wie die USA,<br />
Mexiko oder den Orient.<br />
Die heldenhaften Figuren<br />
begeistern mit ihren<br />
Taten. Am attraktivsten<br />
für die meist jugendlichen,<br />
männlichen Leser dürfte das Motiv der "Blutsbrüderschaft“ sein. In<br />
der schwierigen Phase der Pubertät möchte man stark und intelligent<br />
wie Shatterhand sein und einen zuverlässigen Freund wie<br />
Winnetou an seiner Seite haben. May versteht es außerdem, Interesse<br />
für das Leben der Menschen in anderen Ländern und Kulturen zu<br />
wecken. Das Bild von Indianern oder dem Orient beziehen ganze<br />
Generationen aus seinen Werken. Tatsächlich bereiste May diese von<br />
ihm beschriebenen Länder erst spät in seinem Leben.<br />
Neben Old Shatterhand ist Winnetou die bekannteste Figur<br />
des sächsischen Schriftstellers. Der Häuptling der Mescalero-<br />
Apachen verkörpert den "edlen Wilden“, der als "guter Indianer"<br />
auf seinem Pferd Iltschi gegen das Böse kämpft.<br />
Unterstützt wird er dabei von seinem weißen Freund. Realität<br />
und Fiktion verschwimmen allerdings für May. Er habe die<br />
Geschichten als Old Shatterhand selbst erlebt, behauptet er. In<br />
seine Romane lässt er christlich-humanistische Ideale mit einfließen.<br />
Und Mays literarische Welt ist alles andere als heil: Es gibt<br />
Verrat, Verbrechen und Lüge. Doch auch in der größten Not predigt<br />
Shatterhand: „Kein unnötiges Blutvergießen."<br />
Schon vor der Zeit der großen Karl-May-Verfilmungen finden sich<br />
Adaptionen seiner Romane in den Kinos wieder. Bereits 1920 entsteht<br />
der Stummfilm "Auf den Trümmern des Paradieses". Es folgen "Durch<br />
die Wüste" (1935) und "Die Sklavenkarawane" (1958). 1962 nimmt<br />
Horst Wendlandt von der Rialto Film den populärsten und auflagenstärksten<br />
Roman von May und realisiert, trotz anfänglicher Bedenken,<br />
einen Film. Mit "Der Schatz im Silbersee" (JAHR) beginnt eine bemerkenswerte<br />
deutsche Film-Serie, die neben den Edgar-Wallace-Krimis<br />
die deutschen Kinosäale füllt. "Der Schatz im Silbersee" (Regie: Harald<br />
Reinl) wird ein riesiger Erfolg. Allein in Deutschland spielt der Film<br />
Seite 32 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2010
Dirndl,<br />
Schnauzbart,<br />
blanke Busen<br />
Sexfilme in den 70ern<br />
Die Titel sind grotesk und einfallslos. Dennoch lockten Filme wie<br />
"Die Jungfrauen von Bumshausen", "Graf Porno bläst zum Zapfenstreich"<br />
oder die Erfolgsserie "Schulmädchenreport" Mil-<br />
lionen Gierige ins Kino. Seit dem ersten großen Aufklärungsfilm<br />
"Helga" von Erich F. Bender 1967 und der Liberalisierung der Pornografie<br />
im Sommer 1969 durch das "Fanny-Hill-Urteil“ erlebte die<br />
junge Bundesrepublik nach Einführung der Antibabypille die zweite<br />
große sexuelle Revolution.<br />
W<br />
er erinnert sich nicht an die<br />
peinliche Situation, wenn man<br />
Mitte der 60er Jahre Pornohefte und<br />
-filme aus dem so liberalen Dänemark<br />
schmuggelte, an die Unannehmlichkeiten,<br />
wenn der Zoll den kram im Kofferraum unter dem Ersatzrad fand ... Konnte der "Eigenge-<br />
Schmuddelbrauch“<br />
nicht nachgewiesen werden – es waren von einem "Weekend"<br />
oder "Private" gleich mehrere Exemplare gefunden worden ... –, drohten<br />
empfindliche Strafen. Dennoch war Dänemark ein Paradies für Sexmaniacs<br />
und Onanisten aus ganz Europa. Die Skandinavier hatten bereits<br />
in den 50ern über eine Liberalisierung der Pornografie nachgedacht. Der<br />
damalige Justizminister Hans E. Haekkerup trat für die Abschaffung einer<br />
Zensur ein und erreichte am 2. Juni 1967 eine Aufhebung sämtlicher<br />
Beschränkungen für den Verkauf pornografischer Literatur an Erwachsene<br />
– ab 16 Jahren.<br />
Deutschland dagegen war durch Kanzler Adenauers erhobenen Zeigefinger<br />
und vielen altgedienten Juristen aus den Zeiten des Dritten<br />
Reichs konservative tief geprägt. Auch wenn Filme wie "Die Sünderin"<br />
aus dem Jahre 1951 (mit einer für einen Wimpernschlag nackten Hildegard<br />
Knef) Rekordeinnahmen brachten oder sich<br />
"Liane – Das Mädchen aus dem Urwald" barbusig<br />
(das lange Haupthaar verdeckte geschickt die Brustwarzen)<br />
in die Herzen der Kino-Besucher spielte: Für<br />
eine handfeste sexuelle Revolution waren diese Filme<br />
letztlich einfach zu zahm.<br />
Erst zum Ende der großen Koalition, mit dem<br />
Fall des Porno-Paragrafen 184 durch das Urteil des<br />
Bundesgerichtshofs am 22. Juli 1969, war der erste<br />
Schritt getan. Sogar der Roman "Fanny Hill" von John<br />
Cleland aus dem 18. Jahrhundert war nun kein pornografisches<br />
Werk mehr ... Wenige Wochen zuvor war<br />
der Paragraf 175, der sexuelle Handlungen zwischen<br />
Männern unter Strafe stellte, ebenfalls gelockert worden.<br />
Während der sozial-liberalen Koalition unter Willy<br />
Brandt wurden mehrmals Reformen durchgeführt,<br />
die Helmut Schmidt jedoch nicht fortsetzte. Sein<br />
Statement zur Rechtslage der Homosexuellen: „Ich<br />
bin Kanzler der Deutschen, nicht Kanzler der Schwulen.“<br />
Die späten 60er und frühen 70er waren geprägt von gesellschaftlichen<br />
Umbrüchen, die ohne die sexuellen Befreiung nicht denkbar gewesen<br />
wären. Bereits 1967 sorgte der Dokumentarfilm "Helga – Vom<br />
Werden des menschlichen Lebens" für<br />
hitzige Diskussionen, die selbst manchen<br />
Studenten des SDS Schweißperlen<br />
auf die Stirn trieben. Um so<br />
merkwürdiger mag es erscheinen, dass<br />
ausgerechnet die Bundesregierung die filmische sexuelle Revolution<br />
in Gang setzte. "Helga" war auf Veranlassung der damaligen<br />
Gesundheitsministerin Käte Strobel entstan-<br />
den. Dieser Film war der Auslöser für eine<br />
Welle von späteren Aufklärungsfilme und<br />
Blödelsexstreifen. Letztere waren natürlich<br />
reduziert auf die kommerzielle Ausschlachtung<br />
des Genres.<br />
Während sich in den USA, England<br />
und in den skandinavischen Ländern die<br />
Porno- und Sexkultur im Untergrund<br />
entwickelte, um dann in den 70ern<br />
den Siegeszug um die ganze Welt<br />
anzutreten, gab in Deutschland-West<br />
die Bundeszentrale für gesundheitliche<br />
Aufklärung das Startsignal. War<br />
der Film "Helga" noch sehr nüchtern<br />
und wissenschaftlich, entwickelten<br />
sich die Fortsetzungen "Helga und<br />
Michael" und "Helga und die ner – Die sexuelle Revolution" zu Softsexfilmen. Ähn-<br />
Mänlich<br />
verhielt es sich wenig später mit den berühmten<br />
Oswalt-Kolle-Filmen. Die Erstlingswerke "Das Wunder<br />
der Liebe", "Das Wunder der Liebe, 2. Teil" und "Dein<br />
Seite 24 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2010
Die bunte Welt der Comics<br />
Vrooom - Kraiiiisch - Bäng - Oink!<br />
Kinder liebten sie, Lehrer sahen die Kultur des Abendlandes<br />
bedroht. Als die bunten Heftchen ihren Platz am Zeitungskiosk<br />
eroberten, entbrannte eine hitzige Diskussion – sie<br />
war erst beendet, als die Wächter von Goethe und Schiller<br />
kapitulierten. Nicht aus Einsicht oder aus Mangel an Argumenten,<br />
nein, die Comic-Strips hatten sich ganz einfach<br />
durchgesetzt. Es gab kaum einen Haushalt, in dem nicht<br />
die Abenteuer von Micky Maus, dem tapferen Sigurd oder<br />
Donald Duck gelesen wurden. In den USA schon lange ein<br />
Massenphänomen, hatte Deutschland nach dem Zweiten<br />
Weltkrieg einen immensen Nachholbedarf, darum setzte der<br />
Boom hier mit Verzögerung ein.<br />
Blick zurück: Wie alles begann<br />
Bücher für Kinder wurden schon früh mit Bildern<br />
(aus)geschmückt. Wilhelm Busch illustrierte die<br />
Geschichte der Lausbuben "Max und Moritz" mit<br />
Zeichnungen, Lewis Carroll ließ zu den beiden<br />
Alice-Romanen Zeichnungen von John Tenniel<br />
anfertigen und Heinrich Hoffmann erschuf den<br />
"Struwwelpeter". Doch erst Richard F. Outcault<br />
integrierte 1896 in seiner Serie "The Yellow<br />
Kid" den Text ins Bild, erfand<br />
die Sprechblase und benutzte<br />
die wörtliche Rede! Nachahmer<br />
schossen wie Pilze aus dem<br />
Boden, Texter und Zeichner<br />
konnten bei Tageszeitungen,<br />
in denen die lustigen Geschichten<br />
erschienen, gutes<br />
Geld machen. 1929 kam der<br />
nächste Schritt, der eigentlich<br />
nur als Zweitverwertung gedacht<br />
war. Mit "The Funnies"<br />
erschien ein Sammelband bereits<br />
erschienener Stories, ein<br />
kurzlebiges Projekt, das 1933<br />
von Harry Wildenberg und Max C. Gaines<br />
mit den handlicheren "Famous Funnies"<br />
weitergeführt wurde – der moderne Comic<br />
war geboren, wie auch die "Micky Maus".<br />
"Donald Duck" von Carl Barks ließ noch auf<br />
sich warten und erschien 1942 erstmals in<br />
Heftform.<br />
Schnell trieb das Genre wunderbare Blüten.<br />
Mit Alex Raymonds "Flash Gordon" war ein<br />
Sciene-Fiction-Held geboren, der auch Erwachsene<br />
(meist Leser der Pulp-<strong>Magazin</strong>e)<br />
mit auf die Reise zu fremden Planeten nahm.<br />
Seite 54 ■ <strong>GoodTimes</strong> 1/2010<br />
1939 traten dann der mit einem Fledermauskostüm bekleidete "Batman"<br />
im Fledermauskostüm und sein Kollege Robin auf den Plan und<br />
leisteten "Superman" Gesellschaft, der schon zuvor immer mal wieder<br />
die Welt retten musste.<br />
Wie sah es in Europa mit den Comics aus? Auch hier huschten Zeichenstifte<br />
übers Papier und verwandelte das schnöde Weiß in ein Spiel<br />
der Farben. Der Belgier Georges Prosper Remi begann schon 1929<br />
unter dem Pseudonym Hergé mit der Veröffentlichung von "Tim und<br />
Struppi" und beeinflusste damit unzählige Epigonen – es war der<br />
Beginn der langen Tradition der frankobelgischen Schule, deren klarer<br />
Stil und die monochrome Farbgebung der einzelnen Gegenstände und<br />
Figuren für die europäischen Künstler richtungweisend waren. Auch<br />
in Deutschland etablierte sich ein Zeichner: Eric Ohser, der von den<br />
Nazis wegen "marxistischer Umtriebe" mit einem Berufsverbot belegt<br />
wurde, dann aber einer eingeschränkten Tätigkeit<br />
nachgehen dufte – unter dem Pseudonym<br />
E. O. Plauen erschienen in der Berliner<br />
Illustrierten seinen rührenden "Vater<br />
und Sohn"-Geschichten. Der Zweite Weltkrieg<br />
verhinderte eine weitere Entwicklung<br />
der Comics in der Alten Welt, die Kreativen<br />
konnten sich nur mit Nazi-Propaganda<br />
oder, im Untergrund, mit Nazi-Karikaturen<br />
betätigen.<br />
Auch in US-Comics hielt Politisches Einzug.<br />
"Superman" sabotierte deutsche U-Boote,<br />
"Batman" kämpfte gegen<br />
braune NS-Spione, und besonders<br />
"Captain America"<br />
war ein treffliches Beispiel:<br />
Das Cover der Erstausgabe<br />
zeigte, wie er Adolf Hitler<br />
einen gewaltigen Kinnhaken<br />
verpasste. Erst nach dem<br />
Krieg konnten die Künstler<br />
ihre Kreativität frei von<br />
Fremdbestimmung ausleben<br />
– mit einer Ausnahme. In<br />
den Staaten etablierten sich<br />
Comics für Erwachsene wie<br />
zum Beispiel "The Crypt Of<br />
Terror" oder "Crime Suspenstories", die oft<br />
brutal wirkende Zeichnungen enthielten.<br />
Die Folge: <strong>Magazin</strong>-Verbrennungen waren<br />
an der Tagesordnung. Mit dem Comics<br />
Code, einer freiwilligen Selbstkontrolle<br />
aus dem Jahr 1954, verhinderten<br />
die Produzenten zwar ein staatliches<br />
Eingreifen, mussten sich aber gleichzeitig<br />
selbstverpflichtend einschränken.<br />
In Deutschland jedoch florierten die<br />
bunten Blättchen, importiert von Soldaten<br />
der Besatzungsmächte. Die Hefte